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Das Rollenspiel >> Die Stadt Talyra >> Die Goldene Harfe
(Thema begonnen von: Niniane am 15. März 2010, 20:00 Uhr)

Titel: Die Goldene Harfe
Beitrag von Niniane am 15. März 2010, 20:00 Uhr
Die Goldene Harfe


Im Herzen Talyras, am Ostende des großen Marktplatzes, findet sich die Goldene Harfe, der größte und angesehenste, und auch einer der ältesten Gasthöfe der Stadt. Das Hauptgebäude der "Harfe" ist ein großes, dreistöckiges Haus mit einem gemauerten Fundament, einem Dach aus dunklen Schindeln  und uraltem, silbergrauen Fachwerk, das schon seit vielen hundert Jahren fest und unverrückbar an dieser Stelle steht und wohl seit gut vier Menschenaltern schon ein Wirtshaus ist. Die Nordseite und die Front der Harfe sind über und über von wildem Wein bewachsen, der im Frühjahr und Sommer einen grünen, und im Herbst einen leuchtend roten Mantel aus wispernden Blättern und verschlungenen Ranken um das alte Gemäuer mit seinen dutzenden, tief gesetzten Sprossenfenstern breitet.

Aus den größeren, bleigefassten Fenstern der Großen Gaststube mit ihren gelben Butzenscheiben und dem kostbarem Glas dringt stets warmes Licht und Stimmengewirr, und über der eisenbeschlagenen, einladenden Holztür und dem Vordach mit seinen wuchtigen Schnitzereien baumelt eine vergoldete, gusseiserne Harfe von einer über und über verschnörkelten Halterung. Im Türstock der Harfe findet sich außerdem eine merkwürdige Schnitzerei, ein kleines Zeichen, unscheinbar und für den ahnungslosen Betrachter so gut wie unsichtbar, eingeritzt in den hölzernen Türpfosten: drei kleine Symbole, umeinander angeordnet: Tatze, Kralle und Schwinge. Dem unbedarften Beobachter sagen sie nichts, den richtigen Augen jedoch erzählen sie eine Menge, verraten sie doch, dass hier jeder Sithechjünger willkommen ist, und Obdach und Hilfe findet, so er solches sucht. Vor dem Eingang zum Gasthof liegt ein nicht allzu großer, doch ausreichend Platz bietender Biergarten, schlicht der "Harfengarten" genannt. Im Frühling, Sommer und Herbst sind hier stets wuchtige Tische und Bänke zu finden, und drei junge Linden spenden Schatten und füllen die Luft mit dem Wohlgeruch ihrer Blüten. In den warmen Monden des Jahres finden die Gäste hier unter der Sonne oder des nachts auch unter dem Glanz zahlloser Laternen Bewirtung. Zur Harfe gehören ein stets sauber gefegter, ummauerter Hofplatz mit einem Brunnen, der sich an der Südseite an das Gasthaus anschließt und zahlreiche Nebengebäude wie eine kleine Schmiede, Stallungen, die Platz für etwa zwanzig Tiere bieten, Ställe für das hauseigene Kleinvieh, ein Räucherschuppen, das Waschhaus und so fort. Früher gehörten zum Gasthof auch eine eigene Mälzerei und eine Braustube, doch die wurden längst schon umgebaut und mit Gästezimmern, Wirtsstuben oder Gesindekammern versehen und seit einiger Zeit hat sich noch ein "Neubau" nach Osten hin dazugesellt, da Borgil, der Wirt, für sich und seine wachsende Familie ein Heim direkt anbauen ließ.

Das Innere der Harfe wird ebenerdig fast vollständig von mehreren geräumigen Schankstuben eingenommen – da wären die große Schankstube und das Herz der Harfe mit ihrer gewaltigen, von Schnitzereien verzierten Theke und dem Großen Kamin. Dann gibt es das Ratszimmer, eine ruhiger gelegene, kleine Halle mit holzgetäfelten Wänden und einer gediegenen Tafel, wo adlige Gäste, reiche Kaufleute oder die Stadträte Gelegenheit haben, unter sich zu sein. Desweiteren gibt es die Braustube, die auch heute noch so heißt, obwohl sich auch hier Tische und Bänke für Gäste in Hülle und Fülle und an den Wänden Haken aus Wacholderholz für Umhänge und Mäntel finden, die Jungfernkammer, von der kein Mensch weiß, warum sie so genannt wird, die jedoch ebenfalls ein wenig feiner eingerichtet ist, und schließlich das Wespennest im Südwesterker, der kleinste Nebenraum und eine halbe Etage höher gelegen als der Rest der ebenerdigen Schankstuben im Erdgeschoss der Harfe. Das Wespennest ist wabenförmig und ganz mit honigfarbenem Holz ausgestattet, was ihm seinen Namen eingebracht hat. Die Einrichtung aller Räume ist gediegen, aber nicht protzig, eher zwergisch-schwer und mit geraden, kantigen Formen, doch auch mit viel kunstfertigem Schnitzwerk verziert und immer einladend und gemütlich. Von der großen Gaststube aus führt ein breiter Gang ostwärts in die angrenzenden Räume, die große Küche und weiter zu einer Hintertür in den Hof hinaus und zu Borgils Privatgemächern über der alten Mälzerei. Auch gibt es eine Treppe in die oberen Stockwerke zu den Gästezimmern und hinter der gewaltigen Theke führt ein Felsenganggang in die weitläufigen Kellergewölbe der Harfe hinunter.

Die Harfe verfügt über sechzig Gästezimmer, davon vier Gemächer für reiche oder adlige Gäste und zusätzlich vierundzwanzig einfache Kammern im Dachgeschoss, alles in allem also über hunderte von Betten. Es gibt Räume jeglicher Ausstattung, von der einfachsten Kemenate bis hin zum stilvoll eingerichteten Kabinett, doch sie sind alle sauber und so wohnlich wie nur irgendmöglich ausgestattet. Selbst die einfachste Dachkammer hat ein Bett, einen Waschtisch, eine Truhe oder Kommode und ein Fenster, die edlen Kabinette hingegen lassen kaum einen Wunsch offen. Eine Heerschar von Schankmaiden und Mägden - die meisten von ihnen Menschen, doch es gibt auch einige Mogbars -, Küchenjungen, sowie Pferdeknechten und Botenkindern arbeitet für Meister Borgil, den Wirt, und sorgt sehr gut für das leibliche und sonstige Wohl der Gäste. Schon seit Menschengedenken ist die Goldene Harfe weit über Talyras Grenzen hinaus berühmt und geschätzt für ihre vielgelobte Küche, ihren originellen Wirt, die Bardenwettstreite, die hier fast alljährlich ausgetragen werden, und die sauberen, behaglichen Zimmer, wenn sie auch nicht ganz billig zu haben sind. Nur eines sollte man in der Harfe tunlichst unterlassen, will man nicht mit Borgil oder einem der zahlreichen mächtigen Schutzzauber, die das alte Gemäuer und sämtliche dazugehörenden Gebäude förmlich durchdringen, aneinandergeraten: ohne vorherige Erlaubnis Borgils Magie zu wirken.



Verantwortliche der Harfe:

(Sc's)

Borgil Blutaxt, ein Eisenzwerg, seines Zeichens Wirt und Stadtrat Talyras, Meister der Flüsterer und Ohrenbläser, sagenhaft reich, ein ehemaliger Abenteurer, Söldner, Kriegstreiber und Tausendsassa, (SC)

Azra Blutaxt, seine Frau, ein Shebarucmischling, (SC)

Tiuri , Borgils Ziehsohn, ein langes Elend von zwei Schritt und mehr, Ritter Loas und neuerdings waschechter Blaumantel, (SC)

Yasraena, Vieh- und Hofmagd in der Harfe, eine hochgewachsene, sehr blasse und weißhaarige Elbin, (SC)

NSC's

Halla, Oberste Schankmaid der Harfe, eine Mogbar und ein talyrisches Original, (NSC)
Sigrun, eine walkürenhafte Menschenfrau und die weithin berühmte Oberste Köchin der Harfe, (NSC)
Liuda, Birin, Waimer, Köche und Köchinnen der Harfe, (NSCs)
Seam, Oberster Knecht der Harfe, Borgils rechte Hand, ein Mann von sehniger Kraft und wenigen Worten, der die Fünfzig schon erreicht hat, (NSC)
Marthea, eine Menschenfrau mittleren Alters, Mutter einer vielköpfigen Kinderschar, die ebenfalls alle in der Harfe ihr Auskommen gefunden haben, Oberste Zimmermagd des Gasthauses und überaus warmherzig und gastfreundlich, (NSC)
Grid, eine Schankmaid, Martheas älteste Tochter, (NSC)
Nalla, Hayla, Bria, Aelis, Haud und Mildid - allesamt Mogbarmädchen und Schankmaiden in der Harfe, (NSCs)
Belador, Herannuen, Meliann, Ceri, Myfanwy, Ellyn, Gwen, Nest, Marued - allesamt Menschenfrauen und Mädchen, hübsch und drall, von der Jungfer bis zum gestandenen Weib, Schankmaiden in der Harfe, (NSCs)
Ruthin, genannt die "Alte Ruthin", Wynn, Benbra, Guthra, Enith, Seysild, Heylinn, Lianor, Herleva, Giso – die sorgsamen, fleißigen Mägde der Harfe, (NSCs)  
Gereon, Reol, Lull, der Lange – Knechte der Harfe, (NSCs)  
Ninio, Pferdebursche in der Harfe, ein sechzehnjähriger, verkrüppelter Lausejunge, aber mit dem Herz am rechten Fleck und einem guten Händchen für Tiere, (NSC)
Lo, Artaud, Razo, Taino, Berin – Küchenjungen der Harfe, (NSCs)  


Grundriss der Harfe mit Beschriftung (http://www.rubinrabe.de/graffl/harfe_erdgeschoss_gr.jpg)  

Harfe - 1. Stock (http://www.rubinrabe.de/graffl/harfe_obergeschoss.jpg)

Harfe - 2. Stock (http://www.rubinrabe.de/graffl/harfe_obergeschoss2.jpg)

Harfe - Dachgeschoss (http://www.rubinrabe.de/graffl/harfe_dachgeschoss.jpg)

Eine Übersicht der Harfe und ihrer Stockwerke (http://www.rubinrabe.de/graffl/harfe_stockwerke.jpg)

Titel: Die Goldene Harfe I
Beitrag von Yasraena am 08. März 2010, 12:31 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß 510


Der heutige Tag war sehr ereignislos. Yasraena hatte wie gewohnt das Kleinvieh gefüttert, deren Ställe gemistet, Eier aus den Nestern geholt und war oben drein noch auf dem Markt gewesen um einige Besorgungen für Halla zu erledigen. Inzwischen neigt sich der Tag dem Ende zu und Yasraena ist im Stall bei Shunj’anar, den sie heute ausgiebig gebürstet und gestriegelt hat. Selbst seine Mähne wirkt, nach der intensiven Pflege, regelrecht seidig und sein schwarzes Fell glänzt und schimmert. Es gab nicht einmal einen besonderen Grund den Hengst so zurechtzumachen, aber einen weiteren einsamen Abend wollte sie auch nicht verbringen. Überhaupt erscheint ihr der heutige Tag regelrecht öde. Ein Tag wie jeder Andere und doch, war sie heute aus unerklärlichen Gründen sehr melancholisch, was sie auch zu ihrem Hengst in den Stall getrieben hat. Wenn sie dort bei ihrem Tier ist, kann sie den Schmerz loslassen und fühlt sich gleich besser und so hat sie ihn gebürstet und mit ihm geredet, immer und immer wieder, bis es ihr selbst besser ging. Der Hengst hat all die Pflege und Aufmerksamkeit nur zu gern über sich ergehen lassen und die frischen Möhren, welche sie ihm mitgebracht hat, scheinen auch geschmeckt zu haben.

Doch inzwischen ist es spät und bereits dunkel geworden, so verlässt Yasraena den Stall wieder um Richtung Haupthaus zu gehen und sich zurück zuziehen, als sie plötzlich das Geräusch sich zügig nähernder Hufe auf den steinernen Straßen hört. Neugierig geworden hält sie noch einen Moment inne und wartet auf den Reiter, der sich zu nähern scheint. Doch statt eines Reiters kommt ein Zentaur angetrabt. Ein Lächeln schleicht sich auf Yasraenas Gesicht, als sie den Zentauren erkennt, welcher sie bis nach Talyra begleitet hat. Doch noch während sich das Lächeln auf ihrem Gesicht auszubreiten beginnt, gefriert es auch schon wieder, als die Elbe erkennt, dass der Zentaur ein lebloses Bündel trägt. Und dann gleitet ihr Blick zu Feydors Begleiterin, eine zierliche kleine Gestalt, welche ebenso bleiche Haut hat wie Yasraena selbst. Die Haare, ebenfalls weiß, hängen ihr strähnig und nass ins Gesicht. Yasraena ist von den Haaren für einen Sekundenbruchteil wie gefesselt, besonders die weiß-schwarz gestreiften Strähnen wirken faszinierend. Doch dann bemerkt Yasraena all das Blut am Arm der Frau und eilt sofort herbei. „Seid gegrüßt Feydor.“ Grüßt sie den ihr flüchtig bekannten Zentaur.  Schon will sie sich nach seiner Begleiterin erkundigen, als ihr Blick auf der Frau in Feydors Armen hängen bleibt. Der in mehrere Umhänge gewickelte Mensch ist klitschnass und die Lippen ganz deutlich blau verfärbt. Es ist offensichtlich, dass die Person ein bei dieser Jahreszeit zu kaltes Bad genommen hat. Vermutlich ein unfreiwilliges. Doch Yasraena bleibt keine Zeit zum Spekulieren, die Frau muss Geschwind ins Warme und auch Feydors Begleiterin schaut so aus, als könnte sie dringend Hilfe gebrauchen. „Bringt sie schon einmal rein! Ich hole Hilfe.“ teilt Yasraena den Beiden mit. Doch dann fällt ihr ein, dass der Zentaur bei seiner Größe wohl kaum in die Taverne einmarschieren kann und so wendet sie sich an die andere Bleichhaut: „Könnt ihr mir helfen Sie hineinzutragen?“ Und so nehmen Atevora und Yasraena dem Zentauren die Unterkühlte ab und während Feydor den beiden Frauen die Tür aufhält, tragen diese das reglose Bündel bereits gemeinsam hinein. Yasras Blick gleitet durch den Schankraum, als sie Marthea findet, eilt diese auch schon herbei. „Marthea, bereite doch bitte schon einmal das Bad vor. Sie muss dringend ins Warme.“ Sofort wendet sich die oberste Zimmermagdt der Harfe ab und eilt hinauf um das Bad vorzubereiten. Auch Grid ist in der Nähe und eilt sogleich herbei. „Grid, sei so gut und helfe mir sie hinauf zu tragen.“ Und schon wird der Lady Shin ihre Last auch wieder abgenommen. Immerhin ist sie selbst verletzt und viel länger hätte sie das Gewicht des Menschenbündels nicht halten können. Während Yasraena und Grid sich mit der Verletzten durch den Schankraum wuseln, kommt auch schon Borgil hinter dem Tresen hervor und auf auf das kleine Grüppchen, bestehend aus der verletzten Atevora, der unterkühlten Sayila, Yasraena selbst und Grid, welche inzwischen von zahlreichen, neugierigen Harfenbesuchern umringt werden.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 11. März 2010, 19:22 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß 510


Kaum dass sie quasi die Tür des Gashofes erreicht haben, eilt ihnen schon eine Person entgegen. Eigentlich hätte die Eismaid sie bereits vorher registrieren müssen, doch sie war zu sehr damit beschäftigt genügend der viel zu frostigen Luft in die Lungen zu pressen und mit dem Tempo des Zentauren irgendwie Schritt zu halten.
So ist sie im ersten Moment fast erschrocken, als die Frau so plötzlich aus dem scheinbaren Nichts in ihrem Blickfeld auftaucht.
Die weißhaarige Frau hat sie noch nicht erreicht, da wird Atevora bewusst, dass sie die Elbe bereits einmal gesehen hat. Sie stand mit einem ungemein edlen, nachtschwarzen Ross im Herbst am Marktplatz und lauschte, ebenso wie sie selbst, der Geschichtenerzählerin. Langsam scheinen ihre Gehirnwindungen wieder mit genügend Sauerstoff versorgt zu werden und etwas besser zu arbeiten, denn ihr wird klar, dass sie die Frau nicht nur bereits flüchtig erspäht hat, sondern zudem auch genügend Tratsch und Gerüchte über diese gehört hat. Das hier musste die neue Angestellte der Goldenen Harfe, Yasravena.. jena.. ena.., oder so, sein. Angeblich, oder ob gewisser Ähnlichkeiten sogar sehr offensichtlich, war sie ebenso wie Azra ein Blutelbenmischlingsbalg. Sie ist, heißt es, hauptsächlich dafür zuständig, sich um das Viehzeug der Harfe zu kümmern und das hübsche Pferdchen ist, wie erzählt wird, das ihre, welches sie sogar als Deckhengst anbietet.

Atevora keucht noch immer atemlos, als die Elbe den Zentaur knapp begrüßt und stellt dabei gleichzeitig unvermittelt fest, dass sich die Beiden bereits kennen. Feydor also... Glücklicherweise ist die weiße Mistress noch zu abwesend und gedankenwirr, sonst wäre sie vermutlich pikiert darüber gewesen, dass ihr die Frau - ganz gleichgültig der eiligen Situation - entgegen dem Zentauren nicht einmal ein knappes Nicken als Begrüßung zukommen lässt. Stattdessen ziehen Atevoras Gedanken hin zu etwas völlig anderem. Sie sieht vor ihrem Inneren Auge die wenig beschauliche Zusammenkunft von dieser noch unbekannten, Azra und sich selbst. Seite an Seite in knapper Runde um die halbtote Schmiedin. Wie herrlich, ein Weißhaartreffen. Es heißt, im Haus der Bücher arbeitet auch so jemand. Als gäbe es in der Stadt von unsereins ein Nest...
Schlagartig holen sie der Elbe Worte zurück ins hier und jetzt: >“„Könnt ihr mir helfen Sie hineinzutragen?“< Wäre Atevora mit ihrem Hirn nicht gerade unpassender Weise überall anders, anstatt da wo es sein sollte, hätte sie vermutlich bekundet, dass der Zentaur die Frau doch wesentlich besser als sie das letzte Stück tragen kann. Doch so derart überrumpelt ist der Denkinhalt geringfügig anders: „Wie? Ich..“ .. weiß nicht.. vielleicht?  “Ja, gewiss.“
Kurz bevor, oder während die zwei Frauen dem Pferdemenschen die Verunglückte abnehmen, kehrt zumindest etwas Geistesgegenwart zurück. „Herr Feydor, ihr seid am schnellsten. Bitte seid so freundlich, holt von der Steinfaust einen Heilkundigen.“ Da Atevora am Nachmittag mit einer gewissen Person zusammengetroffen ist, kommt ihr diese natürlich als erstes in den Sinn: „Verlangt bestenfalls nach Mistress Mealla,“ eine weitere Erinnerung und Überlegung kämpft sich durch: „oder Maester Olgiv.“
Sogleich als Atevora die Füße der Schmiedin packt, zuckt ein Schmerz stechend, bohrend und schneidend den Arm entlang und durch ihren gesamten Körper, als es die Holzsplitter tiefer in ihr Fleisch treibt. Mühsam presst die Magierin die Zähne zusammen und unterdrückt ein stöhnen, oder auch nur ein scharfes einziehen der Luft, denn Schwäche zeigen bedeutet den Tod. Zumindest in den gesellschaftlichen Kreisen in denen sie all zu oft zu Gange ist. Nur ihre Augen, in die - deutlicher als zuvor - ein glasig nasser Schimmer tritt, verraten sie.
Überdies war Atevora noch nie besonders rüstig, oder kräftig. Selbst ohne Verletzung war sie noch nie dafür geschaffen Lasten zu schleppen und so beginnen ihre Muskeln schon nach den ersten schlurfenden Schritten erheblich zu zittern. Doch als sie schon meint die Schmerzwellen nicht länger ertragen und die Bewusstlose nicht länger halten zu können, ist es geschafft, sie befindet sich im Inneren des Gasthauses und ihr wird von helfenden Händen die schwere Last abgenommen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 15. März 2010, 20:17 Uhr
Borgil ist gerade dabei, für eine durchfrorene Reisegesellschaft, die zu später Stunde noch Quartier verlangt hatte, eine ganze Reihe von Krügen mit heißem Grog vorzubereiten, während die rotnasigen Händler aus Caernavon allesamt mit tropfenden Umhängen, schneeverkrusteten Stiefeln und zähneklappernd vor dem Tresen warten, als im Gang zur Hintertür und auf den Innenhof hinaus plötzlich Unruhe entsteht. "Was zum…" Borgil späht um die Ecke ins Halbdunkel dort und entdeckt einen ganzen Pulk seltsamer Gestalten im Gang zu seinen ehemaligen Privatgemächern und jetzigem Kontor, die sich dort um etwas drängen, das er im allerersten Moment für einen nassen Sack hält… dann erhascht er einen kurzen Blick auf eine schlaff herabhängende, sehr bleiche Hand und den dazugehörigen Unterarm. "Cobrin, Troilus und Cassandra!" Brummt er und setzt sich entschlossen in Bewegung. Als er die gut gefüllte Schankstube durchquert hat und endlich bei der kleinen Gruppe um Yasraena angekommen ist, sind dort auch schon Grid und Marthea, außerdem noch die Magierin mit den schwarz-weiß gestreiften Haaren, die Borgil noch als "Lady Shin" und ehemalige Nekromantenjägerin ganz gut in Erinnerung hat, und alles wuselt wild durcheinander um dies oder jenes zu tun… oder müht sich ächzend mit einer bewusstlosen klitschnassen Frau, die so bleich und ertrunken aussieht, dass Borgil sie zuerst einmal überhaupt nicht erkennt. Außerdem recken schon zahlreiche Gäste die neugierigen Hälse und geben mehr oder weniger hilfreiche Kommentare ab. "Schert euch zum Donnerdrummel, hier gibt's überhaupt nichts zu sehen!" Grollt er, drängt sich zu Yasraena durch und nimmt den beiden eher fein und zierlich gebauten Frauen ihre reglose Last ab.

"Silverdammich", knurrt er, als er erkennt, wen sie da mehr tot als lebendig in die Harfe gebracht haben, er kann noch nicht einmal sagen, ob die kleine Schmiedin überhaupt noch atmet. "Das ist Sayila." Er nickt der Magierin kurz zu, ebenso wie Yasraena, die er mit derselben Kopfbewegung gleich die Treppen hinauf scheucht. "Hilf Marthea mit dem Bad, wenn du sie schon herumkommandierst wie ein Feldwebel", fährt er fort, klingt dabei aber keineswegs unfreundlich. Er kennt Yasraenas allzeit hilfsbereite Ader längst zu genüge und wenn er es nicht besser wüsste, würde er glatt behaupten, sie eifere der Heiligen Radegund nach. "Wir bringen sie am besten gleich in die Eins, die ist ohnehin heute frei geworden. Wo habt ihr sie gefunden? Was ist überhaupt passiert?" Für Borgil ist es ein leichtes, die bewusstlose Schmiedin die Treppe hinauf in den ersten Stock der Harfe und dort in das Zimmer mit der Nummer eins zu tragen, wie eine verzierte Messingziffer an der Tür es ausweist, schließlich ist er ein Eisenzwerg und Sayila wiegt… nun ja, nichts. Jedenfalls fühlt es sich für ihn so an. Das Zimmer ist nicht sonderlich groß, im Gegenteil, es ist eines der kleinsten Gästezimmer der Harfe, aber es ist gemütlich eingerichtet und Platz für eine der Kupferwannen findet sich allemal noch zwischen den wenigen Möbelstücken darin. Marthea und Yasraena haben schon ein paar Knechte gerufen, welche Eimer um Eimer die Wanne füllen - heißes Wasser muss nicht erst groß vorbereitet werden, denn das ist in der Harfe ohnehin immer reichlich vorhanden. "Holt schon jemand einen Heiler oder soll ich einen Jungen schicken?" Erkundigt Borgil sich und schickt seine Oberste Magd wieder zurück an die Arbeit – mit ihm, Lady Shin, der Bewusstlosen und Yasraena, sowie den dauernd ein und ausgehenden Knechten ist es in der kleinen Kammer auch zum Bersten voll.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 16. März 2010, 16:25 Uhr
Borgil scheint die Verletzte tatsächlich zu kennen, und teilt ihr und der anderen Weißhaarigen gleich mit, dass es sich um Sayila handelt, was auch immer das bedeuten mag, denn Yasraena sagt der Name nichts. Aber vielleicht war der Name hier in Talyra sehr bekannt und ein jedem ein Begriff. Alle Leute, welche hier Rang du Namen haben, kennt Yasraena noch lange nicht. Nur wenige bedeutende Namen sind ihr tatsächlich bekannt. Nach dieser Feststellung, um wen es sich bei der jungen Frau handelt, ordnet Borgil auch schon an, dass sie Marthea bei dem Bad helfen soll, wenn sie diese schon so herumkommandiert. Yasraena selbst ist es nicht einmal aufgefallen, dass sie einen kommandierenden Ton angeschlagen hat. Sie wollte lediglich zu vielen Fragen vorbeugen, denn nun war es erstmal wichtig, dass das unterkühlte kleine Ding endlich ins Warme kommt. Da hat sich die Elbe nun wirklich keine Gedanken um ihren Ton gemacht. Ein Fehler? Aber so scheint es auch nicht, denn Borgil wirkt sehr freundlich und so gar nicht verärgert. Also zuckt Yasraena nur mit den Schultern und eilt Marthea nach, während der Harfenwirt Sayila trägt und die Weißhaarige zu erzählen beginnt, was sich ereignet hat. Gerne hätte Yasraena den Erzählungen gelauscht, aber jetzt war es wichtiger, Mathea dabei zu helfen, den Badebottich zu füllen, damit sie die Verletzte dort aufwärmen können und so eilt sie rasch voraus, um der obersten Zimmermagd  zur Hand zu gehen.

Wenig später folgen auch Borgil und die kleine Weißharige, gehen jedoch erst in eines der Zimmer. Nachdem das Bad vorbereitet ist, eilt Yasraena zu ihnen, damit die Schmiedin endlich ins warme Wasser kommt. Nun kann Yasraena auch einen genaueren Blick auf die Fremde mit der bleichen Haut werfen. Diese wirkt zwar etwas größer als Azra ist, im Vergleich zu Yasraena selbst jedoch sehr zierlich und doch eher klein. Sie scheint menschlich, und doch wieder nicht. Yasraena kann sie nicht recht einsortieren, aber sie wirkt sehr kindlich und jung. Einzig ihre Augen strafen diese erste Vermutung Lüge. Vielleicht ebenfalls ein Elbenmischling? Hat sie auch Shebarucblut in sich? Aber der zerzauste Zopf lässt einen guten Blick auf die Ohren frei, welche keine Anzeichen der elbischen Spitzen aufweisen. Doch weiter kommt Yasraena auch schon nicht, sich die Fremde anzusehen, denn sogleich machen sich Mathea und Yasraena daran, Sayila aus den Decken zu wickeln und in das etwas über handwarme Wasser zu stecken, damit die Kälte aus ihren Knochen kommt und sie wieder eine gesunde Körpertemperatur erhält. Borgil wartet derweil vor der Tür und unterhält sich mit der Fremden darüber, dass der Zentaur bereits nach einem Heiler geschickt wurde, wie Yasraena aus den Wortfetzen hört.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 16. März 2010, 23:20 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß


Nun da der Schmerz abklingt, merkt Atevora auch zu wem die helfenden Hände gehören und ist schier fassungslos.
Während sie, ob der Last, beinahe in die Knie gezwungen wurde und dachte ihr würde Sayila jederzeit entgleiten ohne Hoffnung auch nur irgend etwas dagegen unternehmen zu können, trägt Borgil sie ohne großes Geschnaufe locker flockig, als wöge sie nicht mehr als ein Federkissen.

Noch immer stehen neugierige Passanten um sie herum und stieren sich die Augen aus ihren Köpfen. Eine für Atevora mehr als unangenehme Situation. Glücklicherweise steht sie nicht vollends im Brennpunkt der Aufmerksamkeit, sondern das nasse Stoffbündel von Schmiedin. Dennoch wenden sich Atevoras Gedanken etwas anderem zu und krallen sich daran fest um sich vom abscheulichen Trubel um sie herum Abzulenken und diesen in den Hintergrund zu drängen. Das womit sie sich beschäftigt ist im Kern allerdings nicht sonderlich erfreulicher.
Genaugenommen hatte sie es schon damals gewusst, oder zumindest geahnt.
Damals, wann ist damals? Eigentlich ist es noch nicht all zu lange her, und es behandelt das seinerzeit, als sie für einige Monde mit Lilith zusammen ein Zimmer in der Harfe teilte. Es gab in jener Zeit keinen besonderen Anlass, oder Auslöser dafür. Borgil trat ihr gegenüber als überhaus warmherzig, gesellig herzensgut, offen, freigiebig, oder, nun genaugenommen sogar nahezu väterlich auf. Warum väterlich? Tja, es waren nur Kleinigkeiten. Ein spezielles Lächeln hier, eine Bewegung dort, lauter unscheinbare Dinge die ab und an längst vergrabene weit entfernte Erinnerungen wach riefen, an einen Menschen der ihr früher einmal, viel zu kurz, ein Vater war. Dennoch, dies alles half nichts, ganz gleichgültig wie nett, freundlich geduldig und warmherzig der Harfenwirt ihr gegenüber in Vergangenheit aufgetreten war, sie hielt immerzu einen respektvollen und höflichen Abstand mit nur all zu steifen diese Tatsachen überspielenden Freundlichkeiten. Ein derart, für ihre Verhältnisse, ungezwungener leichter Umgang, wie sie ihn mit Tane pflegte, war oder wäre, selbst wenn die theoretische Möglichkeit dazu bestünde, von ihrer Seite her Borgil gegenüber nie möglich. Sie zog es seit jeher vor dem Zwerg mit Vorsicht und gewählter Höflichkeit zu Begegnen.
Hier, gerade eben, in diesem Moment, wird ihr mit geballter Kraft das Wieso wieder bewusst. Wie wenig ratsam es doch sein mag den Zwerg womöglich versehentlich in Rage zu versetzen, oder zum Zielobjekt seines Zornes zu werden? Sollte Atevora irgend eines Tages solch ein Fehltritt unterlaufen, dann würde er sie wohl einfach zu einer Kugel zusammenrollen und mit Schwung durch die Decke schleudern, aufdass bis auf einen unschönen roten Fleck und feiner Knochenpaste nichts mehr von ihr übrig bleibt.  

>„Wo habt ihr sie gefunden? Was ist überhaupt passiert?"<
Mehr aus purer Reaktion, denn irgend etwas anderem, antwortet Atevora seltsam aufgezogen auf die Frage, sodass es fälschlicherweise beinahe als desinteressierte Routine gedeutet werden könnte: „Wir, ein Zentaur und ich, fanden sie am.. nein, im Blaupfuhl.“
Die Antwort ist kurz und knapp angebunden, doch was könnte sie auch groß mehr zum Besten geben? Dass die Schmiedin im Eis einbrach war nur all zu offensichtlich. Zudem war es nur dem Zufall verdankt, dass sie zugegen war, sie stolperte gewissermaßen bloß wider Willen in die Szenerie hinein und wusste nicht ansatzweise was wirklich geschah und warum Sayila dort war wo sie eben war. Einen Abkürzer über die Eisfläche, wohin auch immer, konnte sie nicht genommen haben. Zumindest konnte sie sich nicht vorstellen, dass die Schmiedin ernsthaft auf so eine Idee hätte kommen können. Die Frau war zwar durchaus oft ruppig. Gut das trifft es nicht ganz. Sie war durchaus oft regelrecht krazbürstig, doch für so dümmlich, dass sie nicht wissen konnte, wie unklug, nein, idiotisch es ist, nach einer kleinen Tauperiode über den Blaupfuhl zu laufen, hält oder hielt sie Sayila einfach nicht. Atevora kam für den Bruchteil eines Herzschlages sogar der Einfall sie wäre vielleicht vollkommen absichtlich auf die viel zu dünne Eisfläche gelaufen um sich das Leben zu nehmen. Doch auch diese Intention erschien ihr im nächsten Augenblick wieder gänzlich absurd. Es gab so viele bessere, schnellere und wesentlich sicherere Möglichkeiten sein Leben dem Ende zuzuführen.
Glücklicherweise scheint dem Wirten die kurze Ausführung präzise oder ausreichend genug, zumindest für den Moment, denn ohne ein weiteres Wort und auch ohne bedeutungsschwere Blicke schleppt er die Verunglückte mit ungemeiner Leichtigkeit die Treppen empor und in das genannte Gastzimmer.

Lady Shin würde diesem Aufruhr nun eigentlich am Liebsten wieder entfliehen. Doch wie würde das aussehen? Einfach eine Bewusstlose in der Harfe abliefern, und wieder verschwinden, bevor noch ein Heiler zugegen ist, oder auch nur ansatzweise näheres über der Verunglückten Zustand bekannt ist? Die Leute würden sich mit Sicherheit darüber vortrefflich das Maul zerreißen. Würde sie im Gerede zur Retterin, würde sie gar zur Schuldigen? Atevora konnte sich derart möglicherweise äußerst negatives Getuschel nicht leisten.
Selbst wenn ihr der Unwille und das Unbehagen noch so zäh über die Seele kriecht, es war klüger nicht einfach davon zu laufen, sondern sich dem Allem hier stoisch zu stellen. So konnte sie womöglich die eine oder andere Frage beantworten bevor alles in eine völlig falsche Richtung ausufert.
Allerdings war dies nicht der einzige Beweggrund, der sie zu dem Entschluss: einfach durchbeißen, treibt. Sie selbst war schließlich noch immer patschnass, sie friert, hat ihren Mantel „verliehen“, draußen vor der Tür ist es, gelinde gesagt, saukalt und dem entgegen in der Harfe wohlig warm.
So zieht Atevora in Ermangelung eines Taschentuches die Nase auf, gibt der kleinen Gruppendynamik nach und stapft missmutig, sowie reichlich schlotternd, dem Zwerg hinterher, die Stiegen hinauf.

Währenddessen die Knechte und Mägde eifrig daran sind das georderte Wasserbad herzurichten, legt der Harfenwirt Sayila vorsichtig auf das Bett. Atevora überlegt derweilen kurzfristig, ob sie nicht ihre Hilfe anbieten solle, doch sie verwirft den Gedanken rasch wieder. Ihre Konzentration war gerade nicht die Beste, und es gibt nichts gefährlicheres als kopflos Magie zu wirken, denn in so einem Fall konnte sonst ein Unglück geschehen. Anstatt ihres angedachten Angebotes den Zuber zu füllen, nimmt Atevora das Kopfkissen zur Hand und lagert damit mit behutsamen Griff der Schmiedin Füße hoch. Auf so Unwichtigkeiten, dass sie dabei den Stoff mit ihrem Blut vollsaut achtet Atevora erst gar nicht.

Schneller als Gedacht ist die Wanne gefüllt, und Atevora wird defakto schonwieder aus den Räumlichkeiten gebeten bevor sie noch dazu kommt, sich auch nur ansatzweise irgendwo hin zu setzen und sich auszuruhen. Weshalb sie vor der Tür zu warten hat ist ihr dabei nicht ganz klar. Es ist schließlich nicht so, dass sie der Schmieden ansehnliche hübschen Kurven, die ansonsten vermutlich glatte, straffe Haut über den wohlgeformten Brüsten... und so fort... nicht bereits ohne besondere Hüllen gesehen hätte.
Erst Borgils brummender Zwergenbass, der eine Frage formuliert, holt die Magierin aus ihren Gedanken:
>“Holt schon jemand einen Heiler oder soll ich einen Jungen schicken?“<
Sie sieht ihn erst stumm an und blinzelt zweimal bis der Worte Bedeutung endlich von ihrem Hirn entschlüsselt werden. „Hm? Oh.. Achso. Ja, also nein, der Zentaur, Herr Feydor, der Sayila eigentlich am Blaupfuhl fand, ist bereits auf dem Weg zu einem Heilkundigen. Zumindest sollte er es sein. Im übrigen, ich danke Euch für eure Hilfe.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 18. März 2010, 11:03 Uhr
Als die Knechte die Kupferwanne mit  genügend warmem Wasser gefüllt haben, findet sich Borgil mit Lady Shin vor der Kammer wieder, hinauskomplimentiert von vielsagenden Blicken seiner Obersten Zimmermagd und Yasraenas. Dass sie ihn als Mann nicht im Raum haben wollen, wenn sie die Schmiedin in die Wanne stecken, kann er ja (trotz eher mangelhaft ausgeprägter Schamhaftigkeit) noch durchaus nachvollziehen, aber warum Lady Shin ebenfalls die Gästekammer verlässt, ist ihm nicht so ganz klar, schließlich ist sie absolut unübersehbar ebenfalls weiblich. Vielleicht ist sie auch nur mitgekommen, um deine Fragen zu beantworten… geht ihm flüchtig durch den Kopf. Und das, obwohl sie kaum weniger mitgenommen aussieht, als Sayila. Fügt er in Gedanken nach einem raschen Seitenblick auf die Magierin neben ihm hinzu. Lady Shins Kleider und auch ihre Hände und Arme sind ramponiert, nass, dreckig, und großzügig mit etwas verziert, das aussieht wie Holzsplitter und Moder, an ihren Schuhen kleben außerdem winterbraune Wasserpflanzenreste. Abgesehen davon blutet ihr rechter Unterarm, und das nicht zu knapp – trotzdem antwortet sie auf seine Frage nach dem Heiler und bittet kein einziges Mal um einen Stuhl zum setzen, eine Decke, trockene Sachen oder auch nur einen Verband für ihre Wunden. Sie blinzelt nur, als wäre sie mit ihren Gedanken gerade weit fort, vielleicht ist sie aber auch einfach nur erschöpfter, als sie zugeben will. >Hm? Oh.. Ach so. Ja, also nein, der Zentaur, Herr Feydor, der Sayila eigentlich am Blaupfuhl fand, ist bereits auf dem Weg zu einem Heilkundigen. Zumindest sollte er es sein. Im Übrigen, ich danke Euch für eure Hilfe.<
"Feydor…" brummt Borgil nachdenklich. Der Name sagt ihm etwas, auch wenn er den Zentauren nur vom gelegentlichen Sehen auf den Straßen der Stadt oder dem Marktplatz kennt, er hat schon das eine oder andere über ihn gehört. Soll beim Dämonenangriff auch gekämpft haben… da war doch was…

Wie auch immer, es gibt jetzt dringendere Angelegenheiten, als über einen Zentauren nachzugrübeln. "Sehr gut", fährt er fort und meint damit natürlich, dass ein Heiler aller Wahrscheinlichkeit nach bereits unterwegs sein dürfte.  "Oh, keine Ursache und mit Verlaub, Ihr seht aus, als sollte der Heiler auf Euch vielleicht auch gleich mal einen Blick werfen, zumindest auf Euren Arm. Was habt Ihr angestellt?" Noch während er spricht, hat Borgil eine der Wirtschaftskammern gleich neben dem Zimmer mit der Nummer Eins, in dem gerade Sayila in der warmen Badewanne auftaut, aufgeschlossen, einen Hocker und eine Wolldecke herausgeholt und Lady Shin das eine untergeschoben und das andere um die Schultern gepackt. Ihre Zähne klappern daraufhin zwar immer noch, aber immerhin nur noch ein leises Stakkato. "Ich schicke gleich nach einem Mädel, das Euch etwas Trockenes zum Anziehen und einen Becher Grog bringt, hab ohnehin grad welchen auf dem Feuer." Er verschwindet kurz nach unten, kehrt aber nach wenigen Augenblicken wieder zurück, im Schlepptau eine die kleine Haud, eine Mogbarschankmaid, die Lady Shin einen dampfenden Becher reicht und ein schlichtes, aber trockenes Gewand, bestehend aus einem wollenen Unterkleid und einem Überwurf aus feingewebtem Leinen, hier lässt. Borgil selbst hat sich ebenfalls mit einem Krug verproviantiert, auch wenn seiner dunkles Kupferbier enthält. "Sie schicken den Heiler herauf, sobald er ankommt. Was hatte sie bloß auf dem Eis zu suchen, frage ich mich", murmelt er, immer noch nachdenklich, als die Mogbarmagd mit einem freundlichen Lächeln wieder an ihre Arbeit zurückkehrt und er mit Lady Shin allein zurückbleibt. Aus der Eins hinter ihnen ist außer ein paar leisen Worten und dem gelegentlichen Plätschern von Wasser nichts zu vernehmen. "Sayila kennt den Blaupfuhl doch, sollte man meinen, und es ist nicht ihr erster Winter in Talyra. Ach ja, wenn Ihr etwas Trockenes an den Leib bekommen wollt, Ihr könnt Euch gern dort", er wedelt in Richtung der Wirtschaftskammer, wo er Decke und Hocker geholt hat, "umziehen."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 19. März 2010, 22:12 Uhr
Der Zustand des Mädchens scheint noch weitaus schlimmer zu sein, als Yasraena angenommen hatte. Denn trotz des Bades kommt die junge Frau nicht wieder zu sich und ist nach wie vor so reglos, als wäre sie tot. Besorgt fühlt Yasraena nach dem Puls, welcher zwar sehr schwach aber immerhin spürbar ist. Hoffentlich kommt bald ein Heiler… denkt sie, denn der Zustand Sayilas mag ihr so gar nicht gefallen. Nach einer Weile hieven Yasraena und Marthea die Schmiedin aus dem Wasser und mühen sich, diese ausgiebig trocken zu rubbeln, um sie dann gemeinsam in die warmen Decken zu wickeln und sie wieder ins Bett zu legen. Noch immer keine Reaktion des Mädchens und Yasraena ertappt sich bei dem Gedanken, dass vielleicht jegliche Hilfe zu spät sein könnte. Auch Marthea sieht alles andere als glücklich aus, wie sollte es auch anders sein, denn auch wenn langsam wieder Wärme in den durchfrorenen Körper kommt, ist sie kreidebleich und nach wie vor nicht bei Bewusstsein. Besorgt öffnet Yasraena die Tür und tritt zu Borgil und Atevora „Ihr könnt wieder hinein,“ teilt sie an Borgil gewandt mit. Selbstredend, die bleiche Frau hätte den Raum nicht verlassen müssen. Aber scheinbar hatte sie das Gespärch mit dem Harfenwirt noch nicht zu Ende gebracht und hatte den Raum daher gemeinsam mit ihm verlassen. „Sie ist noch immer nicht bei Bewusstsein und ihr Puls ist sehr schwach“  erläutert sie den Beiden, als sie an das Krankenbett treten. „Ich hoffe der Heiler ist bald hier.“ Sorge spiegelt sich im Gesicht Yasraenas wieder, wenngleich sie das junge Mädchen nicht kennt, sind ihr die Vorkommnisse ein Rätsel. Wie und vor allem warum konnte das nur passieren? War sie wirklich so leichtsinnig, sich auf zu dünnes Eis zu wagen oder hatte sie gar Feinde, welche sich ihrer dort entledigen wollen? Aber wer sollte einem solch jungen Ding, das sich gerade auf der Schwelle zwischen Kind zum Erwachsenen zu befinden scheint solch etwas antun wollen? Gewiss, Gewalt gab es genug, aber auch Unfälle können passieren, und wer weiß schon zu sagen, weswegen sie sich aufs Eis gewagt hat und verunglückte.

Doch all diese Gedanken kann Yasraena nicht weiterspinnen, denn die weiße Lady beginnt zu taumeln. Mit einem großen Schritt ist Yasraena bei ihr und hält sie fest. Zitternd, mit blauen Lippen steht sie dort, auch wackeligen Beinen und die Decke, welche man ihr umgelegt hat beginnt sich bereits rot zu verfärben. Rasch schlägt Yasraena das Stück Decke beiseite, welche den verletzten Arm umhüllt und zieht scharf die Luft ein. „Bei den Göttern,“ entfährt es ihr, als sie den tiefen unaufhörlich weiterblutenden Schnitt betrachtet. „Das muss verbunden werden,“ stellt sie fest und Borgil geht auch schon hinaus, um den Hocker zu holen, auf den Yasraena die weiße Lady mit leichtem Druck an der Schulter des unverletzen Armes verfrachtet. Dann eilt sie auch schon davon um kurz darauf mit einem langen Stoffstreifen wiederzukommen und sich daran zu machen diesen eng um die Verletzung zu binden und so zumindest die Blutung etwas zu stillen, bis der Heiler vor Ort ist. Einmal zuckt Atevora zusammen und deutet an, Yasraena den Arm wieder zu entziehen. Diese hält den Arm energisch fest und sagt in einem strengen Ton: „Still halten!“ Ergänzt dann aber kurz darauf, als der Arm verbundne ist, mit sanfterer, freundlicher Stimme: „Das sollte die Blutung etwas stillen bis der Heiler hier ist und sich die Verletzung ansehen kann.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 22. März 2010, 00:45 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß


Des Zwergen dunkle Basstimme ist angenehm und beruhigend, doch Atevora hat kaum Sinn dies zu beachten. Ihr ist noch immer viel zu kalt dafür und sie hat gerade bemerkt, dass sich ihre nasse weiße Kleidung sehr eng an ihre Front schmiegt und somit auch eindeutig wesentlich mehr Preis gibt als ihr lieb ist. Darum verschränkt sie kaschierend die Arme vor der Brust während sie mit einem guten Respektabstand bibbernd dem Zwergen folgt.
Natürlich ist auch dem Harfenwirt ihr leicht angeschlagener Zustand, den sie sich allerdings nicht eingestehen möchte, aufgefallen, was er natürlich auch absolut sacht und durch die Blume mit dem rohabekannten dezenten Charme eines sanftmütigen Zwergen kund gibt:
>“mit Verlaub, Ihr seht aus, als sollte der Heiler auf Euch vielleicht auch gleich mal einen Blick werfen, zumindest auf Euren Arm.“<
Wenig erfreut wirft Atevora einen flüchtigen Blick auf ihren Arm um den schlampig ein braunes Tuch als Möchtegern-Verband gewurschtelt wurde. Das Tuch nützt so unordentlich umgebunden genaugenommen zu nichts weiterem als die Wunde flüchtig zu bedecken. Atevora ist eben nicht besonders geschickt was einhändige Wundwickeltechnicken anbelangt, und Zeit um wenigstens den Anflug von Sorgsamkeit in den Versuch hineinzulegen, hat sie sich sowieso nicht genommen. Die Farbe des Tuches kaschiert allerdings sehr gut, dass der Stoff eigentlich mittlerweile sehr nass und vollgesogen von Atevoras Blut ist. Ihre weiße Kleidung verschleiert es schon weit weniger.
„Ja, doch, wäre vielleicht ratsam..“ Antwortet sie dünn, unterdessen Borgil eine Tür aufschließt und sich erkundigt was Atevora angestellt hat.
Ich war Eisfischen, am Blaupfuhl... was sonst? Im letzten Augenblick beißt sich Atevora auf die Zunge. Bei Anderen hätte sie sich dazu hinreißen lassen derart kess zu antworten, doch gegenüber Borgil wagt sie es nicht. Es war wohl alles andere als ratsam einen derart schnippischen Tonfall gegenüber einer solch einflussreichen Person, und das auch noch unter dessen Dach anzuschlagen. Wie weit reichte wohl sein Einflussbereich wirklich? Atevora mochte sich nicht ausmalen, welch ungünstige Auswirkungen es haben mochte in dessen Missgunst zu stehen. Der gesellschaftliche Tod, oder zumindest erhebliche Schwierigkeiten in allerhand Bereichen des Berufs- und Privatlebens erschienen ihr mindestens vorprogrammiert, zumal ihr nichts handfestes an Dreckwäsche für einen möglichen denunzierenden Gegenschlag bekannt war. Es war schon schwierig genug sich mit ihren beruflichen Tätigkeiten jeweils unter des Zwergen Radar herumzudrücken. Idealisten, und Personen mit der Kombination: reich, mächtig und eine saubere Weste, also jene wie Borgil, waren ihr zu gefährlich, ganz besonders wenn sie jenen gegenüber auch mit ihrer Magie nicht wehrhaft sein konnte und die Person ihr den Schädel mit einem einfachen halbherzigen Fausthieb zertrümmern könnte. Derzeit schien Borgil ihr gegenüber unbefangen und neutral eingestellt zu sein, und dabei würde sie es auch gerne belassen.
Andererseits...
Wie vorteilhaft es wohl sein konnte solch eine Person als Gönner zu gewinnen? Womöglich gereichte ihr diese Situation, also die heldenhafte und selbstlose Rettung der Schmiedin, neben ihren damaligen Bemühungen einen mordenden Soziopathen dingfest zu machen, sogar zu ihrem Vorteil. Zumindest bot es die Möglichkeit ihren Ruf als redliche - wenn auch etwas reserviert, eigenbrödlerisch und manches Mal morbide - Bürgerin der Stadt auszubauen. Wer wäre sie so eine Chance ungenutzt verstreichen zu lassen?

„Mmh,... sagen wir so, ich ging notgedrungen auf .. hm.. zu intensive Tuchfühlung mit einer zu dünnen Eisfläche und einer morschen Leiter? Rückblickend eine ...wenig fruchtvolle Kontaktaufnahme."
Noch während sie spricht, wirft ihr der Zwerg eine Wohldecke über und gibt ihr zu verstehen, sich auf den hervorgeholten Hocker zu setzen. Nur all zu willig lässt sie sich schlotternd und zähneklappernd auf der Sitzgelegenheit nieder. Kaum gesetzt spricht der Harfenwirt noch von trockener Wäsche und einem heißen Becher Grog und ist auch schon davon geeilt, bevor Atevora auch nur ansatzweise dazu kommt zumindest der Form halber sittsam das großzügige Angebot anzulehnen.
Endlich allein Denkt Atevora erleichtert. Sie war noch nie geschaffen für reichliche Konversation, besonders wenn sie von trivialen platten freundlichen Phrasen getragen sein sollten um sich nicht zu rasch - um ein passendes Simile zu wählen - auf dünnes Eis zu wagen oder gar einzubrechen. Derlei hatte Atevora für heute eindeutig schon genug, auch wenn es hier nur im übertragenen Sinne gegeben war. Aus diesem Grund wäre es ihr wesentlich lieber, man ließe sie in Frieden mit sich alleine und nötigt sie nicht groß zu Dialogen. Natürlich bleibt sie nicht lange vereinsamt im Gang zurück. All zu Bald ist der Wirt zurück und hat im Schlepptau eine seiner Schankmaiden. Mit einem freundlichen lächeln reicht ihr diese einen Becher mit dampfenden Grog - an dem Atevora kurz prüfend riecht und nippt, bevor sie ihn am Boden abstellt – und danach die erwähnte trockene Wechselwäsche. „Sehr fürsorglich, .. danke.“ Wirft Atevora ihr schal und plattitüdenhaft entgegen, bevor sich die Mogbarfrau wieder zurückzieht und Atevora mit Borgil alleine zurücklässt, mit dem sie so gar nicht alleine sein möchte.

Ob Borgil sie wohl alleine gelassen hätte, wenn sie ihn darum nett gebeten hätte? Nur welche Worte oder Argumentation sollte  sie wählen damit es nicht unfreundlich wirkt? Vielleicht ein: „Entschuldigung, ich denke, ich brauche etwas Ruhe nach der Aufregung“? Hätte es den Zwerg verärgert? Doch Atevora denkt ohnehin nicht im Traum daran sich einzugestehen, dass sie nicht nur gehörigen Respekt vor dem Harfenwirten hat. So nimmt der Zwerg einen kräftigen Schluck von seinem Humpen und stimmt zu allem Überdruss, komunikativ wie es sich für einen Vorzeigewirten gehört, eine Plauderei an. >"Was hatte sie bloß auf dem Eis zu suchen, frage ich mich"<  Oh, weh.
> "Sayila kennt den Blaupfuhl doch, sollte man meinen, und es ist nicht ihr erster Winter in Talyra.<
Ja, eine gute Frage. Atevora hatte sich damit schon selbst beschäftigt, und ist mit ihren Theorien von einer schlafwandelnden Schmiedin, bis hin zur wilden Verfolgungsjagd gekommen, aber keine der Überlegungen war auch nur annähernd zufriedenstellend. Atevora zuckt also ratlos mit den Schultern, wobei es zwischen dem gebibber kaum als ein Schulterzucken zu erkennen sein dürfte. “Alle Szenerien die mir bisher in den Sinn kamen waren..“ vortrefflicher Nargenscheiß! „... zu abstrus. Als ich hinzu stieß, war Sayila bereits unter Wasser und bewusstlos. Vielleicht kann Herr Feydor, oder dann die Schmiedin selbst diese Dinge näher erörtern?“
Atevora hoffte inständig, dass die Schmiedin überlebt. Wenn nicht, so beschließt sie, würde sie als erstes der Leiche eine gehörige Ohrfeige verpassen, sodass der losgelöste Geist womöglich noch sehen kann, was sie von dem Ärger und Eskapaden für Nichts hielt, bevor sie vollends ins Totenreich übertritt. >„Ach ja, wenn Ihr etwas Trockenes an den Leib bekommen wollt, Ihr könnt Euch gern dort umziehen“< Reißt sie Borgils warme Stimme aus ihren bitteren Gedanken. Unschlüssig schaut die Magierin daraufhin auf die Kleidungsstücke auf ihrem Schoß. „Habt dank.“ Verkündet sie höflich, steht dann etwas wackelig auf und begibt sich schlurfend in die enge mit Polsterüberzügen, Spannleintüchern und so fort vollgeräumte Kammer.
Im inneren muss Atevora als erstes kurz inne halten und sich ausruhen. Es fällt ihr so unglaublich schwer, sich aufrecht zu halten. Sie fühlt sich ausgelaugt und kraftlos, als hätte sie tagelang nicht ausreichend geschlafen und das lästige zittern, das ohnehin nicht zu nutzen schien, machte es nicht einfacher.

Nach schier endlosen Sekunden beäugt sie endlich die Gewandungen kritisch etwas näher. Sie waren von guter Qualität, aber entgegen ihrer sonstigen Kleidungswahl so ungewohnt bunt. In dem Moment fällt ihr Blick auch wieder auf das mit Blut vollgesogene braune Stofftuch.
Sollte sie sich tatsächlich umziehen? Sie würde die Gewänder nur mit ihrem Blut besudeln. Gut, ihr Gewand war nun schon reichlich mitgenommen, und es war triefend nass, aber es würde auch wieder trocken werden. Andererseits, sie würde den Schaden ohnehin begleichen. Atevora seufzt vernehmlich. Es war genaugenommen irgendwie erheiternd. Vor noch nicht einer Stunde, hat sie sich Gedanken wegen ein paar Mehrausgaben für Papier und Tinte gemacht, und nun? Nun war eines ihrer besten Winterkleidungsstücke ruiniert und sie hatte demnächst dieses hier auch noch zu ersetzen. Atevora tat zwar vieles, doch in Reichtum schwamm sie sicher nicht und Kleidung war teuer.
Schließlich siegt allerdings eindeutig die Aussicht auf etwas trockenem am Körper über jeden Gedanken an zukommende Aufwendungen und sie zieht sich etwas wackelig auf den Beinen um.
Mit fast zaghaften kleinen Schritten tritt sie wieder aus der Kammer und trägt dabei einen reichlich zierknitterten Gesichtsausdruck zur Schau. Das war jedoch nicht, wie man meinen würde, darauf zurückzuführen, dass sie nun aussieht als wäre sie eine von Borgils Schankmädchen, der ihre Kleidung allerdings mindestens um eine Nummer zu groß ist. Ihr war außerordentlich und unwohl, auch ihr Atem war flach und sie zitterte noch immer, doch nicht mehr so recht weil es ihr fröstelte. Es war anders, irgendwie, und doch nicht. Auch so schien etwas falsch. Wurden die Farben rings blasser? Sie kommt nicht weiter mit zäher ihren werdenden Überlegungen, denn in dem Moment tritt die Frau, mit der sie Sayila in die Harfe geschleppt hatte, aus dem Gästezimmer. Nun endlich betrachtet Atevora die Frau etwas näher. Ihre Haare waren nicht, wie es auf den ersten Blick schien, vollkommen weiß, sondern sie schimmerten selbst im warmen Schein des Korridors silbrig wie das Sternenlicht, und ihre Haut war zwar fast so hell wie die ihre, doch sie hatte einen zarten Schimmer wie von Perlmuttstaub überzogen. Wie schön.. Ist der einzige Gedanke, der sich durch ihr träges Bewusstsein gräbt.
Den übrigen Worten im inneren des Zimmers kann Atevora kaum noch folgen. Die Stimmen sind so schrecklich dumpf. Doch sie registriert noch, dass es etwas schlechtes ist, was die Dame erzählt: Schlecht..
schlecht.. oh mir ist so übel..

Atevora möchte etwas sagen. Wollte sie etwas sagen? Sie weiß es nicht mehr. Alles um sie herum dreht sich, der Boden schwangt wie die Blanken eines Schiffes auf rauher See, oder ist sie es selbst? Es geht alles so schnell. Auf einmal steht jemand da und stützt sie, im nächsten Moment sitzt sie wieder auf dem Hocker und überlegt wo er denn so plötzlich herkam, während der Zwerg sie stützt. Er riecht nach Tabakrauch, gebratenem Fleisch und Rindersuppe. Spricht er etwas, oder ist es Einbildung?
Eine seltsame Lethargie überkommt die Magierin, sie ist viel zu müde, alsdass sie sich über ihre eigene Schwäche grämen könnte. Statt dessen breitet sich in ihr mit jedem Herzschlag mehr ein seltsames Gefühl von Frieden aus.
Eine stechende Schmerzwoge, ausgehend von ihrem Arm, zerstört dreist den seligen Hauch.

Instinktiv möchte sie ihre Hand zurückziehen und kassiert dafür prompt ein harsches „Still halten!“, als wäre sie irgend ein lästiges zappelndes Gör. Verdutzt schaut die Magierin Yasraena an. So einen Ton war Atevora nicht gewohnt, erst recht nicht von einer einfachen Magdt deren Aufgabe es ist sich um das Kleinvieh zu kümmern.
Noch immer hält die Frau Atevoras Hand mit eisernem Griff fest, währenddessen sie unsanft mit einer Pinzette die Holzsplitter aus der weißen Mistress Arm entfernt.
Verdammt nochmal, seid ihr eine Viehmagdt oder Fleischermeisterin? Atevora presst die Zähne zusammen und krallt sich mit der gesunden Hand am Schemel fest, während sie nebenher den Schluss zieht, dass die Frau eindeutig ihre Berufswahl verfehlt hat.
Dann nach schier einer Ewigkeit, in der sie fürchtet sie würde wegen dieser Elbe mit den seltsamen blauen Pupillen - die sie im Moment am ehesten an den trüben Augenschleier unfrischer toter Fische erinnert - jeden Moment an die Decke hüpfen zu müssen, ist ihr Arm relativ fachgerecht und fest verbunden.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 29. März 2010, 09:11 Uhr
Hätte Borgil etwas von den verworrenen Gedanken Lady Shins über ihre Schwierigkeiten ihm gegenüber und ihren entzückenden Fantasievorstellungen von schädelzertrümmernden Fausthieben und so fort gewusst, wäre ihm vermutlich die Kinnlade bis auf die Brust gesunken – als hätte er nichts besseres zu tun, als eine kleine Wassermagierin zu beuteln, ganz gleich was für krumme Geschäfte sie in der Unterstadt so betreibt. Die Unterstadt ist die Unterstadt und sowohl der Lord Commander, als auch die übrigen Stadträte, und er selbst erst recht, wissen alle, dass auch Schattengewächse irgendwo eine Nische zum Leben brauchen… - und so lange sie ihre Machenschaften nicht ins Sonnenlicht tragen oder fortwährend den falschen Leuten auf die Stiefelspitzen treten, sollen sie doch tun und lassen, was immer sie glauben tun und lassen zu müssen. Hätte Olyvar je den Plan gefasst, die Unterstadt auszuräuchern, hätte er es längst getan. Borgil hat natürlich keine Ahnung, was im Kopf der schlotternden jungen Frau so vorgeht, aber dass ihre Antwort auf seine Frage ein wenig gestelzt ausfällt ist nicht zu überhören: >Mmh,... sagen wir so, ich ging notgedrungen auf... hm…  zu intensive Tuchfühlung mit einer zu dünnen Eisfläche und einer morschen Leiter? Rückblickend eine... wenig fruchtvolle Kontaktaufnahme.< In Borgils Brust grollt ein leises Lachen, was sich anhört wie rumpelnde Steine unter Wasser und er schüttelt sacht den Kopf. Kann sich kaum noch aufrecht halten, aber einen Satz wie ein Cornischer Knoten, das kriegt sie jederzeit hin…

Lady Shin wird nicht gesprächiger, auch nicht, als sie mit Wolldecke, Grog und trockenen Gewändern versorgt ist und Borgil ist das nur recht – er ist nicht in mitteilsamer Stimmung, dazu geht ihm zu viel im Kopf herum, abgesehen davon hat es ihn ohnehin noch nie gereizt, menschliche, elbische oder sonstwie geartete Frostbeulen auf zwei Beinen aufzutauen. Was er von sich gibt sind mehr laut ausgesprochene Gedanken und damit, dass Lady Shin das als Aufforderung zu einem Gespräch oder etwas ähnlichem werten könnte, kommt er nicht einmal. Aber offenbar hat sich die Magierin über Sayila und den Blaupfuhl auch schon selbst den Kopf zerbrochen, wenn sie auch keine befriedigenden Antworten gefunden hat… was Sayila aufs Eis getrieben hatte, wird nur die Schmiedin selbst sagen können. Wenn sie wieder aufwacht… hab schon genug Ertrunkene gesehen um sagen zu können, dass das da drin nicht gut aussieht. Lady Shin taumelt mehr als sie geht nach nebenan in die Wäschekammer, um trockene Kleider an den Leib zu bekommen und Borgil hängt seinen eigenen Gedanken nach, bis Yasraena zu ihnen tritt und verkündet, sie könnten jetzt wieder hereinkommen. Hmpf. Ein Blick auf Sayilas wachsweises Gesicht zeigt ihm, dass es wirklich nicht allzu gut um sie steht. >Sie ist noch immer nicht bei Bewusstsein und ihr Puls ist sehr schwach,< erklärt seine Viehmagd und klingt wie eine Autorität auf diesem Gebiet, was Borgil halb fragend, halb spöttelnd eine Braue heben lässt. >Ich hoffe der Heiler ist bald hier.<

"Hm. Na hoffen wir's. Die Harfe ist schließlich ein Gasthaus und kein Lazarett. Wie auch immer, erst einmal kann sie…" Noch bevor er auch nur dazu kommt, seinen Satz zu beenden oder sich zu wundern, hat sich Yasraena schon an ihm vorbei geschoben um Lady Shin zu stützen, der die ganze Anstrengung und die Kälte just in diesem Augenblick anscheinend endgültig zu viel wird. >Heilige Götter!< hört er Yasraena noch keuchen. >Das muss verbunden werden.< Borgil überlässt es der Elbin, sich um die Magierin und ihre Wunde zu kümmern und holt schicksalsergebend seufzend den Schemel von draußen herein, um ihn wieder unter Lady Shins Hintern zu schieben, die sich wirklich kaum noch aufrecht halten kann. Ausmanövriert von der eigenen Schwäche und außerdem in Yasraenas Fänge geraten, die sich auch gut als Mutter Oberin in einem Hospiz gemacht hätte, wie Borgil mit leiser Belustigung feststellt, bleibt der Magierin gar nichts anderes übrig, als perplex still zu halten und ihren Arm versorgen zu lassen. Da Yasraena im wahrsten Sinne des Wortes alles bestens im Griff hat und er hier ohnehin Platz wegnimmt, beschließt er, Lady Shin und Sayila seiner Magd zu überlassen und wieder an die Arbeit zu gehen – dort unten wartet schließlich ein ganzer Schankraum voller Gäste auf ihn. "Ich bin dann wieder unten", murmelt er schulterzuckend. "Hier kann ich ohnehin nichts tun, außer im Weg herumzustehen. Sagt mir bescheid, wenn ihr etwas braucht oder sich ihr…" er blickt auf Sayilas blasses Gesicht hinunter. Bewegte sich die Decke über ihrer Brust überhaupt? Ja, sie atmet… wenn auch erschreckend flach…"Zustand ändert."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Feydor am 14. Apr. 2010, 16:51 Uhr
Ohne viel Federlesen wird Feydor seine Last aus den Armen genommen, und am Rande bemerkt der Zentaur ein bekanntes Gesicht. Die Frau mit dem schwarzen Pferd… Ebenjene hat nun offenbar das Kommando übernommen und wenige Augenblicke später verschwindet das nasse Bündel in der Wärme der Gaststube.
Der Zentaur fühlt sich immer noch, als wäre sein Kopf in Watte gepackt worden und die Erinnerung an den zugefrorenen See jagt ihm in regelmäßigen Abständen Schauer über den Rücken, die sein Fell zu Berge stehen lassen. Er kann sich kaum erinnern, wie die weiße Frau und er vom Park hierhergekommen sind.
Er schüttelt unwillig den Kopf, um das dumpfe Gefühl loszuwerden, dass ihn wie einen Schleier von der Realität trennt. In diesem Moment spricht die weiße Frau ihn an: „Herr Feydor, ihr seid am schnellsten. Bitte seid so freundlich, holt von der Steinfaust einen Heilkundigen. Verlangt bestenfalls nach Mistress Mealla … oder Maester Olgiv.“
Die Steinfaust… Feydors Gedanken rattern, als er versucht, dem Begriff einen Ort zuzuordnen. Genau, großes Gebäude, südlich vom Verder Tor Er nickt kurz, um der Frau sein Einverständnis zu verstehen zu geben, dreht sich dann um und überquert den Marktplatz, während die hektischen Laute, die nun aus der Harfe dringen, leiser werden und mit dem Schließen der Tür ganz verstummen.

--> Straßen der Stadt

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Azra am 01. Mai 2010, 23:38 Uhr
~ 3. Grünglanz ~


Unentschlossen steht Azra vor dem grossen, mit feinen, stellenweise bunt bemalten Holzschnitzereien in Form kleiner Feen eingerahmten Spiegel und betrachtet ihr Ebenbild. Es ist lange her, seit sie sich für einen Anlass in eines von Dornenbeutels Festtagsroben gekleidet hat und der Anblick, der sich ihr bietet, lässt sie zögern. Blumenball. Blumen. Dann wird das wohl passen. Oder ist es doch eher ein Kleid für einen weniger offiziellen Auftritt? Wobei er so offiziell gar nicht ist. Früher vielleicht. Als die Familie de Winter noch fest in Talyra integriert war und der Blumenball jedes Jahr aufs neue mit grosser Sehnsucht erwartet wurde. Die arme Aurian. Es muss schwer sein Erwartungen an alte, verblasste Glanzzeiten gerecht zu werden. Wobei sie ja eigentlich gar keinen Erwartungen gerecht werden muss. Es ist ein schöner Gedanke das Fest wieder zum Leben zu erwecken, niemand hat ein Recht auch noch Ansprüche zu stellen. Azra stellt überhaupt nichts. Weder Ansprüche, noch Erwartungen, noch sonst irgendetwas. Sie freut sich ganz einfach auf einen ausgelassenen Abend mit Borgil und vielleicht auch Tiuri, und vor allem der Gedanke endlich mal wieder das Tanzbein zu schwingen, hat es ihr angetan. Allerdings stellt sich ihr die berechtigte Frage, ob sie es zwischenzeitlich nicht verlernt hat sich in einem solchen Stoffmonster zu bewegen. Probeweise hebt sie den Rocksaum ein Stück und wirft einen zweifelhaften Blick auf die feinen, halbhohen Stiefel aus unglaublich weichem, weissem Wildleder, die sich eng an ihre schmalen Beine anschmiegen. Sie passen perfekt zu dem schlichten Kleid, das ihre Zerbrechlichkeit und die eher unscheinbaren, zarten Linien ihres Körpers hervorhebt und farblich wunderbar mit ihrem weissem Haar und ihrer blassen Haut harmoniert. Es besteht aus einem einfachen Untergewand mit langen Ärmeln aus einer Lage feinstem, porzellanhellen Samt und drei Lagen weisser, nahezu durchscheinender Pfauenseide, und einem Überkleid mit kleiner Schleppe aus lindgrün gefärbtem Silberbrokat mit Blumenrankenstickereien und mit sommergrünen Glasperlen und kunstvollen, aber unauffälligen Silberborten verzierten Säumen. Die halblangen Überärmel enden in bodenlangen Hängeärmeln aus weich fallender, zartgrüner Feenseide. Es ist unleugbar hübsch und sie gefällt sich darin, aber… Mit einem Seufzen schlägt sie die Augen nieder, angelt nach der Perlenkette und den feinen Perlohrringen, die sie von Borgil vor vier Jahren auf ihren Geburtstag geschenkt bekommen hat, und legt sich diese an. Ihre schimmernden, seidigen Locken hat sie mit einem weissen Seidenband und drei weissen Rosen, so frisch, dass sie noch leicht grün sind, ganz locker im Nacken zusammengefasst, so dass sie ihr trotzdem noch weit und lange über den Rücken hinab fallen und die silberne Schnürung des Kleides verbergen. Ohne es zu merken, gibt Azra sich Mühe für ein paar Stunden besonders schön auszusehen. Für Borgil. Und nur für ihn. Auch wenn ihr Mann es vielleicht längst vergeben und vergessen hat, sitzt ihr das Geschehen um Njucon, so lange es auch her ist, tief im Fleisch und sie würde alles dafür geben es ungeschehen zu machen. Aber alles was sie tun konnte, war vor Borgil auf die Knie zu fallen, seine Hand zu ergreifen und vor ihm ihre innersten Gefühle bloss zu legen, bis sie sich sehr klein und sehr nackt gefühlt hatte.

“Ich will nicht zurück“, hatte sie mit zitternder Stimme, aber mit unverminderter Heftigkeit gesagt. “Ich will ihn überhaupt nicht. Ich habe ihn nie gewollt. Niemals, Borgil! Ich habe ihn gemocht, ich habe ihm vertraut, ich dachte, er wäre ein guter Freund, aber ich habe ihn keine einzige Sekunde lang geliebt. Es gibt keinen Rosenbengel aus Verd, Borgil. Und auch nicht aus Talyra. Es gab ihn nie. Und es wird ihn nie geben. Es gibt nur dich. Du bist mein Leben Borgil, mein Atem, mein Herz, meine Seele, du bist alles, was ich mir je gewünscht habe und ohne dich kann und will ich nicht sein. Ich bin dein Borgil. Gestern, heute, morgen und für den Rest meines Lebens, weil ich dich liebe.“ Und so ist es noch immer, trotzdem fällt ihr Blick, als sie sich noch einmal im Spiegel betrachtet, auf die Stelle ihrer Wange, wo Njucon sie berührt hat – vorsichtig, aber deswegen nicht minder verlangend. Inzwischen weiss sie, dass er den sehr kurzen, aber heftigen Kampf, wenn man es denn so nennen kann, mit Borgil überlebt hat und wieder vollkommen genesen ist, aber sie hat ihn seither nicht mehr zu Gesicht bekommen. Verständlicherweise meidet er die Harfe und sie, seit diesem Tag, sein Haus und nach einer Weile und ein paar strengen Blicken von seiten seines Vaters hat auch Brenainn aufgehört nach Njucon zu fragen. Fast ist es so, als hätte der Albino aus dem roten Steinhaus nie bestanden. Aber eben nur fast.
Azra schreckt erst aus ihren trübsinnigen Gedanken auf, als jemand die Tür zu ihren privaten Gemächern öffnet und gleich darauf kleine, eilige Schritte die Ankunft ihrer Kinder verraten. “Mamaaaa?“
„Ich bin hier, mein Schatz“, ruft sie leise und fühlt ein stolzes Brennen in ihrer Brust. Auch das hat Borgil mir gegeben. Zwei wundervolle, starke Söhne. Als die beiden, der eine vier, der andere zwei Jahre alt, Hand in Hand hereinspaziert kommen, staubig und dreckig von den Zehen bis zu den Haarspitzen, und sofort mit ausgestreckten Armen lachend und kichernd auf sie zustürmen sieht sie ihren Traum aus Samt und Seide schon verpuffen, als Halla, die sich nun ebenfalls dazu gesellt, die beiden gerade noch rechzeitig am Schlafittchen erwischt. “DAS lassen wir besser, sonst kann eure Mutter sich gleich wieder umziehen.“ Bræn quengelt und versucht sich aus Hallas resoluter Umarmung zu lösen, derweil Brenainn seine Mutter nur sehr genau mustert und dann fachmännisch verkündet: “Hübsch.“
„Danke mein Herr“, schmunzelt Azra und drückt ihm einen Kuss auf den einzigen, nicht schmutzigen Fleck den sie finden kann. Auch Bræn wird geküsst und gestreichelt, derweil Halla sicherheitshalber seine kleinen Patschefinger festhält und Azra dann versichert, dass sie und Borgil sich einen unbeschwerten Abend gönnen könnten, sie würde gut auf die Jungs aufpassen. Azra hat keinerlei Zweifel daran, trotzdem muss sie regelrecht aus dem Zimmer flüchten, denn Bræns herzzerreissender Bambiblick aus grossen, verräterisch glänzenden, kohleschwarzen Augen jagt ihr prompt Schuldgefühle auf den Hals.

Um sich abzulenken von Bræns Geschrei im Hintergrund und dem Warten auf Borgil, der mit Sigrun noch einmal die Vorräte für das Inarifest durchgeht, sucht sie die Abendgewandung für ihren Mann heraus, so dass er sich nur noch kurz zu waschen und umzuziehen braucht, wenn er kommt. Sorgfältig wählt sie einen dunkeln grünen Wams aus leicht gold schimmerndem Samt und Runenstickereien an den Säumen, ein rein weisses Hemd, weiche, braune Lederhosen, hohe, glänzend polierte Stiefel und ein paar Socken aus und legt alles auf dem Bett zurecht, einmal abgesehen von den Schuhen, die sie fein säuberlich davor stellt. Da das Wetter mild ist haben sie beschlossen den kurzen Weg zum Anwesen de Winter zu Fuss hinter sich zu legen, wofür Azra noch zwei leichte Wollumhänge auswählt. Als sie fertig ist und sich mit leeren Händen konfrontiert sieht, stellt sie sich ans Fenster und blickt hinaus auf die Strasse, wo der Mond silbrige Flecken auf die buckeligen Pflastersteine wirft.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 02. Mai 2010, 12:16 Uhr
3. Grünglanz


Ein paar Tage nach dem Inarifest, das rauschend, berauschend und bezaubernd wie immer vergangen war, steht Borgil hinter dem Tresen wie jeden Abend und bespricht gerade mit Sigrun die nötigen Einkäufe im kommenden Siebentag, denn die Feierlichkeiten hatten die Eiskeller und Vorratskammern der Harfe ordentlich geleert und noch immer brummt das Gasthaus wie ein überfüllter Bienenstock. Nahezu alle Zimmer sind belegt und ein paar Reisegesellschaften machen noch nicht einmal Anstalten, in näherer Zukunft auch wieder zu gehen – der Frühling in Talyra sei so schön und sie hätten ohnehin Geschäfte hier zu erledigen. Gnagnagna, brummt Borgil in Gedanken. Adlige und reiche Schnösel sind immer anstrengend – nicht dass es nicht auch angenehme Gäste von Stand und mit Gold in den Taschen gegeben hätte, aber diese hier fallen leider nicht in jene Kategorie. Er ist also grade damit beschäftigt im Duett mit seiner Köchin der armen Marthea eine ellenlange Liste zu diktieren, was sie alles benötigen würden, als plötzlich Nathrach vor dem Tresen steht – verhüllt, riesenhaft, bucklig und schweigsam wie immer. Einen Moment ist Borgil völlig perplex, dann fällt ihm siedend heiß wieder ein, warum und er schlägt sich knurrend mit der schwieligen Hand an die Stirn. "Cobrin, Troilus und Cassandra! Blumenball! Heute! Argh! Narr, Rindvieh, Trottel! Azra ist bestimmt längst fertig… du und du, ihr macht hier weiter und dass ihr mir ja das Auffüllen nicht vergesst! Und zählt die Honigweinkrüge, ich muss wissen, wie viele noch im Keller liegen! Und den guten Roten vom Ostufer. Herrje, sie wird mich vierteilen! In Fischöl backen! Ausweiden…. Oh, dreimal verfluchter Mist verdammt! Nathrach… hier lang. Und danke, dass du hergekommen bist. Wär mir nicht wohl dabei, die zwei ganz allein zu lassen und Tiuri steigt ja irgendeiner Inariflamme hinterher… Byfandarryachyislinn, warum muss das ausgerechnet mir passieren…"

So und sehr ähnlich vor sich hin jammernd hetzt Borgil in den Neubau hinüber, findet Azra natürlich längst angekleidet und bereit vor in ihrem Schlafgemach im ersten Stock vor und spurtet mit einem gequälten "Bin sofort fertig!" wieder hinaus ins Kaminzimmer hinüber, wo Halla gerade dabei ist, seine beiden Dreckspatzensöhne in einen ausladenden hölzernen Badezuber zu stecken. Genau genommen sitzen sie schon drin und flutschen kichernd ein Stück Seife hin und her. "Rückt mal ein Stück Jungs, euer Vater hat's eilig." Er hätte niemals mehr genug Zeit für ein eigenes Bad, aber wozu auch, wenn hier schon heißes Wasser in ausreichender Menge vorhanden ist? Vom abenteuerlustigen Funkeln in den Augen ihres Vaters angesteckt, machen Brenainn und Bræn bereitwillig Platz und Borgil gönnt sich eine rasend schnelle Katzenwäsche über dem Badezuber, wobei er mehr vom Fußboden unter Wasser setzt, als seine Jungen, selbst wenn man sie völlig unbeaufsichtigt ließe. Kaum ist das erledigt, drückt er beiden einen schmatzenden Kuss auf die runden Köpfe, lässt sich von der schimpfenden Halla ein Handtuch reichen und hetzt zurück ins Schlafgemach. Er springt förmlich in seine Kleider (allen Göttern sei Dank muss er nicht auch noch irgendetwas zusammensuchen, das hat Azra längst erledigt), schlüpft in Windeseile in seine Stiefel und wühlt nach Geldkatze und Handbeilen. Sein Haar ist – einmal wieder – so kurz geschoren, dass er es nicht erst prächtig auffrisieren muss, weil es, einmal kräftig trocken gerubbelt, von ganz allein zu Berge steht und sein Bart… ach, unwichtig. Die diversen abenteuerlichen Schmuckstücke durch Ohrläppchen, Nasenwurzeln und so fort trägt er ohnehin immer, so dass ihm lästiges Herumgefummel mit Lindwurmzähnen und Goldstiften auch erspart bleibt, also ist er praktisch ausgehfertig, und das in weniger als Fünf Minuten… sein neuer persönlicher Rekord. Azra lächelt ihn nur an, anstatt ihm die Ohren langzuziehen, weil er diesen vermaledeiten Ball schlicht und einfach vergessen hatte und Borgil rollt mit den Augen.

"Würdest du bitte wütend auf mich sein?" Fordert er zerknirscht, als sie die Harfe verlassen und in die laue Grünglanznacht hinaustreten. Überall auf den Straßen treibt der sachte Wind noch die Reste des Blumenschmucks vom Inarifest hin und her – hauptsächlich Birnen-, Kirsch- und Apfelblüten, so dass es beinahe aussieht, als wirbelten Schneeflocken durch Talyra. Azra hingegen sieht ihn nur verständnislos an. "Es wäre wirklich leichter, wenn du wütend auf mich wärst. Ich hab den blöden Ball vergessen und das tut mir leid." Azra schüttelt nur den Kopf, schiebt ihre kleine Hand in seine und lässt ihre Rockschleier schwingen. "Hmpf!" Murrt Borgil. Seit dieser Geschichte mit dem verdammten Bleichfisch war Azra immer noch das personifizierte schlechte Gewissen, als sei es wirklich ihre Schuld, dass der Hundsfott versucht hatte, sie zu verführen. Wie schon oft gehen ihm ihre Worte – nachdem sie ganz entsetzt gewesen war, als er hatte wissen wollen, ob sie ihn vielleicht wolle und ihm dann glühend ihre Liebe versichert hatte – durch den Kopf. Sie schäme sich so schrecklich, sie war nur besorgt um Njucon und sie verstehe einfach nicht, wie er auf solche Ideen komme könne, was habe sie denn getan… und wie schlecht ihr geworden war, als er sie berührt hatte - Ha! Der Gedanke daran jagt Borgil immer noch einen wohligen, äußerst zufriedenen Schauer über den Rücken. "Azra, es war nicht deine Schuld. Naja vielleicht ein bisschen, weil du immer viel zu vertrauensselig bist und von niemandem etwas Schlechtes denkst, aber… nein, um Himmels Willen, so hab ich das nicht gemeint!" Beeilt er sich zu versichern, als er ihrer schuldbewussten Miene gewahr wird. "Das ist ja gerade ein sehr liebenswerter Zug an dir, mein Herz, aber… du darfst nicht einfach jedem, der dich freundlich anlächelt gleich alles glauben und schon gar nicht, dass dieser jemand es auch zwangsläufig gut mit dir meint, nur weil er freundlich tut. Die meisten Menschen sind ganz in Ordnung, aber bei weitem nicht alle. Und ich hatte schon meine Gründe dafür, dass ich den Kerl nie leiden konnte, auch wenn ich damals noch gar nicht eifersüchtig war. Aber jetzt, Schneemädel, gehen wir das Tanzbein schwingen und der Dunkle soll mich holen, wenn ich mir den Abend verderben lasse!" Gesagt getan, und so erreichen sie das Seeviertel und das alte Anwesen von Aurians Familie, von dem ihnen schon hell der Schein unzähliger Fackeln entlang der Wege entgegen leuchtet. Borgil pfeift leise und anerkennend durch die Zähne. "Scheint so, als habe sich da jemand sehr viel Mühe gemacht."  

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 10. Mai 2010, 17:23 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß

Während Yasraena sich um die weiße Frau mit den schwarzen Streifen im Haar kümmert, verabschiedet sich Borgil um sich wieder an seine Arbeit zu machen, nicht ohne jedoch mitzuteilen, dass sie sich melden sollen, sobald sie etwas benötigen. Yasraena wüsste nicht, was noch von Nöten wäre, außer der baldigen Ankunft eines Heilers. Der Zustand der jungen Frau, welche wohl Sayila heißt, hat sich keinen Deut verbessert und die weiße Lady macht einen grimmigen und missmutigen Eindruck, was wohl vor Allem daher rührt, dass Yasra sie etwas harsch angesprochen hat. Normalerweise hätte Yasraena diese Gefühle auf die Verletzungen und den anstrengenden Tag geschoben, doch da sie just in dem Moment aufflammten und ihr entgegen sprangen, als Yasras Tonfall harscher wurde, liegt es nur Nahe, dass es eben dieser Ton war, welcher der Frau mit den mädchenhaften Gesichtszügen nicht gepasst hat. Yasraena kann sich ein kurzes amüsiertes Lächeln nicht verkneifen. Es ist aber auch einfach ein Bild für die Götter, wie die Frau dort, verletzt in eine Decke gehüllt sitzt, das Haar noch immer nass aber all das vermag ihr keine Gefühlsregung zu entlocken, ein falscher Tonfall aber schlägt sich sofort auf die Stimmung nieder.
Vom Gesicht her wirkt sie so kindlich, als hätte sie das Erwachsenenalter noch nicht erreicht wundert sich Yasraena, doch diese Augen strahlen eine Lebenserfahrung aus, welche nicht zum Alter dieser Gesichtszüge passen mag. Yasraena schüttelt kaum merkbar den Kopf und wischt ihre Gedanken fort, während sich eine drückende Stille zwischen den beiden Frauen ausbreitet. Als das Schweigen anfängt wirklich unangenehm zu werden, steht Yasraena auf und tritt erneut zu Sayila ans Bett. Aber es hat sich nichts getan.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 09. Juni 2010, 05:13 Uhr
3. Grünglanz

Am heutigen Tage ist der Hausherr samt Gattin nicht daheim. Wie so ziemlich alles was hier und in den Umlanden Rang und Namen hat, sind sie in Abendgarderobe zum Anwesen de Winter aufgebrochen, wo wohl ein Ball stattfinden soll. Die ganzen letzten Tage schon gibt es kaum ein anderes Thema und besonders heute, scheinen die Mägdte wirklich von nichts anderem zu reden, als all der schönen Gaderobe und wie hinreißend Azra doch aussah als sie aufgebrochen und so weiter und so fort...
Alles was Rang und Namen hat – dort... Hätte sie ihre Gedanken laut ausgesprochen, so hätte sie einen verbitterten Unterton nicht verkneifen können, doch da Yasraena nur über diese Tatsache nachdenkt und wie meist schweigend ihre Arbeit verrichtet ist ihr nichts anzumerken.

Früher in den Elbenlanden hatte sie diese Verpflichtungen gehasst und war nie sonderlich gerne auf diese Bälle gegangen. Es war ihr immer alles so gezwungen freundlich vorgekommen, keine Atmosphäre, welche man genießen könnte. Ob es nur ihr so erschien oder gar ihr gegenüber aufgrund ihrer Abstammung wirklich so wahr, ist ihr nicht klar, aber es ist ihr auch einerlei. Dennoch versetzt es ihr nun einen Stich zu solch einem Ereignis gar nicht erst eingeladen zu sein. Dergleichen wäre in ihrer Heimat undenkbar gewesen. Aber was bin ich schon, hier in Talyra? Ein Nichts… Eine einfache Viehmarkt… und ja, Yasraena kann es gut verstehen, weshalb sie zu einem solch feierlichen Ereignis nicht eingeladen ist. Immerhin kennt sie die Gastgeberin nur flüchtig und zudem, welchen Rang hatte sie hier schon vorzuweisen, der eine solche Einladung gerechtfertigt hätte. Sie war nach Talyra gekommen, um eben genau das zu sein, ein Niemand, dem man nicht mehr Beachtung schenkt als jedem anderen auf der Straße auch, aber wollte sie das wirklich? Und obgleich Yasraena genau weiß, dass Aurian de Winter gar nicht hätte auf die Idee kommen können die weiße Elbe einzuladen, bleibt die Verbitterung im Inneren Yasras bestehen und lässt sich durch keinen Gedanken der Welt vertreiben.

Vermutlich ist es ohnehin wie daheim… Künstliche Freundlichkeit und Höflichkeit, alles aufgesetzt und falsch… Und was an ihr, außer ihrer oftmals viel zu vornehmen und aufrechten Haltung sowie manch eine elegante Bewegung sollte schon an eine von blauem Blute erinnern? Und so verrichtet Yasraena weiter schweigsam ihr Tagwerk als einfache Viehmarkt – welche sie hier nun war.

Erst zum späten Abend hin, als alle Arbeiten erledigt sind, hält sie ihre bitteren Gedanken keinen Moment länger aus und beschließt einen Abendspaziergang der anderen Art zu unternehmen, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Geschwind streift sie sich ihr Leinenkleid ab und schlüpft in das gewohnte schwarze Leder, welches so geschneidert wurde, dass es sich elegant an ihren Köroper schmiegt und sich lautlos an jede ihrer Bewegungen anpasst. Mag das Leder inzwischen auch etwas abgetragen sein, so sieht man der Kleidung ihre Qualität trotz der Schlichtheit deutlich an. Nach einem weiteren Blick in ihre Truhe greift sie ihre ebenfalls hochwertige und schwarzlederne Schwertscheide und befestigt diese an ihrem Gürtel. Kurz zieht sie ihr Schwert heraus, betrachtet die schwarze Klinge und streicht sanft, einer Liebkosung gleich mit den Fingerspitzen an der flachen Seite entlang, ehe sie die Waffe wieder in die Schwertscheide steckt. Ihren Stiefeldolch hat sie bereits bei sich, da dieser selbst bei der Arbeit nicht auffällt und es ihr einfach nicht behagt gänzlich ohne Waffen zu sein. Nun greift die Elbe noch ihren Umhang und macht sich auf zu ihrem Abendspaziergang. Kaum hat sie die goldene Harfe verlassen, streift sie sich ihre Kapuze über das verdächtig helle Haar um es zu verbergen und gleitet mit geschmeidigen Bewegungen in die düsteren Straßen.

---> Die Straßen der Stadt (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1148836129)

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sonera am 20. Juni 2010, 21:34 Uhr
Sonera hällt es an diesem Morgen nicht lange in ihrem Zimmer aus, sie möchte unbedingt ihr neues Kleid herumtragen und Gesellschaft suchen.
Lange Zeit war sie auf den Wegen nach Talyra alleine gewesen und sehnte sich nach einem Begleiter, doch bis jetzt waren es immer nur kleine Gruppen mit denen sie ein Stück gereist war.
Unten im Schankraum braucht die hübsche Halbelbin auch garnicht warten bis sich ein paar jüngere Frauen verschiedenster Rasse zu ihr gesellen und ihr beim Frühstück gesellschaft leisten.
Sonera bleibt nichts anderes übrig als den wissbegierigen Frauen Kindergeschichten zu erzählen mit denen sie ihre Lieben zuhause beglücken und überraschen wollen.

Nach dem Frühstück verlässt Sonera die Goldene Harfe und muss erstmal die Hand gegen die Sonne halten, damit sie nicht so geblendet wird.
Plötzlich bemerkt Sonera, dass sie am Arm gepackt und in eine Nebenstraße gezogen wird. Schnell drückt ihr Angreifer sie gegen eine Hauswand und hällt sie mit seinem eigenen Körpergewicht fest an die Wand gepresst.
Doch auch Sonera reagiert schnell und zieht ihr Messer, dass sie auch genauso schnell an die Kehle des Mannes drückt. Trotz dieses Überraschungsangrifs, müssen die Beiden lachen.
"Ich hätte nicht gedacht das du so schnell reagieren kannst.", sagt Tane schelmisch.
Sonera lächelt verzückt:" Und ich hätte nicht gedacht das du es nötig hast mich so zu überrumpeln."
Die Gesichter der Beiden sind weniger als eine Handbreit voneinander entfernt. Alleine zu flüstern reichte aus und sie sehen sich dabei tief in die Augen.
"Man tut was man kann." Somit zieht Tane sich von Sonera zurück und vollführt eine Verbeugung, die in diesem Moment allerdings lächerlich ausschaut.
Die Halbelbin steckt ihr Messer wieder weg und neigt leicht den Kopf.
"Darf ich die Dame ein Stück geleiten?", Gentleman, wie er meint zu sein, bietet er Sonera seinen Arm an. Diese ergreift ihn und hakt sich bei dem gutaussehenden, jungen Mann ein. Somit verlassen sie den Platz an der Goldenen Harfe und machen sich auf durch die Straßen der Stadt.

---> Der Pfirsich

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Mealla am 23. Juni 2010, 17:38 Uhr
~ Von der Steinfaust zur Goldenen Harfe~
Ein Abend Anfang Silberweiß



Mealla ist noch nicht einmal oben im Branturm angekommen, da wird sie von einem Boten eingeholt, der ordentlich schnauft, aber ganz schön schnell ist. „Mylady … ich suche … einen Heiler … wisst ihr, wo ich einen finde?“, fragt der junge Mann und wischt sich die schulterlangen Haare aus dem Gesicht. Er ist ungewöhnlich alt für die Aufgabe als Bote, das liegt wohl an der späten Uhrzeit, aber er muss den Wachen wohl bekannt sein, sonst hätten sie ihn nicht durchgelassen. „Freut Euch, ihr habt einen gefunden. Was ist los und wo müssen wir hin?“ Seitdem die drei großen Heilkundigen, die Talyra hatte, namentlich Riaril, Morgana und TianShi, nicht mehr hier arbeiten, ist die Anzahl an Hilfesuchenden von außerhalb der Steinfaust stetig angestiegen. Vielleicht wird es ja eines fernen Tages an Mealla sein, sich als Heilkundige und Heilerin selbstständig zu machen, doch zunächst einmal ist sie in der Steinfaust verpflichtet. Auch wenn die Maester stetig darüber schimpfen sind sie bisher doch immer mit den Bittstellern gegangen, so wird es auch Mealla an diesem Abend halten. Sie hat zwar eigentlich keinerlei Bedürfnis, sich diesem ekelhaften Wetter auszusetzen, doch sie hat einen Eid geleistet und der fordert nun seinen Tribut. „Frau… fast ertrunken… Harfe“, bringt der Mann hervor und sie nickt eilig, wer bei diesem Wetter in Eis einbricht, kann innerhalb von nicht einmal einer halben Stunde an den Folgen sterben. Trotzdem wundert es sie, warum man sich von der Harfe ganz auf den Weg zu ihr macht, vielleicht war es dem Boten zu gefährlich, sich in der Tausendwinkelgasse zu verirren. „Lauf in die Ställe, lasst mir ein Pferd satteln, ich bin gleich da. Beeilung!“, spornt sie den Mann an, der sich nach einem Ächzen wieder auf den Weg die Stufen hinunter macht. Sie selbst rennt nach oben, schnappt sich noch rasch ein paar kleine Fläschen, ruft Dynan zu, sie sei bei einem Notfall in der Harfe und macht sich auf den Rückweg. Das Pferd, eine hübsche braune Stute, ist schon aufgezäumt, aber noch nicht fertig gesattelt, als sie in den Stall stürmt. Das ist schnell erledigt, auch wenn das Pferd nicht unbedingt begeistert von der abendlichen Störung scheint, es ist schließlich gerade Fressenszeit. Das interessiert Mealla in diesem Fall allerdings nicht sonderlich, mit jeder Minute, die sie verliert, wird wahrscheinlicher, dass die Verunglückte nicht mehr lebt, wenn sie in dem Gasthaus eintrifft. So lässt sie sich auch bei dem Aufwärmen des Pferdes relativ wenig Zeit und so machen sie sich rasch auf den Weg, erst im Trab, dann im gemäßigten Galopp. Natürlich hat der Stalljunge nicht daran gedacht, für Mealla einen Damensattel zu satteln, so muss sie in ungewohnt breitbeinigem Sitz reiten. Bloße Haut, die  auf kaltem Leder scheuert – wirklich alles andere als angenehm. Dementsprechend fällt Mealla auch mehr, als dass sie von ihrem Pferd steigt und als ihr dann auch noch ein anderer Gast, der sie dabei beobachtet hat, lallend verkündet, er könne ihr das Reiten beibringen, steht sie kurz davor, einen Mord zu begehen. Glücklicherweise gelingt es ihr, sich zusammenzureißen und so verkündet sie nur, dass sie mindestens drei Möglichkeiten kennt, wie sie dafür sorgen kann, dass sich eben jener Reitlehrer von seinem besten Stück verabschieden kann, während sie ihr Pferd in den Stallungen abgibt. Ziemlich übertölpelt schaut der Kerl ihr nach, wie sie mit wehendem Mantel zum Harfeneingang läuft. In der Harfe ist einiges los, wie um diese Uhrzeit nicht anders zu erwarten und es herrscht ein ordentlicher Lärm, also sammelt sich Mealla kurz und ruft dann: „Wo ist die Verunglückte?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 24. Juni 2010, 11:23 Uhr
"Sil-an-seiner-Esse-gnädig, das wurde aber auch Zeit!" Ächzt Borgil erleichtert, als die hübsche kleine Heilerin aus Brioca, die, glaubt man den Gerüchten, inzwischen ja eine von Ballabars neuen Lieblingszöglingen sein soll, die Harfe im wahrsten Sinne des Wortes entert und sich, noch während sie sich zu ihm in Richtung Tresen durchschlängelt, laut Gehör verschafft, um zu erfahren, wo sie eigentlich hin muss. Borgil kennt Mealla noch gut von dieser vermaledeiten Nekromantengeschichte.. oder besser gesagt von "nach" der vermaledeiten Nekromantengeschichte, als sie den anderen Maestern geholfen hatte, die Verletzten wieder zusammenzuflicken. Er bindet sich die weiße Schürze also ein weiteres Mal an diesem Abend ab, umrundet eilig die Schanktheke und winkt die Heilerin zu sich. "Hierher, Mistress Mealla!" Als sie ihn erreicht, nimmt er ihren Arm und sorgt dafür, dass sie im Luxus von großzügigem Platz um sie her mitsamt ihren Heilerutensilien die Treppe nach oben erreicht. Dort herrscht kein Gedränge mehr, wie hier unten in den Schankstuben und sie würde bestenfalls dem einen oder anderen Logiergast begegnen. "Geht die Treppe nach oben in den ersten Stock und haltet Euch dann links. Es ist Sayila, die Schmiedin. Wir haben sie in der Eins untergebracht und es geht ihr wirklich nicht gut." Borgil begleitet die Heilerin ein paar Stufen hinauf, um sie über das wenige, das er weiß in Kenntnis zu setzen… er hat schließlich keine Ahnung, wie lange die Schmiedin tatsächlich im eisigen Wasser war. "Sie atmet und ihr Herz schlägt, aber sie kommt nicht zu sich. Geht nur hinauf, Ihr werdet oben schon erwartet. Ach ja… und da ist noch Lady Shin. Ihr solltet Euch auch ihren Arm ansehen. Yasraena, eine meiner Mägde, ist oben. Sie soll Euch zur Hand gehen und Euch mit allem versorgen, was Ihr braucht."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 26. Juni 2010, 20:28 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß



Apathisch sitzt Atevora mit tropfenden Haaren auf dem Schemel. Ihr Atem geht langsam, ihre Glieder fühlen sich an wie aus Blei gegossen. Sie zittert nicht und sie ist unendlich erschöpft, dass sie mit sich ringen muss nicht einfach los zu lassen und einzuschlafen. Gleichzeitig rumort es in ihrem Inneren. Der anstoßende Ärger über der Viehmagds Tonfall ist längst verflogen. Wie sollte sie auch lange erbost über sie sein? Sie hatte Recht damit von ihr zu verlangen still zu halten. Selbst wenn der Tonfall nicht unbedingt wünschenswert oder sittlich war, ob der Situation, war er gewiss nicht gänzlich unangebracht oder unverständlich.
Statt dessen ist sie sich selbst zu wider. Sie hat nicht die notwendige Zähigkeit, Härte und Standfestigkeit aufgebracht, welche sie sich selbst abverlangt. Wie ein hilfloses gebrechliches mürbes kleines Püppchen ist sie zusammengeklappt. Sie war nicht fähig das bisschen Kälte und die Wunde am Arm adäquat wegzustecken. Sich diese Blöße zu geben, solch Schwäche zu zeigen beschämt sie zutiefst. Wie unliebsam es ihr war, oder eher wie sie es noch immer verachtete dem Wohlwollen Anderer, nein, generell irgend jemanden in irgend einer Weise ausgeliefert zu sein.
Jetzt sitzt sie hier, hält vergrämt an dem gegen sich selbst gerichteten Groll fest um nicht vollends die Umgebung schwinden zu sehen.

Von dem unangenehmen, drückenden Schweigen, welches Yasraenas Meinung nach in der Luft hängt, bekommt Atevora nichts mit. Zu sehr ist sie von der dumpfen Lethargie gegenüber allem im Umfeld ergriffen und obendrein ist sie zu gewissen Teilen auch noch mehr als froh darüber, dass die Weißhaarige keine neuerlichen Versuche unternimmt sie irgendwie zu umsorgen, oder eine Regung aus ihr herauszukitzeln. Diese Stille ist wie unsichtbares Gold. Gütig und angenehm um in sich selbst zu versinken, Ruhe zu finden und zu rasten.
Bald schon würde die Heilerin kommen, und dies würde aufwühlend genug, zumindest wenn es Mealla sein sollte die erscheint. Atevora war erst einige Stunden zuvor auf die braunhaarige Frau getroffen und kann sich denken, dass Mealla es vermutlich lieber hätte ihr länger nicht direkt über den Weg laufen zu müssen. Wie die Magierin zu diesem Schluss kommt ist leicht erklärt: Mealla war gewiss ein freundliches Naturell. Auch gegenüber Atevora hat sie sich völlig korrekt verhalten, und dennoch war es ihr anzumerken, dass sie Atevora keine Sympathien entgegenbrachte. Wenn sich die Magierin nicht genügend bemühte, könnte diese fehlende Sympathie bald in offene Abneigung umschlagen. Dies alles nur, weil Atevora kein besonders warm- oder offenherziger Mensch war, bei übler Laune zu Sarkasmus neigte, oder weil es eventuell so schien, als würde sie das Leben nicht schätzen.
Nicht, dass es Atevora sonderlich kümmern würde, und dennoch war es nicht gerade angenehm. Es ist nie besonders wohltuend von allen Seiten mit Ablehnung kämpfen zu müssen. Das Selbe galt ebenso für dieses alternative lästige Spiel. Kalkuliertes und berechnendes Verhalten um keinen all zu nachteiligen Affront auszulösen.

Gerade als Yasraena, um die Stille zu überbrücken, zur Verunglückten geht um nach ihrem Zustand zu sehen, sind vom Korridor her Geräusche zu vernehmen. Es klingt nach Borgils eindrucksvollem Zwergenbass, der die Stiegen hinauf bis in das Gastzimmer rollt.
Atevora bemüht sich daraufhin, eher aus Reflex, denn einer bewussten Handlung und zudem äußerst mechanisch, vom Stuhl zu erheben. Sofort wird ihr von Yasraena im harschen Ton befohlen sich gefälligst wieder hinzusetzen. Atevora ist zu müde und gedankenfern für einen Einwand, und unterlässt ihren Versuch im Ansatz, während die Viehmagd mit straffem Schritt aus dem Zimmer geht um nach dem Rechten zu sehen. Einige Herzschläge später betritt sie nachfolgend der Heilerin selbes wieder.


Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sigourny am 29. Juni 2010, 09:48 Uhr
~Mitte Taumond~

Die junge Frau, die sich an der Schwelle der Harfe den Straßenschmutz Talyras von den Stiefeln tritt, erregt schon beim Betreten des Gasthofes die Aufmerksamkeit vor allem der männlichen Besucher. Sie ist für eine Frau relativ groß, sehr schlank und dennoch an den richtigen Stellen gerundet. Das weinrote Kleid betont ihre Figur noch, ohne dabei extrem aufreizend oder anstößig zu wirken…und doch: Die Mehrheit der Männer im Raum würde ihr ohne zu zögern nach oben in eines der Gästezimmer folgen. Als sie soeben die Kapuze des olivgrünen Umhanges zurückschlägt, wird eine silberblonde Lockenpracht sichtbar, die der jungen Frau beinahe bis zur Taille reicht. Die eisblauen Augen blicken sich suchend in der Gaststube um.  Hinter dem Tresen erblickt sie den Gesuchten: Borgil Blutaxt, den Besitzer der Harfe.

In den letzten Wochen hat sich das Leben von Sigourny al’Mere, wie sie sich nun nennt, gehörig geändert. Mit Hilfe der geheimnisvollen Lady Shin und Tane hatte sie sich endlich ihres Möchtegerndämonenverlobten entledigt und so ihre volle Sehkraft zurückerlangt. Noch immer ist es für  sie ungewohnt, sich im Tageslicht zu bewegen und ihre Umwelt sehen zu können aber nichts desto trotz ist sie bereit, diese Chance wahr zu nehmen. Ihr ‚Erspartes‘ reicht, eine neue, ehrbare Existenz aufzubauen und genau aus diesem Grund ist sie hier. Tane hat sie auf die Idee gebracht und obwohl sie im ersten Moment der Meinung war, er sei vollkommen durchgedreht, muss sie zugeben, die Vorstellung hat einen gewissen Reiz. Shin oder Savena, wie Sig ihre Freundin nennt, hat die Idee des Jünglings nur zu bereitwillig aufgenommen und von ihr war auch der Vorschlag, sich einen Nachnamen ‚zuzulegen‘. Außerdem hat sie ihr einen Schnellkurs in ‚oberstadttauglichem Benehmen‘ verpasst, wie sie das nennt. Zwar war Sig schon des Öfteren nachts in den Straßen Talyras unterwegs, doch nur um entweder ein Haus oder eine Wohnung auszuräumen oder aber um sich bei einem arglosen Jüngling ein paar angenehme Stunden zu machen. Für beide Arten der Aktivitäten braucht es nicht besonders viel geschliffenen Umgangston, weder fürs stehlen noch für amouröse Abenteuer.

Sig atmet noch einmal tief durch, ehe sie auf Borgil zusteuert. Sie ist sich nur zu bewusst, dass ihr die meisten Blicke folgen, interessiert und so mancher rechnet sich im Geiste wohl aus, was für Chancen er bei dieser Frau wohl hätte. Richtig einordnen kann sie dem Auftreten nach niemand: Ist sie ein Engel oder ein Dämon, Heilige oder Hure? Oder von allen ein bisschen?  „Meister Borgil?“ Die glockenhelle Stimme lässt den Angesprochenen den Kopf heben. „Habt ihr einige Momente Zeit? Ich hätte etwas Geschäftliches mit euch zu besprechen!“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 29. Juni 2010, 19:35 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß


Der Zustand Sayilas, wie Borgil die Verunglückte nannte, ist unverändert und Yasraena befürchtet inzwischen, dass es kaum noch etwas gibt, was man für die junge Frau tun könnte. Während Yasraena besorgt die Bewusstlose betrachtet, hört sie rasche, sich energisch nähernde Schritte. Azra und Borgil haben einen anderen Tritt, den hätte Yasraena inzwischen erkannt, aber dieser war ihr absolut unbekannt - womöglich die Heielrin? Sogleich geht sie aus dem Zimmer und schaut nach, nur um die andere Verletzte dabei zu ertappen wie sich aufzurichten und aufzusetzen versucht. Prompt erntet diese einen harschen Ton. Noch während Yasraena die andere Weißhaarige erneut anfährt, tut es ihr auch schon leid. Sie fährt sie an und behandelt sie, als würde es sich um eine Bedienstete oder ein freches Kind handeln – was sie eindeutig beides nicht ist.
Yasraena weiß nicht, ob es an ihrer Zeit auf dem Anwesen ihrer Familie liegt – immerhin hatten sie dort viele Diener – oder ob es an dem Gestüt – das mehr ein Bauernhof war – lag, wo sie sich um die Kinder gekümmert hat und zudem unter den Bediensteten recht weit oben stand. So oder so, sie musste dieses Verhalten dringend ablegen, denn hier war sie nichts weiter als eine einfache Magd und nicht in der Position andere Personen so zu behandeln. Schon will sich Yasraena bei der anderen Frau entschuldigen, als ihr aufgeht, dass diese sich diesmal nicht einmal daran zu stören scheint. Viel zu mitgenommen ist sie noch ob der eigenen Unterkühlung und Verletzung. Aber Yasra bleibt keine Zeit sich weiter darum zu kümmern, denn endlich taucht die Heilerin auf. Die Elbe zeigt der Heilerin das Zimmer und folgt ihr anschließend um zu schauen, ob sie bei irgendetwas assistieren oder sonst wie helfen kann. Womöglich braucht die Frau auch irgendetwas, was sie ihr bringen könnte. Doch das weiß Yasra nicht, daher hält sie sich im Hintergrund und versucht einfach nur für den Fall der Fälle nicht störend in der Nähe zu sein. Nur eines hat sie sich fest vorgenommen, sobald der schlimmere Notfall versorgt ist, wird sich die Heilerin noch die Verletzungen der eigentlichen Retterin ansehen müssen, darauf würde Yasra achten.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Mealla am 08. Juli 2010, 19:41 Uhr
~Ein Abend Anfang Silberweiß~


Es dauert nicht lange, bis jemand auf Meallas – zugegeben recht undamenhaftes – Rufen reagiert und dabei handelt es sich gleich um den Wirt persönlich. Als sie den eindrucksvollen Zwerg erblickt, lächelt die Heilerin ihm so freundlich wie in dieser Situation möglich entgegen, sie kennt ihn sowohl von der Nekromantenjagd, als auch von der Feier danach. Seitdem war sie regelmäßig mit Freunden und Bekannten in die Goldene Harfe gekommen und er hatte immer einen Moment gehabt, um ein paar Worte mit ihr zu wechseln. Mealla mag Borgil, allerdings hat sie auch eine ordentliche Portion Respekt vor ihm und das liegt weniger daran, dass er Stadtrat und Gasthausbesitzer ist. Sie beeilt sich, zu ihm zu kommen, als er nach ihr ruft und sobald sie das geschafft hat, muss sie sich keine Sorgen mehr machen, weggedrängelt oder geschubst zu werden, denn er nimmt ihren Arm und sorgt dadurch dafür, dass man einen deutlichen Abstand von ihnen hält. Das gibt ihr Gelegenheit durchzuatmen, auch wenn sie trotzdem weiter geht, während Borgil sie über das Wichtigste in Kenntnis setzt: >Es ist Sayila, die Schmiedin. Wir haben sie in der Eins untergebracht und es geht ihr wirklich nicht gut. Sie atmet und ihr Herz schlägt, aber sie kommt nicht zu sich.< Das klingt alles andere als gut und Mealla kann sich jetzt vorstellen, warum man nach ihr geschickt hat, der Zustand der Frau klingt nicht, als ob man als Heilkundiger so unheimlich viel ausrichten könnte. >Ach ja… und da ist noch Lady Shin. Ihr solltet Euch auch ihren Arm ansehen. Yasraena, eine meiner Mägde, ist oben. Sie soll Euch zur Hand gehen und Euch mit allem versorgen, was Ihr braucht.< Soso, Lady Shin, das ist ja eine Überraschung… „Danke, Meister Borgil, ich werde mein bestes tun“, verspricht sie und nickt ihm zu. Wie als hätte man sie gerufen, steht plötzlich eine bleiche, silberhaarige Elbin vor ihr, zu der die Bezeichnung „Magd“ nicht so recht zu passen scheint. Doch das ist Mealla im Moment herzlich gleichgültig, die Frau zeigt ihr das Zimmer und lässt ihr den Vortritt, mehr braucht sie nicht. Die Verunglückte – Sayila war der Name, wenn sie sich recht erinnert – sieht alles andere als gut aus, schon von der Tür aus fällt auf, wie blass sie ist, obwohl ihre Haut eigentlich sonnengebräunt zu sein scheint. Mit schnellen Schritten durchquert Mealla das kleine Zimmer, wobei sie der recht mitgenommen aussehenden Shin nur ein kurzes Nicken zukommen lässt. Auch die Wassermagierin sieht alles andere als gesund aus, allerdings ist sie im Gegensatz zu der Schmiedin bei Bewusstsein, außerdem ist offensichtlich, dass man sich um sie gekümmert hat. Später.

Bei Sayila angekommen misst Mealla den Puls, der schwach und nicht so regelmäßig ist, wie er sein sollte, auch ihr Atem ist flach, wenn auch stetig. Als Mealla der Verunglückten ein Augenlid hochzieht, reagiert die Pupille der Schmiedin nicht auf den plötzlichen Lichteinfall, sondern ist ganz starr. Das alles sind mehr als schlechte Zeichen und zeigen, dass Sayila an einer schweren Unterkühlung leidet, die ohne Heilung innerhalb kurzer Zeit zu Muskellähmung und damit Atem- und Herzstillstand führen würde. „Wurde sie warm gebadet?“, ist die einzige Frage, auf die Mealla im Moment eine Antwort haben will, denn in dem Raum steht eine Badewanne, von der sie aber nicht sicher ist, ob sie für Sayila oder Shin war. Als sie Magd bejaht, seufzt Mealla, denn bei einer schweren Unterkühlung sollte der Betroffene so wenig wie möglich bewegt und nur langsam vom Rumpf ausgehend erwärmt werden. Wenn du jetzt noch keinen Bergungstod gestorben bist, musst du dich an dein Leben klammern, ist Meallas letzter Gedanke, bevor sie sich zur Schmieden an den Bettrand setzt, die Hände erhebt und sich dann vollkommen auf die heilende Kraft in ihrem Blut konzentriert. Für Außenstehende sind es nur wenige Wimpernschläge, doch Mealla kommt es wie immer viel länger vor, während sie sich sammelt und die Magie in die durch lange Übung vorbereiteten Bahnen lenkt. Die Trance wird immer tiefer und langsam breitet sich ein goldener Schimmer um Heilerin und Verunglückte aus, der zunehmend an Farbintensität gewinnt. Wie immer muss sie einen Preis dafür bezahlen, sich mit Sayila verbinden zu dürfen, in diesem Fall besteht der aus einem Kälteschauer, der sie fast dazu gebracht hätte, mit den Zähnen zu klappern. Sobald dieser vertrieben ist, kann sie sich auf das konzentrieren, was zu tun ist und das ist nicht gerade wenig. Jemanden zurück zu holen, der im Begriff ist an Unterkühlung zu sterben, ist schwieriger als dasselbe mit jemandem zu tun, der verletzt wurde. Bei einer Wunde oder einem Bruch müssen nur die ohnehin ablaufenden Vorgänge beschleunigt werden, doch hier bei Sayila muss Kraft von außen zugefügt werden, damit die grundlegendsten Körpervorgänge wieder so ablaufen, wie sie es sollten. Meallas Konzentration richtet sich zunächst auf Herz und Atmung, wobei sie kleine Teile ihrer eignen Energie abzweigt und sie bei jedem Herzschlag Sayila zuführt. Es dauert nicht lange und das Herz beginnt wieder viel kräftiger und regelmäßiger zu schlagen als zuvor, was auch dazu führt, dass wieder mehr Wärme erzeugt werden kann, die alle übrigen Körperfunktionen anregt und beschleunigt. Mealla hält die Augen geschlossen, doch für die übrigen dürfte zu sehen sein, dass Sayila weniger blass als zuvor ist und ihr Brustkorb sich wieder regelmäßiger und deutlicher hebt und senkt. Obwohl schon allein das unheimlich kräftezehrend war, ist Meallas Arbeit damit noch nicht getan, sie muss nun die Gehirnfunktionen der Schmiedin überprüfen. Der normale Blutfluss wurde zwar nicht unterbrochen, doch so stark verlangsamt, dass es durchaus zu kurzfristigen Ausfällen gekommen sein kann, die kleinere oder größere Auswirkungen haben können. Stück für Stück kontrolliert Mealla Blutbahnen und Nerven und stellt besorgt fest, dass zumindest Teile zeitweise arg wenig Blut abbekommen haben, auch wenn die Durchblutung jetzt wieder funktioniert. Was konkret das bedeuten wird, ist schwer zu sagen, vielleicht hat es keinerlei Konsequenzen, vielleicht wird die Schmiedin schon bei einfachen Bewegungsabläufen Schwierigkeiten haben. Mealla ist zwar in der Lage zu sehen, ob das Gehirn funktioniert, aber sie würde niemals behaupten, dass sie verstehen kann, wie, ja, sie weiß nicht einmal mit Sicherheit, welcher Bereich wofür zuständig ist. Als gesichert ist, dass sie nichts mehr tun kann, erlischt der goldene Glanz um sie langsam, doch es dauert noch einen Moment, bis sie wieder vollkommen in der Gegenwart angelangt ist.

Als sie die Augen öffnet, fühlt sich Mealla relativ erschlagen und ihre Knie tun weh, außerdem ist ihr kalt, obwohl es in dem Raum warm ist. Zufrieden betrachtet sie ihr Werk, die Schmiedin hat wieder eine einigermaßen gesunde Gesichtsfarbe, ihr Atem geht tief und langsam und der Herzschlag ist kräftig. „Ich habe getan, was ich konnte“, stellt die Heilerin mit trockener Kehle fest. „Jetzt heißt es warten, ich gehe davon aus, dass sie demnächst erwachen wird und dann werden wir sehen, wie es ihr geht.“ Sie ist jung und stark, vielleicht haben wir Glück, versucht sie sich selbst einzureden, ist sich aber nicht sicher. „Yasraena war der Name, nicht wahr? Ich weiß, es ist viel verlangt, aber wärt Ihr so gut, mir etwas Warmes zu essen und zu trinken zu besorgen? Es ist mir relativ gleich was, solange es gut satt macht. Heilungen wie diese sind sehr erschöpfend“, bei diesen Worten ringt sie sich ein Lächeln ab. Eigentlich müsste sich Mealla überhaupt nicht erklären, doch sie ist müde und hat jetzt keine Lust sich mit verärgerten Leuten zu beschäftigen, also ist sie höflicher, als eigentlich notwendig. Langsam erhebt sie sich und streckt sich, wobei sich ihre Schultern schmerzhaft melden, so bequem war das Sitzen auf dem Bettrand nun auch wieder nicht. Immer noch besser als mitten im Dreck auf der Straße, also stell dich nicht so an. Nachdem sie sich selbst so zur Ordnung gerufen hat, besinnt sie sich darauf, dass Borgil meinte, sie solle sich nicht nur um die Verunglückte kümmern. Also wendet sie sich Shin zu, die noch immer in zu großen Kleidern auf einem Schemel sitzt und wie ein Häufchen Elend aussieht. Mealla tritt zu ihr heran und sieht ihr forschend ins Gesicht. „Lady Shin, wie geht es Euch?“, fragt sie freundlich und wartet auf eine Antwort. Als wäre hier das Sammelbecken der Sonnenscheuen: Shin, diese Yasraena und dann noch die Frau des Harfenwirts.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 09. Juli 2010, 19:33 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß


Als Yasraena der Heilerin das Zimmer gezeigt hat, in dem die Verunfallte ruht, macht sich diese gleich ans Werk und überprüft den Zustand Sayilas. Yasraena versucht während dessen nicht im Weg herumzustehen, bleibt abseits und wartet darauf, dass sie helfen oder etwas holen kann. Dann beginnt Mealla sich zu konzentrieren und während sie wie in Trance auf der Bettkante sitzt, beginnt sich ein Schimmer um sie und Sayila auszubreiten. Fasziniert beobachtet Yasraena das Geschehen und ist erstaunt als die bleiche Gestalt nach und nach eine gesündere Gesichtsfarbe annimmt. Dann erlischt der Glanz. Und nach einem Moment öffnet die Heilerin ihre Augen. > Ich habe getan, was ich konnte < teilt die mit und fährt gleich fort: > Jetzt heißt es warten, ich gehe davon aus, dass sie demnächst erwachen wird und dann werden wir sehen, wie es ihr geht.<. Der Gesichtsfarbe nach zu urteilen, kann es so schlimm nicht mehr um die Schmiedin stehen, zumindest, nach Yasraenas laienhafter Ansicht. Tot sieht sie jedenfalls nicht mehr aus! stellt die Elbe fasziniert fest. Dann wendet sich die Heilerin ihr direkt zu und spricht: >Yasraena war der Name, nicht wahr? Ich weiß, es ist viel verlangt, aber wärt Ihr so gut, mir etwas Warmes zu essen und zu trinken zu besorgen? Es ist mir relativ gleich was, solange es gut satt macht. Heilungen wie diese sind sehr erschöpfend< Yasraena nickt, setzt ein freundliches Lächeln auf und verschwindet mit den Worten „selbstverständlich. Das Essen wird gleich da sein!“ aus dem Zimmer und die Treppe hinab.

Unten angekommen wendet sie sich kurz Borgil zu, gibt ihm mit knappen Worten eine kurze Erklärung was oben vorgefallen war und dass Sayila zwar noch nicht wach, wohl aber wieder Farbe auf den Wangen hat und sich ihre Atmung stabilisiert hat. Auch lässt sie ihn noch wissen, dass die Heilerin um Essen gebeten hat, ehe sie in der Küche verschwindet und Sigrun kurz erklärt was vorgefallen ist und dass sie dringend etwas warmes zu essen für die Heielrin braucht und auch ein warmes Getränk sehr willkommen wäre. Sigrun zögert nicht lange und füllt einen großen Teller mit gebratenem Speck und anderen Leckereien, welche sie eigentlich für andere Gäste vorbereitet hat. „Den Gästen brate ich gleich etwas Neues“ schmunzelt sier. „Die Heilerin ist erstmal wichtiger.“ Auch ein warmen Wasserkräuteraufguss wird vorbereitet und nachdem alles auf einem Tablett verstaut ist, macht sich Yasraena wieder auf den Rückweg.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 11. Juli 2010, 01:02 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß



Sogleich macht sich die Heilerin daran, die Verunglückte zu versorgen. Auf die Frage zu dem Badezuber reagiert Atevora nicht. Dumpf und seltsam langgezogen erscheint ihr die Szene, während kurz anschließend die Zeit wieder wie gestohlen fehlt, denn bevor Atevora dazu kommt auch nur die Lippen für eine Antwort zu öffnen, hat die Elbe sie auch schon längst an ihrer Statt gegeben. Alles rings wirkt so schal, fast schemenhaft, wie ein irreales Traumgespinst. Matt betrachtet die Eismaid das Treiben vor sich ohne wirklich Notiz davon zu nehmen. Immer wieder gleitet ihr Bewusstsein ab in einen trüben Dämmerzustand zwischen Wachsein und Traum. Selbst die Handlungsabfolge vor ihren Augen, welche sie blicklos betrachtet, schafft es nicht ihre Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen. Zu bekannt und zu vertraut ist ihr der Trott um ihr auch nur für den Augenblick einen geringen Impuls, und sei es nur dünnes Interesse, zu entlocken. Statt dessen erhebt sich im grauen Gedankenzwielicht etwas Anderes. Segmente beendeter Handlungen, vergangener Taten, ein loses Trümmerwerk aus Satzfragmenten zusammenhanglos und bruchstückhaft, fahle Erinnerungen von anderen Orten zu anderer Zeit.
Derart in sich selbst versunken, vernimmt Atevora auch nicht die im Raum zwischen den beiden Frauen gewechselten Worte. Sie schweben bloß leidenschaftslos silbrig schillernd frei melodisch und weit entfernt, wie blass schimmernde sanfte Wolken in der Luft, verfangen sich im Strudel der Zeit, werden wüst herumgewirbelt und gleiten schließlich unbeachtet, wie zerknitterte welke Blätter, in trauriger Agonie zu Boden.

Nach einer Ewigkeit, die nur wenige Atemzüge gedauert haben mag, treten neue Schemen in den Vordergrund und treiben das Gedankendunkel aus neblig-labilen Gedächtnisrelikten zurück. Umfasst vom rauschenden Halbdunkel, eingebettet und umspielt von sanften Wellen aus Umbra, erscheint ein fast vergessenes Gesicht mit fragender Miene und in den nussbraunen Augen liegt ein versöhnlicher milder Glanz. Mit verklärtem Blick lächelt Atevora der Frau fast sanftmütig entgegen und hebt die unverletzte Hand um sie zu dem Gesicht und den weichen Wangen vor sich zu führen. „Kösz Legjob...“
Die Schemen werden klarer. Atevora stockt mitten in der Bewegung, das Lächeln löst sich auf, wird hinfortgewischt und ihre Augenbrauen ziehen sich fragend verwirrt zusammen. Etwas stimmt nicht. Ein falsches Gesicht, zu unvertraut, der Ort zu fremd. Die falsche Sprache... Die Magierin lässt die Hand wieder unverrichteter Dinge sinken, als sie sich ihres Gegenübers und Umfeldes wieder gewahr wird: „Ich..“ Beginnt Atevora mit schwacher Stimme, doch die Watte, die sich dumpf um ihre Gedanken gewickelt hat, verschlingt die Wörter zu schnell. Meallas musternder Gesichtsausdruck wird Atevora unangenehm, sie hält ihm nicht stand und ihr Blick gleitet an der Heilerin vorbei. „Es ging mir schon besser..“ Als ihre Augen beim ziellosen Halt suchen kurzzeitig auch über die Bettstatt der Verunglückten schweifen, ist ihr sogar einen Augenblick so, als sähe sie eine Regung, sie tut es allerdings als bloßes Hirngespinst wieder ab. „Ich hoffe es war nicht vergebens...“ Als Atevora Meallas fragenden Ausdruck im Gesicht bemerkt, fügt sie noch mit einer diskreten Geste und nicht sonderlich aufschlussfördernd hinzu: „das Alles hier.“ Dabei wird ihre wässrige Aufmerksamkeit wieder auf den Verband gelenkt, der sich allmählich wieder rot verfärbt. „Es beginnt wieder zu bluten..“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sayila Arachelza am 19. Juli 2010, 19:05 Uhr
Zeitlos.

Schwerelos.

Umfangen von Dunkelheit, durchdrungen von Kälte.

Endlos treibt sie dahin durch das Nichts. Das Eis in ihr hat längst ihr Herz in abertausend Splitter zersprengt; geblieben ist eine stumpfe Leere.

Schmerz...

Langsam lichtet sich das Dunkel, wandelt Finsternis sich zu Licht, das blendend weiß und grell erstrahlt, jeden Winkel ihres Bewusstseins durchdringt und alles in sich aufsaugt. Und ein Ton ist da, ein kaum wahrnehmbarer, heller, klingender Ton, und doch zugleich nur ein leises Flüstern, kaum mehr als ein Hauch.

Dann kehrt die Kälte mit unbarmherziger Endgültigkeit zurück, frisst sich durch ihr Sein, das in diesem Moment zu einem winzigen, erbärmlichen Ding zusammengeschrumpft ist. Sind es Äonen oder nur ein Wimpernschlag, den sie von eisigem Feuer verzehrt wird? In dem tausend Nadeln sich durch ihren Geist bohren und glühende Kristalle ihre Seele zerfressen?

Endlich: Eine Berührung. Zart, fast zaghaft, irgendwo am Rande ihres Bewusstseins. Verwunderung und eine fast kindliche Neugierde empfangen das Fremde, das nun immer mehr in sie übergeht – und fast unmerklich beginnt die Kälte zu schwinden, zu verblassen, wie ein Nebelstreifen am Horizont. Wie ein interessierter Beobachter nimmt sie wahr, wie das Fremde durch sie hindurch wandert, sich durch ihr Bewusstsein tastet. Sie weiß nicht, was es ist, doch das ist unwichtig, denn schließlich weiß sie ebenso wenig, was sie selbst ist, oder, ob sie überhaupt ist.
Dann zieht sich das Fremde ebenso sanft und zaghaft zurück, wie es gekommen ist, und fast empfindet sie so etwas wie Bedauern, bevor erneut Leere und Finsternis ihren Geist einhüllen.

Jahre oder vielleicht nur Sekunden später wird die Dunkelheit mit einem Mal dünner. Schemen, farblos und zugleich in grellen Tönen leuchtend, huschen vor ihren Augen umher, flackern durch ihr Gesichtsfeld. Flüchtig und seltsam körperlos sind sie, und einen Moment fragt sie sich beinahe verwundert, warum sie so in Eile sind – dann reißt die Dunkelheit von einer Seite zur anderen auf, und in dem immer größer werdenden, hellen Spalt, tanzen Lichter, grell, bunt, verwirrend, stechend, brennend.

Sie stöhnt.
Ihre Augenlider flattern in hektischem Rhythmus auf und zu, überfordert von den plötzlichen Sinneseindrücken. Mit einem trockenen, papierartigen Geräusch reißen ihre Lippen auseinander, und aus den Tiefen der gepeinigten Lungen quält sich ein dünnen, flaches Husten hervor.
Schmerz...
Alles dreht sich, ihr Kopf gleicht einem Herbststurm, der trockenes Laub und Geäst vor sich her treibt und durch die Luft wirbelt. Einige Herzschläge lang atmet sie hechelnd und hektisch, fast als fürchteten ihre Lungen, ihre Muskeln könnten sogleich wieder den Dienst versagen, dann normalisiert sich auch dies.
Langsam heben sich ihre Lider von Neuem. Die grüngrauen Augen huschen durch den Raum, ohne wirklich etwas zu suchen. Da sind... Gesichter. Gesichter und Körper.
Sie blickt sich um.
'Wo bin ich?'

'Wer bin ich?'

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 26. Juli 2010, 12:56 Uhr
~ Mitte Taumond ~

>Meister Borgil?<
"Hm?" Brummt der Angesprochene und mustert sein Gegenüber aus Augen schwarz wie Kohle. Ach, sieh mal einer an… da gibt sich ein kleines Schattengewächs die Ehre… Borgil wäre nicht Borgil, der Meister der Flüsterer und Ohrenbläser, wenn er ein Geschöpf der Unterstadt nicht von einem Oberflächenbewohner unterscheiden könnte und seine kleinen Vögelchen singen und wispern schließlich auch nicht umsonst. Mit ihren silberblonden Locken, dem hübschen Gesicht und den blauen Augen ist die junge Frau vor ihm zweifellos recht ansehnlich, allerdings passt sie nicht so recht zum vorherrschenden Geschmack "rund, gesund und drall", dazu ist sie dann doch noch zu dünn, zu groß und zu blass, auch wenn sie immerhin an allen wichtigen Stellen einigermaßen gepolstert scheint. Die Fremde hält sich nicht mit belanglosem Gerede oder irgendwelchen Nebensächlichkeiten auf, allerdings auch nicht mit angebrachter Höflichkeit, wie es scheint, denn anstatt ihm vielleicht zunächst einmal ihren Namen zu nennen, fällt sie gleich mit der Tür ins Haus (wirkt aber zugegebenermaßen eher ein wenig… nun ja aufgeregt vielleicht, nicht unbedingt mutwillig taktlos). >Habt ihr einige Momente Zeit? Ich hätte etwas Geschäftliches mit euch zu besprechen!<

Borgil reibt sich sorgfältig die Hände an dem weißen Leintuch trocken, das wie stets neben Schlüsselbund und Geldkatze von seinem breiten Ledergürtel baumelt, beobachtet amüsiert die spekulativen Blicke einiger Männer in Richtung des neuesten Harfengastes und brummt dann geduldig: "Geschäftlich, aye? Setzt Euch doch dort an den Kamin an meinen Tisch und ich komme gleich zu Euch, sobald ich diese Bestellung hier fertig habe. Und dann, kleine Mistress, würde ich mit Verlaub zunächst einmal gern Euren Namen erfahren, bevor wir fortfahren." Er weist auf einen kleinen freien Platz unweit des Tresens und widmet sich wieder der Arbeit, als die Fremde nickt und in die gewiesene Richtung verschwunden ist. Es dauert tatsächlich  nicht lange, ehe Borgil Zeit findet, sich der jungen Frau und ihrem Anliegen zu widmen, denn die Schankmaiden haben alles gut im Griff und Halla kann ihn am Ausschank vertreten. Allmählich wird er doch ein wenig neugierig, was die Fremde aus der Unterstadt von ihm nur Geschäftliches wollen kann. Vielleicht ist sie ja irgendwie an ein wenig Silber gekommen und will dem Dreck dort unten entkommen. Oder sie sucht eine Bleibe. Oder, was die Götter verhüten mögen, sie kommt im Auftrag Nurios… herrje. Dabei hatte ich ihn schon fast vergessen.

Borgil ordert bei der vorbeieilenden Aelis einen Krug Verder Kupfer und etwas zu Essen, denn wenn er schon herumsitzen und Geschäftsdinge besprechen muss, kann er die Zeit genauso gut nutzen, um nebenbei etwas in den Magen zu bekommen und bestellt in einem Anfall von Großmut auch gleich noch ein zweites Gedeck für seinen Gast. Das Mädel sieht aus, als könnten ihm ein paar zusätzliche Pfunde auf keinen Fall schaden. Er wirft der geduldig wartenden Fremden einen kurzen Seitenblick zu und seufzt innerlich. Noch so ein Zahnstocher auf Stelzen - was ist nur aus den ganzen schönen, saftigen Weibern geworden, die rund und gut zu nehmen waren? "So," brummt er, als er bei ihr anlangt und sich setzt, was der massive Mooreichenstuhl mit den breiten Armlehnen mit einem knarrenden Ächzen quittiert. "Nun habe ich Zeit für Euch, kleine Lady, aber ich fürchte nicht allzu viel, Ihr seht ja selbst, es ist voll und der Abend ist noch jung. Also... verratet Ihr mir nun Euren Namen? Ach ja, und ich war so frei, etwas zu Essen zu bestellen. Ihr seht hungrig aus – und wenn Ihr's nicht seid, tja…ich bin es."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sigourny am 26. Juli 2010, 13:38 Uhr
Patsch! Da hat sich Sig solche Mühe gegeben, halbwegs anständiges Benehmen an den Tag zu legen und dann war sie gleich beim ersten Satz ins Fettnäpfchen getapst: Einfach mit der Tür ins Haus fallen, ohne sich vorzustellen. Verlegen knabbert sie an ihrer Unterlippe und hofft, in dem doch etwas schummrigen Licht der Harfe würde nicht zu sehr auffallen, dass ihr Gesicht eine verdächtig rote Farbe angenommen hat. Dreimal verdammter Kanalrattendreck! flucht sie im Geiste auf sich selbst, als sie sich einen Weg zu jenem Tisch bahnt, der der Wirt ihr gewiesen hat. Wenig später gesellt sich Borgil zu ihr, doch die verstrichene Zeit hat gereicht, damit Sig ihre Fassung zurückgewonnen hat. „Verzeiht, dass ich so mit der Tür ins Haus gefallen bin. Mein Name ist Sigourny al’Mere.“ Die Bank knarrt vernehmlich, als sich der Zwerg sein Hinterteil zurechtrückt und einen tiefen Schluck Verder Kupfer aus jenem Krug nimmt, den eine der Schankmaiden vor ihm auf den Tisch gestellt hat.  Sig bestellt einen Krug gewässerten Wein, sie will ihre Sinne beisammen haben, ein Faux Pax pro Tag reicht mehr als aus. Die Einladung den Wirten zum Essen nimmt sie mit einem Lächeln an. „Habt Dank, ein wenig was zwischen die Zähne kann wohl nicht scha…äh ich meine Danke sehr gern…!“ Verdammt, beinahe wäre ihr wieder der Gassenjargon in die Quere gekommen. Die feine Röte kehrt zurück und Sig wäre nur zu gern im Boden versunken. Was macht sie überhaupt hier? Hatte sie tatsächlich geglaubt, es wäre so einfach, hier herein zu spazieren und den Grundstein für ein neues Leben zu legen?  Für einen Moment wäre sie am liebsten aufgesprungen und wäre auf und davon doch dann gewinnt ihre Sturheit die Oberhand. Warum sollte sie es bei allen verlausten Straßenkötern nicht schaffen, wenigstens eine Stunde die halbwegs anständige und gut erzogene Dame zu spielen? „Also…“ Sig räuspert sich, wird allerdings erneut unterbrochen, als eine Bedienung das Essen bringt. Sie nutzt die Gelegenheit, um ihre Kehle mit einem Schluck Wein zu befeuchten. „Also…ich …ich habe gehört, ihr seid im Besitz einer Liegenschaft neben dem Verder Stadttor, einem …. Gasthof“ bei diesem Wort wirft sie dem Zwerg einen bedeutsam-wissenden Blick zu, „… das im Moment ohne Pächter ist.“ Bei allen Göttern klingen diese Worte gestelzt aus ihrem Mund! Egal. „Ich würde mich dafür interessieren, das Haus zu übernehmen…mit allem was dazugehört!“ So nun war die Katze aus dem Sack. Nervös rutscht Sig ein wenig hin und her. Vor Aufregung hat sie noch keinen Bissen gegessen und außer dem einen Schluck vorhin steht auch der Wein noch unberührt da.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Mealla am 27. Juli 2010, 00:13 Uhr
Es dauert eine Weile, bis Mealla von der Magierin überhaupt erst richtig wahrgenommen wird, es wirkt, als sei die Frau vollkommen mit sich selbst beschäftigt. Als Shin sie dann beachtet, tritt ein beinah verzückter Gesichtsausdruck auf ihr kindlich-süßliches Gesicht, der so gar nicht zu ihrem Wesen passt. Shin hebt die Hand und es scheint, als ob sie Mealla damit berühren wollte, um sich zu vergewissern, dass die Erscheinung tatsächlich wahr ist. Das Verhalten allein besagt schon, dass mit der selbsternannten Lady etwas nicht stimmt, dazu kommt auch noch, dass sie etwas sagt, das sich für die Heilerin anhört wie „Kotz leg snob“. Na wunderbar… Müsste Mealla aus dem Stehgreif auf eine Ursache tippen, sie würde entweder Suchtmittel oder eine Gehirnerschütterung wählen, doch es ist nicht an ihr zu raten. Außerdem ist ihr schon schlimmeres passiert, als von jemandem, der nicht recht bei sich ist, im Gesicht berührt zu werden und sie hat nicht vor, die zerbrechliche Seite von Shin zu verschrecken. Wenn man sie so sieht, ist sie ja beinah niedlich..., stellt Mealla überrascht fest und wartet, ob noch etwas anderes kommt. Wie sich herausstellt, benötigt es zum Verschrecken keine Handlung von ihrer Seite, plötzlich lässt Shin die Hand sinken und versucht sich zu sammeln. Etwas stotternd stellt die Verletzte fest: >„Ich… Es ging mir schon besser...“< Während sie spricht gelingt es ihr nicht, Mealla in die Augen zu sehen, sondern ihr Blick streift immer wieder in die Ferne. Wie sie so in sich zusammengesunken und verletzbar in einem viel zu großen Kleid auf ihrem Schemel sitzt, ruft sie in Mealla einen Beschützerinstinkt hervor, den sie sonst nur bei kranken Kinder oder verletzen Tierjungen verspürt. Da fällt erst auf, wie sehr sie ihre schwache Statur sonst mit Worten und einem zu großen Ego auszugleichen versucht.  Wie um von ihrem momentanen Zustand abzulenken, sagt Shin: >„Ich hoffe es war nicht vergebens...“< Die Heilerin schaltet nicht gleich, weshalb wie als Erklärung hinzugefügt wird:  >„das Alles hier.“< Sie fügt ihren Worten eine Geste hinzu, die ihre Aufmerksamkeit auf ihren Verband richtet und sie nach einer Denkpause bemerkt: >„Es beginnt wieder zu bluten…“
Mealla lächelt ihr aufmunternd zu, während sie in ihrer Tasche nach den notwendigen Utensilien sucht, wie sie es auch bei einem verwirrten Kind täte. „Das haben wir gleich, ich schaue mir das mal an, in Ordnung?“ Als kein Einspruch ertönt, schiebt sie Shins  wickelt Mealla vorsichtig den blutgetränkten Stoffstreifen von Shins Unterarm und redet dabei ermunternd auf die Verletzte ein: „Wer hätte gedacht, dass wir uns so bald wiedersehen, was?“ Dafür, dass Shin von jemand Unkundigen verbunden wurde, ist der Verband eigentlich ganz in Ordnung, auch wenn Mealla bessere Utensilien dabei hat, als hier verwendet wurden. „Aber um auf Eure Worte von vorhin zurück zu kommen: Ich glaube nicht, dass die Rettung umsonst war. Die Schmiedin ist stark und will unbedingt leben.“ Die Wunde blutet tatsächlich noch stark, noch dazu ist Shin selbst in der trockenen Kleidung kühler als sie eigentlich sein sollte und sie riecht nach Grog. Letzterer erklärt auch, warum Shin sich so merkwürdig benimmt, obwohl sie keine Gehirnerschütterung davon getragen hat. Grundsätzlich ist etwas Warmes mit Zucker keine schlechte Idee, aber wenn schon Blutmangel und ein schlechter Kreislauf vorherrschen, kann sich der Alkohol schwerer niederschlagen als im Normalfall. Obwohl ich mir bei ihrer Statur auch nicht vorstellen kann, dass sie sonderlich viel verträgt. „Eure Verletzung ist nicht so schlimm, wie es scheinen mag, außerdem wurde sie gut gereinigt. Ich binde Euch jetzt den Arm ab“, kaum gesagt, schon getan, sodass für einen Moment verhindert wird, das viel neues Blut nachfließt, „jetzt wird dieses Stück Leinen mit einer Paste, in der unter anderem gemahlener Weißherzquarz enthalten ist, darauf gedrückt“, auch hier bekommt die Magierin keine Gelegenheit, irgendetwas zu dem Thema zu sagen, „so, dann folgt nur noch eine zusammengerollte Mullbinde darauf und ein fester Verband. Käme die Mullbinde nicht darauf, würde ich Euch sonst schließlich die ganze Zeit das Blut im Arm abdrücken.“ Mealla hat ein wenig das Gefühl, sie könnte Shin alles erzählen, also bleibt sie einfach dabei zu kommentieren. „Jetzt dürfte die Blutung bald aufhören und dann werde ich Eure Wunde mit ein paar Stichen nähen.“ Sie verschweigt, dass einer der Gründe, warum sie nicht gleicht näht der ist, dass sie erst etwas essen möchte, weil die Heilung sie doch sehr angestrengt hat. Sonst endet es ohnehin nur damit, dass sie mit ihren Nähten unzufrieden ist. Außerdem sollte man die Paste und besonders den in ihr verarbeiteten Quarz seine Arbeit tun lassen, dann werden höchstwahrscheinlich weniger Stiche notwendig sein.
Wie gerufen betritt die elbische Magd das Zimmer und reicht der Heilerin einen Teller mit gebratenem Speck, Kartoffeln, Eiern, Brot und etwas Käse. „Vielen Dank!“ Etwas überrascht betrachtet sie den dampfenden Kräuteraufguss, den sie in dieser Form nur Kranken mit Magenbeschwerden verabreichen würde und drückt ihn Shin in die gesunde Hand. „Trinkt das, das wärmt“, empfiehlt sie und fügt hinzu: „Es wäre auch gut, wenn Ihr etwas essen würdet, das hier ist mehr als genug für uns beide.“ Dazu, den Teller zu leeren, kommen sie beide allerdings nicht, obwohl es ganz hervorragend schmeckt, denn die Schmiedin beginnt sich zu regen. Prompt ist das Essen vergessen und die Heilerin stellt sich in die Nähe des Bettes um die Verunglückte wenn notwendig daran zu hindern, aufzustehen. Sie achtet allerdings darauf, die Frau nicht zu sehr zu bedrängen, schließlich ist sie für diese eine Unbekannte.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 27. Juli 2010, 11:31 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß


Als Yasraena mit dem Tablett zurück kommt ist die Heilerin gerade damit fertig geworden, sich den Arm von der weißen Lady anzusehen. Yasraena stellt das Tablett neben den Beiden auf einen weiteren Schemel und betrachtet das Gesicht der Frau. Sie wirkt auf eine kindlich anrührende Weise verletzt und ein wenig hilflos. Die Heilerin selbst nimmt währenddessen den Aufguss, scheint ihn für sich aber nicht haben zu wollen und reicht ihn an die weiße Lady weiter. Eigentlich hatte Yasraena den Skorbutkraut-Aufguss (auch bekannt als Löffelkraut) für die Heilerin mitgebracht. Er hilft gegen Müdigkeit und ist besonders nach großen Anstrengungen sehr hilfreich. Leider ist das Skorbutkraut kaum heraus zu riechen, da er von dem deutlich stärkeren Geruch des beigefügten Tausendblatts überdeckt wird.
Aber da der Aufguss der Patientin ebenso helfen wird, sagt Yasraena nichts dazu. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass man einem Heiler nie in sein Handwerk redet und in den meisten Fällen denken sich Heilkundige schon etwas dabei, wenn sie dergleichen tun. Vermutlich hat sie den Sud aufgrund seiner blutstillenden Wirkung an die andere Patientin weitergereicht. So stellt sich Yasraena nur wieder an die Seite, hält sich im Hintergrund und betrachtet schweigend das weitere Geschehen. Schon will die Heilerin sich an das Essen machen und bietet der weißen Lady ebenfalls an, sich etwas zu nehmen, als sich die andere Patientin, welche bewusstlos hier ankam regt. Sogleich ist das Essen vergessen und die Heilerin geht wieder in das Zimmer, gefolgt von einer schlanken weißen Gestalt, welche sich mühsam aufrafft und hinterher geht. Sie geht aufrecht, ganz als mühe sie sich, ihre Haltung zu wahren, doch die Bewegungen wirken ein wenig abgehackt und steif. Yasraena folgt den Beiden. Gerne hätte sie die Verletzte gestützt oder ein wenig gehalten, weiß jedoch nicht, wie diese darauf wohl reagiert und so lässt sie es bleiben und achtet nur darauf ihr nahe genug zu sein und schräg hinter ihr zu bleiben, um sie gegebenenfalls gleich auffangen zu können, sollte sie wieder zu taumeln beginnen. Hierbei fällt es Yasraena besonders schwierig die richtige Distanz zu wahren. Sie will nicht aufdringlich wirken, aber eben nahe genug stehen, sie im Fall der Fälle rasch stützen zu können.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 28. Juli 2010, 14:07 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß


Manches Mal ist alles ganz anders als gedacht.
Heute Nachmittag noch trat ihr die Heilerin herausfordernd und provozierend frech entgegen. Vermutlich bloß in schnöder Erwartung eines bestätigenden Fehltrittes um Atevora gänzlich in die Schublade mit der groß prangenden Aufschrift „Verächtlich“ stopfen zu können. Als ihr die weiße Mistress dies, rein berechnend, nicht gönnte, wurde sie umgänglicher. Doch auch hier war in jeder Gestik, in der Haltung und Wortwahl die Gegenwart dieser lauernden Abneigung zu spüren, nur unausreichend müßig bedeckt von bemühter Höflichkeit, welche die fehlenden Sympathien umschrieb. Nur all zu rasch schien sie am Nachmittag noch bemüht sich Atevoras Gesellschaft wieder zu entbieten.
Die Magierin weiß nicht mit Sicherheit was sie von diesem neuerlichen - für beide Seiten zu frühen - abermaligen Aufeinandertreffen genau erwartet hatte. Vielleicht gramvolle Miene ob des wiederauferlegten Martyriums ihrer unerwünschten Gegenwart? Missgunst? Geringschätziges Gebaren bezüglich Atevoras derzeitig elendigen Zustandes, oder vielleicht sogar gönnerische  Schadenfreude? Vermutlich zumindest eine Atmosphäre voll hartem Umlauern flüchtig erdachter Fronten. Doch nichts davon tritt ein. Stattdessen wirkt Mealla vorbehaltslos freundlich. Sie lächelt die weiße Mistress sogar aufmunternd und erbaulich an.

Zaudernd legt Atevora den Kopf schief und blinzelt Mealla unschlüssig aus müden Augen an. Sie weiß mit der dezenten Änderung, die am Rande ihre getrübte Wahrnehmung streift, nicht viel anzufangen.
Dass diese Freundlichkeit aus barmherziger Anteilnahme oder Mitgefühl erwachsen könnte, auf die Idee kommt Atevora nicht. In ihrer Welt wurde schwäche nicht toleriert. Sie rührt nicht zu Mitgefühl sondern bloß zu vergrämten Groll, Verärgerung, boshaftem Spott, ließ einem Quell verachtender Enttäuschung entspringen und führte in allen belangen zum Niedergang. Es war eine Lehre die ihr nur all zu grausam und beharrlich eingeimpft wurde, sich ihr täglich aufs neue bestätigte und nur kurz aufgebrochen wurde. Doch auf die kurze Auszeit war nicht zu bauen, jene Wesen, solche wie TianShi, die eine andere Doktrin des Lebens webten, waren all zu selten auf Roha anzutreffen. Wie hieß es sprichwörtlich so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel.
Auch wenn Atevoras Geistesgegenwart nicht angeschlagen wäre, empfände sie dies hier vermutlich als höchst verwirrend und unverständlich. Sie hat allerdings nicht den Sinn, oder die notwendige Energie, sich mit dem ungewohnten und unerwarteten Gebaren - sowie dem Wieso dazu - gedanklich näher zu beschäftigen. Es war bloß ungemein angenehm. Ihr derzeitiger Zustand wurzelt im übrigen weniger in alkoholischer Umnebelung des Geistes an sich, und doch ist das Nerven- und Zellgift so sehr Auslöser dafür. Der Grog und der darin enthaltene Alkohol, mit dem ihr Körper ungünstiger Weise zu kämpfen hatte, wirkte vielmehr den Schutzmaßnamen des Körpers bei Blutverlust und Unterkühlung barsch entgegen, dass er alle ungünstigen Auswirkungen jener Dinge mit denen schon zuvor zu Rande zu kommen war aufschaukelte.

So rührt sich Atevora kaum und beobachtet ihren Gegenüber nur gelöst, während sie stumm den Stille überbrückenden Worten lauscht. Es ist dabei völlig belanglos was die Heilerin spricht. Sie könnte auch von der banalen Zubereitung eines Eintopfes berichten, denn die Magierin folgt den Worte ohnehin nur höchst nebensächlich, wenn überhaupt, sondern genießt einfach den frieden der dem Klang der hellen Stimme innewohnt und so angenehm ihr aufgewühltes inneres versöhnlich streichelt.

Kaum ist Mealla fertig damit der Eismaid Arm zu versorgen, betritt Yasraena den Raum und serviert eine Auswahl an Köstlichkeiten samt warmen Aufguss. Nur kurz schnuppert die Heilerin prüfend an dem warmen Getränk, und drückt es plötzlich der deswegen perplex schauenden Magierin in die Linke.
Auch mit der anschließenden zuvorkommenden und netten Einladung zum Essen ist Atevora im ersten Moment seltsam überfordert. Weshalb wohl wurde sie von jemanden eingeladen dessen Gunst sie nicht besaß? Sollte sie dankbar annehmen, oder doch ablehnen, war das Eine oder das Andere günstiger?
„Danke, sehr freundlich.“ Ist das Einzige was Atevora, die Augen betreten zu Boden gerichtet, aufgezogen nuscheld hervorbringt. Während Mealla bereits herzhaft zugreift, nippt Atevora, ihre Unentschlossenheit überspielend, vorsichtig am Kräuteraufguss.
In dem Moment regt sich die Verunglückte auf der Bettstatt. Sofort lässt Mealla alles liegen und stehen, und geht zu der Schmieden. Auch Atevora stellt den Tee ab, müht sich vorsichtig hoch und versucht die ausgesprochen schwierige Hürde zu meistern schlurfend einen Fuß vor den Anderen zu setzen und ist dabei nicht undankbar, dass es Yasraena unterlässt sie stützen zu wollen.

Atevora ist tatsächlich froh darüber zu sehen, dass die Lebensgeister in die Schmiedin zurückzukehren beginnen. So waren die Anstrengungen zumindest nicht gänzlich vergeudet. Während der Schmiedin Blick kurz seltsam gehetzt durch den Raum streift, stellt sich Atevora im Geheimen die Frage, ob sie der Frau auch geholfen hätte, wenn sie sich nicht im Zugzwang diesbezüglich befunden hätte. Wie sinnvoll war es, jemanden die Hilfe zu verweigern, wenn man dazu eigentlich mit Leichtigkeit fähig wäre? Wie schlau war es, sich selbst, auch nur zu kleinen Teilen, in Gefahr zu begeben und das womöglich für einen gänzlich Unbekannten? Eine stete innere Zerrissenheit aufeinander prallender konträrer anerzogener oder angelernter Ansichten und Wertvorstellungen, gepeitscht vom allgegenwärtigen Gesellschaftszwang. Es wäre wohl oft leichter das Handlungesmaß aus dem emotionalen zwischenmenschliche Fundament, oder vielmehr einer subjektiven und zufälligen Empfindungsaneinanderkettungen zu ziehen, wie es in der Regel Andere freimütig taten. Doch Atevora waren diese Gefühlsuntiefen zumeist nur äußerst fremd und unergründlich.
Zumindest war es, gemessen an der gegebenen Sachlage, sehr logisch der Schmiedin zur Hilfe zu eilen. Ebenso logisch erschien es, den Versuch zu wagen, aus der derzeitigen Situation möglichst einen Vorteil zu ziehen. Es könnte das Trittbrett dazu bieten festgefahrene Meinungen aufzubrechen und die Chance auf einen besseren und positiveren Ruf. Da sie an diesem Tag bereits dabei beobachtet wurde, als sie scheinbar ein Straßenkind einfach so Freude schenkte, nun möglicherweise als selbstlose edle Retterin ausgelegt werden konnte, wäre es nur konsequent dieses scheinbar noble Verhalten fortzusetzen. Bei all den Kosten die sich aus dem hier für sie ergaben, würde ein wenig zusätzlicher Großmut gewiss auch nicht mehr sonderlich von Belang sein. So beschließt sie, Sayila die Kosten für Heiler und Zimmer vorzuleisten.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 29. Juli 2010, 11:45 Uhr
~ Mitte Taumond in der Schankstube ~

>Verzeiht, dass ich so mit der Tür ins Haus gefallen bin. Mein Name ist Sigourny al’Mere.< Flötet sein Gegenüber, als er sich gesetzt hat und der vermaledeite Stuhl dann auch wieder Ruhe gibt, und Borgil lächelt breit. Ja, ganz bestimmt. Und ich bin der Ard-Righ von Laigin.  Seine Einladung zum Essen nimmt sie gern an, auch wenn sie nur gewässerten Wein bestellt, was ihm keineswegs entgeht. Ihre Wortwahl allerdings lässt ihn aufhorchen… das, die Röte, die sich über ihre Nase und ihre Wangen ausbreitet, und ihre Art, sich gleich darauf selbst auf die Lippen zu beißen, als wolle sie ihre vorlaute Zunge daran hindern, noch mehr preiszugeben, lassen ihn zum ersten Mal wirklich grinsen. Doch er sagt nichts, lehnt sich nur zurück, genießt das kühle, malzige Bier und lässt sie reden. Die Kleine hat nicht viel Ahnung vom Leben oberhalb des Straßenpflasters und außerhalb unterstädtischer Verhältnisse, auch wenn sie wohl versucht hat zu… nun ja… üben. Aber sie hat Schneid, das muss Borgil ihr lassen. Ein Bad, ein wenig Duftwasser und ein hübsches Gewand… und ihre Entschlossenheit, das war alles, mit dem sie sich nach oben gewagt hatte - und dann gleich zu ihm in die Harfe, mitten in die Höhle des Löwen sozusagen. Doch der Vorschlag, dem sie ihm dann unterbreitet, lässt sogar Borgil erstaunt eine Braue heben.

>Also…ich …ich habe gehört, ihr seid im Besitz einer Liegenschaft neben dem Verder Stadttor, einem …. Gasthof… der im Moment ohne Pächter ist.< Die bedeutungsvolle Pause vor dem Wort "Gasthof" macht deutlich, dass sie genau weiß, was der Pfirsich in Wahrheit ist. >Ich würde mich dafür interessieren, das Haus zu übernehmen…mit allem was dazugehört!< Einen Moment lang ist Borgil wirklich sprachlos… nicht völlig überrascht oder vollkommen konsterniert, er weiß einfach nur nicht, was er sagen soll. Sie redet, als wüsste sie genau Bescheid, aber tut sie das tatsächlich? Ach Dancy, musstest du dir unbedingt von diesem blöden Spitzohrirren den Schädel einschlagen lassen? Sieh nur, was das angerichtet hat. Was für ein Schlamassel!
"Ach herrje…" Ist schließlich das erste, das er antwortet, dann atmet er tief und geräuschvoll durch. "Mädel, was immer du bist, du bist keine Lady und keine anständige Dame, oh… keine Sorge, ich leg da keinen solchen Wert drauf, wie du zu glauben scheinst, also rede ruhig, wie dir der Schnabel gewachsen ist. Aber eine Hure bist du auch nicht. Aye, aye, der Pfirsich gehört mir. Und lange war er auch das beste Hurenhaus der Stadt.

Anständige Weiber, weißt du. Welche, die die Arbeit gemacht haben, weil es für sie das Richtige war und sie wollten, nicht weil sie mussten. Hätte Dancy nie erlaubt. Dancy war die Wirtin im Pfirsich… und die Hurenmutter. Sie war eine gute Freundin, aber sie ist tot… und der Pfirsich ist nicht mehr das, was er mal war. Die Mädchen sind wie eine aufgescheuchte Schar Hennen ohne Gockel, wenn du verstehst, was ich meine… Sie können die Pacht zahlen, aber zu mehr reicht es auch nicht… und im letzten Herbst hatten sie alle das Brennen, so dass… ach, egal. Sie sind wieder gesund, aber vier haben aufgehört, eine hat geheiratet, eine ist ermordet worden. Du siehst also, zurzeit ist der Pfirsich nicht gerade eine Goldgrube – aber mit den Geschäften dort habe ich nichts am Hut. Mich geht nur die Pacht etwas an." Eine ganze Weile mustert Borgil die junge Frau vor ihm mit unergründlichen Blicken, dann nickt er langsam. "Aye, und du meinst, ein Leben als Hurenmutter wäre was für dich? Wie stellst du dir das vor? Weißt du, was das heißt? Ich meine… weißt du es?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sigourny am 29. Juli 2010, 12:46 Uhr
Natürlich weiß Sig, was seit Dancys Tod im Pfirsich abgelaufen ist, Tane hat sie genauestens informiert (in manchen Details fast zu genau für ihren Geschmack). Dass Borgil ihr die ‚ehrbare‘ Herkunft nicht ganz abnimmt, ärgert sie zwar etwas, aber was soll's, eigentlich hätte sie damit rechnen müssen. Der Zwerg ist kein versoffener Idiot (wie manch anderer Wirt vor allem in der Unterstadt), sondern ein mit allen Wassern (und noch anderen Dingen) gewaschener Geschäftsmann. >Aye, und du meinst, ein Leben als Hurenmutter wäre was für dich? Wie stellst du dir das vor? Weißt du, was das heißt? Ich meine… weißt du es? < Bei dieser Frage sieht Sig ihm gerade in die Augen. Ok, wie war das, er lege keinen Wert darauf, aus welchem Umfeld sie kämme und sie könne reden, wie ihr der Schnabel gewachsen war? Na gut, immerhin würde das die Konversation erleichtern. „Ich weiß genau wie es in ‘nem Hurenhaus zugeht! Immerhin bin ich in einem aufgewachsen. Meine Mutter war eine Dirne, soweit ich weiß Treppenkätzchen und dann kam sie sogar kurze Zeit in den Genuss, die Schwarze Orchidee zu sein…bis ein Kerl in der Hitze des horizontalen Gefechts die Kehle aufgeschlitzt hat. Keine Ahnung wer das war und ob er‘s überlebt hat. Ihr Name war Allesandra, an viel mehr kann ich mich da nicht erinnern. Maura hat mich aufgezogen und mit vierzehn bin ich dann aus der Orchidee abgehauen. Hatte keine Lust für irgendwelche verlausten und versoffenen Kerle die Beine breit zu machen und mit was anderem fängst als Treppenkatze nicht an. Außerdem: Ich entscheide mit wem ich ins Bett geh‘ und zu welchem Preis…!“ Sig atmet durch und nimmt einen tiefen Schluck von dem verwässerten Wein – bei allen Göttern was Stärkeres wär ihr im Moment lieber. Sie ist froh zu sitzen, denn ansonsten würde wohl jeder merken, wie ihre Knie zittern. Ihre Stimme bleibt aber  fest, als sie fortfährt: „Ich bin nicht Dancy und ich kann sicher noch einiges an Erfahrung gebrauchen aber ich trau mir schon zu, den Pfirsich wieder in Schuss zu bekommen, dass … ehrliche … Männer, die mal ein wenig Vergnügen abseits des ehelichen Schlafzimmers wollen, sich nicht mehr in die Unterstadt schleichen müssen. OK, ich bin da unten geboren aber das heißt ja nicht dass ich da unten auch krepieren muss. Und was das freiwillig angeht: Maura hat mir gesagt, als ich erklärt hab, ich würde nicht anschaffen gehen: Nur eine Hure, die das was sie tut gern und freiwillig macht, ist eine gute Hure! Und ich will nur die besten!“  

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 31. Juli 2010, 12:17 Uhr
~ Mitte Taumond in der Schankstube ~

Die Antwort auf seine Frage, ist ein sehr direkter und ziemlich entschlossener Blick: >Ich weiß genau wie es in ‘nem Hurenhaus zugeht! Immerhin bin ich in einem aufgewachsen.< Borgil lässt die junge Frau erzählen und nun, ohne die Maskerade der feinen Dame aufrechterhalten zu müssen, wirkt Sigourny schon wesentlich entspannter. Sie redet wirklich wie ihr der Schnabel gewachsen ist, aber das ist Borgil nur recht. Er beherrscht, wenn er muss, beides – den schnoddrigen, direkten Jargon der Gosse und das gestelzte Gerede der ach so feinen Oberschicht (oder für was immer sich einige reiche Pinkel so halten). Allen Göttern sei Dank ist der wirkliche, alte Adel Talyras in den allermeisten Fällen von einem anderen Schlag und vollkommen normal…vor allem geht er nicht mit seinem blauen Blut hausieren oder pocht alle Naslang auf Rang und Namen. Sil zum Lob, das wäre ja noch schöner! Aber wer ständig darauf bestehen und jedem vorkauen muss, etwas Besseres zu sein, der ist es ohnehin am allerwenigsten. Sigourny erzählt von ihrer Mutter, der Schwarzen Orchidee in der Unterstadt, jenem berühmt, berüchtigten Bordell, das schon immer Paradies und Hölle zugleich gewesen zu sein scheint, und Borgil nickt sacht, als sie kurz Atem schöpft und einen Schluck ihres Wasserweines zu sich nimmt. >Ich bin nicht Dancy und ich kann sicher noch einiges an Erfahrung gebrauchen aber ich trau mir schon zu, den Pfirsich wieder in Schuss zu bekommen, dass … ehrliche … Männer, die mal ein wenig Vergnügen abseits des ehelichen Schlafzimmers wollen, sich nicht mehr in die Unterstadt schleichen müssen.<

Bei diesen Worten hebt sich eine von Borgils dichten Brauen ziemlich skeptisch. Hmpf… da bist du wohl ein paar falschen Flüstereien aufgesessen, Kleine. Der Pfirsich ist bei weitem nicht das einzige oberirdische Hurenhaus Talyras… und die freien Dirnen gibt's ja auch noch.  >OK,< fährt Sigourny fort und Borgil, der das seltsame Wort nicht kennt (wie auch kein anderer Bewohner Rohas) hält es für eine andere Sprache. Okee, was soll das denn heißen? Okee? Ist das vielleicht Pakkakieli? Tamaraeg ist es nicht und Tamar auch nicht, oder ich bin ein Frostriese. Unterstadt-Jargon? Auch unwahrscheinlich… was immer es heißen soll, ich hab keinen blassen Schimmer. Er leert seinen Becher und schenkt sich aus dem Krug noch etwas nach, dann widmet er sich dem Essen, das die kleine Aelis vorhin gebracht hat, einem schmackhaften Kapaun in Weinsauce mit Schwarzsauer, gebackenen Kartoffeln und noch frischem, schwarzem Brot, denn er hat nicht vor, das kalt werden zu lassen. >Ich bin da unten geboren aber das heißt ja nicht dass ich da unten auch krepieren muss. Und was das freiwillig angeht: Maura hat mir gesagt, als ich erklärt hab, ich würde nicht anschaffen gehen: Nur eine Hure, die das was sie tut gern und freiwillig macht, ist eine gute Hure! Und ich will nur die besten!<

"Na, ich sehe schon, du hast dir einiges vorgenommen, Mädel," erwidert Borgil zwischen zwei Bissen, als Sigourny schließlich endet. "Und du scheinst mir durchaus entschlossen und ehrgeizig genug, aber… lass mich dir zuerst mal ein bisschen was über den Pfirsich und die Verhältnisse dort erklären. Zunächst mal: Verheiratete Männer zählen kaum zur Kundschaft dort. Sicher ist hin und wieder der ein oder andere dabei, aber das ist eher die Ausnahme… und ich weiß nicht, ob ich dir raten soll, in solchen Gewässern fischen zu wollen, aber das musst du selbst wissen. Der Pfirsich lebt hauptsächlich von den unvermählten Blaumänteln, die ihn in Scharen besuchen und den Reisenden, die durchs Verder Tor nach Talyra kommen – es gibt nur wenig Laufkundschaft wie in den Hurenhäusern am Hafen oder bei den Straßendirnen hinter der Nyzemia. Was die Blaumäntel angeht… stell dich mit Varin gut, das ist der Hauptmann der Torwächter und, wenn du freundlich zu ihm bist, bleibt er bestimmt der beste Kunde deiner Mädchen. Er kann die Finger von keinem Weiberrock lassen. Marei war sein jüngster Liebling unter Dancys Pfirsichen, aber sie ist in der Sithechnacht von einem eifersüchtigen Freier erschlagen worden. Da das Geschäft von den Blaumänteln lebt, dürfte klar sein, dass du gar nicht erst versuchen solltest irgendwelche krummen Geschäfte nebenher zu betreiben – nicht unter so vielen wachsamen Augen, mal ganz abgesehen davon, dass ich dir die Pacht sofort aufkündige, wenn mir da etwas zu Ohren kommt.

Bestechungen gleich welcher Art kannst du auch sofort wieder vergessen, versuch's noch nicht mal. Die Blaumäntel kommen gern in den Pfirsich und suchen Trost in ein paar weichen Armen, aber Dienst ist Dienst und Branntwein ist Branntwein, wie es so schön heißt, aye? Sie sind unbestechlich und absolut loyal, vergiss das niemals – nur für ihren Lord Commander und ihre Offiziere tun sie alles, ganz gleich wie hübsch ein Hurenarsch auch sein mag. Stell dich gut mit ihnen und du hast nie Schwierigkeiten, auch nicht mit randalierenden Gästen oder brutalen Freiern, die sind schneller wieder draußen, als sie "Verzeihung, M'lady" sagen können. Hin und wieder kommen auch weibliche Stadtgardisten oder sonstige Frauen im Dienst der Steinfaust in den Pfirsich, um mit ihren Kameraden zu essen oder zu feiern oder einfach nur einen Krug Wein zu leeren, sorg immer dafür, dass deine Mädchen die Frauen nie belästigen oder reizen, das nehmen ihnen sonst alle Blaumäntel übel… unsere Stadtgarde ist ein recht verschworener Haufen. Dancy  hat es stets so gehalten, dass weibliche Gäste im Pfirsich möglichst nicht behelligt wurden und ist immer gut damit gefahren… wird ohnehin selten der Fall sein.

Zu den Reisenden… du wirst mit der Zeit einen Blick dafür bekommen, wer das Silber locker in der Geldkatze sitzen hat und wer nicht, aber die meisten wissen ohnehin, was der Pfirsich ist und wer sich daran stört, sucht sich ohnehin eine andere Bleibe, aber er war schon immer auch ein Gasthaus… wenn auch eines mit mehr Mägden als irgendein Gasthof brauchen kann und einer Treppenstiege, die jedesmal knarrt, wenn irgendjemand ein Mädel mit nach oben nimmt. Wie du's damit in Zukunft halten willst, überlasse ich dir, aber wie gesagt – du wirst ohnehin eher selten einen Gast haben, der nicht weiß, wo er abgestiegen ist. An den größeren Festtagen wie Inari, zur Sithechnacht, an Erntedank und während der Sommerfeste, ach ja - und natürlich auch, wenn große Handelskarawanen Talyra besuchen, kann es sein, dass einige reiche Händler, Kaufleute oder auch Adlige bei dir absteigen werden, meistens mit einem Rattenschwanz von Leibgardisten, Rittern und Dienern in ihrem Gefolge, die sich für genauso wichtig wie ihre Herren halten. Mach dich beizeiten über sie schlau und zwar aus sicheren Quellen, damit du weißt, mit wem deine Mädchen und du es zu tun bekommen. Die meisten von ihnen sind harmlos und wollen nichts anderes als andere Männer auch, nämlich ein weiches Bett und eine pralle Brust, aye? Aber manche auch nicht. Du kannst jederzeit zu mir kommen, wenn du dir nicht sicher bist, wie du mit diesem oder jenem umzugehen hast oder wann du besser dafür sorgst, soviele Blaumäntel wie möglich als Gäste zu haben, aye?"

Borgil spült den letzten Bissen Kapaun mit einem kräftigen Schluck Bier hinunter und hat das Gefühl, schon mindestens das halbe Buch der Götter heruntergebetet zu haben. Herrje, morgen bin ich heiser! "Ah… noch etwas: wie alle Huren stehen die Pfirsiche unter Inaris Schutz und müssen zu allen Ehrentagen der Göttin und ihrer Archonen frei bekommen. Sorg immer dafür, dass deine Mädchen sauber sind und mindestens einmal im Mond gründlich von einem Heiler untersucht werden. Wenn sie sich irgendwo das Brennen oder die Azurianische Krankheit einfangen, musst du es der Obrigkeit melden und den Pfirsich so lange schließen, bis die Seuche gebannt ist. Du darfst kein Mädchen als Hure aufnehmen oder ihren Körper verkaufen lassen, so lange es nicht erblüht ist und es muss mindestens vierzehn Sommer zählen. Dancy hat immer dafür gesorgt, dass ihre Mädchen etwas nehmen, das sie davor schützt, zu empfangen, aber geht eine Hure dennoch mit einem Kind schwanger, darf sie nicht arbeiten und muss von den anderen mitversorgt werden, bis ihre Wöchnerinnenzeit vorbei ist…" Nun fällt ihm beim besten Willen nichts mehr an guten Ratschlägen ein, aber er ist ja auch keine Hurenmutter und hat keine Ahnung, was vielleicht noch wichtig wäre. "Hast du noch irgendwelche Fragen, Mädel?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sigourny am 02. Aug. 2010, 13:37 Uhr
>Hast du noch irgendwelche Fragen, Mädel? < Sig schüttelt den Kopf. Borgil hat einiges an Informationen, direkt oder indirekt, fallen lassen und war er zu Beginn seines Monologes noch eher skeptisch scheint er sich nun mit dem Gedanken einer – zugegeben doch recht jungen – Hurenmutter im Pfirsich anfreunden zu können. Die meisten Dinge, die der Zwerg über die Führung einer solchen Gaststätte erzählt, sind der jungen Frau bestens bekannt, auch wenn hier in der Oberstadt die Dinge wohl doch etwas gehobener zugehen, als unter den Straßen Talyras: Heiler statt Kurpfuscher, Verhütungskräuter statt Engelmacherinnen … Das Prinzip war doch in jedem Bordell das gleiche. Anderes wieder war ihr neu und Sig ist sich nicht sicher, ob sie ob der angeblich starken Präsenz von Blaumänteln froh oder eher beunruhigt sein soll. Sicher: Die Gardisten würden ihr den Stall sauber von Gesindel halten aber andererseits: so lange ist es nicht her, dass nach der berüchtigten schwarzen Katze gesucht wurde, jener ominösen Einbrecherin, die nicht und nicht zu fassen gewesen und die dann eines Tages spurlos verschwunden war. Dass sie sich bei solch einem Klientel nicht auf krumme Touren einzulassen braucht, ist ihr auch klar. Aber wie war das noch gleich? Gutstellen mit Varin…das sollte nicht schwer sein, kaum ein Mann war je in der Lage gewesen, ihr zu widerstehen, wenn sie es darauf anlegte, egal ob Adeliger oder Taschendieb.

Ihrem Gesicht ist von diesen Gedankengängen nichts anzumerken, als sie Borgil freundlich zulächelt. „Was die allgemeine Organisation und das Wesen des Pfirsichs angeht nicht. Allerdings würde ich, wenn ihr mir schon so freimütig eure Hilfe anbietet, gern noch ein wenig darüber Bescheid wissen, bei wem ich in Zukunft am besten einkaufe: Wein, Nahrungsmittel, diverse andere Dinge. Und ihr habt die Mädchen erwähnt, arbeitet sonst derzeit noch jemand im Pfirsich, also in den Stallungen zum Beispiel? Und natürlich bleibt noch die Frage nach der Höhe der Pacht. Sofern ihr euch entschließen könnt, dem Geschäft zuzustimmen.“ Im Geiste hat Sig bereits begonnen, die nächsten Schritte zu planen. Sie hat sich den Pfirsich bereits angesehen beziehungsweise Tane auf Erkundung geschickt. Daher weiß die junge Frau, dass einiges zu renovieren war. Auch die Kleider der Mädchen bedürften einer Erneuerung, was die Zimmer im Obergeschoß anging, nun das würde sie noch in Augenschein nehmen müssen. Noch ist nichts entschieden mahnt sie sich selbst zur Ruhe und nimmt einen weiteren Schluck, um ihre Gespanntheit zu überspielen.  

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 02. Aug. 2010, 16:34 Uhr
"Hmhm, lass mal sehen…" Borgil winkt einer vorbei eilenden Schankmagd und schwenkt demonstrativ den leeren Bierkrug, der ihm auch prompt nachgefüllt wird. "Es empfiehlt sich wohl für die Allgemeinheit der Pfirsichgäste günstigen, aber trinkbaren Wein von den hiesigen Weinbauern und vielleicht noch aus Brioca zu beziehen… genauso wie das Bier, obwohl ich dir nur raten kann, auch immer einen ordentlichen Vorrat an Verder Kupfer und Dunklem Verdbier vorrätig zu haben. Ich gebe dir eine Liste mit Händlern, die gute Ware liefern und einen nicht mit dem Silber übers Ohr hauen. Alles andere würde ich auf dem Markt kaufen… eine gute Küche sollte sich auch für den Pfirsich bezahlt machen und ich werde heilfroh sein, wenn mir die Harfe nicht mehr dauernd aus allen Nähten platzt, nur weil man weder im Aal, noch im Kupferkessel ordentliches Essen bekommt… es sei denn man bevorzugt Fischpasteten oder Krötenbeinpudding. Egal, wo war ich? Ach ja… zu besonderen Anlässen oder für gut betuchte Kunden, die es gern ausgefallen mögen, musst du natürlich hin und wieder auch etwas bieten können. Du weißt schon… Schellen- und Schleiertänzerinnen, Masken und Federgewänder für die Pfirsiche, für den Gaumen Perl- und Sommerweine, vielleicht hin und wieder sogar Rubinwein, Cofea, süße Kuchen, Cahv-Jar, am besten vom Norilskstör aus Ardun, gebratenen Schwan, eingelegter Salzhecht aus den Ostlanden, Austern, Ildorelkrebse, Braesshuhn, Verder Schinken, Datteln, weißes Brot, ein paar alte, gute Uisge Beathas und geeisten Feuerwein… ach ja, Eis! Der Pfirsich hat einen Eiskeller. Am besten du bezahlst einen Wassermagier dafür, ihn mit ein paar Frostzaubern zu versehen, das ist auf Dauer doch günstiger und mit erheblich weniger Sauerei verbunden, auch wenn Dancy sich damit nicht anfreunden wollte… was noch? Hm… erlesene Gewürze, exotische Früchte, wenn du sie bekommen kannst natürlich. Tabak für Wasser- und Nebelpfeifen, Blauen Lotus, Bernis, Morhang, Khif und Traumkraut… Inarimoos", Borgil zuckt mit den Schultern und versucht sich an möglichst alle ausgefallenen Abgründigkeiten zu erinnern, die er jemals kennengelernt hat (und die sich in Talyra umsetzen lassen würden ohne dafür auf dem Richtblock oder in den Schwarzen Zellen zu landen).

>…Und ihr habt die Mädchen erwähnt, arbeitet sonst derzeit noch jemand im Pfirsich, also in den Stallungen zum Beispiel? Und natürlich bleibt noch die Frage nach der Höhe der Pacht. Sofern ihr euch entschließen könnt, dem Geschäft zuzustimmen.<
"Hrmhm, wenn deine Pläne so hochfliegend sind, wie sie sich anhören, wirst du noch ein gutes Dutzend Mädchen anstellen müssen, sonst wird das wohl nichts werden, Dancy hatte immer zu wenig Huren. Und schaff dir ruhig die eine oder andere Exotin an… eine Nandé oder Semanga. Versuche für jeden Geschmack etwas dabei zu haben – groß, klein, dick, dünn, alt, jung, schwarz, weiß, blass, rothaarig, jungenhaft, drall… na, du weißt schon. Der Pfirsich hat keine eigenen Stallungen, aber direkt nebenan ist eine Wagnerei mit einem Mietstall, der Besitzer nimmt schon seit Jahren die Tiere der Pfirsichgäste gegen ein geringes Entgelt auf. Sonst sind da noch ein paar Burschen, aber ich weiß nicht, ob sie bleiben wollen, jetzt, wo Dancy nicht mehr ist… Thea hat auf jeden Fall geheiratet und ist nicht mehr da. Und die beiden alten Schachteln sollte endlich irgendjemand in den Ruhestand schicken oder die Bücher führen lassen, aber das ist nicht mein Bier. "Was die Pacht angeht…" Borgil kratzt sich nachdenklich den narbigen Schädel und seine Brauen sträuben sich leicht. "Ich will ehrlich sein, ich kaufe nicht gern die Katze im Sack und wir kennen uns ja kaum, Mädel. Aber ich kann dir ein Angebot machen: ich lasse alles, was nötig ist, instand setzen - es sind ein paar Kleinigkeiten, nichts gravierendes – und verpachte dir den Pfirsich zunächst einige Wochen auf Probe… sagen wir hm… zwei Mondläufe, also acht Siebentage. Dann siehst du, wie das Geschäft läuft und ich habe Zeit, mich endgültig zu entscheiden. Die Pacht für ein so großes und normalerweise gut laufendes Haus ist natürlich nicht gerade billig, aber gemessen an den Einkünften, die ein kluges Köpfchen wie deines herausholen kann eigentlich nichts… ich würde sagen… lass mich überlegen… sechs Goldstücke im ersten Jahr, damit du auf die Beine kommst und alles nötige anschaffen kannst, danach dann  zwölf."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sigourny am 05. Aug. 2010, 14:16 Uhr
Sig nickt bei Borgils Angebot, ihr eine Liste von vertrauenswürdigen Händlern zusammenzustellen. Auch wenn sie es nie zugeben würde, sie ist über jede Unterstützung froh, denn ihre Kontakte beschränken sich auf die Unterstadt und einen Händler aus diesem Sumpf einen ehrlichen Geschäftsmann zu nennen kämme der Behauptung gleich, bei einem Nargen handle es sich um eine azurische Schönheit. Bei der Aufzählung der Speisen rauscht ihr der Kopf: Einiges kennt sie vom Hörensagen aus der Orchidee aber zubereiten? Sie bringt mit Müh und Not einen Eintopf zustande und von dem behauptet Tane, der normalerweise alles in sich hineinstopft was nur im entferntesten essbar scheint, man könne damit einen Goblin vergiften – in ihren Augen eine starke Übertreibung. Die Erwähnung des Eiskellers und eines Eismagiers entlocken ihr ein feines Grinsen. Sie würde diese Möglichkeit keinesfalls ungenutzt lassen. Das war eindeutig etwas für Savena (OT: =Lady Shin)!

Als Der Zwerg in seinen Erläuterungen fortfährt kommt er zum Thema Pfirsiche. Von Tane weiß Sig bereits, dass die Anzahl in den letzten Siebentagen und Mondläufen stark abgenommen hat. Doch noch ein Dutzend! Wo bei allen Göttern sollte sie Mädchen finden, die den Ansprüchen (und sie hat hohe) genügten? Nun ja, kommt Zeit kommt Rat und zu Beginn würde sie in diesem Bereich wohl Tanes Fähigkeiten und Kenntnissen vertrauen müssen. Der junge Mann scheint immerhin jeden schönen Weiberhintern mit lockerem Rock in ganz Tayra zu kennen. Den derzeitigen ‚Bestand‘ an Pfirsichen würde man einfach mal unter die Lupe nehmen müssen, Sig ist da nicht so recht Borgils Meinung was ältere Huren angeht. Vor allem für jüngere Frauen war eine erfahrene Kollegin mitunter recht hilfreich und beruhigend.

Nach wie vor hat der Zwerg nicht auf die Frage der Pacht geantwortet und Sig muss sich zusammenreißen, nicht ungeduldig mit den Fingern am Tisch herum zu trommeln. Was nutzen all die schönen Pläne, wenn es an der Finanzierung scheitert? Um von ihrer Ungeduld abzulenken, nimmt sie einen weiteren Schluck gewässerten Wein, der sich in ihrem Krug mittlerweile dem Ende zu neigt. Ihr Gegenüber kratzt sich den narbigen Schädel. > Ich will ehrlich sein, ich kaufe nicht gern die Katze im Sack und wir kennen uns ja kaum, Mädel. < Und ich bin keine Katze die sich im Sack verkaufen lässt! Sein Angebot erscheint ihr aber durchaus fair. Die Renovierungen…nun ja wie viel da wirklich zu tun ist, da hat sie ein Wörtchen mitzureden. Halbe Sachen sind nicht ihres und bevor der Pfirsich nicht so aussieht wie sie sich das vorstellt, wird sie keine Ruhe geben. Das muss Borgil allerdings nicht wissen, ein wenig die unschuldige Geschäftspartnerin zu spielen konnte nicht schaden. „Ich denke das ist nur fair. Von mir aus … Hand drauf!“ Sig streckt dem Zwerg ihre Hand hin, die in der mächtigen Pranke beinahe zu verschwinden droht. „Ich finde da sollten wir einen drauf trinken!“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sayila Arachelza am 16. Aug. 2010, 17:20 Uhr
Ein Abend Anfang Silberweiß


Es dauert einige Augenblicke, bis ihr getrübter Blick sich soweit klärt, dass sie mehr als nur undeutliche Schemen erkennt. Endlich kommt sie zu dem Schluss, dass sich dort wohl ungefähr drei Personen in ihrem Sichtfeld befinden und sie selbst in einem Bett liegt.
Ein leichtes Stirnrunzeln verleiht ihrer inneren Verwirrung Ausdruck; noch wollen ihre Gedanken sich nicht ordnen, und dort, wo eigentlich so etwas wie Erinnerungen sein sollten, klafft nur eine graue, farblose Lücke. Da das Denken ihr für den Moment viel zu anstrengend erscheint verlegt sie sich zunächst darauf, all die verschiedenen Sinneseindrücke einzuordnen, die so wahllos und ungeordnet auf sie einstürzen.

Das erste, was sie bemerkt, ist die angenehme Wärme ringsum. Das Bettzeug ist weich und bequem, und wären da nicht diese dumpfen, drückenden Schmerzen überall in ihrem Körper und besonders ihrem Kopf, könnte sie fast behaupten, dass sie sich wohl fühlt.
Gleich darauf steigt ihr der äußerst appetitliche Geruch von Essen in die Nase – worauf ihr Magen mit einem leisen Grummeln reagiert. Auch ihre Lippen und ihr Mund fühlen sich unangenehm trocken an, bemerkt sie nun und runzelt erneut die Stirn, diesmal allerdings eher aus Unwillen.
Ein wenig verwirrt wandert ihr Blick wieder hinüber zu den drei Gestalten, die irgendwie neben ihrem Bett stehen. Es sind drei Frauen, soviel ist klar, doch sie hat nicht die geringste Ahnung, um wen es sich handeln könnte. Ein wenig ratlos zieht sie die Augenbrauen hoch und mustert eine nach der anderen, wobei sie feststellt, dass die blasse, zierliche Frau mit den weißen Haaren nicht sonderlich gesund aussieht; 'Um die sollte man sich mal kümmern', ist ihr erster Gedanke.

Dann wandern ihre Gedanken wieder zurück zu ihr selbst und erneut ist da diese leicht hilflose Irritation, denn so sehr sie auch überlegt und nachdenkt, ihr fällt nicht ein, wer sie ist, oder wo sie ist, oder was überhaupt passiert ist.
'Eine höchst eigentümliche Situation', geht es ihr durch den Kopf. Allerdings ist sie keineswegs beunruhigt oder gar verängstigt; nein, in gewisser Weise ist sie einfach zu faul und zu müde, um sich Sorgen über irgendetwas zu machen. Ein wenig schläfrig blinzelt sie; schlafen wäre jetzt angenehm, und die Kopfschmerzen würden dann vielleicht auch endlich aufhören...
Da meldet ihr Magen erneut lauten Protest an und da es am naheliegendsten ist, wendet sie sich an die Frau mit dem braunen Haar:
„Habt Ihr etwas zu essen und zu trinken für mich? Ich habe furchtbaren Hunger und Durst.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Mealla am 17. Aug. 2010, 12:06 Uhr
Mealla beobachtet,  wie die junge Schmiedin aus ihrer Bewusstlosigkeit erwacht, ihr Blick zunehmend klarer wird und sie zunächst versucht sich im Raum zu orientieren. Recht schnell zieht sich ihre Stirn in Falten, vermutlich als sie versucht sich daran zu erinnern wo sie ist und wie sie hierher kommt, das alles sind keine schlechten Zeichen. Auch als sie Mealla und die anderen beiden Frauen mustert, tritt kein Zeichen des Erkennens in ihre Augen, allerdings ist sich die Heilerin auch nicht sicher, ob überhaupt jemand am Raum Sayila persönlich kennt. Nichtsdestotrotz hat Mealla ein ungutes Gefühl, denn als ihr die Schmiedin für einen Moment in die Augen schaut, erkennt sie eine tiefe Unwissenheit, der sie erst selten begegnet ist und dann eigentlich immer nach Gehirnerschütterungen und anderen Kopfverletzungen. Oh je, das sieht nach Problemen mit dem Gedächtnis aus. Nicht alle Krankheiten und Verletzungen sind gleich gut zu behandeln und das menschliche Gehirn gehört zu den unberechenbarsten Körperteilen überhaupt. Na wunderbar. Es gibt verschiedene Formen des Gedächtnisverlustes, so gibt es Leute, die vergessen, was vor beispielsweise einem Unfall passiert ist, andere, die sich nur an den Unfallhergang nicht erinnern und wiederum welche die alles, was danach passiert, schnell wieder vergessen. Am schwierigsten ist es für diejenigen, die noch das können, was sie irgendwann gelernt haben, die aber überhaupt nichts mehr über sich wissen. Gedächtnisverluste sind schwer zu behandeln und es gibt kaum Wissen darüber, warum die Erinnerungen bei manchen Betroffenen schnell wieder da sind, andere sich hingegen niewieder vollständig erinnern können. Jetzt heißt es erst einmal abzuwarten, wie die Schmiedin handelt, ob sie Angst bekommt oder ob sie die Situation einfach hinnimmt. Mit letzterem wäre leichter umzugehen, irgendwann kommt nach einem Gedächtnisverlust aber meist eine tiefe Verzweiflung, weil man nicht weiß, wie man mit der Welt umgehen soll oder weil ein bedeutender Teil des Lebens einfach weggewischt ist.

Mealla beobachtet die Frau genau, wie sie sich noch einmal umsieht, Shin einer längeren Musterung unterzieht und dann ist mit einem Mal ein unüberhörbares Grummeln zu vernehmen. Woher es kommt, ist umgehend klar, scheinbar hat sich Sayilas Magen erheblich rascher erholt, als Mealla es erwartet hätte, und verlangt umgehend nach Essen. Prompt fragt Sayila auch: >„Habt Ihr etwas zu essen und zu trinken für mich?"< Wie als bräuchte das noch eine Erklärung, fügt sie hinzu: >"Ich habe furchtbaren Hunger und Durst.“<  Mealla muss sich ein Lächeln verkneifen, als sie freundlich antwortet: "Natürlich bekommt Ihr etwas zu essen." Dabei holt sie den Tee, der ursprünglich für sie gedacht wurde und drückt ihn Sayila in die Hand. "Das Essen dauert noch einen Moment." Sayila scheint damit keine Probleme zu haben, sie wirkt ganz zufrieden, die warme Tasse in der Hand zu halten, also wendet sich Mealla an die silberhaarige Elbin: "Wäret Ihr so gut, ihr warme Brühe oder eine Suppe zu bringen? Ich könnte ihr mein Essen geben, aber ich bin mir nicht sicher, ob es ihrem Magen tatsächlich wieder so gut geht, wie es gerade klang. Bevor sie sich erbricht und damit ihren Körper noch weiter strapaziert, wäre es mir lieber, sie würde zunächst nur Flüssiges zu sich nehmen. Noch mehr Tee wäre auch eine gute Idee." Yasraena nickt verstehend und sie macht sich auf den Weg, dabei tut es der Heilerin beinah Leid, sie schon wieder herumzuscheuchen. Dann zieht Mealla die beiden Hocker, auf denen Shin und sie saßen, in die Nähe des Bettes, da Sayila offensichtlich nicht zu der ängstlichen Art Verletzter gehört. "Lady Shin, setzt Euch, Ihr seht nicht allzu gut aus", bittet sie mit sanfter Stimme, dann schaut sie zu der Schmiedin hinüber, die die Tasse mittlerweile geleert hat. "Hat Euch der Tee geschmeckt?", fragt sie mit einem aufmunternden Lächeln, obwohl sie die Antwort nicht sonderlich interessiert. "Sagt einmal, wie sollen wir Euch nennen? Wie möchtet Ihr angesprochen werden? Mit Mylady, mit Eurem Vornamen oder anders?" Sie stellt die Frage so nebensächlich, damit die Frau sich nicht unter Stress setzt, falls sie keine Antwort weiß.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 18. Aug. 2010, 17:12 Uhr
Als die Verunglückte wieder zu sich kommt, scheint sie sehr verwirrt und Yasraena macht sich schon große Sorgen, dass doch etwas nicht in Ordnung sei, als die Patientin nach Essen und Trinken fragt. Lächelnd stellt Yasraena fest, dass sie in Ordnung sein muss, zumindest kann sie sich klar mitteilen, was die Elbe schon als ein sehr gutes Zeichen deutet.

Verwirrt wäre ich vermutlich auch, wenn ich irgendwo aufwache, etliche Leute an meinem Bett ständen, sich jede rum mich sorgt und ich nicht einmal wüsste wo ich bin und wie ich hergekommen bin.
Yasarena will schon dazu ausholen sich und die Anderen vorzustellen und der Patientin mitzuteilen, wo sie sich befindet, hält sich jedoch zurück. Immerhin ist es Sache der Heilerin sich zu erkundigen was geschehen war und vermutlich würde diese auch das Gespräch führen wollen. Yasraena selbst war nur als einfache Magd hier, welche die Heilerin nach bestem Wissen unterstützen soll und ihr bringen soll, was immer sie für die Patienten benötigt. Und so schweigt sie, hält sich im Hintergrund und wartet gespannt, während die Heilerin der Verunglückten den Sud reicht. Yasraena entsinnt sich, dass sie diesen zuvor der verletzten Lady gegeben hat. Aber Yasraena sagt auch hierzu nichts, schließlich ist offensichtlich, dass Sayila den Aufguss dringender braucht. Auch wenn der Elbe entgangen ist, wie Atevora den Aufguss an die Heilerin zurückgegeben hat, aber man kann wohl auch in all der Sorge und Aufregung kaum verlangen, dass sie auf alles achtet.

Yasraena will sich schon aufmachen, noch mehr zu Essen und zu trinken zu holen. Als sich Mealla fast schon entschuldigend an sie wendet und mitteilt, dass etwas warme Suppe am Besten wäre. Auch wenn Yasraena zu gerne geblieben und gehört hätte, was eigentlich geschehen ist, macht sie sich natürlich sofort auf zur Küche. Die Patientin muss versorgt werden und sie arbeitet schließlich hier und hat sich um dergleichen zu kümmern. Daher eilt sie die Treppen hinab in die Küche und schaut, was sie so finden kann. Einen zweiten Aufguss macht sie noch schnell, stellt diesen aufs Tablett und einen Krug Wasser dazu, weil dieses der Patientin vielleicht besser tun könnte. Der Heilerin bringt sie einfachen verwässerten Wein mit, da diese ebenfalls etwas trinken wollte und offensichtlich von dem Aufguss weniger angetan war. Die Ergänzen Köchin kümmert sich derweil um eine Brühe. Yasraena schneidet einige Scheiben Brot dazu, denn auch, wenn die Heilerin gesagt hat, etwas Festes sei nicht so gut, ist sich Yasraena sicher, dass sie damit kein Brot gemeint hat, selbst wenn man sich den Magen verdorben hat, war Brot immer gut. Die Elbe kann sich nicht vorstellen, dass trockenes Brot zu irgendwelchen Schwierigkeiten führen kann und wenn die Heilerin anderer Meinung war, soll sie Yasraena ruhig dafür schalten. Aber irgendwie kann sich die Elbe kaum vorstellen, dass es dazu kommen wird, denn fast schon schien es als täte es der Heilerin Leid sie erneut davon zu schicken, was an sich Unsinn ist, denn es ist Yasraenas Aufgabe für ihr Wohl zu sorgen und ihr alles zu bringen, was sie benötigt, so hatte Borgil es ausgedrückt und für Yasraena stellt das auch keinerlei Problem dar. Warum auch? Immerhin wurde sie dafür bezahlt, hatte ein Dach über dem Kopf, ein eigenes Zimmer und wurde mit Speis und Trank versorgt. Kurz: Es war ihre Arbeit und dieser ging sie immer schon ordentlich und mit bestem Gewissen nach.

Vorsichtig trägt sie das Tablett mit der großen Schüssel Brühe, dem Teller Brot, der Tasse Aufguss, dem Krug Wasser, dem Krug verwässerten Wein und den dazu gehörenden  Bechern die Treppe hinauf und den Flur in Richtung Krankenzimmer entlang.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sayila Arachelza am 19. Aug. 2010, 11:03 Uhr
<“Natürlich bekommt Ihr etwas zu essen“>, lautet die freundliche Antwort der Braunhaarigen. Allerdings drückt sie ihr zunächst eine Tasse mit dampfendem Tee in die Hand und fügt entschuldigend hinzu: <“Das Essen dauert noch einen Moment.“>
Da es sich als halbwegs unmöglich herausstellt, im Liegen etwas zu trinken, versucht sie sich daran, in eine halbwegs aufrechte Position zu kommen, was ihr mit Hilfe der netten braunhaarigen Frau auch gelingt. Dann schnuppert sie neugierig an der Tasse; es riecht sehr gut, nach verschiedenen Kräutern, die sie allerdings alle nicht einordnen kann. Der erste Schluck ist eine wahre Wohltat; die Flüssigkeit benetzt die ausgetrockneten Schleimhäute in ihrem Mund und als sie den Tee vorsichtig herunter schluckt breitet sich eine wohlige Wärme in ihrem Inneren aus.
Während die Braunhaarige an die Silberhaarige wendet und ihr offenbar Anweisungen erteilt, schlürft sie selbst langsam den warmen Kräutersud. Dabei wandern ihre Augen immer wieder zu der bleichen Weißhaarigen, die ein wenig unbeteiligt daneben steht und noch immer total hilfebedürftig wirkt.
Dies scheint auch der Braunhaarigen aufzufallen, denn sie zieht zwei Hocker an das Bett heran, und fordert die Weißhaarige auf, sich zu setzen; diese kommt der Aufforderung widerspruchslos nach.
'Was für ein seltsames Trio', bemerkt sie innerlich, und erneut rätselt sie, was dies alles wohl zu bedeuten hat. Sonderlich weit kommt sie mit ihren Überlegungen allerdings nicht, denn erneut wendet sich die Braunhaarige an sie und erkundigt sich, ob der Tee geschmeckt hat.
„Oh, ja, er war sehr gut“, erwidert sie mit einem breiten, fast kindlichen Lächeln und reicht die Tasse mit leicht zitternden Fingern zurück; schon diese kleine Bewegung empfindet sie im Moment als Anstrengung, aber zumindest scheinen die Kopfschmerzen weniger geworden zu sein.

<“Sagt einmal, wie sollen wir Euch nennen? Wie möchtet Ihr angesprochen werden? Mit Mylady, mit Eurem Vornamen oder anders?“>, fährt die Braunhaarige nun fort.
Nachdenklich runzelt sie die Stirn. Das ist in der Tat eine sehr gute Frage, hat sie doch noch immer keine Ahnung, wer sie überhaupt ist.
„Ich weiß es nicht“, erwidert sie schließlich mit ratlosem Gesichtsausdruck, „ich... kennt Ihr mich denn?“ Erneut runzelt sie die Stirn und mustert das Gesicht der Braunhaarigen, doch so sehr sie ihr Gehirn auch anstrengt, es stellt sich kein Wiedererkennungseffekt ein. Dann huschen ihre Augen wieder zu der Weißhaarigen, doch auch diese ist ihr gänzlich unbekannt. Aber warum um alles in der Welt sollte sie in einem Zimmer mit drei wildfremden Frauen sein? Das ganze ergibt keinen Sinn für sie.
Also blickt sie die Braunhaarige – die so etwas wie die Wortführerin der drei zu sein scheint – erwartungsvoll an. Vielleicht kann sie ja etwas Licht ins Dunkel bringen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 19. Aug. 2010, 18:53 Uhr
Der Schmiedin Attitüde gleicht nicht ihrer üblichen. Kein barbeißiger Spruch, keine abwehrende Haltung oder ablehnenden Blicke gegenüber der Shin. Derweilen war Sayila zur Necromantenjagt von Atevoras Person alles andere als angetan.
Es war damals, oder es schien vielmehr fast so, als wäre Sayila teilweise wie von einer inneren Rebellion gegenüber Atevora und vor allem gegenüber dem Großteil der Männerwelt getrieben, dass sie zu einem sehr unleidlichen Gebaren, mit reichlich unverbesserlich sturem und störrischem Gehabe und verbal bockig bissigen Verhalten verleitete. Interessanter Weise neigte Sayila um so barscher auf Atevora zu reagieren, um so weniger Notiz diese von der Schmieden charakterlichen Kapriolen zu nehmen gedachte. Vermutlich deutete sie Atevoras Verhalten fälschlicherweise als geringschätzig, oder überheblich, herablassend und arrogant. Nun gut, vielleicht hatte sie gewissermaßen diesbezüglich wohl doch durchaus Recht, denn Atevora sind die Personen in ihrem Umfeld zumeist nicht sonderlich von Bedeutung. Der überwiegende Teil könnte neben ihr tot zusammensacken und sie würde es bloß gleichgültig mit einem Schulterzucken hinnehmen. Nun schien es jedenfalls fast so, als würde die Schmiedin Atevora gar nicht erkennen, und so überlegt die Eismaid, ob sie das Ausbleiben eines gewissen Reaktionsspektrums ihr Gegenüber als positiv werten sollte, oder lieber doch nicht.

Teilnahmslos und gleichmütig, wie eine stumme Statue, steht Atevora da, während Mealla das Getränk wie einen Durchreichposten weitergibt ohne ihr dabei einen Seitenblick zukommen zu lassen.
Atevora hat genaugenommen auch nicht ansatzweise das Bedürfnis, sich, auf irgend eine erdenkliche Art, in den Vordergrund zu stellen. Sie verstand sich eher als unbedeutende Randfigur. Desshalb folgt sie bloß regungslos und schweigsam dem Geschehen. Zumindest so weit sie dazu fähig ist, denn sie fühlt sich unglaublich matt und ausgebrannt, als hätte sie Tage nicht geschlafen. Es ist ihr schon mühsam genug, wenigstens einigermaßen würdevoll aufrecht zu stehen und Haltung zu bewahren, sodass es um ihre Aufmerksamkeit nicht unbedingt bestens bestellt ist.

Während die Hübsche und ungewöhnliche Magd mit den seltsam toten Augen den Raum verlässt, holt die Heilerin die Sitzgelegenheit an das „Krankenlager“ und fordert Atevora mit der Begründung: >„Ihr seht nicht allzu gut aus.“ auf darauf Platz zu nehmen.
Ach? Tatsächlich? Wie kommt das bloß? Zuckt es dabei kurzerhand zynisch durch ihre Gedanken, währenddessen sie sich kommentarlos auf den Hocker setzt.

Auch bei der weiteren unbedeutenden Konversation keimt in Atevora nicht der Drang sich irgendwie daran zu beteiligen, auch wenn sie die Frage nach dem Namen der Patientin umgehend hätte beantworten können. Atevoras Augenbrauen bewegen sich allerdings interessiert in die Höhe, als Sayila nicht sofort etwas entgegnet. Nach einer unnatürlich langen Weile antwortet sie dann doch, und das gesagte verheißt nichts Gutes: >“ „Ich weiß es nicht, ich... kennt Ihr mich denn?“< Amnesie. Kommentiert die Eismaid stumpf für sich. Unverwandt meldet sie sich schließlich - mit einem Tonfall, als würde sie gerade die Farbe der Bettwäsche beschreiben - zu Wort: „Ihr seid Sayila Arachelza.“ und hadert gleichzeitig mit sich selbst. Sollte sie Anteilnahme zeigen? Oder sollte sie sich darüber freuen, dass Sayila nun irgendwie wesentlich umgänglicher und leichter handzuhaben erscheint, oder sollt sie mit der Situation sogar ihren Spaß treiben? Genaugenommen könnte sie der Schmiedin nun vermutlich so ziemlich alles Weiß machen. Sie könnte sie zu ihrer billigen „Leibeigenen“ werden lassen, oder zur kleinen festen Bettgespielen, oder gar erheiternd zur besten Freundin und sich die Zeit über boshaft über den erlaubten Schabernack amüsieren. Atevora legt ein kleines müdes Lächeln auf ihre Lippen: „Ja, wir kennen uns, ihr kennt mich als Savena oder Lady Shin. Ihr seid heute im Eis eingebrochen und ich habe euch aus dem Wasser gezogen. Ihr wisst vermutlich nicht mehr, was euch dazu bewogen hat, nach einer Tauperiode über die dünne Eisdecke des Blaupfuhls zu laufen, oder?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sayila Arachelza am 19. Aug. 2010, 19:55 Uhr
Während sie noch erwartungsvoll ihren Blick auf die Braunhaarige gerichtet hast, ist es plötzlich die zierliche Weißhaarige, die überraschend das Wort ergreift. <“Ihr seid Sayila Arachelza.“> Das ist eine Feststellung, keine Frage. Sogleich fährt die zierliche Frau mit den Erklärungen fort: <“Ja, wir kennen uns, ihr kennt mich als Savena oder Lady Shin. Ihr seid heute im Eis eingebrochen und ich habe euch aus dem Wasser gezogen. Ihr wisst vermutlich nicht mehr, was euch dazu bewogen hat, nach einer Tauperiode über die dünne Eisdecke des Blaupfuhls zu laufen, oder?“>
Diese Fülle an neuen Informationen lässt sie fast schwindelig werden; erneut legt sie die Stirn in Falten, diesmal, um die Dinge so gut es geht zu ordnen. 'Sayila Arachelza...', wiederholt sie in Gedanken immer wieder den Namen, den die Weißhaarige ihr als den ihren genannt hat, doch so sehr sie sich auch anstrengt, es stellt sich einfach keinerlei Wiedererkennungseffekt ein – ebenso geht es ihr mit der blassen, zierlichen Frau, mit der sie ja anscheinend bekannt zu sein scheint. 'Wie sagte sie, dass sie heißt? Sava... Sav... Savena, oder? Savena...' Auch dieser Name bleibt ihr weiterhin unbekannt, ebenso wie das fast kindliche, blasse Gesicht ihres Gegenübers, selbst nach längerer, eingehender Musterung.
Langsam macht sich so etwas wie Beunruhigung in ihr breit. Ihren Namen kennt sie jetzt – nun, zumindest muss sie wohl dieser... Savena? diesbezüglich Glauben schenken. Sayila also. Sayila. 'Eigentlich ein ganz angenehmer Name', beschließt sie innerlich.
Dann kehren ihre Gedanken zu dem zurück, was Savena noch gesagt hat. Sie sei im Eis eingebrochen... doch was um alles in der Welt der Blaupfuhl sein soll, darauf kann sie sich keinen Reim machen.
Da die weißhaarige Savena sich als erste Bezugsperson herausgestellt hat, ist sie es auch, an die sich Sayila nun erneut wendet.
„Es tut mir wirklich leid, aber ich kann mich wirklich nicht erinnern“, sagt sie in entschuldigendem Tonfall, „ich weiß... ich glaube, ich weiß überhaupt nichts mehr.“ Verwirrt hält sie einen Moment inne, denn nun erst wird ihr klar, was sie soeben gesagt hat – und dass es stimmt. Sie weiß tatsächlich nichts. Nicht wer sie ist, nicht woher sie kommt, nicht, was sie getan hat, oder wie es passiert ist, dass jemand – Savena in diesem Fall – sie aus einem Eisloch ziehen musste. Sicher, ihr ist bewusst, was eine zugefrorene Wasserfläche ist, aber ihr will einfach kein konkretes Bild vor die Augen kommen bei dieser Vorstellung, so als habe sie lediglich eine abstrakte Erklärung diesbezüglich erhalten.
Hilflos wandern ihre Augen zwischen Savena und der Braunhaarigen hin und her.
„Ich... was mache ich denn jetzt?“
Mit einem Mal bricht eine gewaltige Woge der Verzweiflung über ihr zusammen, und die noch immer dumpf pochenden Schmerzen in all ihren Gliedern tun das Übrige; ihre Augen beginnen langsam, in Tränen zu schwimmen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 24. Aug. 2010, 21:00 Uhr
~ Mitte Taumond in der Schankstube ~


Bei der Erwähnung all der erlesenen Speisen und dekadenten Delikatessen, die Borgil herunterleiert wie ein Priester sein Mantra, macht Sigourny ein so verzweifeltes Gesicht, dass er beinahe gelacht hätte. "Stell eine Köchin ein… ein paar Küchenmägde und Spüljungen und die eine oder andere Schankmagd", rät er. "Niemand erwartet von dir, dass du selbst den Kochlöffel schwingst. Wenn der Pfirsich wieder gut läuft, wirst du mit tausend anderen Dingen beschäftigt sein, glaub mir", fügt er noch grinsend hinzu. "Da fällt mir ein… wenn du eine wirklich gute Köchin suchst, eine, die auch bei gebratenem Schwan und Salzhecht keine kalten Füße bekommt, da wüsste ich vielleicht jemandem. Hat jahrelang im Haushalt eines hohen Lords gearbeitet, doch er hat sie wegen einer Nichtigkeit hinausgeworfen. Letztes Jahr ist ihr Mann gestorben, jetzt verkauft sie Feuerholz auf dem Marktplatz… hat eine nicht gerade rosige Zeit hinter sich und nur ein paar Kupferlinge zum Leben. Sie ist nicht mehr die Jüngste und ich weiß nicht, was sie davon halten wird, in einem Hurenhaus zu arbeiten, aber sie ist ehrlich und fleißig, und fragen kostet ja nichts. Ihr Name ist Annest, du findest sie für gewöhnlich bei den Feuerholzweibern am Brunnen, wo sie Reisig und Kienspäne feilbieten."

Sigourny hört sich geduldig seine ganze lange Rede an und als die Sprache endlich auf die Pacht kommt, setzt sie eine ebensolch undurchschaubare Geschäftsmiene auf wie er… obwohl er durchaus ehrlich zu ihr ist, aber schließlich will sie ja etwas von ihm, nicht umgekehrt. Für ihn ist es nur von Vorteil, wenn er den Pfirsich verpachten kann und die Blaumäntel würden sich freuen, wenn jemand das Hurenhaus mit dem nötigen… Schwung wieder in genau denselbigen bringen würde. Und das Gold, das ihm die Pacht einbringen würde, ist schließlich auch nicht zu verachten. Immer vorausgesetzt, alles fügt sich so, wie es soll…

>Ich denke das ist nur fair.< Stimmt sie daraufhin zu. >Von mir aus … Hand drauf!<  Eine schmale, feingliedrige Hand mit äußerst weicher Haut verschwindet fast vollkommen in seiner, als sie ihr Geschäft, wenn auch zunächst auf Probe, besiegeln. >Ich finde da sollten wir einen drauf trinken!<
"Ich finde, damit habt Ihr vollkommen Recht, M'ladie Al'Mere," stimmt er zu und hebt ein wenig süffisant eine Braue. "Aelis, bring uns zwei Gläschen geeisten Hamadat, sei ein gutes Kind, aye?" Es dauert kaum ein paar Herzschläge, bis das gewünschte vor ihnen steht, garniert mit zwei dicken Orangenscheiben, die mit feinem Zimt bestreut sind. Sie stoßen an, kippen den Hamadat hinunter, der sich wie Wüstenfeuer durch ihre Kehlen brennt (nun ja, durch Borgils eher wie ein laues Lüftchen) und genießen die Orangenstücke, die so reif sind, dass ihnen der Saft süß und klebrig über die Finger läuft. "Am besten, wir machen uns im Lauf des nächsten Siebentages gemeinsam an eine Bestandsaufnahme, was den Pfirsich und die nötigen Reparaturen angeht, dann können die Handwerker beginnen, sobald endgültig das Tauwetter einsetzt"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sigourny am 31. Aug. 2010, 08:55 Uhr
Aanest…den Namen würde sie sich merken. Shin hatte ihr auch bereits einen Mann genannt, der geeignet wäre, als Türsteher zu fungieren. Auch er ist nicht grade ein vom Glück Begünstigter, der beim Dämonenangriff alles verloren hat und nun nicht mehr Recht auf die Beine kommen will. Aber eines nach dem anderen. Als das Geschäft mit Handschlag besiegelt wird, zuckt sie kurz zusammen. Die schwielige Pranke des Zwerges lässt ihre zarte Hand verschwinden und obwohl der Händedruck für Borgil sicher sanft ist, vermeint Sig ihre Knochen knacken zu hören. Als der Wirt sie wieder loslässt bewegt sie verstohlen die Finger Der hat seinen Ruf nicht zu Unrecht! schießt ihr durch den Kopf. Eben stellt die Schankmagd zwei Becher geeisten Hamadat auf den Tisch. Sig kennt dieses Getränk nur vom Hören Sagen und dementsprechend überrascht ist sie, als der Alkohol ihr die Kehle hinunter brennt. Zwar ist sie aus der Unterstadt einiges gewohnt, der hier aber hat es in sich. Nur mit Mühe kann sie ein Husten unterdrücken und versucht gleichzeitig hoheitsvoll, Borgils Grinsen zu übersehen. Stattdessen knabbert sie an der Orange und dankt den Göttern, dass sie dabei ihr Kleid nicht bekleckert. An solche Sachen muss ich mich wohl gewöhnen – wie esse ich klebrige Dinge und schau dabei verführerisch aus, ohne mich oder mein Gewand zu versauen...obwohl manche Männer … >Am besten, wir machen uns im Lauf des nächsten Siebentages gemeinsam an eine Bestandsaufnahme, was den Pfirsich und die nötigen Reparaturen angeht, dann können die Handwerker beginnen, sobald endgültig das Tauwetter einsetzt.< Borgil reißt sie aus ihren Gedanken (was in dem Moment vielleiht auch besser ist). Sig nickt. „Gerne.“ Sie hat schon ein paar Ideen, wie sie was ändern könnte und allein der Gedanke daran entlockt ihr ein Grinsen, das ihr Ähnlichkeit mit einer Katze verleiht, die eben ein Schälchen Rahm bekommen hat. Der Pfirsich würde das erste Hurenhaus Talyras werden, dafür würde sie schon sorgen. „Nun da das wichtigste geklärt ist, möchte ich eure Zeit nicht weiter in Anspruch nehmen.“  Sig erhebt sich. „Wir sehen uns der Tage und ich freue mich auf eine angenehme Geschäftsbeziehung!“   Sie lächelt dem Harfenwirten noch einmal zu, legt den Mantel um und marschiert mit wiegenden Hüften zur Tür, wohl wissend, dass ihr die meisten Augen der männlichen Gäste folgen. Im Geiste überschlägt sie, wie viele davon wohl künftige Kunden sein werden.&#8195;

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Mealla am 17. Sept. 2010, 11:55 Uhr
Meallas Versuch Sayila nicht aufzuregen geht gründlich schief, denn kaum hat die Schmiedin die Frage gestellt: >"Kennt Ihr mich denn?"< platzt es aus Shin heraus: >„Ihr seid Sayila Arachelza.“< Na ganz hervorragend, denkt sich Mealla, so hatte sie das eigentlich nicht gefragt und wenn es der Magierin besser ginge, würde sie sie vor die Tür setzen. Doch es kommt noch schlimmer, den nach einer kurzen Pause fährt Shin, bevor Mealla eingreifen kann, einfach fort: >„Ja, wir kennen uns, ihr kennt mich als Savena oder Lady Shin. Ihr seid heute im Eis eingebrochen und ich habe euch aus dem Wasser gezogen. Ihr wisst vermutlich nicht mehr, was euch dazu bewogen hat, nach einer Tauperiode über die dünne Eisdecke des Blaupfuhls zu laufen, oder?“< Natürlich weiß das die Schmiedin nicht, das hätte man sich bei ihrem Blick nach dem Klang ihres Namens schon denken können.  Doch Shin ist keine Heilerin und ihr Einfühlungsvermögen scheint nicht sonderlich ausgeprägt zu sein, von daher ist es Mealla Fehler, als Sayila beginnt sich aufzuregen, weil sie sich nicht erinnern kann. Noch ist sie einigermaßen gefasst, doch je klarer ihr wird, was für Erinnerungslücken sie einzubußen hat, desto verzweifelter wird sie, bis sie nach der Frage >„Ich... was mache ich denn jetzt?“< zu einem Häufchen Elend zusammensackt. Und das alles nur, weil du deine Arbeit nicht ordentlich gemacht und Shin nicht den Mund verboten hast. Irgendwann wäre die Verzweiflung ohnehin gekommen, aber so direkt nachdem sie aufgewacht ist, war das wirklich nicht sinnvoll. Trotzdem kann die Heilerin nicht wirklich sauer auf Shin sein, da die selber so angeschlagen ist und vermutlich einfach nur einen guten Grund dafür hören wollte, warum sie sich in Gefahr bringen musste, um Sayila zu retten.
"Psst, psst, es wird sich alles regeln", beruhigt Mealla die Verzweifelte und streicht ihr dabei vorsichtig über den Arm, weil sie die Erfahrung gemacht hat, das eine mütterliche Geste die tiefsten, unbewussten Erinnerungen eines Menschen an seine Mutter wachrüttelt. "Das, womit Ihr Euch auseinandersetzen müsst, nennt sich Gedächtnisverlust. Das ist schon vielen Menschen nach einem schlimmen Unglück passiert und es ist kein Weltuntergang, versprochen." Mit einem liebevollen, zuversichtlichen Lächeln spricht Mealla langsam weiter: "Irgendwann kommen die Erinnerungen zurück, manche bruchstückhaft, andere vollständig. Je mehr Ihr Euch unter Druck setzt und panisch versucht Euch zu erinnern, desto länger wird es dauern, weil Ihr Euch viel zu sehr aufregt. Deshalb ist es besser, möglichst entspannt abzuwarten, wann Euer Gehirn meint, dass es an der Zeit ist." Natürlich ist das viel verlangt und Mealla wünscht sich wirklich nicht in Sayilas Lage, aber so hat sie gelernt, am besten mit der Situation umzugehen, wenn den Betroffenen die Ausmaße ihres Verlustes klargeworden sind, da sie sonst dazu neigen, sich selbst du martern. "Außerdem ist jetzt erst einmal das wichtigste, dass es Euch wieder besser geht. Die Schmerzen, die Ihr spürt, stammen von dem eben erwähnten Unglück, nach dem Ihr lange bewusstlos wart, bis ich Euch geheilt habe. Ihr seid eine Kämpferin, das habe ich bei der Heilung gemerkt, Ihr wolltet unbedingt leben." Selten hat sie bei einer schweren Unterkühlung einen vergleichbar starken Lebenswunsch gespürt, so als hätte Sithech keinerlei Gelegenheit. So verletzbar sie jetzt gerade auch wirken mag, Sayila hat viel Kraft, deshalb ist Mealla auch zuversichtlich, dass sie an der Amnesie nicht zerbrechen wird. "Ich werde Euch helfen, so weit ich kann, aber nicht heute Abend. Heute Abend ist alles, was ich von Euch möchte, dass Ihr etwas trinkt und esst und dann schlaft. Euer Körper muss sich erholen! Morgen können wir uns damit auseinandersetzen, an wie viel ihr Euch erinnert und wo Ihr wohnt. Heute Nacht werden wir beide hier in der Harfe bleiben, ich bin also da, wenn Ihr etwas braucht. In Ordnung?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sayila Arachelza am 27. Sept. 2010, 20:24 Uhr
Die ruhigen Worte der Braunhaarigen zeigen die erhoffte Wirkung. Als sie Sayila sanft über den Arm streicht, beruhigt dieses sich wieder einigermaßen; sie ist dankbar für diese Geste und fühlt sich mit einem Mal geborgen. Auch wenn sie nicht allen Worten der jungen Frau so wirklich folgen kann, so hat sie doch nun das Gefühl, dass alles halb so schlimm ist. Dass die Braunhaarige ihr versichert, es werde alles wieder gut und sie würde sich mit der Zeit wieder erinnern, ist unglaublich beruhigend, und sie beschließt, ihrem Rat zu folgen, und sich vorerst nicht selbst zu hetzen.
Dass es sich bei ihrem Gegenüber um eine Heilerin handelt trägt noch einmal dazu bei, dass Sayila langsam wieder ruhiger wird. Sie hat das dunkle Gefühl, dass man Heilern vertrauen kann, und dass sie ihr schonmal geholfen haben, und vielleicht ist das ja sogar der erste Ansatz einer Erinnerung. Sich auf die Worte der Heilerin besinnend versucht sie allerdings, nicht darüber nach zu grübeln. <"Heute Nacht werden wir beide hier in der Harfe bleiben, ich bin also da, wenn Ihr etwas braucht. In Ordnung?">, sagt die Heilerin schließlich und Sayila nickt.
„In Ordnung“, erwidert sie und versucht zu lächeln.

Nachdem dieser erste Schock überstanden ist, meldet sich nun auch ihr Magen mit lautem Grummeln zurück. Der Tee war gut, außerdem schön warm, und hat ihren trockenen Mund wieder angefeuchtet, aber gegen das Hungergefühl hat er nicht helfen können.
Ihre Augen huschen hoffnungsvoll zur Tür, durch die die silberhaarige Frau zuvor verschwunden ist, denn sie hatte die Heilerin schließlich losgeschickt, um etwas zu essen zu holen.
Dann wandert ihr Blick wieder zurück zu der Heilerin und mit leicht schief gelegtem Kopf fragt sie:
„Wie heißt Ihr eigentlich?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 06. Okt. 2010, 23:27 Uhr
Irgendwann Anfang Silberweiß 510



Schmiedin und Heilerin tauschen ein paar Sätze aus, die Atevora allerdings nicht interessieren. Nach einer Weile kommt Yasraena mit dem Tablett in das Zimmer, kurz danach versorgt die Heilerin Atevoras Wunden zu Ende. Währenddessen bekundet Atevora, dass sie die Kosten für die Kost und Logie für diese Nacht und die Kosten ihrer Heiler-Dienste übernehmen wird. Bald begeben sie sich zur Nachtruhe. Am nächsten Tag bricht Atevor bereits zum Morgengrauen auf, hinterlegt bei dem Zuständigen das Geld für die Zimmerkosten und so fort, und verlässt die Harfe.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sonera am 07. Okt. 2010, 21:26 Uhr
In der Nacht vom 3. auf 4. Grünglanz 510


Die Kutsche hält klappernd mit einem leichten Ruck vor der Goldenen Harfe. Der Kutscher hat wohl Angst, dass seine junge Insassin seine gute Kutsche versaut.
Bevor Sonera den Gedanken fassen kann das sie angekommen ist, öffnet ihr auch schon der gute Mann die Tür und hilft ihr hinaus. Ebenfalls geleitet er sie bis zur Tür der Goldenen Harfe um sicher zu gehen, das sie im warmen Schläft.
>>Eine angenehme Nacht noch Mylady.<< Mit einer leichten Verbäugung verabschiedet er sich und schließt die Tür.
Die junge Halbelbin, immer noch beschwippst, müde und durch den Kuss von Tane verwirrt, taumelt richtung Treppe. Sie muss sich an allem was fest genug aussieht fest halten, damit sie nicht stürzt.
Eine junge Frau, die noch unterwegs ist in der Harfe, blickt Sonera sorgenvoll an und fragt, ob sie sie nach oben geleiten soll. Doch Sonera, so stolz wie es ihr Elbenteil nunmal ist, verneint und meistet den Weg alleine nach Oben. Wackelig zwar und beinahe wäre sie auch ein paar mal gestürzt, aber dennoch schafft es die Halbelbin.
Auch ihr Zimmer zu finden bereitet Sonera keine Sorge. Die ganze Zeit ist sie nur darauf fixiert überhaupt ihr Zimmer zu erreichen und aufzuschließen. Erst als die Tür hinter ihr zufällt kommt ihr Tane wieder in den Kopf.
Er hat mich wahrhaftig geküsst..., erleichtert lässt sie sich auf ihr Bett fallen und schläft sofort ein.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 09. Okt. 2010, 14:09 Uhr
Irgendwann im Silberweiß 510


Das sacht orange Licht der Sonne flüstert wortlos, trügerisch Verse von Wärme, doch der Himmel des Nachts war wolkenlos, selbst jetzt ist keine weiße Himmelszierde über der Stadt zu erspähen und die Luft darum entsprechend kalt. Der Schnee knirscht verräterisch unter Atevoras Schuhsolen, als sie zielstrebig dem großen Gebäude vor sich entgegen stapft. Die Türen der Harfe sind selbst zu dieser frühen Stunde bereits offen.
Wobei, so früh war es eigentlich nicht, bloß die Sonne ruht zu dieser Jahreszeit, obwohl sie bereits Tag für Tag länger ihr Licht auf diese Breiten Rohas Rund entsendet, recht lange.

Wohlige wärme umfängt die weiße Mistress im Inneren des Gebäudes und belebt ihre steifen Finger, mit denen sie das sorgsam zusammengefaltete Kleid am Weg hier her gehalten hatte. Es handelt sich dabei um jenes Kleid, welches ihr Borgil freundlicher Weise geliehen hatte, als ihr eigenes völlig durchnässt und ruiniert war. Der Schneider, welcher im selben Gebäude wohnt wie sie selbst, hatte doch tatsächlich ein Waschweib gekannt, der es gelang alle Blutflecken aus dem Gewebe wieder heraus zu waschen.
Es sind nur wenige in der Stube. Unter den Anwesenden befindet sich auch die Mogbarmagd, welche ihr an jenem Abend die Kleidung überreicht hatte. Haud war ihr Name, entsinnt sich Atevora. Die Frau blinzelt noch ein wenig verschlafen, doch sie nimmt sofort wissend die Gewandung entgegen. Bei der anschließenden - eher floskelhaften – Rede, wendet sich die schale Unterhaltung bald in eine andere Richtung. Hauds Augen schweifen zu einer Person die an der Schenke sitzt. Atevora hatte sie zuvor als unbedeutenden Gast ignorierend übersehen, erst jetzt wird sie sich dessen gewahr, dass es Sayila ist. Sie sitzt dort seltsam zusammengesunken und starrt mit erbarmungswürdiger Miene auf das Getränk vor sich, als versuche sie aus den daraus aufsteigenden schleierhaften Wasserdampfgebilden ihre Zukunft - oder in dem Fall vielleicht eher ihre Vergangenheit - zu lesen.
Haud erzählt mit bekümmerter Mimik, dass sich die Gute noch immer nicht erinnern kann, und auch nicht weiß wie sie die Zimmerkosten begleichen solle. Atevora kann bei diesem, und dem gleich nachfolgenden Seitenwink, der in etwa mit: „ihr habt doch in jener Nacht bezahlt, könntet ihr nicht...“ zu übersetzen ist, nur notgedrungen ein Augenrollen unterdrücken. Nach kurzem inneren Abwägen gibt sich Atevora dann doch einen Ruck, greift tonlos zu ihrer Geldbörse und legt die ausständige Summe aus dem Tisch. Somit war das Geld, welches sie befürchtete ausgeben zu müssen, um das zur Verfügung gestellte Kleid zu ersetzen, auf anderem Weg entglitten. Den barmherzigen Samariter zu mimen ist ein äußerst kostspieliges Unterfangen, welches sie sich in diesem Maß eigentlich kaum leisten kann.
Da es seltsam aussehen würde nur das Geld hinzulegen, aber nicht einmal geringes Interesse an der Person zu zeigen, der es gütiger Weise vorgestreckt wurde, ist es Atevora nun also aufgesetzt zumindest den Anschein zu erwecken ihr läge Sayila oder deren Wohlergehen wirklich und wahrhaftig am Herzen. Das heißt sie sollte - des Scheines wegen - wohl zumindest so etwas wie eine Unterhaltung mit der Frau führen. Beschlossen, getan: Atevora stellt sich neben Sayila, wünscht dieser einen guten Morgen und erkundigt sich nach deren Befinden. Die Schmiedin wirkt über Atevoras auftauchen sehr erfreut, was Atevora – so nebenher erwähnt – äußerst irritierend findet. Sie gab sich der Magierin gegenüber tatsächlich umgänglich, nein sogar richtiggehend liebenswürdig, doch dann holt die Schmiedin der Kummer ein. Es geht zum Teil, wie von Haud bereits erwähnt wurde, um das liebe Geld, oder es ging darum, schließlich war dies vorerst aus der Welt.
Die weiße Mistress weiß, sie sollte nun vermutlich eine entsprechende erbauliche zwischenmenschliche Geste setzen, vielleicht untermalt mit einem mildem Lächeln? Doch bevor sich ihr schlüssig eröffnet was für eine Handlung angebracht wäre die sie setzen könnte, ist der Augenblick dafür schon wieder vorbei. Im viel zu nebensächlich schroffen Tonfall sagt sie stattdessen zu ihr, sie solle sich darüber keine Sorgen machen, und offeriert ihr anschließend mit ihr doch lieber an einem der gemütlicheren Tische rings Platz zu nehmen um zu Frühstücken.

So essen die beiden Frauen gemeinsam. Atevora wortkarg und reserviert wie immer, und ihr gegenüber Sayila die versucht das Verhältnis zwischen ihnen Beiden irgendwie einzuschätzen. Dies dürfte bei den Widersprüchen die hier Hand in Hand weben allerdings nicht sonderlich einfach sein. Atevora und Sayila waren nie befreundet, die Schmiedin konnte – oh welch Wunder, das ist so selten der Fall - die Magierin nicht einmal ausstehen. Der weißen Mistress war Sayila im Gegenzug als Person derart gleichgültig, dass sie die versuchten Provokationen der Schmiedin dazumals nicht kümmerten. Nun sprang Atevora mit ihrem Geld für Sayila ein, wie es eigentlich wohl nur gute Freunde gegenseitig für einander tun. Doch zwischen Freunden müsste - wie es jeder Mensch intuitiv wissen dürfte - wohl eine herzlichere Atmosphäre herrschen, oder es sollte zumindest eine vertraute Attitüde von Atevoras Seite her ausgehen. Dies war allerdings offenkundig nicht der Fall. Die ganze Zeit über versucht die Amnesiegeplagte die immer wieder aufkommende Stille mit seltsam lieblicher Haltung und zaghaften Worten zu überbrücken, schürzt zwischendurch nicht selten die Lippen, runzelt verwirrt und fragend die Stirn, wendet den Blick ratlos, fast unbehaglich ab, und spielt ab und an nervös mit dem Becher vor sich.
Atevora sind solche Nebensächlichkeiten in solchen für sie als Unwichtig eingestuften Situationen und Belangen gleichmütig, und schenkt ihnen und dem Gehabe ihres Gegenübers dementsprechend wenig Beachtung. Etwas anderes war Atevora allerdings sehrwohl klar: Sayila konnte nicht ewig in der Harfe wohnen. Sie hatte schließlich auch ein zu Hause, und so wie es aussah, hatte sich Sayila körperlich bereits genügend erholt, dass sie nicht mehr auf das ständig wachsame Auge der Mitmenschen um sie herum angewiesen war.

Als das Mahl fast beendet ist, spricht Atevora dies also an und fragt die Schmiedin ob sich schon kräftig genug fühlt um die Harfe zu verlassen um ihr zu zeigen wo sie wohnt.


-----> Waffenschmiede Arachelza (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1159021332;start=30)

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sonera am 04. Nov. 2010, 14:45 Uhr
4. Grünglanz 510


Der Morgen war hart für die Halbelbin. Sonera wacht in ihrem Kleid vom vorabend auf und fühlte sich dreckig. Als aller erstes kommt ihr in den Kopf das sie sich waschen muss. So steht sie auf und geht auf wackeligen Beinen zum Fenster wo die Waschschale und ein Krug Wasser steht.
Das frisch machen dauert länger als Sonera lieb ist. Die Sonne steht schon höher als sie ihr Kleid wieder anzieht und nach unten in den Schankraum geht.
Was essen kann ich jetzt eh nicht, das wird mir alles wieder hoch kommen. Ich gehe lieber etwas nach draußen und versuch einen klaren Kopf zu kriegen.
Sonera will es sich nicht eingestehen das sie vom vorherigen Abend nicht mehr alles weiß. Sowas gefällt der Halbelbin garnicht, da sie genau aus solchen Abenden ihre Geschichten spinnt.
Somit tritt sie den Weg richtung Verder Stadttor an um in den Wäldern spazieren zu gehen.

--> Das Verder Tor

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 15. Nov. 2010, 21:38 Uhr
<--- Die Steinfaust (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1088459553;start=900)

4. Grünglanz 510


Als Yasraena endlich wieder in der goldenen Harfe ankommt, graut bereits der frühe morgen und auch wenn Azra und Borgil noch nirgends zu sehen sind, herrscht bereits wieder reges Treiben. Auch Yasraena huscht nur kurz auf ihr Zimmer, reinigt die Klingt und verstaut das Schwert wieder in der Truhe, ehe sie sich auch schon an die Arbeit macht. Sie ist aufgewühlt und übermüdet und dennoch: Die Pflicht ruft. Und so füttert sie das liebe Vieh und schaut anschließend bei Shunj'anar vorbei. Inzwischen hat sie mit Ninio vereinbart, dass er mit Shunj'anar keine Arbeit hat. Er beteuerte zwar immer wieder, dass es ihm nichts aus macht, ein Pferd mehr zu versorgen, doch die Elbe bleib stur und hat ihm freundlich, aber bestimmt erklärt, dass es ihr wichtig ist, dass sie ihren Hengst selbst versorgt, selbstredend nicht, weil sie ihm es nicht zutrauen würde.  Yasraena weiß, wie gut Ninio mit den Pferden umgehen kann und irgendwo ist ihr der Lausebub auch wirklich sympathisch. Dennoch ihr bedeutet die Zeit, die sie mit Shun verbringen kann viel und auch der Feuerbluthengst scheint zunehmen mehr an ihr zu hängen, kaum betritt sie den Stall, regt er ihr auch schon den Kopf über seine Box hinweg entgegen. Andere ignoriert er für gewöhnlich, doch über die Anwesenheit der Elbe freut er sich immer und so gibt sie ihm eine Möhre und führt ihn anschließend hinaus auf die Weide, um sich daran zu machen, seine Box zu misten. Nachdem sie endlich fertig ist, müde und nun umso mehr geschafft, macht sie sich daran, die Stallgasse zu fegen. Ninio hat längst aufgegeben ihr das auszureden und zuckt nur mit den Schultern, um sich sogleich anzuwenden und um die anderen Pferde zu kümmern. Für Yasraena ist das nur selbstverständlich, den Dreck, den sie während des Ausmistens gemacht hat, auch wieder zu beseitigen. Nachdem die Stallarbeit endlich geschafft ist, will die Elbe nur noch ins Bett. Viel zu tun gibt es ohnehin nicht mehr und so zieht sie sich hundemüde auf ihr Zimmer zurück. Inzwischen ist es auch schon früher Nachmittag.

Auf dem Bett liegend findet sie aber so rasch keinen Schlaf. Wen wundert es, nach alldem was vorgefallen ist. In Gedanken geht die Elbe noch einmal die Nacht durch. Aus Langeweile, Neugier und einem spielerischen Zeitvertreib heraus, war sie der Lady Shin gefolgt, in recht merkwürdige Angelegenheiten verwickelt worden und schlussendlich in der Steinfaust gelandet. Gerade dieser und insbesondere ihrer Verabschiedung von der Lady gelten nun ihre Gedanken.
Zugegeben, der Abgang war selbst für mich recht unschön und arg direkt. Aber würde es Lady Shin her locken? Und wenn ja wie würde sie vorgehen? Hat sie einfach nur Ärger und wird mein Angebot auf Hilfe annehmen? Fühlt sie sich ausschließlich bedroht und sieht auch in mir eine weitere Gefahr, die es zu beseitigen gilt?
Besonders dem zweiten Gedanken, kann die Elbe kaum glauben. Lady Shin wirkt so kindlich, zart und irgendwo sehr sanft. Yasraena hält es nicht für möglich, dass diese hinreißende Kindsfrau so weit gehen würde, ihr zum Problem zu werden. Eher noch könnte es sein, dass sie verschreckt reagiert und die Nähe der Elbe einfach künftig meidet. Aber auch das, kann sich Yasraena nicht Recht vorstellen. Irgendwie ist sie sich sehr sicher, dass sie Lady Shin schon bald wieder sehen wird.

Eine ganze Weile noch, grübelt die Elbe darüber, ob sie wohl zu weit gegangen ist und wie die Menschenfrau reagieren könnte. Die Zeit streicht dahin, es wird später und später. Da sie immer noch nicht einschlafen kann, steht sie wieder auf und holt erst einmal Shunj'anar zurück in seine Box, putzt ihn und füttert ihn. Dann versucht sie es erneut mit Schlaf. Diesmal mit mehr Erfolg.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 28. Nov. 2010, 16:38 Uhr
1. Goldschein 510


Der Rest des Grünglanzes verlief relativ unspektakulär. Weder die Stadtwache noch Lady Shin haben etwas von sich hören lassen. Die ersten Tage nach der ereignisreichen Nacht, hatte Yasraena noch mit schwerwiegenden Folgen gerechnet, doch als nichts weiter geschah, hat sie irgendwann kaum noch daran gedacht. Gut, zumindest dass die Lady von sich Hören ließ, damit hatte Yasraena nach ihrer Verabschiedung schon gerechnet. Wenngleich sie nicht geahnt hat, wie Shin wohl reagiert hätte. Yasraena hätte sich vorstellen können, dass sie selbst vorbei schaut und noch einmal mit der Elbe redet oder aber dass sie wen beauftragt, die Elbe loszuwerden. Sie konnte die Shin diesbezüglich so gar nicht einschätzen, aber scheinbar ließ sie die Sache einfach auf sich beruhen und Yasraena tat es ihr gleich und macht sich auch keine Gedanken mehr um Vorfälle die nun beinahe einen Mond zurückliegen.

Und so kommt es dass die Tage dahin streichen und der Goldschein beginnt. Die Elbe hat heute ihren freien Tag. Ursprünglich hätte er vorgestern sein sollen, aber eine der anderen Mägde war so nett mit ihr zu tauschen. Diese wollte sich am Shentag mit einer Freundin treffen und Yasraena selbst braucht unbedingt heute frei, um Shunj'anar zum Waldhof zu bringen. Und so kam es beiden Frauen ganz gelegen und sie haben kurzerhand getauscht. Etwas, das Yasraena an ihrer Arbeitsstelle sehr zu schätzen wusste war das gute Miteinander mit den anderen Mägden und Knechten. Etwas, was nicht allerorts so selbstverständlich ist. Gut, Yasraena ist auch niemand der ständig frei haben mag, für gewöhnlich gibt sie sich mit den ihr zugeteilten freien Tagen zufrieden und tauscht gar nicht erst groß herum. Aber heute ist es anders und so freut sie sich auf den vorerst letzten Ausritt mit ihrem Nachtschatten und hält sich ungewöhnlich lange in der Stallgasse auf, um ihren Hengst zu striegeln und zu putzen, Schweif und Mähne zu kämmen und ihn schlussendlich zu satteln und aufzuzäumen, ehe sie die goldene Harfe und später auch die Stadt hinter sich lässt, um durch das Larisgrün den Waldhof anzusteuern.

---> der Waldhof (http://forum.weltenstadt.de/?board=umland;action=display;num=1217854623;start=15)

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 20. Jan. 2011, 19:33 Uhr
2. Silberweiß 511


Heute stand Yasraena schon in aller Früh auf und während Gereon die Wege zur Harfe und den Ställen von Schnee befreit, kümmert sie sich um das Kleinvieh. Neben dem Füttern und Misten fallen heute auch noch andere Arbeiten an. Eine Stelle des Daches der Kaninchenställe wölbt sich unter den Schneemassen gefährlich und so nimmt die Elbe kurzerhand einen langen Besen und fegt das Dach frei und wo sie schon einmal dabei ist, schaut sie sich auch die anderen Dächer der Kleintierställe an. Einige Stellen findet sie, dieim Frühjahr unbedingt ausgebessert werden müssen und so stopft und dichtet sie die wenigen undichten Stellen vorerst improvisatorisch, damit es die Tiere schön trocken haben. Eine extra Lage Stroh in die Ställe und schon haben  die Tiere alles, um die bitterkalten Tage zu überstehen.

Als Yasraena mit ihren Arbeiten fertig ist, bricht der Nachmittag an und da sie ihre Freizeit am liebsten mit Shunj’anarverbringt, sucht sie den Stall auf und beginnt sein Fell zu striegeln. Nicht weil er es nötig hätte, denn er hat heute den ganzen Tag im Stall verbracht, sondern einfach weil er diese Aufmerksamkeit mag und genießt. Trotz das Yasraena ihm des Nachmittags und in den Abendstunden einen Großteil ihrer Zeit widmet, ist das Feuerblutpferd einfach nicht ausgelastet. Wie hoch? Verbringt er doch derzeit mehr Zeit im Stall als ihm lieb ist. Leider ist er so derzeit einfach nicht auszulasten und bei dem letzten Versuch ihn draußen ein wenig zu bewegen, ist er über irgendetwas was im weichen Schneeverbrogen war gestolpert und gestürzt. Zum Glück hat er sich nichts getan und rappelte sich selbst direkt wieder auf, dennoch hat die Elbe Angst ihn jetzt in dem Schnee  rauszulassen. Daher hofft sie derzeit darauf, dass der störende weiße Teppich möglichst bald wieder taut. Bei dem Gedanken an Tauwetter hätte sie fast laut gelacht. Früher waren ihr die Winter stets lieber gewesen, wenn ein samtweicher Teppich die Welt in Stille taucht, doch jetzt wo sie ihren bewegungsfreudigen Shun ruhighalten muss, erscheint ihr nichts länger und nerviger als der diesjährige Winter.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 20. Jan. 2011, 21:04 Uhr
<-------- Atevoras Wohnung



2. Silberweiß 511




Die Wegstrecke durch das verwinkelte Gassengewirr bis zum Kupferkessel gestaltet sich ausgesprochen zäh. Mit den aufgetürmten Schneehaufen links und rechts erscheinen die Gassen noch enger als sonst ohnehin schon und viele ansonst auch bereits schmalen Passagen sind nur noch im langsamen und immer wieder stockenden Gänsemarsch zu bewältigen. So sehr Atevora die Tausendwinkelgasse auch mochte, mit diesen oftmals unerfreulich beengenden Umständen, samt dem Menschenauflauf und dem Gedränge, würde sie sich niemals einigermaßen anfreunden, oder je etwas abgewinnen können.
Kaum ist der Kupferkessel erreicht und durchquert, atmet Atevora befreit durch. Jetzt ist es nur noch ein Katzensprung.
Nach einem kurzen Fußmarsch am Rande des, bei jedem Wetter gut besuchten, Marktplatzes entlang, hat sie die Goldene Harfe auch schon erreicht. Im Inneren des Gashauses schlägt ihr sofort die warme Luft entgegen. Sie ist angereichert mit dem herrlichen Duft nach gebratenem Fleisch und einer wundervollen Potpourri weiterer Köstlichkeiten. Nachdem Atevora ihren Mantel abgelegt hat, steuert sie zielstrebig auf den Schanktresen zu hinter dem gerade Halla einige Getränke einschenkt. Höflich erkundigt sie sich bei ihr nach Yasraena. >>“Yasraena? Uh, das weiß ich auch gerade nicht wo sie ist. Vielleicht in ihrem Zimmer, oder bei den Ställen? Aber ich glaub ich weiß schon wer es wissen könnte. Wartet kurz, ich servier das hier schnell und frage dann gleich nach.“<< Atevora nickt höflich und schaut der drallen Frau einige Augenblicke nach, wie sie schwer beladen mit einem Tablett voll mit großen Bierhumpen um den Thresen herumgeht und es geschickt durch das volle Gastzimmer mit seinem Tisch und Sessellabyrinth jongliert.
Nach nicht langer Zeit ist sie mit einem wieder vollen Tablett, diesmal aber aus leeren Krügen, zurück und wuselt damit wieder flink hinter die Ausschank. Während sie ihrer gewohnten Arbeit nachgeht erwähnt sie wie beiläufig: >>“Yasra ist wohl im Stall bei ihrem Pferd. Ich hab für Euch nach ihr Schicken lassen. Sie wird vermutlich gleich da sein. Kann ich sonst noch etwas für Euch tun?“<<

Titel: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 21. Jan. 2011, 20:34 Uhr
2. Silberweiß 511

bei den Ställen der goldenen Harfe


Als Ninio sich ebenfalls in den Stall gesellt, grüßt Yasraena ihn zwar freundlich, wendet sich danach jedoch wieder ab, um sich weiter um Shun zu kümmern. Erst als der Pferdebursche näher kommt und sie direkt anspricht, schenkt sie ihm ihre ganze Aufmerksamkeit und lässt von ihrem Pferd ab. "Yasra? Man sucht dich im Schankraum." lässt er sie wissen und Yasraena runzelt die Stirn: "Wer sucht mich?" Doch Ninio zuckt nur mit den Schultern, "das hat Grid nicht gesagt. Ich weiß nur dass sie von Halla nach dir geschickt wurde, weil da wohl jemand auf dich wartet." Nach einer kurzen Pause ergänzt er: „Grid sagte noch, es sei wohl die seltsame Frau die schon mal hier war.“ Sogleich schließt Yasraena Shunj'anars Box, bedankt sich bei Ninio und eilt aus dem Stall und zum Brunnen, wo sie sich kurz die Hände säubert. Auf dem Weg zur Harfe trocknet sie diese an ihrer Schürze.
Sie hatte gehört, dass Lady Shin einige Male hier war und nach ihr gefragt hatte, doch wie es der Zufall wollte, war die Elbe nie zugegen. Meist war sie mit Shun unterwegs und irgendwann war es lange ruhig, ganz als hätte die Lady aufgegeben. Doch dem war wohl nicht so. Yasraena selbst hatte sich dann neugierig geworden, auf die Suche gemacht und auch im Pfirsich nach ihr gefragt, doch konnte oder wollte man ihr keine Auskunft erteilen und so hat Yasraena es auf sich beruhen lassen und beschlossen abzuwarten.

im Schankraum der goldenen Harfe


Im Schankraum angekommen, lässt die Elbe kurz ihren Blick über die Gäste schweifen, dann entdeckt sie die Lady am Schanktresen und zielstrebig durchquert Yasraena die Harfe und tritt zu dieser: „Seid mir gegrüßt... Ihr habt nach mir gesucht?“ Wie immer ist Yasraena freundlich und höflich, doch in ihrem Innern sieht es ganz anders aus. Sie hatte sich schon damals, als man ihr mitteilte, dass Lady Shin hier war, Gedanken gemacht, was sie wohl wollen würde.  Immerhin hatte die Elbe ihr klar zu verstehen gegeben, dass ihr sehr wohl bekannt ist, dass der Überfall auf sie kein Zufälliger war. Andererseits hatte Yasraena ihr aber auch das Leben gerettet und vielleicht, war auch das der Anlass für Atevoras Besuch. Wie dem auch sei, die Elbe würde auf der Hut sein.




Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sonera am 23. Jan. 2011, 22:03 Uhr
2. Silberweiß 511


Sonera wacht an diesem Morgen recht spät auf. Es tat ihr gut einmal wieder richtig ausschlafen zu können. Jeden morgen war sie früh aufgestanden, damit niemand merkt wohin die Halbelbe wirklich geht. Doch nach und nach verlängert sie ihre Abwesenheit.
Entweder Aeolus wird wieder seinen eigenen Weg gehen oder aber er bleibt bei mir. Aber dann kann ich nicht in der Harfe bleiben. Grübelnd blickt sie an ihre Zimmerdecke.

An dem Tag als die Halbelbin sich in den Wald setzte und abwartete was der kleine Wolf tat, entstand eine Bindung zwischen den beiden die von da an untzertrennbar ist.
Der kleine Wolf, den sie liebevoll Aeolus, Gott des Windes nannte, brauchte nicht lange um sich an dem Tag auf ihren Schoß zu legen und von nun an bei ihr zu bleiben.
Aeolus erinnerte sie an ihre Mutter die gerne in ihren Geschichten über Götter einer längst vergangenen Zeit berichtete.
Sonera weiß selber nicht warum Aeolus sich genau sie ausgesucht hat und sie weiß auch nicht, was mit seiner Mutter oder seinem Rudel passiert ist. Sie weiß lediglich, das Aeolus anscheind zu der Art von Wölfen gehört, die sich einen gefährten aussucht und es auch vorkommen kann, das dies eine Elbe ist.

Sie genießt es noch einen Moment im Bett zu liegen und schließt die Augen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 25. Jan. 2011, 12:03 Uhr
2. Silberweiß 511


Nach den Worten verschwindet Halla einen kurzen Augenblick in der Küche, vermutlich um die aufgenommenen Bestellungen weiter zu reichen. Atevora steht indes ein wenig verloren, noch immer unweit des Tresens, und lässt ihren Blick kurz über die Anwesenden Gäste schweifen. Wie üblich ist die Gaststube gerappelt voll, doch nach der ersten kurzen Betrachtung sieht es so aus, als wäre heute niemand anwesend den sie näher kennt. >>“Ich hab euch schon lange nicht mehr hier gesehen.“<< Durchbricht Hallas Stimme Atevoras Beobachtungen. Nebenher wieder Bier zapfend setzt sie fort: >>“Ich glaube Mitte Sommer war’s das letzte Mal“<<  Die Shin murrt innerlich. Tratsch; sie hat noch nie besonders viel Gefallen am belanglosen Austausch bedeutungsloser und irrelevanter Themen gefunden. War sie neuerdings etwa für ihre redselige Ader bekannt, oder vermittelte sie tatsächlich den Eindruck als hätte sie im Moment das dringende Bedürfnis sich mit einer Schankmaid über trivialen und abkömmlichen Tand zu unterhalten? Nein, dazu schickst du nach einer Viehmagd.. Nungut, zugegeben, Punkt für Halla. „Korrekt, ich war danach lange Zeit auf Reisen.“
>>„Oh, wohin ging es denn? Und seid ihr sicher, dass ihr nichts wollt? Ihr seht irgendwie doch ein klein wenig erfroren um die Nase aus. Wir hätten heute einen schmackhaften heißen Grog, den könnte ich euch bringen um euch aufzuwärmen.“<< Erfroren um die Nase? Wirklich sehr spaßig. Gesprächig wie Atevora ist, Antwortet sie auf Halla’s Unterhaltungsversuche zwar noch immer freundlich, aber eindeutig abermals knapp angebunden: “Kreuz und Quer durch die Herzlande, und danke für den Hinweis, aber nein danke ich möchte zur Zeit wirklich nichts.“ Mit einem Schulterzucken, begleitet mit einem gemurmelten >>„ist gut“<<, nimmt die Frau die Aussage zur Kenntnis, stellt die mittlerweile wieder angefüllten Krüge auf das Tablett und macht sich daran die Getränke zu den durstigen und trunksüchtigen Wirtshausgästen zu tragen. In dem Moment ertönt Yasraenas Stimme.>>“ „Seid mir gegrüßt... Ihr habt nach mir gesucht?“<<
Atevora dreht sich in Richtung der Stimme um. Yasraena wahrt höflich eine Armeslänge abstand, und trägt eine freundliche Miene zur Schau, welche ihre Augen allerdings nicht erreicht. Es ist ein wenig so als würde Atevora in einen Spiegel schauen, denn auch ihre Mimik ist eine ähnliche. „In der Tat, das habe ich. Guten Tag Yasraena. Wie es aussieht habe ich heute zur Ausnahme das Glück euch nicht zu verpassen.“ Kurz zucken der Magierin Mundwinkel zu einem flüchtigen Lächeln empor bevor sie weiterspricht: „Hier ist es etwas hektisch und laut. Habt ihr eventuell kurz die Zeit euch mit mir in eine etwas ruhigere Ecke zurückzuziehen? Ich hätte hier übrigens eine Kleinigkeit für euch.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sonera am 25. Jan. 2011, 16:21 Uhr
Da sie es nicht zu spät werden lassen wollte, steht Sonera auf und wäscht sich. Nur eine kurze Katzenwäsche, aber es muss sein.

Danach tritt Sonera den Weg in den Schankraum an um zu Frühstücken. Da es allerdings nicht mehr früher morgen ist, ist es recht lebhaft dort. Links von ihr wird ein Tisch frei und schnell setzt sich die Halbelbin.
Es dauert etwas bis sich eine Magd zu ihr durch gekämpft hat um ihre Bestellung auf zu nehmen. Ein deftiges Frühstück aus Speck und Eiern wird ihrem Magen nun wirklich gut tuen.
Draußen schaut es recht kalt aus, stellt Sonera fest als die Magd sich entfernt. Eine Zeitlang starrt sie auf das Fenster neben der Tür und fragt sich was Aeolus wohl nun macht.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 26. Jan. 2011, 19:42 Uhr

Als Lady Shin sich zu ihr umdreht ist da eine Spur von Etwas, das die Elbe im ersten Moment nicht recht zuordnen kann und was nicht Recht zur freundlichen Mimik der Lady passen will. Fast scheint es ihr, als würde sie sich selbst sehen, denn ihre Mimik muss eine sehr Ähnliche sein. Als hätte die Menschenfrau den gleichen Gedanken, schleicht sich kurz ein Lächeln über ihre Züge, doch verblasst es sofort wieder, ganz so, als sei es eine Gesten, welche sie nicht zulassen möchte oder kann. So jedenfalls wirkt ihr Lächeln fast eher wie eine dieser einstudierten Geste, die das Miteinander mit anderen Stadtbewohnern vereinfachen, ohne darüber hinaus von irgendeiner Bedeutung zu sein. Wieder erkannt sich die Elbe selbst in dem Verhalten der im Grunde genommen Fremden wieder.
>Hier ist es etwas hektisch und laut. Habt ihr eventuell kurz die Zeit euch mit mir in eine etwas ruhigere Ecke zurückzuziehen?< erkundigt die Lady sich und Yasraena nickt ihr zu: „Das Wespennest ist derzeit leer. Dort können wir uns ungestört unterhalten. Wenn ihr mir folgen mögt?“ Yasraena sucht sich ihren Weg zwischen den Gästen und Tischen hindurch und die Lady folgt ihr. Unterwegs teilt ihr die Shin noch mit, dass sie der Elbe etwas mitgebracht habe, doch erst in dem kleineren Räumchen ist es Yasraena möglich, einen genaueren Blick auf das Präsent zu werfen. Und für den Moment stockt der Elbe der Atem, als sie die edle Satteldecke erblickt. Sie ist mit teuren Stoffen vertraut, auch wenn sie selbst dergleichen schon seit langer Zeit nicht mehr ihr eigen nennt, erkennt sie hohe Qualität gleich. Vorsichtig befühlt sie mit den Fingerspitzen das edle Geschenk. „Das ist…“ nicht nötig? Nett gemeint, aber ich kann es nicht annehmen? „…wunderschön,“ haucht die Elbe verzückt. Yasraena möchte sich gar nicht ausmalen, was dieses schöne Geschenk gekostet haben mag. Auch möchte sie es am liebsten gar nicht annehmen, viel zu teuer und wertvoll erscheint ihr die Decke, doch andererseits würde sie ihr Gengenüber vielleicht beleidigen, indem sie das Geschenk einfach ausschlägt und so ergänzt sie lediglich mit leicht brüchiger Stimme: „Sie muss ein Vermögen gekostet haben. Das wäre doch nicht nötig gewesen.“ Für den Moment ist die Fassung der Elbe dahin und von ihrer sonst zwar durchaus freundlichen, aber auch emotionslosen Fassade ist nicht mehr vorhanden.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 29. Jan. 2011, 16:51 Uhr
2. Silberweiß 511


Ihrer Lebensretterin folgt sie mit etwa einem Schritt Abstand zum so genannten Wespennest. Dabei entgeht ihr nicht, wie ihnen die bohrenden Blicke einiger Gäste folgen. Aus den Augenwinkeln erkennt sie sogar, wie einer seinem Tischnachbarn den Ellbogen in die Rippen bohrt und ihm verschwörerisch ein: Schau dir die zwei Bleichnasen an – zuraunt.
Es ist auch immer wieder das Gleiche. Derweilen möchte man meinen, dass die Gäste der Harfe den Anblick hellhäutiger Individuen bereits gewohnt sind, schließlich war das Erscheinungsbild der Frau des Gastwirtes von der Natur auch mit einer ausgesprochenen Farbarmut ausgestattet worden. Womöglich waren diese tuschelnden und starrenden Gäste aber auch nur das erste Mal in der Harfe, oder es lag daran, dass hier mittlerweile bereits bis zu drei wandelnde Alabasterstatuen herumirrten.
Atevora beschließt sich Gedanklich nicht näher damit zu befassen, satt dessen kommt ihr in den Sinn, dass sie nun zwar eine gefühlte Ewigkeit in Talyra lebt, dabei auch immer wieder ein treuer Gast des Hauses ist, allerdings bisher noch nie im Wespennest saß, oder es auch nur wirklich näher begutachtet hat.

In dem kleinen wabenförmigen Raum angekommen, lässt Atevora kurz den Blick über die Umgebung schweifen, hebt aber dann das leicht verschnürte Stoffbündel in die Höhe und legt es behutsam auf dem Tisch vor sich ab. Mit einer stummen Geste gibt sie Yasraena zu verstehen, dass sie das Geschenk ruhig ungeniert auspacken kann, und diese kommt der subtilen Aufforderung auch nach. Mit geschickten zierlichen Fingern öffnet sie den Knoten der Bastschnur und schlägt den Leinenstoff zurück. Eine weinrote gesteppte Satteldecke aus feinem leicht glänzendem edlen Stoff, er ist zudem sorgsam weich gepolstert, kommt zu Tage.
Plötzlich tritt ein hübsches freudiges Glänzen in der Magd Augen, er raubt ihnen die Leblosigkeit und lässt sie strahlen.
Obwohl hinter der Shin Aktion nur kühle Berechnung steckt um wieder Kontakt mit der Magd aufzunehmen und sie sich zukünftig nahe zu halten um die mögliche Gefahrenquelle besser unter Beobachtung zu haben, streift die Eismaid ein Hauch von Zufriedenheit. Es war irgendwie schön zu sehen jemanden etwas Freude geschenkt zu haben, auch wenn einem selbst dieses Gefühl in dieser Art verborgen bleibt. Unfug... wie verweichlicht. Rügt sie sich apodiktisch selbst, und die fragile Regung verblasst.
Atevora hatte die Satteldecke mit einer klaren Absicht gekauft. Sie hat sich dabei allerdings nicht lumpen lassen großzügig zu wirken, schließlich beabsichtigte sie mit dieser Investition einem bestimmen Ziel näher zu rücken. „Doch, es war nötig.“ Antwortet Atevora ehrlich und wahrheitsgemäß. „Schließlich verdanke ich Euch mein Leben.“
Auch das ist ein schmerzlicher wahrer Fakt der sie nun den schmalen Wandelgrad beschreiten ließ um ihre eigenen oft verqueren aber doch vorhandenen Wertmaßstäbe nicht zu brechen. Es barg ein enormes Risiko Yasraena nicht aus dem Weg räumen und sie zu einer der vielen Vermissten werden zu lassen, die jedes Jahr in der Steinfaust gemeldet wurden und nie wieder auftauchten. Ohne diese Frau wäre sie selbst mittlerweile eine dieser Personen: verschwunden, irgendwo verscharrt oder zerstückelt und den Fischen des IIdorel zum Fraß vorgeworfen. Es wäre gegen ihren Ethos ihr widerwitziger Weise dieses Schicksal zukommen zu lassen aufgrund dessen da die Frau selbst sie genau eben vor diesem Schicksal bewahrt hatte. „Seht, ich habe auch den Namen eures Pferdes aufsticken lassen.“ Zögert Atevora noch einmal das kurz bevor stehende Thema hinaus, und legt sich die Worte und ihre Taktik zurecht. Es bewährt sich in diesen Dingen am Besten sich nahe an der Wahrheit zu halten, und dennoch die Karten nicht vollkommen zu zeigen.
„Es erfreut mein Herz zu sehen, dass euch die Satteldecke gefällt. Doch um ehrlich zu sein, fürchte ich, war das Geschenk zum Teil bloß ein Vorwand um Euch zu treffen.“
Die Elbe sieht zu Atevora und die Magierin wünschte sich in diesem Moment sie könnte, ebenso wie es Elben möglich ist, einen Teil der Gefühlsregungen ihres Gegenübers lesen und somit ihre Vorgangsweise optimieren. „Ihr habt mir in jenen Nacht letztes Jahr im Fühlung etwas zugeflüstert. Und seit jener Nacht ruht auf mir noch schwerere Last, quält noch mehr das drückende Joch auf meinen Schultern. Es wird mir schon seit langem von so vielen unschönes nachgeredet und angelastet. Ihr kennt diesen elenden Tross aus Vorurteilen gewiss aus eigener Erfahrung nur zu gut, und nun fürchte ich schon lange um ein falsches Wort, dass sich im nachfolgenden möglichen Strudel der Geschnehnisse um meine Kehle legt. Ihr habt mir zu verstehen gegeben, dass ihr etwas vernommen habt, doch ihr wisst nichts zu den Hintergründen, welch ungemach und Bangen mir seit Jahren folgt. Ich habe beschlossen euch gegenüber aus den Schatten zu treten, zum Teil weil es nötig erscheint euch davon zu erzählen, aufdass ihr kein falsches Bildnis oder weiter wirre Mutmaßungen vor Augen habt. Doch nicht hier, an diesem Ort, wo zu viele Ohren lauschen.
Es gibt im Umland, nordwestlich der Stadt, eine Grotte nahe des Llarelon mit heißen Quellen. Ich würde mich dort gerne mit euch – nicht nur unter dem Vorwand – eines angenehmen Bades in dem heilkräftigen Wasser treffen und diese Angelegenheit näher besprechen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 30. Jan. 2011, 10:30 Uhr
2. Silberweiß 511


Die Worte >Doch es war nötig. Schließlich verdanke ich euch mein Leben.< sind so betont, dass sie keinen Widerspruch dulden. Der Elbe bleibt so nichts mehr als ihren Dank  kundzutun, denn wie sehr ihr die Decke gefällt hat sie bereits gesagt.
„Habt vielen Dank.“  
Erneut lässt  Yasraena ihre Fingerspitzen über den weinroten Stoff der weichgepolsterten Decke gleiten. In dem Moment in welchem sie verzückt den Schriftzug entdeckt, erwähnt Lady Shin, dass sie extra den Namen ihres Hengstes hat aufsticken lassen. Sie hat sich sogar die Mühe gemacht eine elbische Stickerin damit zu beauftragen.. Mit Erstaunen stellt Yasraena fest, dass auf der einen Seite der Name tatsächlich in korrekt geschriebenen  elbischen Buchstaben aufgestickt ist: Shun’janar. Neugierig betrachtet Yasraena auch die andere Seite der Decke und findet dort den gleichen Namen in der Allgemeinsprache wieder: Nachtschatten. Der schwarze Schriftzug ist leicht kursiv und geschwungen. Vorsichtig fährt die Elbe den Schriftzug mit ihren Fingern nach: „Es ist wahrlich wunderschön.“

Yasraena ist nicht entgangen, dass der Schriftzug auch bedeutet, dass die Fremde Nachforschungen über sie angestellt hat, doch das ist zumindest in Anbetracht dessen, das sie es getan hat, um ihr eine Freude zu bereiten fast einerlei. Wären da nicht die komischen Gefühle, welche die bleiche Gestalt umgeben. Für einen kurzen Moment scheint sie sich gefreut zu haben, vermutlich darüber, dass ihr Geschenk gefällt. Doch dann ist dort plötzlich keine Gefühlsregung mehr – fast wie weggewischt. So dass sich  Yasraena nicht sicher ist, mit welchen Absichten die Menschenfrau sie tatsächlich aufgesucht hat.
Doch Lady Shin klärt die Frage, welche in Yasraenas Gedanken Gestalt annimmt gleich selbst: >Es erfreut mein Herz zu sehen, dass euch die Satteldecke gefällt. Doch um ehrlich zu sein, fürchte ich, war das Geschenk zum Teil bloß ein Vorwand um Euch zu treffen.<
Yasraena ist ob der Ehrlichkeit der Menschenfrau erstaunt und versucht einen Haken zu finden. Doch auch hier kommt die Lady ihr zuvor, indem sie ausholt zu erzählen, was sie zu tun gedenkt. Yasraena ist ein wenig überrascht ob der Worte, welche die Shin an sie richtet. Lässt diese sie doch wissen, dass sie vorhat ihr die ganze Wahrheit über jene Nacht zu berichten und unheilvoll wie die Worte klingen, glaubt Yasraena zu wissen, dass die Lady tatsächlich um ihre Hilfe bitten wird, den Täter und womöglich die Auftraggeber dahinter zu finden. Selbstredend gedenkt die Shin nicht, es ihr hier in der Taverne zu erzählen und schlägt einen entfernten und wohl wenig besuchten Treffpunkt vor. Fast schon, schreit es Falle in den Gedanken der Elbe, doch das wäre in der Tat lächerlich. Diese Frau hat Geld genug, um sie ohne dieses Spiel aus dem Weg räumen zu können. Alleine diese Decke ist wertvoll genug einen Meuchelmörder zu beauftragen, also was sollte ihr eine solche Falle schon bringen? Und so willigt Yasraena in das Treffen ein.

Gerade als sie der bleichen Lady mitteilt, dass sie sich gerne dort treffen können und diese zu einer genaueren Wegbeschreibung ansetzt, öffnet sich die Tür und Halla kommt hinein, um sie beide aus dem Raum zu scheuchen. „Entschuldigt, aber der Raum wird jetzt anderweitig gebraucht.“ Erklärt sie mit einem freundlichen Lächeln und bugsiert Lady Shin und Yasraena wieder in den Schankraum zurück, wo sich aber kein freier Tisch mehr finden lässt. Sowohl der Blick der Lady als auch der von der Elbe bleiben gleichzeitig auf Sonera haften, welche beschäftigt scheint und die Beiden nicht bemerkt. Ein stummer Blickaustausch zwischen Yasraena und der Shin und Beiden ist klar, dass sie den gleichen Gedanken haben. Und so nähern sich die beiden Bleichnasen dem Tisch an der Wand, an welchem die Geschichtenerzählerin sitzt. Yasraena hatte den Streit zwischen der Frau und Borgil mitbekommen. Sie müsse ausziehenoder das Tier wieder loswerden – ein Wolf in der Harfe, wo so viele Gäste ein- und ausmarschieren sei viel zu gefährlich und innerlich kann Yasraena ihm nur zustimmen. Wölfe sind wilde Tiere, wenn überhaupt wäre es sicher eher möglich sie in einer ländlichen Gegend zu halten, aber mitten in der Stadt? In einer solch gut besuchten Taverne? Yasraena hat Verständnis für Tiere, nennt sie doch selbst ein Pferd ihr Eigen, aber es gibt einfach Tiere, welche nach draußen in die Wildnis und nicht in menschliche Obhut gehören und der inzwischen kniehohe Wolf gehört eindeutig dazu. Aber seit dem streit mit dem Harfenwirt hat Yasra das Tier auch nciht mehr in der Halbelbe Nähe gesehen. Yasraena wischt die Gedanken fort und tritt mit einem freundlichen Lächeln an den Tisch der Geschichtenerzählerin: „Seid gegrüßt. Dürfen wir uns zu euch gesellen?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 01. Feb. 2011, 21:54 Uhr
2.Silberweiß 511


Kaum hat Yasraena ihre Zusage ausgesprochen, betritt Halla die Bildfläche und überbringt die schlechte Nachricht, dass sie sich ein anderes Plätzchen für ihren Tratsch suchen müssen. So kommen die zwei Damen der höflichen Aufforderung nach und räumen das Feld.

Unerfreulicher Weise ist, wie so oft, kein freier Tisch im Schankraum, an den sie ihr Gespräch verlegen und fortsetzen könnten. Obwohl der Kupferkessel wesentlich kleiner ist, gibt es solch ein Problem dort beinahe nie. Nungut, das mag vielleicht auch daran liegen, dass nicht nur die Gäste oft etwas eigenwillig, sondern auch die Verköstigung in diesem Etablissement teilweise etwas für Experimentierfreudige, oder ein wenig gewöhnungsbedürftig war.
Erfreulicher Weise entdeckt Atevora etwas versteckt im hinteren Eck des Raumes, direkt an der Wand, ein bekanntes Gesicht, dass zu ihrem Eintreffen sicher noch nicht dort war: Die Geschichtenerzählerin Sonera. Glücklicherweise sitzt sie auch noch alleine an ihrem Tisch.

Ein stummer Blickwechsel zwischen den beiden Weißhaarigen genügt, dass ihnen klar wird, dass sie Beide eben genau den selben Gedanken hatten. So gehen sie, den Gästen und servierenden Schankmädchen geschickt ausweichend, direkt auf Sonera zu. Atevora entgeht auf dem Weg zu der blondhaarigen Halbelbe nicht, dass diese ein wenig abwesend, vielleicht sogar eine Spur betrübt wirkt, was für die Geschichtenerzählerin – gemäß der Magierin Erfahrungswerte – etwas ungewöhnlich ist. Atevora weiß von der kleinen Auseinandersetzung mit Borgil nichts, und somit ahnt sie nicht aus welchem Grund Sonera diese leichte Tristess ins Gesicht geschrieben steht.
Bei der Frau angekommen, ist es Yasraena die als Erste das Wort ergreift und sich erkundigt, ob es der Halbelbe Recht ist, wenn sie sich zu ihr an den Tisch gesellen. Auch Atevora nickt der Frau höflich begrüßend zu. Freundlich, aber nicht zu verleugnen mit einer für die Frau untypischen bekümmerten Beinote in der Stimme, grüßt die Geschichtenerzählerin die weiblichen Bittsteller und gibt ihr Einverständnis.
„Herzlichen Dank Sonera.“ Spricht Atevora währenddessen sie den Sessel hervorzieht und sich darauf niedersetzt. „Es ist wirklich eine ausgesprochene Freude euch nach der langen Zeit wiederzusehen.“ Atevora lässt der Frau nach den Worten ein oberflächliches Lächeln zukommen. „Ich möchte nicht taktlos erscheinen, doch ihr wirkt heute ein wenig schwermütig. Betrübt euch etwas?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sonera am 03. Feb. 2011, 17:02 Uhr
Aeolus wird es schaffen, das liegt in seiner Natur.... Sonera macht sich weiter Gedanken um Aeolus, ob es vielleicht noch kälter ist als es ausschaut und ihr wird klar, dass es außerhalb der Stadt noch kälter sein wird. Angst macht sich in der Brust der Halbelbin breit. Angst um ihren Wolf... ...ob er wohl ein warmes Plätzchen gefunden hat... oder zumindest einen geschützten Ort? Kann er sich Nahrung besorgen? Greifen ihn sogar andere Tiere an? Daran möchte Sonera garnicht erst denken, doch in so einer Situation kommen einem alle Gedanken in den Kopf.

In Gedanken versunken bemerkt Sonera nicht das Atevora und Yasraena an ihren Tisch treten. >Seid gegrüßt. Dürfen wir uns zu euch gesellen?< Etwas verwirt und aus ihren Gedanken gerissen gibt die Halbelbin ihr Einverständnis und mustert die beiden Damen.
Atevor bedankt sich während sie sich setzt:>Es ist wirklich eine ausgesprochene Freude euch nach der langen Zeit wiederzusehen.<
Sonera nickt und schiebt ihre Gedanken beiseite. Ein Lächeln zaubert sich auf ihr Gesicht, was allerdings nicht bis zu ihren Augen reicht.
>Ich möchte nicht taktlos erscheinen, doch ihr wirkt heute ein wenig schwermütig. Betrübt euch etwas?< fragt die Magierin.
Sonera streicht sich ihre Haare zurück und strafft den Rücken:" Es ist nur ein kleiner Gedankenweg der mich so abwesend erscheinen lässt. Doch danke das Euch meine Sorgen interessieren." Sie ist wirklich dankbar für das Interesse, auch wenn es vielleicht nicht echt ist. Doch Sonera weiß auch, dass diese beiden Frauen die Einzigen sind, die ihr helfen könnten.
"Ich mache mir gedanken um einen kleinen Wolf, wisst Ihr...", fängt die Geschichtenerzählerin an, "Er ist ganz alleine da draußen im Wald." Soneras Blick schweift wieder kurz zum Fenster:" Hier in der Harfe darf ich ihm kein zuhause bieten. Verständlicherweise, er misst bereits eine beachtliche höhe, doch ich kann ihn auch nicht da draußen alleine lassen."

Abwartend schaut Sonera die beiden Frauen an, sie erwartet nicht viel, die meiste Zeit ihres Lebens steht sie auf eigenen Beinen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 08. Feb. 2011, 11:27 Uhr
2.Silberweiß 511


Es liegt in der Natur der Dinge, dass Wölfe im Wald leben und dort Rudel bilden. Sie gehören nicht unter Menschen und in eine Stadt und schon gar nicht in ein Wirtshaus. Andererseits handelt es sich wohl um ein junges Tier und vermutlich hat er es ohne Familie schwer da draußen. Nichts desto trotz ist auch das Teil der Natur und er würde zurechtkommen müssen. Er wäre nicht der erste Wolf, der das gemeistert hätte.

Yasraena kann mit der ganzen Situation wenig anfangen. Haustiere zu halten ist eine Sache, aus der man für gewöhnlich einen Nutzen zieht. Sein es Güter wie Eier, Milch und Fleisch oder aber auch gewisse Dienstleistungen wie sie beispielsweise Wachhunde, Katzen oder Pferde bieten. Yasraena kann sich auch noch damit identifizieren, dass man ein bestimmtes Tier züchtet, wie es ihre elbische Familie gemacht hat. Auch dies hatte seinen Nutzen, denn ihre Pferdezucht war sehr angesehen und hat der Familie Wohlstand gebracht. Aber was bringt es einen Wolf zu halten? Wölfe sind keine Hunde und werden immer ein wenig unberechenbar bleiben. Yasraena kann dem Gedanken, dass sich ein solches Tier in der Stadt herumtreibt wirklich nichts abgewinnen. Es braucht doch nur mal ein kleines Kind spielerisch an dem Tier vorbeizurennen und den Jagdtrieb auslösen. So etwas kann immer passieren. Ein Wolf ist nun einmal ein wildes Tier und kein Hund! Was wenn er sich durch ein Kind, das ihn streicheln will bedroht fühlt? Der Elbe fallen auf Anhieb unzählige Situationen ein, die das Tier überfordern und zum Tod oder zumindest zu schweren Verletzungen von Kindern oder auch Erwachsenen  führen können. Wenn es nach der Elbe ginge, würde der Wolf einfach im Wald bleiben – wo er hingehört – und zusehen müssen wie er zurechtkommt.

Wie wenig Yasraena von dieser Idee hält eine Lösung für Soneras Problem zu finden, ist ihr nicht anzusehen. Ihre Mimik spiegelt wie so oft keine Gefühle wieder und auch ihre Augen sind emotionslos, als sie sich der Geschichtenerzählerin zuwendet: „So sehr mich euer Problem betrübt. Ich wüsste leider nicht wie ich euch da weiter helfen kann. Er ist ein Wolf. Es ist seine Natur im Wald zu leben und ich denke ihr tut ihm keinen Gefallen, ihm eine so belebte Stadt aufzwingen zu wollen.“ Die Stimme der Elbe ist sanft und ein freundliches Lächeln umspielt ihre Lippen, als sie ergänzt: „Wenn ihr draußen im Larisgrün leben würdet, könntet ihr ihn vielleicht halten, aber hier in der Stadt wüsste ich keine Möglichkeit.“ Nach einer kurzen Pause, um Sonera Zeit zugeben das Gesagte zu überdenken  fügt Yasraena noch hinzu: „Es ist auch zu gefährlich. Es ist ein Raubtier und es könnte Unfälle geben. Er könnte ein Kind anfallen oder aber Nutztiere der Anwohner töten. Ich denke in der Stadt ist das Tier zu vielen Reizen ausgesetzt, die es überfordern werden. Ich wünschte, ich könnte euch da eine positivere Lösung anbieten, aber im Wald wird das Tier am besten aufgehoben sein.“

Yasraena hat viel Übung im Umgang mit Kindern, so dass die Elbe auch geübt darin ist, die kuriosesten Ideen (wie das Halten eines Wolfes in Mitten der Weltenstadt) plausibel ausreden zu können. Gut erinnert sie sich daran, was die Kinder des Guts sich manches Mal für Flausen in den Kopf gesetzt haben und so versucht die Elbe in der Geschichtenerzählerin einfach ein ebensolches Kind mit Flausen im Kopf zu sehen. Dies hilft Yasraena freundlich zu lächeln und mit sanfter Stimme ihren Ausführungen die Schärfe zu nehmen. Gerne hätte sie Sonera einiges etwas anders um die Ohren geknallt. Aber vermutlich würde das nichts bringen und so versucht es die Elbe vorerst auf die ruhige Art. Das Yasraenas Freundlichkeit dabei nur gespielt ist, lässt sich kaum erahnen und das sie sich in Wahrheit nicht um den Verbleib des Raubtieres kümmert ist aufgrund ihrer Freundlichkeit auch nicht erkennbar. Einzig ihre Augen bleiben absolut emotionslos, da man dies von ihr aber nicht anders kennt, ist es fraglich, ob dies ein so verräterisches Zeichen ist.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 14. Feb. 2011, 16:59 Uhr
2. Silberweiß 511


Schweigend hört Atevora zu, als Sonera ihr den Grund für ihre Stimmung mitteilt. Sie hatte aufgrund eines Tieres einen Disput mit dem Hausherren. Sowie sie Borgil kannte, könnte dies sogar ein ordentliches Donnerwetter gewesen sein mit dem er der Geschichtenerzählerin den Kopf gewaschen hat. Wenn es so gewesen sein sollte, könnte es die Magierin sogar nachvollziehen. Ihr war auf Reisen einmal zu Ohren gekommen, dass Wölfe, entgegen Hunden, nicht viel von Stubenreinheit hielten. Das war etwas was Bogil in seinem Gashaus, oder in seinen Zimmern nun wirklich nicht gebrauchen konnte. Davon ab, dürfte der Wolf mit dem lauten und hektischen Umfeld einer Taverne, oder generell dem einer Stadt, also der damit verbundenen permanenten Reizüberflutung, rasch überfordert sein und Tiere reagierten darauf oft mit aggressivem Verhalten.

Es ist die Elbe die als erste das Wort ergreift. Ihre Stimme klingt mild und angereichert voll Mitgefühl. Ein sachtes aufmunterndes liebes Lächeln umspielt dabei die Lippen, doch die Augen - Atevora kennt den Blick - sie wirken weiter kalt und ungerührt wie meist ihre eigenen. Maskenspielerin.
Entgegen Atevora, die bei ähnlichen Bemühungen rasch unauthentisch und affektiert wirkt, ist Yasraenas Schauspiel allerdings perfekt. Es ist sogar so gut, dass sich Atevora nach dem kurzen Gedanken auch schon gar nicht mehr so sicher ist, ob sie die Zeichen richtig gedeutet und es nicht nur herbei sinniert hat um mehr Gemeinsamkeiten zwischen sich und der grazilen Elbe zu sehen.

„Nun, ich denke es wäre das Beste das Tier einem Waldläufer zu übergeben, oder zumindest einen zu Rate zu ziehen.“ Klinkt sich Atevora in das Gespräch ein. Nicht, dass sie Soneras „Not“ groß interessieren würde, und der Wolf selbst war ihr ebenfalls reichlich gleichgültig. Wäre sie dem Tier begegnet, hätte sie es links liegen lassen, oder vielleicht sogar zum nächsten Grauwerker gebracht. Doch sie will ein wenig den Ruf der guten Seele der Stadt fördern, somit spricht sie, nicht ohne Hintergedanken, oder ohne Überlegungen eines beiderseitigen Gewinnverhältnisses weiter: „Ich könnte mich für euch erkundigen wo der Nächste zu finden ist, womöglich wäre Niniane selbst dafür zu konsultieren, doch ob diese überhaupt zugegen ist, ist fraglich. Wo habt ihr den Wolf in Moment hingebracht? Wenn ihr ihn behalten könnt und wollt, wäre - wie Yasraena bereits angemerkt - für euch Beide eine Behausung außerhalb der Stadt tatsächlich vorteilhafter um das Tier nicht zu überfordern. Ich bin allerdings nicht über eure finanziellen Möglichkeiten informiert, um mich in eurem Auftrag zu erkundigen, ob es einen passenden Wohnraum im Umfeld zu mieten, oder zu erstehen gibt. Da ihr mit dem Tier hier wohl solange nicht bleiben könnt, hätte ich eventuell eine Übergangslösung für euch anzubieten.“
Entgegen Yasraena gibt sich Atevora keine Mühe sich zu verstellen und besonders mitfühlend oder voll überschäumender Anteilnahme zu wirken. Sonera sollte der weißen Mistress oft unterkühlt ungerührte und distanzierte Ader, ob ihrer Begegnungen und geschäftlicher Beziehungen zu ihrer kleinen karitativen Aktion am Lumpenmarkt, bereits bekannt sein.
„Tane und meine Wenigkeit sind Mieter einer kleinen Wohnung. Hm, nungut Wohnung ist vielleicht etwas hochgegriffen, meinem Empfinden nach trifft es: elendes Loch eher. Es sind zwei Zimmer mit einer Kochnische nahe des Lumpenmarktes. In einem der Zimmer lagern wir einige haltbare Vorräte neben den Tischen und Bänken für die Armenspeisung. Arrons Rattenfängerbande sieht zwar ab und an auf der Straße nach dem Rechten, doch die Räumlichkeiten selbst sind unbewohnt. In letzter Zeit wurde ungefragt von den Vorräten genommen und ein Tisch ist ebenfalls abhanden gekommen. Gelegenheit mach eben Diebe.
Ich denke es würde die Seelen schon abschrecken sich vom Allgemeingut vor der nächsten Speisung zu bedienen, wenn neben der gelegentlich patrouillierenden Jugendbande jemand öfter zugegen, oder dort wohnhaft wäre. Mir ist bewusst, es ist keine schöne Gegend und die Behausung ist im Vergleich zu einem gemütlichen Harfe-Zimmer eine Zumutung, doch ich würde euch anbieten vorübergehend entgeldlos dort unterzukommen. Mir wäre allerdings wichtig, das Fellbündel wird vom Raum mit den Vorräten ferngehalten. Ich bin mir im übrigen relativ sicher bei den vielen halbwilden, oder ausgesetzten Tieren dort in der Gegend, ist der kleine Wolf nicht so auffällig. Zudem kommt es bei den vielen streunenden Hunden dort des öfteren vor, dass jemand gebissen wird. Es werden sich weniger Leute drum scheren, sollte es zu einem solchen Zwischenfall bei eurem Wolf kommen, und wenn nicht,“ Den letzten Satz begleitet eine wegwerfende Handbewegung: „dann ist das Handwerksviertel mit dem nächsten Pelzer nicht weit.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sonera am 16. Feb. 2011, 21:29 Uhr
Yasrenas Worten lauscht Sonera aufmerksam. Der leichte Unterton, als wäre Sonera ein kleines Kind das sich etwas in den Kopf setzt entgeht ihr überhaupt nicht. Kein Wunder, Jahrelange übung auf der Straße.
Mütter die ihre Kinder zurecht weisen, Väter die ihren Söhnen austreiben wollen alleine in den Wald zu gehen oder beim Nachbarn etwas als Mutprobe zu klauen.
Doch auch Sonera kann dieses Spielchen mit spielen. Ihre Rolle beherrscht sie erst recht perfekt. Sie hat auch schließlich das strängste Puplikum das man sich vorstellen kann, Kinder.

Allerdings muss Sonera sich eingestehen... Yasrena spielt auch nicht schlecht. Formvollendet, doch ihre Augen sprechen Bände. Keinerlei Interesse für meine Sorgen.
Innerlich schüttelt Sonera den Kopf, hört aber aufmerksam zu.
Auf die Idee der Elbin im Larisgrün zu wohnen antwortet sie wehmütig:" Eigentlich bin ich auch keine die sich lange an einem Ort aufhällt."
Doch auch die Argumente der Elbin muss Sonera ernst nehmen, da hat sie schon irgendwie recht. Aeolus ist eben ein wildes Tier....
Nachdem die Elbin abgeschlossen hat, gesteht sich Sonera doch ein, dass sie ihre Rolle gut gespielt hat. Nun ist die Andere an der Reihe mir etwas zu verkaufen.

Als Atevora von einem Waldläufer spricht, lässt sich Sonera ihre Niedergeschlagenheit ansehen. Sie dachte, dass ihr anzumerken ist, wie gerne sie Aeolus behalten möchte. Klar will Sonera auch nicht länger als Nötig in der Stadt bleiben, doch sie reizt es nun Tane getroffen zu haben, auch die zwei Frauen ihr gegenüber interessieren sie. Da wird Sonera nichte infach die Stadt verlassen. Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich den Weg weiter gehen.
Somit entscheidet sich Sonera doch länger zu bleiben und hier genau DIE Geschichte zu finden, die sie zu finden erhofft.
Dennoch ist ihr anzumerken, dass sie nicht ohne Hintergedanke spricht. Da ist bestimmt was für mich rauszuholen....
Auch ist Atevora anzumerken, dass sie sich nicht verstellt. Warum denn auch? Sonera hat sie nicht anders kennen gelernt. Sie war ihre Arbeitsgeberin in dem Sinne gewesen, dafür muss man keinem etwas vorspielen und nun auch nicht.
Dennoch trägt Sonera gute Miene zum Bösen spiel. Sie interessiert sich wirklich für das was gerade zu ihr gesagt wird und muss nichts vor spielen.
Sonera hat es selten nötig etwas vorzuspielen.

Bei den nächsten Worten Atevoras lauscht Sonera besonders:

>Tane und meine Wenigkeit sind Mieter einer kleinen Wohnung. Hm, nungut Wohnung ist vielleicht etwas hochgegriffen, meinem Empfinden nach trifft es: elendes Loch eher. Es sind zwei Zimmer mit einer Kochnische nahe des Lumpenmarktes. In einem der Zimmer lagern wir einige haltbare Vorräte neben den Tischen und Bänken für die Armenspeisung. Arrons Rattenfängerbande sieht zwar ab und an auf der Straße nach dem Rechten, doch die Räumlichkeiten selbst sind unbewohnt. In letzter Zeit wurde ungefragt von den Vorräten genommen und ein Tisch ist ebenfalls abhanden gekommen. Gelegenheit mach eben Diebe.  
Ich denke es würde die Seelen schon abschrecken sich vom Allgemeingut vor der nächsten Speisung zu bedienen, wenn neben der gelegentlich patrouillierenden Jugendbande jemand öfter zugegen, oder dort wohnhaft wäre. Mir ist bewusst, es ist keine schöne Gegend und die Behausung ist im Vergleich zu einem gemütlichen Harfe-Zimmer eine Zumutung, doch ich würde euch anbieten vorübergehend entgeldlos dort unterzukommen. Mir wäre allerdings wichtig, das Fellbündel wird vom Raum mit den Vorräten ferngehalten. Ich bin mir im übrigen relativ sicher bei den vielen halbwilden, oder ausgesetzten Tieren dort in der Gegend, ist der kleine Wolf nicht so auffällig. Zudem kommt es bei den vielen streunenden Hunden dort des öfteren vor, dass jemand gebissen wird. Es werden sich weniger Leute drum scheren, sollte es zu einem solchen Zwischenfall bei eurem Wolf kommen, und wenn nicht, dann ist das Handwerksviertel mit dem nächsten Pelzer nicht weit.< Die wegwerfende Handbewegung ignoriert sie fließendlich.

Wer sagt es denn? Ich wusste doch, dass da etwas für mich rausspringen wird.
Sonera schaut Atevora hoffnungsvoll an:" Das würdet Ihr für mich machen? Ihr würdet Aeolus und mir ein zuhause bieten und das unendgeltlich und dafür, dass wir auf Eure Vorräte aufpassen?"
Bevor eine der beiden etwas sagen kann winkt Sonera eine Magd herbei und bestellt einen Drink für die drei Frauen.
"Ich danke Euch, ich stehe tief in Eurer Schuld wenn ihr mir das Ermöglicht." Auch Sonera geht an die Sache nicht ohne Hintergedanken, doch sie wird wirklich in der Schuld der Mistress stehen. Nur werde ich eine Geschichte mit erleben. Eine Lebensgeschichte die es wert sein kann weiter erzählt zu werden.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 15. März 2011, 11:03 Uhr
2. Silberweiß 511


Unterdessen Atevora spricht, verbessert sich Soneras Laune. Dennoch scheint sie eine gewisse Skepsis nicht abstreifen zu können, woraufhin die Halbelbe zur Sicherheit noch einmal nachfragt, ob sie das Angebot auch richtig verstanden hat.
Bevor Atevora verbal bestätigen kann, gleitet Soneras Aufmerksamkeit ab, und sie winkt eine der gerade emsig vorbei eilenden Schankmaiden heran. Um genauer zu sein, handelt es sich um Bria, die nun vor ihnen am Tisch steht und sich nach einem etwas kurz angebundenen, aber dennoch freundlichen: >„Ja bitte? Was darfs denn sein?“ nach den Bestellwünschen der drei Gäste erkundigt. Sonera bestellt daraufhin kurzerhand eine runde Verder Dunkel.

Eigentlich hatte Atevora nicht vor des Alkohols zu frönen, schon gar nicht ein Bierchen zu kippen, schließlich ist sie eher eine Weintrinkerin. Sie bevorzugt gehaltvolle und schwere Weine mit einer leichten Brombeer-Note, obwohl sie einem fruchtig, duftig leichtem Tropfen, besonders im Frühjahr, auch nicht abgeneigt ist. Trotzdessen ihre Vorlieben etwas anders liegen, hat sie alles Andere als etwas dagegen, auf einen guten Schluck eingeladen zu werden, und sie weiß nur zu gut, dass Borgil sehr darauf achtet nur beste Qualität, auch beim Bier, zu bieten.
Um der guten Sitte nachzukommen, bedankt sich die Shin aufgezogen bei Sonera für die Einladung, und kommt, nachdem die Schankfrau weg ist, auf Soneras Frage zurück:
„Also ja, richtig. Als Zwischenlösung könnt ihr dort unterkommen bist etwas sinnvolleres gefunden worden ist.“
Atevora beobachtet einen Augenblick der Geschichtenerzählerin Reaktion und fügt nach einer kurzen Weile hinzu:“ Ihr könntet die Notunterkunft bereits heute beziehen. Ich würde, sofern euch das Recht ist und ihr das einrichten könnt, vorschlagen ihr packt nach dem Bierchen alles zusammen und begleicht noch etwaige offene Rechnungen. Ich werde unterdessen den Schlüssel holen und wir treffen uns hier im Schrankraum zur Übergabe wieder.“
Nachdem Sonera darauf geantwortet hat, und das Thema soweit für Atevora abgeschlossen ist, wendet sie sich wieder Yasraena zu. Schließlich sind hier noch einige Dinge ungeklärt: „Ach, um auf unsere geplante kleine Unternehmung zurückzukommen. An welchem Tag wäre es euch recht?“ Yasraena schlägt, wie vorherzusehen war, natürlich ihren nächstens arbeitsfreien Wochentag vor. Die Magierin erkundigt sich daraufhin, ob - und wenn ja - wann sie die Elbe hier in der Harfe abholen soll um gemeinsam zu der Örtleichkeit aufzubrechen. Doch Yasraena betont ausdrücklich, dass dieser Aufwand nicht nötig sei, denn sie wird mit ihrem Hengst hinreiten. Wieder einmal bemerkt Atevora, wie vorteilhaft es doch ist, ein Pferd sein Eigen nennen zu dürfen, und vor allem reiten zu können. Obwohl diese Fertigkeit nahezu Grundvorraussetzung in höheren Kreisen war (oder für jemanden der ausgibt zu diesen zu gehören), konnte sie bisher noch niemanden finden, der so verwegen war einen vollkommenen Reitneuling in zappenduster, dunkler Nacht unterrichten zu wollen. Ihr bliebe bei ihrer unvorteilhaften Sonnenunverträglichkeit allerdings zum erlernen dieser Dinge nicht viel anderes übrig, als das Vorhaben in die Dämmerstunden oder die Nachtstunden zu legen.  Nungut, gänzlich jungfräulich war sie in diesen Bereichen ja doch nicht mehr. Atevora hatte schließlich einen Teilabschnitt ihres Lebens mit einem Zentauren verbracht, und durfte auf seinem Rücken durch die Gegend getragen werden (schließlich war sie ihm oft einfach zu lästig langsam). Dabei hat sie gute Instruktionen bekommen, wie sie sich mitzubewegen hat um des Zentauren Bewegung auszugleichen und nicht vom Rücken zu fallen, Sie hatte das – wenn sie an ihre Stund-Einlage zum Dämonenangriff zurückdenkt - auch sehr rasch begriffen und verinnerlicht. Mit richtigem Reiten hatte das dennoch wenig gemein. Demensprechend wenig Ahnung hat sie davon wie man ein Pferd antrabt, anhält oder überhaupt lenkt.

Als die Kellnerin das Bier auf den Tisch stellt, überbringt sie gleichzeitig die schlechte Nachricht, dass Yasraena wenig Zeit haben wird es ordentlich zu genießen, da wieder Arbeit auf sie wartet.
Während Yasraena also so rasch wie möglich das Bier hinunter leert um ihren Pflichten als Viehmagd nachzukommen, stellt Atevora in Voraussicht, dass sie demnächst jemanden mit einer Karte vom Umland und einer genauen Wegbeschreibung vorbei schicken wird. Atevora hatte schließlich zur Übergabe der Satteldecke bemerkt, dass Yasraena Lesen kann - was so nebenher erwähnt für eine einfache Viehmagd ebenfalls sehr ungewöhnlich wäre - und dementsprechend mit einer Wegbeschreibung auch etwas anzufangen weiß. Als die weißhaarige Frau aufsteht, verabschiedet die Magierin sich von der Hübschen Elbe, die – mitsamt ihrer möglichen Herkunft und Vergangenheit – zunehmend Atevoras Interesse weckt, und bleibt allein mit Sonera am Tisch zurück.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Sonera am 16. März 2011, 21:36 Uhr
Sonera kann ihr Glück kaum fassen. Sie hat eine Unterkunft, spart dabei auch noch ihr Geld und kann zudem auch Aeolus zu sich nehmen.
Nachdem Yasraena zurück an die Arbeit beordert wird und ihr Bier schnell lehrt, verabschieden sich die beiden Frauen die am Tisch zurück bleiben. Die Halbelbin schaut Yasraena hinterher. Das Gespräch was sie mit Atevora geführt hat geht sie zumal wirklich nichts an, aber Neugirde gehört nunmal zu einer ihrer Eigenschaften. Dennoch spricht sie Atevora nicht darauf an und fragt stattdessen:" Ist es recht wenn ich sofort nach oben laufe und meine Sachen packe? Es ist nicht viel und ich bin sofort wieder da."
Atevora nickt und Sonera schlängelt sich geschickt durch die Menge im Schankraum, die Treppe rauf und sucht nach ihrem Schlüssel. Als sie ihn aus dem Ärmel fischt und ins Schloss steckt kommt ihr Tane ins Gedächtnis. Irgendwie könnte ich den netten Herren Tane auch mal wieder sehen. Eine kleine Einweihungsfeier meines neuen Zuhauses wird ihm bestimmt gefallen.
Wie sie sagte braucht Sonera nicht lange um ihre Sachen zusammen zu suchen. Lediglich ihr altes Kleid und ein alter Beutel den sie sowieso nie wirklich auspackt.
Dann schaut sie noch einmal durch das Zimmer und räumt etwas auf. Ich brauche es ja nicht in einem gänzlichen Chaos zu hinterlassen... Die Waschschaale und den Krug stellt sie ordentlich nebeneinander auf den kleinen Tisch. Den Hocker schiebt sie ebenfalls ran. Dann schaut sie noch in den Schrank indem natürlich nichts ist. Zum schluss streicht die Halbelbin ihr Bett glatt, auch wenn es gesäubert wird.
Dann verlässt sie ihr Zimmer, zieht die Tür zu und schließt ein letztes Mal ab.
Leichtfüßig läuft Sonera die Treppe wieder runter und macht einen Zwischenstopp am Tresen hinter dem Borgil steht.
Sie zahlt die letzte Rechnung für ihr Zimmer, sowie die Drinks, ebenfalls übergibt Sonera ihren Zimmerschlüssel.

Nun windet sich die Geschichtenerzählerin wieder zurück zu ihrem Tisch an dem immer noch Atevora sitzt. "Hat doch etwas länger gedauert als gedacht. Entschuldigt." Sie hebt ihren halbvollen Bierkrug und lehrt ihn in ein paar Schlücken.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 23. März 2011, 18:41 Uhr
2. Silberweiß 511




Während Yasraena aus dem Blickfeld verschwindet, leert auch Sonera ihren letzten Schlucken und fragt kurz darauf: >„Ist es recht wenn ich sofort nach oben laufe und meine Sachen packe? Es ist nicht viel und ich bin sofort wieder da."<
Das hieße sie bliebe vorerst allein am Tisch zurück. Ein Tisch in einer überfüllten Taverne einen Augenblick für sich alleine, das heißt also eine Zeit ohne sich mit zwischenmenschlichen Platitüden abmühen zu müssen? Dagegen hatte sie sicherlich nichts einzuwenden.
„Ist Recht.“ Antwortet Atevora knapp mit einem kurzen Nicken, und schon ist Sonera aufgestanden und verschwindet ebenfalls um die nächste Ecke.

Atevora überlegt einen Augenblick, ob sie nicht auch rasch den Krug leeren, und indes Sonera ihre Angelegenheiten regelt, wie vereinbart, bereits die Schlüssel holen sollte. Doch mit einem Blick in ihr Trinkgefäß verwirft sie den Gedanken wieder. Sie weiß nicht wie es Yasraena und Sonera geschafft haben das Getränk so rasch hinunter zu schütten. Ihres war noch halb voll. Die Eismaid hatte allerdings keine Lust das bittere Zeug nun hastig in einem Schluck hinunterzukippen, und dann wieder durch den Schnee zu hetzen. Gut, Shafir wartete Zuhause geduldig auf ihre Wiederkehr, und Anderen wäre das nun Grund genug zur Eile. Shafir konnte allerdings gut eine Zeit alleine bleiben, besonders im Winter tollte er gern im Schnee herum oder lag danach oft lange Zeit einfach gemütlich, und das sogar bei Schneegestöber, im Innenhof und döste vor sich hin, bis ihn der Schnee ganz verdeckte. Vermutlich würde sie ihn auch heute so vorfinden. Ein Horror wenn sie an den Dreck dachte, den sie mit dem Köter wieder in den Flur und in ihre Wohnung schleppen würde, vor allem, da sie alles heute Morgen erst gründlich geputzt hatte.

In der Geschichtenerzählerin Abwesendheit lauscht Atevora den Gesprächen in ihrem Umfeld, aber besonders ergiebig, oder interessant waren sie nicht.
Die weiße Mistress ist gerade dabei den letzten Schluck ihres Humpens zu leeren, als sie auch schon Sonera wieder den Schankraum betreten und zum Tresen hinübergehen sieht. Offensichtlich bezahlt sie die ausständige Summe für die Unterkunft. Nach einigen Augenblicken ist auch das erledigt und sie steuert wieder zielstrebig auf Atevora zu. >“"Hat doch etwas länger gedauert als gedacht. Entschuldigt."< Meint sie, als sie sich wieder an den Tisch setzt.
„Eigentlich hat es zeitlich gut gepasst. Ich habe vorhin erst den Krug geleert, denn, wisst ihr, ich trinke nie besonders schnell Getränke die Alkohol beinhalten und vermeide es generell gerne zu hetzen, wenn es sich bewerkstelligen lässt.“
Das ist schlichtweg die Wahrheit, auch wenn sie bedauerlicher Weise viel öfters zeitlich sehr eingegrenzt ist, als ihr lieb ist. Heute war glücklicherweise kein solcher Tag.
„Nungut, dann werde ich einmal die Schlüssel holen gehen. Ich habe ihn in meiner Wohnung in der Tausendwinkelgasse, wollt ihr hier auf mich warten?“
Sonera meint, sie würde Atevora gerne begleiten, denn sie hat vor Aelonus zu holen und da müsse sie ohnehin an der Tausendwinkelgasse, oder eigentlich eher, am Kupferkessel vorbei.
Mit einem knappen Nicken nimmt die Magierin dies zur Kenntnis.

Der Weg von der goldenen Harfe zum Kupferkessel ist nicht weit und die kurze Distanz dementsprechend schnell überwunden. Die Wegstrecke ist glücklicherweise kurz genug, sodass sich Atevora nicht all zu lange mit versuchten kleinen Gesprächsansätzen wie zB zum Beliebten Thema Wetter und ebenso belanglosen kurzen Antworten herumplagen muss. Im Gasthaus angekommen meint die Magierin schließlich:
„Ich denke, es wäre geschickter, ihr setzt euch hier gemütlich an einen der Tische, während ich mich durch die überfüllten Wege der Tausendwinkelgasse zu meinem Heim vorkämpfe. Es ist unübersichtlich in dem Gassengewirr, eng und überfüllt. Besonders jetzt im Winter sind die Wege noch schmaler. Ich hätte zu große Sorge euch bei dem Gedränge und Geschiebe aus den Augen zu verlieren.“
Die Geschichtenerzählerin erklärt sich einverstanden, und so macht sich Atevora auf die letzte Wegetappe alleine zu bestreiten.



Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 04. Mai 2011, 22:32 Uhr
24. Kener (Silberweiß) 511



Yasraena ale’Hanrael weilt nun seit geraumer Zeit in Talyra. Das einfache Leben, das sie hier lebt, sieht man ihr deutlich an. So hat die Arbeit als Viehmagd ihr sichtbar zugesetzt. Ihre Hände sind von der harten Arbeit rauh und die Fingernägel ob der unzähligen Ausbesserungen an den Kleinviehställen porös und splittrig. Dafür ist der Elbe Haar deutlich gewachsen und fällt ihr nunmehr in seidig langen Strähnen hinab, welche jedoch aufgrund der oftmals staubigen Arbeit beim Misten  viel ihres ursprünglichen Glanzes verloren haben. Doch der Shebaruc-Bastard wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht wüsste, wie sie ihnen mit einfachen Hausmittelchen zu neuem Glanz verhelfen konnte und so beginnt die Elbe ihren freien Tag mit etwas anderen Aufgaben als gewohnt.
Für das Treffen mit Lady Shin möchte sie sich von ihrer besten Seite zeigen.

Noch weiß sie nicht was sie von dem Treffen mit der zierlichen Menschenfrau zu erwarten hat, doch noch immer von der Neugier zu der Magierin hingezogen, ertappt sich Yasra dabei, wie ein Lächeln der Vorfreude ihr Gesicht erhellt und sogar ihre eisblauen Augen zum Glänzen bringt. Vor einem Spiegel sitzend, den sie erst kürzlich auf dem Markt erworben hat, bürstet die Elbe ein pflegendes Öl in ihr frischgewaschenes Haar. Vorsichtig kämmt sie Strähne um Strähne, sorgsam darauf bedacht, dass ihr Haar in geschmeidigem Glanz ihr Gesicht umspielt, ohne dabei fettig auszusehen. Als sie damit fertig ist, beäugt sie ihr Spiegelbild skeptisch und betrachtet ihr Haar von allen Seiten, ehe sie beginnt einige Strähnen zu feinen Zöpfen zu flechten, deren untere Enden jedoch offen sind, so dass ihr die Spitzen wie flüssiges Silber über ihre Schultern fließen. So hatte sie dereinst in ihrer Heimat das Haar nur allzu oft zu tragen gepflegt.

Nachdem sie mir ihrer Frisur fertig ist, schneidet sie noch ihre Fingernägel, feilt sie mit einem kleinen Stück Bimsstein bestmöglich glatt und säubert sie anschließend ausgiebig mit einer weichen Bürste. Nachdem sie ihren rauen Händen noch mit einem Hautöl ein winziges bisschen ihrer ursprünglichen Zartheit zurückgegeben hat, schlüpft sie in ihre neue Lederkleidung, welche sie sich erst kürzlich hat anfertigen lassen. Einen feuerblütigen Cul-Deckhengst sein eigen zu nennen, ist wahrhaft von Vorteil, denn so kann sich die Magd manches kaufen, was einem normalen Bürger Talyras nicht ohne weiteres möglich wäre. Nichts desto trotz achtet sie auch darauf stets ein wenig Geld beiseite zu legen. Ihr war es schließlich immer schon wichtig ein wenig Sicherheit zu genießen und was war sicherer, als einige schöne Silbermünzen. Nachdem die Elbe ihr Kurzschwert angelegt hat auch den Stiefeldolch sicher verstaut hat, verlässt sie ihre Kammer und macht sich auf zu Shunj’anar. Natürlich wählt die Elbe für das Treffen mit Lady Shin jene neue Satteldecke, welche die Menschenfrau ihr geschenkt hat. Nachdem nun auch Shunj’anars Fell gebürstet ist und seidig glänzt, führt sie ihn aus dem Stall und schwingt sich elegant auf seinen hohen Rücken. In einem zügigen Schritt lassen die beiden das Wirtshaus und alsbald auch die Straßen der Stadt hinter sich zurück, um der Wegbeschreibung der Lady folgend zu den heißen Quellen zu reiten, welche Shin als Treffpunkt vorgeschlagen hat.

Nahe der Quellen steigt die Elbe ab, bindet Shunj’anar sorgsam fest, so dass er sich nicht losreißen und weglaufen kann und wartet auf das Erscheinen der weißen Lady. Es beginnt bereits zu dämmern, als Yasraena das Nahen leichter Schritte vernimmt.


--->  die heißen Quellen im Larisgrün (http://forum.weltenstadt.de/?board=umland;action=display;num=1148825334;start=60)

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 17. Juni 2011, 11:42 Uhr
25. Silberweiß


Yasraena war sehr spät von ihrem Ausflug an den heißen Quellen zurück und als sie ihr Pferd fertig versorgt hatte und sie endlich halbtot ins Bett gefallen ist, war es schon beinahe wieder Morgen.  Hätte Enth sie nicht aus dem Bett geschmissen, sie hätte gar verschlafen.

Müde und verkatert zieht sich Yasraena an, die Augen nicht mehr als kleine Schlitze und das helle Tageslicht, welches durch das Fenster fällt bereitet ihr unwahrscheinliche Kopfschmerzen. Nichts desto trotz, die Pflichten rufen und so schlüpft sie hinaus zu den Ställen um ihnen nachzukommen. Draußen stößt sie beinahe mit Nino zusammen, welcher gerade zwei Eimer mit Wasser zu den Pferdestellen schleppt. Der Pferdebursche hält kurz inne, als Yasra ohne einen Kommentar weiter gehen will. „Du siehst krank aus.“ Stellt er fest und Yasraena murmelt ein „es geht schon.“ Und schleppt sich verkatert weiter zu den Ställen. Gerne hätte sie erst einmal etwas getrunken. Sie könnte gerade Unmengen trinken, so trocken ist ihr Hals, aber es ist schon spät und sie möchte nicht noch negativer auffallen, indem sie ihre Aufgaben ignoriert.
Während sie sich um die Ställe und das Kleinvieh kümmert ist in ihrem verkaterten Kopf kaum Platz für Gedanken an die letzte Nacht. Zu sehr muss sie sich auf alles konzentrieren und ihr Kopf schmerzt noch immer.  Endlich, nach gefühlten Ewigkeiten ist die Arbeit verrichtet und Yasraena macht sich auf, etwas zu essen und vor Allem auch zu trinken.

Normalerweise versorgt sie ihren Hengst selbst, aber heute geht sie zu Nino und bittet diesen, sich mit um Shunj’anar zu kümmern, was er gerne tut. Nino ist ein Herz von einem Menschen und was die Pferde angeht hat er ein wahrhaft geschicktes Händchen. Er mag den schwarzen Hengst und freut sich immer, wenn er sich um diesen kümmern darf und Yasraena ist nur zu dankbar, dass sich der Pferdejunge so gut um ihren Hengst kümmert.

Nachdem sie ihr eigenes Bedürfnis nach Nahrung gestillt hat, legt sich Yasraena wieder hin. Es ist inzwischen Nachmittag und sie fühlt sich noch immer geredert. Morgen würde es ihr wohl wieder besser gehen, so hofft sie.
Während sie im Bett liegt driften ihre Gedanken zu Lady Shin. Sie ist sich nicht sicher, was sie von dem Abend halten soll. Lag es am Wein, dass sie sich so hat zu der Kindsfrau hingezogen gefühlt? Sie weiß es nicht, doch erinnert sie sich noch ganz genau, dass sie genau das vermeiden wollte. Zugegeben, die Lady ist wahrhaft sehr schön, dennoch treibt sie sich zu oft in einem Hurenhaus herum und die Gerüchte die man so hört… Yasraena hätte sich vielleicht tatsächlich nicht drauf einlassen sollen. Doch nun beschließt sie abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Und kurz darauf sinkt die Elbe auch in einen tiefen wie gewohnt traumlosen Schlaf.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 17. Juni 2011, 18:05 Uhr
<---      Die heißen Quellen im Larisgrün




30. Silberweiß 511


Seit der anregenden Nacht an den Quellen sind mittlerweile fünf Tage vergangen. Atevora sah sich allerdings außer Stande an den Ereignissen wieder anzuknüpfen, oder die Elbe in der Zwischenzeit überhaupt aufzusuchen, denn wider Erwarten, hat sich ein Arbeitsauftrag, den sie noch vor dem Quellen-Ausflug angenommen hatte, als wesentlich Zeitintensiver herausgestellt, als angenommen. Nun, zugegeben, vermutlich wäre sie nicht derart mit ihrem Zeitplan ins rudern geraten, wäre ihre Arbeitsleistung nicht aus unerfindlichen Gründen beinahe einen ganzen Tag lang beinahe vollkommen ausgefallen. Mit einem Kopf der sich so groß anfühlt, als würde er nur noch schwerlich durch eine Tür passen, lässt es sich leider nur schwer zu geistigen Höchstleisungen aufschwingen. Selbst einfache Rechenaufgaben und Übersetzungstätigkeiten sind, oder waren, schlichtweg eine Tortur. Zudem wurde ihr den letzten Siebentag schmerzlich bewusst, wie eingerostet sie Sprachlich bereits ist, wenn es um gewisse spezielle neue Formulierungen ging.
Ihre letzten Tagen waren dermaßen verplant, dass sie kaum zum Essen, oder vernünftig zu schlafen kam, geschweige denn die Zeit fand bei der Goldenen Harfe vorbeizusehen, wohlgleich das Gasthaus nun doch alles Andere als weit entfernt ist. Nungut, vermutlich hätte sich doch irgendwie eine kleine freie Minute finden, und sich einrichten lassen, kurz in der Harfe und bei Yasraena vorbeizusehen; sie hätte dazu nur einen Auftrag abweisen müssen, die Arbeit bot jedoch eine gute Ausrede es nicht zu tun.
Inzwischen war es ohnehin einerlei. Sie würde sich heute mit einem Kaufmann, der noch einigermaßen unbedarft mit dem Warentransport über weite Entfernungen mit großen Handelskarawanen war treffen. Der Mann hatte sie aufgrund Empfehlungen angeworben, um den undurchsichtigen Urwald an Zöllen und Bestimmungen und Weggefahren der einzelnen Länder zu lichten und somit die sicherste und gewinnträchtigste, also schlichtweg die optimalste Reiserute zu eruieren. Atevora hatte tatsächlich schon einige Erfahrungen mit Handelsgütertransporten gesammelt. Wobei die Meisten Suspensionskoordinierungen und Organisationen eher weniger in den vom Gesetz tolerierten Rahmen stattfanden. Damals als sie, nach dem Dämonenangriff in die Unterstadt getrieben wurde und anfing mit Dar‘Szallyr diverse, man könnte sagen, Söldnertätigkeiten zu übernehmen war sogar der Begleitschutz einer ihrer Hauptaufgaben, sodass sie einige Schlupflöcher und Gefahrenstellen gut kannte. Rückblickend betrachtet wird ihr schwarz vor Augen wenn sie nur an die Strapazen und manch nervenaufreibende Szenen zurückdachte. Dass sie sich damals, bei so einigen artistischen Einlagen nicht mehrfach die Knochen, oder gar den Hals gebrochen hat, wundert sie noch immer. Aber auch so begleitete sie schon 2 größere richtige Handelstransporte persönlich, wobei hier eher eines zum Anderen führte, aufdass sich ihr Tätigkeitsfeld nur einigermaßen Zufällig erweitere. Es war das erste Mal, dass sie einfach so für diesen Umfang empfohlen und angeworben wurde. Dabei gab es in Talyra gewiss Individuen, welche wesentlich spezialisierter und mit solchen Aufgaben weitaus vertrauter waren als sie. Vielleicht lag es allerdings nur am Umstand, dass die Route in Ambar enden sollte, und sie die dortige Sprache beherrschte? So sparte sich der Kaufmann eine zusätzliche Anlaufstelle für einige zu übersetzende Dokumente. Zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, oder wie auch immer dieses Sprichwort lautete..
Weshalb sich der Mann mit ihr für die Endbesprechung und den Abschluss unbedingt in der lauten Goldenen Harfe treffen wollte, und nicht in seinen Geschäftsräumlichkeiten war ihr auch nicht ganz klar. Befürchtete er aufgrund ihres Widersprüchlichen Rufes, sie könne ihn an einem weniger öffentlichen Ort aus Tollerei und Jux Morden, oder ihm optional das Blut aussaugen, seine Geldstücke danach einfach an sich nehmen und seine körperlichen Überreste zerstückeln und ihrem Hund zum Fraß vorwerfen? Eventuell lag es allerdings auch nur ebenfalls am Zeitmangel - wie auch immer, er wird gewiss seine Gründe haben. Atevora war es jedenfalls gleichgültig. Es kam ihr genaugenommen sogar sehr gelegen. Sie könnte diese Gelegenheit ebenfalls dafür nutzen, zur Ausnahme einmal wieder ihren Magen ausreichen zu füllen, und zudem bot es einen guten Vorwand um auch Yasraena wieder zu sehen ohne dass es sehr verpflichtet, bemüht oder aufdringlich wirken würde.

Nachdem die Magierin also alle Unterlangen in ihre Ledermappe gepackt, und sich ihren Mantel übergeworfen hat, verlässt sie mit ihrem Hund ihr Heim.
Bald schon hat sie sich durch das übliche Gedränge der Tausendwinkelgasse gekämpft, durchquert den Kupferkessel und betritt das Katzenkopfpflaster der Stadt. Hier, wo die sich die Häuser nicht dicht drängen und weit über die Straße neigen, ist die Bewegung des Windes stärker zu spüren. Sofort kriecht er in alle kleinen Öffnungen zwischen Gewand und Haut, besonders in jene an den Ärmel und am Hals dring er besonders weit vor und lässt Atevora frösteln. Sie hätte sich vielleicht doch noch den Schal umbinden sollen? Allerdings,  Wozu? Die Harfe war nur eine sehr kurze Wegstrecke, den Marktplatz entlang, entfernt.
So hält sich Atevora nicht lange damit auf, das Geschehen am Marktplatz und das Treiben der Einwohner der Stadt zu beobachten, wie sie es sonst so gerne tat, sondern lenkt ihre Schritte zielstrebig in Richtung des großen Grasthauses.
Wie immer weicht ihr der große Hund nicht von der Seite. Wo Via sich jedoch wieder herumtreibt ist fraglich. Vermutlich saß sie wieder gegenüber des Rabenschlages und ärgerte somit nur mit ihrer bloßen Anwesenheit die dortigen Botenvögel.
Atevora schmunzelt bei den Gedanken an ihre provokante Eule, vor allem, als sie daran denkt, dass sie es dem Vogel all zu oft und gerne gleich tut. Es war amüsant Leute, die einen Groll, oder eine Abneigung gegen sie verspürten, nur mit ihrer bloßen Anwesenheit in Rage zu versetzen oder zur Weißglut zu treiben, ganz ohne den Bedarf irgend eines bösen Wortes oder Blickes.
Während sie spitz schmunzelnd über das Pflaster stapft, wird sie sich eines beleibter gebauten Mannes in guter Kleidung vor sich bewusst, der offenbar ebenfalls auf die Taverne zusteuert. Als dieser die schmale Gestalt knapp vor der Harfe hinter sich gemerkt, hält er ihr sogar freundlich die Tür auf. Atevora ignoriert wie sein freundliches Lächeln in dem Runden Gesicht, mit der von der Kälte roten Knollennase und den pausbackigen Wagen, verschwindet und einem konsternierten Starren weicht, als sich Atevora im Vorbeigehen bedankt und sich dabei die Kapuze vom Kopf streift. Wie lästig.. Es war auch immer wieder das Gleiche.
Auch der Kaufmann, mit dem sie sich heute trifft, vergaß beim ersten Aufeinandertreffen den Mund zu schließen, sodass er im ersten Augenblick aussah wie ein minderbemittelter Vollidiot wenn es im freien donnert und blitzt und das, obwohl er im Vorfeld mit Sicherheit eine Beschreibung zu ihrem Aussehen bekam. Vielleicht war er allerdings auch nur überrascht, dass die Beschreibung kein Scherz sondern tatsächlich zutreffend war? Ob es auf Roha noch weitere Menschen gab die ähnlich aussahen wie sie? Oder war sie die einzige dem Sonnengott verhasste Laune der Natur?
Atevora hält sich nicht mit Überlegungen daran auf, denn schon an der Türschwelle strömt ihr der angenehme Geruch von gebratenen Fleisch, und allerhand anderen köstlichen und deftigen Speisen entgegen. Der Geräuschpegel ist auch wie immer äußerst hoch und begünstigt zusätzlich die Gedanken zu zerstreuen. Falls dem nicht so wäre, würde sie sich auch ernsthaft sorgen machen. Sie kann sich nur an wenige Zeiten erinnern wo eine betretene Stimmung und aufdringliches Wispern und Tuscheln den Raum gefüllt hat, und eine dieser Zeiten war, als ein Wahnsinniger sein Liebchen aus Leichenteilen zu basteln beliebte. Rasch schiebt Atevora die düsteren Gedanken an diese Ereignisse zurück und lässt, auf der Suche nach dem Kaufmann, ihren Blick über den wie immer gut besuchten Schankraum schweifen, in dem erstaunlicher Weise am heutigen Tag sogar einige Tische leer stehen und zum einsamen verweilen einladen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 20. Juni 2011, 21:13 Uhr
30. Silberweiß 511


Heute hat Yasraena ihre Arbeit an den Ställen rasch erledigt, viel gab es ohnehin nicht zu tun. Den Tieren geht’s gut, die Ställe sind in Ordnung, so fiel außer der gewöhnlichen Arbeit auch nichts weiter an, was sie hätte erledigen müssen. Nachdem sie auch ihr Culpferd von der Weide geholt und versorgt hat, war sie nach oben in die Baderäume gegangen. Es ist zwar sehr mühsam all die Eimer hinauf zu tragen, aber Yasraena hat ohnehin nicht vor, das Bad gänzlich zu füllen, sondern sich lediglich gründlich zu waschen. Nachdem sie auch das hinter sich gebracht hat, räumt sie noch rasch hinter sich auf, wischt die Wassertropfen auf und hinterlässt den Raum ordentlich.

In einem Leinenkleid geht sie anschließend in den Schankraum. Dieser ist wie stets gut gefüllt und Yasraena lässt ihren Blick suchend über die Tische schweifen, um noch einen freien Tisch zu finden. Doch statt eines freien Tisches, erblickt sie Lady Shin, welche in Schankraum sitzt. Die Elbe bleibt kurz wie versteinert stehen und weiß nicht Recht wie sie sich der Lady gegenüber verhalten soll. Sollte sie zu ihr hingehen? Sich ganz normal mit ihr unterhalten? Yasraena weiß noch immer nicht Recht was sie von dem Geschehenen halten soll. Aber jetzt wo sie die bleiche Gestalt dort sitzen sieht, ist sie zumindest in einem Punkt ganz sicher. Der Lady Schönheit lag wahrhaft nicht am Alkohol. Denn obgleich die Lady ein ebenso auffälliges Erscheinungsbild wie Yasraena selbst trägt, wenn nicht gar ein auffälligeres, aufgrund der sonderbaren Streifen im Haar, kann Yasraena nicht behaupten, dass sie irgendetwas an dem Erscheinungsbild stören würde. Im Gegenteil... Die Lady ist wahrhaft eine kleine und filigrane Schönheit und die kindlichen Gesichtszüge machen die Schönheit keineswegs zur Nichte sondern geben ihr nur noch ein interessanteres Äußeres.
Yasraena kann nicht anders, als die Lady eine geraume Weile zu betrachten. Und sie ist froh, dass diese in einige Unterlagen vertieft zu sein scheint und ihren Blick nicht bemerkt.

Doch was sollte Yasraena nun tun? Sollte sie sich zu ihr gesellen? Aber wie sollte sie sich ihr gegenüber verhalten? Ganz normal? Yasraena fühlt sich unruhig, ja gar ein wenig nervös und es gibt wahrhaft nicht viele Gelegenheiten, bei denen sie wirklich unruhig wird. Aber sie weiß wirklich nicht, wie sie nun mit der Lady umgehen soll. Offen freundschaftlich? Aber dürfte sie sich als einfache Magd in der Öffentlichkeit so dieser Lady gegenüber verhalten? Andererseits hatte die Lady selbst gesagt, dass sie verbannt worden ist, also mit der hiesigen Aristokratie kaum noch etwas zu tun haben kann, ja sogar selbst unerkannt und verborgen leben muss, aufgrund all dieser Feinde. Am Liebsten würde sich Yasraena umdrehen und einfach gehen. Es wäre die einfachste Lösung. Aber die Elbe gehört nicht zu jenen, die einfache Wege bevorzugen und außerdem ist sie doch auch ein wenig neugierig, wie sich die Shin, nach ihrem letzten Treffen ihr gegenüber verhalten wird.  Aber was wenn sie gar nicht ihretwegen hier ist oder sie gar nicht sehen möchte? Andererseits, wenn Lady Shin ein Problem damit hätte, Yasraena zu begegnen, würde sie sich wohl kaum in der goldenen Harfe herumtreiben und so sucht sich Yasraena ihren Weg um die Tische und Gäste und geht mit einem Lächeln auf dem Gesicht geradewegs auf die Shin zu. Von ihrer Anspannung und Neugier ist kaum etwas zu sehen. Sie würde die Antworten auf ihre Gedanken ohnehin in Kürze erhalten und so gibt sie sich wieder ihrem perfekten Mienenspiel hin.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 21. Juni 2011, 19:24 Uhr
30. Silberweiß 511


Sie geht etwas weiter in den Schankraum hinein, auch zum Wespennest und blickt sich um, doch der Kaufmann ist nirgends zu erspähen. Ist sie zu früh? Der Kaufmann zu spät? Es ließ sich nicht genau beurteilen. Manchmal wünschte sich Atevora irgend ein Tragbares Utensil um die Zeit darauf ablesen und in jeder Lebenslage besser bestimmen zu können. Wäre sie ein Erfindergeist, und hätte sie auch nur eine grobe Vorstellung davon, wie sich dieses kleine Wunder ohne dem weisenden Schein der Sonne bewerkstelligen ließe, würde sie sich jetzt dessen Lösung, oder konkreter Umsetzung annehmen. Praktisch wäre es allemal. Oder nicht? Vielleicht würde die Welt dadurch auch nur hektischer..
Wie auch immer.
Da der Kaufmann noch nicht Anwesend ist, sollte sie die Zwischenzeit vielleicht dafür nutzen Yasraena aufzusuchen? Nein. Es würde zu eilig und gereizt wirken. Für die Begegnung mit der Elbe hätte sie gerne mehr Spielraum, mehr Zeit. Es würde sich nach dem Geschäftsabschluss, da sie denn schon einmal da ist, auch noch eine Gelegenheit finden sie aufzusuchen. Wer wusste schon was das Wiedersehen brachte? Womöglich wurde es irritierend, aufwühlend und verwirrend, und für das bevorstehende Geschäftliche hatte sie gerne alle Gedanken geordnet und versammelt.
So setzt sie sich also einfach an einen der freien Tische. Ihr Erscheinungsbild ist ohnehin auffällig genug, dass sie dem Mann rasch ins Auge springen und er sie im Schankraum erspähen wird.

Kaum hat sie sich gesetzt, steht auch bereits eine Bedienung an ihrem Tisch um ihre Bestellung aufzunehmen. Es ist immer wieder bemerkenswert, wie gut die Angestellten den Schankraum und die Gäste mit ihrem ständigen Kommen und Gehen im Überblick hatten. Die Eismaid überlegt kurz ob sie nicht noch zuwarten sollte, doch dann entscheidet sie sich anders und bestellt sich einen stark verdünnten Schankwein. Mit einem möglichen Essen wird sie allerdings auf den Kaufmann warten, oder speisen wenn er bereits wieder gegangen ist.
Nachdem die Mogbardame wieder geschäftig davon wuselt, beschließt Atevora die Zeit, bis ihr Auftraggeber auftaucht, damit zu nutzen, ihre Unterlagen und Schriftstücke nochmals zu sichten, um sich alle wichtigen Punkte noch einmal ins Gedächtnis zu Rufen und sie durchzugehen. Vorbereitung war alles.

Sie blättert gerade die letzten Bögen durch - Atevora hat unlängst die Vorteile das Papiers vollkommen für sich entdeckt, besonders seitdem immer mehr Hersteller mit diesem neuen Beschriftungsmedium experimentieren und auch äußerst günstige Anbieter eine wirklich brauchbare Qualität offerierten; außerdem fand sie die strukturgebenden Pflanzenfasern in vielen Bögen visuell sogar äußerst ansprechend, was besonders bei den zu kopierenden Gedichtsbänden einen interessanten Gesamteffekt erzeugen konnte – als sie eine bekannte weibliche Silhouette am Rande ihres Gesichtsfeldes bemerkt.
Mit den Gedanken noch in ihren Geschäften hängend, hebt sie etwas Abwesend den Blick, bevor sie vollends begreift, wer hier an ihrem Tisch steht. Stand Yasraena schon lange da? Nein, sie hätte gewiss auf sich aufmerksam gemacht.

Atevora lächelt die Frau unverbindlich, aber dennoch offenkundig erfreut an. Die Magierin hadert einen Augenblick mit sich. Sie ist sich nicht sicher welche Anrede nun am ehesten angebracht ist. Sie vermutet allerdings, dass die Vertrautheit zum Großteil weinverschuldet war. Sie beschließt somit, dass es vorerst taktvoller wäre, die Höflichkeitsanrede zu gebrauchen, bis die Dinge geklärt sind, oder ihr dieses edle Geschöpf, das hier in viel zu gewöhnlicher ordinärer Leinenbekleidung vor ihr steht – ihrer Haut sollte nur feinste Seide und weichester Samt schmeicheln – ihr wieder, und diesmal vollkommen Nüchtern, das Du anbietet.
„Oh Yasraena! Ich hatte Euch beinahe nicht bemerkt! Schön Euch zu sehen. Wie ist Eurer Befinden?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 21. Juni 2011, 20:39 Uhr

Euch?
Nun denn, die Lady scheint sich zwar ehrlich zu freuen, Yasraena zu erblicken, doch für eine vertrautere Anrede reicht es offensichtlich nicht. Die Elbe weiß nicht, ob es der Lady einfach unangenehm ist, weil Yasraena nichts als eine einfache Magd ist und hier zeugen anwesend sind. Aber etwas anderes fällt ihr auf Anhieb nicht ein, denn selbst wenn sie einander weniger förmlich anreden würde, ginge wohl kaum einer der dies hört davon aus, dass sie Zärtlichkeiten getauscht hätten.Daran konnte es also kaum liegen. Es sei denn, die Shin hat es am nächsten Morgen bereut und versucht nun die Distanz wieder aufzubauen. Was auch immer der Grund für ihre förmliche Anrede ist, es lässt Yasraenas Lächeln erfrieren und ihr Gesicht wieder zu einer emotionslosen Maske werden.

„Mir ist es bestens ergangen. Ich hoffe euch fehlt es ebenso an nichts?“ Das euch hebt Yasraena von den anderen sehr belanglos, vor allem aber uninteressiert klingenden Phrasen durch eine minimal schneidende Betonung hervor. Sie bemüht sich nicht einmal den schneidenden Unterton zu unterdrücken. Es ist ihr herzlich gleich, was Lady Shin nun von ihr denkt, denn offensichtlich ist ihr ihre Bekanntschaft ohnehin mehr als unangenehm. Auch, dass Yasraena nicht wirklich an dem Befinden der Shin interessiert ist, macht der Tonfall offensichtlich und es bedeutet der Elbe ebenfalls nichts. Sie versteht nicht, warum sie so verletzt ist, wo sie doch eigentlich nur neugierig war, wie die Shin auf ihr Auftauchen reagieren würde. Die Shin mag schön anzusehen sein, aber darüber hinaus? Yasraena dürfte nicht so verletzt sein.
Es ist nichts weiter… Was ist schon schlimm daran, wenn es wehtut, dass eine Viehmagd eben nicht vertraulich angeredet wird? Es ist normal versucht sich die Elbe zu überzeugen.

Die Shin setzt zu einer Antwort an, doch kommt sie nicht dazu noch weitere Worte zu sagen, denn eine weitere Person gesellt sich zu ihnen. Ein Herr den Yasraena nicht kennt, der aber offensichtlich die Lady zu kennen scheint. Beide begrüßen sich und Yasraena wendet sich ab: „Nun, Lady Shin, ich werde euch nicht länger durch meine Anwesenheit stören.“ Mit diesen Worten dreht sich die Elbe ein wenig zu schnell herum, so dass ihre Haare zurück fliegen und verlässt strammen Schrittes das Gebäude der Harfe, ohne sich noch einmal nach der Lady oder ihrer Begleitung umzusehen.
Nach der Begrüßung zu urteilen hätte es offensichtlich sein müssen, dass sie Lady nicht ihretwegen in die Harfe gekommen war. War der freundliche Ton der Begrüßung nicht mehr als ein Spiel, um nicht unhöflich dazustehen oder war daran doch irgendetwas ehrlich? Wie dem auch sei, gereicht um sie in der Öffentlichkeit vertraut anzusprechen hat es nicht. Und so wie der Mann der sich soeben zu ihnen beiden gesellt hat, betonte, hat er sich wohl leicht verspätet. Zumindest hat er sich erkundet, ob die Shin nicht zu lange auf ihn warten musste und sich dafür entschuldigt. Das reicht, um zu wissen, dass andere Gründe die Shin in dieses Wirtshaus geführt haben. Aber warum nur, macht ihr das überhaupt etwas aus? Sie wollte doch nur neugierig sein und beobachten wie sich die Lady verhält. Eigentlich hätte Yasraena sich nun innerlich darüber, dass es der Lady offensichtlich unangenehm ist, köstlich amüsieren können, aber warum war da diese Enttäuschung?

Yasraena schreitet in den Stall und tritt zu Shunj’anars Box, welcher ihr sogleich freundlich den Kopf entgegen reckt. Sanft krault sie ihren Hengst und versucht dabei weiter zu ergründen, was sie wohl derart auf die Palme gebracht hat und warum der Shin Verhalten ihr nicht herzlich gleich ist.      

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 22. Juni 2011, 23:15 Uhr
30. Silberweiß 511


Yasraenas Lächeln erstirbt.
Kalt schneidend, wie eine scharfe Frostklinge, und triefend von jähem Desinteresse an ihr, brandet die Antwort an Atevoras Ohr.
Im ersten Augenblick ist Atevora perplex. Irgendwas hat sie wohl falsch gemacht. Wobei, nein, nicht irgendwas; die spezielle Betonung stellt klar, dass es an der Höflichkeit lag, die sie der Elbe mit der Anrede eigentlich erweisen wollte. Statt dessen hat sie die Frau gekränkt.
Die weiße Mistress möchte gerade zu einer Erwiderung ansetzen um dieses kleine Missverständnis sofort aus der Welt zu schaffen, doch sie kommt nicht dazu, denn natürlich, wie könne es auch anders sein, taucht in diesem Moment der Handelsmann auf. Er ist ein hochgewachsener Mann, mit freundlichem Gesicht ohne große Kanten und Ecken, und einer beginnenden Halbglatze, die ihn älter erscheinen lässt, als er vermutlich ist.
Er wirkt ein wenig gehetzt und kurz angebunden, auch sein Atem geht verräterisch rasch. Er war offenbar in Eile, oder hatte sich eindeutig bemüht, sich nicht all zu sehr zu verspäten. „Guten Tag die Dame“ Spricht er knapp zu Yasraena. Er ist vermutlich in Gedanken noch zu sehr in Eile um der Frau - mit ihrem nicht alltäglichen Erscheinungsbild - einer genaueren Musterung zu unterziehen, oder aber er hatte sie bereits zuvor schon einmal gesehen. Letzteres war allerdings wahrscheinlicher. Er hält sich auch nicht damit auf sich förmlich vor ihr zu verbeugen, oder ihr zum Gruße die Hand zu reichen, sondern stellt sich fast ein wenig zwischen sie und Atevoras ins Blickfeld, ganz so als hätte er sie im Geiste bereits als unwichtige Magd und für die seine Zwecke vollkommen entbehrliche Person ausgesiebt.. „Mistress Shin“ setzt er fort, und die Namenserwähnung begleitet eine angedeutete Verbeugung.
„Entschuldigt meine Verspätung, ich hoffe ihr musstet nicht zu lange warten?“
Bevor Atevora etwas erwidern kann, reißt Yasraena patzig das Wort an sich: > „Nun, Lady Shin, ich werde euch nicht länger durch meine Anwesenheit stören.“< dreht sich am Stand mit wirbelnden Haaren um, und entfernt sich steifen Schrittes. Bravo Atevora, das lief wieder einmal hervorragend...
Der Kaufmann schaut mitsammen der nicht gerade erfreut wirkenden weißen Lady der Elbe hinterher. „Kam ich etwa ungelegen?“ Erkundigt er sich irritiert, während er den Sessel zurückzieht und sich darauf niederlässt. Atevora zieht augenblicklich eine vielsagende Grimasse, die irgendwo zwischen zerknirscht, Verwirrung und Unfreude schwebt, bevor sie entgegnet: „Ich fürchte ich habe sie gekränkt. Ein Missverständnis, dass ich wohl zu klären habe.“
Interessiert schnellen seine Augenbrauen in die Höhe, die völlig wortlos ein „Oh, auf welche Art habt ihr denn die Magd verärgert? Ist gar mit dem Auftauchen eines wütenden Wirtes zu rechnen?“ formulieren.
Atevora seufzt innerlich. Nun, da das Thema schon einmal in der Luft hing, wird sie vermutlich nicht umhin kommen die Dinge näher zu erörtern.
Während er beiläufig nach einer Bedienung winkt, ist sie auch schon da, die Frage womit Atevora die Elbe verärgert hat. Ja, sie kommt nicht umhin, oder? Sie könnte natürlich doch abwinken und das Thema ruhen lassen, allerdings wirkte es durchaus Freundlich einen kleinen ungezwungenen Plausch vor den Geschäften zu führen, und dabei auch etwas über sich zu verraten. Dies ließ sie weniger unnahbar wirken und schafft eine persönlichere Atmosphäre. Zumindest irgend so etwas hatte ihr Sigourny als Ratsam angetragen, wenn sie sich mit normalen Geschäftsleuten unterhält.
„Nun“ Beginnt Atevora erläuternd. „Kürzlich hatten die Elbe, Yasraena ist ihr Name, und meinereins die glückliche Gelegenheit nähere Bekanntschaft zu schließen.“ Wie vage formuliert... Durchzuckt es sie kurz. „Im Zuge ergab sich das Du-Wort.“ unmerklich schieben sich ihre Augenbrauen wieder zusammen und ihr Gesicht bekommt abermals einen etwas unfroh, unschlüssigen Ausdruck “doch aufgrund gewisser, ... Umstände, war ich mir uneins ob...“ Sie zögert kurz, und der Kaufmann nutzt die Gelegenheit mit einem erheiterten Lächeln das Wort zu ergreifen: „Ah! Verstehe. Ähnlich die Situation, wenn ein Brotherr seine Lehrlinge zum Julfest lädt, und am nächsten Arbeitstag die große Ratlosigkeit herrscht ob das zu den Feierlichkeiten vielleicht angetragene Du noch angebracht ist?“ Seine Stimme hüpft bei den Worten beschwingt auf und ab, wie sie es bereits bei ihrem letzten Aufeinandertreffen tat. Atevora sinniert dabei, ob sich die Leute bei einem Verkaufsgespräch mit diesem Tonfall eventuell verschaukelt vorkamen, oder von der Redensweise mitgerissen wurden, sodass sie dachten den Kauf zu tätigen wäre die Investition des Jahrhunderts.
„Korrekt, etwas in dieser Art.“ Bestätigt Atevora des Kaufmanns Vermutung. „Ich habe vorhin den Plural als Anrede gewählt, und das war wohl die falsche Entscheidung...“
Ihr Gegenüber lacht auf. Er wirkt dabei allerdings nicht, als würde er sie auslachen, sondern so als wäre er tatsächlich nur über das Missverständnis amüsiert. „Ja, das habe ich auch schon erlebt. Da überlegt man, und entscheidet sich nach reiflichen Grübeln für etwas, und dann ist es erst recht verkehrt.“ Dann lehnt er sich weiter über den Tisch in ihre Richtung. „Also ich würde vorschlagen, oder anraten: das Nächste Mal, wenn diese Unklarheit besteht, einfach vorab offen zu fragen welche Anrede erwünscht ist.“
Das Schankmädchen stellt gerade des Kaufmanns Bestellung auf den Tisch, unterdessen Atevora den Drang unterdrückt ihren Mund schrägt zu verziehen. Auf diese Idee war sie kurz nach Yasraenas Reaktion auch von selbst gestoßen. Anstatt dies allerdings zu erwähnen, ringt sich Atevora zu einem gespielten Lächeln durch, und gibt kund: „Ein guter Rat, ich werde mich das Nächste mal daran halten.“
Danach kommen sie endlich auf die Geschäfte zu sprechen.
Sie erörtert ein paar Punkte zu ihren Unterlagen, gibt Ratschläge und Erklärungen worauf sich der Vorschlag gründet und beantwortet einige Unklarheiten. Der Mann wirkt bald überzeugt und zufrieden, nimmt die Unterlagen entgegen, und mit einem frohen Lächeln auf den Lippen, holt er einen Lederbeutel hervor in dem verräterisch die Münzen klimpern. „Soll ich nach zwei Begleitern als Geleit auf den Weg zur Wechselstube schicken lassen?“ Erkundigt er sich umsichtig. Atevora bedankt sich, beteuert allerdings, dass dies gewiss nicht notwendig sei.
Der Mann wirkt nicht unbedingt überzeugt, aber lässt das ausgeschlagene Angebot so gelten, und lädt Atevora noch zum Mahl ein. Zu gerne hätte sie des Mannes Einladung angenommen, doch es wäre vermutlich wenig ratsam, so lange zu warten um das Missverständnis mit Yasraena aus dem Weg zu räumen.
Darum lehnt sie mit dem Vorwand, es würden noch weitere Geschäfte warten die kaum Aufschub dulden, auch dieses Angebot ab. Hoffentlich befand sich die Elbe noch hier und ist nicht ausreiten, oder los geschickt worden um irgendwelche Besorgungen zu tätigen.

Es mag etwas über eine Stunde vergangen sein, als sie sich verabschieden, und der Mann die Harfe verlässt.
Ein sehr angenehmer Mensch, der sein Umfeld, wenn er es wollte, rasch für sich zu gewinnen wusste, stellt Atevora fest, bevor sie an die Schank geht und sich bei einer der Bedienenden erkundigt, ob sie wisse wo sich Yasraena befindet. Sie wird zu den Ställen geschickt und wird dort auch sofort fündig. Yasraena steht mit dem Rücken zu ihr bei ihrem edlen Ross und ist damit beschäftigt es zu umsorgen.
Die Frau wirkt ein wenig überrumpelt, als sie die Magierin bemerkt, die sich fast lautlos an den Eingang der Box gestellt hat und das Wort an sie richtet:
„Yasraena? Verzeiht. Ich war mir vorhin uneins, ob das Du weiterhin Gültigkeit hat und hielt es als taktvoller das Höflichkeitsplural zu verwenden. Es lag nicht in meiner Absicht dich zu kränken.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 23. Juni 2011, 16:19 Uhr
Yasraena weilt lange bei ihrem Hengst und lässt die Zeit nur so verstreichen, während sie die Gedanken an die Mistress Shin weitestgehend verdrängt. Die Nähe zu ihrem Tier hat ihr bisher immer geholfen wieder einen kühlen Kopf zu erlangen und missmutige Gedanken beiseite zu schieben. So auch heute. Yasraenas Sinne sind vollends auf Shunj’anar konzentriert, welcher die innige Zuwendung sichtlich genießt, als sie hinter sich eine wohl bekannte Stimme vernimmt und ihr in für einen winzigen Bruchteil eines Moments zu viele Gedanken durch den Kopf schießen, als dass sie auch nur einen davon aufgreifen oder gar festhalten könnte.
Langsam dreht sie sich um und blickt in die blauen Augen ihres Gegenübers. Nach und nach dringen Worte der Entschuldigung zu der Elbe durch, welche davon zeugen, dass die Lady sie keineswegs kränken wollte. Die Gefühle der Menschenfrau sprechen für sich. Sie scheint sich etwas unwohl in ihrer Haut zu fühlen und auch ein wenig traurig über das Missverständnis zu sein. Alle Gefühle die sie aufnimmt, zeugen davon, dass es der Lady ernst ist.

Aber wie kann es sein? Könnte es wirklich sein, dass sie diese Wortwahl nur nutzte um Höflichkeit zu wahren, einfach weil sie nicht wissen konnte, wie ich nach dem Treffen über die Geschehnisse denken würde? Es erscheint nur logisch, denn immerhin steht die Lady nun hier und war nicht einfach ihrer Wege gegangen. Warum sollte sie sich auch die Mühe machen, das Missverständnis aufzuklären, wenn es ihr nicht wichtig wäre? Ein unsicheres Lächeln schleicht sich auf der Elbe Gesicht und noch immer verstreichen Augenblicke, ohne dass sie etwas sagen kann.  

Es lag nicht in ihrer Absicht mich zu kränken? Gekränkt? Bin ich das denn?
Yasraena kann noch immer nicht verstehen, wie aus dem neugierigen Ausprobieren, wie die Mistress wohl auf sie reagieren mag, ein solches Gefühlschaos entstehen könnte. Solche Gefühle sind ihr fremd und sie hat sich wahrhaft kindisch aufgeführt, was wohl das Schlimmste von Allem ist.
„Verzeih, dass ich dich missverstanden habe.“ Bringt die Elbe hervor und mit einem unsicheren Lächeln ergänzt sie etwas leiser: „Vermutlich bin ich Verurteilung, Ablehnung und dergleichen einfach schon zu sehr gewohnt, als dass ich die Höflichkeit in deinen Worten habe erkennen können.“ Ein etwas trauriges Lächeln umspielt ihre Lippen und auch das kristallene Eisblau ihrer Augen nehmen einen traurigen, vielleicht gar feuchten Glanz an. Yasraena streicht sich eine silbrig-weiße Haarsträhne hinters Ohr, um die Aufmerksamkeit auf ihr Erscheinungsbild zu lenken. Denn vermutlich würde die Mistress wissen, wie schnell man verurteilt ist, wenn man bleich wie ein Gespenst in den Immerlanden lebt. Dass die meisten Probleme auf ihre Abstammung zurückzuführen sind, darüber möchte Yasraena nicht nachdenken, nicht jetzt. Und doch hat sie sich selten so verletzlich wie heute gefühlt.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 24. Juni 2011, 13:25 Uhr
>„Verzeih, dass ich dich missverstanden habe.“< Bringt die Elbe nach einem kurzen Augenblick des Schweigens zögerlich hervor. Sie wirkt bei den Worten ein wenig hilflos, fast verletzlich und in ihren Augen liegt ein seltsam feuchter Glanz.
Hat sie schon wieder etwas falsch gemacht?
Warum kümmerte es sie überhaupt? Sonst war es ihr doch auch einerlei. Warum gab sie sich überhaupt die Mühe und wollte dieses Missverständnis aus dem Weg räumen? Weil sie sich die Elbe nahe halten wollte um sie beobachten, beeinflussen und manipulieren zu können; gibt sie sich die nüchterne Antwort. Die Elbe wusste zu viel. Prämies Verständnis von Freundschaftsdienst oder „Ergebenheit“ würde nicht zu lassen, dass die Wege seiner verlässlichen Geschäftspartnerin aufgedeckt, oder irgend ein Oberstädtler - der es nicht sollte - über Umwege zu viel von ihm und seinen Machenschaften erfuhr. Es ist die beste Möglichkeit sie von den scharfen Klingen der Unterstadt fern und befreit zu halten und das einzige was sie für die Frau tun konnte um die Schuld auszugleichen.
Aber wenn es nur das war, weshalb wollte sie nicht, dass die Magd traurig ist? Fühlte sie sich tatsächlich über eine einmalige verpflichtungslose reine körperliche Spielerei hinaus zu der Frau hingezogen? Hätte sie die Elbe überhaupt näher wahrgenommen und beachtet, wären die Ereignisse jener Nacht nicht über sie hereingebrochen?
>„Vermutlich bin ich Verurteilung, Ablehnung und dergleichen einfach schon zu sehr gewohnt, als dass ich die Höflichkeit in deinen Worten habe erkennen können.“< Spricht sie betrübt weiter.
Ja sie kennt die Ablehnung und die Veruteilung, sowie den Umstand wie sehr man sich daran gewöhnt, sodass es bereits in allen Belangen vorausgesetzt wird, obwohl die Dinge womöglich vollkommen anders liegen.
Sollte sie es aussprechen?
Sie hatte keine Lust dieses schwermütige Thema auszuweiten, welches Yasraenas Reaktion im Grunde vermutlich erst heraufbeschworen hatte.
Stattdessen tritt Atevora näher. Sie legt vorsichtig ihre Hand auf Yasraenas Arm. Etwas in ihr rührt sich, so seltsam angenehm, wie sie es sonst nicht kennt, ganz so als würde es ihr flüstern, dass sie Recht tut auf die Elbe zuzugehen und eine Geste der Anteilnahme zu zeigen.
Die Magierin muss ihren Kopf etwas in den Nacken legen, um der Frau in ihre glänzenden Augen in der Farbe wunderschöner Blauquarze und Himmelssterne, sehen zu können.
„Habt ihr..“ Atevora bricht ab und justiert die Worte neu: „Ich meine, hast du Hunger? Möchtest du mit mir speisen? Ich habe vorhin ein äußerst lukratives Geschäft zum Abschluss gebracht und würde dich gerne zur Feier des Tages einladen.“ Atevora überlegt kurz und fügt sodann mit einer Spur eines schalkhaften Lächelns auf den Lippen hinzu: “Aber dieses Mal verzichten wir lieber auf zu viel Alkohol..“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 24. Juni 2011, 14:04 Uhr
Mit keinen Worten geht Mistress Shin auf das von Yasraena angesprochene ein, doch zeigt sie ihre Anteilnahme tatsächlich durch eine Geste, welche weit mehr sagt als jedes Wort es vermocht hätte. Sanft legt sie ihren Arm auf den der Elbe und ein wohliges Gefühl breitet sich in Yasraena aus. Ja, sie fühlt sich verstanden und mehr noch. Der Mistress Art war bisher eher als distanziert und kühl zu bezeichnen und das Techtelmechtel in den Quellen hatte Yasraena tatsächlich eher dem Alkohol zugeschrieben, zumindest nach der heutigen Begrüßung der Lady. Doch nun steht die weiße Lady hier und zeigt sich offen freundlich. Eine Seite, die man auch wenn man allen Gerüchten folgen mag, kaum an hier sehen kann. Woran liegt es nur, dass sich die Elbe in der Nähe dieser Menschenfrau so wenig unter Kontrolle hat und schwermütige Themen an sich heranlässt. Liegt es einzig daran, dass sie trotz der langen Zeit, die sie nun schon in Talyra weilt keine einzige Freundschaft geschlossen hat? Liegt es daran, dass außer Azra bisher niemand über das geschäftliche hinaus nett zu ihr war oder ihre Gesellschaft aus anderen Gründen aufgesucht hätte? Einfach um ihretwillen…

Tatsächlich scheint sich alle Welt nur für ihren Deckhengst zu interessieren. Sie sind freundlich, keine Frage, doch darüber hinaus kaum an einer Freundschaft zu einer Viehmagd interessiert. Und Yasraena ihrerseits tribt sich selten auf dem Markt rum und ist auch nicht an einer näheren Bekanntschaft zu den dortigen Klatschweibern interessiert. Tratsch ist ohnehin nicht gerade ihr Interessengebiet. Doch ist das wirklich das, was sie von Lady Shin möchte? Einfach ein wenig Nähe, vielleicht gar eine Freundschaft und das obwohl sie weiß, wie umstritten diese Person doch ist? Yasraena ist sich uneins, was all das zu bedeuten mag. Doch fühlt sie sich nach wie vor zu der Frau und ihrem Schicksal hingezogen. Sie muss ihre Fassaden wieder etwas aufrechterhalten, nicht zu viel Wahres durchsickern lassen und sich gleichzeitig nicht in Lügen verstricken. Besser nahe der Wahrheit, ohne wirklich wichtiges preiszugeben und erst mehr über diese Lady erfahren. Dann könnte man weitersehen.

Nichts desto trotz ist die kleine Geste des Trostes mehr als die Elbe in den letzten Tagen zu spüren bekommen hat. Viel zu oft lebt sie alleine vor sich hin. Macht ihre Arbeiten, redet mit den anderen Mägden über nichts als Belanglosigkeiten und versucht ein angepasstes, unauffälliges Dasein zu leben. Und doch, ist es eigentlich nicht das was sie wünscht. Aber wie baut man Freundschaften auf, wenn einem jedwedes Vertrauen fremd ist? Yasraena weiß es nicht, hofft aber es richtig anzustellen und Lady Shin nicht wieder zu vergraulen.

>Habt ihr.< Atevora bricht ab und Yasraena muss schmunzeln, als sich die Shin korrigiert und das Du-Wort nutzt. Vermutlich muss die Lady sich selbst einfach noch an die vertrautere Ansprache gewöhnen und Yasraena sieht es ihr nach, denn schließlich neigt auch sie öfter dazu die höflichere Form zu nutzen und ungewollt dahin zurückzufallen. > Ich meine, hast du Hunger? Möchtest du mit mir speisen? Ich habe vorhin ein äußerst lukratives Geschäft zum Abschluss gebracht und würde dich gerne zur Feier des Tages einladen.< fährt die Shin unbeirrt fort und Yasraena nickt freundlich: „Das ist wirklich eine ausgesprochen gute Idee. Als ich eben in den Schankraum kam, hatte ich eigentlich genau das vor. Allerdings…“ fügt sie mit einem verschmitzten Lächeln hinzu: „werde ich für meine Speisen selbst aufkommen.“ Sie weiß nicht, ob es unhöflich ist der Shin Einladung auszuschlagen, aber Yasraena verdient gut an ihrem Hengst und sie möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, auf das Geld der Anderen angewiesen zu sein. Eine solch arme Magd ist Yasraena nun auch keinesfalls.

Der Shin Vorschlag, heute nicht des Alkohols zu frönen, kann  Yasraena nur zustimmen. Besser ist dies wohl… Sie möchte alle ihre Sinne bei sich haben und mehr über diese Mistress erfahren, ohne sich im Rausch wieder zu gar unüberlegten Handlungen hinreißen zu lassen. Und so gehen die beiden ungleichen und doch so ähnlich aussehenden Frauen wieder in den Schankraum zurück und haben sogar Glück. Einige Gäste sind gegangen und so finden sie einen kleinen freien Tisch in einer Ecke, wo es zwar nicht zwingend ruhiger ist, aber dafür nicht alle paar Augenblicke eine Schankmaid an ihnen vorbei muss. Die Shin und Yasraena setzen sich einander gegenüber und kurz überlegt Yasra, wie sie die Lady nun anreden soll. Lady Shin? Mistress Shin? Die Elbe beschließt um nicht ein neues Missverständnis heraufzubeschwören ihre Gedanken offen anzusprechen: „Ich habe vorhin gehört, dass dein Geschäftspartner? Ich nehme zumindest an, dass er ein solcher war, da du von einem lukrativen Geschäft sprachst, dich Mistress Shin nannte. Nun, ich frage mich gerade wie du genannt werden möchtest? Mistress Shin? Lady Shin?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 29. Juni 2011, 23:04 Uhr
>„Das ist wirklich eine ausgesprochen gute Idee. Als ich eben in den Schankraum kam, hatte ich eigentlich genau das vor. Allerdings werde ich für meine Speisen selbst aufkommen.“< Antwortet ihr die Elbe auf die Einladung.
Weshalb die Frau darauf besteht selbst zu bezahlen, kann Atevora zwar nicht wirklich nachvollziehen, es soll ihr aber auch Recht sein. Man soll den Leuten ihren Willen lassen und sie nicht zu etwas drängen, dass ihnen nicht Recht ist. Vielleicht käme sich die eigenständige Frau bei wie eine Schmarotzerin vor, würde sie die Einladung annehmen, aufgrund dessen sie sie ausschlägt. Aber mehr als Mutmaßungen bleiben der Magierin nicht, sofern sie überhaupt welche diesbezüglich anstellt.

Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, streicht die Elbe ihrem Hengst zum Abschied noch einmal über die Nase, bevor sie vorsichtig die Box schließt und an eine Wasserschüssel - mit einem großen unförmigen Klumpen Seife daneben auf einem Blechgestell, geht um sich die Hände zu waschen.
Danach verlassen sie die Ställe und begeben sich in den Schankraum. Sie haben sogar Glück und finden einen unbesetzten Tisch in einem der hinteren Ecken an der Wand, der etwas mehr Gemütlichkeit verspricht als andere Platzoptionen, da sich dort nicht ständig Gäste oder Schankmaiden daran vorbeidrängen.
Kaum haben sie sich gesetzt, beginnt Atevora sorgsam ihren Umhang zu falten und macht Anstalten ihn über einen der freien Stühle am Tisch zu hängen, als Yasraena mit einer Frage ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkt.
>„Ich habe vorhin gehört, dass dein Geschäftspartner? Ich nehme zumindest an, dass er ein solcher war. da du von einem lukrativen Geschäft sprachst, dich Mistress Shin nannte. Nun, ich frage mich gerade wie du genannt werden möchtest? Mistress Shin? Lady Shin?“<
„Hm..“ Antwortet Atevora, indes sich ihre Augenbrauen grübelnd zusammenziehen. Eine gute Frage. War ihr etwas davon Lieber als das Andere? Nein, eigentlich nicht, oder? „Du hast Recht mit deiner Annahme, es war ein Geschäftspartner und bezüglich Titel, nun.. genaugenommen ist es mir vollkommen einerlei. Zumal Beide ebenso falsch wir richtig sind.“ Beiläufig beendet Atevora ihre Bewegung, legt den Umhang über die Lehne, dreht sich mit dem Oberkörper wieder gänzlich ihrem Gegenüber zu und setzt fort: „Shin ist auch nur eine Betitelung, oder ein Spitzname, der mir Verliehen wurde und sich eingebürgert hat.“ Atevora ist noch immer froh, dass Tane ihr neben "Eismaid" diesen Namen verpasst und ihn, als sei er ihr Name, bei jeder erdenklichen Gelegenheit genannt hat, und nicht etwa die Bezeichnung Leichentuch meistgebräuchlich für ihre Person geworden ist. Ein paar Klatschweiber haben ihr im übrigen im Tratsch zugetragen, dass angeblich Azra irgendwann diese abfällige Bezeichnung für sie gebraucht haben soll, und in einem derart großen Wirtshaus machen dieserlei „Kosenamen“ unerwünscht schnell die Runde und brennen sich gerne all zu dauerhaft ins Gedächtnis vieler ein. Was Atevora von dem Gerücht halten soll, dessen ist sie sich nicht sicher. Sie ist sich uneins weshalb Azra hinter ihrem Rücken diese Gehässigkeiten gebrauchen sollte, sie wüsste zumindest nicht, dass sie im Streit mit ihr läge. Vermutlich, oder ziemlich Sicher, war es nur Gewäsch, ein aus dem Zusammenhang gerissener Irrtum, oder sonstiges Missverständnis und irgend ein anderes bockiges Persönchen lies auf derart Charakterliche Mängel blicken. Wie es bei Gerüchten eben meistens ist. Ein wahrer Kern der irgendwie missinterpretiert, verdreht,  und ausgeschmückt wurde.
„Nennt mich doch in Zukunft schlicht Savena, ohne irgend einen nutzlosen Titel davor.“ Schlägt Atevora schließlich vor und unterstreicht die Aussage mit einer wegwerfenden Handbewegung. Ihr sind jene, die strikt auf ihren ominösen - oft von seltsamen Geburtsrechten verliehenen - Titel bestehen, um damit zu bekräftigen, dass sie sich als etwas Besseres wähnen als ihr Umfeld, ohnehin zu wider. Jene die meinen sich derart Erheben zu müssen, sind meistens unsicher, und charakterlich in sich zu wenig geschlossen und somit ohnehin sehr ärmliche Tröpfe.

Als eine der Schankmägde verbeikommt, bestellt Atevora eine zünftige Krautpfanne. Vermutlich wird die Portion, trotz ihres großen Hungers, auch dieses Mal wieder dreimal größer als ihr Magen sein.
Beide Frauen unterhalten sich während des Essens sogar ab und an recht angeregt, unterdessen ihnen das Umfeld, darunter auch die Harfeangestellten, immer wieder eigenwillige, oder möglichst unauffällige Blicke zuwirft.
Lag es daran, dass zwei so bleiche Gestalten gleichzeitig am selben Tisch zu erspähen sind? Oder lag es daran, dass sich die Magd mit jemanden wie Atevora unterhielt und das - was vielen vielleicht gar als unmöglich erscheint - sogar recht angeregt? Besonders ungewohnt könnte es eventuell erscheinen, dass es aussah, als wären sich beide tatsächlich sympathisch. Atevora wirkt selten so als wünsche sie länger die Gesellschaft eines anderen zu erdulden, als prinzipiell notwendig. Das es hier anders wirkte kam wohl nicht von ungefähr. Atevora empfand Yasraenas Gegenwart tatsächlich als angenehm und wohltuend. Die Frau stellt sich, wie sie es ohnehin schon vermutet hatte, als äußerst gebildet und in vielen Themengebieten bewandert heraus. Wieder ergibt sich die Frage, was eine derart gebildete Person, die mehr als eine Sprache schreiben konnte, hier in der Harfe als Viehmagd zu suchen hatte, und nicht anderorts irgend eine besser bezahlte Anstellung als, beispielsweise, Schreiberin, inne hatte. Da sie offenkundig in der Kampfkunst auch ausgebildet war, würde sich sogar eine aufregende Anstellung als Begleitschutz für Warentransporte anbieten. Eine weitere Frage war: woher hatte die Frau dieses kostbare Schwert aus Schwarzstahl? Doch Atevora würde die Rätsel um diese Person schon noch lüften, und es würde ihr seit langem wieder richtig Spaß bereiten zu den Geheimnissen vorzudringen und sie zu ergründen. Vielleicht bot sich auch die Aussicht auf einige weitere Lustbarkeiten? Atevora wäre einer Ausweitung der Ereignisse an den heißen Quellen jedenfalls nicht abgeneigt.

So meint Atevora also zum Ende der Mahlzeit, sie würde sich auf ein baldiges Wiedersehen freuen. Vielleicht, sofern sie auch unkonventionellerin Gaumenfreunden aufgeschlossen gegenübersteht, das nächste Mal ein nettes gemeinsames Mittagessen im Kupferkessel mit seinen kreativen Gerichten und einem anschließenden Besuch in den mit Wundern angefüllten Straßen der Tausendwinkelgasse.


Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 30. Juni 2011, 19:54 Uhr
Yasraena ist angenehm überrascht, dass die Lady weder beleidigt darüber ist, dass die Elbe ihre Einladung ausschlägt, noch es ihr auszureden versucht, sondern es einfach als gegeben hinnimmt. Überhaupt ist die Gesellschaft der Shin wie immer angenehm und voller Überraschungen. Denn als die Sprache auf die korrekte Anrede der Lady kommt, sagt diese zwar erst, dass es gleich ist ob man sie Mistress oder Lady nennt. Auch betont sie, dass beide sowohl falsch als auch richtig seien. Etwas, was die Elbe ob der früheren Erzählungen der Shin bereits vermutet hat. Dass der Name Shin ein Spitzname ist liegt auch nicht weiter fern. Eine Frau, welche gesucht und gejagt wird, würde wohl kaum unter ihrem richtigen Namen auftreten. Yasraena muss ob dieser Gemeinsamkeit Lächeln. Ihr Vorname mag zwar durchaus echt sein, da es sich aber um einen Namen handelt der sowohl elbischen als auch blutelbischen Ursprungs sein kann, ist dies einerlei. Sie reist jedoch nicht unter ihrem echten Nachnamen und da der Name, den ihr Vater einst annahm auch nicht seinem echten entspricht, macht die Elbe es ihm nun gleich, indem sie den Namen ale’Hanrael als Deckmantel trägt.Überrascht ist sie dann jedoch, als Lady Shin ihr erklärt, sie könne sie Savena nennen. Yasraena zweifelt zwar daran, dass dieser Vorname echt ist, dennoch hätte sie nicht erwartet, dass diese Frau ihr neben dem Du auch noch einen Vornamen anbietet.

Besonders beeindruckt Yasra aber die Tatsache, dass die Shin einen Titel als nutzlos bezeichnet. Yasraena sieht das selbst nicht anders und gerade diese ganzen gehobenen Gesellschaften waren ihr ohnehin zu wieder. Zu viel Etikette, zu viele Titel, zu viel gespielte Freundlichkeit, wo am Ende doch keine angebracht gewesen wäre. Einerlei, auf jeden Fall scheint auch die Shin, Savena, dem Ganzen ähnlich gegenüber zu stehen und je länger die Beiden ungleichen und doch so ähnlichen Frauen plauschen umso mehr rückt auch Yasraenas Gegenüber von ihrer Steifheit ab und wird zusehends lockerer und offener. Der Elbe entgeht es nicht, dass viele Blicke immer wieder zu ihnen Beiden herüber gleiten, doch ist es ihr herzlich gleich, was die Leute denken. Stattdessen genießt sie einfach die nette Gesellschaft und das gute Essen. Die Gesprächsthemen sind angenehm. Mit den anderen Mägden kann Yasraena meist nur über alltägliches oder arbeitsspezifisches sprechen, doch in Gesellschaft der Mistress schneiden sie viele weltlichere Themen an. Auch wenn Yasraena klar ist, dass sie gerade alles andere als eine dumme Magd spielt, ist es ihr gleich. Warum sollte es sie auch kümmern? Es spielt schließlich keine Rolle, dass sie gebildet ist und einen anderen Weltblick hat als die meisten anderen einfachen Arbeitskräfte. Es ist einfach mal wieder schön, über all diese Dinge reden zu können und der Shin scheint der Gesprächsverlauf ähnlich zu gefallen. Überhaupt scheinen die Beiden in vielen Dingen einer Meinung zu sein und das empfindet Yasraena wirklich als wohltuend. Umso schade ist es, dass der gemeinsame Nachmittag sich dem Ende neigt. Doch auch Savena scheint dies ähnlich zu sehen und betont, dass sie sich sehr auf ein weiteres Treffen freuen würde. Auch der Vorschlag sich im Kupferkessel zu treffen und gemeinsam durch die Tausendwinkelgassen zu schlendern findet Yasraenas Gefallen. Der Elbe steht die Freude deutlich ins Gesicht geschrieben, als sie verschmitzt erwidert: „Ich nehme dich beim Wort, Savena.“.. Dann ergänzt sie noch: „ich wünsche dir noch einen angenehmen Abend. Auf ein bald.“
Eine Weile blickt sie der Shin noch nach, ehe sie sich wieder auf ihr Zimmer zurückzieht.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 02. Juli 2011, 13:17 Uhr
bis Inari 511


In den vergangenen Monden haben sich Yasraena und Savena regelmäßig getroffen. Mal in der Tausendwinkelgasse, mal im Kupferkessel, dann wieder in der Harfe oder auf dem Markt. Die Zeit, welche die Beiden miteinander verbracht haben war wundervoll und bald schon war die Distanz zwischen den Beiden nahezu verblasst. Die Beiden verstanden sich zusehends besser und aus dem was in den Quellen recht leidenschaftlich begann, wurde eine gute Freundschaft. Yasraena müsste lügen, wenn sie behaupten würde, dass sie sich nicht zu der Mistress hingezogen fühle, doch vergisst sie dabei trotz aller Freundschaft nicht, dass die Lady von Geheimnissen umgeben ist, die sie lüften will. Und so ist die Elbe ihr auch das Eine oder andere Mal nachgeschlichen und konnte in Erfahrung bringen, wo Lady Shin in der Tausendwinkelgasse wohnt. Es war anfangs nicht leicht, sich in dieser nur allzu verschachtelten Gasse zurechtzufinden, doch je öfter die Elbe sich dort aufhielt umso leichter fiel es ihr und inzwischen kennt sie sich wahrlich gut in der Gasse aus.

Auch, den Pfirsich sucht Atevora nach wie vor regelmäßig aus und inzwischen ist Yasraena sich sicher, dass hinter den wohltätigen Geschäftsbeziehungen, welche sie mit der Königin der Nacht verbindet, mehr stecken muss. Das Erstaunlichste, was Yasraena jedoch bei ihren Spionagegängen herausfinden konnte, war, dass die Lady mit manchen Gesellen des Zwielichts verkehrt und obgleich Yasraena von der Stadt unter der eigentlichen Stadt bereits gehört hat, war es erstaunlich wie viel es dort unten zu entdecken gab. Wäre sie Savena nicht nachgeschlichen, hätte sie dergleichen nie in Erfahrung bringen können. Savena, welche sich neben Mistress und Lady Shin, auch noch die Eismaid zu nennen pflegt, bzw. von Anderen so genannt wird. Von Azra konnte Yasraena noch erfahren, dass die Lady bei der Jagd auf einen Nekromanten geholfen hatte und wohl der Magie mächtig sei. Yasraena glaubt jedoch nicht daran, dass Shin eine Magierin ist, denn sonst hätte sie ihren Angreifern wohl kaum so wehrlos gegenüber gestanden. Dennoch waren der Informationen, die sie über die bleiche Schönheit in Erfahrung bringen konnten nicht wenig.

Besonders die Geheimnisse der Unterstadt fesseln Yasraenas Aufmerksamkeit. Dort unten gibt es so viel zu entdecken und zu sehen, das es die Geheimnisse der Shin beinahe verblassen lässt und immer mal wieder sucht Yasraena die dunklen Plätze auf, um mehr über die dortigen Orte und Bewohner in Erfahrung zu bringen. Es ist gefährlich, keine Frage und die Leute der Unterstadt leben nicht um sonst dort im Verborgenen, aber Yasraenas Neugier ist zu stark, als dass sie sich lange von dort fernhalten könnte und so taucht sie immer wieder in die dunklen Geheimnisse dieser anderen Welt ein. Eigens für diesen Zweck hat sie sich Dinge fertigen lassen. Einen  Kapuzenumhang, welchen man wenden kann und der außen aus dichtem schwarzem Wildleder besteht, welches sie in der Unterstadt zu tragen pflegt. Die Innenseite jedoch, welche sie in der gewöhnlichen Stadt nutzt ist von einem sehr hellen grauen Stoff. Auch eine sündhaft teure Perücke hat sich die Elbe anfertigen lassen, aber sie war jede Münze wert, die Yasraena in sie investiert hat. Das gute Stück wurde maßangefertigt und das Haar wirkt so echt, dass die Elbe sich gar nicht dafür interessiert woher es wohl stammt. In samtig schwarzen Wellen fließt es ihr bis zur Taille. Sowohl die Farbe als auch die dichte, dicke Struktur des Haares, geben der Elbe ein völlig anderes Erscheinungsbild, so dass sie in der Unterstadt jemand völlig Neues sein kann. Vorteilhaft ist auch, dass das dichte Haar ihre Ohren verbirgt und keine verräterischen Spitzen hervorblitzen lässt. Auch rahmt das dichte Haar ihr Gesicht so völlig anders ein, so dass es ihr ein so grundlegend anderes Erscheinungsbild verleiht, dass es selbst einem geübten Auge kaum möglich ist, sie zu erkennen. Es mag sein, dass sie so dem Einen oder Anderen, der sie oft zu sehen bekam an jemanden erinnert, aber es liegt nahe, dass diese Personen nicht recht zuordnen können, woher sie ihnen bekannt vorkommt. Selbstredend gehört zu ihrer Tarnung auch ein gänzlich anderes Verhalten, dass nicht mehr mit der sanften, freundlichen und arbeitsfleißigen Elbe, welche sie in der Oberstadt darstellt, zu tun hat. Yasraena beginnt dieses Doppelleben zunehmend zu genießen und nach und nach stellt sie ihre Nachforschungen über Savena ein, um sich mehr und mehr der Unterstadt als Ganzes zu widmen. Sie geht hier selbst zwar keinen zwielichten Geschäften nach, doch versucht sie so viel wie möglich über diesen Ort der unbegrenzten Möglichkeiten zu lernen. Selbstredend wäre sie nicht sie selbst, wenn sie dabei nicht großen Wert darauf legen würde, ihren Tätigkeiten in der Harfe genauso fleißig und pflichtbewusst wie bisher nachzugehen. Ihre Forschungen in der Unterstadt stellen hierbei eher ein kleines Privatvergnügen dar, dass sich einzig auf ihre Freizeit beschränkt.

Zu Inari haben sich Savena und Yasraena das letzte Mal getroffen. Gemeinsam sind sie durch die feierlich zu Recht gemachten Straßen geschlendert und haben allerlei Köstlichkeiten an den einen oder anderen Ständen probiert. Zum Shenrarennen mussten sich die beiden Freundinnen allerdings wieder trennen, denn Yasraena und Shunj’anar hatten ihren großen Auftritt und entgegen allen Erwartungen hat die Elbe auf dem nachtschwarzen Feuerbluthengst das Rennen sogar gewonnen. An diesem Tag kamen sehr viele Menschen auf sie zu, welche Interesse an Shunj’anar als Deckhengst hatten. Einige wollten den Schwarzen gar kaufen, worauf sich die Elbe aber selbstredend nicht eingelassen hat. Dennoch hat das Rennen ihr viele Möglichkeiten eröffnet, denn bei all den Interessenten an Shunj’anar könnte sie die Deckgebühr noch ein wenig erhöhen und gleichzeitig sogar mehr Angebote annehmen, was ihre Finanzlage noch mehr verbessern würde. Yasraena hatte nach dem Rennen kaum Zeit für Savena, wegen all der Leute, die Anfragen und Interesse und selbstredend auch ihre Gratulationen kundgaben. Aber als es der Elbe zu viel wird, immerhin wollte sie die Zeit mit ihrer Freundin genießen, lässt sie nur noch wissen, dass man sie wann immer man Interesse hätte, in der Harfe antreffen würde und sie heute nicht hier ist, um Geschäftliches zu besprechen. Freundlich aber direkt, hat sie alle weiteren Anfragen abgewiesen und Shunj‘anar zurück zu den Ställen der Harfe gebracht, ehe sie endlich wieder Zeit für Savena erübrigen konnte, welche ihr jedoch keinesfalls böse war, denn wer würde besser verstehen, als Lady Shin, wie wichtig es ist, neue Geschäftsverbindungen zu knüpfen?

Der Tag hatte so schön begonnen und auch der Verlauf wird sogar noch zunehmend besser, man hatte sie sogar zu einer Feierlichkeit anerkannter Pferdezüchter Talyras eingeladen, was der Elbe nun auch erste Schritte in die höheren Schichten der Stadt ermöglicht. Doch was so schön begann, wurde je zu Nichte gemacht, denn als Yasraena sich bei Savena erkundigt hat, ob diese sie nicht zu der Privatveranstaltung der Züchter begleiten wolle, hat sie abgelehnt. Sie würde für längere Zeit verreisen und gar nicht in der Stadt sein. So nimmt der Abend, welchen Beide noch gemeinsam haben ausklingen lassen, eine eher traurige Wendung, denn Savena vermag nicht zu sagen, wie lange sie wohl fort bleiben wird. Yasraena wird es richtig schwer ums Herz, so wichtig war ihr die gemeinsame Zeit inzwischen geworden und als Savena sich am Ende eines langen Tages verabschiedet, stehen der Elbe Tränen in den Augen, welche sie zwar zurückhalten kann, so dass sie ihr nicht über die Wange laufen, aber dennoch ihre Trauer und ihren Schmerz widerspiegeln. Nie hätte Yasraena zu träumen gewagt, wie wichtig ihr diese überaus faszinierende Persönlichkeit  inzwischen geworden war. Beinahe wie eine Schwester, welche sie nie gehabt hat und als sich Savena nach einer langen Umarmung abwendet, kann die Elbe ihre Tränen nicht länger zügeln und silbrige Glitzerspuren laufen ihr über die perlmutweiße Haut und tropfen als kleiner Glitzerregen von ihrem Kinn. Traurig wendet sie sich ab und kehrt mit lauter Fragen, die sie innerlich zu zerreißen drohen, zur Harfe zurück.

Ist das Freundschaft?
Ist das Liebe?
Tut es immer so weh einen wichtigen Menschen gehen zu sehen?
Wieso nur, habe ich sie so nah an mich heran gelassen?
Wenn Freundschaften so viel Schmerz bedeuten, sind sie es dann überhaupt wert?
Wird sie wiederkommen?
Wird sie mich in all der Zeit vergessen?
Was werde ich nur mit all meiner Zeit ohne ihre Gesellschaft anfangen?
Warum nur habe ich sie überhaupt an mich herangelassen?


Obgleich Yasraena zu Letzt mehr an den Geheimnissen der Unterstadt als an jenen der Shin interessiert war, bedeutet ihr Savena eindeutig viel. Vielleicht sogar gerade deswegen, denn in Yasraena haben sich tatsächlich Zweifel breit gemacht, ob es nicht falsch sei, einer Freundin nachzuspionieren. Was es für Gefühle sind, welche die Elbe und die Men schenfrau verbinden, vermag Yasraena nicht genau zu erklären. Die Grenze zwischen Freundschaft und Liebe ist ihr nicht bekannt. Hatte sie überhaupt je geliebt? Ist es das, was Kinder für ihre Eltern empfinden? Oder für ihre Geschwister?
Yasraena kennt es nicht. An ihrem Vater war nichts liebenswert, man musste funktionieren und das tun was er sagte, dann war er okay. Selbstredend nicht nett oder liebenswert, aber eeben erträglich. Aber wenn man ihn verärgerte oder enttäuschte, dann endete es in Schmerz. Yasraena hatte früh gelernt damit umzugehen und ebenso früh erkannte sie, dass ihre Mutter ihr nie helfen würde, ganz gleich was der Bastard ihr auch antat. Am Ende war der Bastard tot, ermordet durch die Hand ihrer Mutter, aber die Kluft die schon damals zwischen ihr und ihrer Mutter lag, konnte nie gänzlich behoben werden. In den Elbenlanden fühlte sie sich stets fremd. Einzig die Nähe zu den Pferden gab ihr ein Gefühl, was dem der Zuneigung und der Freundschaft ähnlich war. Später auf ihren Reisen hat sie eine Art zweckdienliche Freundschaft mit der Frau des Bauern geführt. Ja, sie hat ihr etwas bedeutet und ja, sie war traurig als diese starb. Aber war es einzig ihr Schmerz oder der Kummer der Kinder, der sie mitgerissen hatte? Es fühlte sich so anders an als jetzt. Nicht einmal annähernd so schlimm und Savena ist schließlich nicht tot, sie ist nur vorübergehend fort.
Yasraena hatte stets ein Händchen für Kinder. Vielleicht gerade weil sie ihnen all das geben wollte, was sie selbst nie gehabt oder gekannt hatte und sie als schützenswerte, wehrlose Personen sieht. Daher ist wohl tatsächlich davon auszugehen, dass der Kummer der Kinder ihr mehr wehtat als der eigentliche Tod der Bauersfrau und nun? Diese Gefühle sind ihr vollkommen fremd und der Kummer frisst, reißt, beißt und zerrt an der Elbe Innern, welche sich selbst dafür verdammt überhaupt Gefühle an sich herangelassen zu haben.
Vielleicht ist es sogar gut, dass Savena nun fort ist, Yasraena könnte zum Wesentlichen zurückkommen und vielleicht gar damit abschließen und wenn Savena zurück käme, würde Yasraena ihre Gefühle im Griff haben, kontrollieren und unterdrücken. So wie es anfangs, als reine Neugier sie zu der Shin hinzog, eben auch war. Genau dahin wollte Yasraena zurück. Hatte sie einst betreuert hier in der Stadt keinerlei Freunde zu haben, so ist ihr nun ganz genau bewusst, warum es besser war dergleichen nicht zu haben...

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 05. Juli 2011, 10:19 Uhr
ein Tag nach Inari


Yasraena konnte die Nacht kaum schlafen, auch wenn sie sich selbst nicht genau erklären kann, was an Savenas Abreise so schlimm ist. Bevor Yasraena die Menschenfrau näher kennengelernt hat, kam sie schließlich auch gut alleine – ohne Freundschaften zurecht. Was hatte sich nur daran geändert? Die Elbe vermag es nicht zu benennen und quält sich den morgens, pünktlich aber dafür übermüdet aus dem Bett. Eilig kleidet sie sich an, bindet ihr Haar zurück und begibt sich zu den Ställen ob das Federvieh in den Freilauf zu lassen. Auch die anderen Ställe werden von der Elbe geöffnet, so dass die Tiere in ihre Gehege können, welche ihnen des Nachts aufgrund von Raubtieren verwehrt bleiben. Ausgerechnet heute, wo Yasraena ohnehin kaum bei der Sache ist, entgeht es ihr das Hühnergehege zu kontrollieren und so übersieht sie selbstredend ein Loch, dass sich ein Fuchs wohl unter dem Zaun hindurch gegraben hat.

Nachdem alle Tiere ihren Auslauf in den Gehegen genießen, begibt sich die Elbe zum Brunnen und schöpft Eimerweise Wasser empor, um die Tränken zu reinigen und mit frischem Wasser zu versorgen. Völlig in ihren Gedanken gefangen nimmt sie um sich herum kaum etwas wahr und so passiert, was bei all dieser Unaufmerksamkeit passieren muss und Yasraena läuft mit einem randvoll gefülltem Wassereimer geradewegs in Herleva hinein, welche ihren Weg kreuzt. Harlevas Gewänder kleben ob der Nässe an ihr und sie flucht wie ein Rohrspatz ob des kalten Nasses. Yasraena, selbst durchnässt, entschuldigt sich, doch es scheint als würde Haleva davon nichts hören wollen, als sie fluchend zurück ins Gebäude geht, um ihre Gewänder zu wechseln. Yasraena seufzt. Sie nimmt das kalte Nass, welches ihr Kleid durchtränkt und an ihren Beinen herabläuft kaum wahr. Stattdessen geht sie zurück zum Brunnen, um die Eimer abermals zu befüllen und auch die letzten Tränken mit frischem Wasser zu versorgen.

Yasraena will gerade dazu übergehen, das Futter zu holen und auf die Gehege zu verteilen, als ihr eines der Hühner gackernd entgegen läuft. Yasraena trifft es wie ein Schlag und eilig versucht sie das flüchtige Tier einzufangen, doch das flinke Ding entwischt ihr immer wieder. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, beschließt die Elbe, sich erst einmal anzusehen, was der Grund für den Ausbruch ist und nachdem sie das Gehege sorgfältig abgelaufen ist, findet sie auch die undichte Stelle im Zaun. Wild fluchend, treibt sie die wenigen Hühner, welche noch im Gehege sind zurück in den Stall und schließt die Tür. Danach begibt sie sich daran, das Loch improvisorisch zuzubuddeln. Sie würde den Zaun später erneuern müssen, aber vorerst reicht es, um die entflohenen Hühner wieder ins Gehege zu treiben. Die Elbe hat versucht, die Hühner, welche nun im Stall sind zu zählen, doch die aufgeregte Schar wuselt so wild durcheinander, dass der Elbe auch das nicht möglich ist. Entschlossen nimmt sie ein altes Netz aus der Scheune und mit dessen Hilfe gelingt es ihr ein Huhn nach dem Anderen zurück ins Gehege zu treiben. Anschließend holt sie tatsächlich das Futter und streut das Gehege ausgiebig aus, ehe sie das Türchen wieder öffnet und wartet ob noch weitere Ausreißer ob des Futters gar freiwillig in ihren Auslauf zurück kehren und in der Tat, drei weitere Hühner kommen angelaufen und laufen von selbst ins Gehege. Tief durchatmend schließt Yasraena das Tor sorgfältig und läuft das Gehege noch einmal ab, ehe sie mit Stahlgittern die defekte Stelle im Zaun auszubessern beginnt. Die aufgebrachten Hühner haben sich inzwischen wieder beruhigt, haben ihre Morgenration gefressen und picken leise im Gehege herum, als die Elbe ein aufgeregtes Gackern und Kratzen vernimmt.
Oh verdammích noch eins! Ich habe die Hühner im Stall vergessen!
Eilig öffnet die Elbe nun auch den Stall und lässt auch diese Hühner in den Auslauf. Selbstredend kann sie nun noch einmal Futter holen, denn die anderen Hühner haben den  Eingesperrten nichts übrig gelassen. Nachdem Yasraena das Hühnerproblem endlich behoben hat, lässt sie sich gegen einen Baum sinken und atmet erleichtert aus. Sie ist sich sicher ein jedes der Hühner wieder eingefangen zu haben. Zumindest kennt sie deren Färbungen inzwischen und weiß wie viele es von jeder Farbe sein sollten und ihr war nicht aufgefallen, das noch eines fehlen würde.

Erleichtert macht sie sich daran auch die anderen Tiere zu füttern, doch ihre Gedanken schweifen nun, nachdem die Aufregung um die Hühner vorbei ist, immer wieder ab und kreisen um Lady Shin. Savena hatte ihr gesagt, dass sie sich vor ihrer Abreise nicht mehr sehen würden, da sie noch Vorbereitungen zu treffen habe und Yasra stimmt die Situation nach wie vor traurig. Gerne würde sie sich ablenken, etwas abschalten, aber ihre Gedanken kommen immer wieder und kreisen wie tobende Höllenhunde in ihrem Kopf umher. Die Elbe macht sich nun, wo die Tiere gefüttert sind, daran die Ställe zu misten. Eine Arbeit, welche sie tagtäglich verrichtet und bei welcher sie sich nicht gerade konzentrieren muss, was ihren Gedankenkreisen noch zu Gute kommt und sie immer weiter driften lassen. So in ihren eigenen Gedanken verstrickt, braucht sie deutlich länger als sonst und schon ist es Nachmittag, ohne das Yasraena etwas gegessen oder wenigstens getrunken hätte. Die Elbe hat jedoch weder Appetit noch kommt ihr der Gedanke, dass man etwas essen könnte. Sie vergisst es schlichtweg und beginnt stattdessen mit der allabendlichen Arbeit. Die Tiere kommen wieder in die Ställe, wo sie ihre Abendration bekommen. Danach geht Yasraena durch die Gehege und reinigt diese vom gröbsten Dreck. Erst als sie auch damit fertig ist, trottet sie mit hängenden Schultern und einem wehmütigen Ausdruck in das Wirtshaus zurück.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Azra am 06. Juli 2011, 23:57 Uhr
ein Tag nach Inari 511

Es rumpelt. Es knarrt. Es ächzt. Es poltert. Mit einem leisen, aber hörbar missmutigen Grummeln blinzelt Azra ein-, zweimal in das fahle Morgenlicht, kuschelt sich noch etwas dichter an Borgils breite Zwergenbrust, murmelt etwas von „Viel zu früh“ und vergräbt entschieden ihr Gesicht unter seinem Kinn in den Kissen.
Borgil selbst bewegt sich keinen Sekhel und seine tiefen Atemzüge, die entfernt an das zufriedene Grollen eines sahneverwöhnten Tigers erinnern, verraten, dass er noch immer tief und fest schläft. Azra gibt sich alle Mühe es ihm gleich zu tun, aber das morgendliche Treiben in der Harfe hat kein Mitleid mit ihr. Wahrscheinlich wuseln Grid, Sigrun und Halla schon wieder in geschäftiger Dreisamkeit durch die Gänge, jagen die letzten Hamadat- und Sommerweinleichen aus dem Haus und machen sich daran die Harfe von ihrem festlichen Inarikleid zu befreien. Und dabei sind sie auch nicht viel früher als wir zu Bett gegangen… Grid sogar noch später. Hm, ob Grid wohl überhaupt nach Hause gekommen ist? Azra kann nicht anders als grinsen, als die Erinnerungen an die beginnende Inarinacht sie einholen, darunter auch Bilder von einer redlich angeheiterten Schankmaid, die von einem rettungslos verliebten Red mit Serahimzunge umworben wird und unter den zuckersüssen Worten so rot anläuft, wie Sigruns prächtigste Sommertomaten.
Und dann kriecht die Röte auch über ihre Wangen, als ihre Gedanken weiterwandern, zu ganz anderen süssen Worten, die über ihre ganz eigenen Lippen geperlt waren, derweil Borgil… und sie Inari gehuldigt hatten. Lange. Intensiv. Und sehr ausgiebig. Oh Götter, er hat… und ich habe… Uh… und dann… Ein Schauer jagt ihren Rücken hinab und obwohl ihr wirklich alles andere als kalt ist unter dem Deckenberg und den Fellen und mit einem persönlichen Ofen neben sich, lässt Gänsehaut ihr die Haare auf Armen und im Nacken zu Berge stehen. Oh ja. Sehr ausgiebig.
Was mir aber keinen Freischein gibt faul herum zu liegen, während unsere Mädchen und Burschen versuchen wieder einen etwas geregelten Alltag in die Harfe zu holen. Aus Erfahrung weiss Azra, dass es ein paar Tage dauern wird, bevor sich das Gasthaus von den Freuden und Ausschweifungen des Inarifestes erholt hat – und auch die letzten Gäste, die von nah und fern und sehr fern angereist sind, sich wieder auf den Heimweg gemacht haben. Bei einigen geht das leider, wie immer, viel zu schnell. Bei anderen kann Azra es gar nicht erwarten, sie los zu werden. Zum Beispiel den azurianischen Wüstenpapagei, der nach Borgils Aussage seit über einem Jahrzehnt pünktlich zu Inari samt Gefolge und kichernder Haremsschar die Hälfte der Harfe für sich in Beschlag nimmt und dessen Muezzin den stolzen Gockel hinten im Harfengarten erfolgreich in den Wahnsinn treibt mit seinem allmorgendlichen Allah Akbar. Der hat sicherlich schon drei Generationen geschädigter Hähne hinterlassen. Zumindest ist es bewiesen, dass der Hahn, der seit vier Jahren den Misthaufen terrorisiert und sich ungekrönter König einer vier Dutzend grossen Schar Hennen schimpft, immer mindestens zwei Monde braucht, bis er wieder den richtigen Kräh-Rhythmus gefunden hat und nicht einfach mal mitten in der Nacht seinen Dienst verrichtet.

Noch etwas länger weiss Azra der verräterischen Geräuschkulisse zu trotzen, dann aber gewinnt ihr Pflichtgefühl die Oberhand und treibt sie laut seufzend aus der wohligen Umarmung ihres Mannes – der weiterschläft wie ein Stein. Azra lässt ihn einfach liegen. Er hat, wissen die Götter, in den letzten Wochen genug geschuftet, um Inaris Tag in seiner vollen Pracht erstrahlen lassen zu können und nachdem, was Azra gesehen und gehört hat, ist es wieder einmal ein voller Erfolg gewesen. Ist es auch, wie Azra gleich darauf selbst feststellt, als sie weniger elegant als gewollt aus dem Bett krabbelt und ihre Beine zitternd zu verstehen geben, dass sie sowohl tagsüber, als auch abends, aber vor allem nachts ein wenig überarbeitet worden sind. Das Kleid, das sie für Inari trug – ein Traum aus perlmuttheller Ceresdorer Seide und goldenen Applikationen -, liegt noch immer genau da, wo Borgil es von ihrer Haut geschält hat… zusammen mit seinen Hosen und dem Rest ihrer Kleidung. Es ist ein Wunder, dass wir es überhaupt bis ins Bett geschafft haben. Mit einem entschlossenen Schnauben, das sehr erheitert klingt, angelt Azra sich bis zum Tisch, wo Waschschüssel und Wasserkrug stehen und gönnt sich erst einmal eine ausgiebige, aber vor allem kalte Ganzkörperwäsche. Sorgfältig schrubbt sie sich Feenstaub und Schweiss von der Haut, zupft den kümmerlichen Rest hunderter von weissen und lavendelhellen Rosenblüten aus ihren Haaren, kämmt diese, bis sie ihr wie schimmernder Schnee weit über die Schultern fallen und bändigt sie anschliessend in einem schmucklosen, aber praktischen Zopf. Dann streift sie ein lichtblaues Leinengewand über, das sie in der Taille gürtet, und schlüpft in weiche Ledermokassins, die Borgil ihr vor nicht allzu langer Zeit auf dem Platz der Händler bei einem Immerfroster erstanden hat. Bereit für die Arbeit, lässt sie es sich nicht nehmen ihrem Mann noch einen sanften Kuss auf die Schläfe zu drücken, bevor sie schliesslich ihre Gemächer verlässt und erst in der Küche zum Rechten sieht.

Dort herrscht bereits reger Betrieb und der herrliche Duft nach frischgebackenen Brotlaiben vermischt sich mit dem herben Geruch nach saftigem Speck. Sigrun, die unter ihrer Haube leicht grimmig in die Welt blinzelt, scheucht ihre Bande von Köchen und Köchinnen mit gewohnt harter Hand durch den Raum und hat nicht im Entferntesten Mitleid mit jenen, die aussehen, als hätten sie Inari mit etwas zuviel Sommerwein Willkommen geheissen. Azra wirft ein beschwingtes: „Guten Morgen!“ und ein breites Lächeln in das allgemeine Gewusel, nimmt sich eine der Schürzen vom Haken und macht sich auf die Suche nach Halla.
Diese ist mitsamt einer Schar tuschelnder und kichernder Mädchen eifrig dabei den Gastraum der Harfe von den Spuren einer sehr festlichen, aber auch sehr wilden Inarifeier zu befreien. Azra begrüsst sie, immer wieder erfreut über die Emmsigkeit der Harfenbienen, erkundigt sich bei Bria nach dem jungen, adretten Mogbar mit den fuchsroten Haaren – und wird prompt mit einem träumerischen Seufzen und einem „Hach ja“ belohnt -, beglückwünscht Myfanwy zu ihrem netten Ardunerfang, wundert sich keine Sekunde wo Aelis und Lull wohl stecken, bedankt sich bei Nest fürs Aufpassen auf die Jungs, fragt Berin, der mit einem Stapel frischer Putzlappen an ihr vorbeihuscht, wo ihre Söhne sich eigentlich aufhielten – „Im Stall, Madame Blutaxt, bei Ninio!“ Welch Überraschung! -  und geht nebenher mit Halla und Marthea das weitere Vorgehen für den Tag durch. Manchmal ist Azra, als wäre der Tag nach dem Test hundertmal stressiger und anstrengender, als all die Wochen, die dem sehnsüchtig erwarteten Fest vorausgehen. Allerdings käme es ihr nie in den Sinn sich darüber zu beschweren, schliesslich vergeht die Zeit wie im Fluge, wenn Finger und Kopf etwas zu arbeiten haben und Azra kann das geschäftige Treiben, das die Harfe tagaus, tagein und heute im Besonderen heimsucht, wie immer aus vollen Zügen geniessen.
Gegen Mittag komplimentiert Azra die Hälfte der Mägde, Knechte und Schankmaiden – Aelis und Lull sind inzwischen auch wieder aufgetaucht und eine Weile lang hagelt es gutmütigen Spott, den die beiden stoisch über sich ergehen lassen – aus der Harfe in den Garten und auf den Marktplatz, wo ebenfalls noch einiges aufgeräumt, geputzt, abgebaut und wieder aufgebaut werden will.

Obwohl der Trubel allüberherrschend scheint und manch einer inmitten dieses bunten Treibens schon bald die Orientierung verloren hätte, ist Azra absolut Herrin der Situation – weswegen es ihr auch nicht entgeht, dass unter all den fröhlichen Gesichtern auch eines herumschleicht, dass so gar nicht aussieht, als hätte es von dem Fest der Liebe genossen.
Azra braucht keine Heilkundige zu sein, um auf Sichtweite festzustellen, dass Yasraena eindeutig viel zu wenig geschlafen hat. Leider aber offensichtlich aus den falschen Gründen.
Herlevas Fluchen ist dann aber auch nicht zu überhören und als Azra die von oben bis unten mit Wasser durchtränkte Magd fragt, was passiert sei, lässt sich diese mit rechtschaffener Empörung darüber aus, dass Yasraena mit ihrem Kopf nicht bei der Sache ist und alles, aber auch alles falsch mache. Erst will Azra den Ausrufen der drallen Magd keinen Glauben schenken und stempelt es als wüste Übertreibungen ab, aber als Seam ihr später von den entflohenen Hühnern und dem Loch unter dem Zaun berichtet, beginnt sie sich doch ernsthafte Gedanken zu machen, denn eigentlich ist Yasraena sehr gewissenhaft, wenn es um ihre Arbeit geht – und als Sigrun sich abends wundert, weil sie Yasraena noch nicht in der Küche oder zum Essen gesehen hätte, drückt Azra Borgil mit einem Frag-nicht-Blick, beziehungsweise einem Sei-froh-dass-wir-dieses-Jahr-nur-einen-Fall-von-Liebeskummer-haben-Blick Griffel und Wachstafel in die Hände, bittet Birin an ihrer Statt mit ihrem Mann die Vorratskammer zu inventarisieren, besorgt sich etwas Suppe, ein Stück Brot und etwas verdünnten Wein und macht sich auf die Suche nach der Elbe.
Beinahe wäre sie in Yasraena hinein gelaufen, die sich gerade mit hängenden Schultern auf dem Rückweg vom Stall zur Schenke befindet und deren Blick sich im Boden vor ihren Füssen verliert. „Huch.“ Gerade noch rechtzeitig weiss Azra das Tablett mit dem Essen zur Seite zu nehmen, sonst hätte auch Yasras Kleidung ein unschöner Fleck geziert. Es dauert einen Moment, bevor auch zu der Elbe durchdringt, dass sie beinahe mit jemandem zusammengestossen wäre und die Trägheit, mit der die Erkenntnis sich zu dem eigentlich sehr alerten Bewusstsein der Elbe durchschlägt, lässt Azras Sorge Sturm klingeln.

Sie gibt Yasra überhaupt nicht die Zeit, sich zu entschuldigen, sondern schiebt das Tablett auf einen Arm, greift mit der freien Hand nach Yasras Hand, umfasst die langen, schmalen Fingern mit ihren Kleinen und meint sanft: „Komm, wir setzen uns dort drüben auf die Bank.“ Hätte die Elbe Azra nicht folgen wollen, wäre es kein Problem für sie gewesen sich zu weigern – aber sie folgt wie in Trance, als wäre sie gar nicht richtig bei sich. Brav wie ein Schosshündchen lässt sie sich neben Azra auf die Bank fallen, den Blick leer und offen auf irgendeinen Punkt in der Ferne gerichtet, wohin niemand ihr folgen kann. Behutsam setzt Azra das Tablett neben sich ab – das Essen kann warten -, nimmt das Gesicht ihrer Freundin liebevoll zwischen ihre Hände und zwingt sie auf diese Weise sie anzusehen. Yasraena sieht erschöpft aus. Das Haar hängt ihr wirr und glanzlos über die Schultern, die hübsche Blässe ihrer Haut ist einem krankhaften Weiss gewichen, unter den grossen, hellen Augen liegen dunkle Ringe und die Lippen sind nur noch ein schmaler Strich. Aber da ist noch mehr. Azra kann nicht mit Bestimmtheit den Finger darauf legen, aber sie würde die Harfe darauf verwetten, dass es etwas mit Lady Shi zu tun hat. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Yasraena und die Weisse Mistress sehr viel Zeit miteinander verbringen und manch ein vorlautes Waschweib weiss mit spitzer Zunge über ein paar sehr interessante Details zu berichten. Worte wie „Liebelei“, „unerhörlich“ und „mehr als unangebracht“ kreuzen die Geschichten wie Reisende das Westtor und inzwischen hagelt es Gerüchte von Talyras Dächern, dass die Spatzen gar nicht mehr nachkommen. Azra macht sich aus all dem Geblubber und Geschwafel herzlich wenig. Noch nie von nachtragender Natur, hat sie schon bald vergessen was während des Blumenballs bei Aurian geschehen war – ausgenommen ihrer eigenen peinlichen Eifersucht – und inzwischen ist das Verhältnis zwischen ihr und der weissen Mistress, die regelmässig zu Gast ist in der Harfe, als höflich, bis freundlich zu betiteln. Ganz zu schweigen davon ist es Yasras und Yasras Sache allein, mit wem sie ihre freie Zeit verbringen möchte und Azra würde sich davor hüten ein Urteil zu fällen über jemanden oder etwas, von dem sie nichts weiss. Hätte Yasraena etwas von sich und Lady Shi erzählen wollen, hätte sie das wohl schon längst getan.

Aber so herumlaufen lassen, kann ich dich auch nicht, denkt Azra mit einem innerlichen Seufzen und streicht Yasra eine ihrer silbernen Strähnen hinters Ohr. Sie macht keinen Hehl aus ihrer Besorgnis und auch der mitfühlende Tonfall macht deutlich, dass sie sich ernsthaft Gedanken um ihre Freundin macht: „Yasra, was ist los mit dir?“
Ein langer, nichtssagender Blick ist vorerst ihre einzige Antwort, weswegen sie vorsichtig etwas näher rückt und der Elbe einen Arm um die Schultern schiebt: „Den ganzen Tag läufst du herum wie ein getretener Hund, isst nichts, trinkst nichts, vergisst Dinge… und bist überhaupt mit deinem Kopf ganz wo anders. Ausserdem siehst du aus, als hättest du kein Auge zugetan. Ich mache mir Sorgen. Erzähl mir doch, was los ist. Vielleicht kann ich dir helfen…“ Flüchtig stockt sie, zuckt dann mit den Schultern und fügt leiser hinzu: „Vielleicht eher nicht, aber immerhin im Zuhören bin ich gut.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Calait am 07. Juli 2011, 20:52 Uhr
Sonnenthron 511

Die Pflastersteine unter ihren Füssen atmen Wärme und der Wind ist nur ein laues Lüftchen an diesem strahlenden Sonnenmondtag, als Calait flankiert von zwei hechelnden Karjakoirarüden das Nordtor zur Stadt passiert. Die Hitze ist seit bald zwei Siebentagen ungekrönter Herrscher. Selbst die Nacht hat ihr nichts entgegen zu setzen und die Stadt, normalerweise zu dieser Zeit die geschäftige Hochburg für Händler und Bauern aus dem Umland, wird erdrückt von der erstickenden Trockenheit. Überall in den Strassen und Gassen, allen voran auf dem Marktplatz wird geklagt über Shenras Erbarmungslosigkeit, Cenias Schreine quellen über vor Opfergaben und das Bitten und Flehen nach Regen erfüllt sämtliche göttlichen Hallen, die auch nur im Entferntesten etwas mit dem Wetter, der Feldwirtschaft und der Ernte zu tun haben. Wenn man der Verzweiflung Glauben schenken will, haben sich manche sogar an Kenen gewandt. Calait hat ebenfalls gebetet, sowohl zu den Göttern, als auch zu Ealara und ihren Ahnen, und um Beistand gefragt für all jene Menschen, die um ihre Ernte, oder ihr Land, oder ihr Vieh bangen. Das dem jungen Jorun der Brunnen nicht versiegt, dem Bauer Högven und seiner Familie das Korn nicht vertrocknet, den Kühe der alten Habicht das gedörrte Gras bis zum nächsten, heiss ersehnten Regenschauer reicht, die kleine Linza mit ihren Ziegenscharen nicht noch viel weiter von den ihr bekannten Wegen abweichen muss, um Futter aufzutreiben… die Liste ist lang und wird immer länger.
Normalerweise gesellt sich Calait gegen den späten Mittag in Begleitung ihrer kunterbunten Tiermeute zu Schiefenkiefer, einem gichtkranken, alten Korbflechter, der ihr über die Wintermonate einen Schlafplatz in seiner windschiefen Hütte angeboten hat, und lockt mit ihrer Stimme Kunden an seinen Stand. Zwischendurch lässt sie es sich nicht nehmen, die neugierigen Kinder, die von dem chaotischen Sammelsurium an Nagetieren, Fellmonstern und Federvieh angelockt werden, mit ein paar Geschichten zu beglücken, was dem alten Zausel ein schräges Grinsen auf seine von Natur aus bereits bizarr verqueren Züge lockt.
Abends hilft sie ihm dabei seine Waren zu verstauen, bevor sie gemeinsam entweder den Kupferkessel, die Goldene Harfe, den Grünen Aal, oder zur Abwechslung dann und wann auch den Pfirsich aufsuchen, um sich einen Schluck verdünnten Wein oder dunkles Verder zu gönnen – und im Pfirsich in Schiefenkiefers Fall das Tätscheln des einen oder anderen drallen Hinterns - und dabei dem Geschwätz der Meute zu lauschen.

Heute aber tragen Calaits Beine sie nicht bis an den Südrand des Marktplatzes, sondern auf direktem Weg zum Harfengarten und dem dazugehörigen Harfenwirt: Borgil Blutaxt.
Breur und Traõn traben auf leisen Pfoten neben ihr her und schaffen Calait einen Weg durch den allgemeinen Trubel. Sie spürt die Anwesenheit der Hunde und konzentriert sich auf deren Bewegungen, hält im Schritt inne, wenn die Karjakoiras es tun, orientiert sich an ihren Richtungsangaben und weicht damit erfolgreich den schlimmsten Zusammenstössen aus. Seit Lía fort gegangen ist, ist es an den Hunden hängen geblieben ihre blinde Herrin sicher durch den Alltag zu be- und auch geleiten und obwohl es zu Beginn einiges an Übung bedurfte, wissen die Hundebrüder inzwischen sehr genau über ihre Aufgabe Bescheid. Sie halten gerade genug Abstand zu Calaits Beinen, damit ihr Fell deren Schenkel noch streift – was schwieriger geworden ist, seit Calait die Hälfte ihrer Tierschar einer radikalen Scherung unterzogen hat, um sie in dem bereits ungewohnten Klima nicht noch mehr leiden zu lassen. Jetzt tragen sowohl die Schafe, als auch die Karjakoiras und Maus, der junge Hunajahengst, einen modischen Sommerfellschnitt, der zwar potthässlich ist und wirkt, als hätten sie sich mit einer Schar Rasiermesser angelegt, aber ihnen immerhin Erleichterung verschafft was die Hitze betrifft. Calait, gehüllt in nichts weiter als eine ärmellose Leinenbluse, eine Lederweste und einen dunkelroten Rock, kümmert das Wetter herzlich wenig. Ganz im Gegenteil. Da sie tagaus, tagein draussen verbringt, hat ihre von Natur aus sonnengebräunte Haut den Ton dunkelgoldenen Honigs angenommen und damit der Schweiss ihr nicht in Bahnen den Nacken hinab rinnt, hat sie ihr Haar mittels Lederschnüre und Knochenkämme zu Zöpfen gedreht und am Hinterkopf festgesteckt. Nur der Schmuck, sowohl Gold, als auch Holz und Silber, der ihre Ohren, ihren Hals, ihre Hand- und Fussgelenke schmückt, ist immer noch der Gleiche.

Als die den Marktplatz überquert, schallen ihre verschiedene Begrüssungen entgegen und lachend winkt sie in die ungefähre Richtung, wo sie die Ausrufer vermutet. Seit bald einem Jahr verweilt sie nun bereits in Talyra und ist längst kein unbekanntes Gesicht mehr. Was umgekehrt genauso gilt. Vor allem die Männer der Stadtgarde kann sie – Varin zum Dank – inzwischen blindlings an deren Stimmen erkennen. Er ist es auch gewesen, der sie an Bewohner innerhalb der Mauern weiterverwiesen hat, die ihr die Anfänge in der grossen, bislang unbekannten Stadt erleichtern konnten, und der sich verschiedene freie Abende die Zeit nahm sie allem möglichen Volk vorzustellen und sie kreuz und quer durch Talyra zu führen, bis sich die Stadt wie ein grosses Flechtwerk an Wegen kartengleich in ihr Gedächtnis gebrannt hat.
Borgil war einer jener Männer, denen sie binnen der ersten vier Siebentage ihres Aufenthalts in Talyra die Hand schüttelte und sie hat den raubeinigen Zwergenwirt mit dem Herz am rechten Fleck über die lange Zeit sehr zu schätzen gelernt, obwohl sie bislang noch nicht viel mehr als ein paar unpersönliche Worte gewechselt haben. Aber sie weiss inzwischen, dass, wann immer sie in der Harfe singt – und das tut sie sehr gerne -, ein Teller köstlicher Eintopf für sie selbst und alte Brotlaibe für ihre verfressene Viehhorde auf sie warten. Für Nimmersatt gibt es sogar immer einen Eimer Essensreste extra, was Calait doch die gröbsten Sorgen von den Schultern nimmt – durch welche edlen Vorratskammern er sich sonst wühlen würde, will sie gar nicht wissen.

Sowohl Varin, als auch Borgil versuchten sie umzustimmen, als sie beschloss Llwyfanen Llawr zu verlassen und es sich stattdessen im Norden direkt neben der Stadtmauer am Smaragdstrand gemütlich zu machen. Sie appellierten an ihre Vernunft, dass man ihr des Nachts keinen Schutz ausserhalb der Stadt gewähren könne – nicht einmal wenn Varin die Wachen am Nordtor spezifisch darauf instruierte – und das es Colevar sehr wahrscheinlich herzlich wenig interessierte, wenn sie bei seiner Rückkehr noch immer auf seinem Land hockte. Daraufhin hat sie den beiden, ohne den Versuch irgendetwas schön zu reden, erzählt, was auf dem Frostweg vorgefallen war und wie Colevar sich dementsprechend fühlen musste, wenn er die Zwillingsschwester der Frau, für die er mal eben so dir nichts, mir nichts alles hatte stehen und liegen lassen und die ihn dafür aufgrund von nichts weiter als äusserst verwirrenden und vor allem nichtssagenden, fast schon niederen Beweggründen auf dem Frostweg hatte hocken lassen, auf seinem Gut vorfände. Er würde sie sehen und obwohl er sofort wüsste, dass sie nur das traurige Ebenbild der Frau war, die er sich eigentlich herbeiwünschte, würde die Hoffnung sich wie ein blankes Messer in seine Brust graben und ihn aufschneiden bis tief zu dem Punkt, wohin er Lía sehr wahrscheinlich verbannt hatte.
Und das wollte und will sie ihm noch immer nicht antun.
“Aber alleine dort draussen bleiben kannst du auch nicht.“ Varins Entschlossenheit hatte keinen Platz für „Wenns“ und „Abers“ gelassen – einmal ganz abgesehen davon, dass Calait diese sich wissentlich sparte. Sie ist allein. Sie ist blind. Und dadurch auch verdammt hilflos. Wenn irgendjemand auf die Idee kam, ihr dort draussen zu Leibe zu rücken, dann würden ihr auch die Hunde nicht helfen können. Und Gesocks gibt es auch in den umliegenden Ländern genug. Zum ersten Mal seit lange unsicher, was sie tun soll und vor allem tun kann, hat sie Borgils Angebot gemeinsam eine geeignete Unterkunft für sie zu regeln mehr als dankbar angenommen.

Als Calait zusammen mit den Hunden am Eingang zum Harfengarten auftaucht, dauert es keine fünf Sekunden, bevor eine der Mägde – ihr fröhliches Zwitschern verrät sie als Mildid, ein besonders fideles Exemplar einer Mogbar – mit fliegenden Röcken an ihre Seite eilt und sich erkundigt, ob man ihr behilflich sein könnte. „Ja“, grinst Calait und gibt den Hunden mit einem einfachen Handwink zu verstehen, dass sie hier warten sollen: „Ich bin hier, um mit Maester Borgil zu sprechen. Könntest du mir vielleicht bis in den Schankraum helfen?“ Es ist immer wieder aufs Neue ein Kunststück, ohne blaue Zehen oder andere angeschlagene Gliedmassen durch das vorherrschende Gewusel rund um und innerhalb der Harfe zu gelangen, aber dank Borgils eifriger Maiden beschränken sich die meisten Unglücke auf ein paar Kratzer und den einen oder anderen Bierfleck. „Ja, natürlich“, vergewissert Mildid rasch und legt Calait eine Hand auf den Unterarm, woraufhin diese ihr vorsichtig, aber sicheren Schrittes dicht auf folgt. Auf diese Weise gelangen sie ungehindert und unblessiert bis zur Theke. Es ist immer wieder aufs Neue ein ganz ureigenes Erlebnis das wohl grösste und berühmteste Gasthaus Talyras zu betreten und wie so oft fühlt sich Calait, sobald ihr Fuss die alten, dunklen Dielen berührt, pudelwohl. Gelächter, Gemurmel, aufgebrachte Diskussionen schwingen ihr entgegen, der Duft nach Braten und Kartoffeln liegt so dick in der Luft, das man sie schneiden könnte und auf Calaits Gesicht wird erhellt von einem breiten Grinsen. Hach ja, die Harfe.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 08. Juli 2011, 02:56 Uhr
Yasraena war heute so abwesend, dass sie die Blicke der Hausherrin nicht einmal bemerkt hat. Für gewöhnlich grüßt sie Azra und ist nett zu ihr, nicht nur, weil sie ihr überhaupt erst die Tätigkeit in der Harfe zu verdanken hat sondern vor allem auch, weil Azra ihr inzwischen wirklich wichtig geworden ist. Obgleich sie beide die goldene Harfe ihr Zuhause nennen, sind sie doch grundlegend verschieden. Azra ist die Frau des Wirts Borgils und Mutter seiner  Kinder und Yasraena selbst nicht weiter als eine der unzähligen Mägde des Wirtshauses. Und obwohl beide von dem Rang her unterschiedlicher nie hätten seien können, verbindet sie eine gemeinsame Vergangenheit. Sie beide sind nichts weiter als Shebaruc-Bastarde. Und auch wenn Yasraena an ihrem ersten Tag in der Harfe für sie selbst unerfreulich auf diese Tatsache gestoßen wurde, haben sie und Azra nie näher zu dem Thema gefunden und auch heute scheint es so, als wäre das Thema alles andere als relevant.

Die Elbe hat einen schlechten Tag. Inzwischen ist es auch der einen Magd und dem anderen Knecht nicht entgangen. Für gewöhnlich erledigt die weißhäutige Schönheit ihre Arbeit sehr gewissenhaft und bis auf kleinere Malheurs, wie sie jedem Mal passieren, absolut fehlerfrei und doch sind ihr heute Fehler unterlaufen, die für sie wahrhaft ungewöhnlich sind und sie selbst scheint sich nicht einmal darum zu scheren, so abwesend ist sie und soweit tragen ihre Gedanken sie fort. Doch nachdem sie alle ihre Fehlerchen weitestgehend ausgebügelt hat, die Hühner eingefangen sind und die Arbeit erledigt ist, fühlt sie sich ziellos, orientierungslos, ausgebrannt und leer. Gerne hätte sie solange weiter gearbeitet, bis die Erschöpfung sie zusammenbrechen lässt und sie in einen langen, wohligen Schlaf fällt, doch statt dessen treibt es sie wie stets, wenn sie ihre Arbeit verrichtet hat, gewohnheitsgemäß zum Haupthaus, dem Wirtshaus selbst.

Auf dem Weg zu dem Gebäude wäre sie beinahe mit der Hausherrin, Azra, höchst selbst zusammengeprallt. Sofort weicht Yasraena zurück und nimmt obgleich die Lady des Hauses inzwischen durchaus eine Art von Freundin geworden ist, eine unterwürfig und vor allem entschuldigende Haltung ein. Beinahe schon, wären ihr Worte der Entschuldigung und des Bedauerns über die Lippen gesprudelt, doch Azra ergreift Yasras Hand mit ihren feingliedrigen Fingern, welche ebenso bleich sind, wie die Yasras selbst und führt sie zu einer nahe stehenden Bank. Yasraena folgt ihr wie in Trance, so sehr nimmt sie das Geschehene noch mit und zu sehr ist sie ob des plötzlichen Auftauchens der Hausherrin überrascht…

Plötzlich? Azra ist immer hier und überall und hat ihr wachsames Auge und ihr führsorgliche und freundliche Aufmerksamkeit auf ihre Mägde und Knechte gerichtet.
Zugegeben, die Angestellten mögen eher Arbeitskräfte ihres Mannes, Borgils sein, dennoch ist es Azras Sanftheit und Freundlichkeit und vor allem ihre stets netten Worte, welche Yasraena auf eine Art und Weise berühren, welche ihr ebenfalls bislang fremd war. Obgleich ihr Kennenlernen damit begann, dass sie Yasraena, das Halbblut, Azra verletzt hat, bzw. verstört hat, indem sie die zierliche Gestalt nach Shebaruc Manier angefaucht hat, war Azra ihr nicht lange böse und kurz darauf schon, hatte sich die oberste Frau der goldenen Harfe ihrer angenommen und sie gar umsorgt. Yasraena war gerührt ob all der Freundlichkeit und dennoch hatte sie selbst Arbeit und Freizeit stets zu trennen versucht. Azra war die Frau ihres Arbeitgebers und somit keine Freundin, sondern ein notwendiges Glied in einer Kette, welchem Yasraena gefallen musste, damit das Arbeitsverhältnis weiter funktionieren konnte. Zumindest war das stets der Elbe Absicht, welche zugleich jedweden engen Kontakt versucht von sich zu weisen und sich gleichzeitig genau danach sehnt, nach Vertrauen, Freundschaft, Ehrlichkeit und Zuneigung. Es fällt ihr immer schwerer die Hausherrin innerlich von sich zu weisen, Gefühle zu blocken und gleichzeitig nach außen stets nett und zuvorkommend zu sein. Genau das gelingt ihr aber heute nicht und als Azra sie zur Bank führt, geht sie nur allzu bereitwillig mit.

Obgleich Yasraena ihren Vater aus tiefstem Herzen verabscheut, sind einige seiner Lehren, welche ihr von frühester Kindheit an eingetrichtert wurden unterbewusst in ihr Fleisch und Blut übergegangen. So auch der Punkt, dass jedwede Gefühle einen schwach und verletzlich machen. In ihrem Leben ist kein Platz für Liebe oder Freundschaft, für Zuneigung oder Abneigung. Für Hass oder Furcht. Alle Gefühle stellen eine Schwäche dar und so schreckt sie innerlich noch immer vor dem eigentlichen Grund ihres Befindens zurück: Lady Shin.

Yasraena weiß nicht, ob es gar Liebe oder einfache Freundschaft ist, die sie mit der Lady verbinden. Die Grenzen verschwimmen zu einem unklaren Durcheinander und da Yasraena nicht einmal der Grund bewusst ist, weshalb sie sich stets ungewollt davor sträubt Gefühle überhaupt erst an sich heran zulassen, ist es naheliegend, dass auch Lady Shin ein Thema ist, an dass sie eigentlich nicht denken möchte. Aber wer kann schon seine Gedanken abstellen? Nun, Yasraena kann es offensichtlich nicht, denn sonst wäre sie heute bei der Sache gewesen und hätte sich nicht zu so vielen Unaufmerksamkeiten hinreißen lassen. Dass sie die Situation retten und alle Hühner wieder einfangen konnte, sieht sie nicht gerade als Erfolg, denn für gewöhnlich neigt die Perfektionistin erst gar nicht zu solchen Fehlern und wenn sie sich gerade nicht so schrecklich leer fühlen würde, wäre ihr all dies vielleicht gar bewusst geworden. Doch all die Gedanken, die sie den Tag über von ihrer Arbeit haben abgelenkt haben, scheinen wie weggeblasen. Überhaupt fühlt sie tatsächlich nichts außer dieser Leere. Es mag nichts weiter als ein Schutzmechanismus sein, doch der Elbe selbst ist dieser nicht einmal bewusst, denn es handelt sich über seit Jahrzehnten tief in ihrem Unterbewusstsein eingebrannte Automatismen, welche sich inzwischen völlig unbewusst verselbständigt haben und ohne ein Zutun Yasraenas ihren Weg gehen.

Selbst dass sie, die unnahbare Shebaruc-Hochelbe sich nach Nähe sehnt, ist ihr keinesfalls bewusst. Einst hatte der Bauer, bzw. seine Frau, über die sie sich auch zu nachdenken weigert, ihr gesagt, dass nur Eltern zu bedingungsloser Liebe fähig sein, denn nur sie würden ihre Kinder voll und ganz lieben, egal ob sie von unansehnlicher Gestalt oder miserablen Fähigkeiten seien. Sie, Yasraena hatte da nur gelächelt und der Gutsfrau zugestimmt. In ihrem Innern jedoch, hat sie nichts davon gefühlt. Bedingungslose Liebe ist ihr völlig fremd. Einzig ein Haustier, welches von ihr abhängig ist, kann laut der Elbe zu bedinungsloser Liebe fähig sein. Ihr Vater hat sie getriezt gut zu sein, in allem was sie tut, wenn sie es nicht war hat er sie bestraft. Manchmal, wenn sie gut war, aber es in seinen Augen nicht gut genug war hat er sie auch bestraft und oft hat er ihre Mutter an ihrer statt bestraft, was Yasraena aus unerklärlichen Gründen noch mehr weh tat.

Die Elbe hatte wahrlich kein schönes Leben und man will meinen, das alles besser wurde, als ihr Vater tot war und sie mit ihrer Mutter in die Elbenlande floh. Doch nichts von dem war wie erwartet. Für Yasraena waren die Elbenlande, von denen ihre Mutter ihr ab und an heimlich auf telepathischem Wege berichtete, eine Art Zuflucht, in der alles friedlich, freundlich und herrlich war. Ein Paradies, welches in ihren Gedanken mehr und mehr Gestalt annahm, aber als sie endlich dort waren, hat sich die Realität als anders entpuppt. Alle waren freundlich und nachsichtig mit ihr, doch ihre wahre Herkunft hatte sie zu verschweigen und als ihr dunkles Erbe, all jenes was ihr Vater sie lehrte, die Elbe heimsuchte distanzierte man sich Zunehmens von ihr. Aber das war nicht das Schlimmste, ihr war es gleich was Fremde, die ihre Mutter als Familie bezeichnete, dachten. Schlimmer war, dass ihre Mutter ob ihrer Vergangenheit als Sklavin und Gespielin des Shebaruc irgendwann so gebrochen ward, dass sie nicht dazu fähig war, ihre Tochter als solche zu lieben. Ihre Tochter war nichts weiter als ein Dorn, welcher sich tief und tiefer in ihr Fleisch bohrte um sie stets an diese grauenhafte Vergangenheit zu erinnern und so war es nur naheliegend, dass des Halbbluts Mutter alles dafür tat, ihre unerwünschte Tochter fort zu senden. Nie hätte sie ihrem Kind Vorwürfe aus dem Geschehenen gemacht und nie hätte sie ihr dies bewusst gesagt, doch alleine die Distanz zwischen Mutter und Tochter sprach Bände. Damals war es der Elbe nicht bewusst. Yasraena war nicht klar, warum ihre Mutter ihr so viel Geld gab, um ihr die Reise zu erleichtern. Sie hatte tatsächlich geglaubt, dass ihre Mutter sie liebt, dass sie nur ihr bestes wollte und dass ihr bewusst war, dass Yasraena ihr Glück nie würde in den Elbenlanden finden können. Aber heute ist ihr klar, dass Yasraena die letzte allgegenwärtige Erinnerung an eine unerfreuliche Vergangenheit war und dass ihre Mutter höchstselbst sie fortschickte um zu vergessen und damit abschließen zu können. Vielleicht hatte ihre Mutter gar Schuld empfunden und ihr das Gold deswegen zukommen lassen, aber Liebe war es wohl kaum... Erst als Yasraena, das Halbblut, beim Gestüt erkannte, was bedungslose Liebe wirklich ist, wurde ihr klar, dass es dergleichen für sie nie gab und nie geben wird, denn wie sagte die ursprüngliche Besitzerin Nachtschattens so schön? Nur Eltern sind fähig bindungslos zu lieben.

Aber hier sitzt sie nun, auf der Bank und Azra sitzt eng neben ihr und zum ersten Mal, seit gefühlten Ewigkeiten spürt sie Zuneigung, welche an keine Bedingungen geknüpft ist. Man ist nicht freundlich zu ihr, weil sie etwas besonders gut gemacht hat, wie es die Art ihres Vaters war. Auch ist man nicht besonders freundlich zu ihr, weil sie besonders zurückhaltend, schweigsam und unaufdringlich war, wie es Art ihrer Mutter war und zuletzt lag es nicht daran, weil man von ihr besonders gute Arbeit erwartete, wie es bisher überall der Fall war. Nein, diese Freundlichkeit ist anders. Echt. Und kommt dem Bedingungslosen so nahe, wie es kaum etwas vermag.

Sanft schließen sich die winzigen, zarten Finger Azraes um Yasraenas Gesicht und drehen es zu sich, um sie dazu zu bringen sie bewusst wahrzunehmen und nicht weiter teilnahmslos in die Stille zu starren. Yasraena folgt des sanften Drucks des anderen Shebaruc-Bastards und blickt in die weißen Augen Azras, der Hausherrin und ihrer Freundin. Wenn die Elbe überhaupt fähig ist, etwas Freundschaftsähnliches zu fühlen. Sie weiß noch immer nicht was es bedeutet, jemanden wahrhaft zu lieben oder überhaupt nur Freundschaft zu empfinden. Alles was sie weiß ist, dass der sanfte aber bestimmte Druck, welcher ihr Gesicht hält, ihr unendlich gut tut. Fast so gut wie das Kraulen von Shunj’anars seidenem Fell. Meist wenn sie nicht weiter weiß, geht sie zu ihm, streichelt ihn und flüstert ihm sanfte elbische Worte zu, welche zwar ihn beruhigen sollen am Ende aber sie selbst ruhiger werden lassen. Sie ist es gewohnt, dass ihr eigenes Wohl allein in ihrer Hand liegt. Wenn SIE[</i] Shunj’anar krault, geht es ihr besser. Wenn [i]SIE[</i] funktioniert, wird sie nicht bestraft oder gar, wenn ihr Erfolg wahrhaft gut war, gelobt. Es liegt stets an ihr und ihrem Verhalten, wie sich andere ihr gegenüber geben und verhalten und doch wird sie hier und jetzt von dem Gegenteil überzeugt.

Sie hatte heute wahrhaft schlechte Arbeit geleistet und hatte mit einem Tadel, vielleicht gar Prügeln oder schlimmsten Falls einem Rauswurf gerechnet. Freundschaft wird einem nicht geschenkt, sie wird einem geliehen. Ebenso wie Liebe und solange man funktioniert und seinem Gegenüber erfreut, wird dieser für das Wohlergehen eines selbst sorgen. Versagt man aber, ist man nichts weiter als ein Hund. Der Aufmerksamkeit des Gegenübers nicht würdig und doch sitzt Azra, die zierliche, liebreizende und sanfte Frau Borgils, welche einem nie lange böse sein konnte, hier direkt bei ihr und anstatt mit ihr zu schimpfen sind ihre Worte sanft und freundlich. Fast guttuend, wenn Yasraena sich dieses Gefühl nur gestatten würde. War dieses Gefühl ähnlich der Zuneigung, welche sie für Lady Shin, [i]Savena
,  empfindet? Yasraena weiß es nicht. Würde sie das Gefühl zulassen, könnte sie es vielleicht erörtern und für sich Gewissheit gewinnen, ob es das war, was man allgemeinhin als Freundschaft bezeichnet oder ob Savena längst mehr für sie, als eine Freundin geworden war. Aber Yasraena verschwendet keinen bewussten Gedanken daran, stattdessen starrt sie beinahe leer in die weißen Augen ihrer Herrin und vielleicht auch Freundin?. Ihre sonst vollen Lippen sind nichts mehr als dünne Striche, welche trocken und porös aussehen, da Yasraena den ganzen Tag noch nichts getrunken hat. Ihrem Gesicht ist der Schlafentzug deutlich anzusehen und die Leere in ihrem Innern droht sie zu zerreißen, als Azra sanft, beinahe mütterlich eine von Yasraes einst silbrig glänzenden, nun aber stumpf wirkenden Strähnen hinter der Shebaruc-Elbe Ohr streicht. Eine vertrauliche Geste, welche sie sich von ihrer Mutter gewünscht hätte. Aber Azra ist nicht ihre Mutter. Sie ist ihre Arbeitgeberin bzw. die Gemahlin ihres Arbeitgebers und Yasraena weiß nicht, ob sie das Gefühl, welches sie empfinde gutheißen oder von sich stoßen soll. In ihrem inneren Zwiespalt gefangen, füllen sich ihre Augen mit Tränen. All das, was Azra ihr bietet, ihr ohne Leistung von Yasras Seite, entgegen bringt, ist mehr als die Elbe verdient. Sie hätte mit Wut oder Bestrafung umgehen können, denn all das hätte sie ja auch verdient, aber die freundliche Nettigkeit ihrer Gönnerin ist zu viel und so schwimmen der Elbe eisblaue Augen in Tränen, welche nicht recht herabrollen wollen.

Sanft dringt Azras Stimme zu ihr.
>Yasra, was ist los mit dir?<
Die Stimme klingt wie gewohnt freundlich. Aber es ist nicht die liebliche Stimme selbst, sondern viel mehr die Emotionen, welche Yasraenas elbische Sinne Vernehmen, welche sie stocken lässt. Azra scheint ehrlich besorgt. Sie ist nicht freundlich, weil man genau das von ihr erwartet. Auch ist sie nicht nett, weil sie Yasraena durch Motivation zu bessserer Arbeitsleistung bringen möchte, nein. Sie ist ehrlich um der Elbe Wohlergehen besorgt. Zumindest sprechen Azras Gefühle Bände. Yasraenas Vater hatte sie einst gelehrt ihre Gedanken auf andere Ereignisse zu lenken um Gefühle zu erzeugen, welche dem Gegenüber ein anderes Bild vermitteln sollen. Der erste Schritt dazu, seine Gefühle vollends hinter einer Mauer aus Emotionslosigkeit zu verbergen. Zu gern hätte Yasraena geglaubt, dass Azra einen ebensolchen Trick anwendet und am Ende doch Yasraenas Bestrafung für ihre miserable Arbeistleistung im Sinn hat, doch zulange kennt Yasraena die Halbshebaruc nun, um ihr eine solche Art zuzutrauen. Tatsächlich vertraut ihr Yasraena. Etwas was sie keineswegs leichtfertig tut und sich sicherlich auch nie eingestehen würde und doch, ist da dieses Gefühl in ihrem Innern was ihr nach wie vor bestätigt, dass Azra eine wahrhaft gute Seele ist und es sich lohnt, ihr zu vertrauen.

Sich lohnt?
Ja – Tatsache…
Yasraena weiß theoretisch, was bedingungslose Liebe bedeutet, ganz gleich ob diese familiäre oder freundschaftliche Gründe haben mag. Selbstredend heißt es, dass nur Mütter dazu fähig sein, aber der Kern der Sache ist ihr dennoch bewusst. Dennoch hat sie dergleichen nie erlebt und kann es sich kaum vorstellen, dass es solch ein Phänomen, an das junge Mädchen, welche auf ihren Lord oder Prinzen hoffen, tatsächlich gibt.

Auf Azras Frage bleibt Yasraena nichts mehr, als ein langer nichtssagender Blick. Sie kann das Verhalten der Anderen nicht deuten. Alles spricht für Ehrlichkeit und in der Elbe Innern schreit es nach Vertrauen und doch sind ihre Gedanken so chaotisch, dass sie dem Bild, das ihr ihre Sinne vermitteln nicht trauen kann, bzw. vielmehr nicht trauen will!

Abermals dringt der Frau, welche eine ähnliche Vergangenheit mit Yasraena zu teilen scheint, Stimme an ihr Ohr.
>Den ganzen Tag läufst du herum wie ein getretener Hund, isst nichts, trinkst nichts, vergisst Dinge… und bist überhaupt mit deinem Kopf ganz wo anders. Außerdem siehst du aus, als hättest du kein Auge zugetan. Ich mache mir Sorgen. Erzähl mir doch, was los ist. Vielleicht kann ich dir helfen…<
und endlich dringt nicht nur eine Stimme sondern auch die Worte selbst, in Yasraenas Innerstes vor. Azra scheint nicht nur ernsthaft besorgt, auch ihre Worte bestätigen der Elbe Gefühle.
Ein getretener Hund? Ich? Ich habe das Shenrahrennen gewonnen… Ich werde in Münzen baden ob all der Angebote, die mir bezüglich meines Deckhengstes gemacht wurden… Warum nur sollte ich wirken wie ein Hund und dann noch wie ein getretener?

Aber selbstredend ist Yasrarena bewusst, was Azra meint. Ein Schmerz in ihrem Innern, welcher sie von wichtigen Dingen, wie ihrer Arbeit, ihrer PFLICHT[</i] ablenkt und sie zu einem Taugenichts von unreinem Blute macht, eine Beleidigung die ihr Vater gerne benutzte. Manches Mal hatte Yasraena das Gefühl, dass er sich nur mit ihrer Mutter eingelassen und einen Shebaurc-Bastard gezeugt hatte, um sich überlegen zu fühlen und sie bei allen ihren Fehlern des Unreinen Blutes zu bezichten. Lange Zeit glaube Yasraena die Einzige zu sein und nun war dort Azra, welche das gleiche Erbe in dich trägt und schon mit Yasraenas Auftauchen in Talyra und vor allem der Harfe, ward ihr Geheimnis entdeckt und obgleich sie darum ersuchte, dass es vertraulich behandelt wird, haben es wohl zu viele Ohren gehört und alsbald pfiffen die Spatzen ihr heiligstes Geheimnis von allen Dächern. Sollte sie die Stadt deswegen verfluchen? Azra gar dafür hassen? Wohl kaum. Denn war es Azras Achuld, dass Yasraena ihr ein wenig ähnlich sah und der Schluss sie konnten Schwestern oder eben gleicher Abstammung sein, lag für die meisten Städtler einfach nahe. Und inzwischen ist es Yasraena herzlich gleich. Azras Geheimnis ist bekannt und sie lebt damit sehr gut, warum also sollte es ihr selbst anders ergehen.

Einzig, dass Savena um ihr düsterstes Geheimnis weiß, ist der Elbe, denn als nichts anderes wollte der Shebaruc-Bastard sich sehen, ein Gräuel. Wie sollte Savena, bzw. Lady Shin, denn eine Lady war sie wahrhaft in allen ihren Bewegungen, Handlungen und Gebaren, sie je wirklich mögen, wenn ein solch düsteres Erbe auf ihr lastet und obwohl Savena all das wissen muss, war sie stets so freundlich – und nun ist sie fort… Ein teils wehmütiger, größtenteils jedoch trauriger Seufzer ertönt, als Azra ihren Arm um Yasraena legt und sich die zu tiefst traurige Elbe gegen die deutlich kleinere Gestalt sinken lässt.

[i]Helfen?

Azra möchte ihr, der Unfähigen, welche weder ihre Arbeit zu vollster Zufriedenheit verrichtet, noch überhaupt weiß, was Freundschaft genau bedeutet, tatsächlich helfen…
Ein trauriges, kehlig-trockenes Lachen Yasraenas ertönt und verebbt genauso schnell wie es ihr aufkam.
Was weiß Azra schon, von all dem was in mir vorgeht? Woher sollte sie, die Lieblich und Freundliche das auch wissen? Dank Borgil ist ihr Leben so leicht und niemand wagt es ihr zu nahe zu treten.

Aber Yasraena weiß, was die Spatzen pfeifen.
Savena ist bekannt und auch ihr häufiger Aufenthalt bei der Königin der Nacht ist kein Geheimnis.
Die Stimmen fragen sich, ob sie nichts weiter als der Königin Gespielin ist oder ob sich mehr Geheimnisse hinter ihr verbergen. Viele Gerüchte kursieren um ihre reizvolle Schönheit. Manche sagen, sie sei ein Vampir und bei ihrem innigen Kuss in den Quellen, hatte Yasraena tatsächlich spitze Eckzähne mit ihrer Zunge ertastet.
Hatte sie die bleiche Mistress je bei Tag gesehen?
Die Antwort lautet Ja. Zu Inari trafen sie sich früh… Und auch zuvor schon, haben sie sich früh getroffen. Meist jedoch war der Himmel überraschend verhangen und meist haben sie sich eher spät getroffen. War das eines der Geheimnisse der Shin? War sie gar tot? Eine Nachtwandererin?
Yasraena wusste es besser, die Gefühle Savenas waren lebendig und zu Inari schien die Sonne, so dass diese These einfach nicht stimmen konnte. Bestanden die Wanderer der Finsternis nicht nur aus Hunger nach der Essenz des Lebens höchst selbst?
Nun Savena schien zumindest nicht danach zu dürsten und so ist der Gedanke überflüssig, wie auch all die anderen Gedanken, welche Yasraena heute quälen.

> Vielleicht eher nicht, aber immerhin im Zuhören bin ich gut.< ertönt Azras Stimme leise an der Elbe Ohr. Sanft und wohlklingend dringt des anderen Shebaruc Bastards Wort in Yasraenas Kopf. Und schon erinnert die Elbe sich, dass Azra ihr helfen möchte. Gerne hätte sie Azra von sich gestoßen. Ihr gesagt, dass all ihre Hilfe nicht von Bedeutung wäre, da ihr ohnehin nicht zu helfen sei. Doch ist die Elbe zu klug, um sich so dumm zu verhalten. Denn Azra zu verärgert wäre dumm. Am Ende würde Yasraena ohne Dach über ihrem Kopf und ohne Arbeit dastehen. Etwas was für sie definitiv nicht in Betracht kam… Aber war das Alles?
Natürlich nicht… Sie kennt Azra nun seit sie die Stadt erreicht hat und möchte sie nicht vor den Knopf stoßen… Möchte das freundliche Geschöpf mit den weißen Augen nicht verletzen oder gar enttäuschen. Aber gleichzeitig möchte sie auch auf keinen Fall über das Chaos in ihrem Innern sprechen. Wie könnte sie auch Worte für etwas finden, dass sie selbst nicht zu ergründen in der Lage ist?

Aber keine Antwort, wäre unhöflich…
Yasraena will unhöflich sein, von ganzem Herzen, damit man sie alleine in ihrem Kummer lässt. Diese Taktik hat doch in der Vergangenheit so gut funktioniert. Eine Maske aus Hass, Ablehnung und Kälte funktioniert immer und doch, kann sie sich nicht dazu aufraffen, Azra vor den Kopf zu stoßen.

Azra will nicht helfen, sie begnügt sich auch damit zuzuhören, wispert eine Stimme in Yasraenas Innern. Zuhören? Nun denn, wenn es das ist was Azra zu tun gedenkt, damit kann ich dienen und vielleicht, mit ganz vielen Fragezeichen und ebenso viel Unwissenheit, ist es möglich, das Azra dies bereits kennt… Immerhin fließt auch in ihr das düstere Erbe. Schon will Yasraena zu einer Antwort ansetzen und die ersten Worte an Azra richten, als ihr wieder eine Flut von Gedankenfetzen durch den Geist strömt…

Shebaruc unreinen Blutes… Bastard… Unwürdig! Fehler! Dafür wirst du bluten! Sie was ich deiner Mutter antue! All das ist deine Schuld! Würdest du keine Fehler machen, müsste ich sie das nicht spüren lassen! Ein nichts bist du! Unbrauchbar! Dein elbisches Erbe vergiftet dein Blut! Du bist ein Halbblut und meiner  Aufmerksamkeit nicht würdig!
All jene Gedanken, die Worte ihres Vaters beinhalten mischen sich mit denen ihrer Mutter:
Hätte ich dich doch nie geboren! Du bringst mir mehr Schmerz als es der Shebaruc je könnte! Wieso nur, wieso nur, existierst du überhaupt? Ich werde dafür sorgen, dass es keine mehr wie dich geben wird. Warum nur, bist du mir so ähnlich und erinnerst mich doch mit jedem deiner Atemzüge an IHN? Soll ich dich hassen? Lieben? Ich weiß es nicht… Fühle ich überhaupt was für dich? Du bist mein und sein und so etwas sollte nicht existieren! Ich hätte es verhindern müssen. Verzeih mir, meine Tochter!
Dann mischen sich noch andere Worte darunter, welche sie auf ihren Reisen begleitet haben. Ein Gespenst sei sie, ob ihrer bleichen Erscheinung und Schlimmeres.

Die ganze Zeit über standen Tränen in der Elbe Augen, aber erst als sie an ihre Mutter denkt und welchen Schmerz und Kummer sie ihr bereitet hat, beginnen die Tränen unaufhaltsam zu rollen. Der Schmerz den Savenas Abreise verursacht hat, mischt sich mit nicht verarbeitetem Schmerz ihrer Vergangenheit und lässt ihre ganze Geschichte zu einem Desaster aus Schmerz und Leid zusammenschwellen. Yasraena vergräbt ihren Kopf in Azras daunenweichem Haar und legt dabei ihre Wange, an die der Anderen. Ihre Tränen nässen die weiche Haut Azras, doch das scheint sowohl der Elbe als auch der Halbelbe (das Wort Shebaruc möchte sie noch immer nicht nutzen) völlig gleich zu sein.

Nach einer gefühlten Ewigkeit beantwortet Yasraena endlich Azras Frage. Ihre Stimme klingt leise und ungewohnt unsicher und doch alles andere als weinerlich: „Ich weiß nicht, was los ist… Vermag es nicht zu benennen.“ Kurz stockt sie. Vergräbt ihr Gesicht tiefer in die Locken von Azras Haar ehe ihre Stimme abermals, nun mehr nuschelnd an der Wirtsfrau Ohr dringt: „Ich weiß, was die Spatzen pfeifen… Aber das ist es nicht was Savena, Lad Shin, und mich verbindet…“ Sie hält abermals inne, atmet schniefend durch, ehe sie fortfährt und zum ersten Mal in ihrem Leben einen Teil ihrer Gedanken ausspricht: „Ich… Ich weiß nicht, was Freundschaft ist. Kenne keine Gefühle…  Zumindest war es dass, was mir beigebracht wurde… Gefühle abschalten… Oder manipulieren… Nichts an mich heranlassen… Und nun… Ich fühle… Fühle so viel… Und weiß kaum damit umzugehen… Freundschaft, das ist mir so fremd und doch ist da etwas was mich und Savena verbindet… Nun ist sie fort und nur die Götter wissen wie lange und ich… Ich weiß nicht… Da ist wieder diese Leere… Früher war sie da und normal.. Es war richtig so, aber nun schmerz sie… Wirkt falsch… Es tut mir so Leid… Oh, Azra, es tut mir so unendlich leid… Ich habe meine Arbeit unzufrieden stellend ausgeführt… Es ist in Ordnung, wenn du mich nun hasst… Damit kann ich umgehen… Es ist gerechtfertigt… Bestraf mich ruhig… Kürz meinen Lohn! Weise mir eine kleinere Kammer zu! Ich schlafe auch in den Ställen… Nur bitte, bitte schmeiß mich nicht raus. Mach was immer dir beliebt… Aber bitte mach mich nicht obachlos. Nicht hier…“

Tränen ersticken jedes weitere Wort und Yasraena umarmt die zaghafte Gestalt. Ihre Hände halten sie fest und sie drückt sich eng an sie. Obgleich ihre Haltung durchaus von Zuneigung sprechen mag, welche nichts mit gewöhnlicher Freundschaft zu tun hat, scheint Azra zu verstehen, dass nichts davon in eine andere Richtung gemeint ist. Sollte sie letzte Zweifel in sich haben, so sind diese spätestens zerstreut als Yasraena nun zum ersten Mal in ihrem Leben über ihre Vergangenheit spricht: „Ich weiß nicht, was Gefühle sind oder wie man mit ihnen umgeht. Mein Vater, dem ich mein Shebaruc-Erbe verdanke…“ ihre Stimme wird nun bitter, als sie das Wort verdanke ausspuckt und gibt deutlich kund, dass sie dafür gewiss keine Dankbarkeit empfindet. „Nun, er hat mich zur Gefühllosigkeit erzogen… Meine Mutter, welche seine Gefangene war…“ Yasraena verschweigt das Wort Sklavin, denn aussprechen vermag sie es nicht. Immerhin ist es ihre Mutter von der sie spricht… „Nun… Sie mag machtlos gewesen sein und womöglich abgestumpft, vielleicht hat sie ihren Hass, welchen sie für ihn empfindet gar zu einem Teil auf mich übertragen… Ich weiß es nicht… Zumindest lernte ich auch von ihr nichts über Gefühle… Nichts über Freundschaft oder Liebe… Später als ich auf dem Gehöft arbeitete…“ Yasraena weiß, dass Azra noch vom Gehöft weiß, von dem Yasraena zu Anfang erzählt hat. Später hatte sie ihr erzählt, dass Shunj’anar von dort stammt… Ein Geschenk, welches der Bauer ihr mitgegeben hat, da er das Pferd nicht mehr sehen konnte, wo es ihn doch immer an seine tote Frau erinnern würde. Normalerweise fällt der Elbe das Lügen leicht, doch Azra gegenüber hatte Yasraena alle Fähigkeiten gebraucht und aus dem tiefsten ihres Innersten ausgegraben, so schwer fällt es ihr, die freundliche Person anzuschwindeln… Doch hätte sie ihr von dem Gold, welches ihre Mutter ihr mitgab erzählen sollen? Wohl kaum… Wer weiß schon was Azra über all die Elbenhäuser wusste. Und so blieb ihr nichts anderes übrig, als die Person anzulügen, der sie so vieles verdankt. Ist Dank Freundschaft oder Pflicht? Yasraena weiß es nicht, doch dass Azra nun hier bei ihr sitzt und anstatt sie zu schelten oder zu bestrafen, freundlich zu ihr spricht, scheint eher in Richtung Freundschaft zu gehen…

„Verzeih, Azra, wenn ich unhöflich bin. Aber in dir merkt man keinerlei Spuren eines Blutelben. Hattest du je mit deinem Erbe zu kämpfen? Kanntest du den Shebaruc-Elternteil oder war gar eines deiner Elternteile bereits ein Mischling? Verzeih, meine Direktheit, ich möchte nur verstehen… Mich selbst verstehen… Gefühle verstehen… Und ich frage mich ob es an dem Blut liegt, welches meine Adern durchströmt oder meiner Vergangenheit, dass ich so anders bin…“ Nach einer Weile fragt sie noch: „Wie bist du dir deiner Gefühle sicher? Du und Borgil ihr wirkt so harmonisch… War das immer so? Wusstest du von Anfang an, dass es der Eine ist? Was unterscheidet ihn von einer tiefen Freundschaft? Was empfindest du für deine Eltern? Und was für deine Kinder? Was von dem ist bedingungslose Liebe und was bedeutet all das für dich?“
Inzwischen hat Yasraena die Umarmung gelöst und schaut Azra aus geröteten und tränenden Augen an, in der Hoffnung, sie möge ihr etwas berichten… Irgendetwas, was Klarheit in das Chaos in ihrem Innern bringt…

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Azra am 08. Juli 2011, 22:30 Uhr
Ein Tag nach Inari 511

Azra ist empathisch dermassen unbegabt, dass selbst ein Gänseblümchen ihr Konkurrenz machen möchte, aber sie braucht diese Fähigkeit auch nicht um in diesem Moment zu erkennen, dass bei Yasra etwas ganz böse schief läuft. Die hübsche Elbe trägt normalerweise einen Panzer eiserner Gefasstheit mit sich herum und strahlt kühle Distanziertheit aus. Gerade genug, um nicht unfreundlich zu erscheinen, aber trotzdem immer sicheren Abstand zu wahren. Sicher für sie. Einige der Bewohner der Harfe akzeptieren Yasraenas formelle Haltung achselzuckend, ohne sich darüber hinaus um die Elbe zu bemühen – andere ignorieren sie mit geschäftlicher Gleichgültigkeit und ein paar wenige haben gelernt damit umzugehen. Azra hat die Elbe mit der gleichen Herzlichkeit in ihr Haus und in ihr Herz geschlossen, wie jeden anderen, und sich nie darum gekümmert, dass Yasraena ihr nicht das gleiche Mass an Vertrauen und Vertrautheit entgegen bringt. Mehrere ihrer Maiden, darunter auch Halla und Grid, haben in sorgenvoller Voraussicht, Yasraena würde ein weiterer, desaströser Vertrauensfehltritt in ihrem Leben werden, ihr angeraten sich nicht weiter um die Elbe zu bemühen. Nicht aus Abneigung dem Shebaruc-Mischling gegenüber – schliesslich ist Azra ebenfalls ein solcher und inzwischen sind ihre milchweissen Gesichter ein gewohnter Anblick für Talyras Bewohner – sondern aus Zuneigung zu Azra. Deren Menschenkenntnis, wie inzwischen allgemein bekannt ist, denkbar zu wünschen übrig lässt und manchmal verbrennt sie sich bösartig die Finger an ihrer eigenen herzlichen Offenheit, aber sie würde sich eher die Hand selbst abhacken, als auch nur einmal jemanden von der Schwelle zu weisen, der ihre aufrichtige Zuneigung nicht verdient hätte. Und sie glaubt fest daran, dass Yasraena zur letzteren Sorte gehört, es nur noch nicht gewagt hat über die Schwelle zu treten. Und ich sollte sie auch nicht ziehen, sonst verschwindet sie vielleicht wieder, genauso wie Uio. Wie immer wenn Azra an den rotzfrechen Strassenlümmel mit dem dreckigen Haar denken muss, wallt Wehmut und Trübsal in ihr auf und flüchtig schickt sie ein kleines Stossgebet an Nanna. Aber jetzt geht es nicht um Uio, sondern um Yasra.

Deren kristallblaue Augen verräterisch beginnen zu glänzen und die Sorge in Azra bäumt sich auf wie ein wildes Pferd, dass sie heftig nach Luft schnappen muss. Nie, aber auch niemals nie hat die hochgewachsene, stolze Elbe sich bisher die Blösse gegeben und ihre Gefühle irgendjemandem auf einem Silbertablett serviert und bevor Azra sich versieht brechen Yasraenas Mauern, alt und hochgewachsen durch all die Jahre der Schweigsamkeit und der Einsamkeit wie ein Kartenhaus in sich zusammen und sie wird konfrontiert mit dem, was dahinter liegt. Dem, was die Elbe so lange und so verbissen verteidigt hat. Dem, was von dem Kind, das sie einst gewesen sein muss, und das wie alle anderen nur eines wollte, nämlich geliebt zu werden, noch übrig ist.
Und dann lacht die Elbe. Ein kurzer, unschöner Laut. Der kümmerliche Versuch um Fassung zu ringen und sich wieder zu sammeln. Er misslingt kläglich. Hätte Azra die Gedanken der Elbe in diesem Moment lesen können, es hätte ihr glatt den Atem und die Sprache dazu verschlagen, aber so bleibt ihr nichts weiter übrig als Yasraena die Geduld zu schenken, welche die Elbe braucht um sich zu Worten, egal welcher Art, durchzuringen. Doch statt Worten, fliessen die Tränen plötzlich unaufhaltsam über die bleichen Wangen und ohne weiter darüber nachzudenken schlingt Azra ihre Arme um Yasraenas schmale Schultern, zieht sie an sich und hält sie fest. Unter ihren Fingern, die liebevoll über den langen Rücken und durch das wirre Haar streichen, kann sie die Anspannung fühlen, mit der Yasra versucht das Weinen zu unterdrücken und liebend gerne hätte sie der Elbe zugeraunt, dass alles gut sei und sie für sie da sei – aber für einmal scheint Azra Schweigen eher angebracht und so sitzen die beiden Frauen eine geraume Weile still und nahezu unbewegt auf der Bank, während Faerys Strähne für Strähne ihr Haar löst und der Nachthimmel sich über das Firmament zieht. Durch die gelben Butzenfenster der Harfe dringt gedämpftes Stimmengewirr, als sich die Schenke mit den allabendlichen Besuchern füllt und erster warmer Kerzenschein erhellt die buckligen Pflastersteine des Innenhofes.
Und dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, findet Yasraena ihre Stimme wieder, die zwar schwach klingt, aber ruhig. „Ich weiß nicht, was los ist… Vermag es nicht zu benennen.“ Azra hakt nicht nach, obwohl ihr ist, als wisse die Elbe eigentlich sogar zu genau, was in ihr vorgeht – aber möchte es nicht aussprechen, weil sie es dann nicht mehr zurücknehmen kann. Gelinde Überraschung kann Azra allerdings nicht verbergen, als Yasraena von sich selbst aus auf die Weisse Mistress zu sprechen kommt und von diesem Herzschlag an sprudelt ein Gedankenfetzen nach dem anderen aus dem Mund der Elbe. Azras Miene wechselt im gleichen Tempo von aufrichtig mitfühlend, zu äusserst besorgt, tief berührt, heillos perplex und schlieslich ernsthaft entsetzt und als Yasraena sie eindringlich darum bittet, sie nicht vor die Tür zu setzen, schiebt Azra die Elbe entschieden von sich, sucht deren Blick und hält ihn fest.

„Hassen? Wegschicken? Lohn kürzen?“, echoet sie bestürzt und weiss nicht, ob sie lachen, oder weinen soll bei soviel Unsinn auf einem Haufen. Borgil hätte gelacht. Nicht böswillig. Eher traurig belustigt über den Fakt, dass es wirklich eine Magd unter seinem Dach gibt, die ihm etwas Derartiges zutraute. Azras Kehle aber ist trocken wie die Sagorawüste und ihre Gedanken rasen bei dem Versuch auch nur einen Moment während all der Zeit, die Yasraena jetzt bereits bei ihnen arbeitet, zu finden, wo sie der Elbe Anlass zu solchen Annahmen gegeben haben könnten. Haben wir nicht. Nie. Niemand von uns. Aber wir sind blindlings davon ausgegangen, dass sie weiss, dass wir sie genauso schätzen, wie jeden anderen. Die Erkenntnis stimmt Azra traurig, denn sie kann sich noch bildhaft daran erinnern, wie oft sie selbst Bestätigung brauchte, um sich nicht wertlos und abgeschoben vorzukommen… und noch während diese Einsicht sie ereilt, weiss sie, worum es hier eigentlich geht. Worum es schon die ganze Zeit ging. Oh ihr lieben Götter. Ich von allen hätte es sehen müssen. Ich von allen hätte wissen müssen, dass es nicht so einfach wird. Wie konnte ich nur so blind sein?
Yasra selbst bestätigt Azras Befürchtungen, als sie aus dem Nichts heraus über ihre Vergangenheit zu erzählen beginnt. „Ich weiß nicht, was Gefühle sind oder wie man mit ihnen umgeht. Mein Vater, dem ich mein Shebaruc-Erbe verdanke… Nun, er hat mich zur Gefühllosigkeit erzogen… Meine Mutter, welche seine Gefangene war… Sie mag machtlos gewesen sein und womöglich abgestumpft, vielleicht hat sie ihren Hass, welchen sie für ihn empfindet gar zu einem Teil auf mich übertragen… Ich weiß es nicht… Zumindest lernte ich auch von ihr nichts über Gefühle… Nichts über Freundschaft oder Liebe… Später als ich auf dem Gehöft arbeitete…“ Azra hört zu, wie sie es angeboten hat. Manchmal nickt sie, manchmal wird der Druck ihrer Umarmung, in welche Yasraena sich erneut geflüchtet hat, ein wenig fester, aber sie sagt nichts. Schweigend nimmt sie all die Verbitterung, den Hass, die Gleichgültigkeit, die Angst und den Schmerz an sich.
Dieser Tag, dieser Moment ist längst überfällig. All die Gefühle, die in Yasraena gärten und schwellten, brechen nun auf einmal aus ihr heraus und Azra wird klar, dass sie es hätte verhindern können, wenn sie nur früher gefragt hätte. Aber wenn ich mich ihr aufgedrängt hätte, wäre sie zugeschnappt wie eine Auster. Auch das ist absolut wahr. Wahrscheinlich ist das hier der beste, aber vor allem einzige Zeitpunkt.

„Verzeih, Azra, wenn ich unhöflich bin. Aber in dir merkt man keinerlei Spuren eines Blutelben. Hattest du je mit deinem Erbe zu kämpfen? Kanntest du den Shebaruc-Elternteil oder war gar eines deiner Elternteile bereits ein Mischling? Verzeih, meine Direktheit, ich möchte nur verstehen… Mich selbst verstehen… Gefühle verstehen… Und ich frage mich ob es an dem Blut liegt, welches meine Adern durchströmt oder meiner Vergangenheit, dass ich so anders bin…“ Noch während Yasra weiterspricht, löst sie sich vorsichtig aus der Umarmung und lässt gibt sie sofort frei, hält aber eine ihrer schlanken Hände weiterhin fest zwischen den Ihren. Weisse Haut auf weisser Haut. Die eine wie Schnee, die andere wie Perlmutt und doch die gleiche Farbe aus den gleichen Gründen. Azra hat die richtige Antwort noch nicht gefunden, als ihr Gegenüber sehr viel leiser und sehr viel vorsichtiger, als würde sie plötzlich rohe Eier jonglieren, hinzufügt: “Wie bist du dir deiner Gefühle sicher? Du und Borgil ihr wirkt so harmonisch… War das immer so? Wusstest du von Anfang an, dass es der Eine ist? Was unterscheidet ihn von einer tiefen Freundschaft? Was empfindest du für deine Eltern? Und was für deine Kinder? Was von dem ist bedingungslose Liebe und was bedeutet all das für dich?“
Angesichts so vieler Fragen atmet Azra ersteinmal tief durch und nimmt sich Zeit, um das Vertrauen, aber vor allem die Hoffnung, die ihr hier auf offenen Händen entgegen gestreckt wird, nicht leichtfertig zu zerstören. Manche Dinge sind lächerlich einfach zu erklären, andere so gross und so wichtig, dass alle Worte der Immerlande ihnen nicht gerecht würden und bei manchen… weiss ich es einfach nicht.
Irgendwann – wie lange es gedauert und Yasra einfach nur gewartet hat, kann Azra nicht mehr sagen – zuckt sie vage mit den Schultern und ihr Blick, der eben noch nachdenklich auf Yasras hübschem Gesicht geruht hat, schweift ab, über den Hof, das monströse Scheunentor, das Gehege der Hühner, die kleine Kutsche, bis zum Hintereingang der Harfe, wo er hängen bleibt.

Die Entscheidung Yasras Fragen zu beantworten, fällt ihr leicht. Der Anfang unheimlich schwer. Wo soll ich ansetzen? Bei meiner Ankunft in der Harfe? Meiner Flucht mit Liselle? Meiner Schwangerschaft mit Brenainn? Sethais Angriff auf die Stadt? Was würde Borgil tun? Die letzte Überlegung zaubert ein sehr weiches Lächeln auf ihre Lippen und das Wissen, dass ihr Mann nur wenige Schritt entfernt hinter der Theke steht, wo sie ihn zum ersten Mal gesehen hat, hilft ihr die nötige Ruhe zu finden, um sich Yasra voll und ganz widmen zu können, ohne sich in unnötigen Details zu verlieren.
„Nein“, fängt sie beim einfachsten Teil der Geschichte an: „Ich kenne meine Eltern nicht. Weder meine Mutter, noch meinen Vater. Aufgezogen wurde ich zu einem grossen Teil von einem jungen Mann, den alle immer nur den Wanderer nannten. Auch ich. Um ehrlich zu sein kenne ich seinen wirklichen Namen gar nicht. Seltsam.“ Und dabei klingt sie ernsthaft überrascht, als würde ihr zum ersten Mal selbst klar, dass sie den Mann, der ihr ein Heim und die erste liebende Umarmung ihres Lebens geschenkt hat, nicht näher benennen kann. Trotzdem klingt sie absolut überzeugend, als sie sanft hinzufügt: „Aber eigentlich spielte es auch keine Rolle. Das einzige, was wirklich zählt, ist, dass er mich liebte, wie sein eigenes Kind. Und aus dieser Liebe habe ich Hoffnung und Vertrauen geschöpft. Als man ihn ermordet hat, hinterrücks erschlagen in einer Schenke, schien all das zerstört. Erst Borgil, der sich weder durch meine Kratzbürstigkeit, die unendliche Wut in meinem Inneren, noch durch mein ekelhaftes Selbstmitleid, geschweige denn durch meinen alles und jeden einschliessenden Hass hat abschrecken lassen, habe ich wieder gelernt, wie gut es tat Vertrauen haben zu dürfen – und es auch erwidert zu sehen. Ich habe mich nicht auf den ersten Moment in Borgil verliebt. Dieses Gefühl kam schleichend und bei allen Göttern und ihren Archonen, ich schwöre es fiel nicht leicht ihn davon zu überzeugen, dass meine Gefühle nicht nur die frühlingstrunkenen Schmetterlinge eines gerade in die Blüte gekommenen Mädchens waren, das eigentlich von Null und Nichts eine Ahnung hatte. Als ich ihm meine Liebe gestand, da wusste ich, dass sie so fest war, wie der Fels des Wolkenthrons. Aber es hat gedauert, glaube mir. Was meine Söhne betrifft, das ist viel einfacher, auch wenn du es jetzt vielleicht noch nicht verstehen wirst. Wenn du fühlst, ganz tief in dir, wie etwas erwacht, etwas das dir gehört und nur dir und das all deinen Schutz braucht, um zu überleben… ich liebte meine Kinder von dem allerersten Herzschlag an, als ich wusste, dass ich sie unter meinem Herzen trug. Bedingungslos. So wie ich inzwischen auch Borgil liebe. Und was es für mich bedeutet?“ Die Antwort fällt Azra dermassen leicht, dass sie mit dem Anflug eines absolut hingerissenen und strahlenden Lächeln einhergeht und  nichts, aber auch gar nichts ausser dem besiegelten Wissen, dass es anders nicht sein kann, zurück lässt: „Diese Liebe ist mein Glück. Mein grösstest Glück auf Roha.“

Allerdings…“ Nun zögert sie doch. Nicht, weil sie Yasra nicht vertraut, sondern weil sie nicht weiss, ob Borgil es gutheissen würde, wüsste er, dass sie drauf und dran ist einer Drittperson – mit Olyvar eingerechnet einer Viertperson – zu gestehen, was damals während des Dämonenangriffs wirklich passiert ist. Tu den Höllen mit deiner Sicherheit. Yasraena braucht diese Geschichte jetzt und du wirst sie ihr geben! Entschlossen setzt sich Azra etwas gerader auf, rafft all ihren Mut an ihre Brust und holt tief Luft.
„Es gibt zwei Momente während meinem Leben hier in Talyra, während welcher ich glaube, dass der Teil in mir, der mehr Shebaruc ist, Überhand genommen hat. Das erste Mal ist zum Glück nicht viel passiert, ausser das einer der Blaumäntel mich seither nur noch aus sicherer Distanz betrachtet. Das zweite Mal allerdings…“ Es ist bald sechs Jahre her, aber wenn sie jetzt die Augen schliesst, quellen die Feuer aus den Schatten der Vergangenheit und sie kann den Rauch und das Blut wieder riechen, das Entsetzen und die Panik wieder fühlen, die Schmerzensschreie und die verzweifelten Hilferufe wieder hören und die gleiche Hilflosigkeit, die sie damals, kurz nach ihrem ‚Erwachen’ bereits bemächtigte, drängt sich ihr auch jetzt wieder auf. Fest presst sie die Lippen aufeinander, hebt eine Hand an ihren Mund und wartet ab, bis die Bilderflut vorbeigezogen ist und nur noch ein vager Hauch von Unwohlsein in ihrer Magengegend zurück bleibt. „Das zweite Mal, als ein Dämonenprinz die Stadt in sein persönliches Schlachtfeld verwandelt hat, habe ich jemanden verletzt und einen anderen vielleicht sogar getötet. Ich kann mich an nichts davon erinnern. Alle glaubten ich hätte unter dem Bann des Dämons gestanden. Deswegen kam es nie zu einer Verurteilung.“ Nun senkt sie ihren Blick auf das Holz der Bank neben ihren Beinen, vergräbt ihn regelrecht darin und wagt es auch nicht wieder aufzusehen, während sie plötzlich sehr leise und noch immer genauso schockiert, wie in jener Sekunde, als sie neben Borgil im Bett lag und er ihr die hässliche Wahrheit erzählte, flüstert: „Aber dem war nicht so. Ich stand nie unter seinem Bann. Ich war nicht ich selbst, wohl war. Aber was auch immer es war, es war ein Teil von mir der an jenem Tag all die Gräueltaten begangen hat, von denen mit Borgil später berichtet. Ich war damals der felsenfesten Überzeugung, dass mein Shebarucerbe mich zu diesen... Taten verleitet hätte. Dass die ganze Schuld meinem Blut zuzuschieben sei.“ Sie lässt die schwerwiegende Bedeutung hinter diesen Worten sacken und ist gleichzeitig froh, dass Yasra sich einen Kommentar spart und ihr etwas Raum gibt, um sich zu fangen und fort zu fahren. Unsicher rutscht sie etwas hin und her und lehnt sich schliesslich mit dem Rücken gegen die alten Flussteine, die sich bis etwa einen Drittel der Mauerhöhe hinauf ziehen. Die Kühle, die ihren Rücken hinauf zieht, ist angenehm und hilft ihr die wirbelnden Gedanken in ihrem Kopf etwas zu klären. „Damals war ich gerade von Brenainn schwanger und ein paar Monde später, in der Nacht, als die Wehen einsetzten, habe ich Borgil angefleht mich in einen Tempel zu bringen und dafür zu sorgen, dass mein Kind frei bleibt von meinem Blut, denn, genau wie du, war ich davon überzeugt, dass alles Schlechte in mir, all das, was ich nicht wahrhaben wollte und was doch unwiderruflich zu mir gehörte, in meinem Shebarucblut begründet lag. Und jetzt werde ich dir genau das Gleiche sagen, was er damals zu mir sagte.“ Die flüchtigen Bedenken haben einer sanften, aber nichtsdestotrotz bestimmten Gewissenheit Platz gemacht, die keine Zweifel daran übrig lässt, dass Azra an das glaubt, was sie sagt, als sie Yasra die Hände auf die Schultern legt, sie fest in den Arm zieht und ihr leise ins Ohr flüstert: „Dein Blut ist genauso rot wie das aller anderen, Yasraena.“

Eine Sekunde verstreicht. Eine zweite und auch eine dritte zieht ins Land, erst dann löst sich Azra wieder von Yasra, ohne sie wirklich aus ihrer Umarmung frei zu geben. Nur so weit, damit sie der Elbe wieder ins Gesicht blicken kann. Damit diese sieht, dass alles, was aus ihrem Mund kommt aufrichtig gemeint ist und direkt aus dem Herzen stammt: „Deine Geschichte hat aus dir gemacht, was du heute bist, nicht dein Blut. Du hast eine schlimme Vergangenheit durchgestanden. Einen Vater, für den du nichts weiter als eine Sklavin warst. Eine Mutter, die dir nicht ins Gesicht sehen konnte, ohne in ein Spiegelbild aus Leid und Angst zu sehen. Aber du hast auch erlebt, wie Menschen, die dich nicht kannten, aufnahmen in den Kreis ihrer Liebsten, dich akzeptieren und dir vertrauten. Niemand hier… Niemand der dich kennt, ob nun gut, oder nur flüchtig, definiert dich über dein Erbe, Yasra. Für uns, für die Bewohner Talyras, bist du nicht Yasraena der Blutelbenmischling oder der Shebarucbastard. Du bist Yasraena, die verlässliche und fleissige Hofmagd der Harfe, die geheimnisvolle, silberhelle Schönheit aus Erryn, die Besitzerin eines prachtvollen Vollbluts, die grandiose Reiterin und Gewinnerin des Shenntagrennens, die gewitzte Kartenspielerin, von der sogar der olle Krummbein noch etwas lernen kann, die Herzen-zum-Schmelzen-bringerin aller Bengel zwischen hier und der Steinfaust… und für mich bist du die Vertraute, die meine Gefühle in mancher Hinsicht besser versteht, als es jemals jemand anders könnte. Natürlich gibt es Ausnahmen. Fremde, die dir zum ersten Mal begegnen. Aber ihr Misstrauen und ihre Angst gelten nicht dir persönlich, sondern der Geschichte, welche die Shebaruc mit Blut ins Gedächtnis der immerländischen Völker, allen voran den Elben, geschrieben haben. Aber du und nur du kannst sie eines Besseren belehren und ihnen beweisen, dass du kein Teil dieser Geschichte bist. Strecke ihnen die Hand entgegen, anstatt ihren Argwahn und ihre Vorurteile als persönlichen Affront aufzufassen und mit Missbilligung zu strafen. Vergib ihnen ihre Uneinsichtigkeit und habe Geduld. Nicht nur wir müssen uns in der Welt zurecht finden. Die Welt muss auch lernen, mit uns umzugehen. Und die meisten Wesen um uns herum, allen voran die Bewohner Talyras, die schon so viel gesehen, so viel mitgemacht, so viel Wissen errungen haben, sind bereit uns anzunehmen, zu akzeptieren und auch zu lieben. So wie wir sind. Als was wir sind. Und nicht zu was unsere Väter oder Mütter uns gemacht hätten.“ Auf Azras Lippen liegt ein unendlich liebevolles Lächeln, als sie schliesslich ihre Hände wieder an die bleichen Wangen Yasras hebt und mit ihren Daumen die Tränen fort wischt: „Und du, Yasra… du darfst vertrauen. Du darfst Freundschaften schliessen. Aber am aller-, aller-, wirklich allerwichtigsten: Du darfst lieben.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 09. Juli 2011, 15:44 Uhr
Im Sonnenthron 511


"Argh!" Borgil, der trotz sommerlicher Hitze und mehr als einem Dutzend Schankmädchen und -burschen im Einsatz sowohl im Inneren der Harfe, als auch im Harfengarten alle Hände voll zu tun hat, rauscht aus der Küche zurück hinter den Tresen, bleibt an der Kante des massiven Schrankes hängen, der bedenklich knirscht und schnappt mit einem schmerzvollen "Autsch!" nach Luft. "Lieber Borgil", grummelt er halblaut vor sich hin, während er nach ein paar frischen Krügen angelt, "bitte lerne auszuweichen. Beste Grüße, deine Innereien." Er hat noch keine vier Krüge Verder Kupfer gezapft – die Schankmädels reißen sie ihm förmlich aus den Händen, denn bei diesem Wetter und der drückenden Hitze geht das kühle Verdbier weg wie warme Semmeln, als  Mildid mit Calait im Schlepptau vor ihm am Tresen auftaucht. Borgil grinst breit, auch wenn die blinde Singdrossel – Sie ist auch eine Heilkundige, vergiss das nicht immer! – das gar nicht sehen kann, und blickt dann suchend an ihr vorbei. "Du hast doch wohl nicht die Hunde in dieser Bruthitze da draußen gelassen?" Will er schockiert wissen und winkt Mildid davon, die beiden Pelzmonster schleunigst ins Kühle zu holen – sie müssen ja nicht im Schankraum die Gäste erschrecken, aber sie kennen sich längst gut genug in der Harfe aus, um zu wissen, wo sie ein einigermaßen ungestörtes, kühles Plätzchen finden.

Als Calait das letzte Mal hier gesungen hatte, was gar nicht so lange zurückliegt, hatte Borgil den beiden kurzerhand die Tür zum Weinkeller geöffnet, wo sie sich so selig auf den kalten Steinfliesen ausgestreckt hatten, als wären sie im gelobten Land angekommen. Borgil ist wirklich heilfroh, dass diese störrische kleine Wolkenvolk-Resande Mischung sein Angebot, eine Bleibe für sie zu finden, doch endlich angenommen hat. Bis jetzt haust sie nämlich in ihrem kunterbunten Wagen und samt ihrer Menagerie verschiedenster Tiere oben am Smaragdstrand, dort, wo die Mauer fast bis ans Seeufer reicht – ganz allein und blind wie sie nun einmal ist. "Calait", hatte er händeringend gebeten, als sie das letzte Mal in der Harfe für klingelnde Münzen die Gäste unterhalten hatte. "Um meinetwillen, bitte hör auf damit, dort oben wie eine Landstreicherin zu kampieren und nachts ganz allein überall in der Stadt und im Wald herumzustreifen." Daraufhin hatte sie nur liebenswürdig gelächelt und erwidert, nichts würde je passieren, sie wäre absolut sicher und Borgil hatte unfroh gegrinst. "Ja, ich weiß. Und dieses "nichts" kostet mich ein Vermögen!"

Ob es diese Tatsache oder doch die Sorge um ihre Sicherheit gewesen ist, die letztlich den Ausschlag gegeben hat, weiß Borgil nicht zu sagen, aber sie hatte zugestimmt, ihn ein Haus für sie suchen zu lassen und nach ein paar Wochen, in denen er einfach nicht das passende aufgetrieben hatte, war ihm etwas eingefallen. Er hatte zuerst mit Niniane reden müssen, doch die hatte überraschenderweise gar nichts dagegen einzuwenden gehabt und so hatte er alles Nötige veranlasst und Calait deswegen Bescheid gegeben. Jetzt ist sie hier, steht am Tresen, klimpert mit ihrem ganzen Schmuck, behängt wie ein Julbaum und grinst in sich hinein, als Mildid die Hunde holt. "Setz dich, Singdrossel. Wenn du ja sagst, haben wir gleich etwas zu feiern und dein unsicheres Lotterleben hat bald ein Ende. Ich hab da vielleicht ein Häuschen für dich." Ein weiterer Krug ist voll und gesellt sich schwungvoll zu seinen schaumbemützten Kollegen auf die Tresenplatte. Borgil wäscht sich die Hände, entkorkt ein paar Amphoren, spült ein paar Krüge, füllt die Wasserkaraffen, würzt Wein und macht sauber... alles mehr oder minder gleichzeitig. "Oder hast du schon etwas in Aussicht?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 09. Juli 2011, 22:50 Uhr
ein Tag nach Inari 51
Handlung mit Azra


Yasraena ist nicht überrascht, dass Azra so einfühlsam ist, anderes hat sie von der freundlichen Halbelbe nicht erwartet. Was sie jedoch verwundert ist, dass sie sich so viel Zeit dafür nimmt sie zu trösten und zu beruhigen, so dass Yasraenas Mauern erst bröckeln und reißen und dann vollends zusammenstürzen. Sie fühlt sich in der Nähe der zierlichen Frau ungewohnt sicher, geborgen und wahrhaft gut aufgehoben, auch wenn sie nicht recht versteht, warum Azra ihr so viel Liebe entgegen bringt und ihre Zeit mit ihr verschwendet.
Liegt es daran, dass sie ist wie ich?
Bedeute ich ihr wahrhaft und wirklich etwas?

Yasraena kann es kaum fassen, aber es muss wohl Letzteres sein, denn sonst würde Azra sich doch nicht um Yasraenas Zustand kümmern. Wenn es nur darum ginge, dass Yasra wohlauf ist um ihre Arbeit einwandfrei zu vollrichten, so hätte sie vermutlich geschimpft oder sonst wie gezeigt, dass der Elbe Arbeitsleistung nicht gerade zufriedenstellend ist. Stattdessen echot Azra entsetzt: >Hassen? Wegschicken? Lohn kürzen?< und alle Gefühle welche sie in Azra lesen kann, wie in einem offenen Buch, da diese sie gar nicht erst zu verstecken versucht, sprechen von Empörung, Unglauben, ja sogar Ärger. Azra ist sichtlich schockiert, wie Yasraena ihr solch Handlung zutrauen könnte und das stimmt Yasraena noch ein wenig trauriger, schließlich ist das Letzte was sie wollte, diese herzensgute Person zu verärgern oder enttäuschen. Doch dann spürt sie plötzlich nichts der negativen Gefühle mehr, stattdessen nimmt sie Verständnis wahr. Ganz so, als wäre es ihr ähnlich gegangen, als wäre sie wahrhaft wie ich. Mir ähnlicher als jeder andere hier. Nun ist es Traurigkeit, welche sie von Azra vernimmt. Yasraena scheint ihre Feundin wahrhaft an etwas zu erinnern, an das sie nicht denken mag oder hatte sie sie doch enttäuscht?

Yasraena, deren Mauern ja inzwischen eingebrochen sind und unter deren Trümmern ein heilloses Gefühlschaos herrscht, welches durch eiserne Ketten gefesselt und gebannt worden war, macht sich nun daran Azra ihr Innerstes darzubieten. In ihrem Innern ist tatsächlich noch viel von dem Kind, das unfähig war, über ihr eigenes Schicksal zu bestimmen und den Launen eines Shebaruc auf Gedeih und verdarb ausgeliefert war.
Ausgeliefert? Ich hätte fliehen können… Hätte ihn so erzürnen können, dass er mir ein Ende bereitet… Ich hatte alle Möglichkeiten der Welt. Jeder hat das und bestimmt selbst über sein Schicksal. Das Opfer ist nur Opfer, weil es sich dazu machen lässt, sich nicht wehrt, sich nicht schützt, sich alles gefallen lässt.
Yasraena ist wahrhaft davon überzeugt, dass ein Jeder seines eigenen Schicksal Schmied ist und dass sie ein kleines Kind war, dessen Mutter so große Angst vor der Flucht hatte, weil sie wusste, dass der Shebaruc ihnen schlimmeres antun konnte und er ihnen die die Gnade eines raschen Todes geschenkt hätte, das erkennt Yasraena nicht an. Kann und will es nicht anerkennen, denn schließlich würde es bedeuten, dass ihr immer und immer wieder Leid widerfahren konnte. Sie selbst aber sollte darüber bestimmen, was ihr wehtut, was sie an sich heranlässt und wie sie behandelt wird. Alles liegt doch an ihren eigenen Entscheidungen und ihrem Verhalten. Alles andere, würde ihre Welt zerstören, ihre Ansichten und ihren Schutz. Doch war nicht genau das eben passiert? Ihr Schutz wie weggewischt, Mauern zerfallen und Ketten gerissen? War es nicht bereits so, dass Savena ihr mehr bedeutet als sie ihr bedeuten dürfte? Das schon hätte sie nie zulassen dürfen. Aber hat sie die Macht ihre Gefühle zu beeinflussen? Nein! Und plötzlich wird ihr bewusst, dass Gefühle einfach da sind, immer da sind und man sie nicht bestimmen kann. Man kann sich ablenken und durch Erfolge oder schöne Erlebnisse negative Gefühle in Glückliche wandeln. Man konnte sie also indirekt steuern. Aber bewusst Gefühle abschalten geht nicht und kann auch nicht gehen. Man kann sie verdrängen, ignorieren und bekämpfen, aber all das macht sie nur stärker, denn Gefühle wollen gehört, wollen wahrgenommen, wollen gelebt werden. Doch die Elbe hat sie Jahrzehnte lang hinter dicken Mauern begraben und nun, seit Savena sind sie alle präsent und nicht mehr zu kontrollieren und endlich akzeptiert die Elbe, dass es falsch ist, sein Innerstes hinter Mauern zu verschließen. Denn nur wenn man sich selbst kennt, sich seiner Gefühle bewusst ist und sie als vorhanden akzeptiert, ob sie nun gut sein oder auch negativ, kann man mit sich selbst im Einklang sein und wirklich zurechtkommen.

Azras Erzählungen über ihre eigene, nicht weniger tragische Geschichte, bestätigen Yasraenas eigene Gedanken nur. Azra mag ihre Eltern nicht kennen und somit auch nicht wissen, welcher ihrer Elternteile ein Shebaruc war und nie unter ihm als Person leiden musste, so war ihr Erbe doch vorhanden. Sie hatte einen Vater, wenn er auch nur ein Ziehvater war, so hat sie durch ihn Liebe erfahren, wie sie sie vermutlich von ihren leiblichen Eltern nie hätte erfahren können, doch tragischer Weise starb ihr Ziehvater durch fremde Hand. Etwas was auch Azras Schicksal nicht gerade zu einem Erfreulichen macht. Als Azra jedoch von Selbstmitleid, Hass und Wut spricht, welche ihr Innerstes ausmachen, hebt Yasraena ungläubig eine Braue. Sie kann sich Azra so beim Besten Willen nicht vorstellen. Doch nicht die sanfte Azra, welche jeden in ihr Herz zu schließen vermag und sich selbst Yasraena gegenüber so offen und liebevoll verhält. Die Elbe kann es kaum glauben, weiß jedoch gleichzeitig auch, dass es der Wahrheit entsprechen muss, denn warum sonst, sollte Azra ihr dergleichen erzählen? Wohl kaum aus Mitleid und um sie zu trösten. Denn tröstend sind diese Worte keineswegs, eher erschreckend. Außerdem wäre es nie der Lady Art zu Lügen, selbst wenn es darum ginge, jemand anderem dadurch aufzubauen.

Azra holt weiter aus, erzählt von ihrer Liebe zu Borgil und dass diese keineswegs von Anfang an vorhanden war. Im Vergleich zu der Liebe zu ihren Kindern, welche sie bereits geliebt hat, als sie noch ungeboren unter ihrem Herzen schlummerten. Yasraena hatte schon viel von Liebe gehört. Der Bauer war untröstlich als seine Gemahlin starb. Seine Kinder ebenso. Liebe hat für sie nur Leid, Verletzlichkeit, Schmerz und Angst bedeutet. Gründe genug sich diesem Gefühl nie und nimmer hinzugeben. Die Elbe hat sich daher auch nie für Männer interessiert und obgleich sie doch sehr lebenserfahren ist, ist sie noch Jungfrau. Liebe war nie ihrs und sollte es auch nie sein, aber Azra beschreibt die Liebe nun als das größte Glück Rohas und zum ersten Mal begreift Yasraena, was Liebe wirklich ist.
Liebe muss wunderschön sein…
Sie erkennt, dass es nicht der Schmerz und die Trauer ist, welche Liebe ausmachen, sondern das Gefühl eines Glücks, welches sie selbst nie erlebt hatte. Ein Glück das so groß ist, dass seinen Verlust zwar umso schlimmer macht, jedoch auch viele.. unendlich viele schöne Möglichkeiten und Freuden offenbart.

Azra holt weiter aus und berichtet ihr, dass es nicht immer so rosig war und erzählt ihr von dem Angriff eines Dämonenprinzen, welcher Talyra in ein Schlachtfeld verwandelt hat. Yasraena hatte von dem Angriff gehört, Savena sollte dort zugegen gewesen sein und gar einen Höllenhund geritten haben. Bisher hat Yasraena den ganzen Angriff als Übertreiberei abgetan, aber nun, wo Azra ihr davon erzählt, kann die Elbe dies nicht länger von der Hand weisen, denn Azra gehört nicht zu den Frauen, die solch einen Unsinn erfinden würden. Aber das was Azra zu dem Dämonenangriff zu erzählen hat, übersteigt Yasraenas kühnste Vorstellungen. Doch ehe Azra zu erzählen beginnt, schlagen der Elbe Hilflosigkeit und Schmerz wie Peitschenhiebe entgegen. Die Gefühle sind so deutlich, dass Yasraena erst jetzt wirklich bewusst wird, dass Azra nicht fähig ist, ihr Senden zu kontrollieren. Das mag nicht nur an den Ereignissen liegen, nein, sie scheint wirklich nicht dazu in der Lage, denn sonst wären die Gefühle zwar da, aber wären der Elbe nie so deutlich, beinahe körperlich fühlbar entgegen geschlagen.
Kurz darauf berichtet Azra auch von dem Grund ihrer Gefühlslage.
Verurteilung? Besessenheit? Bann? Gräueltaten?

Yasraena kann nicht glauben, dass Azra zu Gräueltaten fähig sein soll und doch muss es wohl genauso gewesen sein. Azra starrt regelrechte Löcher in die Bank und Yasraena verstärkt den Druck ihrer Hand, welche in der ihrer Arbeitgeberin liegt leicht um ihr kundzutun, dass sie mit all dem nicht alleine darsteht. Yasraena erinnert sich nun an die Elbenlande, an jene Zeit als ihr eigenes Blut erwacht ist und sie ebenfalls Dinge tat, die sie nie hätte tun sollen. Das erste Mal hat sie eine Angestellte des Hauses ermordet. Zumindest ist es das, was ihre Mutter ihr erzählte. Yasraena selbst erinnert sich nicht daran. Es wurde vertuscht, die Leiche verschwand und Learania galt einfach als verschwunden. Sie ward nie gefunden. Fortgelaufen mit einem der fahrenden Händler mit dem sie so unsittlich geflirtet hatte, hieß es. Nur Yasraena und ihre Mutter kannten die Wahrheit. Hatte ihre Mutter sie geschützt, weil sie sie liebte oder einfach nur, weil sie nicht wollte, dass sie selbst für die Schuld ihrer Tochter mitverurteilt würde? Yasraena weiß es nicht und es spielt nun auch wahrlich keine Rolle mehr. Später passierte es wieder. Einer der Knechte, Yasraena erinnert sich sehr genau an ihn, hatte er ihr doch sehr lange schöne Augen gemacht, wurde handgreiflich. Er war betrunken und hatte ihr Verhalten falsch gedeutet, hatte geglaubt ihr würde es ebenso gefallen und sie wäre willig. Nun, eine Sicherung in ihr brannte durch. Seitdem ihr eigener Vater sie als Kind bestiegen hatte, war dies ein sehr wunder Punkt, denn sie verarbeitet zu haben glaubte. Erst als Tearannen Lowarim sie gegrabschte, wurde ihr klar, dass dem nicht so war. Sie stieß ihn fort, versuchte es und er ließ auch gleich von ihr ab, als er erkannte, dass sie all das nicht wollte. Aber Yasraena hat es nicht auf sich beruhen lassen. Sie schlich ihm nach, als er sich eine Entschuldigung murmelnd zurückzog, lauerte ihm auch und nichts als Wut, Hass und Mordlust hatte sie dazu getrieben, ihn vom Anwesen fortzulocken und anschließend auf brutalste Weise hinzurichten. Sie erinnert sich an jedes dieser Gefühle. Sie hat es bewusst getan. Hatte es gewollt. Seinen Tod gewollt und ihn bekommen. Yasraena schaudert. Es ist eine Sache, sich nicht zu erinnern, etwas nicht machen zu wollen, aber eine ganz andere es wirklich zu wollen. Andere leiden sehen zu wollen. Jemanden zu töten, obwohl es keine Notwendigkeit ist. Yasraena kann sehr gut nachempfinden, wie Azra sich fühlt oder besser fühlte. Sie selbst hat sich gehasst, verabscheut und ihr Erbe verflucht. Sie hatte die Götter auf ärgste beschimpft, wie sie nur so etwas wie sie zulassen konnten. Sie hat in Hass, Wut und Selbstmitleid gebadet. So wie es Azra laut ihren Erzählungen auch tat. All das wird nun wieder in der Elbe wach. Sie spürt Hass, welcher sich jedoch auf niemanden anderen als auf sie selbst richtet. Stillschweigend wartet sie, während ihre Trauer in Aggression umschlägt ab, was Azra noch zu diesem verfluchten Erbe zu sagen hat. Yasraena hatte so sehr gehofft es würde einen Weg geben, damit umzugehen. Azra schien ihn doch gemeistert zu haben. Warum nur, warum nur erzählte sie ihr aber dann all die schrecklichen Dinge? Welche doch klar zeigen, dass es keine Lösung gibt. Nur Schmerz, Hass und Wut.

Doch nach einer Pause legt sie Yasraena ihre feingliedrigen, zarten Hände auf die Schulter, zieht sie in ihre Arme und flüstert ihr sanft ins Ohr >Dein Blut ist genauso rot wie das aller anderen, Yasraena.<
Abermals steigen Tränen in der Elbe Augen auf und die Wut weicht wieder einem Schmerz. Aber wenn mein Blut wie das aller anderen ist, warum habe ich so etwas getan? Bin ich einfach schlichtweg böse? Es war so einfach alles auf ihr Erbe zu schieben… So schrecklich einfach… Aber Azra sagt ihr gerade genau das nicht zu tun und Yasraena erkennt, dass sie Recht hat. Man kann sich nicht  darauf ausruhen zu sein was man ist und es als gegeben hinnehmen, dass man zu einem solch grässlichen Foltermord fähig war. Azra ergänzt nun, dass es die eigene Geschichte, ihre Vergangenheit ist, welche aus ihr gemacht hat, was sie ist und es nicht an dem Erbe liegt und ja, Azra muss Recht haben. Immerhin war ihre Geschichte gewiss nicht schön und auch ihre Distanziertheit, ihre Angst vor Bindungen und vor sexueller Nähe liegen einzig und allein an ihrer Geschichte.

Die weiteren Worte Azras rühren die Elbe zutiefst: > Aber du hast auch erlebt, wie Menschen, die dich nicht kannten, aufnahmen in den Kreis ihrer Liebsten, dich akzeptieren und dir vertrauten. Niemand hier… Niemand der dich kennt, ob nun gut, oder nur flüchtig, definiert dich über dein Erbe, Yasra. Für uns, für die Bewohner Talyras, bist du nicht Yasraena der Blutelbenmischling oder der Shebarucbastard. Du bist Yasraena, die verlässliche und fleissige Hofmagd der Harfe, die geheimnisvolle, silberhelle Schönheit aus Erryn, die Besitzerin eines prachtvollen Vollbluts, die grandiose Reiterin und Gewinnerin des Shenntagrennens, die gewitzte Kartenspielerin, von der sogar der olle Krummbein noch etwas lernen kann, die Herzen-zum-Schmelzen-bringerin aller Bengel zwischen hier und der Steinfaust… und für mich bist du die Vertraute, die meine Gefühle in mancher Hinsicht besser versteht, als es jemals jemand anders könnte.<
Yasraena ist wahrhaft zutiefst gerührt. Es ist nicht einmal die Tatsache, dass sie niemand hier wegen ihres Erbes verurteilt, niemand außer sie selbst. Vielmehr liegt es an einer einzigen Aussage, welche Yasraena in ihren Gedanken immer und immer wieder wiederholt: > und für mich bist du die Vertraute, die meine Gefühle in mancher Hinsicht besser versteht, als es jemals jemand anders könnte.<

Eine Vertraute? Sie, Yasraena? Eine Vertraute…
Eine Vertraute ist mehr als eine Angestellte…
Eine Vertraute ist mehr als eine Freundin unter vielen…
Eine Vertraute ist eine Person, der man sein Innerstes anvertraut…
Eine Person, der man sein Leben anvertrauen würde.
Eine Freundschaft, die inniger ist, als alles andere…
Ist eine Vertraute eine beste Freundin?
Vermutlich trifft es das ganz genau und Yasraena ist noch immer schlichtweg gerührt, als sie Azra fest und doch liebevoll drückt und ihr ins Ohr flüstert: „Ich danke dir für dein Vertrauen, Azra. Es bedeutet mir so unendlich viel. Mehr als alle Worte welche je auf Rohas Rund gesprochen wurden, überhaupt ausdrücken können…“ Nach einer kurzen Pause fährt sie fort: „Ich habe mich dir anvertraut, als es darum ging, dass ich nicht weiß was Freundschaft ist… Jetzt weiß ich es ganz genau.“ Und sie wispert entzückt: „Ich kann es fühlen. Hier und jetzt.“ Yasraena kann es nicht glauben, das Wort Freundin ist nicht länger nur ein Wort, eine Floskel für Leute die man länger kennt, nein es ist etwas greifbares, fühlbares, vertrautes und zum ersten Mal in ihrem Leben verspürt sie grenzenloses Vertrauen, Hoffnung und FREUNDSCHAFT.

Der Elbe war nicht bewusst, dass die vielen Blicke ihrer Schönheit galten oder gelten sollen. Ihr war nicht einmal bewusst dass ihre bleiche Haut einen minimalen Perlmutschimmer aufweist und so rein ist, dass sie an eine kostbare Perle erinnert. Auch war ihr nicht bewusst, dass ihr helles Haar wie flüssiges Silber ihr Gesicht liebkost und sie zu einer strahlenden Schönheit Rohas macht. Sie hatte all das nie als Geschenk, sondern als Fluch ihres Erbes gesehen. Ein Fluch, der sie auffällig macht, wie ein bunter Hund und eher negative als bewundernde Blicke auf sich ziehen  lässt. Waren Azras Worte eine Übertreibungen? Wohl kaum, denn eine Vertraute war ehrlich. Yasraena nimmt sich vor, dass Vertrauen, welches Azra in sie steckt nie zu enttäuschen. Nicht nur, weil es das erste Mal ist, dass sie Freundschaft empfindet, sondern vielmehr, weil es Azra war, welche die zwar höfliche, doch stets kühl distanzierte Elbe nie aufgegeben hatte, wo es Andere längst getan hätten. Azra vertraut ihr in allen Belangen und Yasraena vertraut ihr ebenso. Ein Gefühl von Vertrauen mag der Elbe zwar fremd sein, aber zum ersten Mal spürt sie, dass sie ihre Lasten, welche sie in ihrem Innern mit sich herumschleppt nicht alleine tragen muss. Dass da jemand ist, mit dem sie ihre Lasten teilen kann. Und obgleich Azra jederzeit auch ihre Lasten mit Yasraena teilen kann und das soeben auch getan hat, wird die Last dadurch nicht mehr sondern weniger. Eine Erkenntnis, welche die Elbe befremdlich und wundersam zu gleich findet. Sie hat immer gedacht, wenn zwei Personen ihren Kummer teilen, würde er mehr werden, denn man hatte nun nicht mehr nur mit seinem eigenen Kummer sondern auch dem des Anderen zu kämpfen. Aber dem ward nicht so. Im Gegenteil.
Wenn es denn dann aber keine Übertreibungen waren und es die Wahrheit sein muss, stimmte es dann wirklich, dass alle Bengel oder zumindest fast alle – ein wenig übertreiben war wohl in Ordnung – ihr schöne Augen machten? Yasraena hatte nie so genau hingesehen, sie hat Blicke wahrgenommen und das nicht selten und diese stets als Ablehnung abgetan. Was sich wohl als Fehler entpuppte.

Fleißig, nun das war sie wirklich. Meist jedoch, weil sie gelernt hat keine Fehler machen zu dürfen. Aber hier und heute hatte sie der Fehler so viele gemacht und auch das war in Ordnung.

Einzig, dass Azra weiß, dass Yasraena aus Erryn stammt, verwundert  sie ein wenig. Aber dann geht ihr auf, dass sie das erwähnt hatte… Aber nichts genaues, nie den Namen des Hauses aus dem sie stammt oder den genauen Ort… Sie würde all dies aber nachholen. Sie würde Azra die ganze Wahrheit erzählen. Das und nichts anderes hat Azra verdient.

Eine gewitzte Kartenspielerin? Ja in der Tat, dass ist sie wohl. Was hatte der Bauer Kartenspieler geleibt und wann immer Händler in seinem Hof einkehrten, welcher auch wenige Gästezimmer hatte, hat er sich erhofft neue Spiele zu lernen und Yasraena hatte sich mit ihm und den Knechten viele lange Winterabende vor dem Kamin beim Kartenspielen um die Ohren geschlagen.

Azra erzählt nun auch von Ausnahmen, Fremden, denen man zum ersten Mal begegnet. Fremde, deren Furcht und Mistrauen jedoch nur daher rühren, dass die Shebaruc so viel Leid verbreitet haben, dass es sich auf immer in den Köpfen aller Immerländer verewigt hat. Dies hätte aber nichts mit ihr selbst zu tun und es obliege ihr sie eines Besseren zu belehren. Azra ermutigt sie sich freundlich und offen zu geben, anstatt sich argwöhnisch in ihrem Panzer zu verkriechen, was das Mistrauen eher wachsen lassen würde. Etwas was ja nun gar nicht in der Elbe Sinne ist. Auch hält sie Yasraena an, Vergebung zu zeigen und Geduld zu haben.
Geduld? Ja, diese sollte ich wahrhaft haben, Zeit genug dafür habe ich ja…
Yasraena weiß nicht ob sie wie ihre mütterlichen Vorfahren unsterblich ist oder ihre Lebenserwartung wie jene ihrer väterlichen Ahnen begrenzt ist. Es spielt auch keine Rolle. So oder so ist ihre Lebensdauer weit länger als die jeden Menschen und vieler anderer Bewohner Rohas. Zeit sollte also wahrlich keine allzu große Rolle spielen und vielleicht sollte sie auch bezüglich Lady Shin, Savena, geduldig sein.
Sie wird sicherlich für ihr Wohl sorgen und sich auf ihren Reisen schützen. Bestimmt wird sie auch nicht alleine durch die gefährliche Welt ziehen… Immerhin ist ihr das bereits nach dem Blumenball hier in der sicheren Stadt Talyra zum Verhängnis geworden. Und was noch viel wichtiger ist. Sie ist nicht ewig fort. Sie wird wieder kommen.

Aus Azras Worten fließt so viel Wahrheit. Sie und Azra mussten lernen in dieser Welt zurechtzukommen, mit ihrer Vergangenheit zu leben und nach vorn zu sehen. Aber auch alle anderen Bewohner dieser Welt müssen die Möglichkeit haben mit ihnen, den Shebaruc-Bastarden, zu Recht zu kommen und das braucht eben Zeit. Hier in Talyra sollte es wahrhaft leicht fallen. Diese Stadt hat schon zu viel gesehen und erlebt, als dass sie durch die Existenz zweier Weißhäute erschüttert werden würde. Zudem hatte Azra bereits Vorarbeit geleistet und so viele Bewohner von ihrem guten Willen überzeugt. Yasraena dachte immer, dass sich niemand traut gegen sie zu reden, weil sie eben Borgils Frau ist, dass sie aber selbst dafür ganz klar mitverantwortlich war, diesen Rückschluss hat Yasraena nie gezogen.

Azra lächelt ihr aufmunternd und unendlich freundlich zu. Ehe sie ihre lange Rede mit folgenden Worten ausklingen lässt: > Und du, Yasra… du darfst vertrauen. Du darfst Freundschaften schliessen. Aber am aller-, aller-, wirklich allerwichtigsten: Du darfst lieben. <

Yasraena stimmt ihr zu, aus vollem Herzen. Nur wer vertraut, kann auch Vertrauen erwarten.
Nur wer liebt kann auch geliebt werden und nur wer Freundschaften zu schließen bereit ist, wird auch Freunde haben.

Ich darf vertrauen…
Sie hatte heute vertraut. Hatte sich Azra anvertraut und ihr Vertrauen entgegen gebracht worden. Grenzenloses Vertrauen ist ihr entgegen gebracht worden. Immerhin hatte Azra ihr gesagt, dass sie hätte Verurteilt werden können, weil sie Gräueltaten angerichtet hat. Was immer diese Taten auch waren, sie mussten schlimm genug gewesen sein um sie auf ewig im Kerker verrotten zu lassen oder aber, weil man Shebarucs allgemeinhin nicht traute, man hätte sie gleich hinrichten können. Dies war, Borgil sei Dank, nicht passiert. Aber darüber zu sprechen, das setzt wahrhaft grenzenloses Vertrauen voraus und Yasraena fühlt sich warm ums Herz. Fühlt sich glücklich, dass man ihr so ein großes Vertrauen entgegen bringt.

Ich darf Freundschaften schließen…
Und genau das hatte sie soeben getan... Sie hatte sich anvertraut. Vertrauen zurückbekommen und für sich erkannt, was Freundschaft wirklich ausmacht und vor allem wie diese sich anfühlt.

Ich darf lieben…
Auch dieser Punkt ist nun völlig klar. Sie kann die Freundschaft zu Azra fühlen und weiß nun ganz genau wie sich freundschaftliche Vertrautheit anfühlt. Dies ist nicht das, was sie Lady Shin gegenüber empfindet. Sie vertraut Savena nicht. Ganz bestimmt nicht. Die Schönheit, welche oftmals kalt wie Eis ist, das hier und da bei Yasraenas Anwesenheit minimal zu tauen beginnt, ist zu sehr viel mehr fähig, als sie zugeben w+rde. Ihre Spuren führen bis tief in die Unterstadt. Und irgendetwas wird sie dort treiben, etwas was sicher kein gewissenhafter Bürger machen würde. Vertrauen ist also nicht da, nicht einmal ein bisschen. Dafür ist da eine Faszination, welche ihren Ursprung in dem Geheimnis fand, welches die Elbe ergründen wollte. Später wurde sie von der strahlend blauen Augen der Maid verzaubert und ihre Berührungen wurden von einem sanften Prickeln begleitet, welches sie bei Azras Umarmung nicht empfindet. Yasraena weiß noch immer nicht, ob es nur eine Schwärmerei oder tatsächlich ihre erste Liebe ist, aber sie glaubt, dass es zweites sein musste. Anders könnte sie sich das Ganze nicht erklären.

Yasraena löst sich wieder aus der Umarmung. Die Tränen sind getrocknet und ein freundliches Lächeln erhellt sogar ihre Züge als sie sich wieder an Azra wendet und ihr in die Augen blickt: „Ich danke dir für deine Freundschaft. Für dein Vertrauen. Es tut gut zu fühlen was Freundschaft ist. Es tut so gut zu verstehen und ich möchte, dass du weißt, dass ich dir immer eine Freundin sein werde und was immer du mir auch anvertrauen magst, es wird unter uns bleiben. Deine Geheimnisse sind bei mir sicher verwahrt. Es ist einfach unbeschreiblich verstanden zu werden und selbst zu verstehen. Ja, ich weiß jetzt was Freundschaft wirklich ist. Was grenzenloses Vertrauen bedeutet.“ Sie wartet was Azra dazu zu sagen hat und als Beide alles gesagt haben, was es zu sagen gibt, erkundigt sich Yasraena, mit einem schiefen Grinsen: „Ich sollte noch etwas essen, außerdem bin ich halb am Verdursten. Es ist schon spät, meinst du die Küche gibt noch was Warmes her?“      

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Calait am 09. Juli 2011, 23:37 Uhr
Sonnenthron 511

„Etwas anderes, als Varins Bett?“ Sie hebt mit ungenierter Frivolität eine Augenbraue, schüttelt dann aber lachend den Kopf: „Nein, nichts.“ Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Varin sie regelmässig besucht – und sie überraschenderweise, wenn sie bei ihm in der Steinfaust vorbei schneit, nie vor dem nächsten Morgen wieder verschwindet. Calait gibt sich auch gar keine Mühe ihr sehr herzliches und überaus inniges Verhältnis zu dem charmanten Gardeoffizier zu verstecken. Ganz im Gegenteil. Gerne und oft lümmelt sie auf seinem Schoss herum, wenn sich dazu die Möglichkeit ergibt. Sigourny al Mere, die Königin der Nacht und Besitzerin des wahrscheinlich grössten und berühmtesten Bordells Talyras, hatte ihr bereits ein Stelle als Pfirsich angeboten, in der Hoffnung Profit zu schlagen aus der erfrischenden Freimütigkeit, die Calait Männern entgegen bringt – der Vorschlag mochte zwar scherzhaft vorgebracht worden sein, hatte aber einer gewissen wirtschaftlichen Seriosität nicht entbehrt, schliesslich mag die Resande vielleicht blind sein, aber was kümmern einen Mann schon die Augen einer Frau, wenn sie einen ansehnlichen Körper besitzt und ihn mit ihren Fingern – und anderen Extremitäten - einmal den Himmel hinauf und wieder hinunter zu jagen vermag. Calait hatte lachend, aber nicht im Geringsten empört abgelehnt und versprochen ihr keinen der zahlenden Kunden abspenstig zu machen. Nur das Techtelmechtel mit Varin hat sie mit der gleichen Intensität fortgeführt. Ganz ohne irgendwann an unerfülltem Liebeskummer einzugehen, denn soviel ungezügelte Leidenschaft sie auch mit ihm teilt und wie gerne sie auch in seinen Armen liegt, über Freundschaft hinaus hat sie nie etwas für den ansehnlichen, jungen Mann empfunden, der überdies auch dafür zuständig ist ihr die Briefe ihrer Schwester, die mit geduldverzehrender Langsamkeit im Dreimondetakt Talyra erreichen, vorzulesen und die entsprechenden Antworten auf Pergament zu setzen. Die fast schon schamlose Offenheit, die er dabei an den Tag legt – er macht nicht gute Miene zum bösen Spiel, oder hält mit seiner Meinung hinterm Berg, wenn er es mit einer Aussage, ob nun von ihr oder Lía, uneins ist – hat Calait sofort zu schätzen gewusst und sie mit ungezwungener Ehrlichkeit erwidert. Nur als sie eines abends neben ihm in seinem Bett gelegen hatte, noch schwer atmend von all der Hitze, die er mit schurkischer Genügsamkeit durch ihren Körper gejagt hatte, und er, während seine Finger spielerisch über ihre geschlossenen Augenlider geglitten waren, nach dem Ursprung ihrer Blindheit fragte, war sie ihm eine wirkliche Antwort schuldig geblieben. Sanft hatte sie seine Hand ergriffen, die schwielige Innenfläche mit ihren Lippen liebkost und heiser, aber mit fester Stimme gegen seine Fingerkuppen geflüstert: „Das werde ich dir nicht erzählen.“
Er hat nie wieder gefragt.

„Danke“, wirft sie Mildid über die Schulter hinterher, als diese auf Borgils Anweisung hin prompt auf dem Absatz kehrt macht, um den Hunden ein schattiges Plätzchen zu besorgen, und winkt ab, als der Zwerg mit dem herrlich tiefen Bass ihr anbietet sich zu setzen. Der Geräuschekulisse nach zu urteilen platzt die Harfe bald aus allen Nähten und da sowohl Halla, Marthea als auch Grid mit der Sommergrippe im Bett liegen, bleibt es an Borgil und dessen Eheweib Azra hängen die fleissigen Bienchen im Überblick zu behalten und zu organisieren, was sie mit beeindruckender Selbstverständlichkeit tun. Trotzdem will Calait ihn jetzt nicht vom Tresen wegholen, wo doch alle fünf Herzschläge eines seiner unzähligen Mädchen mit rotem Gesicht, schwingenden Röcken und mit einer neuen Bestellung angerannt kommt. Krüge wollen gefüllt, trockene Kehlen getränkt, Gaumen verwöhnt und erhitzte Gemüter gekühlt werden. Grinsend stützt sich Calait also mit den Unterarmen auf die frisch geputzte Theke und lehnt sich leicht nach vorne, damit Borgil sie über den allgemeinen Trubel hinweg besser verstehen kann – sie hört ihn problemlos, ohne, dass er seine Stimme erheben muss. Sofort füllt der Geruch nach feurigen, südländischen Gewürzen ihre Nase und ein geniesserisches „Hmmmm“ rollt über die Lippen, wie das Schnurren einer Katze, die sich süsse Sahne von ihrem Mäulchen schleckt. „Bassam ist also endlich in Talyra eingetroffen? Ich rieche…“ Ihre Nasenflügel zittern und sie reckt sich noch etwas weiter nach vorne, wie ein Hund, der seine Beute erschnuppert: „Azurianischen Pfeffer… und… kheyrischen Muskat. Und… oh… OH! Süssen Liebmich aus Jahangir!“ Sie ist völlig versessen auf das milde Kraut aus den grünsten und undurchdringlichsten Tiefen der Insel Tafraut, das hauptsächlich dazu benutzt wird den Geschmack trockener Weine zu einem vollendeten Genuss zu machen – in ihrem Falle aber auch gerne in allen Speisen und Getränken vorhanden sein dürfte… en masse!
Prompt wird ihr ein Becher verdünnter Roter vom Ostufer in die Hände gedrückt, der genau richtig mit dem geliebten Gewürz abgeschmeckt ist. Der Wein schmeichelt ihrem Mund mit der Frischheit wilder, saftiger Trauben, aber es ist der Liebmich, der ihre Zunge mit honigsüssem Samt überzieht und wie Gold ihre Kehle hinabrinnt. Ein absolut hingerissenes Lächeln macht sich auf ihren vollen Lippen breit: „Beim heiligen Eintopf meiner Urgrossmutter, was für ein Gedicht.“ Wenn sie könnte – und sie hat bereits einmal Anstalten gemacht einen geeigneten Bottich dafür aufzutreiben – würde sie in dem fremden Genuss baden. Stundenlang. Jeden Tag. Bei den Geistern und ihren Flausen, ich wäre ständig und immerzu betrunken, hätte ich freien Zugang zu diesem Gewürz und dem dazugehörigen Wein. Zum Glück ist dem nicht so, auch wenn sie für diesen Becher mit Sicherheit nichts zahlen muss. Dafür akzeptiert sie keinen einzigen Kupferling von Borgil, wenn es darum geht seine Gäste in den Genuss ihrer Stimme zu bringen.

„Wie geht es deinen kranken Weibern?“, erkundigt Calait sich nach einem zweiten Schluck, den sie mit der einer Hingabe auskostet, als handle es sich dabei um sündhaft teuren Rubinwein. „Helfen die Kamillewickel, oder muss ich noch einmal nach ihnen sehen?“ Auch das tut sie umsonst und auf diese Weise helfen sie sich gegenseitig, ohne sich um irgendwelches lästiges Gold, Silber oder Kupfer den Kopf zerbrechen zu müssen. Ob Borgil diese Art von Tausch ebenfalls so sehr schätzt, wie sie es tut, oder ihr einfach keine Probleme bereiten möchte, weil sie nie genau weiss, was für eine Münze sie jetzt eigentlich in der Hand hält, weiss sie nicht – andererseits: Borgil ist nicht unbedingt dafür bekannt, dass er sich davor scheut etwas anzusprechen, was ihm nicht passt.
Und erst nachdem er ihr versichert hat, dass die Frauen nicht mehr länger in ihrem eigenen Schweiss baden und sich schon sehr viel besser fühlen, kommt sie auf den eigentlichen Grund ihres Hiersein zu sprechen. Die Unterkunft, die er für sie suchen wollte. Die er und Varin ihr an einem Stück durch mit Schmeichelzunge und wildem Haareraufen ans Herz gelegt haben, aus Sorge, ihr könnte ausserhalb der Stadtmauern etwas geschehen. Allerdings hat erst die Tatsache, dass Borgil hinter ihrem Rücken wohl ganze Geldkatzen liegen liess, um für ihre Sicherheit zu garantieren, sie dazu gebracht dem Drängen der beiden Männer nachzugeben und sich bereit zu erklären eine Unterkunft zu suchen, die aus mehr als nur einem Planwagen und ein paar zotteligen Fellen besteht. Ihre Anspruchslosigkeit hat in dieser Hinsicht viel geholfen, trotzdem hat es beinahe drei Monde gedauert, bevor ein Botenjunge ihr die erfreuliche Nachricht überbrachte.
„Lotterleben, hm? Wenn dich mein Lotterleben nicht so viel kosten täte, würde ich mich weigern meine stinkende Schafshöhle zu verlassen, nur damit du es weißt“, wedelt sie mit erhobenem Zeigefinger vor seiner Nase herum – oder dort, wo sie seine Nase vermutet, aber ihre Stimme verrät, dass sie sich nichts von seinen Worten anzieht und sich ehrlich auf die neue Behausung freut. Und wie es ihre Art ist, macht sie aus ihrer kindlichen Vorfreude kein Geheimnis. „Was hast du gefunden?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Tiuri am 10. Juli 2011, 14:00 Uhr
Von der Südstraße bis in die Goldene Harfe


„Sag dem Mistvieh, es soll mich gefälligst auf den Kutschbock lassen!“
Schmunzelnd beobachtet Tiuri noch für einen kurzen Moment die Situation ehe er auf den schwarzen Hengst zu geht, ihn am Zaumzeug fasst und seinen Kopf mit den angelegten Ohren und den gebleckten Zähnen von Brian ablenkt. Dankbar schnauft der kleine Weinhändler und wuchtet seinen Körper der annähernd so breit wie hoch ist auf den Wagen.
„Gut so, jetzt spring schnell auf Junge!“ Mit Schwung und weitaus eleganter als der dicke Brian, setzt sich Tiuri neben den Händler auf den Kutschbock und sieht zu wie sein Sitznachbar die schweren Lederzügel auf den Rücken seines Pferdes niederschnalzen lässt. Tiuri ist nur froh, dass Njördyr in den letzten zwei Jahren eine gewisse stoische Ruhe gegenüber Fremden gelernt hat, denn noch vor drei Sommern hätte der Hengst sich wahrscheinlich mit einer furchterregenden Präzision aus seinem Geschirr befreit, die Kutsche in ihre Einzelteile zerlegt und danach den Kutscher gefressen. Nach zwei Zwölfmonden in Arrassigué, mit einer Aufgabe und einer ganzen Gruppe von anderen Pferden und auch Rittern, die keine Zeit und Geduld für einen schwarzen Reitogre aus der tiefsten der neun Höllen haben, passiert einfach nichts.
Brian beginnt wieder zu fluchen und zu schimpfen und Tiuri nimmt ihm die Zügel aus der Hand ehe der Händler noch auf Dummheiten kommt. „Njördyr, voran!“ ist Tiuris Befehl, die Zügel völlig still haltend nur von einem Zungenschnalzen begleitet und der Hengst setzt sich brav in Bewegung. Zwar stampft er zwischendurch ungehalten mit einem Huf auf und schüttelt auch gelegentlich genervt den Kopf, aber obwohl der Schwarze zum ersten Mal einen Wagen zieht und sie keinerlei Zeit hatten ihn an seine neue Aufgabe zu gewöhnen, verfällt er weder in Panik noch in größere Unruhe sondern folgt brav Tiuris Anweisung, einfach geradeaus zu gehen.
Sichtlich erleichtert lehnt sich Brian auf seinem Kutschbock zurück und überlässt Tiuri gerne die Zügel, hoch erfreut darüber, dass er sich mit dem jungen Ritter in seiner Begleitung bis Talyra jetzt wohl um nichts mehr zu kümmern bräuchte. Das eigentliche Kutschpferd des kleinen Weintransports liegt nämlich reichlich kopflos als Wolfsfutter etwas abseits vom Straßenrand.
Das gutmütige alte Zugtier, das Tiuri von Brioca an - wo er von Brian angeheuert wurde um ihn für Geld sicher nach Talyra zu begleiten – reichlich lahm vorgekommen ist, hat sich bei einem unglücklichen Sturz in einem Schlagloch in der Straße einfach so einen seiner alten Knochen gebrochen. Es war für den jungen Ritter keine sehr schöne Aufgabe gewesen dem Pferd den Kopf abzuschlagen und er hat ein Stoßgebet zu den Göttern geschickt und ihnen – nicht zum ersten Mal - für Fahls Drachenstahlklinge gedankt. In Ermangelung eines weiteren geübten Zug- und Arbeitspferd musste jetzt Njördyr an die Kutsche und Tiuri ist froh, dass der Hengst seiner neuen Aufgabe nun so gelassen nach geht.

Die Sonne brennt Tiuri auf sein schon etwas zu langhaariges Haupt während er so mit Pferd und Wagen die Straße entlang fährt. Nur noch wenige Tausendschritte trennen ihn von Talyra und je näher er der Weltenstadt kommt, desto mehr merkt er erst, wie sehr er seine Heimat vermisst hat. Natürlich hat er seine leiblichen Brüder schmerzhaft in Sûrmera verabschiedet, auch Gawains Frau Elaine umarmt und ihr versprochen ihre aller herzlichsten Grüße an Azra zu überbringen, die Kinder geherzt, die unerhört groß geworden waren, aber jetzt… jetzt freut sich Tiuri schon längst nur mehr auf seine richtige Familie.
Die werden ganz schön Augen machen!
Eigentlich hätte Tiuri erst in ein paar Tagen mit dem Schiff in Talyra ankommen sollen, doch der Kapitän der „Seenymphe“ hatte sich bei einer Wirtshausschlägerei dummerweise und sehr unglücklich ein Messer in den Bauch rammen lassen, so dass die Fahrt, die für den nächsten Siebentag geplant gewesen wäre, aufgrund des akuten Todesfalls ausgefallen war. Als Tiuri die Nachricht durch Zufall am Fischmarkt gehört hat, hat er sich nach einer Alternative umgesehen und ein schnelles, kleineres Schiff gefunden, das noch am selben Abend nach Brioca ausgefahren ist. Von Brioca aus hat er sich dann einer kleinen Handelskarawane angeschlossen, zu der auch Brian gehört, der zu Tiuris Glück nicht schlecht betucht und ein wenig überbesorgt ist was Verbrecherbanden angeht.
Je näher Talyra rückt, desto lieber würde Tiuri sie aber alle einfach am Wegesrand stehen lassen, sein Pferd schnappen und so schnell er kann nach Hause reiten, aber erstens wird er für seine Arbeit bezahlt und zweitens kann er das bei der Gluthitze auch seinem Pferd nicht antun.
Ein wenig ungeduldig schiebt er sich die verschwitzten Haare aus dem Gesicht und kratzt sich an seinem schon-mehr-als-3-Tage-Bart. Azra würde ihn vermutlich sofort nach seiner Ankunft in ein Bad stecken und ihm mit einer Rasierklinge und einer Haarschere zu Leibe rücken. Naja, ein bisschen struppig siehst du wohl wirklich aus! Vielleicht erkennen sie dich ja gar nicht wieder… Aber so anders sieht Tiuri wohl nach zwei Zwölfmonden nicht aus. Die Haare etwas länger, der Bart ein wenig dichter und naja… mehrere Stein Muskelmasse hat er wohl auch zugelegt aber sonst? Die zwei oder drei kleineren Narben die er dazu bekommen hat fallen auf Tiuris Körper wirklich nicht mehr auf und sonst war an ihm alles heil geblieben. Der letzte Sonnenbrand in seinem Gesicht den er sich auf der Weihrauchstraße durch die Sagora geholt hat, als er und seine Truppenbrüder einer großen Handelskarawane den Weg nach Arrassigué so sicher wie möglich gestalten sollten, ist schon längst einem tiefen Bronzeton gewichen. Angesichts der Tatsache auf was für Straßen Tiuri noch vor wenigen Monden unterwegs war, macht er sich jetzt überhaupt keine Sorgen was ihre Sicherheit so nahe an Talyra angeht, ganz im Gegensatz zu Brian, der neben Tiuri auf dem Kutschbock sitzt und das Schild des Ritters umklammert hält, falls Tiuri es im nächsten Augenblick vielleicht braucht.
Tiuri verdächtigt den Weinhändler, der Tiuri seit ihrer Abfahrt in Brioca immer nur mit „Junge“ anspricht – aber, dass er sich im Fall eines Überfalles, eher selbst hinter dem Schild verstecken würde und Tiuri ohne das Kampfutensil vom Wagen stoßen würde. Naja, wenn er sich damit sicherer fühlt…
Tiuris restliches Hab und Gut liegt in seinen großen Satteltaschen verpackt, eingeklemmt zwischen Brians Weinfässern, aber viel ist es auch nicht was der junge Mann so bei sich trägt. Zwei Hemden, eine Hose, das Kettenhemd das Borgil für ihn angefertigt hat, sein Umhang den er bei diesen Temperaturen wirklich nicht braucht, ein paar Beutel mit teuren Gewürzen die er sich in seiner Aufgabe als Karawanenbeschützer mit kleinen Extraaufgaben verdient hat und ein Geschenk für Azra.
Auf einer der wenigen Missionen bei denen es tatsächlich zu einem größeren Kampf gekommen war, hatte Tiuri die südländische Braut eines sehr reichen Schmuckhändlers davor bewahrt auf der Überfahrt zu ihrer Hochzeit erst ihre Unschuld und dann ihr Leben zu verlieren, worauf hin ihm diese als Dank eine ihrer Ketten schenkte in die kleine Shadyarsplitter eingearbeitet sind und deren Anhänger ein tropfenförmiger Mondstein ist. Hoffentlich gefällt sie ihr… Von Schmuck hat Tiuri wirklich nicht besonders viel Ahnung aber er weiß ja wie Azra sich jedes Mal ziert, wenn Borgil ihr ein neues hübscheres Kleid schenken möchte. Wahrscheinlich kann sie mit so einem Geschenk gar nichts anfangen… Aber er hat nun mal nichts anderes und Geschenke sind im südlichen Sûrmera auch nicht allzu leicht zu bekommen. Besonders, wenn man so wie Tiuri nicht gerade viel Geld bei sich hat.

Die letzten 10 Tausendschritt kommen Tiuri wie eine Ewigkeit vor und als die Stadtmauern langsam vor ihren Augen auftauchen kann der junge Mann schon fast nicht mehr ruhig sitzen bleiben. Auch Njördyr spürt seine Anspannung, doch Tiuri beruhigt ihn mit einem „Hohoooo“, damit der Hengst nicht einfach die Hufe in die Hand nimmt und den Rest ihrer kleinen Handelsgruppe Straßenstaub schlucken lässt. Er kann es kaum glauben, als sie endlich auf dem Platz der Händler einfahren. Obwohl Tiuri dazu eigentlich überhaupt keine Lust hat, bringt er Brian und seine Gruppe bis zur Nyzemia, wartet vor der Tür geduldig bis die Gruppe mit irgendeiner Bestätigung wieder nach draußen kommt, hilft ihnen noch den Wagen an dem immer noch sein Pferd hängt an die richtige Stelle zu karren und verabschiedet sich schließlich. Mit den Worten „Danke mein lieber Junge“ drückt ihm Brian die versprochenen Silberlinge in die Hand und es scheint dem Weinhändler überhaupt nicht komisch vor zu kommen, dass die anderen Tiuri mit Sire ansprechen – wobei Tiuri sich selbst nicht ganz sicher ist, was ihm davon eigentlich seltsamer vorkommt. Nach dem er Njördyr aus dem Kutschgeschirr befreit hat, Sattel und Satteltaschen festgezurrt sind, schwingt er sich in Windeseile auf den Rücken seines Pferdes und reitet an den Wachen vorbei durch das Stadttor nach Talyra.
In der Stadt hat sich auf den ersten Blick gar nichts verändert. Links von ihm erhebt sich immer noch groß und mächtig das alte Gemäuer der Steinfaust, dem er auch bald einen Besuch abstatten möchte um sich von seiner Reise zurück zu melden und seinen Dienst anzutreten. Aber erst zur Harfe! Die Straßen sind wie immer belebt und so hilft Tiuris Unruhe nichts, er muss im Schritt durch die Straßen reiten, wo ihn allerdings immer wieder mal jemand erkennt, aufhält und in ein Gespräch verwickelt. Der Bäcker der gerade mit einem leeren Wagen vom Marktplatz zurück kommt und scheinbar einen guten Tag hatte, ist hocherfreut den jungen Mann wieder zu sehen, erzählt auch von seinen 3 neuen Enkelkindern und lässt seine besten Grüße an Meister Borgil und seine Frau entrichten. Ein alter Zwerg, von dem Tiuri eigentlich nicht so genau weiß womit er sein Geld verdient, der aber jeden Abend mehrere Humpen Bier in der Harfe leert, klopft ihm freundschaftlich so fest gegen den im Steigbügel stehenden Fuß, dass Njördyr gleich einen weiten Satz vorwärts macht und dabei fast die hübsche Weberstochter umreißt. Die ist in den letzen zwei Zwölfmonden wirklich erwachsen geworden und auf Tiuris Entschuldigung errötet sie nur zuckersüß, rafft die Röcke und ist auf und davon.

Bei seinen letzten Schritten über den Marktplatz kann Tiuri den diversen Begrüßungen schon nur noch halbherzig zu hören und er schafft es mit Mühe noch sein Pferd in den Stall zu bringen und es nicht einfach draußen vor der Tür stehen zu lassen.
Ninio kann es gar nicht fassen, dass Tiuri wieder da ist und boxt ihm freundschaftlich in den Bauch, ehe der Junge sich schließlich doch durchringt und seinen alten Freund kurz, aber herzlich umarmt.
Nachdem er Njördyr verstaut hat, Ninios Wunsch nach Kriegsgeschichten auf später vertröstet hat, rennt er fast schon in Richtung Harfentür. Nur kurz bremst er dazwischen einmal ab, hebt einen Arm und schnuppert an seiner Achsel, befindet, dass es irgendwo zwischen Stinktier und Iltis liegt, dass daran aber nun mal nichts zu ändern ist und öffnet die Türe.
Sofort dringt ihm der Geruch von köstlichem Harfenessen, das er so lange schmerzlich vermisst hat, in die Nase und er muss erst einmal erleichtert aufatmen, dass die Harfe noch genauso aussieht wie er sie verlassen hat. Die Wände, die Stimmung, sogar einige der Gäste kennt er wieder und hinter dem Tresen steht Borgil, vernarbt, grimmig und breit wie eh und je.
Endlich zu Hause!

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 10. Juli 2011, 16:16 Uhr
>Etwas anderes, als Varins Bett? Nein nichts.< Borgil grinst breit, fixiert die blinde junge Frau vor ihm einen Moment und nimmt einen langen Schluck aus seinem eigenen Krug, der eiskaltes Schwarzbier enthält, etwas wesentlich stärkeres, als Verder Kupfer. "Also... immer noch du und Varin, aye? Wird das nicht langsam langweilig, Singdrossel? Oder ist er am Ende schon auf ein Knie gefallen? Hast du ihm bereits ewige Liebe geschworen? Oder ist es nur eine Bettgeschichte?" Sein Tonfall macht mehr als deutlich, dass er Calait nur aufzieht, schließlich kennt er Varin, seit der ein Knirps war und Calait ist auch kein Kind von Traurigkeit. Eine Lady genieße und schweige, wird ihm auch prompt beschieden und Borgil lacht leise und heiser in sich hinein. Dann legt Calait ein Knäuel festen Zwirn auf den Tresen. "Ich wollte dir das noch zurückgeben."
"Garn? Wann hab ich dir eine Rolle Garn geliehen?"
"Du hast es mir gegeben, als ich gerade angekommen war und ständig im Marktviertel verloren ging. Es hat die Händler in den Wahnsinn getrieben, aber es hat mir geholfen, den Weg zu finden."
"Behalt es, Singdrossel."
"Ich glaube nicht, dass ich so schnell wieder verloren gehe."
"Ach, man kann nie wissen. Vielleicht musst du ja bald mal ein Päckchen verschnüren, eine Laterne aufhängen... oder ein Grillhühnchen zusammenbinden. Es ist vielseitig einsetzbar."
Sie plaudern ein bisschen über die Mägde und Schankmädchen, die die Sommergrippe erwischt hatten, sich dank Calaits Hilfe und Pflege aber bereits wieder auf dem Weg der Besserung befinden und kommen schließlich auf den Grund ihres Besuchs zu sprechen – eine mögliche Bleibe für sie. >Lotterleben, hm? Wenn dich mein Lotterleben nicht so viel kosten täte, würde ich mich weigern meine stinkende Schafshöhle zu verlassen, nur damit du es weißt.<
"Mäh-äh-äh", meckert Borgil und klingt dabei wie ein Drache mit chronischem Lungenschaden, der versucht einen gurgelnden Widder nachzuahmen. Seine Augen folgen fasziniert Calaits Zeigefinger, der ungefähr auf Höhe seiner Schlüsselbeine herumfuchtelt und dabei wilde Kreise beschreibt. "Hörst du wohl auf, auf meine Brust zu starren, Singdrossel? Meine Augen sind hier oben", erklärt er belustigt, dann ändert sich sein Tonfall und wird recht selbstironisch, als er fortfährt: "Wir Zwerge sind sehr empfindsame Wesen. Hochsensibel. Ja, doch, wirklich. Wir leiden furchtbar unter solch schamlosen Blicken. Schließlich sind wir keine Lustobjekte."

Calait zieht grinsend ihr sommersprossiges Näschen kraus und glaubt ihm selbstredend kein Wort. Sie kann auch nicht mehr länger herumplänkeln, sondern muss jetzt einfach wissen, weswegen er sie hergebeten hatte. >Was hast du gefunden?<
"Och, dies und das." Borgil kann der Versuchung, das Mädel ein bisschen zappeln zu lassen nicht recht widerstehen, aber nachdem Calait vor lauter Neugier beinahe vor dem Tresen auf und ab hüpft, hat er doch ein Einsehen. "Also, ich hab ein bisschen rumgefragt, weil das Haus ja doch ein wenig mehr ahm... sagen wir Platz um sich herum braucht, wegen deines Tierparks. Eine alte Freundin von mir hat ein Haus oben an der Nordmauer. Genau genommen war es eigentlich nicht ihres, sondern das einer Elbin, die die Stadt schon lange verlassen hat und auch nicht wiederkommen wird, und Nini... also die Protektorin hat es lange gehütet und irgendwann erworben, ach... es ist kompliziert. Lange Geschichte. Hinter allem und jedem stecken irgendwelche Geschichten. Also es ist schon außerhalb der Stadt, aber direkt an die Mauer gebaut und die Wachen und Armbruster oben auf den Wehrgängen können auch ein wachsames Auge darauf haben, im Fall eines Falles. Das Häuschen hat einen Schuppen und einen kleinen Offenstall, und alle Gebäude haben ein Fundament aus Flusssteinen, sie sollten also nicht allzu baufällig sein. Das Dach müsste natürlich neu gemacht werden und der ein oder andere Balken muss sicherlich ausgetauscht werden, aber das sollte alles rasch erledigt sein. Es hat einen Kräutergarten und der Smaragdstrand ist nicht weit. Ninia... also die Protektorin wäre dann deine Nachbarin. Ihr Baum ist aber gut eineinhalb Tausendschritt oder mehr entfernt. Der Zaun ist allerdings völlig hinüber, den müsste man ersetzen. Im Garten ist auch eine Quelle und das Seeufer ist nicht allzu weit. Na, was meinst... oh! Oh!" Borgil bricht mitten im Satz ab und seine schwarzen Augen werden groß und rund wie Wagenräder, als sich die Tür öffnet und augenblicklich von einer wohlbekannten, aber sehr lange vermissten Gestalt ausgefüllt wird, die hastig den Kopf einzieht, um dem Türrahmen auszuweichen. Borgil schießt hinter dem Tresen hervor wie eine gewaltige, bärtige Bulldogge und stürzt sich mit rasselndem Freudengeheul auf seinen heimgekehrten Sohn.

"Tiuri! Den Göttern sei Dank! Herrje!" Obwohl Borgil gut vierzig Sekhel kleiner ist, als sein baumlanger Ziehsohn, verschwindet der Junge in einer knochenbrechenden Umarmung und wird mit Leichtigkeit von dem Zwerg hochgehoben und gedrückt, dass ihm die Rippen knacken. "Du bist wieder da! Endlich! Wir haben dich... oh, bei Sils fettfleckigem Backenbart, und Azra ist nicht zu Hause! Sie wollte ein paar Einkäufe erledigen, wir haben dich erst nächsten Brantag mit dem Schiff erwartet! Azra wird Augen machen, wenn sie nach Hause  kommt, ich muss ihr gleich einen Jungen hinterherschicken... Razo, Taino, Berin... verdammt nochmal, wo stecken die immer alle, wenn man sie braucht?... Aber komm erst einmal herein. Komm, lass dich anschauen." Tiuri wird an den Tresen gezerrt, noch einmal gedrückt und begutachtet, außerdem bekommt er einen Krug kaltes Bier in die Hand gedrückt, erhitzt und verstaubt, wie er aussieht. Dann fällt Borgil Calait hinter ihm wieder ein und er dreht sich zu der jungen Frau um, die lauschend die Ohren in ihre Richtung dreht, um herauszufinden, was vor sich geht. "Oh, Calait, entschuldige meinen plötzlichen Abgang eben. Aber mein Sohn Tiuri ist gerade aus Sûrmera zurückgekehrt und er war sehr, sehr lange fort. Tiuri, das ist Calait, eine Heilkundige und Sängerin. Sie ist seit beinahe einem Zwölfmond in Talyra. Calait, das ist Tiuri," stellt er vor. Sein Blick wandert von Tiuris staubverkrusteten Stiefeln die langen Beine hinauf, über Brust und Arme bis zu seinem Gesicht, verdunkelt vom Schatten eines tagealten Bartes und umrahmt von zerzaustem Haar und zu seiner allergrößten Erleichterung stellt er fest, dass dem Jungen weder ein Arm, noch ein Bein noch sonstige Körperteile zu fehlen scheinen, auch Nase und Ohren sind noch an ihrem Platz und in seinen Augen sind keine dunklen Schatten von schlimmen Kriegserlebnissen zu sehen... obwohl er sicher einiges zu sehen bekommen hat. "Es ist so schön, dass du wieder hier bist."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Tiuri am 10. Juli 2011, 17:31 Uhr
Es bleibt Tiuri ungefähr ein Herzschlag Zeit – in der er dafür den Blick auf ein sehr anregendes in die Luft gerecktes Hinterteil erspäht, dass eigentlich an einer Frau dran hängt, die irgendwie betrunken wirkt wie sie so mit einem Finger an Borgils Brust und der Nase im Wein halb über dem Tresen hängt – bis Borgil ihn auch schon halb umrennt und er von zwei baumstammdicken Armen umfasst wird. Man kann über zwei Zwölfmonde schon mal vergessen wie stark der eigene Vater ist, denn Tiuri ist doch etwas überrascht, als er tatsächlich den Boden unter den Füßen verliert und es ihm außerdem jede Luft zum Atmen aus den Lungen quetscht. Obwohl die Umarmung ungefähr so angenehm ist wie von einem Azurianischen Dreihorn überrannt zu werden, kann sich Tiuri gerade nichts Besseres vorstellen.
>Du bist wieder da! Endlich! Wir haben dich... oh, bei Sils fettfleckigem Backenbart, und Azra ist nicht zu Hause! Sie wollte ein paar Einkäufe erledigen, wir haben dich erst nächsten Brantag mit dem Schiff erwartet! Azra wird Augen machen, wenn sie nach Hause  kommt, ich muss ihr gleich einen Jungen hinterherschicken... Razo, Taino, Berin... verdammt nochmal, wo stecken die immer alle, wenn man sie braucht?... Aber komm erst einmal herein. Komm, lass dich anschauen.<
Kurz wird Tiuri kritisch begutachtet, dann am Ärmel gepackt und hinter den Tresen gezerrt, wo er schon wieder von Borgils Schaufelhänden an die breite Zwergenbrust gezerrt wird. Diesmal allerdings darf Tiuri stehen bleiben und so hat er auch die Gelegenheit Borgil einfach zurück zu umarmen. Das nächste was er in den Händen hält ist ein großes kühles Bier von dem er gerade so einen Schluck nehmen kann bis er von Halla entdeckt wird die ihm sichtlich erfreut um die Beine fällt und sich kurz in seine Kniekehle schnäuzt und dann sofort wieder raus rennt um dem Jungen was zu essen zu bringen, er sähe ja ganz verhungert aus.
Währenddessen hat Borgil sich zu seiner eigentlichen Gesprächspartnerin umgedreht und Tiuri sieht sich jetzt der Frau gegenüber deren Hintern er vorher schon von weitem bewundert hat.
>Oh, Calait, entschuldige meinen plötzlichen Abgang eben. Aber mein Sohn Tiuri ist gerade aus Sûrmera zurückgekehrt und er war sehr, sehr lange fort. Tiuri, das ist Calait, eine Heilkundige und Sängerin. Sie ist seit beinahe einem Zwölfmond in Talyra. Calait, das ist Tiuri,<
Die Angesprochene ist eine außergewöhnlich hübsche junge Frau, aber woran Tiuris Blick als erstes hängen bleibt, ist das Tuch, das sie über ihre Augen gewickelt trägt. Die Tatsache, dass Calait blind ist drängt sich somit auf, warum sie allerdings das Tuch trägt erklärt sich damit keines Wegs. Das zweite was Tiuri durch den Kopf schießt, ist, dass das bestimmt die Heilkundige mit den aufregendsten Kurven innerhalb dieser Stadtgrenzen ist. Unwillkürlich streckt er ihr seine Hand entgegen als er: „Freut mich dich kennen zu lernen“, sagt und will sie schon etwas peinlich berührt sinken lassen, weil sein Gegenüber das ja unmöglich sehen kann, als sie seine staubige Hand, deren Haut sich anfühlen muss wie ein Reibeisen, schon ergriffen hat und mit festem Händedruck schüttelt.
Vielleicht hat sie eine komische Krankheit am Auge und kann durch das Seidentuch drunter durch blinzeln…
Neben ihm stellt Borgil, der ihn noch einmal sehr kritisch begutachtet und dabei wohl diagnostiziert, dass alle Körperteile noch vollständig angewachsen sind, fest, wie schön es ist, dass Tiuri wieder da ist.
„Ich bin auch froh, ich konnte es schon nicht mehr erwarten. Das Schiff mit dem ich fahren wollte, hatte leichte Probleme in den Führungspositionen und konnte nicht auslaufen. Ich wollte einfach kein späteres nehmen, ich wollte heim zu euch!“ Kurz späht er in Richtung Türe ob Azra nicht vielleicht gerade dort hindurch tritt, als aber nichts dergleichen geschieht wendet er sich wieder seinem Ziehvater zu.
„Sind die Jungs denn hier?“ Siedend heiß fällt ihm ein, dass Brenainn zwar schon groß genug ist um sich an Tiuri zu erinnern, Bræn hingegen war noch sehr klein als er nach Arrassigué aufgebrochen ist. Ach, das kriegen wir auch wieder hin!  

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Azra am 10. Juli 2011, 18:05 Uhr
Ein Tag nach Inari 511

In Yasraenas Augen, blau und kalt wie das Gipfeleis Gronalands, erscheint ein schwaches, mondsteinhelles Glimmen, das binnen weniger Herzschläge zu einem goldglänzenden Feuer wird und als sie sich gänzlich aus Azras Armen löst und ihr sehr viel kleineres Gegenüber ansieht, sind der Zorn, das Elend und die Angst aus ihrem Gesicht verschwunden. Stattdessen liegt ein feines, aber durch und durch erleichtertes und sehr glückliches Lächeln in den noch tränennassen Mundwinkeln und die verstörende Blässe ist einem Hauch von Rosa und Perlmutt gewichen. Yasraena sieht mit einem Schlag wieder sehr viel gesünder, aber vor allem lebensfroher aus und Azra muss nun ihrerseits die Tränen zurückhalten. Der Moment hat sie tief berührt und die Erinnerungen, die damit verbunden sind, hart, erschreckend, aber auch ungemein schön, erfüllen ihr Innerstes mit brennender Dankbarkeit für ihren Mann, der ihr all das erst möglich gemacht hat. Für einen Herzschlag lang fühlt sie Borgils Nähe so intensiv, als stünde er direkt hinter ihr, die Arme erhoben, um sie an seine Brust zu ziehen, auf dem kantigen Zwergengesicht ein wissendes, selbstversiertes Grinsen. Er wäre stolz auf mich. Die Erkenntnis huscht wie eine laue Frühlingsbriese durch ihre Gedanken und ist so schnell wieder verschwunden, wie sie gekommen ist, aber der serahimsüsse Nachhall durchzieht jeden Sekhelrin ihres Körpers mit liebesgetränkter Hingabe für Borgil.
„Ich danke dir für deine Freundschaft.“ Es klingt fest. Sicher. Yasrae weiss was sie sagt und sie hat keinerlei Zweifel an dem Wahrheitsgehalt. “Für dein Vertrauen. Es tut gut zu fühlen was Freundschaft ist. Es tut so gut zu verstehen und ich möchte, dass du weißt, dass ich dir immer eine Freundin sein werde und was immer du mir auch anvertrauen magst, es wird unter uns bleiben. Deine Geheimnisse sind bei mir sicher verwahrt. Es ist einfach unbeschreiblich verstanden zu werden und selbst zu verstehen. Ja, ich weiß jetzt was Freundschaft wirklich ist. Was grenzenloses Vertrauen bedeutet.“ Und sie beide können mit der Gewissheit der Erfahrung sagen, dass es nicht leicht ist, nie leicht sein wird und auch nicht leichtfertig vergeben werden sollte – aber es wunderschön ist, wenn es geschieht.

„Ich danke dir“, ist alles was Azra noch zu sagen hat, als Yasra ihr vergewissert, sie würde schweigen wie ein Grab und ihre Geheimnisse, darunter auch die Geschichte rund um den Dämonenangriff, in Ehren halten. Und dann wendet sich die Elbe endlich dem eigentlichen Grund zu, weswegen Azra sie auf dem Hof aufgesucht hat. „Ich sollte noch etwas essen, außerdem bin ich halb am Verdursten. Es ist schon spät, meinst du die Küche gibt noch was Warmes her?“ Azra kann nicht anders als lachen und mit einem kräftigen Nicken, dreht sie sich halb um die eigene Achse, angelt das Tablett von der Bank und streckt es Yasra mit einem „Dürfte noch warm sein“ immer noch schmunzelnd unter die glasfeine Nasenspitze. Zufrieden, aber mit dem wachsamen Argusblick einer Wirtsfrau, die sich immer Gedanken macht um das leibliche Wohl ihrer Mädchen, verfolgt sie, wie Yasraena gleich einem ausgehungerten Branbären nach einem langen Winterschlaf über die herzhafte Fleischsuppe, das goldbackene Honigbrot und den frischen Wein herfällt. Der gesunde Hunger, der urplötzlich von der Elbe Besitz ergriffen hat, bestätigt Azra, dass das Schlimmste überstanden ist und mit einem unendlich liebevollen Lächeln auf den blassrosa Lippen lässt sie ihre Gedanken schweifen, zu all jenen, die sie liebt und denen sie das Glück, das ihr zuteil wurde, verdankt. Und ganz am Schluss finden ihr glänzender Blick den Weg zum Himmel, wo inzwischen die Sterne über mitternachtsschwarzen Samt tanzen, und ein stummes Dankeschön an die Götter wird mit der Hitze des Tages davongetragen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 10. Juli 2011, 18:42 Uhr
Sonnenthron 511


"Nein", Borgil schüttelt bedauernd den Kopf. "Die sind mit ihrer Mutter unterwegs, sie wollte auch beim Zuckerbäcker vorbei und das lassen sie sich nie entgehen. Aber Brenainn wird vier Schritt hoch hüpfen, wenn er dich sieht, er redet seit zwei Wochen von nichts anderem mehr als seinem "Ritter Tiuri". Niniane hat ihm zu seinem Namenstag sogar einen aus Holz geschnitzt und angemalt, so dass er aussieht wie du. Samt Njördyr... wo ist dein Dämonengaul überhaupt? Ich hoffe doch, er ist genauso wohlbehalten zurück wie du?" Das Tier war ihnen allen ans Herz gewachsen, trotz aller Marotten. Dann fällt Borgil siedend heiß etwas ein. "Ach du... " Er schlägt sich mit der Hand an die Stirn und pfeift – laut! – auf zwei Fingern nach einem Burschen, der auch prompt wie aus dem Boden gewachsen bei ihnen erscheint. "Lauf schnell in den Stall und sag Ninio Bescheid, dass Njördyr in seiner neuen Box untergebracht werden muss. Nicht dass er den armen Shunjanar frisst, wenn Yasra ihn von der Weide holt. Wir haben deinem Pferd einen neuen Stall gebaut. Ich meine, nur vorübergehend, du wirst ihn ja sicher mit in die Steinfaust nehmen wollen, wenn du deinen Dienst antrittst. Aber so lange er noch hier ist, wird er sicherheitshalber ausquartiert. Eine meiner Mägde... ach, das ist eine lange Geschichte, erzähle ich dir alles später. Jedenfalls haben wir seit einer Weile ein Feuerblut im Stall stehen und es ist zwar ein hübscher Kerl, aber er ist nur halb so groß wie dein Mammutgaul, also..." Borgil zuckt mit den Schultern und grinst etwas verlegen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Calait am 10. Juli 2011, 21:08 Uhr
Sonnenthron 511


Der Zweg lässt es sich nicht nehmen, sie samt ihrer unverhohlenen Neugierde noch ein wenig länger hinzuhalten, und mit einem katzenhaften Zucken in den Mundwinkeln wird ihm beschieden, dass wenn er ihr jetzt nicht sofort und auf der Stelle erzählen würde, was er für sie gefunden hat, sie über diesen Tresen krabbeln und es ihm wenn nötig aus der Nase ziehen würde. Sie hängt schon halb über dem glatten Holz, in der einen Hand den Weinbecher, die andere nach seinem Kragen ausgestreckt, als er ein Einsehen mit ihr hat und über das gefundene Häuschen zu erzählen beginnt. "Also, ich hab ein bisschen rumgefragt, weil das Haus ja doch ein wenig mehr ahm... sagen wir Platz um sich herum braucht, wegen deines Tierparks.“ Der seit dem letzten Jahr um zwei blökende und geduldstrapazierend lebhafte Fellhörnchen angewachsen ist. Um zumindest etwas Gewinn aus dem überraschenden Nachwuchs zu schlagen, hat sich Calait von Borgil die Adressen verschiedener Tuchhersteller und Weber geben lassen, die für das weiche, leicht zu verarbeitende Fell der Schneeschafe gerne die eine oder andere Münze zahlen. “Eine alte Freundin von mir hat ein Haus oben an der Nordmauer. Genau genommen war es eigentlich nicht ihres, sondern das einer Elbin, die die Stadt schon lange verlassen hat und auch nicht wiederkommen wird, und Nini... also die Protektorin hat es lange gehütet und irgendwann erworben, ach... es ist kompliziert. Lange Geschichte. Hinter allem und jedem stecken irgendwelche Geschichten.“ Calait fragt nicht nach, sondern nickt nur knapp als Zeichen, dass sie Verständnis hat. Manche Geschichten hat das Leben geschrieben, um sie weiter zu erzählen. Andere um sie respektvoll in Erinnerung zu behalten, aber darüber hinaus einfach ruhen zu lassen. Feine Falten zeichnen ihre Stirn, als Borgil aufzählt, mit was für Annehmlichkeiten das Haus ausgestattet ist und was noch ausgebessert werden müsste, bevor es Einzugsbereit ist und nachdenklich zieht die den Mund schief. Das Angebot klingt verflixt verlockend und sie weiss gar nicht genau, was ihr daran missfällt. Oh doch, das weißt du genau, schnaubt sie selbstironisch und verdreht die Augen unter dem Tuch. Du würdest lieber immer noch kreuz und quer durch sämtliche Ecken und Enden der Immerlande ziehen, anstatt hier zu sitzen, auf deiner eigenverschuldeten Blindheit und deiner Abenteuerlust, die dir unterm Arsch brennt wie heisse Kohlen. Und schiebs jetzt bloss nicht auf Lía ab! Tut sie nicht. Sie macht Lía keinen Vorwurf. Ganz im Gegenteil. Erst seit diese zu den Resande zurückgekehrt ist, ist Calait bewusst geworden, wie zahlreich die Aufgaben und wie gross die Verantwortung waren, derer sie aufgrund ihrer Blindheit nicht mehr nachkommen konnte und kann, und die sie mit einer egoistischen Selbstverständlichkeit auf ihre wenige Augenblicke jüngere Schwester abgeschoben hat. Aber Fakt ist: Ohne einen Mitreisenden sitzt sie fest – ganz zu schweigen davon, wird sie Talyra so lange nicht verlassen, bis Lía wieder bei ihr ist. Allein die Vorstellung weiter zu reisen und dadurch zu riskieren, den Kontakt zu ihrer Zwillingsschwester zu verlieren ist nach sämtlichen immerländischen Massstäben absolut absurd.

“Ninia...“ Als er zum zweiten Mal über den Namen stolpert, bleckt sie grinsend eine Reihe blendend weisser Zähne und amüsiert sich köstlich über seine ernsthaften Bemühungen, immer wieder die angepasste Bezeichnung für die Elbe zu finden, von der Calait schon eine Menge gehört hat. Lady Niniane aus dem Haus der Tanzenden Winde, Hohepriesterin des Shenra – und ganz nebenbei die Enkeltochter seines Archonen Thaylon -, Protektorin des Larisgrün, Base des herrschenden Elbenkönigs in Erryn und darüber hinaus goldäugiger Alptraum aller Wiedergänger und Namenloseranhänger. Keine Frau mit der man sich freiwillig anlegen möchte… auch nicht unfreiwillig. Aber sie wird mich wohl nicht köpfen, wenn ich auf ein nachbarliches Teekränzchen vorbei komme. „… also die Protektorin wäre dann deine Nachbarin. Ihr Baum ist aber gut eineinhalb Tausendschritt oder mehr entfernt. Der Zaun ist allerdings völlig hinüber, den müsste man ersetzen. Im Garten ist auch eine Quelle und das Seeufer ist nicht allzu weit. Na, was meinst... oh! Oh!" „Ahm…“ Gibt sie erst einmal ziemlich verwirrt zu Protokoll und dann sagt sie gar nichts mehr, weil Borgil sie nämlich einfach stehen lässt und abrauscht, wie ein in den Hintern gebissenes Branhorn. Klingen tut er dabei eher wie eine fürchterlich erkältete Banshee und es dauert einen Moment, bis Calait merkt, dass ihnen nicht gerade der Himmel über dem Kopf zusammen bricht oder die Harfe unter den Füssen abbrennt, sondern es der pure Freudentaumel ist, der Borgil von seinen Krügen losgerissen hat.
Jetzt werden auch aus allen anderen Ecken Rufe und Jubelschreie laut und neugierig spitzt sie ihre Ohren, um der Ursache auf den Grund zu gehen – und hätte sie gewusst, dass dieser Grund gute zwei Schritt gross, braun gebrannt wie ein Nandékrieger und ebenso kräftig ist und einfach nur verteufelt gut aussieht, sie hätte sich herzlich über den Fluch ihrer Grossmutter aufgeregt.  Tiuri hier, Tiuri da, Tiuri sowieso… Ah, der verlorene Sohn ist zurück gekehrt! Mit dem Weinbecher in der Hand lässt sie sich von der Theke gleiten, auf der sie noch immer halb gehangen hatte, lehnt sich mit dem Rücken gegen das Holz und verfolgt mit den ihr verbliebenen Sinnen die Szenerie. Die Gefühle, die dabei überschwappen wie ein brodelnder Suppenkessel, kann sie gar nicht ignorieren und ihr Herz lacht mit all jenen, die sich freuen den jungen Ritter wieder zu sehen.

Auch er ist ihr nicht gänzlich unbekannt. Allen voran Azra, die kleine, zierliche Gemahlin des raubeinigen Zwergenwirts, wurde nicht müde ihr wieder und wieder von Tiuri, dem langen Elend, dem Haare-vom-Kopf-Fresser, dem Brüder ihrer Söhne, dem Held von Talyra, dem Bezwinger durchgedrehter Mammuts und geliebten Freund, oder aus Borgils Sicht Ziehsohn zu erzählen. Dazu gesellen sich das verliebte Geflöte sommerjunger Mädchen, die jedes Mal sehnsüchtig aufgeseufzt hatten, wenn Tiuri zur Sprache gekommen war. Nach der Meinung mancher Inarinovizinnen ist Borgils langbeiniger Sohnemann ein richtig schmackhaftes Bürschchen. Sie ertappt sich prompt dabei, wie sie sich mit der Zunge über die Lippen leckt und sich denkt, dass man ja mal herausfinden könnte, was hinter all diesen schwärmerischen Gerüchten steckt. Gerade noch rechtzeitig erwischt sie ihre Manieren am Rockzipfel – lästige, glitschige Dinger -, bevor er Zwerg sich ihrer besinnt und, Tiuri im Schlepptau, wieder zu ihr zurückkehrt.
“Oh, Calait, entschuldige meinen plötzlichen Abgang eben. Aber mein Sohn Tiuri ist gerade aus Sûrmera zurückgekehrt“ Und dabei klingt er so stolz wie ein drei Schritt grosser Riese. Schelmisch grinsend reicht sie ihm ein imaginäres Taschentuch „…und er war sehr, sehr lange fort. Tiuri, das ist Calait, eine Heilkundige und Sängerin. Sie ist seit beinahe einem Zwölfmond in Talyra. Calait, das ist Tiuri.“ Mit einem perlenden Lachen legt sie den Kopf leicht schief und zielsicher finden ihre schmalen, vernarbten Finger die seinen, noch bevor er ausgesprochen hat: „Freut mich dich kennen zu lernen.“ „Die Freude liegt ganz auf meiner Seite, Wunderknabe. Azra redet seit Tagen von nichts anderem mehr, als deiner Rückkehr.“ Sein Händedruck ist fest und stark und warm und sie fühlt schwielige Haut, rau wie Schleifpapier. Dem seines zwergischen Ziehvaters nicht unähnlich. Aber da ist noch mehr und ungeniert kostet Calait die Berührung etwas länger aus, als angebracht wäre, um sich so ein besseres Bild von dem hochgewachsenen Jungen machen zu können. Nein, nicht Junge, korrigiert sie sich, immer noch lächelnd: Ein Mann. Tiuris Präsenz ist raumgreifend und sie ist sich sicher, dass er sämtliche Anwesenden mit nichts weiter als einem Blick oder einem Wort in seinen Bann schlagen könnte. Wenn er wollte. Genau wie Colevar. Ob das daran liegt, dass auch er ein Ritter ist? Noch etwas weiter streckt sie ihre Fühler aus und ist angenehm überrascht von der Feststellung, dass nichts mit irgendwelchen göttlichen Segnungen zu tun hat. Einfach nur er.
Borgil erklärt indes hastig, dass seine zwei kleinen Zöglinge mit der Mutter unterwegs wären, der ältere, Brenainn, schon seit Tagen von nichts anderem mehr rede als dem „Ritter Tiuri“ – sie hat immerhin den Anstand ihr vergnügtes Lachen hinter ihrem Weinbecherrand zu verstecken -, und ob der Dämonengaul den Krieg ebenfalls unbeschadet überstanden habe? Dabei arrangiert er sofort, dass das Pferd nicht in den üblichen Stallungen untergebracht würde, weil sich dort seit einiger Zeit auch ein rassiges Feuerblut aufhielte. Bei dieser Aussage muss Calait unweigerlich an etwas denken, dass Lía einmal gesagt hat und es verrät sehr viel über den Mann, den sie hier vor sich hat. Mistress Grau passt zu Colevar. Louan passt zu Lía. Das heisst also… dass der ‚Mammutgaul’ mit dem freundlichen Wesen zu Tiuri passt. Interessant...
„Ich würde sagen“, hebt sie schliesslich beschwingt ihren Weinbecher und lässt ihre Finger kurz suchend durch die Luft schweifen, bis sie Borgils knorrige Schulter gefunden haben und dem Zwergen gratulierend auf den steinharten Rücken klopfen können: „Auf ‚Ritter Tiuri’, und seine glückliche Heimkehr!“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Tiuri am 10. Juli 2011, 23:21 Uhr
 Tiuri muss ein wenig stolz grinsen als Borgil von Brenainn erzählt und dass dieser eine kleine Tiurifigur hat. Er hat nicht gedacht, dass der kleine Bruder ihn so in den Himmel heben würde, obwohl Azra in ihren Briefen erwähnt hat, dass sein kleiner Bruder jedem der es hören möchte – oder auch nicht – von seinem großen Bruder dem Loaritter auf Kriegszug erzählt. Als die Sprache auf Njördyr kommt will Tiuri erst beruhigend abwinken und sagen, dass das alles schon gar nicht mehr so schlimm sei mit dem schwarzen Untier, doch als Borgil erwähnt, dass in ihren Stall ein Feuerbluthengst eingezogen ist, ist er ziemlich dankbar über die Weitsicht des Zwerges.
„Njördyr geht es hervorragend, er hat sich wirklich gut gemacht dort unten. Ich glaube eine richtige Aufgabe zu haben hat ihm gut getan. Er frisst jetzt nur noch Hengste die kleiner sind als er… und Menschen nur noch wenn er gerade schlecht gelaunt ist.“ Die Beschwerden über sein Pferd sind in den letzten Monden immer weniger geworden, bis sich Tiuri gewundert hat, weil er seit mehreren Siebentagen keine Klage mehr über Njördyr zu hören bekommen hat. Stallburschen haben den Hengst einfach so an anderen Pferden vorbei führen können, ohne, dass das andere Tier ein Ohr oder der Stallbursche einen Arm verloren hat. Aber am meisten liegt es dem Schwarzen wenn sie ihr Lager draußen aufgeschlagen haben und er einfach neben Tiuris Nachtlager stehen kann. Irgendwie scheint sich der große Rappe für einen Herdenschutzhund zu halten, denn es ist nicht nur einmal passiert, dass Tiuri nachts draußen munter geworden ist, weil Njördyr gerade irgendein armes Wildtier, das auf der Suche nach Futter zufällig an ihrem Lager vorbei gekommen ist, einfach zermalmt hat.
Neben ihm hebt Calait ihren Weinbecher und kurz ist es Tiuri, als hätte ihr schelmisches Lächeln etwas Anzügliches, doch er verwirft den Gedanken gleich wieder und prostet ihr freundlich zu. >Auf ‚Ritter Tiuri’, und seine glückliche Heimkehr!<
Sie hat auch einige der übrigen Harfengäste damit gleich mitgerissen, denn die haben natürlich auch schon mitbekommen, dass hier jemand lang vermisster heim gekommen ist und so erhebt die halbe Harfe ihre Gläser auf Ritter Tiuri. Was besagtem Ritter ein wenig unangenehm ist, denn eigentlich fühlt er sich eher verschwitzt, verschmiert und stinkend und kein bisschen heldenhaft oder ritterlich.
In diesem Augenblick kommt aber auch schon Halla mit seinem Essen durch die Türe aus der Küche und Tiuri verzieht sich zusammen mit Borgil und Calait an einen der Tische.
„Was ist denn hier so passiert in der letzten Zeit? Mal wieder ein Dämonenprinz vorbei gekommen oder ein verrückter Nekromant, was hab ich denn verpasst?“ Seine Fragen sind ein bisschen genuschelt, weil er sich während er spricht schon Schinken, Brot und Käse in den Mund stopft als hätte er seit Tagen nichts mehr zu essen bekommen.  „Irgendwelche Hochzeiten, Kinder, grobe Dummheiten oder Abenteuer?“

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OT: Ich muss ständig an diese Szene denken: ab 0:17 http://www.youtube.com/watch?v=mh3eEL9V9lY "Ich bin eine Actionfigur"  :-/

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Azra am 11. Juli 2011, 00:11 Uhr
Sonnenthron 511

„… ein halbes Dutzend Zuckerziegel, zwanzig Fingerhüte, am liebsten die aus Laigin, sieben dunkle Korn, sieben helle Korn, zwölf Shenrabrote, drei Dutzend Inariküsse, zwanzig Nachtschattenrunde, ebenfalls zwanzig Einpfünder vom Ainhof, zwei Liebesgolder und zwei Schwarzrinden, zehn Säcke Mehl, zwanzig Pfund Braunzucker und fünf Pfund Honigzucker, vierzig…“ Moret der Weiss nickt und nickt und nickt, fischt Brenainns übergierige Finger aus der Bonbonschale, nickt und nickt und nickt, während Azra vor ihm steht und schon fast ausser Atem die ellenlange Liste hinunterrattert, die Sigrun ihr mit den Worten „Ist nicht viel“ in die Hand gedrückt hat. Von wegen nicht viel. Mit einem flüchtigen Blick überfliegt Azra, was nach Sigruns Meinung noch alles an Vorräten aufgestockt werden muss und verabschiedet sich mit einem resignierenden Seufzen von ihrem Besuch auf dem Platz der Händler und ihrem Cofea im berühmt, berüchtigten Teehaus ganz am südlichen Ende des ausgelagerten Marktplatzes. Sie nimmt sich vor einen der Knechte bei Rehim ibn Abd ar-Rahmân, dem Besitzer des dunkelblauen Zeltes mit den sündhaft exquisiten Waren, vorbei zu schicken, um zumindest etwas von dem begehrten Feigengoldblatt zu ergattern, den er vor wenigen Tagen ins Haus geliefert bekam. Eine Teesorte, die der wortgewandte Händler als Inaris Nektar umschrieben hat und die auch genauso schmeckt.
„… zehn Roggenbrote, zehn Steinofenfladen, eine Azurianische Schlange, sechs Surmerische Stuten, drei Vierhoflaiber, dr…“ RUMMS.
Azra, Moret, Brenainn, Bræn, Benbra, und Lo, im monotonen Singsang des langweiligen Einkaufslistenhinuntergeratters halb weggedämmert, machen allesamt einen Satz, als etwas oder jemand mit einem dumpfen Knallen gegen die Eingangstür der Bäckerei prallt. Das alte, vom jahrealtem Mehl überzogene Holz bebt in den Angeln, bevor sie knarrend aufschwingt und Berin, eine Hand gegen die linke Stirnhälfte gepresst und rotglühend vor Scham, hereinwankt. „Heilige Götter!“ Azra vergisst sofort alle Einkäufe, drückt Benbra die Wachstafel gegen die Brust und eilt dem Jungen entgegen, der, kaum hat er sie erspäht, auf und ab hüpft wie ein verrückt gewordenes Eichhörnchen und nach Worten und Luft gleichermassen jappst. „Madame Blutaxt, MadameBlutaxtMadamBlutaxter…“ „Ho, ho, ganz ruh…“ „…daunddasPferdundhatgesagtsofortholenundichbin…“ Sanft legt Azra dem Jungen, der aussieht, als möchte er gleich im Dreieck hoppsen, so aufgeregt ist er, die Hände auf die Schultern und will ihn zwingen erstmal tief durchzuatmen, was in ungefähr so einfach ist, als einer Horde Mücken zu befehlen in Formation zu fliegen. Er kann einfach nicht stillstehen – und den Mund halten erst recht nicht. „…undallesindfürchterlicherschocken…“
„Erschrocken?“
„…aberesgehtihmgutundallesindtotalglücklichundMaesterBorgilhatmichsofortgeschickt…“
„Mein Mann hat dich geschickt?“
„Jajaja!“, strampelt der Dreikäsehoch, der erst seit dem letzten Sommer in der Harfe arbeitet und nickt eifrig: „Umeuchzuholenweilerjajetztwiederdaistund…“
„Wieder da ist? Wer ist wieder da, Berin?“
„Na der RITTER!“

Es dauert eindeutig viel zu lange, bis Azra versteht.
„Oh… OH! Oh Götter, oh Götter, bei Sils Esse, du meinst, du sagst… TIURI!“ Und bevor Berin auch nur eine weitere Silbe hervorbringt, hat Azra ihre Röcke gerafft und ist Hals über Kopf aus der Bäckerei gerauscht – nur um dreissig Herzschläge später keuchend und schlitternd wieder zurück gehetzt zu kommen, sich Bræn unter den Arm zu klemmen und Brenainn an der Hand zu nehmen und mit einem „Später!“ in Richtung Moret sofort wieder zu verschwinden. Vergessen sind die Brote und der Zucker, der Tee und die Hitze, sogar die Magd und die beiden Harfenburschen lässt sie einfach hinter sich stehen.
Brenainn, der sofort weiss, was die Stunde geschlagen hat, als Azra ihm sagt, sein grosser Bruder sei zurück, rennt flinkfüssig vor ihr her, Bræn allerdings, der schaukelnd und ruckelnd in ihrer Umarmung hängt, hat erstens keine Ahnung warum seine Mutter offensichtlich den Verstand verloren hat und verlangt zweitens lautstark selber laufen zu dürfen. Normalerweise die geduldigste Mutter ganz Rohas, hat Azra jetzt gerade _überhaupt_ keine Lust im Gänsemarsch den gesamten Marktplatz zu überqueren und dabei am besten noch jeden einzelnen Steinquader zu inspizieren, was aufgebrachte Krokodilstränen und herzhaftes Gebrüll zur Folge hat. Dafür stehen sie binnen kürzester Zeit vor der Harfe, wo der beleibte Müllersohn gerade noch einen weiten Schritt zur Seite machen kann, bevor Azra samt ihrem Nachwuchs in der Tür mit ihm zusammengeprallt wäre. „Schuldigung, entschuldig, darf ich, kann ich“, nuschelt sie aufgeregt vor sich hin, während ihr das Herz vor lauter wirbelnder Vorfreude fast aus der Brust springen mag.

Sie entdeckt ihn sofort. In einer etwas ruhigeren Nische, zusammen mit Borgil und dem blinden Resandemädel, wie er gerade Verder Schinken, Schwarzkrustenbrot und Eintopf hinunter schling und grosszügig Starkbier hinterher giesst. Unbewusst lässt sie Bræn, der sich inzwischen gebärdet wie ein wild gewordener Derwisch, auf den Boden sinken, kämpft mit den Tränen, während sie die letzten Tische umrundet und kennt kein Halten mehr, als nichts mehr zwischen ihnen steht. Mit einem leisen Aufheulen fliegt sie ihm um den Hals, schlingt ihre Arme um seinen Nacken und drückt ihn an sich, bis sie selbst keine Luft mehr bekommt. Erst als ihre Lungen heftig rebellieren, gönnt sie sich etwas Platz und gerade genug Sauerstoff, um ein verschnupftes, aber überglückliches: „Ich bin so froh, dass du wieder da bist“, hervorzupressen. Irgendwann tätschelt Borgil ihr liebevoll den Rücken und versichert ihr, dass der Junge nicht sofort wieder verschwinden würde, woraufhin sie Tiuri ganz langsam und sehr zögerlich wieder loslässt. Nicht ohne ihn sofort von Kopf bis Zeh gründlich zu mustern. Arme, Beine, Brust, Kopf, alles scheint noch dran und halbwegs unversehrt. Natürlich steht ihm das Haar schon wieder in alle Richtungen, der Dreck von sicher vier verschiedenen Handelsstrassen klebt auf seiner Kleidung, sein Bart ist struppig und viel zu lange und er stinkt, als hätte er sich ausgiebig in einer Gerberkuhle gesuhlt… aber es geht ihm gut. Liebevoll legt Azra ihre Hände auf seine Wangen und drückt ihm einen Kuss auf den Nasenrücken. „So froh!“

Im nächsten Moment wird sie resolut beiseite geschoben, als Brenainn sich zwischen ihre Beine und Tiuri drängt und seinem grossen Bruder ohne Scheu einfach auf den Schoss klettert. Die wichtigste Frage, die ihm jetzt schon die ganze Zeit unter den Fingernägeln brennt, lautet natürlich: „Hast du sie besiegt?!“ Was schallendes Gelächter am ganzen Tisch hervorruft, auch wenn Azra sich eine Hand vor den Mund schlägt, um ein leises Schluchzen zu unterdrücken. Hör auf zu heulen, du dumme Nuss. Es geht ihm gut. Er ist gesund. Munter. Und hat sich kaum verändert! Das stimmt so nicht. Seine Gesichtszüge sind kantiger geworden, markanter. Seine Augen haben den jungenhaften Schalk verloren, wenn auch nicht den funkelnden Übermut – und auch das rotzfreche Lümmelgrinsen ist ihm nicht abhanden gekommen, wie er sofort beweist.
Gleich darauf spürt Azra, wie sich etwas gegen ihre Beine schmiegt und als sie Bræn entdeckt, der deutlich neugierig, aber auch scheu hinter ihren Rockfalten in Richtung Tiuri linst, wird ihr klar, dass Brenainn sich ja vielleicht an seinen grossen Bruder erinnern mag – der jüngere ihrer Sprösslinge aber gerade mal ein Jahr alt war, als Tiuri auszog. Lächelnd geht sie neben ihrem Sohn in die Hocke, nimmt ihn in einen Arm und deutet mit dem anderen auf Tiuri, der sofort versucht nicht ganz so furchteinflössend auszusehen, wie seine etwas heruntergekommene Erscheinung vorgibt. „Bræn, das ist Tiuri, dein Bruder. Weißt du noch, dass ich dir von deinem grossen Bruder, dem Ritter Loas erzählt habe? Und das er fortgehen musste, um seine Ausbildung anzufangen?“ Es dauert kurz, dann nickt Bræn zaghaft und wagt sich sogar einen Schritt nach vorne. Und noch einen. Und noch einen. Bis er schliesslich mit im Rücken verschränkten Händen zu Tiuri aufsieht, ihn haargenau mustert und mit der zwergischen Trockenheit seines Vaters verkündet: „Du siehst aus wie Brens Puppe.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 11. Juli 2011, 09:25 Uhr
"Ach," winkt Borgil ab und beobachtet mit einem leisen Lächeln durch und durch väterlichen Stolzes, wie sein Riesensohn – er kann in Tiuri einfach nichts mehr anderes sehen, der Junge lebt schon so lange bei ihm als Teil seiner Familie und hat so viel Erziehung von ihm genossen (oder auch nicht), dass er für Borgil immer sein Junge bleiben wird – Brot und Schinken in sich hineinstopft.  "Es ist eine Menge passiert, aber eigentlich war es recht ruhig nach dieser Sache mit dem Finsteren.  Was war alles in den letzten Monden und Jahren, lass mich überlegen... du bist ja bald nach eurer Rückkehr aus der Ruine aufgebrochen. Oh, natürlich – Olyvar und Diantha haben einen gesunden Sohn, er heißt Niáll. Armarius Kar Shei, der Alchemist, ist nicht zurückgekehrt von seiner Reise und wir haben nichts von ihm gehört, aber den anderen, die mit euch dort unten waren, geht es, soweit ich weiß, allen gut." Ihm fällt etwas ein und einen Moment rutscht Borgil fast unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her - nein, das würde er Tiuri unter vier Augen sagen, nicht hier in der Schankstube und mit Calait als Zuhörerin am Tisch. "Wir haben eine neue Magd, Yasraena, eine Elbin. Ihr gehört der Feuerbluthengst. Du wirst die beiden bald kennenlernen. Was war noch? Also nach dem Tod des Finsteren ist nicht allzu viel geschehen, es war ein ruhiges Jahr, allen Göttern sei Dank. Es gab eine schlechte Ernte und Olyvar hatte im Herbst und Winter mächtig Ärger mit Schmugglern und Kornräubern an den Grenzen, aber das ist längst wieder vorbei. Das letzte Jahr war gut, sehr ruhig. Thrandar ist gestorben, du weißt schon, der sauertöpfische Anukispriester und der alte Tallard hat noch einmal geheiratet, zum neunten Mal - ein blutjunges Ding aus Brioca, armes Mädel. Calait hier und ihre Schwester sind in Talyra angekommen und Calait ist hier geblieben, samt einer Menge ziemlich fremdartiger Tiere, bei Gelegenheit musst du sie dir mal ansehen. Die kleine Singdrossel hier zeigt sie dir bestimmt... Onager, Trolde und was weiß ich was noch alles." Borgil schenkt Calait ein warmes Lächeln, auch wenn diese es nicht sehen kann. Er hat sich längst abgewöhnt, mit der jungen Frau wie mit einer gewöhnlichen Blinden umzugehen und behandelt sie nicht anders, als wenn sie sehen könnte... von ein paar kleinen Aufmerksamkeiten, die ihr das Leben leichter machen, einmal abgesehen. "Der Winter war ziemlich lang und hart, aber wie du siehst, steht die Harfe noch und alles ist bestens.  Ach ja und..." weiter kommt er nicht mehr, da in diesem Augenblick Azra und die Jungs die Harfe entern und wie ein Wirbelsturm über Tiuri herfallen, der Borgils kleine Frau gerade noch so eben auffangen kann, als sie auf ihn zu saust  und ihn vor lauter Freude im wahrsten Sinne des Wortes anspringt. Borgil lehnt sich zurück und beobachtet aus warmen, schwarzen Augen das Wiedersehen seiner Familie. Wenn dir vor vierhundert Jahren, als sie dich aus dem Stein gemeißelt haben, jemand gesagt hätte, dass du einmal drei Söhne und ein Weib haben würdest, ein großes Gasthaus in einer Stadt der Menschen, fast dein gesamtes Leben an der Oberfläche verbringen würdest und Dutzende von Menschen und Mogbars von dir abhängen, für die du verantwortlich bist, hättest du ihm kein Wort geglaubt. Er klopft Azra sacht den Rücken, die sich schier überhaupt nicht mehr beruhigen will und tauscht ein nachsichtiges Lächeln mit Tiuri, als er ihr versichert, dass sie ihn ruhig wieder loslassen dürfe, er würde sich nicht in Luft auflösen. Brenainn kennt keinerlei Berührungsängste, Bræn ist vorsichtiger, aber genauso neugierig und stellt auch sofort fest, dass Ninianes Schnitzkünste wohl ins Schwarze getroffen haben. "Tante Nan wird sich bestimmt freuen, das zu hören. Und jetzt lasst euren Bruder mal weiter essen, holt euch ein paar Stühle und setzt euch zu uns. Du auch, mein Herz, um ein Bad für unseren großen Dreckspatz kümmern sich die Mägde schon. "

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Tiuri am 20. Juli 2011, 12:37 Uhr
Kauend hört sich Tiuri an, was Borgil so neues über das talyrische Stadtleben zu berichten hat. Immer wieder nickt er wenn er zwischen Brot und Eintopf wechselt und hält nur kurz inne, als Borgil zwar einerseits sagt, dass er denkt, allen die mit Tiuri in der Ruine gegen den Finsteren gekämpft haben ginge es gut, aber andererseits für einen kurzen Moment so aussieht, als wäre irgendetwas nicht in Ordnung. Später denkt Tiuri, Borgil würde ihm nichts verheimlichen von dem er wissen sollte.
Dafür freut er sich ehrlich für den Lord Commander und seine Frau über das neue Baby und ein angeekelter Grunzlaut entkommt ihm bei der Erwähnung, dass der alte Tallard schon wieder geheiratet hätte. „Ist der nicht schon über hundert Winter alt?“ Er lächelt kurz in Calaits Richtung als Borgil erzählt, dass sie mit Sack und Pack und Schwester und wissen-die-Götter wie vielen Viechern vor einem Jahr hier angekommen ist und dass sie Tiuri bestimmt ihren exotischen kleinen Zoo mal zeigen würde. „Mhm… oh.. Nager…“ ein bisschen halbbegeistert von der Aussicht auf ihre Auswahl an Hasen und Ratten,  ein Onager ist ihm nämlich noch nie untergekommen.
Es bleibt ihm aber nicht viel Zeit darüber nachzudenken, denn plötzlich wirft sich ein heulendes, weißes Etwas um seinen Hals und drückt ihm die Luft zum Atmen ab. Als sie ihn ein wenig los lässt und beteuert, wie sehr sie sich freue, dass er wieder da ist, kann auch Tiuri – nach dem sich seine Luftröhre wieder entfaltet hat – röcheln: „Ich freu mich auch!“ Jetzt wo er nicht mehr so überrascht ist, drückt er Azra einfach noch einmal an sich, wesentlich sanfter als sie ihn, damit er der kleinen Elbin nicht alle Knochen bricht. „Ich hab euch ganz schön vermisst!“ Er flüstert die Worte direkt in Azras Ohr, schließlich muss ja nicht jeder hier mitbekommen wie er sentimental wird, schließlich ist er ein halber Zwerg.
Der einzige ganze Zwerg an ihrem Tisch, klopft seiner Frau irgendwann liebevoll den Rücken und versichert ihr, sie könne Tiuri jetzt los lassen, er würde so schnell nicht mehr verschwinden. Mit einem Gesichtsausdruck der irgendwo zwischen strahlend und zu Tränen gerührt liegt, drückt Azra ihm noch einen Kuss auf die Nase, wird dann aber schließlich resolut von Brenainn weg geschoben, der endlich seinen großen Bruder begrüßen möchte.
>Hast du sie besiegt?<
Lachend hebt Tiuri seinen, ganz schön groß gewordenen kleinen Bruder hoch und setzt ihn sich erst mal auf die Knie. „Natürlich, was denkst du denn! Ich bin Schrecken aller die dort unten ihr Unwesen treiben!“ >Erzähl alles ganz genau!< verlangt sein kleiner Bruder auch sofort mit weit aufgerissenen Augen, aber statt dessen kitzelt Tiuri ihn kurz an der Seite und stellt ihn wieder auf den Boden neben seine Mutter. „Später, versprochen, jeden Abend erzähl ich dir eine Geschichte!“

Bræn hingegen wirkt etwas eingeschüchtert von der ganzen Situation und Tiuri versucht sich kleiner und irgendwie…harmloser zu machen, was bei seinem momentanen Anblick vermutlich nicht ganz einfach ist. Aber schließlich wagt sich der kleine Halbzwerg doch langsam vorwärts und anstatt einem kurzen Gruß stellt er einfach fest, dass Tiuri genauso aussieht wie Brens Puppe. Grinsend und noch immer irgendwie begeistert von der Idee, dass es eine kleine Figur von ihm gibt, beugt sich Tiuri noch ein Stück zu Bræn hinunter und hält ihm vorsichtig die Hand hin. „Hallo kleiner Bruder! Ich weiß, du kannst dich nicht mehr so gut an mich erinnern, aber ich erinnere mich noch gut an dich und ich freu mich dich wieder zu sehen!“ Immer noch ein wenig schüchtern nickt Bræn und ergreift dann zögerlich zwei von Tiuris Fingern.
>Tante Nan wird sich bestimmt freuen, das zu hören. Und jetzt lasst euren Bruder mal weiter essen, holt euch ein paar Stühle und setzt euch zu uns. Du auch, mein Herz, um ein Bad für unseren großen Dreckspatz kümmern sich die Mägde schon.<
Borgil unterbricht das Wiedersehen seiner beiden Söhne und während Azra für sich und die Kleinen Stühle besorgt, fährt sich Tiuri durch das staubige Haar. Kurz linst er unter seinem Haarschopf zu Calait hinüber ob sie irgendeine Reaktion zeigt, denn selbst wenn sie vermutlich riechen kann, dass er nicht gerade frisch gebadet ist, als „großer Dreckspatz“ wollte er nicht unbedingt bezeichnet werden.
Trotzdem muss er innerlich grinsen. Familien, die müssen einfach ein bisschen peinlich sein! Zufrieden schiebt er den letzten Bissen seines ausgiebigen Abendessens in den Mund und schaut zu wie Azra versucht Bræn ruhig auf einem Stuhl zu halten, nur um ihn dann doch auf den Schoß zu nehmen, wo er sich genauso wehrt und immer wieder an Brenainns Ärmel zupft und fragt ob sie nicht lieber mit der Ritter Tiuripuppe spielen können.
Brenainn ist sofort dabei, hüpft von seinem Stuhl, packt seinen kleinen Bruder am Arm und läuft davon um die kleine Ritterfigur zu suchen. „Aber ICH bin Tiuri, nicht du!“ hören sie ihn noch im davon laufen erklären und schon sind die Kinder hinter dem Tresen und der nächsten Türe verschwunden, denn Ritter Tiuri hatte sein letztes Abenteuer wohl in der Küche.

Sie sitzen auch nicht mehr allzu lange so am Tisch, denn schon bald kommt eine der Mägde vorbei, das Bad für Tiuri wäre fertig. Der junge Mann entschuldigt sich, schnappt sich die Satteltaschen die er beim Reinkommen einfach an Ort und Stelle fallen hat lassen und verzieht sich in Richtung der Privatgemächer und steigt die Treppen nach oben, immer drei auf einmal. Sein eigenes Zimmer sieht noch genauso aus wie vorher, hell und groß, mit einem sehr einladend aussehenden Bett. Nein, später kannst du schlafen, jetzt erst mal waschen und dann noch mal runter!
Ein großer Badezuber, in den sogar Tiuri hinein passt ist bereit gestellt und er mag sich gar nicht vorstellen wie viel Eimer Wasser die Mägde dafür geschleppt haben müssen. Dankbar schält er sich Schicht für Schicht aus seiner schmutzigen Kleidung, überlegt ob er das alte Hemd nicht gleich verbrennen soll und lässt sich dann genussvoll in das warme Wasser sinken. Endlich daheim!
Als er fast eine Stunde später aus dem, mittlerweile kalten Wasser steigt ist seine Haut weich wie ein Babyhintern und er duftet nach Rosen statt Wildschwein. Den Bart hat er abrasiert, die Haare gewaschen und in einer großen Truhe an der Wand findet er tatsächlich saubere und vor allem passende Kleidung. Er entscheidet sich für eine einfache dunkle Hose und ein leichtes weißes Hemd aus Leinen, froh weder ein Kettenhemd noch einen Lederwams tragen zu müssen. Draußen beginnt gerade die Sonne unterzugehen und damit sind jetzt gerade vermutlich die meisten Leute im Schankraum. Mal sehn ob ich noch ein bisschen helfen kann oder ob ich alles verlernt habe!
Gut gelaunt kommt er also zurück in den Schankraum, läuft dabei auch Grid über den Weg, drückt sie kurz und herzlich an sich und steht dann grinsend neben Borgil. Der Zwerg zapft gerade einige Humpen Bier die Tiuri sich schnappt und fragt: „An welchen Tisch sollen die?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Calait am 20. Juli 2011, 19:52 Uhr
Calait verschluckt sich prustend und kichernd an ihrem Schluck Wein, als Tiuri anmerkt, sein Dämonengaul gäbe sich inzwischen auch mit kleinerem Getier zufrieden – und Menschen gereichten ihm nur noch als Häppchen für den hohlen Zahn. Lía würde jetzt bestimmt ungläubig einwerfen, dass der Hengst so schlimm gar nicht sein könne – und später würden wir sie dann unter seinen Hufen hervorkratzen oder von der Stallwand schaben. Oder Tiuri würde sich fragen, wer das Lämmchen sei, das ihr da verliebt schnaubend aus der Hand frisst, und wo sein azurianisches Dreihorn abgeblieben ist.
Irgendjemand schiesst ihr rückenklopfend zu Hilfe, bis sie nicht mehr Roten hustet und dann, als Halla mit schwer beladenem Tablett aus der Küche kommt – saftiger Schinken und überalter Käse lassen auch Calait das Wasser im Mund zusammenlaufen - wird sie von Borgil in Richtung eines Tisches in einer etwas ruhigeren Ecke bugsiert, damit sein Sohn endlich etwas zwischen die hungrigen Kiefer kriegt. Mit raschelnden Röcken und klimpernden Reifen rutscht sie geschmeidig in die Ecke der Bank, gerade weit genug, damit Tiuri problemlos Platz findet neben ihr, aber nah genug um auch leise Wortwechsel über die allgemeine Jubelstimmung hinweg mitverfolgen zu können. Während Borgil in kurzen Worten zusammenfasst, was in Talyra während Tiuris zweijähriger Abwesenheit vorgefallen ist und der junge Ritter aufmerksam zuhört, tut sie sich ungeniert an einem der zwei Dutzend Brotkanten gütlich, die Halla eigentlich für den armen, halb verhungerten Riesen geschnitten hat. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie das tut, verrät viel über ihr Verständnis von ‚Mein’ und ‚Dein’, das ganz und gar dem entspricht, was man den Resande im Allgemeinen nachsagt: Nämlich, dass Besitz nur soviel wert ist, wie der nächste Hosenknopf, den man dagegen eintauschen kann. Ob nun mit oder ohne Einverständnis des vormaligen Eigners. Natürlich ärgerte sich der Besitzer des Hunajahengstfohlens, als er am Morgen in den Stall kam und statt seinem zwar verkrüppelten, aber trotz allem kräftigen Jungtier nur noch ein paar schlecht gegerbter Karnickelfelle vorfand – aber was können die Resande für ihr aussergewöhnliches Handelsgeschick?

Olyvar und Diantha kommen zur Sprache – dem Lord Comander der Steinfaust war sie bereits persönlich begegnet… besser gesagt hatte sie ihn mit ihrem Garn eingefangen -, ebenso wie Tallard und Thrandar, Yasraena und ihr Wüstenrappe und schliesslich auch sie selbst, Calait, ihre Schwester Lía und ihr gemeinsamer Kleintierzirkus. “…Die kleine Singdrossel hier zeigt sie dir bestimmt... Onager, Trolde und was weiß ich was noch alles.“ „Hmh“, nickt Calait, macht sich überhaupt nichts aus Tiuris lakonischem "Nager", schiebt sich noch ein Stück Kruste in den Mund und plappert fröhlich mit vollem Mund: „Und Luchse, Schellenfalken, Waldhörnchen, Schleiereulen, Jadeotter und, oh, natürlich Schafe.“
Aber die Schafe müssen erstmal warten, genauso wie der Rest der Erzählung, denn Borgils Eheweib und Kinder stürmen den Platz und nehmen Tiuri vorerst komplett in Beschlag, indem sie ihn schlicht unter sich begraben. Calait lauscht hingerissen der wirbelnden Geräuschekulisse, die zwischen schäumender Freude und unendlichem Glück hin und her taumelt, als gäbe es kein Morgen mehr, und lässt sich mitreissen von strömenden Freudentränen, Jubelgeschrei und erfrischendem Kinderlachen. Sie freut sich ehrlich für Borgil und Azra, wobei sie Letztere mit einem flüchtigen Lächeln und einem knappen Nicken grüsst. Und auch für Tiuri, der sich gerade um den jüngsten Blutaxtspross bemüht. Das der kleine Halbzwerg gar nicht sein richtiger Bruder ist, scheint den jungen Mann dabei nicht im Ansatz zu kümmern – was ein breites, wohlwollendes Lächeln auf Calaits Gesicht ruft. Das breiter wird, als Tiuri dem kleinen Karottenkopf ein paar aufregende Gutenachtgeschichten verspricht. Die würde ich ja auch gerne hören.
Bræn spielt den Schüchternen. Ein Zustand, der, wie Calait inzwischen weiss, höchstens ein paar Sekunden anhält, bevor die Neugierde siegt. Auch dieses Mal zeigt er schon bald aus welchem Holz er geschnitzt, beziehungsweise Stein er gehauen ist und verkündet kurzerhand, dass der vermeintliche Bruder grosse Ähnlichkeit aufweise zu der Puppe seines älteren Bruders. Wieder muss Calait lachen. Er passt also nicht nur zu seinem Mammutgaul, sondern hat auch ein Hirn aus Holzspänen, klingt hohl wie ein Brot und ist steif wie ein Besenstiel.

“Tante Nan wird sich bestimmt freuen, das zu hören. Und jetzt lasst euren Bruder mal weiter essen, holt euch ein paar Stühle und setzt euch zu uns. Du auch, mein Herz, um ein Bad für unseren großen Dreckspatz kümmern sich die Mägde schon.“ Sie versucht heldenhaft _nicht_ amüsiert auszusehen, was ihr aber nur mehr schlecht als recht gelingen will. Immerhin hebt sie nicht die Hand, streichelt Tiuri über den Hinterkopf und erkundigt sich nach seiner Holzschiffchensammlung. Das verkneift sie sich erfolgreich.
Das Schaben von Stuhlbeinen auf Dielenboden verrät ihr, dass Azra der Aufforderung ihres Gemahls rasch nachkommt, um sich dann samt Kinderschar zu ihnen an den Tisch zu setzen – zwei der Stühle hätte sie sich allerdings sparen können, denn die Karottenköpfe sind schon wieder auf und davon, bevor ihr Hosenboden überhaupt Kontakt zur Sitzfläche aufgenommen hat. „An den Rand gespielt von einer Holzpuppe.“ Es soll bedauernd klingen, wäre da nicht der erheiterte Unterton, von dem die beiden Jungen allerdings schon gar nichts mehr mitkriegen, denn die Puppe Ritter Tiuri muss schliesslich wieder einmal Tellerberge beklimmen und fürchterlich böse Küchendrachen besiegen – Borgils walkürenhafte Meisterköchin hat sich gezwungenermassen damit angefreundet als der Endgegner einer Holzpuppe herhalten zu müssen und droht den Brüdern nicht länger mit Ohren-lang-ziehen, wenn die beiden Winzlinge ihr wuchtiges Hinterteil mal wieder ganz uncharmant als den Rücken des Mondwals bezeichnen, auf dem der Held zu der Insel reiten muss.
Gerade möchte Calait dazu ansetzen, Tiuri zu erzählen, was sein hölzerner Namensvetter schon alles für wunderliche Abenteuer erlebt hat, als eine Magd ihr zuvor kommt und Tiuri berichtet, dass sein Bad fertig sei. Er entschuldigt sich – mit vollem Mund -, stopft sich hastig noch etwas mehr Fleisch, Käse und Brot in die Backen und zieht sich dann zurück. „Bis später, Wunderknabe“, ruft Calait ihm noch hinterher, während sie ohne zu zögern an seinen Platz rutscht und genüsslich die letzten Stücke Schinken stibitzt.

Das ‚Später’ zieht sich fast eine Stunde hin und als Tiuri zurückkommt, sauber und in eine Wolke von Rosen gehüllt, haben Calait und Borgil alle Formalitäten im Bezug auf das Häuschen geregelt und einen Pachtvertrag ausgehandelt, bei dem ihr unstetes Einkommen nicht zu Problemen führt und Borgil trotzdem zu seiner Münze kommt. Mit Rotem vom Ostufer und Starkbier hatte man den Erfolg begossen, bevor der Wirt an seine Arbeit zurückgekehrt war. Calait hatte gezweifelt, ob sie ihren Gewinn mit noch etwas mehr Alkohol begiessen und am Smaragdstrand mitsamt ihrer bunten Tierschar feiern sollte. Die Entscheidung war ihr allerdings rasch abgenommen worden, als ein paar Blaumäntel nach Dienstende zu ihrem Feierabendbier hereingeschneit waren und sie prompt an ihren Tisch eingeladen hatten. Gesellig hatte sie sich zwischen Sichelzahn und Kolbeyn geschoben und Katzengold, der von der Schnellen Uriel mit seinen missglückten Annäherungsversuchen bei Mechi dem Botenmädchen aufgezogen worden war, dabei mitfühlend die feinen, braunen Locken verwuschelt.
Nach zwei weiteren Bechern mit Liebmich versüsstem Rotwein hat Katzengold sie schliesslich leise gefragt, ob sie nicht noch einmal dieses Lied, das mit dem schönen Mädchen und dem unglücklichen Jungen, singen könne. Vielleicht leise, so dass es die anderen nicht hörten, hatte er flüsternd hinzugefügt, woraufhin sie ihm kopfschüttelnd den Gefallen getan hatte.
Was allerdings prompt dazu geführt hatte, dass auch Uriel, Kolbeyn und Sichelzahn Liedwünsche geäussert hatten und als Borgils Sohn schliesslich wieder auftaucht – und von den Gardisten prompt mit wildem Winken und erfreutem Lachen begrüsst wird – haben sie bereits „Der rechte Mann“, „Des Königstochter Schuld“, zwei ziemlich gewagte Versionen des „Bären und der Jungfrau her“ und „Clenganes“ Ende hinter sich und Calait, die inzwischen auf dem Tisch hockt und die Beine baumeln lässt verlangt mit einem theatralischen Krächzen nach mehr Wein. „Sonst sing ich gleich nichts mehr, ausser die ‚sterbende Krähe’!“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 21. Juli 2011, 13:14 Uhr
Dass es Tiuri vielleicht unangenehm sein könnte, als großer Dreckspatz bezeichnet zu werden, geht vollkommen an Borgil vorbei, dessen Taktgefühl und Sinn für mögliche Fettnäpfchen ungefähr so gut ausgeprägt ist wie der eines Drachen für Miniaturseidenstickereien. Er hätte auch Achim den Oger so betitelt, wäre der so abgerissen und verdreckt wie Tiuri in der Harfe aufgeschlagen, oder den Lord Commander oder Rhrodri... oder Ninia... nun ja gut, die vielleicht nicht. Den Tronjer aber ganz bestimmt. Was er aber sofort und mit unfehlbarem Gespür wahrnimmt, ist das geflötete "Wunderknabe", das Calait Tiuri hinterher zirpt, als der in Richtung Badezuber verschwindet. Er kommentiert es in keiner Weise, jedenfalls mit keinem Wort, aber eine seiner dichten, roten Brauen rutscht belustigt ein ganzes Stück auf der narbigen Stirn nach oben. Soso. Er weiß ja, dass das Mädel keine Kostverächterin ist und wenn er Tiuri aus Weiberaugen sehen könnte (was er nicht kann), dann könnte er sie vermutlich sogar verstehen. So aber kann er nur mit den Schultern zucken und ihr im Stillen viel Glück wünschen (und noch viel stiller hoffen, dass Varin, dem Borgil in dieser Beziehung einfach alles zutraut, nicht am Ende auch noch ein Auge auf seinen Jungen wirft und die drei... Halt! Andere Gedanken! Auf der Stelle!) Während Tiuri verschwunden ist und das auch eine Weile bleibt, um sich den Schmutz seiner langen Reise abzuwaschen und vielleicht ein paar Augenblicke Ruhe in dem ganzen Trubel zu finden, und Azra Borgils Platz hinter dem Tresen eingenommen hat und ausschenkt, kümmert der Zwerg sich derweil um Calaits zukünftige Bleibe und die Details von Pachtzins, Instandsetzungen, Nutzungsrechten und derlei Dingen mehr. Calait wird natürlich hauptsächlich damit bezahlen, dass sie in der Harfe Singen und Spielen würde, denn sonderlich viel Geld hat die junge Frau nicht gerade und der planvolle Umgang damit scheint auch nicht eben zu ihren vielen Talenten zu gehören. Dass Borgil so bereitwillig auf klingelnde Münzen verzichtet, scheint Calait nicht weiter zu verwundern, schließlich wird sie ja eine Gegenleistung bringen, was dem Resandeverständnis von Mein, Dein und Tauschgeschäften vermutlich eher entgegen kommt, als jedes Kupferstück. Aber die kleine Singdrossel ist auch neugierig genug, trotzdem zu fragen und so tut sie es zwischen zwei Schlucken sündhaft teuren Rotweins. >Borgil, tust du eigentlich irgendetwas?<
"Hm, du meinst abgesehen vom Offensichtlichen? Ich weiß ja, dass du blind bist, Schätzchen," neckt er, "aber pssst... falls es dir noch niemand gesagt hat, verrate ich dir ein Geheimnis: die Harfe gehört mir, ich bin hier der Wirt. Sag's bitte nicht weiter."
Calait wirft in gespieltem Ärger ein Stück Brot nach ihm, das jedoch eine halbe Handspanne an seinem linken Ohr vorbeifliegt, eine Geste die deutlich sagt: DAS habe ich nicht gemeint. (Nicht, dass er es nicht ohnehin wüsste.)

>Du beobachtest und du redest. Ist das alles?<
"Nein, aber weißt du, das Bier zapft sich nicht von allein und den Händlern muss man um den Bart gehen, außerdem muss man die Spreu vom Weizen trennen. Die absolut Unfähigen von den unglaublich Gefährlichen unterscheiden."
Calait legt ihre honigfarbene Stirn in Falten und Borgil hätte viel darum gegeben, jetzt ihre Augen sehen zu können, ganz gleich, was sich möglicherweise hinter diesen Tuchfalten verbirgt oder nicht, doch das bleibt ihm verwehrt. Ihre Miene ist jedenfalls eher amüsiert als verwirrt: >Wovon in der Götter Namen redest du?< will sie dann wissen und kaut an einem knusprigen Schinkenrest herum.
"Siehst du, Calaitschatz, es bedeutet, dass die Münzen rollen, wenn ich rede und wenn ich nicht rede. So, wie wenn du bezahlt werden würdest, wenn du singst oder schweigst, aye?"
Calait grinst wie eine Katze und schüttelt den Kopf. >Das macht keinen Sinn.<
"Sehr gut." Soll es auch nicht. Und schon gleich gar nicht gegenüber einem so haarsträubend neugierigen Geschöpf wie dir. Damit überlässt Borgil Calait dem restlichen Rotwein und der Handvoll Blaumäntel, die am Ende ihrer Schicht hereingeschneit sind, um den Abend hier ausklingen zu lassen und verzieht sich wieder hinter den Tresen, wo er Azra ablöst, die ihm einen hastigen Kuss gibt und davoneilt, um die Köchin von Brenainn, seinem Bruder und dem allgegenwärtigen Holzritter zu erlösen und die Jungs ins Bett zu stecken. Als Tiuri sauber, wohlriechend (wenn Borgils Nase sich nicht täuscht, hat er tatsächlich Azras Rosenseife erwischt) und ganz und gar gutgelaunt im Schankraum erscheint, ein paar volle Krüge vom Tresen schnappt und sich erkundigt, wo die hinsollen, ist Borgil gerade mit einem seiner ältesten (und absonderlichsten) Stammgäste in eine denkwürdig philosophische Unterhaltung verstrickt:
"Der Mann da drüben. Er starrt mich jetzt seit einer ganzen Stunde an. Ich hab mitgezählt!"
"Vielleicht mag er dich."
"Nein. Er weiß es. Er weiß, dass ich es weiß. Aber was er nicht weiß, ist dass ich weiß, dass er weiß, dass ich's weiß."
"Woher weißt du, dass er nicht weiß, dass du weißt, dass er weiß, dass du's weißt, weißt du's?"
"Was?!"
"Exakt. Ah, Tiuri, du kommst wie gerufen. Ahm... dort hinten, bei den Blaumänteln. Eins für Katzengold, eins für Sichelzahn. Du könntest dich nützlich machen, und die Singdrossel vor einer Stimmbandentzündung retten, aye?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Tiuri am 22. Juli 2011, 21:24 Uhr
Tiuri platzt geradewegs in eine Unterhaltung die gleichermaßen philosophisch wie beunruhigend ist, schaut kurz etwas verwirrt von Borgil zu dessen Gesprächspartner. Er erkennt den Alten aber als einen immer schon etwas merkwürdigen, aber völlig harmlosen Stammgast wieder und beugt sich dann noch einmal zu den beiden nach vorne. „Aber wie könnt Ihr euch so sicher sein, dass er weiß, dass ihrs wisst, dass er es weiß, weil dann wüsste er vielleicht auch, dass Ihr wisst, dass er’s weiß, dass Ihr wisst, dass er es weiß, oder?“
>Red nicht von Dingen über die du gar nichts weißt, Junge!“ belehrt ihn der Alte und schulterzuckend und reichlich verwirrt, schnappt Tiuri die zwei Bier, holt von Azra noch schnell einen Becher Wein ab und bringt sie zu den Blaumänteln hinüber, die ihm schon lachend zu winken und in deren Mitte kokett die kleine Singdrossel thront.
>Dass du dich endlich mal wieder blicken lässt! Wir haben schon gedacht sie haben dich irgendwo in der Wüste verscharrt!< Sichelzahn der alte Schwerenöter der seinen Namen einem etwas eigenwilligen Gebiss verdankt, hat längst seinen Arm lässig um Calaits Schultern gelegt. >Kennst du schon Calait?< Will er wissen nach dem er sich sein Bier geschnappt hat und einen ordentlichen Schluck davon genommen hat.
„Ja, die Sagora hat mich am Ende doch wieder ausgespuckt und jetzt bin ich wieder da und wenn Olyvar mich noch brauchen kann zeig ich dir bald wo es lang geht in der Steinfaust!“
Sowohl Tiuri als auch Sichelzahn müssen dabei lachen und der junge Stadtgardist verspricht Tiuri mit einem Augenzwinkern, dass er froh ist schon bald jemanden für all die Drecksarbeit zu haben die er nicht machen möchte.
„Jaja, natürlich! Das werden wir ja noch sehen und ja, das Vergnügen Calait kennen zu lernen hatte ich schon!“ Mit diesen Worten drückt er der Resande ihren Becher Wein sanft, aber bestimmt in die Hände.
„Für Eure Goldkehle! Von der hab ich jetzt schon einiges gehört und wo ich Eure Stimme ja jetzt gerettet habe, würde ich Euch zu gerne singen hören!“  
Der Blick den er dafür sofort von Sichelzahn erntet entgeht ihm nicht und auch nicht, dass Kolbeyn ihm leise zuraunt, dass er sich mal nicht von Varin erwischen lassen soll. Tiuri ignoriert die beiden einfach, schließlich hat er Calait ja nicht in sein Bett eingeladen und was sie mit wem in ihrer Freizeit macht geht ihn überhaupt nichts an.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Calait am 24. Juli 2011, 03:45 Uhr
Sichelzahn packt die Gelegenheit beim Schopf, schwingt sich behände neben sie auf die Tischkante und legt ihr mit einem nonchalanten "Irgendwann ist Varin alt und hässlich und dann werde ich dir den Hof machen" einen Arm um die Schultern. Lachend wirft Calait den Kopf in den Nacken und tätschelt ihm gutmütig das Knie, was auf eine sehr dezente, aber gleichzeitig eindeutige Art und Weise unmissverständlich deutlich macht, dass es so weit nie kommen wird.  "Und was ist mit der drallen Area. War das nicht der ´Seharim mit den prallen Brüsten und den perfekten Schenkeln´?"
"Och die", brummt er und sie fühlt einen leichten Luftzug, als er sich zu ihrem Ohr beugt und sein Atem ihre Wange streift: "Deren Lenden sind gar nicht so perfekt. Viel zu abgenutzt, möchte ich sagen." Mit einem sardonischen Grinsen bleckt Calait ihre Zähne und holt ihn ganz trocken von seinem hohen Ross: "Na, das wäre doch perfekt für dich, dann weiss wenigstens einer, was er tut." Der junge Stadtgardist zuckt zurück, als hätte er sich soeben die Finger verbrannt und einen Moment lang befürchtet Calait, er könnte die kleine Neckerei als ernsthafte Beleidigung aufgefasst haben - sie kann schliesslich nicht sehen, wie er sich theatralisch an die Brust fasst und dramatisch nach Luft schnappt, wie ein Pantomime, der von einem unsichtbaren Pfeil getroffen wurden. Erst als er höchst pikiert etwas von "Das ist ja... ungeheuerlich!" näselt und dabei _erschreckend_ wie der alte Tallard klingt, wenn man ihn als parfümierten Seidenpupser bezeichnet hat. Calait muss sich an den Tischrand und Sichelzahns Arm krallen, um nicht vor Lachen vom Tisch zu purzeln, woraufhin er ihr gutmütig den Rücken tätschelt.

Gerade als sie wieder halbwegs zu Atem gekommen ist, gesellt sich Tiuri mit dem bestellten Bier und Wein zu ihrer erheiterten Runde - eingehüllt in eine Wolke süsser Rosen. Immer noch besser als Iltis... wenn auch ein wenig gewöhnungsbedürftiger. Die Gardisten heissen ihn mit gutmütigem Spott und brüderlichen Sticheleien herzlich Willkommen, derweil er sie mit Bier versorgt und genauso stark austeilt, wie er einstecken muss.
Sichelzahn kehrt seine Manieren ans Tageslicht und will Calait und Tiuri einander vorstellen, wird aber von Borgils Sohn mit einem süffisanten Grinsen darauf hingewiesen, dass er das neuste Goldkehlchen der Harfe schon kenne. Calait beschränkt sich auf ein schlichtes Nicken und den Hauch eines kessen Schmunzelns, was zu einem dankbaren Lächeln wird, als Tiuri ihr den lautstark verlangten Wein in die vernarbten Hände drückt. Er tut das vorsichtig, aber ohne Scheu, was Calait sowohl beeindruckt, als auch verwundert. Die Erfahrung hat sie gelehrt, dass viele Wesen aufgrund des sichtbaren Narbengeflechts, das ihre Hände und Arme in eine hellrote Kraterlandschaft verwandelt, besonders behutsam sind mit ihren Berührungen. Obwohl das schon lange nicht mehr nötig ist. Entweder es kümmert ihn schlicht und ergreifend nicht, oder er weiss, wie er mit solchen Narben umzugehen hat. Einen Moment länger hängt sie diesen Gedanken nach und dann hätte sie sich am liebsten gegen die Stirn geklatscht.  Ritter der Feuers, schon vergessen? Die Göttin Loa wird sich wohl nicht einfach irgendwelche Männer unter ihre heissen Nägel reissen. Inwiefern und woher Tiuri sich mit Brandnarben auskennt interessiert Calait zwar durchaus, aber auch ihr vorlautes Mundwerk kennt ansatzweise so etwas wie Feingefühl und Anstand - und ihn hier, vor allen, etwas Derartiges zu fragen, nachdem sie gerade über das `ihr´ hinausgelangt sind - aus ihrer Sicht - erscheint ihr doch eher... unangepasst.

„Für Eure Goldkehle! Von der hab ich jetzt schon einiges gehört und wo ich Eure Stimme ja jetzt gerettet habe, würde ich Euch zu gerne singen hören!“ Ihr entgeht Sichelzahns Blick natürlich, aber die leise Warnung von Kolbeyn kann sie gar nicht überhören - quittiert es aber lediglich mit einem sehr geheimnisvollen, aber eindeutig unzüchtigen Lächeln, was nicht einmal ansatzweise den Bildern gerecht wird, die gerade vor ihrem inneren Auge vor lauter Erheiterung im Dreieck springen. Varin und sich einmischen? Gnädige Ahnen! Varin würde sich höchstens göttlich über Tiuri amüsieren, wenn der sich um seinetwillen zurück hielte - oder ihm einfach einen nette Nacht zu dritt vorschlagen. Sie schafft es gerade noch rechtzeitig die Hand vor den Mund zu heben, um es NICHT auszusprechen und brav wieder hinunter zu schlucken, bevor sie kurzerhand neben sich auf das dunkle Holz klopft und Tiuri damit zu verstehen gibt, dass er sich neben sie setzen soll. "Was soll ich denn für dich singen, Wunderknabe? Hast du einen bestimmten Wunsch? Oder willst du das Risiko eingehen und mich ein Lied für dich aussuchen lassen?" Es klingt nicht nur wie eine Herausforderung: es IST eine und Tiuri, ganz offenbar niemand der einfach so klein bei gibt oder sich von einem blinden, barfüssigen Weib einschüchtern lässt, nimmt sie mit einem wölfischen "Das klingt doch gut" ohne zu zögern an. Erfreut prostet Calait ihm zu, nimmt zwei grosse Schlucke und denkt eine Weile nach, bis sie ein passendes Lied gefunden hat. Bedächtig setzt sich dann recht auf und schlägt einen dunklen, bronzenen Ton an, der wie ein Glockenschlag durch das Harfeninnere rollt. Manche der Gäste senken ihre Stimmen, andere verstummen zur Gänze, alle aber heben sie für einen Moment den Kopf und blicken um sich, als hätte etwas oder jemand sie gestreift.

"Bi mo leannan geal is alainn
Le briathran geallaidh thar chaich
Bi sinn druidhe an smuid an aoibhnis
An oidhche phosas mo run

Nam shuidhe cluinntinn ceol a' reitich
's duilich cur an aghaidh dan
A' feitheamh son a lamh a mhaireas
An oidhche phosas mo run

Tog glainne mhor na slainte
Thoir an cearcall chun an lar
Theid sinn cuairt taobh cuil na gealaich
An oidhche phosas mo run

Tha i na seasamh aig a` reiteach
Theid na reultan bun os cionn
's theid a ghrian air chall gu madainn
An oidhche phosas mo run

Togaidh sinn horo ghealaidh
Horo ghealaidh horo togaidh
Sinn horo ghealaidh
Horo ghealaidh horo." *

Das klangvolle Tamairge, die Sprache der Drachenlande, verleiht dem Lied Kraft und Schwung, und Calait singt es mit der nötigen Ironie, damit auch jene die der Tamar-Zunge nicht mächtig sind merken können, dass die beschwingte und sehr fröhliche Melodie täuscht.
Als die letzten Töne verhallen, wird Gejohle und vereinzelter Applaus laut und von irgendwo her ertönt der Ruf nach mehr Unterhaltung, aber Calait winkt nur einmal fröhlich in die Runde und rutscht dann vom Tisch, und damit auch aus Sichelzahns Umarmung.
"Es wird Zeit", verkündet sie und erntet einstimmiges Bedauern seitens der Gardisten.
"Jetzt schon?"
"Es ist noch früh..."
"Nur noch ein Lied, Calait!"
Abwehrend hebt Calait die Hände und versichert der Bande, dass sie in den nächsten Monden sehr viel mehr Lieder zu hören bekämen, als ihre verwöhnten Öhrchen vertrügen und sie sich schon sehr bald wünschen würden, sie würde doch endlich den Mund halten. "Wartets ab, irgendwann bezahlt ihr mich, damit ich bloss nicht mehr singe."
Dem wird sofort vehement widersprochen, was aber nichts an ihrem Entschluss ändert zu ihrem Wagen zurück zu kehren, schliesslich wollen hungrige Trolde gefüttert, Pferde bewegt, Nagetiere gestreichelt und Luchse unterhalten werden.
Bevor sie sich endgültig abwendet, findet ihr Zeigefinger in ungefähr so zielsicher wie ein beschwippster Tirinki Tiuris Brust und tippt dagegen. Er kam gar nicht mehr dazu etwas zu sagen, seit sie aufgehört hat zu singen, und auch jetzt lässt sie ihm keine Zeit den Mund aufzumachen - oder nachzuhaken, was es mit dem Lied auf sich hat -, sondern meint lakonisch: "Bis bald, Wunderknabe", bevor sie ihn bei den Gardisten hocken lässt und sich leichtfüssig, aber mit der nötigen Vorsicht einen Weg zum Tresen sucht, die Hände immer auf Tischkantenhöhe leicht von sich gestreckt.
Borgil lässt, ohne das sie ihn darum fragen muss, die Hunde holen, die dem Zwergenwirt aus lauter Dankbarkeit für die kühle Unterbringung die ledernen Pranken vollsabbern.
"Ich danke dir Borgil, für alles." Er weiss, sie meint, was sie sagt.
Auf dem Weg zum Ausgang dreht sie sich noch ein letztes Mal zu dem Wirt um und ruft ihm lachend zu: "Das nächste Mal reden wir mal darüber, was ich so alles nicht gehört habe", dann tritt sie aus der Tür - die eine der Mägde rasch für sie geöffnet hat - und wird sie von der brütenden Nachmittagshitze verschlungen.

* (c) 'A Reiteach' by Runrig

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 24. Juli 2011, 11:08 Uhr
Es wird ein langer Abend in der Harfe, auch nachdem Calait samt ihrer Hunde am späten Nachmittag wieder verschwunden ist und Borgil ist hoch zufrieden, obwohl sie alle, Azra, Tiuri, er selbst und sämtliche Schankmaiden und –jungen rennen müssen wie die Hasen, um all den Bestellungen und Wünschen der Gäste nachzukommen. Nach Sonnenuntergang treffen noch zwei Reisegesellschaften ein, eine Truppe Halbzwerge aus Blurraent, die gleich einen ganzen Siebentag bleiben wollen und von der Überfahrt auf der Kormoran reichlich mitgenommen sind, sowie eine bunt zusammengewürfelte Gruppe Abenteurer, die aus sechs recht exotischen Gestalten besteht: Einem glatzköpfigen Ostländer mit einer purpurfarbenen Tätowierung auf dem kahlen Schädel, der nicht der hellste zu sein scheint, aber eine gewaltige Axt und einen zirpenden Feldhamster mit sich herumschleppt, den er liebevoll Boo nennt, einer schnippischen Halbelbin und Druidin in abgetragenen Ledergewändern und mit tausend honigblonden Zöpfen auf ihrem hübschen Kopf, einem knurrigen, übelgelaunten Eisenzwerg, der so vor Waffen und Stahl starrt, dass er besser nicht in die Nähe irgendeines größeren Magneten geraten sollte, einem lustigen Barden, der auch nicht ganz menschlich wirkt und sich das halblange Haar leuchtend blau gefärbt hat, einem würdigen alten Templer, der seine besten Jahre weit hinter sich hat und sich – wen wundert's? – ständig für seine Mitstreiter in Grund und Boden schämt, sowie einer kleinen, fröhlichen Diebin mit kurzem Blondhaar, merkwürdigerweise irgendwie die Anführerin der ganzen Truppe, die wirklich nett zu sein scheint, aber leider eine absolut unerträgliche Stimme ihr Eigen nennt, die Borgil jedes Mal, wenn er sie hört, den Schweiß auf die Stirn treibt und ihn sich am liebsten Petersilie in die Ohren stopfen lassen würde.

Sie wollen aber allen Göttern sei Dank nur eine Nacht bleiben und am nächsten Tag weiter nach Norden ziehen, man habe ihnen Borgil empfohlen. Im Lauf des Abends decken sie sich bei ihm dann auch mit allerhand Abenteurerbedarf ein, von Tauen aus Varynnagras über Sonnensteine bis hin zu allerlei mehr oder weniger magischen Pülverchen und Tränken, und so verdient er eine hübsche Summe Gold mit den sechs Pappnasen, ehe er die Harfe endlich für die Nacht schließen kann. Einen allerletzten Kontrollgang durch das nächtlich schlafende Gasthaus, die sauber gefegte und gewischte Schankstube, die blitzblanke Küche und die ordentlich für den nächsten Tag vorbereiteten Räume später kann dann auch Borgil endlich in seine Privatgemächer im Anbau verschwinden, wo er Tiuri am Kamin vorfindet – Azra, wird er informiert, sei schon schlafen gegangen. Mit einem Seufzen lässt er sich neben seinen baumlangen Ziehsohn in einen der wuchtigen, ledergepolsterten Stühle fallen und angelt dann nach einer Karaffe auf dem ebenso wuchtigen kleinen Tisch daneben. Sommerwein, kühl und fruchtig, weich wie Samt und golden wie Kleehonig. Er schenkt Tiuri und sich selbst einen Kelch voll ein. "Willkommen zu Hause, mein Junge. Ich hoffe, der ganze Trubel gleich an deinem ersten Tag war dir nicht zuviel. Wie geht's Kenor und Gawain, Elaine und den Kindern? Ich kam vorhin gar nicht dazu, zu fragen."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Tiuri am 27. Juli 2011, 13:23 Uhr
Nachdem sie das Lied für ihn gesungen hat, ist Calait so schnell verschwunden, dass Tiuri kein Wort mehr erwidern kann. Er hatte ihre Herausforderung sie ein Lied aussuchen zu lassen gerne angenommen und war gespannt gewesen was er sich damit aufhalsen würde. Insgeheim hatte er erwartet vielleicht irgendein spöttisches Lied über dumme stinkende Ritter zu hören, aber nicht unbedingt ein Lied in einer Sprache von der er bestenfalls Wortfetzen versteht. Immerhin, einzelne Worte hat er wieder erkannt, aber der tiefere Sinn des Liedes bleibt ihm verborgen. In Arrassigué hätte er jetzt Alasdair danach fragen können. Der junge Mann aus Hochwald hatte von seinem Vater direkt vor seiner Abreise einen Rhaínländer Riesen geschenkt bekommen. Der Hengst war das gutmütigste und besterzogenste Pferd im ganzen Stall und aber auch der einzige, der Njördyr zu Beginn so viel Respekt abverlangt hat, dass der Mammutgaul nicht versucht hat ihn zum Abendessen zu verspeisen. Während Njördyr also die erste Zeit in einer Box zwischen der Stallmauer und dem Riesen verbracht hat, haben Tiuri und Alasdair, dessen Kenntnisse der Allgemeinsprache nicht gerade berauschend waren, versucht sich gegenseitig ihre Heimatsprachen beizubringen. Während der junge Hochwalder sehr schnell gelernt hat und die Allgemeinsprache schon bald perfekt beherrschte, sind Tiuris Tamarkenntnisse eher dürftig geblieben. Naja, ein Bier bestellen, nach einer Unterkunft fragen, fluchen und mich dafür entschuldigen, dass Njördyr den jüngsten Sohn der Familie gefressen hat könnte ich…

Es bleibt auch wenig Gelegenheit sich an diesem Abend Gedanken darüber zu machen was das Lied denn nun genau bedeutet und warum sie es gerade für ihn ausgesucht hat, denn es ist einiges zu tun. Borgil ist die meiste Zeit des Abends damit beschäftigt eine wild gemischte Abenteurergruppe aus allen Teilen der Immerlande mit verschiedenen Abenteurerutensilien auszustatten. Jedes Mal wenn er ihnen ein Seil oder eine Tinktur an den Tisch gebracht hat, fällt ihnen auf was sie sonst noch so brauchen könnten. Tiuri hingegen fühlt sich nach der langen Zeit ein bisschen als würde er die Becher und Teller mehr jonglieren als tragen, aber es geht überraschender Weise den ganzen Abend nichts zu Bruch.
Trotzdem, als der Schankraum geschlossen ist und alle Gäste auf ihren Zimmern oder nach Hause gegangen sind, ist er fast so müde wie nach einem Schwerttraining mit Kenor. Nicht ganz so blau vielleicht, aber durchaus geschafft. Azra geht es wohl ähnlich, denn sie umarmt ihn noch einmal fest und verspricht ihm schon bald einen Haarschnitt, ehe sie die Kinder ins Bett bringt und sich dann selbst schlafen legt. Brenainn fordert natürlich seine versprochene Geschichte ein und Tiuri erzählt ihm, die höchst erfundene Geschichte von einer schönen Prinzessin aus dem Süden, die er aus den Fängen eines grausamen Schurken gerettet hat um sie dann zurück in ihre Heimat zu ihrem liebenden Vater zu bringen.
Was soll ich ihm auch wirklich erzählen, die Wahrheit? Dafür ist er zu klein, das sind keine Geschichten für schöne Heldenträume!

Borgil kommt etwas später in ihre Privatgemächer, als alle außer Tiuri schon schlafen. Tiuri sitzt im Kerzenlicht, denn für das Kaminfeuer ist es eindeutig zu heiß an einem kleinen Tisch und lässt immer wieder gedankenverloren die Finger durch die kleine Flamme gleiten. Er verlangsamt gerade wieder sein Tempo dabei um zu sehen ab wann es denn nun doch weh tut, als die Türe hinter ihm aufgeht und Borgil den Raum betritt. „Azra schläft schon“, sagt er leise und sein Ziehvater lässt sich nickend neben ihn in einen schweren Ledersessel fallen. Den kühlen, teuren Sommerwein lässt er sich gerne schmecken und er grinst schief als Borgil ihn noch einmal willkommen heißt.
>Willkommen zu Hause, mein Junge. Ich hoffe, der ganze Trubel gleich an deinem ersten Tag war dir nicht zuviel. Wie geht's Kenor und Gawain, Elaine und den Kindern? Ich kam vorhin gar nicht dazu, zu fragen.<
„Nein, es war nicht zu viel. Es ist einfach gut wieder hier zu sein! Es geht ihnen allen gut… jetzt…“ Müde fährt er sich in der für ihn typischen Geste durchs Haar und stützt kurz die Stirn auf die Handfläche eher er aufsieht und weiter spricht. „Gawain… er ist schon sechs Monde nach dem ich angekommen bin zurück nach Sûrmera geschickt worden. Er hat eine Hand verloren im Kampf.“ Noch immer wenn Tiuri an die Zeit zurück denkt, an der er noch gar nicht allzu lange in Arrassigué gewesen ist und sein Bruder eines Tages von einem der üblichen Späherausflüge nicht zurück gekommen ist.
Tiuri hatte nichts von all dem in seinen Briefen an Azra erwähnt, denn er wollte nicht, dass sie sich Sorgen um ihn macht, aber jetzt wo er mit Borgil alleine im Kaminzimmer sitzt, kann er dem Zwergen – der in seinem langen Leben wesentlich schlimmeres erlebt hat – alles erzählen.
„Gawain und zwei andere sind in südöstliche Richtung in die Berge geritten. Von Osten her ist es dort immer ruhiger und es werden nie mehr als drei Leute los geschickt. Sie sollten sich einfach wie immer etwas umsehen und nach ein bis zwei Tagen wieder zurück kommen. Das war reine Routine, eine der ersten Aufgaben die ich selbst machen sollte. Aber nach drei Tagen waren sie immer noch nicht da. Wir haben uns erst nicht so viele Gedanken gemacht, es war Winter und auf den Bergen kann es im Schnee da schon mal etwas ungemütlicher werden, das hätte ihre Rückkehr gut verzögern können. Aber nach einem Siebentag sind Kenor, ich und noch drei andere los gezogen um sie zu suchen. Wir fanden einen unserer Männer tot, halb versteckt hinter ein paar Felsen und ein paar Schritt weiter zwei von den anderen. Wir hatten viel zu lange gewartet, der Schnee hatte ihre Spuren völlig verdeckt, wir haben sie tagelang verfolgt in Richtung Süden. Es war nur ein kleinerer Rebellentrupp, vielleicht noch 10 Mann und auch etwas angeschlagen von ihrer ersten Begegnung mit unseren Leuten. Es war Nacht als wir sie gefunden haben und wir wollten sie überraschen, aber das hat leider nicht so gut geklappt wie geplant. Wir haben gekämpft und die meisten von ihnen erschlagen, aber als ich Gawain befreien wollte… ich hatte ihn einfach übersehen, so ein kleiner Kerl, er hatte nur ein einfaches Dussackmesser und er wollte wohl eigentlich mich damit umbringen, aber ich hab mich gewehrt und er hat Gawains Hand erwischt.“
Noch immer, obwohl er die Geschichte hunderte Male durchgegangen ist, kann er sich kurz nicht gegen die aufsteigenden Schuldgefühle erwehren und vorsichtig blinzelt er durch seine langen Stirnfransen zu Borgil hinüber ob der ihm vielleicht endlich als erster Schuld dafür geben würde, dass Tiuris Bruder jetzt nur noch mit einer Hand leben muss.
Als aber nichts dergleichen passiert, spricht er langsam weiter. „Ich wollte ihn umbringen… diesen Mistkerl, wirklich! Ich bin hinter ihm her, wie ein Verrückter… er war verdammt flink für so einen kleinen Kerl und ich hab ihn gerade so noch von hinten erwischt und einfach zu Fall gebracht. Ich wollte ihm einfach Schmerzen zufügen, sein Kiefer zu Brei schlagen oder sonst irgendetwas Schlimmes, aber… er war ein halbes Kind. Jünger als ich, vielleicht 17 Sommer. Ich konnte es nicht… wir haben ihn als Gefangenen mit genommen. Mein Bruder hat an diesem Tag seine Hand verloren…“ das meinetwegen bleibt ihm an dieser Stelle im Hals stecken. „und ich, ich habe das hier dafür bekommen!“ Er krempelt den linken Ärmel des weißen Leinenhemdes hoch und hält ihn Borgil quer über den Tisch hinweg hin. Ein zweiter Ring prangt da auf seinem Unterarm, einmal mit dem anderen verschlungen. Erbrarmen… pff…
Von ihrer Rückkehr nach Arrassigué muss er gar nichts erzählen, er ist sich sicher, dass Borgil sich gut vorstellen kann, dass ein Mann dem die Hand abgetrennt worden ist jede Menge Blut verliert und dass er schwach ist und vom Fieber das ihn befallen hat. Er selbst hatte Gawain einen Gutteil der Strecke halb getragen halb gezogen und es ist ihm wie ein Wunder vorgekommen, dass der Brantempler die ganze Geschichte überlebt hat.
„Als er wieder soweit bei Kräften war haben sie ihn erst mal nach Hause geschickt. Es geht ihnen gut soweit… den Kindern und Elaine… ich müsste jetzt schon wieder einen kleinen Neffen oder eine Nichte haben. Elaine war hochschwanger als ich von Sûrmera aufgebrochen bin.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 27. Juli 2011, 14:17 Uhr
Borgil erwidert lange Zeit nichts, er lässt Tiuri einfach sprechen und ihn sich von der Seele reden, was ihn umtreibt... denn dass seinen Jungen etwas umtreibt, kann er deutlich sehen. Niemand ist zwei Jahre in einem Krieg ohne dass er etwas erlebt, das ihm noch lange, vielleicht für immer, wie ein Stein im Magen liegt.
"Du hast dich gut geschlagen, Tiuri," antwortet er schließlich, als der junge Ritter verstummt und wie er ins Feuer blickt. Die meisten Buchenholzscheite sind längst zu rotglühenden, weißgeränderten Brocken verbrannt, aber hier und da glosen noch ein paar dünne Flammenzungen.  Jetzt, im Sommer, haben sie ohnehin nur ein kleines Feuer für die kühle Nacht geschürt. Er hat Tiuri natürlich nicht die Schuld gegeben, obwohl er sehen kann, dass der Junge das selbst tut und von jedem, dem er die Geschichte erzählt, insgeheim darauf wartet, genau das  bestätigt zu bekommen. Borgil kennt diesen Blick, viele Krieger haben ihn hin und wieder. Er kennt ihn von Olyvar, von Colevar, von Varin, ja selbst von Cron. Sie sind Männer des Schwertes und in manchen Kämpfen geschehen Dinge, die niemand beeinflussen kann und für die man sich die Schuld gibt. "Es ist weder deine, noch Gawains Schuld, noch die des Jungen. Solche Dinge geschehen immer wieder Tiuri. Immer wieder. Ich kenne das, ich habe selbst genug Kämpfe ausgefochten. Man kann nicht alles vorhersehen, man kann nicht jede Bewegung eines Gegners erahnen und manchmal hat man schlicht und einfach nicht genug Zeit, um zu reagieren. Hast du das Messer geführt, dass Gawains Hand abschnitt? Nein. Hast du dem Jungen befohlen, deinen Bruder anzugreifen? Nein. Gib dir nicht die Schuld für etwas, für das niemand etwas kann. Du nicht, Gawain nicht und noch nicht einmal der fremde Junge. Sei stolz auf dich, dass deine Beherrschung groß genug war, ihn zu verschonen. Das können nicht viele Männer von sich behaupten, Herr über ihre Sinne zu bleiben, wenn einen solche Wut packt. Ich hätte es nicht gekonnt." Und auch nicht gewollt. "Gawain lebt noch. Er wird auch mit einer Hand zurechtkommen, so wie ich deinen Bruder kenne. Und es ist schön zu hören, dass Elaine wieder Mutter geworden ist. Wir werden ihnen ein Geschenk schicken, wenn das nächste Schiff nach Sûrmera ausläuft, aye?" Eine Weile sitzen sie in eher kameradschaftlichem Schweigen, als im Schweigen zwischen Vater und Sohn beisammen, trinken ihren Wein und hängen ihren Gedanken nach, dann nickt Borgil plötzlich, als sei ihm etwas wieder eingefallen. "Hör mal, Tiuri. Da ist noch etwas, das ich dir erzählen muss. Es geht um Kea, eure... äh Schwester. Sie ist wieder hier in Talyra. Sie kam von ihrer langen Reise zurück, da warst du gerade nach Sûrmera aufgebrochen.  Sie ist hm... vermählt. Hm, mit ah... Ieras von Tarascon, Olyvars Ziehsohn oder Ziehbruder. Und sie hat eine kleine Tochter, du hast also noch eine Nichte. Hab vergessen, wie die Kleine heißt. Die beiden züchten Pferde draußen auf dem Waldhof, sie haben ihn gekauft, als sie zurückkamen. Ich dachte nur, du solltest das wissen."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Tiuri am 30. Juli 2011, 13:23 Uhr
Eine ganze Zeit sitzen sie einfach so nebeneinander, starren in die fast vollständig verglühten Holzscheite und sagen kein Wort. Tiuri denkt über seinen Bruder nach und ob dieser mit dem Verlust der Hand tatsächlich so gut umgeht wie es scheint. Elaine war fast erleichtert… Die Chance, dass Gawain so schnell wieder in das Grenzgebiet geschickt werden würde ist mit dem Verlust seiner Hand erheblich gesunken und genau das hatte seine Frau ja gewollt. Als Tiuri aus dem Süden in die Stadt Sûrmera gekommen ist, war die ganze Familie wohl auf und bester Laune, jedenfalls schien es ihm so. Gawain war immer pflichtbewusst gewesen, aber er hatte seine Familie stets vermisst und jetzt hatte er eine Aufgabe darin gefunden die Novizen im Tempel zu unterrichten. Er hat jedenfalls nicht so gewirkt als würde er Arrassigué vermissen!
>Hör mal, Tiuri. Da ist noch etwas, das ich dir erzählen muss. Es geht um Kea, eure... äh Schwester. Sie ist wieder hier in Talyra. Sie kam von ihrer langen Reise zurück, da warst du gerade nach Sûrmera aufgebrochen.  Sie ist hm... vermählt. Hm, mit ah... Ieras von Tarascon, Olyvars Ziehsohn oder Ziehbruder. Und sie hat eine kleine Tochter, du hast also noch eine Nichte. Hab vergessen, wie die Kleine heißt. Die beiden züchten Pferde draußen auf dem Waldhof, sie haben ihn gekauft, als sie zurückkamen. Ich dachte nur, du solltest das wissen.<
Tiuri zuckt leicht zusammen als er von Borgil so aus seinen Gedanken gerissen wird. Er nickt stumm zu den Worten des Zwerges und atmet zwei Mal tief durch. Vor seiner Abreise war er zu der Schmiede gegangen um seine Schwester endlich zu treffen, aber das Gebäude war völlig leer und verlassen gewesen. Einerseits hat der junge Mann wenig mittlerweile wenig Lust außerhalb von Talyra nach irgendeiner Schwester zu suchen die er überhaupt nicht mehr kennt, andererseits plagt ihn die Neugierde doch ziemlich. Aber auch sein schlechtes Gewissen macht ihm ganz schön zu schaffen, denn er hätte schon vor Jahren bei ihr aufkreuzen können und es ist ganz allein seine Schuld, dass seine Schwester, die sich ja sehr wohl noch an ihn erinnern kann, ihn noch immer für tot hält.
Aber ich habe doch jetzt eine Familie… Borgil, Azra, die Jungs… und auch Kenor und Gawain! Kurz will er in seinem Widerwillen einfach wie ein kleines Kind aufstehen und sich in seinem Zimmer einschließen, aber dann schüttelt er ganz leicht für sich selbst den Kopf. Wenn es einen Ring für Egoismus gibt hast du dir den gerade aber sowas von verdient!
„Sie gehört also zu Olyvars Familie…hm“, sagt er schließlich, damit er wenigstens irgendetwas sagt. „Du hast recht, ich sollte… werde… dorthin gehen! Das schulde ich ihr, glaube ich wenigstens!“
Während er sich von Kenor immer wieder Geschichten über ihre Kinderzeit erzählen hatte lassen, waren eine ganze Menge an Erinnerungen zurück gekommen, aber so viel Kenor auch von ihrer Schwester erzählt hatte, irgendwie ist es bis jetzt dunkel geblieben in seinem Kopf. Mir fehlt ein Gesicht… ich mussdort hin gehen!

„Danke! Ich werde jetzt schlafen gehen, gute Nacht!“ Er nimmt noch den letzten Schluck von seinem Wein und steht dann auf um in sein Zimmer zu gehen. „Achja und… ich bin wirklich ziemlich froh wieder hier zu sein!“ Er grinst wie immer schief, schiebt sich die Haare aus den Augen und lässt Borgil dann im Kaminzimmer zurück.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 31. Juli 2011, 01:04 Uhr
Seit dem Gespräch mit Azra, ist Yasraena deutlich offener geworden. Ganz zur Überraschung der anderen Harfenbewohner. Sie lächelt viel mehr und ist auch hier und da zu einem kurzen Gespräch bereit. Bisher hatte sie über den Dienst hinaus die Kontakte eher gemieden. Aber Azra hatte voll und ganz Recht. Sie, Yasraena ist nicht ihr Erbe. Sie ist nicht ihr Blut und schon gar nicht ihr Vater oder ihre Mutter. Sie ist sie selbst und es liegt einzig in ihrer Hand, wie andere sie sehen oder mit ihr umgehen. Und so nutzt sie die Zeit ohne Atevora um ein wenig an ihrem Verhalten zu arbeiten, nicht viel. Sie muss gar nicht jedem die beste Freundin sein, aber sie hat es auch nicht nötig, den Kontakt zu anderen so zu meiden, als hätte sie die Pest. Sie mag eine Elbe von fragwürdiger Herkunft sein. Aber dennoch stellt sie fest, dass die Leute ganz anders mit ihr umgehen, wenn sie sich nicht ihre Distanz erhält und ein wenig freundlicher ist. Auch wenn sie noch immer keinen Sinn in unwichtigen Unterredungen wie beispielsweise das Wetter, sieht. Wechselt sie nun einige belanglose Worte mit den anderen Mägden und Knechten über eben solche Themen, die man ohnehin nicht ändern kann und stellt fest, dass die anderen nun ihr gegenüber auch deutlich freundlicher sind.

Trotz dass sich zwischenmenschlich einiges in Yasraenas Umfeld ändert, in Form kleiner Gesten, freundlicher Worte und einem gelegentlichen Lächeln, gibt es doch einen Punkt, der sich so schnell nicht ändern wird. Sie vermisst Savena. Inzwischen weiß sie, dass es genauso ist und akzeptiert es auch. Sie hat das zwischen ihr und dieser Lady lange genug versucht als Nichtigkeit abzutun. Aber Nichtig ist diese Lady wahrhaft nicht. Yasraena ist sich sicher, dass wenn ihr nur diese Gesellschaft fehlen würde, es durchaus eine gute Freundschaft sein kann. Aber was sie wirklich vermisst ist der Glanz ihrer Augen, ihre Stimme und die Art und Weise wie sie redet, sich bewegt und ihre Gesten. Eigentlich vermisst sie alles an ihr. Wirklich alles. Immer wieder fragt sie sich ob es Liebe ist und schiebt diese Frage direkt wieder weg, einfach weil es absurd ist. Man liebt keine Frauen sondern Männer. Aber hatte sie sich je zu einem hingezogen gefühlt? Sie hatte welche getroffen, die gutaussehend waren, ja. Cinaed war das beste Beispiel. Trotzdem hätte sie sich nie zu dem gutaussehenden Mann hingezogen gefühlt und so war es immer. Doch jetzt verspürt sie dieses Gefühl zum ersten Male. Jetzt, wo Savena fort ist und Yasraena alleine, wird ihr einiges deutlich.

Sie hofft von ganzem Herzen, dass es keine Liebe ist, denn eine Frau wie Savena zu lieben ist sicher ein Tanz mit dem Feuer oder eher dem Eis. Und was würden die Leute nur über Yasraena sagen, wenn zwei Frauen… als Paar… Und Savena selbst… Sie soll ja gar oft in diesem Bordell sein. Nicht gerade der Umgang den man pflegen sollte und wer kann ihr garantieren dass eine so frostige Person, es wirklich ernst meint. Vielleicht ein Spiel nichts weiter… Außerdem glaubt die Elbe noch immer daran dass zumindest Savena nur wegen des Alkohols zu den Zärtlichkeiten neigte. Andererseits scheint sie Savena wichtig zu sein, warum sonst sollte die Lady so viel Kontakt zu ihr pflegen. Aber Yasraena ist noch immer zu misstrauisch um in freundlichem Verhalten nur Freundlichkeiten zu sehen und so beschließt sie sich das Ganze näher anzusehen und mal zu schauen wie Lady Savena so wohnt und vor allem welche Geheimnisse sie dort verbirgt.

--> Atevoras Wohnung (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1292614182;start=15#23)

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 01. Aug. 2011, 21:55 Uhr
Tiuri scheint sich nicht recht wohl in seiner Haut zu fühlen und Borgil kann es ihm nicht verdenken. Es ist eine Seite von einer Schwester zu wissen, aber eine ganz andere, sie dann zu treffen, von Angesicht zu Angesicht, wenn man zwar weiß, wer sie ist, weil es einem gesagt wurde, man sich aber selbst einfach nicht erinnern kann... wenn einem diese angebliche Schwester vollkommen fremd ist.  >Sie gehört also zu Olyvars Familie… hm< hört er den Jungen schließlich murmeln. "Ja, irgendwie schon. Olyvar mag sie sehr gern, nach allem, was ich weiß..."
>Du hast recht, ich sollte… werde… dorthin gehen! Das schulde ich ihr, glaube ich wenigstens!<
"Aye, das solltest du. Aber hör mal Tiuri, lass dir ruhig Zeit. Du musst ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Lebe dich erst einmal wieder in Talyra ein und dann sieh weiter.

Kea läuft dir nicht davon, weißt du, und du kannst zu ihr gehen, wann immer du willst... tu's nicht gleich übermorgen, nur weil du dich verpflichtet fühlst, hm?"
Tiuri verabschiedet sich für heute und wünscht ihm gute Nacht und Borgil grinst breit zurück, als sein Ziehsohn verkündet, wirklich froh zu sein, dass er wieder zu Hause ist. "Ich auch, mein Junge, " murmelt er, als er das Feuer für die Nacht abdeckt, seinen Kelch leert und dann die Kerzen löscht. "Ich auch." Vor allem aber freut er sich erst einmal auf Azra und sein Bett und zwar genau in dieser Kombination, genauer gesagt Azra in seinem Bett, warm und ein wenig verschlafen und herrlich zerzaust... und so weich und duftend, wie sie es immer ist. Borgil streckt sich, dass seine Knochen knacken und macht dann, dass er in sein Schlafzimmer kommt.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 24. Aug. 2011, 17:45 Uhr
<--- Atevoras Wohnung (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1292614182;start=30#30)

01.06.511


Den Rückweg tritt Yasraena wie im Schlaf an, alles läuft routiniert, so öffnet sie die Haustür erst einen Spalt und nachdem die Luft als rein empfunden wurde, schlüpft sie ganz hinaus. Dennoch eilt sie vorsorglich in eine völlig falsche Richtung, verschwindet in einer verlassenen und dunklen Seitengasse und nimmt ihre Perücke wieder ab. Selbstredend lässt sie diese sogleich in ihrem Beutel verschwinden. Erst danach wagt sie sich wieder in das Licht der wenigen Laternen und schlendert heimwärts, ganz so, als würde sie von einem späten Spaziergang zurückkommen. In der Harfe ist niemand ob ihres späten Heimkommens überrascht, denn die letzten Gäste sind unlängst gegangen um morgen in aller frühe wieder ihrem Tagwerk nachzugehen. So kommt die Elbe unbemerkt auf ihr Zimmer zurück. Leise zieht sie die Tür hinter sich zu und kleidet sich für die Nachtruhe um.

Anschließend widmet sie sich ihrem Beutel. Sie lässt diesen vollständig wie er ist in einer kleinen Truhe verschwinden, welche sie bei einem Truhenmacher erstanden hatte. Diese Truhe gehört nicht zu den einfachen und billigeren Holzkisten, denn das Schloss ist durchaus als komplex zu bezeichnen. Von Außen mag es einfach und simpel wirken, aber der Mechanismus im Innern ist einer der neueren Art. Von außen sieht die Kiste kaum nach etwas aus, sogar Gebrauchsspuren weist sie auf, etwas worauf die Elbe bei der Herstellung unbedingt bestanden hat. Die Truhe soll in die einfach Kammer einer Magd passen und sich nicht prunkvoll daraus hervorheben. Vielmehr soll sie so wirken, als sei sie alt und würde schon seit Ewigkeiten hier stehen und genau diesen Zweck erfüllt ihre Truhe perfekt. Die Truhe selbst wäre auch kaum etwas wert, wenn sie nicht so massiv und stabil wäre. Von Außen wirkt sie wie eine einfach Holztruhe, welche man gar zersägen könnte, aber von innen besteht sie aus massivem Eisen und das Schloss selbst ist von magischer Natur und lässt sich eben nur mit dem richtigen Schlüssel öffnen.
Die Kiste ist groß und darin bewahrt Yasraena all jene Dinge auf, welche nicht gesehen werden sollen, wie ihre Perücke und der Wendeumhang für die Unterstadt. Den Schlüssel zu der Truhe hat sie aus Sicherheitsgründen immer bei sich. Selbstredend ist so eine Vorsicht unnötig, denn ihre Kammer wird ohne ihre Erlaubnis nicht betreten. Es obliegt ihr selbst hier für Sauberkeit und Ordnung zu sorgen, schließlich ist sie kein Gast sondern eine Magd des Hauses und die anderen Mägde, aber auch Azra und Borgil wissen Privatsphäre zu schätzen und würden nie ohne vorheriges Anklopfen und Abwarten ob sie hereingebeten werden eine der Kammern ihrer Angestellten betreten, Dennoch fühlt sich Yasraena so sicherer.

Yasraena öffnet den Beutel und legt die Gegenstände sorgfältig und ordentlich in die Truhe. Dann hebt sie mit einem kleinen Trick den Zwischenboden heraus und lässt das erbeutete Buch in diesem versteckten Extrafach verschwinden. Morgen würde sie ein Geschäft aufsuchen und sich ein leeres Buch kaufen und sich dann tagtäglich in jeder freien Minute an eine Abschrift machen, damit das Original auch ja rechtzeitig wieder an seinem angestammten Platz in Atevoras Wohnung zurück kommt. Aber für heute hat Yasraena genug getan und die Geschäfte haben ohnehin unlängst geschlossen. Erschöpft und noch immer müde kriecht sie in ihr Bett, um am nächsten Tag erholt und munter ihr Tagwerk, bereits wie gewohnt in aller Frühe, zu verrichten.


Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 25. Aug. 2011, 21:17 Uhr
Die nächsten Tage verlaufen nahezu normal. Zumindest erwecken sie von außen betrachtet den Anschein. Zwischenzeitlich hat sich Yasraena ein hübsches Buch in schwarzem Leder binden lassen. Ein silbernes Symbol für Giftkräuter wurde kunstvoll auf den Rücken und die Vorderseite eingearbeitet. Man merkt dem Stück an, dass Yasraena durchaus einige Münzen hat für dieses Prachtexemplar fließen lassen, aber wenn die Elbe eines zu schätzen weiß, dann gute Bücher. Das Pergament der Seiten ist hochwertig und das Material perfekt zum Beschreiben geeignet.

Nach verrichtetem Tagwerk nimm Yasraena ihren Beutel aus der Truhe. Tusche in verschiedenen Farben, verschiedene Federn, das geliehene Buch von Savena, sowie ihr eigenes Buch befinden sich nun dauerhaft darin. Sie schultert den Beutel und reitet mit Shunj’anar hinaus ins Larisgrün. Meist begibt sie sich zu den Quellen, denn einige der dortigen Felsen, welche ein wenig abseits der Wasserbecken sind, lassen sich perfekt als Tisch nutzen. Dort schreibt sie Seite um Seite. Wann immer sie eine Doppelseite fertig hat, legt sie einen speziellen Papyrus zwischen die Seiten und tupft die überschüssige Tinte vorsichtig ab. Wie in dem Original fertigt sie auch die Zeichnungen entsprechend farbig an.

Das Buch ist einfach gegliedert, dennoch ist besonders die Abschrift des ersten Teils, in dem etliche Pflanzen, die man für die Giftgewinnung nutzen kann, nach Herkunftsgebiet aufgezeigt werden, besonders aufwendig. Eine jede Pflanze will gezeichnet werden. Die Blätter, die Wurzel, die Blüten, einfach alles muss genau übertragen werden. Aber nach einigen Tagen hat Yasraena diese Arbeit hinter sich und kann sich dem interessanten Teil, der Giftgewinnung und Herstellung widmen. Es wird genau erklärt wie man welchen Pflanzen ihre Giftstoffe entzieht und ferner wird erläutert, wie man diese nutzt und sogar wie man einen Tod durch eben diese Gifte nachweisen kann, wenn man diese denn nachweisen kann. Yasraena macht es sichtlichen Spaß die Kopie des Buches anzufertigen und sie ist erstaunt, wie viel des Inhaltes durch die bloße sorgfältige Abschrift hängen bleibt. Abends im Bett, wenn sie wieder zurück in der Harfe ist, geht sie die Inhalte im Geist noch einmal durch und prüft ihr Erinnerungsvermögen. Manchmal schlägt sie noch etwas nach.
Ihr all abendliches Verschwinden fällt kaum auf. Es ist bekannt, dass sie viel Zeit mit ihrem Pferd verbringt und nach getaner Arbeit ausreitet. Insbesondere jetzt, wo Lady Shin fort ist, scheint Yasraena diese allabendlichen Ausflüge zu brauchen, zumindest wirkt es eben genau so von außen betrachtet. Gerne würde sie in der Unterstadt nach einigen dieser Pflanzen suchen, denn wo, wenn nicht auf dem Wolfsmarkt, könnte man diese wohl erwerben? Aber letzten Endes würde Yasraena nur probieren, ob sie die Anleitungen des Buches richtig versteht. Wirkliche Verwendung hätte sie für keines der Gifte. Gut, sie könnte etwas herstellen, was verhindert, dass man schwanger wird und es an die Dirnen verkaufen, aber dafür hätte sie das Buch nicht gebraucht. Ein derartiges Mittel kennt sie bereits, ihre Mutter hatte damit Jahre lang verhindert, dass sie ein weiteres Bastardkind von diesem Shebaruc empfängt. Nein, für die Inhalte des Giftbuches hatte sie keinerlei Verwendung, nicht mehr als bloßes Interesse und die schön gefertigten Zeichnungen all der Pflanzen haben es ihr einfach sehr angetan. Vielleicht würde sie einmal im Haus der Bücher schauen, ob es ein vergleichbares Werk über Heilpflanzen gäbe und sich dieses ebenfalls abschreiben. Dies könnte durchaus nützlicher sein.

Letzten Endes war es sehr viel Aufwand dieses Buch zu fertigen, aber als es geschafft ist, bringt sie das Original in einer Nacht- und Nebelaktion wieder zu Savena zurück, welche zum Glück noch immer nicht von ihren Reisen zurück ist, und legt es an seinen ursprünglichen Platz. Kurz lässt sie sich dazu hinreißen die nicht zu öffnende Tür zu betrachten, aber dann geht sie wieder. Hier gibt es für sie nichts zu entdecken und einen neuen Versuch diese Tür zu öffnen, riskiert sie nicht. Stattdessen hat sie aber dunkles Möbelharz erworben und bemüht sich, die kleine Macke im Boden verschwinden zu lassen. Das Ergebnis ist zwar nicht zufrieden stellend, denn beim genauen betrachten, sieht man es noch immer, aber wer schaut sich schon einen Fußboden ganz genau an? Vielleicht, wenn etwas herunterfällt und es genau dorthin guckt und Lady Shin es dort aufhebt, könnte es ihr auffallen, aber das wird ja nicht gleich am ersten Tag ihrer Heimreise passieren.

Zurück in der Harfe überlegt sich die Elbe eine neue Beschäftigung für die nächsten Tage. Die Unterstadt klingt nach wie vor verlockend und Dank ihrer Verkleidung könnte sie sich dort unerkannt bewegen und weitere Nachforschungen über Savena anstellen, denn die Nachforschungen in Savenas Wohnung, dem Kupferkessel oder dem Pfirsich haben bisher nicht die gewünschten Resultate erzielt.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 30. Nov. 2011, 21:15 Uhr
irgend ein Vormittag, Ende Beerenreif




Atevoras Laune hat gelitten. Nicht nur, dass ihr eine ach so unauffällige Eule nachfliegt und sie zwei Tiere in Übergröße mit sich zerrt, nein, eines davon ist ein träger Gaul, den sie ohne einer am Sattel angebrachten Strickleiter - das heißt wenn sie denn einen Sattel für dieses Vieh hätte - aus eigener Kraft vermutlich nie erklimmen können wird, und für den sie darüber Hinaus auch noch keinen Unterstand findet. In der Steinfaust noch dachte sie sich ihn bei einem der zwei Städel (oder sind es Remisen?) nahe des Marktplatzes, die auch die Pferde der Marktständler aufnehmen und versorgen, in einer der Boxen unterbringen zu können, aber das war ganz eindeutig eine Fehlannahme.
Der erste Besitzer war zwar äußerst freundlich, beteuerte allerdings, dass seine Kapazität an Dauerstellplätzen erschöpft sei, und er den Rest für die vorübergehende Unterbringung der Pferde der Marktplatzbesucher, und Marktstandbetreiber benötigt. Natürlich hat sie das akzeptiert. Jeder entscheidet über sein Geschäftsmodell. Sie hat sich also weiterverweisen lassen.
Der Besitzer der zweiten Unterstellmöglichkeit dann war allerdings derart unfreundlich, dass sie stark an sich halte musste ihm kein Leid anzutun. Sie hat beim hineingehen ein Gespräch zwischen zwei Stallburschen vernommen, die ganz eindeutig darüber gesprochen hatten, dass zumindest eine Box wieder frei geworden ist. Sie unterhielten sich darüber hinaus, oder im Speziellen darüber wie froh sie sind, dieses bissige Pferdemonster von einem Herrn soundso los zu sein. Einer rieb sich dabei demonstrativ den Arsch, vermutlich da wo dieses Untier ihn das letzte Mal beim Absatteln gebissen hatte. Der Besitzer der Stallungen behauptete jedoch es wäre kein Platz frei, auch nicht in absehbarer Zeit, und von den Bemerkungen die gerade noch so an einer direkten Beleidigung vorbeigeschrammt sind, und mehr als deutlich machten, dass er bloß SIE nicht als Einstellkundin wolle, gar nicht erst zu sprechen. Gut, ihr Aussehen, Ruf und Gehabe ist in gewissen Bereichen zweifelhaft, oder etwas gewöhnungsbedürftig, aber sie war sich nicht im Klaren, dass sie darum offenbar schon mit Leuten, die sie nicht einmal kannte, denen sie noch nicht einmal begegnet war quasi schon im Streit lag. Sie weiß auch, sie ist sehr hart und unerbittlich, sie wird auch oft genug als elendes kaltschnäuziges Miststück tituliert, doch wen seiner Freunde, oder Liebsten konnte sie bloß entsprechendes herangetragen haben, dass die Wellen zu ihm übergingen und nun auf diese Weise zu ihr zurückschlugen? Nicht einmal Alternativen, wo sie das Pferd in der Nähe unterbringen könnte, wollte er ihr nennen, sondern schob sie beinahe erbost, wie sie von ihm nur so eine Information erbitten könne, zu Tür hinaus. Hätten seine Worte „Ich habe jetzt keine Zeit mehr“ Zähne besessen, hätten sie Atevora vermutlich tot gebissen. In ihr keimte dabei der Verdacht, dass sie auch der andere Stallherr aus weit anderen Gründen, als den genannten vertröstet hatte, und sie vielleicht sogar zum Auslöser dafür weitergeschickt hatte.
Was immer es auch sein mochte, sie auf die Schnelle wusste nur noch von den Stallungen der Harfe, wo fremde Pferde untergestellt werden konnten, wenn auch nur vorübergehend. Vielleicht vermochte ihr der Wirt bei ihrem kleinen, nunja eher überdimensioniertem gräulich farbenem Problem, weiterhelfen, und ihr mitteilen wo in der Nähe sie den Gaul dauerhaft hinstellen konnte.

Mit etwas ruppigen Bewegungen, die zur ansonsten faden Mimik als einziges Vermuten lassen konnten, dass die ausführende Person im Moment nicht unbedingt bester Stimmung ist, bindet Atevora den Klepper vor der Harfe fest, streift sich dann die Kleidung glatt und begibt sich, oder das Pferd eines weiteren Blickes zu würdigen, ins Innere der Harfe.

Es wäre abwechslungsreich und ungewöhnlich, wenn die Gaststube nicht gut besucht wäre. Natürlich ist sie wie immer gut ausgelastet. Kurz verschafft sich die Shin einen Überblick, und erkennt einige Stammgäste und andere Personen, die sie aber höchstens vom sehen her kennt. Darüber hinaus kann sie kein ihr näher bekanntes Individuum erspähen. Mit Ausnahme des Wirtes natürlich, der hinter der Theke damit beschäftigt ist, die immer rasch geleerten Humpen mit Bier zu füllen. Yasraena befindet sich leider auch nicht rein zufällig in der Schankstube. Eigentlich hätte sie auch zuerst in den Bereich der Stallungen vordringen können, und überprüfen ob sie dort artig ihrem Tagewerk nachgeht, oder für heute soweit bereits damit fertig ist. „Hm.“ Das beschließt sie auch zu tun, und so macht Atevora samt Hund und Eule auf dem Arm, kaum dass sie die Harfe betreten hat wieder kehrt, und verlässt das Gasthaus wieder durch die Eingangstür durch die sie gerade erst gekommen ist.
Wenige stramme Schritte später betritt sie den Stall und sie sich nach der hellhaarigen Frau um. Sie kann sie allerdings nirgends entdecken, und möchte auch nicht weiter vordringen um sich suchend umzusehen. Darum spricht sie den ersten Stallburschen an, dem sie habhaft werden kann, und erkundigt sich nach der Elbe.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 03. Dez. 2011, 02:09 Uhr
Später Vormittag Ende Beerenreif 511


Yasraena ist heute besonders früh aufgestanden, um ihr Tagwerk in aller Frühe zu verrichten. Da sie die Ställe gestern komplett gereinigt und gemistet hat, fällt heute auch beim Säubern nicht sonderlich viel an. Gut, dafür hatte sie gestern deutlich länger als sonst gearbeitet und ging auch noch den anderen Mägden hier und da zur Hand, aber so hat sie diesen Nachmittag frei. Shunj’anar würde ihr dies gewiss danken und Bewegung würde ihnen Beiden sehr gut tun. So könnten sie einen Wanderritt ins Larisgrün machen. Nicht, dass die Elbe ein bestimmtes Ziel vor Augen hätte. Aber in der letzten Zeit gab es wenig Abwechslung. Ihre Nachforschungen in der Unterstadt hatte sie eingestellt. Ohne sich einzugestehen, dass es wohl daran lag, dass ihr dieses Interesse nur schmerzlich bewusst machte, wie sehr Savena ihr fehlt. So hatte sie sich auf die Arbeit konzentriert und sich zunehmend mit den anderen Mägden und Knechten angefreundet. Sie mag sicherlich noch immer nicht zu den offenherzigsten Geschöpfen der Immerlande zählen und wird dies gewiss auch nie, dennoch ist ihre Härte und Kälte hier und da einer etwas weicheren, freundlicheren Mimik gewichen und sie hat für Andere sogar ab und an ein durchaus als sanft zu bezeichnendes Lächeln parat.

Nachdem Yasraena aufgehört hatte Nachforschungen um Lady Shin anzustellen und sich mehr ihrer Arbeit und den anderen Angestellten der Harfe zu widmen, umso mehr rutschten auch die Gedanken an Savena in den Hintergrund. Natürlich gab es immer mal Momente, wo sie die zierliche Gestalt in Gedanken bildlich vor sich sieht oder in denen ihr einer der Menschenfrau typischen Kommentare durch den Kopf huscht. Welche stets so gewählt klingen. Aber diese Momente wurden weniger und gingen alsbald nicht mehr mit Trauer und Kummer einher. Yasraena hätte an diesem Punkt hinterfragen können, ob sie wirklich etwas für die Menschenfrau empfindet und wie viel sie ihr tatsächlich bedeutet. Aber die Elbeerlaubt sich schlichtweg nicht genauer darüber nachzudenken. Die Monde zogen dahin und die Lady war noch immer nicht zurück, aber Yasras Leben drehte sich währenddessen schlichtweg weiter. Umso erstaunter ist sie, als einer der Stallburschen, genaugenommen Ninio der Pferdebursche zu ihr hinkt um ihr mitzuteilen, dass Lady Shin nach ihr fragt. Ninio widmet sich anschließend wieder seiner Arbeit. Yasraena mag den Burschen, der trotz seines Andersseins, seiner Verkrüppelung mit den Pferden umzugehen versteht, wie kein Anderer und auch wenn die Elbe nicht viele Menschen in ihr Herz schließt, hat es der Bursche insofern geschafft, dass sie jedem den Hintern grün und blau prügeln würde, der es wagt ihn ob seiner Beeinträchtigung zu beschimpfen. Aber selbstredend würde es niemand wagen, Borgils Stallburschen so zu beschimpfen, so dass eine solche Situation gar nicht erst aufzukommen droht.

Ob der unerwarteten Nachricht, dass Savena hier ist beginnen die Gefühle Yasraenas für einen Moment verrückt zu spielen. Erst entgleiten ihr die Gesichtszüge, dann ist die für einen Moment wie versteinert und macht gar nichts. Anschließend umspielt ein Lächeln ihre Lippen und ein Hauch davon ist noch zu sehen als sie Richtung Innenhof geht. Auch in ihren Augen bleibt die Freude über das Unerwartete wiedersehen nicht verborgen. Von der Lady neuster Errungenschaft, dem grauen Wallach, ist nichts zu sehen, da dieser vor der Harfe steht, aber selbst wenn er im Innenhof angebunden wäre, hätte Yasraena das alte Tier niemals mit Savena in Verbindung gebracht und so konnte die Elbe auch nicht einmal ansatzweise erahnen, was in den kommenden Wochen auf sie kommen würde. Für den Moment spielt das aber auch keine Rolle, denn Savena ist zurück. Als Yasraena vor ihr steht, in die unergründlich tiefblauen Augen schaut und die vertrauten Gesichtszüge erstmalig nach langer Zeit wieder sieht, weiß sie für einen Moment nicht wie sie sich verhalten soll. Spuren eines Lächelns umschmeicheln noch immer ihre Lippen und ihre Augen strahlen vor Freude. Einen Moment steht sie vor Savena, eine Begrüßung liegt ihr schon auf der Zunge, doch wie begrüßt man jemanden, der einem so schmerzlich gefehlt hat?
Schön dich wiederzusehen? Und auch wenn es wirklich schön ist, klingt es so gestellt, eine Floskel, nicht mehr, die man so sagt. Unpassend…
Du hast mir gefehlt? Auch wenn es wohl stimmt, noch unpassender. Zudem würde die Elbe solche Gefühle niemals zugeben – zumindest nie in Worte fassen. Noch immer weiß sie nicht was sie von ihrer Freundschaft mit Savena halten soll. Hier und da schwanken andere Gefühle in ihrer beiden Treffen mit ein… Ab und an wurde auch ein wenig geflirtet, aber Yasraena weiß selbstredend nicht, wie ernst es ihrem Gegenüber ist, geschweige denn, wie es damit nach der Lady langen Reise aussieht.

So verharrt sie einen Moment regungslos mit dem Hauch eines Lächelns auf den Lippen, ehe sie plötzlich alle Gedanken abschaltet und einfach intuitiv reagiert. Ihre Reaktion ist vermutlich nicht dass, was angebracht erscheint und doch das einzige, was ohne Worte zeigt, wie glücklich sie doch ist, dass Savena wohlerhalten von ihrer Reise zurückkehrt und so umarmt sie Menschenfrau herzlich. Eine Geste die so untypisch bei Yasraena wirkt, welche man sonst eher als in sich gekehrt oder zumindest abstandsuchend kennt.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 03. Dez. 2011, 22:14 Uhr
irgend ein Vormittag, Ende Beerenreif 511


Der verkrüppelte Stallbursche grinst kurz wie wissend. „Wartet hier. Ich hol sie gleich“ sagt er noch und geht davon.
Atevora sieht ihm einen Atemzug nach und widmet sich dann anderem. Via wird auf ihrem Arm langsam schwer. Kurz späht Atevora in die Pferdebox neben der sie steht. Sie wirkt sehr sauber, und ist großzügig mit frischem goldgelben Stroh bedeckt. Nur in der Mitte wird das Goldgelb von einem kleinen Rest Heu unterbrochen, welches das Pferd, das hier derzeit untergebracht ist, oder das hier untergebracht war, nicht mehr verspeisen konnte. Dass die Box leer ist trifft sich gut, und so lässt sie Via auf der hölzernen Eingangstür Platz nehmen. Die Eismaid schüttelt ihren vom vorherigen Vogel tragen steif gewordenen Arm aus, als sie sich nähernde Schritte vernimmt. Die Schrittfolge lässt sie Erwartungsvoll in die entsprechende Richtung sehen, und sie wird nicht enttäuscht, es ist Yasraena.
Sie hat ein wenig Schmutz an der rechten Wange, ein kleiner fingerstreifen Erde in dem sonst so makellosem Gesicht aus dem zwei Augen auf sie herabglänzen - so absurd widersprüchlich kühl von Farbe und dennoch unglaublich warm - und in die ihren Blicken. Auf der Elbe Mund liegt dabei ein weiches, sanftes Lächeln, dass sie von TianShi gestohlen und sich selbst einverleibt haben könnte.
Von Yasraenas Unschlüssigkeit merkt die weiße Mistress nichts. Sie wirkt auf sie erfreut und ebenso gefasst und reserviert wie immer. Für einen Augenblick, für einen Zweiten. Fehlen ihnen nach der langen Zeit die Worte? Atevora gibt sich einen Ruck, macht Anstalten auf die Frau einen weiteren Schritt zuzugehen und ihre Hand zu nehmen: „Ich..“
Unversehens flattert Via erschreckt auf, flüchtet sich in die Pferdebox, und die Elbe steht dicht an Atevora, öffnet ihre Arme und umschließt sie. HUCH! Wischt es alle Gedanken, und alles was Atevora sagen wollte hinfort. Derart überrumpelt und von Yasraenas unerwarteten Impuls vollkommen überfordert, erwidert die Eismaid die Umarmung wie aufgezogen, unschlüssig und etwas zaghaft. Sie wird umarmt? Von Yasraena? Von wem umarmt, freiwillig? Sie?! Eigentlich fühlt es sich nicht schlecht an, oder? Irgendwie fühlt es sich an, als hätte sie etwas gefunden, etwas wiedergefunden nach dem sie lange getrieben und ruhelos gesucht hatte.

Als sich Yasraena von ihr löst, der Eismaid Hände nimmt, diese fest umschlossen hält und sie in der Elbe Augen blickt, beginnt Atevora zu lächeln. Es ist kein förmliches, höfliches, oder gekünsteltes, wie ansonst so oft.  „Ich habe deine Gegenwart, so vermisst, dass ich dich des Tags oft an meine Seite sehnte und manche Nacht von deiner Gesellschaft träumte.“ Warum hat sie das gesagt? Ist es überhaupt wahr? Ihr wird bewusst, ja, jedes Wort.
Nun macht sich auch Shafir mit einem halblauten, leicht ersticktem „Wuff“ bemerkbar, als wolle er damit sagen. Hey! Ich bin auch noch da!
Unweigerlich wird Atevoras Blick auf das schwarze Zottelmonster gezogen. Gedanklich macht sie einen Satz in eine vollkommen andere Richtung. "Oh.." Via! Atevora löst sich von Yasraena los, die sich dem Hund widmet und ihn begrüßt. Sie selbst wendet sich fahrig um und schielt über die Pferdeboxtür. Im inneren der Box sitzt Via mit aufgeplustertem Federkleid. Sie hat frappierende Ähnlichkeit mit einem frisch aufgeschüttelten Daunenkissen, allerdings mit weit aufgerissenem Schnabel. „Meine schreckhafte Gefährtin...“ Atevora kennt ihre Eule gut genug, um zu wissen, dass diese im Moment sicher nicht in Kuschelstimmung ist, und es wohl besser ist, ihr nicht zu nahe zu kommen, wenn sie nicht von ihr gezwickt werden möchte. Die Magierin schüttelt leicht amüsiert den Kopf, öffnet den Riegel der Box, dass die Tür etwas aufgeht und Via sich im Inneren nicht mehr wie Eingesperrt vorkommt, und dreht sich wieder Yasraena zu, die Shafir einige nette Worte zukommen lässt, die der Hund sowieso nicht verstehen kann. Aber das ist einerlei, der Tonfall reicht ihm vollkommen aus.
Atevora schmunzelt bei dem Gedanken. „Du siehst gut aus. Wie geht es dir? Du hast übrigens ein wenig Schmutz auf der Wange.“ Bei den letzten Worten zeigt sie mit dem Finger an ihrer eigenen Wange wo in etwa. Yasraena versucht sich den Schmutz wegzuwischen. „Die andere Seite.“ Nachdem dieser unselige Dreck, der es gewagt hat Yasraenas wundervolle Haut zu verschmutzen weg ist, unterhalten sie sich ein wenig darüber, wie es ihr die lange Zeit ergangen ist, und Yasraena erkundigt sich anschließend nach Atevoras Reise.
„Sie dauerte länger als geplant. Ich wollte bereits Anfang dieses Mondes wieder in Talyra sein, doch der Sommer war teilweise sehr verregnet, die Straßen waren schlecht und matschig und äußerst schwer mit einer Kutsche zu passieren. Ich bin froh wieder in Talyra zu sein, und habe mir nach den Strapazen des letzten Wegstückes als Erstes den Luxus eines wohligen Bades gegönnt. Ich wollte schon gestern Abend bei dir vorbeikommen, doch..“ Ja.. doch was? Doch musste ich noch einen Abstecher ins Hurenhaus machen und dort die ganze Nacht verbringen? Schlechte Antwort, sehr schlechte Antwort. und überraschte mich heute morgen Tane noch mit … einem Pferd. Genau, da war noch was zu erledigen. „kamen einige Überraschungen dazwischen.“ Beendet sie den Satz, ohne dass eine merkliche Unterbrechung herauszuhören gewesen wäre.
„Eine davon heißt Harm.“ Atevora deutet Yasraenas Gesichtsausdruck als fragend. „Harm ist mein neuestes klitzekleines Problemchen. Soll ich es dir kurz zeigen?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 08. Dez. 2011, 14:12 Uhr
ein Vormittag, Ende Beerenreif 511

Yasraena ist die Freude ob der Rückkehr Savenas sichtlich anzusehen und auch die Shin scheint sich über das Wiedersehen zu freuen. Die Umarmung erwidert sie zwar nur zaghaft, dennoch sprechen ihre Gefühle Bände. Yasraena spürt die Schwingungen der bleichen Schönheit ganz automatisch, ohne bewusst nach ihnen zu suchen bzw. auf sie zu lauschen.Im Alltag bemüht sich die Elbe oftmals nicht zu genau hinzuhören. Gerade wenn das Gasthaus voll ist, möchte sie all die Gefühle der ihr unwichtigen Menschen gar nicht aufnehmen. Doch wenn sie mit einer einzelnen Person spricht oder so wie jetzt, in Gesellschaft einer Freundin weilt, so hört sie ganz von selbst mit allen ihren Sinnen zu. Gedanken ob es unhöflich sei, macht sich die Elbe nicht. Warum auch? Ist nicht sogar das Gegenteil der Fall, immerhin sind all ihre Sinne und somit ihre ganze Aufmerksamkeit bei Savena. Zugegeben, es hängt vom Gegenüber ab, mit welchen Hintergedanken die Elbe Gefühle aufnimmt und wahrnimmt. Manchmal versucht sie tatschlich die Gefühle anderer Wesen zu ihrem Vorteil zu nutzen. Bei Geschäften mit ihrem Deckhengst beispielsweise konnte sie des Öfteren höhere Preise verlangen, einfach weil sie die begeisterten Gefühle aufgeschnappt hat, mit der Interessenten ihren Hengst musterten. Gefühle verraten die Menschen und so war es ihr möglich genau abzuwägen, wann sie den Preis höher ansetzen konnte und wann sie eher davon absehen sollte.

Aber bei Savena verhält es sich völlig anderes. Ihr ist es tatsächlich einfach nur wichtig, zu fühlen, dass sich Savena freut. Diese Tatsache erhöht ihre eigene Freude sogar noch. Am liebsten hätte sie die zierliche Gestalt nicht mehr losgelassen, aber das wäre wohl zu viel des Ganzen. Widerstrebend löst sie sich von Savena, doch nach all der langen Zeit ist es ihr nicht möglich den Moment ganz ohne körperliche Nähe zu genießen und so schließen sich ihre Hände sanft um die Hände ihrer Freundin. Der Blick Savenas sucht den Ihren und wie so oft, wenn die Elbe in die wunderschönen Augen blickt, könnte sie sich darin verlieren. Ihr ist als wäre die blaue See unergründlich tief und weit. Savena scheint sich über den Anblick Yasraenas nach all der Zeit nicht minder zu freuen. Zum ersten Mal seit Yasraena sie kennt, erscheint ihr das Lächeln auf der Shin Gesicht aufrichtig, ehrlich und wahrhaft fröhlich. Zusammen mit dem Glanz ihrer unergründlich, tiefen Augen strahlt die Menschenfrau eine absolute Schönheit aus, die nur sehr wenigen Menschen innen wohnt. Mag sie äußerlich auf viele Freunde eher befremdlich wirken, so nimmt Yasraena nur die Schönheit der Gestalt wahr. Zum Einen mag es sicher daran liegen, dass die Elbe sich längst eingestanden hat, wie viel ihr die Shin bedeutetet, aber zum Anderen liegt es auch daran, dass Savena hier in diesem Moment ganz anders wirkt, als sonst. Von ihrer kühlen Distanz ist nichts zu sehen. Die Mimik nicht kalt, das Lächeln nicht falsch. Und die Worte, welche Savena nun über die Lippen kommen lassen der Elbe Herz noch höher schlagen: > Ich habe deine Gegenwart, so vermisst, dass ich dich des Tags oft an meine Seite sehnte und manche Nacht von deiner Gesellschaft träumte.< Yasraena nickt mit einem melancholischen Lächeln, welches wie von selbst entsteht, als sie sich an die Monde ohne Savenas Gesellschaft entsinnt. „Auch mir hast du sehr gefehlt…“ gesteht sie der Freundin. „… und keine Worte der Welt können beschreiben, wie schön es ist, dich wieder hier bei mir zu wissen!“ Doch länger kommen die Beiden nicht zum Süßholzraspeln, denn langsam wird es Shafir zu bunt, mit einem leichten Wuff macht er auf sich aufmerksam. Ohne jedoch aufzustehen, oder sich gar stürmisch in die Begrüßung der Beiden einzumischen. Während sich Savena von der Elbe löst, wendet diese sich bereits lachend dem riesigen Hund zu und streicht ihm durch das schwarze Fell.

Nachdem die Shin sich um ihr anderes Haustier gekümmert hat, gilt ihre Aufmerksamkeit wieder der Elbe. Beide tauschen einige kurze Informationen über die letzte Zeit aus. Und wieder einmal stellt Yasraena fest, wie sehr der Klang dieser wundervollen Stimme ihr gefehlt hat. Die Shin holt derweil aus, dass sie schon gestern Abend bei der Elbe vorbei sehen wollte, aber einige Überraschungen dazwischen gekommen seien. Yasraena winkt ab, der Begrüßung der Shin ist schon anzumerken, dass es ihr das Wiedersehen wirklich wichtig ist, so dass Yasraena einfach davon ausgeht, dass es sich um wichtige Gründe handeln muss. Shin erläutert auch gleich weiter, nennt das Problem bei einem Namen: Harm.
Aufgrund Yasraenas fragendem Blick, schlägt Savena vor ihr das Problem zu zeigen und so kommt es, dass sich die Elbe wenige Augenblicke später von der Shin geführt vor einem riesigen, grauen Kaltblut wiederfindet. Stirnrunzelnd mustert die Elbe das offensichtlich schon ältere Tier, dessen genügsame Ruhe einen offensichtlichen Kontrast zu dem Temperament ihres eigenen Pferdes bildet. Dennoch ist der Wallach ein traumhaft schönes Tier mit üppiger Mähne, dichtem Schweif und buschigem Behang. Yasraena hätte sich über den Anblick des Pferdes auch nicht gewundert, aber neben der kleinen schmalen Gestalt ihrer Freundin wirkt der massive Riese einfach völlig fehlplatziert.
Zudem… Seit wann kennt sich Savena mit Pferden aus?
Mag die Mistress an sich auch eine sehr gebildete und stets gut informierte Persönlichkeit sein. Alleine die Art wie sie sich zu Beginn ihres Treffens Shunj’anar näherte und wie sie bei dem gemeinsamen Ritt auf seinem Rücken saß, zeigte allzu deutlich, dass sie trotz ihrer wohl blaublütigen Herkunft keinerlei Reitunterricht bekommen zu haben scheint.
Auch die Kommentare, welche Savena während des Pferderennens von sich gegeben hatte, waren alles andere als fachkundig. Dies zum Anlass nehmend erkundigt sie sich: „Du kannst reiten?!?“ Die Frage mag ein wenig schockiert rüber kommen, wenn dem so ist, so spricht dort aber lediglich die Überraschung aus Yasraena, welche sich beim besten Willen nie hätte vorstellen können, dass Savena etwas mit einem Pferd anzufangen wüsste und dass sie sich dann noch anstelle eines kleinen Pferdes oder Reitponys ein solches Ungetüm angeschafft hatte wollte erst Recht nicht in der Elbe Kopf.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 08. Dez. 2011, 19:36 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511


>“Du kannst reiten?“ Komm es der Elbe schockiert über die Lippen, wobei sie ein wenig so steif wie ein Brett konstatiert auf dieses riesige Ackerschlachtross starrt. Er ist mit seiner üppigen Mähne, dem reichlichen Behang dem mächtigen Körperbau eines Kaltblutpferdes und seiner Größe eine imposante Erscheinung. Kein Wunder, dass die Frau überrascht ist zu erfahren, dass dieses Pferd zur Magierin gehört. Ob sie überhaupt auf ihm sitzen kann ohne dabei einen Spagat zu vollführen? Sie möchte gar nicht wissen welches Bild sie abgibt, wenn sie sich wirklich auf den Rücken dieses 173 Sekhel hohen Ungetüms schwingt. Vermutlich so als ob sie irgend etwas zu kompensieren hätte. Lady Shin auf einem überdimensionierten Ackergaul. Perfekt, besser geht es nicht. Atevora unterdürckt ein Seufzen. Um davon abzulenken lässt sie Via auf dem Anbindebalken Platz nehmen. Via gefällt das eher weniger, sie hatte es sich auf dem Weg ins Freie bereits wieder auf Atevoras Arm bequem gemacht. Noch weniger erfreut ist sie dann, als Harm – nachdem er kurz aufmerksam die zwei Frauen gemustert hatte – seine riesigen Nüstern der Eule entgegenhält und sie näher zu inspizieren beginnt. Kurz flattert der Vogel auf und weicht zurück, was Harm allerdings nicht im geringsten interessiert. Anstatt auf den Gaul hinzuhacken, oder hinwegzufliegen, beschließt Via die Beschnupperung stoisch über sich ergehen zu lassen. Vermutlich war sie von Shafir hier schon abgehärtet.

Atevora kümmert die Bekanntmachung der Beiden weniger. „Nein.“ Antwortet sie stattdessen wahrheitsgemäß und ohne Umschweife. Jemand anderes würde vielleicht die Hände vor dem Gesicht zusammenschlagen ob dieser Ignoranz. Wer konnte schließlich wissen wie diese Tiere reagieren, und was in Folge alles passieren kann. Harm könnte durchaus die Kraft besitzen sich von dem Anbindegeschirr einfach loszureißen wenn er erschrickt. Atevora die soviel Kenntnis von Pferden hat wie der erste Mensch, und auch so über wenig Empathie verfügt, überkommt dieser Gefahrensinn nicht. „Ich weiß nicht einmal wie ich auf dieses Riesenvieh ohne Leiter aufsteigen sollte, geschweige denn wo ich es unterbringen kann.“ Yasraenas Verwirrung scheint sich nicht zu vermindern, und Atevora kombiniert, dass sie ihr in den Stallungen zuvor offenbar nicht richtig zugehört hat. Es ist nichts ungewöhnliches, dass Gefühle, beispielsweise in Zusammen hang mit einem Wiedersehen nach langer Zeit ablenkend wirken. Sie hat das bereits mehrfach beobachtet, und somit gesteht sie Yasraena diese Nachlässigkeit zu. Vielleicht nahm sie sogar an, Atevora hätte diesen überdimensionierten alten Klepper selbst erstanden? Nein, das wird sie sicher nicht vermuten. Warum sollt jemand von ihren körperlichen Gegebenheiten auf die Idee kommen sich ein Pferd zuzulegen, dass sie nicht ohne Schemel - oder bei ihr: ohne unter zu Hilfename ihrer speziellen Fähigkeit - zäumen kann. Das heißt, wenn sie denn überhaupt wüsste wie ein Pferd aufzuzäumen ist. „Ein ehemaliger Kunde hat ihn mir nun nach seinem Ableben vermacht. Er schrieb, es sei sein verlässlichster und treuster Gaul gewesen, und hoffe er leistet mir ebenso gute Dienste wie ihm. Angeblich ist Harm 10 Jahre alt und eine Mischung aus Verder Kaltblut und Arloner. Ich frage mich ohnehin weshalb das Tier Harm heißt. Tane äußerte die Vermutung, dass der Platz am Dokument für Harmlos nicht ausgereicht hat.. sehr.. spaßig, nicht wahr?“ Stellt sie darum klar. „Aus eigener Ambition wäre ich nicht auf die Idee gekommen mir SO ein Pferd, zuzulegen, und das auch noch derart überstürzt.“ Natürlich bleibt noch immer die Frage offen, weshalb jemand von Adel nicht reiten kann. Gehört es doch in diesen Kreisen beinahe zum guten Ton eine gute Figur im Sattel abzugeben. „Ich vermute dir liegt die Frage auf der Zunge, weshalb jemand von Stand denn nicht reiten kann..“
Nun, das wollte Yasraena zwar nicht Fragen, aber da das Thema schon einmal angesprochen wurde, erörtert sie es. „Ich vertrage, wie du wohl bemerkt hast, das Sonnenlicht nicht. Es war niemand zu finden, der mir das Reiten beigebracht hätte...  bei Dämmerung, oder des Nachts“ Vielleicht ließe sich jemand dafür gewinnen, welcher der Nachtsicht fähig ist. Hier in Talyra gibt es, ganz im Gegensatz zu vielen anderen Teilen der Immerlande, genügend solcher Kreaturen. Mit einer davon unterhält sie sich im Moment. „Zudem lag der Focus bei mir ohnehin eher beim Studium der magischen Künste.“ Außerdem ist es für längere Reisen für sie ohnehin nicht denkbar auf die Dunkelheit einer Kutsche zu verzichten. Nungut, sie könnte auf Reisen, wie bei ihren Tätigkeiten in anderen Gesellschaftskreisen, auch eine Maske tragen. Allerdings reagiert alle Welt auf vollvermummte Gestalten mit Masken noch eigenwilliger, als bei ihrem normalen Erscheinungsbild.
„Nun da ich ein Pferd besitze, dass ein recht unerschütterliches Gemüt zu haben scheint, sollte ich eventuell doch erkundigen einholen, ob jemand dazu bereit wäre mir das Reiten beizubringen. Zuerst benötige ich allerdings eine Unterbringungsmöglichkeit für Harm. Ich wollte mit Borgil diesbezüglich sprechen, womöglich kann er mir weiterhelfen. Aber zuvor wollte ich dich wiedersehen und deine Stimme hören.“ Atevora unterdrückt den Drang ihre Hand auszustrecken und mit der Fingerrückseite sacht über der Elbe Wange zu streichen, um die Wärme und Zartheit ihrer Haut zu fühlen. „Hast du für heute bereits frei? Möchtest du mich in die Harfe begleiten?Wir könnten gemeinsam zu Mittag essen.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Morian am 09. Dez. 2011, 13:27 Uhr
<--- Die Straßen der Stadt


Zu Ende des Nebelmonds/Anfang Langschnee


Sie führen die Tiere durch das breite Tor in einen gepflasterten Innenhof, der um diese späte Uhrzeit natürlich wie ausgestorben daliegt. Weiße Nebelfetzen wehen träge durch den Hof wie flüchtige Windgeister. Morian kann erkennen, dass das weite Geviert von Ställen, Scheunen und Wirtschaftsgebäuden begrenzt wird, doch alles liegt in tiefer Dunkelheit, lediglich durch ein einziges winziges Fensterchen dringt gelber Lichtschein. Als sie mit den Pferden über das bucklige Hofpflaster klappern, regt sich etwas im Inneren der Ställe. Ein breites, hölzernes Tor wird leise quietschend einen Spalt weit geöffnet und ein verschlafenes Jungengesicht mit verstrubbeltem Haar späht ihnen entgegen, verschwindet dann kurz, nur um gleich drauf wieder zu erscheinen, diesmal aber mitsamt seines schlaksigen Besitzers, einem halbwüchsigen, ein bisschen verwachsenen Burschen, der sich eilig das Hemd in die Hose stopft und eine Laterne an den Haken neben dem Tor hängt. Der Junge, Ninio heißt er wohl, hilft ihnen mit den Pferden, schleppt die schweren Sättel ins trockene Innere der Stallungen, wundert sich über die Unmengen von Kohlköpfen, die er mitsamt dem Gepäck von den Pferderücken hievt, kratzt den Tieren Dreck, Schlamm und Steinchen aus den Hufen, und erkundigt sich danach, was sie zu fressen bekommen sollen. Schließlich führen sie die Pferde in das Innere eines der Stallgebäude - dem einzig derzeitig bewohnten, wie Ninio sie aufklärt. Nur zwei oder drei der vielen geräumigen Boxen sind belegt und aus einem kleinen Laufstall am Ende der Stallgasse blinzeln ihnen verschlafen zwei Ponys entgegen. Nachdem Hühnchen, Filidh und Snerra untergebracht sind und zufrieden ihr Heu mampfen, und sich sogar ein warmes, trockenes Eckchen für die kleine Ziegenfamilie gefunden hat, machen sie sich in Richtung Gaststube auf und betreten die Goldene Harfe durch einen kleinen Seiteneingang.

Die große Wirtsstube wird von den Überresten eines gewaltigen Kaminfeuers erhellt, dass den Raum in ein anheimelndes, rotgoldenes Licht taucht. Holzrauch hängt unter der hohen, rußgeschwärzten Balkendecke und es duftet, wie es in allen Wirtshäusern der Welt duftet: nach Feuer, nach gutem Essen, nach Wein und Bier und Apfelmost, nach nasser Wolle, Schweiß und Arbeitskleidung, nach Spülwasser und Pfeifentabak - und vielleicht auch noch nach einigen weniger angenehmen Dingen, die ein so großes Wirtshaus halt so mit sich bringt. Alles ist so himmlisch warm und trocken und heimelig, dass Morian ein leiser Seufzer des Wohlbehagens entfährt, als sie sich umsieht. Es ist schon reichlich spät am Abend und nur noch wenige Gäste sitzen in der Schankstube, einige Handwerksleute bei einem letzten Würfelspiel, eine Gruppe Reisender, zwei bezechte Zwerge, die trübsinnig in ihre leeren Humpen starren. Eine Magd räumt gerade leere Krüge und Becher zusammen und wischt die altersdunklen Holzplatten der Tische ab, die vom vielen Gebrauch wie poliert glänzen. Sie hängen ihre klammen Mäntel an die Haken neben der Tür, und Morian reibt die Eisklumpen aneinander, die früher einmal ihre Hände waren, um sie wieder warm zu bekommen, während sie brav hinter Colevar herstiefelt, der einem der Tische in der Nähe des Kaminfeuers zustrebt.

Sie haben sich kaum niedergelassen, als ein Zwerg, der bis dahin hinter der Theke herumgewerkelt hat, die Gaststube durchquert und direkt auf sie zusteuert. Sogar für einen Zwergen - die ja nun nicht gerade für ihre zierliche und fragile Gestalt bekannt sind - ist er wuchtig, fast breiter als hoch, und was ihm auf dem Kopf an Haaren fehlt, macht er durch seinen leuchtend roten Bart mehr als wett. Zielstrebig steuert er durch das Meer aus Tischen und Stühlen auf sie zu und es sieht ein bisschen so aus, als würde sich ein Mammut durch brusthohes Gras pflügen, wobei er sich die nassen Hände an einer fleckigen Schütze abwischt und Morian zu der Überzeugung kommt, dass es sich bei ihm wohl um den Wirt handeln muss, einen Eisenzwerg aus N'arkam Dror, wie Colevar berichtet hatte. Wie er da so geradewegs auf sie zustapft, mit grimmigem Gesicht und gesträubten Brauen, schaut er schon wirklich recht barbarisch aus, und Morian hätte sich kein bisschen gewundert, wenn er auf einmal eine zweischneidige Kriegsaxt unter seinem Schürzchen hervorgezaubert hätte. Wenn sie in ihrem Leben nicht wirklich schon viel mit Zwergen zu tun gehabt hätte - mit Händlern und Waffenschmieden und dem kriegerischen Zwergenvolk aus Aarkon, die nicht gerade für ihre Freundlichkeit bekannt sind - , wäre sie bei seinem Auftreten vermutlich verschüchtert unter den Tisch gekrochen, aber merkwürdigerweise vermittelt ihr sein Anblick ein ganz heimeliges Gefühl, ein sonderbar gutes Gefühl. Zwerge verbindet Morian ganz instinktiv mit ihrem Zuhause, mit ihrem früheren Leben, mit dem fernen Duisterhaven und der kalten Silbermeerküste, mit ihren Eltern, die sie bei ihren Handlesreisen zu den Zwergen von Aarkon begleitet hatte - mit all diesen geliebten Dingen, die aus ihrem Leben endgültig verschwunden sind.

Der Wirt hat nun ihren Tisch erreicht und wechselt einige freundlich geknurrte Worte mit Colevar, erkundigt sich nach dessen Befinden, nach der Reise und nach Neuigkeiten, dann wirft er ihr unter hochgezogenen Brauen einen süffisanten Blick zu und mustert sie von oben bis unten, wobei Morian siedend heiß einfällt, dass sie beim Betreten des Gasthauses überhaupt nicht auf ihre Tarnung geachtet hat. Bei einem flüchtigen Betrachter würde sie mit ihrer schmalen Gestalt, dem schulterlangen Haar und der Kappe sicherlich als halbwüchsiger Junge durchgehen, aber der Zwerg mustert sie so durchdringend, dass sie weiß, er hat sie längst durchschaut. Als er bei seiner Begutachtung wieder oben angekommen ist, sagt er: "Und wer ist Eure .... Reisebegleitung?" Er betont das Wort so, dass es alles mögliche heißen kann und Morian sich sofort genötigt sieht, gleich von vorneherein klarzustellen, in welchem Verhältnis sie und Colevar stehen - obwohl es den Wirt ja eigentlich gar nichts angeht und es ihr im Grunde schnurzpiepegal sein kann, was er von ihr denkt. "Ich bin sein Knappe ... äh, seine Schildmaid!", tut sie würdevoll und hoch erhobenen Hauptes kund und mustert nun ihrerseits den Zwerg, dessen Augen förmlich vor Vergnügen blitzen. "Morian de Navarre ist mein Name, stets zu Diensten." Im gleichen Moment, kaum dass sie die Worte ausgesprochen hat, schlägt sie sich die Hand vor den Mund, weil sie merkt, dass sie sich verplappert hat. Verflixt, ich sollte meinen richtigen Namen vielleicht nicht gleich so herumposaunen. Möglichst gewinnend strahlt sie den Zwerg an, in der Hoffnung, dass er es vielleicht einfach überhört hat, und versucht gleichzeitig ihre Gesichtsfarbe daran zu hindern, einen allzu verräterischen Rotstich anzunehmen. Dann erinnert sie sich schlagartig wieder an ihre guten Manieren und ihre etwas weniger guten - und mittlerweile auch schon leicht eingerosteten - Kenntnisse der zwergischen Sprache und sprudelt hektisch einen ellenlangen Satz auf Zardakh hervor, der frei in die Allgemeinsprache übersetzt eine freundliche Begrüßung bedeutet und mit den vielen harten, geknurrten Konsonanten klingt, als würde sie mit einer Handvoll Wackersteine gurgeln.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 09. Dez. 2011, 13:59 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511

Yasraena kann sich Savena beim besten Willen nicht auf dem Rücken dieses Riesen vorstellen. Und dies liegt ganz sicher nicht an den Rassen, die bei dem Tier mitgemischt haben, sondern schlicht nur an der Größe und Statur. Lady Shin wirkt ja so schon sehr feingliedrig, zierlich und beinahe zerbrechlich. Auch ist ihre Gestalt nicht sonderlich hoch, so dass es der Elbe ein Rätsel ist, wie sie ein solches Ungetüm reiten soll. Klar, das eher ruhige gutmütige Wesen eines Kaltblutes werden es ihr sicher einfacher machen, dass Tier überhaupt zu handhaben. Nichts desto trotz wirken die Beiden – Pferd und Besitzerin – nebeneinander einfach grundlegend fehlplatziert. Sie wollen einfach nicht so recht zusammen passen.
Als Savena ihr auch noch bestätigt, dass sie tatsächlich nicht reiten kann ist Yasraenas Verwirrung über der Lady neuste Errungenschaft komplett.  Atevora holt aus, dass sie keinen Plan hat wohin mit diesem Riesenvieh und wie sie überhaupt auf dessen Rücken gelangen soll. Nun, die Elbe hatte schon einige mit Hilfe eines Schemels aufsteigen gesehen, das heraufkommen wird daher wohl das kleinste Problem sein. Es könnte sich jedoch als schwierig erweisen, wenn eine solche Aufstiegshilfe nicht vorhanden ist. Allerdings sollten auch Zäune, Gatter und ähnliche Gegenstände beim Aufsteigen helfen können. Elegant und damenhaft würde es zwar ganz gewiss nicht aussehen, aber zumindest würde sie das Tier erklimmen können. Selbst im Larisgrün gibt es aufgrund von Alter und Sturmschäden immer wieder Baumstumpfe und umgekippte Bäume, welche sich als Aufstiegshilfe nutzen ließen. Die Unterbringung sollte Savena auch nicht die größte Mühe kosten. Immerhin scheint sie sehr gut über die Runden zu kommen. Am Hungertod nagt die Magierin zumindest gewiss nicht. Einen Unterstand zu finden, sollte daher nicht das Hauptproblem sein.
Aber wie bei den Göttern ist sie überhaupt an dieses Tier geraten, wenn sie nicht einmal einen Plan zu haben scheint, was sie mit dem Riesen anfangen soll. Freiwillig wird sie ihn wohl kaum erstanden haben.

Savena, die den fragenden Ausdruck Yasraenas richtig zu interpretieren scheint holt aus die Herkunft des Tieres näher zu erläutern: > Ein ehemaliger Kunde hat ihn mir nun nach seinem Ableben vermacht. Er schrieb, es sei sein verlässlichster und treuster Gaul gewesen, und hoffe er leistet mir ebenso gute Dienste wie ihm. Angeblich ist Harm 10 Jahre alt und eine Mischung aus Verder Kaltblut und Arloner. Ich frage mich ohnehin weshalb das Tier Harm heißt. Tane äußerte die Vermutung, dass der Platz am Dokument für Harmlos nicht ausgereicht hat.. sehr.. spaßig, nicht wahr?<
Die Ironie in der Stimme Savenas, als sie Tanes Mutmaßungen über die Herkunft des Namen äußert, lassen die Elbe schmunzeln. Savena scheint sich bei der Größe des Tieres kaum vorstellen zu können, dass es sich um ein harmloses Tier handelt. Yasraena selbst hat nicht das Gefühl, dass das Tier, eine Gefahr darstellt. Kaltblutpferde sind für gewöhnlich eher ruhiger und genügsam. Nichts desto trotz sind hier, wenn man dem Vorbesitzer Glauben schenken mag Rassen miteinander verpaart worden, die durchaus auch ihr Temperament besitzen. Zumal nicht beide Elterntiere Harms Kaltblutpferde waren. Selbstredend ist das Temperament nicht mit dem eines Feuerblutpferd gleichzusetzen. Hier macht Harm jedenfalls einen recht entspannten, ausgeglichenen, aber auch aufmerksamen Eindruck. Via wird von ihm gar neugierig inspiziert. Er ist nicht handscheu oder reagiert sonst irgendwie verhaltensauffällig, so dass sich Yasraena schon vorstellen kann, dass er gut zu reiten sein wird. Der Vorbesitzer scheint sehr viel von diesem Tier gehalten zu haben und vermutlich wird er Recht mit seinen Ausführungen über den Wallach haben.  „Ich kann mir gut vorstellen, dass dein ehemaliger Kunde Recht hat und dir ein wirklich ruhiges und zuverlässiges Tier hinterlassen hat. Vielleicht ist er sogar eingefahren.“

Savena holt derweil weiter aus und erläutert, weshalb sie des Reitens nicht mächtig ist. Dass es an Atevoras Lichtunverträglichkeit liegt, hätte sich Yasraena nie träumen lassen. Ihre Haut hat ob der Sonne zwar zum Glück keinerlei Probleme, nichts desto trotz ist auch ihr grelles Licht unangenehm, wenn auch eher von den Augen her. Einer der Nachteile, den es mit sich bringt ein Shebaruc-Bastard zu sein.
Lady Shin holt derweil aus, dass sie das Reiten gerne lernen würde und vielleicht jemanden fände, der ihr diesbezüglich helfen könnte. Noch bevor Yasraena ihr sagen kann, dass sie ihr gern dabei helfen würde, fährt Savena fort zu erklären, dass die Unterbringung des Tieres nun an erster Stelle steht, sie aber vorher nach Yasraena sehen wollte. Sowohl die Stimme als auch die Worte selbst, zeigen nur allzu deutlich, dass die Lady sie wirklich vermisst hat. > Hast du für heute bereits frei? Möchtest du mich in die Harfe begleiten?Wir könnten gemeinsam zu Mittag essen.< erkundigt sich die Shin.
„Ich habe heute tatsächlich früher frei, so können wir gern zusammen Essen und vielleicht uns gar schon heute Abend dem Problem mit deinem neuen Pferd widmen.“

Gemeinsam suchen sie das Innere des Schankraumes auf und machen es sich an einem der letzten freien Tische bequem. Wie immer ist die Wirtsstube bereits zu diesem frühen Zeitraum gut gefüllt. Die Schankmädchen mögen zwar noch nicht so ausgelastet sein, wie des Abends, trotzdem huschen sie unermüdlich mit voll bedeckten Tabletts umher, um Durst und Hunger der zahlreichen Gäste zu stillen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 09. Dez. 2011, 16:40 Uhr
In einer nebligen Nacht Anfang Langschnee


Borgil ist zu später Stunde hinter dem Ausschank gerade damit beschäftigt, der frisch vermählten Grid auseinanderzusetzen, warum er hier zwischen Bier- und Uisgefässern, Weinamphoren, Branntweinkrügen und allerlei anderen mehr oder minder zerbrechlichen Behältnissen aus Holz, Ton, Glas, Keramik und sonstigem nun wirklich nicht noch einen Julbock aus Reisig - umwunden mit roten Bändern und geschmückt mit allerlei Nüssen und Grünzeug - brauchen kann, der ihm hier hinter dem Tresen nur andauernd zwischen die Füße gerät, als er jemanden in die Harfe kommen sieht, der ihn im allerersten Moment tatsächlich glauben lässt, einen Geist erspäht zu haben. Das ist doch... ich glaub', mich laust der Tschakma! "Nein, nein, nein. Gridschatz, sieh mal, stell die beiden Julböcke doch unter das Vordach vor die Tür, aye? Hier in der Schankstube quillt ohnehin schon jedes freie Eck über vor äh... Julgrün, von den ganzen Nüssen reden wir mal gar nicht und... nein, auch nicht auf den Tresen. Schätzchen, sei ein braves Mädchen und tu, was ich dir gesagt habe, hm?" Er lässt Julböcke Julböcke sein und hofft, dass er nicht noch einmal über eine dieser rotbebänderten Fußangeln stolpern muss, wenn er wieder hinter seine Theke zurückkehrt, dann umrundet er eilig den mit wuchtigen Schnitzereien verzierten Tresen und bahnt sich seinen Weg durch das Gewirr der Tische, Stühle und Bänke, die gerade von Bria saubergewischt und für den nächsten Morgen gerichtet werden. Den Neuankömmling und seine kleine Begleitung, die sich verfroren die Finger reibt, lässt Borgil dabei nicht aus den Augen. Das ist er doch! Er muss es sein... oder der alte Lorcain hat noch einen Sohn, der seinem zum Verwechseln ähnlich sieht... Je näher er den beiden kommt, die sich an einem Tisch in der Nähe des Kamins niedergelassen haben und beide aussehen, als hätten sie nicht nur die letzten Tage, sondern ganze Monde in schlammiger Wildnis verbracht – ein bisschen abgerissen, ein bisschen wild und ein bisschen mitgenommen. Außerdem, und das sieht Borgil erst jetzt, haben sie ein silber- und rauchgraues Riesenvieh bei sich, das unter dem Tisch liegt, den meisten Platz dort einnimmt und aus gelben Augen aus den Schatten hervorlugt – vermutlich ein Hund, aber es könnte auch ein kleiner Bär sein. Herrje... ich muss Calait Bescheid geben...

Borgil erinnert sich nur zu gut an ein Gespräch mit der blinden Singdrossel vor einigen Monden, als es um ihren Verbleib hier in Talyra gegangen war und um ein Plätzchen, wo sie und ihre Tiere bleiben könnten. Calait war ja eine ganze Weile auf Llwyfanen Llawr gewesen, auch wenn sie das Haus selbst wohl nie betreten hatte und seiner – und auch Varins - Meinung nach, war sie dort auch bestens aufgehoben, blind wie sie nun einmal ist und mehr oder minder mittellos, wie sie es damals war. Aber sie hatte ja darauf bestanden, dass allein ihr Anblick Colevar das Herz brechen könnte, wenn er nur sie anstelle dieser ominösen Lía dort vorfinden würde, falls er denn je zurückkäme. Sie hatte ihm und Varin sogar die ganze lange leidige Geschichte der beiden und ihr mehr als unschönes Ende erzählt. Borgil hatte sich alles angehört, aber auch sein Argument, dass Colevar die Tatsache, dass sie in seinem Garten kampiert wohl herzlich wenig interessieren dürfte und ihm schon gar nicht das Herz brechen könnte, denn das sei ja wohl schon entzwei, hatte sie nicht gelten lassen. Trotzdem muss sie wissen, dass er wieder hier ist... mit wem auch imm... Moment mal! Das ist ja ein... Mädchen? Tatsache! Im ersten Moment hatte er die kleinere Gestalt glatt für einen schlaksigen Halbwüchsigen gehalten, aber jetzt, wo er unmittelbar vor den beiden steht und ihn der vermeintliche Bengel auch noch anstrahlt wie ein Backfisch seinen großen Schwarm oder ein auf Wanderschaft gewesener, müder Reisender sein heißgeliebtes, langvermisstes Heim, fällt es ihm wie Schuppen von den schwarzen Augen. "Colevar Lorcain, seid Ihr das wirklich oder narren mich meine alten Äuglein?" Er hat sich nicht getäuscht. Der blonde Sithechritter blickt nicht nur auf, er nickt auch mit einem - wenn auch etwas müden und halbherzigen - Lächeln. "Cobrin, Troilus und Cassandra, wo zum Donnerdrummel habt Ihr denn so lange gesteckt?" Will er wissen und hakt die schwieligen Daumen im Gürtel unter, ganz und gar bereit, eine längere und hoffentlich spannende Unterhaltung zu führen (ob dem Ritter das gerade passt oder nicht). "Olyvar und Varin dachten schon, sie würden Euch nie wieder sehen! Wie lange wart Ihr jetzt fort, hum? Drei Jahre... oder doch schon vier? Na, wie auch immer, Hauptsache, Ihr seid wohlbehalten wieder hier. " Borgil fragt sich zwar insgeheim, was den Sithechritter nach so langer Abwesenheit in Talyra ausgerechnet in die Harfe führt und nicht in die Steinfaust, auf Burg Lyness oder in sein eigenes Haus, aber er wird schon seine Gründe haben. Sein Blick schweift zu der jungen Frau zurück, die ihn immer noch neugierig mustert und der Harfenwirt erwidert ihre eingehende Betrachtung mit einem freundlichen Grinsen, der ihm eigenen neugierigen Impertinenz (nur für Katzen gelegentlich tödlich), sowie einer selbstgefällig erhobenen Braue. "Und wer ist Eure... Reisebegleitung?"

Colevar kommt gar nicht dazu, irgendetwas zu sagen, denn die Kleine sprudelt sofort los, sie sei sein Knappe, also natürlich seine Schildmaid und das auch noch so naserümpfend, als wäre alles andere (und das ist ein weites Feld) völlig undenkbar. "Aaaaahja", brummt Borgil amüsiert und tauscht einen Blick mit dem Sithechritter, der jedoch nur die Augen verdreht.
>Morian de Navarre ist mein Name, stets zu Diensten.< Fährt die junge Frau enthusiastisch fort, nur um sich gleich darauf irritierenderweise selbst den Mund zuzuhalten, als hätte sie etwas ganz und gar ungehöriges herausposaunt, dabei hat sie ja nur höflich, wenn auch etwas begeistert, ihren Namen genannt. Borgils linke Braue wandert fragend ein ganzes Stück den narbigen Schädel nach oben, während das Mädel sichtlich errötet, dann aber ein breites Lächeln aufsetzt und ihm strahlend einen absolut fehlerfreien, wenn auch reichlich hervorgeröchelten Satz auf Zwergisch entgegengrummelt. Borgil sperrt Mund und Nase auf – damit hat er wirklich nicht gerechnet. "Potzblitz, das war gar nicht schlecht!" Vergessen sind alle Sithechritter der Welt, zumindest für einen Augenblick. "Wo habt Ihr denn Zardakh gelernt?" Er muss unbedingt erfahren, woher diese junge Frau stammt und wie sie an Kenntnisse der Sprache von Stein und Fels kam. Es ist nicht so, dass die Zwerge ihre Sprache streng geheim halten würden, aber sie bringen sie nur sehr, sehr wenigen Außenstehenden bei und noch weniger lernen je, sich halbwegs verständlich in den gerollten und geknurrten, harten Lauten auszudrücken. "Ah, ich alter Trottel!" Siedend heiß fällt ihm ein, dass er hier zwei müde, verfrorene und bestimmt auch hungrige Heimkehrer von einer langen Reise vor sich hat, dass das hier ein Gasthaus ist und er verdammt nochmal der Wirt desselben. "Da stehe ich hier und frage Euch Löcher in den Bauch, halte Maulaffen feil und tratsche! Ihr wollt bestimmt etwas Essen und Trinken, aye? Braucht Ihr auch eine Unterkunft für die Nacht? Bria! He, Bria, komm her Schätzchen, wir haben Gäste!"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 09. Dez. 2011, 19:57 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511


Kaum jemand ahnt, was es bedeutet jederzeit vor der Sonne Licht zu flüchten.
Viele normale Aktivitäten an der frischen Luft sind stark eingeschränkt oder gar nicht möglich. Die Geschäfte und Marktstände schließen wenn der Tag zu Ende geht, und sie unbekümmert ins Freie gehen könnte. Darum werden die kleinsten Tätigkeiten und Besorgungen zur Herausforderung, und auch oft zum Hürdenlauf. Die Kapuze tief herabgezogen, den Blick zu Boden gerichtet um das Gesicht vor direkten Strahlen zu schützen, ist das Sichtfeld oft stark eingeengt. Rasch kommt es zu Zusammenstößen im Gedränge, der Stoff rutscht vom Kopf und schon wieder spannt die Haut, als wäre sie für den Körper zu klein, sie kribbelt als liefe eine Horde Ameisen darüber, oder brennt als stünde sie in Flammen. Selbst, oder gerade in der schlimmsten Sommerhitze ist auf Handschuhe, hochgeschlossene Kleidung, Schal und Umhang nicht zu verzichten. Genau so wie eben. Atevora ist heiß in der Mittagssonne des Herbstes. Werden die stickigen, verrauchten Räumlichkeiten der Harfe Erholung bieten? Gewiss werden sie es.
Für Atevora ist es gewohnt unter der Sonnenhitze zu leiden, darum beschäftigt sich mit keinem Gedanken damit. Ihre Aufmerksamkeit gilt Yasraena, die kund gibt heute früher frei zu haben. >„Ich habe heute tatsächlich früher frei, so können wir gern zusammen Essen <
Atevora ist erfreut von dieser der glücklichen Fügung zu hören, so konnte sie etwas von der verlorenen Zeit mit der Frau aufholen.
>“und vielleicht uns gar schon heute Abend dem Problem mit deinem neuen Pferd widmen.“<
Die Eismaid geht in Gedanken ihren Zeitplan durch. Sie muss heute noch zum Hafen, und zurück zum Pfirsich um mit Sig und Tane die Investitionen im Fligengrund zu besprechen. Ihr kamen auf dem Weg zur Harfe einige Projekte in den Sinn. Sie könnte sich bei TianShi revanchieren, die seit ihrem letzten Gespräch ab und an im Fliegengrund vorbei sieht um unentgeltlich die Kranken zu betreuen, indem sie Arbeitssuchende aus dem Fliegengrud dafür bezahlt der Heilerin Balken und Zäune zu streichen, oder Wände neu zu kalken. Dieser Hilfe bei der Instandhaltung des großen Gebäudes wäre sie sicher nicht abgeneigt, wenn sie schon kein Geld annimmt. Zudem hätten die arbeitswilligen Tagelöhner eine Beschäftigung und ein Einkommen, dass sie wieder in ihr Viertel einbringen könnten, selbst wenn sie nur ins Wirtshaus gehen. Sie können die Goldstücke auch dafür benutzen um dieses stinkende Rinnsal, oder das morastige Elend in das es Mündet und das eigentlich eine Gasse sein sollte, im nördlichen Eck des Fliegengrundes zu beseitigen. Aber es reicht auch irgendwann des Nachts im Pfirsich vorbeizusehen um dieses Thema zu behandel. Wer braucht schon so etwas wie Schlaf?
„Am Abend, ja.. möglich.“ Antwortet die Magierin, offensichtlich ein wenig in Gedanken, und betrachtet einen Moment die Tiere. Via belässt sie besser hier im Freien, das Pferd sowieso, doch den Hund besser nicht. Gewiss würde er hier pflichtbewusst ausharren und warten, wenn Atevora es ihm befiehlt, doch bei den vielen Personen und Kinder die sich rund um den Marktplatz und vor dem Gasthaus tummeln, oder dort spielen, hat sie doch lieber ein Auge auf das treue Haustier.
„Shafir, hér.“ Ruft sie den Hund an ihre Seite, und meint dann zu der Elbe „Sehr schön, dann lass uns hinein gehen.“

Mittlerweile sind deutlich mehr Gäste anwesend. Das verwundert auch nicht, schließlich ist mittlerweile Mittagszeit. Nur des Abends ist das Gasthaus noch mehr besucht als jetzt. Die zwei Frauen haben dennoch Glück und finden einen freien Tisch für sich, aufdass sie sich nicht zu unbekannten Personen hinzusetzen müssen.
Unterdessen die weiße Mistress den Umhang ablegt, sich des Schals entledigt und die Handschuhe auszieht – eine Prozedur die im Sommer wie im Winter bei ihr die Gleiche ist, nur dass die Materialien andere sind – setzt sich die als Viehmagd getarnte tödlich schöne Assassine. Die Magierin nimmt den Stuhl um die Tischecke rechts von der bleichen Schönheit, wohl darauf bedacht, dass der Tisch nicht wie eine Grenze zwischen ihnen liegen kann, so wie es der Fall wäre, würde sie sich auf den gegenüberliegenden Stuhl setzen.
Rasch wird eine Bedienung auf die Beiden aufmerksam. Atevora meint die Frau heißt Bria, aber so wirklich sicher ist sie sich nicht. Sie hat den Namen nur durch den Lärm der jeweiligen Anwesenden hindurch von anderen Harfegästen vernommen, und die Frau nie selbst gefragt wie sie heißt. Die Schankmaid findet trotz der gefüllten Stube dafür Zeit Interesse dafür zu zeigen, dass Atevora wieder einmal hier zu Gast ist, und sich zu erkundigen wann sie von ihrer Reise zurückgekehrt ist. Die Magierin macht das Spiel dieser belanglosen Kurzgespräche mit, obwohl sie am Liebsten einfach nur bestellen und darauf verweisen würde, dass vermutlich noch andere Gäste auf Bedienung warten. In ihren ersten Jahren in Talyra hätte sie sich so etwas gewiss prompt geleistet, doch sie ist im gesellschaftlichen Umgang schlauer geworden. Nunja, manchmal zumindest.. etwas.
Nach einem kurzen Wortwechsel bestellt sie sich dann einen ordinären Eintopf, den die Schankmaid als: „heute besonders schmackhaft geworden“ betitelt hat, und ein Glas stark verdünnten Wein, auch wenn ein Humpen Verder Dunkel vermutlich besser zum Gericht gepasst hätte.

Zum Mittagsmal sind ihr die Blicke, die ihnen von einigen Wirtshausgästen zugeworfen werden gänzlich gleichgültig. Ebenso das Getuschel bei dem sie sich das Gefühls nicht erwehren kann, dass es zeitweilig ihnen Beiden gilt. Das alles ist nichts neues, und diese Routine genaugenommen ausgesprochen fad. Es ist ohnedies vollkommen unbedeutend im Schatten dieses mystischen Leuchtens, dass der Elbe Augen innewohnt. Noch immer ist Atevora fasziniert von der Assassine Pupillen, die nicht gewöhnlich schwarz sind wie ihre eigenen. Konnte dieses sachte Glimmen, das sie so erfreute und welches den Pupillen das Fehlen von Licht und Farbe stiehlt, Yasraenas Seele sein?
Während sie bei Azra manches mal den Drang, oder das Bedürfnis verspürte diese Augen herauszuschneiden um zu ergründen was wohl dahinter liegen mag, genügt es ihr bei Yasraena diese einfach zu betrachten und ihre Gedanken zu dem Geheimnis auf Reisen schicken zu können.

Als sie mit dem Essen fertig sind, bietet ihr Yasraena an, sie könnte ihr das Reiten beibringen wenn sie möchte. Atevora ist im ersten Moment überrascht. Sie wusste, dass die Magd hervorragend reiten kann und mit nächtlichen Lichtverhältnissen ebenfalls keine Probleme hat. Weshalb hat sie nicht sofort daran gedacht? Die Antwort ist einfach, auch wenn sie Atevora erstaunt. Sie hat es absichtlich verdrängt, denn sie wollte bei ihrem Wiedersehen nicht den Eindruck vermitteln sie hätte die Elbe nur deshalb aufgesucht.
Ohne näher darüber nachzudenken, greift sie nach der Elbe Arm, der auf der Tischplatte ruht und legt ihre Handfläche auf Yasraenas Handrücken. „Das ist ein sehr freundliches Angebot. Ich wäre sehr dankbar wenn du mir das Reiten beibringen würdest.“
Bei der Berührung breitet sich wieder dieses Gefühl in ihr aus. Es ist wie ein Aufkeimen einer Erinnerung die sie längst vergessen hatte, und noch etwas anderes, noch mehr.
Yasraena antwortet ihr, doch so genau achtet die Magierin nicht auf die Worte. Sie könnte sie beschimpfen, ihr derbe Flüche entgegen werfen, es wäre ihr einerlei. Wie von einem Zauber ergriffen, wie in einem unsichtbaren Bann gefangen, betrachtet sie der Elbe volle blassrosa Lippen. Wie sie locken. Mit jedem Wort, dass sie formen etwas mehr.
Am liebsten wäre sie jetzt mit ihr nicht in der Harfe, sondern an den heißen Quellen im Larisgrün, würde alles rings vergessen und diese Lippen mit den ihren berühren.
>“Darfs noch etwas sein?“< Reißt sie die Stimme der Bedienung zurück ins hier und jetzt.
„Hm?“ Kommt es im ersten Augenblick äußerst eloquent über der Magierin Lippen, bevor sie ihren Sprachschatz wiederfindet. „Oh, ja, ich würde gerne Zahlen und“ Die Shin lässt ihren Blick kurz über die Gaststube zur Theke schweifen, doch den Wirt entdeckt sie gerade nicht. “ist Borgil womöglich für ein kurzes Gespräch entbehrlich?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 12. Dez. 2011, 13:10 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511

Als die Elbe mitteilt, dass sie sich heute Abend dem Problem mit Savenas neuem Pferd widmen können, war dies als indirekte Einladung gemeint, ihr dabei behilflich zu sein. Ihr also beizubringen, was es heißt es Pferd zu versorgen und zu pflegen und, sollten sie neben den Grundlagen noch Zeit finden, so würde Yasraena ihr selbstredend auch den ersten Reitunterricht geben.
Savena scheint jedoch nicht verstanden zu haben, was ihr gerade von Yasraena angeboten wurde, überhaupt wirkt sie irgendwie in Gedanken. Als ein abwesendes: >Am Abend, ja.. möglich.< ertönt, wird der Eindruck noch verstärkt. Da Savena kurz darauf, als es ins Innere der Harfe geht, den Worten > Sehr schön, dann lass uns hinein gehen.< nach, wieder in ihrem Element ist, beschleicht der Elbe für einen Moment der Verdacht, dass Savena entweder heute Abend eigentlich anderes vorhatte und nun trotzdem zugesagt hatte oder aber, dass sie eine andere Antwort von der Elbe erwartet hätte. Für einen kurzen Moment schleicht sich eine unschöne Vermutung in Yasraenas Gedanken. Wäre es möglich, dass Savena nur wegen des Pferdes hergekommen ist und sie nur aufgesucht hat, weil sie Hilfe bei diesem Problem gebrauchen könnte? Und doch sprachen der Menschenfrau Gefühle Bände. Die Freude war eindeutig nicht gespielt. Und so wischt Yasraena den unschönen Gedanken fort.

Im Inneren der Harfe setzt sich die Lady wie selbstverständlich neben Yasraena, anstatt, wie es bei flüchtigen Bekannten oder geschäftlichen Gesprächen üblich wäre, ihr gegenüber. Der Elbe kann es nur Recht sein. Auch wenn sie ihren Kopf so ein wenig drehen muss um die Schönheit zu sehen, ist ihr die Nähe mehr als Recht. Dass sie von anderen Gästen beobachtet werden  und auch die Schankmädchen hin und wieder kurze, verstohlene Blicke zu den Beiden werfen, ist Yasraena gleichgültig. Überhaupt nimmt sie es nur ganz am Rande wahr, einfach weil ihre Aufmerksamkeit viel zu sehr bei dem ersehnten Wiedersehen mit der Shin weilt. Sicher mögen die Beiden oberflächlich ob der bleichen Haut und der ebenso weißen Haare wirken, als würden sie zueinander passen. Vielleicht gar verwandt sein. Aber Yasraena ist in der Harfe schon lange keine Unbekannte mehr und längst ist bekannt, dass die Viehmagd aus den Elbenlanden stammt. Auch Savenas Anblick ist in Talyra keine Seltenheit. Es ist bekannt, dass die Lady sich den Armen angenommen hat und ansonsten gehobenen Treffen und Veranstaltungen beiwohnt. So besucht sie beispielsweise gerne das Theater und hegt andere kulturelle Interessen, welche ihren Stand klar und deutlich ehrvorheben. Was also macht sie in Gesellschaft einer Magd? Normalerweise hätte sich die Elbe ob all der Aufmerksamkeit unwohl gefühlt, heute aber ignoriert sie alles um sich herum und blendet einen Teil sogar unbewusst aus.

Nach dem Essen bietet Yasraena an, Savena das Reiten beizubringen. Auch wenn die Lady vorher überhaupt erst den richtigen Umgang mit einem Pferd lernen muss, so ist Yasraena doch guter Dinge, dass Savena sich hierbei gut anstellen wird. An einem Händchen für Tiere scheint es ihr jedenfalls nicht zu fehlen. Immerhin hat sie einen wirklich sehr gut erzogenen Hund. Dankend legt Savena ihre Hand auf die Yasraenas und ein wohlig warmer Schauer fährt der Elbe Rücken hinab. Einen Moment genießt die das Gefühl mit einem warmen Lächeln, welches sie Savena schenkt. Dann dreht sie ihre Hand, so dass ihre Handfläche nach oben zeigt und hält der Menschenfrau Hand fest. Auch sie denkt nicht über diese Geste nach, sondern handelt einfach einem inneren Impuls folgend. Yasraena bekundet, dass es sicher ein Spaß wird, sich gemeinsam dem Reiten zu widmen und es ihr eine Freude wäre, Savena dabei zu unterstützen. Doch der Lady blick wirkt verträumt, ganz so, als würde sie den Worten nicht folgen. Vielmehr scheint sie in den Anblick der Elbe versunken zu sein. Aber kann das sein?
Yasraena sehnt sich danach mit Savena irgendwo hin zu verschwinden, wo sie ungestört wären, doch würde sie nie wagen solche Gedanken zu Worten zu formen. So sitzen sie schweigend dort, jede der Beiden ist in dem Anblick der jeweils anderen versunken, als Bria sie ins hier und jetzt zurückholt. Savena zahlt für Speis und Trank und Bria eilt schon wieder davon um Borgil zu holen. Yasraena wendet sich derweil wieder Savena zu und bedankt sich mit einem warmen Lächeln freundlich, aber nicht zu übertrieben aufgesetzt für die Einladung, ehe ihr ein weiterer Gedanke kommt und sie sich erkundigt: „Möchtet ihr ungestört mit Borgil reden?“ Sie kann sich zwar denken, dass es wohl um eine Stallung für Harm geht, aber sicher ist sie sich nicht, ob die Lady nicht doch noch etwas anderes, vertraulicheres zu besprechen hätte.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Colevar am 13. Dez. 2011, 23:17 Uhr
In der nebligen Nacht auf den ersten Langschnee


>Ich bin sein Knappe ... äh, seine Schildmaid!< Colevar fängt einen Seitenblick des Harfenwirts auf und verdreht die Augen. Mmpf. Was auch sonst? Morian sagt nur die Wahrheit, aber die Art wie sie es tut versetzt ihm dennoch einen leisen Stich. Schon klar. Du bist so hässlich und widerwärtig, dass alles andere völlig undenkbar wäre... Colevar lehnt sich zurück, bis sein Rücken die warme Seitenwand des gemauerten Kamins berührt, deren Steine die gespeicherte Hitze abgeben wie ein Backofen und verfolgt, wie Morian, nachdem sie klargestellt hat, wer sie ist, zuerst mit ihrem wahren Namen herausplatzt und danach noch etwas von sich gibt, das zumindest in seinen Ohren klingt wie "Hrrrchhhkkworrrkluachmyrrrzyyorrrkktuarrrrrq". Er ist mindestens so erstaunt der Zwerg, sie Zardakh reden zu hören. Noch erstaunter vielleicht, weil er die Sprache im Gegensatz zu Borgil auch nicht sofort erkennt und so zunächst einmal keinen blassen Schimmer hat, was sie da hervorkrächzt – oder warum. Akuter Erstickungsanfall? Ah... nein, doch nicht. Ob es Zufall, Fügung oder Schicksal war, sie waren auf ihrem langen Weg nie irgendwo einem Zwerg begegnet und wenn doch, dann nie gemeinsam. Den einzigen, an den Colevar sich erinnern kann, hatten Mallifer der Mittellose, Osred Ohneland und er selbst im Morgengrauen aus einer schlammigen Löwengrube befreit – und das hatte er ihnen, zu Recht, nicht gerade höflich gedankt, schließlich waren sie die Ausheber der besagten Grube und somit Schuld, dass er überhaupt erst hineingefallen war.

Morian hatte zwar in Venray im Zuge ihrer großen Generalbeichte auch erwähnt, dass ihre ermordete Familie vor allem mit den Zwergen Aarkons Handel getrieben hatte, aber Colevar hatte nicht gewusst, dass sie auch Zardakh spricht. Das beherrscht sie offenbar sogar recht gut, denn Borgil ist ganz hin und weg. >Potzblitz, das war gar nicht schlecht!< Colevar streckt die Beine unter dem Tisch aus, seufzt unhörbar und macht sich innerlich schon darauf gefasst, stundenlang einer völlig unverständlichen Unterhaltung lauschen zu müssen - Kchkchkch... Zwerge müssen Gaumenplatten aus Stahl haben... – doch Borgil hat ein Einsehen, nennt sich selbst einen Trottel (was auch immer der Zwerg eigentlich noch alles ist außer ehemaliger Abenteurer, Stadtrat und Wirt der Harfe, ein Trottel ist er mit Sicherheit nicht) und erinnert sich gerade noch rechtzeitig daran, dass sie beide im Augenblick nicht gerade in der besten Verfassung für ein gemütliches Schwätzchen oder lange Erzählungen sind. >Ihr wollt bestimmt etwas Essen und Trinken, aye? Braucht Ihr auch eine Unterkunft für die Nacht? Bria! He, Bria, komm her Schätzchen, wir haben Gäste!<
"Aye, Essen und Trinken wären wirklich unsere Rettung... was immer die Küche noch hergibt. Außerdem brauchen wir zwei einfache Zimmer, zumindest für heute Nacht, vielleicht auch für zwei oder drei Tage. Ich muss erst nach dem Haus sehen." Ist das Dach noch dicht? Sind die Fenster heil? Götter im Himmel, ich weiß noch nicht einmal, ob die Scheunen noch stehen und die Zäune nicht verfault sind...

Das Schankmädchen erscheint und sie bestellen, was ihnen angeboten wird – heiße Brühe, Eintopf, Wildbret und Brot, dazu einen Krug Kupferbier und ein paar Knochen für den Hund. "Ich habe drei Pferde und ein paar Ziegen mitgebracht, die im Harfenstall untergebracht sind... außerdem eine halbe Wagenladung Kohlköpfe, die ich gern spendiere, wenn Ihr sie brauchen könnt. Es ist spät im Jahr und ich war sehr lange fort, also werden wir Heu und Hafer für die Tiere kaufen müssen, wir brauchen Brennholz, Vorräte und... " Möbel, Geschirr, Wäsche, Decken, Teppiche oder wenigstens Binsen. Ein paar Töpfe und Pfannen wären auch nicht das Schlechteste... du hast ja noch nicht einmal einen Reisigbesen! "Ahm... allerhand Notwendiges. Ich werde ein paar Tage brauchen, das alles zu besorgen, deshalb sind wir hier. Können wir so lange bleiben?" Wenn Colevar auf ihrem langen Heimweg nicht vollkommen die Zeit abhandengekommen ist, dann müsste morgen der erste Langschnee sein – sie haben im dichten Nebel war absolut nichts davon bemerkt, doch Talyra hat sich vermutlich längst für die Mittwinterfeiertage herausgeputzt. Der Julmarkt würde beginnen, die Vorjulzeit die ganze Stadt mit Lichtern, Wintergrün und Misteln, Stechpalmenkränzen und dem Duft nach allerlei süßem Naschwerk verzaubern - und jede Menge Fremde, Händler, Schausteller und Gaukler, Huren, Diebe und Reisende nach Talyra verschlagen. Vielleicht ist die Harfe ja längst ausgebucht.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 14. Dez. 2011, 09:07 Uhr
In der Nacht auf den ersten Langschnee im Schankraum der Harfe


"Och, in der Küche ist noch so einiges, das essbar ist und auch schmeckt, denke ich. Kohlköpfe? Will ich wissen, wie Ihr mitten in der Nacht an die gekommen seid?" Grinst Borgil und schüttelt gleich darauf selbst den Kopf, während sein Blick mal zu Morian wandert, dann wieder zu dem Sithechritter zurückkehrt und beide dabei unauffällig mustert und in Augenschein nimmt... ihre wettergegerbten Gesichter ebenso wie ihre Kleidung und ihre ganze Erscheinung. Die beiden sehen aus, als hätten sie tatsächlich eine halbe Rohareise hinter sich... herrje. "Aber ich nehm' sie Euch gern ab, ein paar Sauerkrautfässer mehr im Keller schaden nie. Ich mache Euch dafür einen günstigen Preis für das Unterstellen der Pferde und Ziegen, Ninio wird sich gut um Eure Tiere kümmern." Als der Sithechritter aufzählt, was er alles besorgen muss, wird klar, dass Colevar nach drei oder vier Jahren Abenteurerleben anscheinend tatsächlich wieder nach Hause, zurückgekehrt ist und auch hier bleiben will... und die junge Frau wohl auch. Sonst würde er kaum so ein Aufheben machen, er könnte ja einfach in die Steinfaust ziehen. Das alte Haus hat er doch nie bewohnt. Na, zumindest den Winter über wird er bleiben, so wie sich das anhört. Bria kommt, nimmt die Bestellungen der beiden entgegen und ist auch im Handumdrehen wieder mit einem Krug kühlen Kupferbiers wieder da – schließlich sind nur noch wenige andere Gäste im Schankraum, von denen ein paar bereits neugierig herüberäugen. Borgil wirft Morian einen Blick zu und lächelt breit, so wie er jedes neue sympathische Gesicht anlächelt, das zum ersten Mal in seine Harfe kommt und dem er die kulinarischen Köstlichkeiten, für die das Haus berühmt ist, besonders ans Herz legen möchte. "Lasst Euch das Bier schmecken, es ist dieses Jahr ganz besonders gut geworden. Euer Essen wird auch nicht lange auf sich warten lassen. Versucht den Eintopf, der ist ausgezeichnet, selbst nach Sigruns – das ist meine Köchin – Maßstäben."

>Ich werde ein paar Tage brauchen, das alles zu besorgen, deshalb sind wir hier. Können wir so lange bleiben?<
"Aye, hm. Die Harfe ist zwar gut gebucht, aber ein paar Zimmer hab ich noch frei, natürlich könnt Ihr bleiben so lange Ihr wollt. Ich lasse Euch für später gleich heiße Bäder richten und morgen wird sich eine Wäscherin um Eure Sachen kümmern... einen Augenblick." Borgil verlässt die zwei, um hinter seinen Tresen zurückzukehren, wo an einer langen Tafel mit zahllosen kleinen Kupferhaken die Zimmerschlüssel baumeln, säuberlich nach Zahlen aufgereiht. Er sucht zwei passende heraus und schickt Seysild, eine der Mägde, die ihm gerade mit einem Korb frisch gestärkter Leintücher über den Weg läuft, hinauf um die beiden Räume herzurichten. "Lass Reol zwei Zuber in die Eckzimmer im Ersten Stock hinaufschaffen. Nein, in die sieben und die sechs, die im Osterker sind ab morgen früh gebucht. Wir haben ein paar neue Gäste, die auf jeden Fall heute Nacht, vielleicht auch ein paar Tage bleiben. Sag Sigrun Bescheid, wegen dem Morgenmahl, aye? Und sie soll den großen Kessel anheizen. Sieh nach ob genug Seife und Tücher oben sind und nimm noch zwei Kohlenpfannen und frisches Waschwasser für morgen früh mit." Er nimmt die beiden Schlüssel vom Hakenbrett und kehrt zu Morian de Navarre und Colevar Lorcain zurück, die inzwischen dampfende Schüsseln mit Eintopf und Fleisch, duftendes Brot und zwei Schalen deftiger, wohlschmeckender Rinderbrühe vor sich haben. Dabei fragt er sich unwillkürlich, als er die junge Frau so am Tisch sitzen sieht, gekleidet wie ein Junge, mit dieser Fischerkappe und dem strubbeligen Haar, was das wohl für ein Name ist und woher sie stammen mag.

Morian de Navarre, nach Immerfrost klingt das nun wirklich nicht, aber sie sieht ja auch nicht aus, wie eine Immerfrosterin. Herzländisch ist er auf keinen Fall... obwohl sie mit ihrer hellen Haut und den dunklen Haaren eine sein könnte. Ist doch eigentlich ein hübsches Ding, warum zieht sie sich so an? Und wo zum Kuckuck hat sie Zardakh gelernt? "Hier, Eure Schlüssel. Ihr habt die beiden Zimmer Sechs und Sieben im Ersten Stock am Südwesterker. Könnte morgen Vormittag ein wenig laut werden, wenn die ganzen Julmarktstände draußen aufgebaut werden, aber die ruhigeren Räume sind alle schon belegt. Morgenmahl gibt es ab der sechsten Stunde hier im Schankraum. Und was Euer Haus angeht würde ich mir keine allzu großen Sorgen machen..." er wendet sich an Colevar und zuckt mit den Schultern, während er die Schlüssel auf den Tisch legt. "Nun, als wir die Singdrossel und diesen schreiend bunten Wagen von der Mühleninsel geholt haben, stand es noch und sah ganz gut aus... jedenfalls waren noch alle Schindeln an ihrem Platz und die Fenster heil, soweit ich das gesehen habe."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Colevar am 14. Dez. 2011, 16:45 Uhr
>Aye, hm. Die Harfe ist zwar gut gebucht, aber ein paar Zimmer hab ich noch frei, natürlich könnt Ihr bleiben so lange Ihr wollt. Ich lasse Euch für später gleich heiße Bäder richten und morgen wird sich eine Wäscherin um Eure Sachen kümmern... einen Augenblick.< Als Borgil verschwindet, um ihnen die Schlüssel zu holen, atmet Colevar erleichtert auf und tauscht einen Blick mit Morian. Fürs erste haben sie ein Dach über dem Kopf und die Unmengen von Kohl sind sie auch losgeworden. Das Essen wird ihnen gebracht, heiß, verführerisch duftend und sein Magen knurrt vernehmlich, ebenso wie Reykirs, der sich augenblicklich unter dem Tisch hervorarbeitet und seinen pelzigen Schädel hoffnungsvoll schmachtend auf Colevars Knie legt. "Hier, nimm die Knochen du verfressener Köter. Du hast auf der Reise hierher am besten von uns allen gelebt." Reykir schnappt sich nicht nur einen, sondern unter dem Gelächter der Schankmagd gleich die ganze Schüssel, taucht wieder ab und widmet sich unter dem Tisch laut krachend und kauend seinem Mahl, und auch Colevar merkt, wie sein Magen sich hungrig zusammenzieht.

Seit einem hastigen Frühstück aus altbackenem Brot und ein paar mageren Streifen Dörrfleisch (den letzten, die sie hatten) haben sie beide nichts mehr zwischen die Zähne bekommen – und zumindest er ist völlig ausgehungert. Er bricht das Brot, reicht Morian ein Stück und trinkt dann in kleinen, vorsichtigen Schlucken die Brühe, die so heiß ist, dass sie augenblicklich glühende Wärme in seinem Magen entfacht. "Kneif mich mal, aye?" Raunt er zwischen zwei Schlucken und merkt, wie langsam seine Lebensgeister zurückkehren. "Sind wir auf dem Weg hierher gestorben und in der Andernwelt gelandet? Mmm, die ist gut. Und wir bekommen sogar ein Bad, unglaublich." Nach Wochen in pfadloser, schlammiger, eiskalter und verregneter Wildnis starren sie beide und ihre gesamte Habe nicht nur vor Dreck, sie stinken vermutlich auch wie Sumpfmorcheln. Bei dem Wort "Bad" lässt Reykir unter dem Tisch ein empörtes Grollen vernehmen und Colevar grinst säuerlich. "Oh doch, du auch, Pelznase." Dunghaufen und halbverweste Kadaver üben auf Reykir leider eine nahezu magische Anziehungskraft aus und der Hund hatte sich heute mehrmals in irgendwelchen stinkenden Haufen gewälzt - entsprechend duftet er auch, abgesehen davon, dass sein schöner rauchgrauer Pelz seit Tagen aussieht, als hätte ein eiliger Bäcker ihn erst in nassem Morast und anschließend in verfaulendem Laub paniert. "Du stinkst." Nicht, dass wir beide besser riechen würden...

"Morgen können wir nach dem Haus sehen... aber du gehst vor. Ich mache derweil die Augen zu und wenn es noch steht, kannst du ja Entwarnung geben, aye?" Morian bleibt ihm eine Antwort vorerst schuldig, denn Borgil kehrt mit den Zimmerschlüsseln zu ihnen an den Tisch zurück. Der Harfenwirt legt beide auf den Tisch und klärt sie redselig wie er ist  - Morian ist anscheinend nicht die einzige, die ohne Luft zu holen stundenlang reden kann - über die beiden Räume, das Morgenmahl und den kommenden Julmarkt auf und gibt auch noch zum Besten, dass er sich um sein Haus keine Sorgen zu machen brauche. Was er dann jedoch sagt, lässt Colevar mit einem Löffel Eintopf in der Hand zur Salzsäule erstarren. >Nun, als wir die Singdrossel und diesen schreiend bunten Wagen von der Mühleninsel geholt haben, stand es noch und sah ganz gut aus... jedenfalls waren noch alle Schindeln an ihrem Platz und die Fenster heil, soweit ich das gesehen habe.<
"Die Singdrossel? Meint Ihr Calait?"
Der Zwerg nickt ein wenig argwöhnisch und zuckt mit den Schultern, während Colevar ihn fassungslos anstarrt. "Sie ist hier?" Lía hat Calait, ihre blinde, hilflose Schwester hier in Talyra allein zurückgelassen? Wie...

Immer noch ungläubig lässt Colevar den Löffel wieder in die Schüssel sinken und senkt den Blick. Dass Lía ihn verlassen hatte – aus welchen Gründen auch immer – ist eine Sache. Aber Calait? Die beiden hatten sich ihr Leben lang begleitet, waren immer der Spur der anderen gefolgt, sie hatten sich schon den Mutterschoß geteilt, verdammt nochmal. Wie er es auch dreht und wendet, er begreift es einfach nicht. 'Colevar, Lìa und ich, wir sind nicht einfach Schwestern. Wir sind… eins.' Das waren Calaits Worte gewesen – damals, am Feuer, irgendwo in den Wäldern Savos. Vor so langer Zeit, dass es ihm vorkommt, als wäre es in einem anderen Leben gewesen, aber er hört sie so deutlich, als stünde sie neben ihm. Ihm hatte Lías Verschwinden das Herz in einen Stein verwandelt, der kalt und schwer und stumm in seiner Brust liegt... und er war nur... ja was? Ihr Beinahe-Geliebter. Aber wenn sie ihn damit fast umgebracht hatte, was hatte sie Calait angetan? "Ich muss zu ihr, Borgil. Wo lebt sie hier in Talyra?" Um Himmels Willen sagt mir, dass Ihr sie irgendwo sicher untergebracht habt!

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 14. Dez. 2011, 19:40 Uhr
In der Nacht auf den ersten Langschnee im Schankraum der Harfe



>Die Singdrossel? Meint Ihr Calait?<
Borgil runzelt die Stirn, so dass seine Brauen sich wie misstrauische rote Fühler sträuben und nickt. Huch, ja was hat der denn jetzt auf einmal? Und warum starrt er mich an, als hätte ich mich in den Geist des alten Cobrin verwandelt? Borgil ist kurz davor, dem Sithechritter, der so weiß wie eine frisch gekalkte Wand geworden ist, mitfühlend zu raten, den Kopf zwischen die Knie zu nehmen, weil das gegen den Schock hilft, doch erstens sähe das reichlich blöd aus, zweitens ist der Kerl viel zu groß, um solche Verrenkungen auf der Ofenbank zu vollführen und drittens hat sich Colevar schon wieder gefangen – oder zumindest sieht er nicht mehr ganz so entsetzt aus. >Sie ist hier?< will er immer noch reichlich entgeistert wissen und Borgil schnalzt mit der Zunge. "Tzk, nein in Tombelaine! Natürlich ist sie hier, das habe ich doch gerade gesagt." Borgils schwarze Augen huschen zu Morian, doch blickt genauso ratlos drein, wie er sich gerade selbst fühlt, auch wenn sie Colevar dabei ein wenig besorgt mustert. >Ich muss zu ihr, Borgil. Wo lebt sie hier in Talyra?<

Seine Gedanken spricht er zwar nicht laut aus, aber sie stehen ihm in diesem Augenblick so deutlich in das viel zu gut aussehende Gesicht geschrieben, dass das gar nicht nötig ist. Borgil ahnt auch so, worum es ihm geht und nickt beruhigend. "In Liyas altem Häuschen oben am Waldrand. Also nicht die Lía, sondern eine andere. Ahem. Nuira... ach, vergesst es. Lady Ninianes Baum ist ganz in der Nähe, also ist sie dort oben so sicher wie in Ealaras Schoß." Kaum hat er dem Sithechritter erzählt, wo Calait für gewöhnlich zu finden ist, wenn sie nicht gerade singend, scherzend und schäkernd durch die Gasthäuser zieht, versucht, Tiuri den Kopf zu verdrehen, armen Schafzüchtern auf die Nerven fällt oder sich in Varins Bett vergnügt (und wissen die Götter allein in welchen Betten noch), als Colevar auch schon aufsteht und tatsächlich Anstalten macht, all das gute Essen stehen und sein Badewasser kalt werden zu lassen.

Weia, noch so einer, der meint, was er sagt... "Was denn, jetzt?! Auf der Stelle? Aber es ist mitten in der Nacht..." Der Sithechritter hört ihm überhaupt nicht zu, stattdessen wendet er sich an Schildmaid Morian, bittet sie, den Hund - aha, dann ist das also seiner, nicht ihrer - bei sich zu behalten und erwidert auf ihre alarmierten Fragen und neugierigen Blicke auch nur, er erkläre ihr alles morgen, er müsse jetzt gehen... damit ist er weg, zur Tür hinaus wie er hereinkam und Borgil kann ihm nur noch kopfschüttelnd hinterher blicken. "Cobrin, Troilus und Cassandra, was ist denn in den gefahren?" Borgil ist immer noch ratlos, etwas, das er so gar nicht auf sich sitzen lassen kann. "Hätte das nicht bis morgen warten können?"

Er lässt sich auf einen freien Stuhl plumpsen, der unter seinem beträchtlichen Gewicht kurz ächzt, aber wie alle Möbelstücke der Harfe stark genug ist, zur Not auch einen Oger zu tragen und winkt Bría, ihm doch auch einen Schluck Bier zu bringen. "Wisst Ihr, warum er jetzt davonstürzt ist, als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre, hm? Ich weiß ja von dieser Líageschichte, Calait hat da so einiges erzählt, wisst Ihr, ich bin also mehr oder weniger eingeweiht. Aber sie, also Calait, wollte ja nicht auf seinem Anwesen bleiben, weil sie gesagt hat, es würde ihm das Herz brechen, wenn er sie sähe. Er sieht das aber anscheinend ganz anders – was macht sie denn jetzt, wenn er sie antrifft? Fortlaufen, blind wie sie ist? Ach, byfandarryachyislinn! Ich hätte meine große Klappe halten sollen."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 14. Dez. 2011, 20:08 Uhr
Um die Mittagszeit, Ende Beerenreif 511 FZ


"Master Borgil, Master  Borgil!" Meister Borgil ist gerade dabei mit seinen Söhnen in der Küche, in Sigruns heiligem Reich und an ihrem gewaltigen Tisch – oder zumindest an einer freien Ecke desselben, der Rest des Eichenholz-Ungetüms steht nämlich randvoll mit Einmachgläsern und Marmeladentöpfen – sein Mittagsmahl einzunehmen, als Bría auf der Suche nach ihm hereinkommt. Vier oder fünf (oder sechs oder sieben) Marmeladentöpfe blubbern auf dem gewaltigen Herd vor sich hin und keine der Schankmägde wagt sich zur Zeit hierher, weil sonst leicht die Gefahr besteht von Sigrun oder einem ihrer Mädchen als Handlangerin für niedere Küchendienste rekrutiert zu werden. Es hatte reichlich Beeren gegeben dieses Jahr, der Mond macht seinem Namen alle Ehre und sowohl Azra, als auch Sigrun können keiner Versuchung, die Vorratskeller bis unter die Dachkante vollzustopfen, widerstehen. "Hier! Brenainn, hilf deinem Bruder mit dem Brotschneiden, aye? Bin gleich zurück. Bria, was gibt es?" Er wird von dem Schankmädel nur kurz ins Bild gesetzt, dass Lady Shin mit Yasraena in der Schankstube sitze und die Magierin ihn zu sprechen wünsche. "Hm?  Ist das so? Weißt du, worum es geht?" Bria kann nur den Kopf schütteln und verneinen, also zuckt Borgil mit den Schultern und stapft in den Schankraum hinüber. Es ist ziemlich voll, um nicht zu sagen brechend, nahezu jeder Tisch ist besetzt und so dauert es eine ganze Weile, bis Borgil sich durch die Menge der vielen bekannten (und auch einigen unbekannten) Gesichter hindurchgekämpft hat, denn kaum lässt er sich blicken, scheint jeder irgendetwas von ihm zu wollen. Er findet die Magierin und seine Magd an einem der hinteren Tische, doch als er bei ihnen ankommt, muss er sich glatt dreimal hintereinander räuspern, bevor die beiden Grazien aufhören, einander anzuhimmeln und endlich aufblicken – und das auch noch so ertappt, als hätte er die beiden grad beim Honigfingerklauen erwischt. "Och, lasst euch von mir nicht stören", versichert er grinsend. "Soll ich vielleicht später wieder kommen?"  

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 15. Dez. 2011, 00:54 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511


Ihr? Atevora erinnert sich an ihr Treffen nach der Nacht an den heißen Quellen. Yasraena war verstimmt, geradezu pikiert, als Atevora versehentlich das IHR als Anrede gewählt hatte. Sie könnte nun ebenfalls einhaken und missgestimmt sein. Es böte die perfekte Möglichkeit wieder etwas Abstand zu gewinnen, die schützende Distanz wieder auszubauen. Die Shin jedoch schmunzelt nur innerlich erheitert darüber. Sie richtet sich auf dem Sessel auf: „Ihr?“ Meint sie keck, und reckt Yasraena forsch den Kopf entgegen. „Mir scheint ich war dir tatsächlich zu lange fern.“ Die Magierin umgreift bei den Worten der Elbe Hand fester und zieht sie fast etwas besitzergreifend weiter zu sich: „Ich sollte darauf Acht geben, dass dies in Zukunft nicht mehr vorkommt, hm?“ Wie gern wäre sie aufgestanden, hätte Yasraena kokett umrundet und ihr die Worte ins Ohr gehaucht bevor sie Hals und Nacken küsst.
Atevora drängt die Bilder beiseite. Was war bloß mit ihr loß? Diese mühsame Beherrschtheit entspricht doch sonst nicht ihrer Natur! Womöglich sind es die Nachwirkungen der letzten Nacht, oder das Durchwachen dieser? Die hübschen Lustknaben und die Frauen, die sich sinnlich bewegten, oder lasziv rekelten, die Gäste die sich unverblümt kulinarischen und fleischlichen Lüsten hingaben. Und sie? Sie hatte gleichsam Verlangen wie auch keines danach. Sie fühlte sich leer, unerfüllt, das Werben der Huren erschien ihr so unbedeutend, so gehaltlos. Wie eine launische Wildkatze hat sie die willigen Dirnen und Männer fortgeschickt und Ablenkung in der Konzentration und im Ausüben ihrer Magischen Künste gesucht. Schale, kunstvolle wie anregende Elementspielereien, nicht zum Leidwesen der anwesenden Gäste, zusammen mit Dobesto. Dann zum Ende der Nacht hin fand Sig endlich Zeit für eine längere Unterhaltung, zu der Tane hinzustieß um sie von den neuesten Ereignissen zu unterrichten und sie mit den frischesten Informationen zu versorgen. Im Gegenzug würde Atevora der guten Frau wieder gewisse Mittelchen anrühren, welche die Königin der Nacht vereinigt mit Konfekt speziellen Kunden, mit bester Empfehlung des Etablissements, zukommen lässt um ihnen in den Stundenzimmern besonders intensive und lange Freuden zu bescheren. Vielleicht sollte Atevora dem Lord Commander und seiner Liebsten aus Jux ebenfalls eine solche besondere Nascherei zukommen lassen. Wer weiß, vielleicht purzelt dann bald das Nächste Balg aus dem Schoß seiner Frau um das Familienglück zu mehren.
Am Morgen jedenfalls lockte sie Tane in die Stallungen neben dem Hurenhaus. Der Rest des Tages ist bestens bekannt.
Nun beginnt bald der Nachmittag, und die Durststrecke der langen Reise, sowie die Eindrücke der letzten Nacht bewirken, dass sie nun fast nicht an sich halten kann, ganz so, als wäre Yasraenas Gesellschaft, ihre ganze Person, wie ein Suchtmittel nach dem sie giert.

Ein Räuspern dringt an ihr Ohr, wird kurz erfasst und löst sich wieder auf, als hätte es nie stattgefunden. Ausgesiebt als Teil uninteressanter Hintergrundgeräusche, und nichts weiter.
Wieder ist da dieses Geräusch; rau, fast wie.. Borgil!
Atevora erschrickt fast und zieht die Hand zurück als sie des Wirtes gewahr wird. Es ist beinahe so, als wäre er plötzlich aus dem Nichts neben ihr aufgeploppt. Wie konnte sie ihn so gar nicht bemerken? Er ist nun wirklich nicht als klein, schmächtig und unauffällig zu beschreiben.
Ein breites Grinsen ziert das markante narbige Gesicht. "Och, lasst euch von mir nicht stören, soll ich vielleicht später wieder kommen?" Gibt er offensichtlich erheitert zum Besten. Es bedarf keiner Erwähnung, dass sie nicht nach ihm hätte schicken lassen, wenn sie nicht jetzt, sondern später mit ihm sprechen wollen würde. Wie amüsant... Kommentiert Atevora in Gedanken sarkastisch still für sich und beschließt die Bemerkung einfach zu übergehen. „Guten Tag Herr Borgil!“ Antwortet sie ihm in einem Tonfall der sogar als freundlich beschrieben werden könnte. „Es freut mich, dass Ihr trotz des regen Betriebes kurz etwas Zeit gefunden habt. Ich möchte euch auch nicht zu lange aufhalten und komme ohne große Umwege zum Punkt. Möchtet Ihr euch nicht kurz setzen?“ Atevora verweist auf einen der leeren Stühle am Tisch und wartet auf Borgils Entscheidung bevor sie fortsetzt:
„Also gut, es ist folgendes: Ich habe ein geringfügiges Problem, bei dem ihr mir eventuell weiterhelfen könnt. Und zwar kam ich unerwartet in den Besitz eines, uhm..“ Atevora hadert kurz wie sie das - wie ihr scheint - ebenso hohe wie breite Monster vor der Harfe bestenfalls titulieren sollte, und beendet nach dem Zögern mit „ungemein edlen Rosses.“ den Satz. „Ich bräuchte eine Unterstellmöglichkeit für dieses. Ich war bereits bei den zwei großen Stallungen nahe des Marktplatzes, doch bei jenen hatte ich kein Glück. Ist es denkbar das Tier einstweilen in den Stallungen der Harfe unterzubringen?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 15. Dez. 2011, 09:43 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511 FZ


Dass Lady Shin hastig ihre zierlichen weißen Finger von der nicht minder weißen Hand seiner Magd nimmt, entgeht Borgil ebenso wenig wie der Gesichtsausdruck der Magierin und er hebt süffisant eine Braue, spart sich aber jeden Kommentar. Es ist ihm vollkommen egal, was die beiden miteinander treiben oder ob sie es treiben. Borgils Auffassung nach, muss jeder nach seiner eigenen Fasson glücklich werden, ihn geht das nichts an (und es interessiert ihn auch nicht.) Der überraschend freundliche Ton der Magierin interessiert ihn hingegen schon – oder besser gesagt, er lässt ein leises Alarmglöckchen in Borgils Gedanken bimmeln. Er kann wirklich nicht behaupten, Lady Shin sonderlich gut zu kennen, aber eines weiß er: wenn eine Frau wie sie Zuckerwatte zwischen sich und ihre Stimmbänder schiebt, dann will sie für gewöhnlich irgendetwas. >Es freut mich, dass Ihr trotz des regen Betriebes kurz etwas Zeit gefunden habt. Ich möchte euch auch nicht zu lange aufhalten und komme ohne große Umwege zum Punkt. Möchtet Ihr euch nicht kurz setzen?< Borgil seufzt unhörbar, pflanzt seinen Hintern auf den angebotenen Stuhl und nickt, während es in seinen schwarzen Augen listig aufblitzt. "Aye, kleines Fräulein, wo drückt denn der Schuh? Ihr wollt doch irgendetwas von mir, wenn Ihr so säuselt?"
>Also gut, es ist folgendes: Ich habe ein geringfügiges Problem, bei dem ihr mir eventuell weiterhelfen könnt. Und zwar kam ich unerwartet in den Besitz eines, uhm... <

Die Magierin scheint tatsächlich um Worte verlegen und Borgil tauscht einen fragenden Blick mit Yasraena, die jedoch nur verträumt vor sich hin lächelt. Ah, das kann ja heiter werden...  
>Ungemein edlen Rosses.< Lady Shins Stimme trieft vor Ironie und Borgil gluckst leise, was klingt, als kratze jemand einmal kurz mit ein paar Eisennägeln über eine Stahlreibe. "Ungemein edles Ross, hm? Seit wann seid Ihr denn unter die Ritter vom Schweinsleder gegangen? Könnt Ihr überhaupt reiten?" Er hatte die Magierin nie mit irgendetwas anderem als auf den eigenen Füßen oder in einer Sänfte unterwegs gesehen. Dann wird ihm ihr eigentliches Anliegen eröffnet, nämlich eine Unterbringungsmöglichkeit für das Pferd. "Hm", brummt Borgil und mustert das blasse Porzellanpuppengesicht aufmerksam. Sie wird schon wissen, warum sie bei den Mietsställen kein Glück hatte. Aber so wie man sich bettet, so liegt man, nicht wahr? "Die Harfenstallungen sind keine Dauerlösung, schließlich habe ich eigene Tiere und brauche den übrigen Platz für die Pferde der Gäste. Aber einstweilen sollte es gehen. Yasra, haben wir Platz für dieses äh... 'ungemein edle Ross' der Lady? Noch einen bissigen Hengst, der alle seine Nachbarn frühstücken will können wir nicht unterbringen, aber wenn das Pferd verträglicher ist als Tiuris Dämonengaul, dann sollte es gehen. Ihr müsst natürlich für das Futter und die Stallmiete aufkommen. Wenn Ihr besondere Wünsche habt, was seine Versorgung angeht, dann kostet das extra. Ich kümmere mich darum, dass Ninio Bescheid weiß und eine der Boxen herrichtet."

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 15. Dez. 2011, 13:18 Uhr
>Ihr?< fragt der Magierin Stimme neckend. Ihr? Hatte sie das gerade wirklich gesagt. Der Anflug von Scham zeigt sich in einem zarten Rosa auf der Elbe bleichen Wangen. War sie nicht selbst dereinst ob dieser Anrede Savenas pikiert? Und nun, war es ihr selbst rausgerutscht. Schon will ihr eine Entschuldigung über die Lippen huschen, aber die Shin kommt ihr zuvor: >Mir scheint ich war dir tatsächlich zu lange fern.<. Anstatt Yasraena böse zu sein oder gar beleidigt zu reagieren, nutzt Savena die Chance, Yasraena näher zu sich zu ziehen und der Elbe Scham ist im Nu verflogen. Viel z schön ist das Gefühl, dass sich in ihrem Innern regt, ob dieser Geste, welche man wahrlich als besitzergreifend bezeichnen könnte. „Das warst du wirklich.“ haucht die Elbe ihrem Gegenüber zu, unwissend ob die gegenwärtige Geräuschkulisse ihre Worte womöglich verschluckt. >Ich sollte darauf Acht geben, dass dies in Zukunft nicht mehr vorkommt, hm?< Der Magierin Worte sind verlockend und nichts könnte Yasraena lieber sein, als mehr, viel mehr Zeit in ihrer Gesellschaft zu verbringen. „Du hast mir so gefehlt.“ lässt sie Savena wissen, denn wie es scheint, ergeht es nicht nur ihr selbst so. Genaugenommen ist es mehr als offensichtlich, wie sehr die Magierin der Viehmagd Nähe genießt und schätzt. Alleine die Blicke ihrer hinreißend blauen Augen sprechen Bände.

Da Savena keine Anstalten macht die Elbe fortzuschicken oder auf die Frage, ob sie sich ungestört würde mit dem Zwerg unterhalten wollen, bleibt Yasraena wo sie ist, als Borgils Räuspern an ihr Ohr dringt. Kurz zuckt Yasraena zusammen, so sehr war sie in den Anblick der wunderschönen Savena versunken. Hatte sie die Frau wirklich die ganze Zeit über nagehimmelt? Auch Savena reagiert erschrocken auf Borgils auftauchen und zieht ihre Hand unvermittelt zurück. Aber die traute Zweisamkeit bleibt von Borgil nicht unbemerkt und so nimmt er das Beisammensein der Beiden auch nicht kommentarlos zur Kenntnis nimmt: > Och, lasst euch von mir nicht stören, soll ich vielleicht später wieder kommen?< Die Erheiterung des Wirtes ob Yasraenas und Savenas Flirterei beschämt die Elbe minimal und wieder breitet sich ein minimaler Hauch von Rosé auf ihren Wangen aus. Für einen Moment fragt sie sich, was er nun von ihr denken wird. Wie ein lästiges Insekt wischt sie den Gedanken fort. Zum ersten Mal seit die Lady abgereist ist, fühlt sie sich… glücklich. Zudem wirkt Borgil tatsächlich eher erheitert als verärgert oder mit der Situation nicht einverstanden. Und selbst wenn? Wäre es nicht ihre Sache, welche Gesellschaft sie genießt? Arbeitgeber hin oder her.  Doch Borgil scheint sich dafür tatsächlich nicht zu interessieren. Vielmehr wird er gleich von Savena über ihr Problemchen belehrt.

Borgil scheint nicht minder erstaunt über Savenas Pferd, wie die Elbe selbst, welche sich auf Borgild Frage hin, ob Savena denn reiten könnte, kurz in das Gespräch einklinkt: „Ich werde es ihr beibringen…. Selbstredend außerhalb meiner Arbeitszeit!“ Borgil lässt sie wissen, dass es keine Dauerlösung sein kann. Doch erklärt er sich bereit das Tier vorübergehend in den Harfe-Stallungen unterzubringen.
> Yasra, haben wir Platz für dieses äh... 'ungemein edle Ross' der Lady? Noch einen bissigen Hengst, der alle seine Nachbarn frühstücken will, können wir nicht unterbringen, aber wenn das Pferd verträglicher ist als Tiuris Dämonengaul, dann sollte es gehen.< Yasraena nickt. Verträglicher als der Hengst von Borgils Ziehsohn, ist nahezu jedes Pferd. Selbst ihr eigener Hengst. „Das sollte kein Kunststück sein. Zwar kenne ich Harm noch nicht lange, aber er scheint ein ruhiges Wesen zu haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Ärger machen wird.“ Mehr Ärger als Tiuris Hengst würde vermutlich ohnehin kaum ein anderes Pferd machen. Zumindest sind der Elbe aus der Zucht in den Elbenlanden nur sehr wenig solch unverträglicher Tiere bekannt. Yasraena ist sich sicher, dass wenn sich ihr eigener Hengst so aufführen würde, wie der Tiuris, hätte er längst eine neue Bleibe finden müssen. Borgil hätte ihn wohl kaum länger hier geduldet, aber wer will es ihm verübeln?  Jeder würde das Eigentum seiner Familie hier bevorzugt behandeln. Zumindest unter den gewöhnlichen Völkern ist es so. Shebaruc können da ganz anders sein. Zumindest ist es das was sie von ihrem Vater gelernt hat, aber er hat sie ohnehin nur abwertend als Halbblut bezeichnet. Als Tochter seiner Sklavin konnte sie wohl kaum erwarten als vollwertiges Familienmitglied anerkannt zu werden. Das war jedenfalls das, was er sie hat ständig wissen lassen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 15. Dez. 2011, 17:41 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511


Natürlich hat Borgil die absolut unauffällig mitschwingende Ironie in Atevoras Wortwahl zur Bezeichnung ihres Huftieres sofort erkannt. Sogleich ertönt ein seltsam scharrendes Geräusch, ganz so, als würde Granit über Schiefer scharren. Atevora könnte sich ob dieser seltsamen Laute nun wundern, doch sie deutet es in Verbindung mit des Wirtes Antwort als das zwergische Äquivalent eines Erheiterung ausdrückenden Glucksen. Sie hat selten mit Vertretern dieser Rasse zu tun, und mit Borgil pflegt sie nun auch alles andere als regen Kontakt. Interessieren würde sie dieser Charakter schon, alleine aufgrund seines Einflusses. Aber sie vermutet, es ist besser es weiterhin so zu halten wie es ist. Doch mit diesen taktischen Grübeleien beschäftigt sie sich derzeit nicht. In ihren Gedankengängen schwebt eher ein großes Fragezeichen zu Borgils gebrauchter Formulierung. Die vom Schweinsleder? Sie versteht nicht. Wieso Schweinsleder? Wäre es nicht eher Pferdeleder? Oder sind Sättel aus Schweinsleder gefertigt? Sie möchte sich zu der Formulierung irritiert erkundigen, als die nachgereichte Frage das Ansinnen hinfortbläst. >“Könnt Ihr überhaupt reiten?"<
NEIN Verdammt! Atevoras Lächeln wird freundlicher.
Warum fragt sie das heute alle Welt? Muss man zwingend reiten können um ein Pferd zu besitzen? Gut vorteilhaft wäre es schon; oder mehr als sinnvoll. Ja, fein, sie haben Recht, es ist absolut irrig eines zu unterhalten, wenn keine Verwendung dafür vorhanden ist. Sie hätte das Tier gleich zum nächsten Schlachthof führen sollen, und hätte sie gewusst, welches Martyrium auf sie, oder eher auf ihren Hintern die nächsten Wochen zukommt, hätte sie es auch getan. In jenem Fall überwiegt allerdings eher der Gedanke an die Wirkung im Umfeld. Was gäbe das wieder für ein Geschnatter bei den ansässigen talyrischen Tratschweibern – ihrer Meinung nach sollten diese in der Erhebung zur Zusammensetzung der Einwohner Talyras, ebenso wie die Rassen: Elben, Zwerge, Menschen und co. gesondert erhoben  und angeführt werden – wenn sie etwas mit guten Willen aufgrund Dankbarkeit vererbt bekommt, und sich dann auf diese Weise davon entledigt? Es war ohnedies bemerkenswert, was diese Personen immer schon lange von ihr wussten, was sie meist selbst noch gar nicht von ihr weiß.

Yasraena Antwortet auf die Frage an Atevoras statt, womit dieses Thema vorerst abgehakt ist.
Borgils Antwort auf ihre anschließenden Fragen fallen wie folgt aus:
>"Die Harfenstallungen sind keine Dauerlösung, schließlich habe ich eigene Tiere und brauche den übrigen Platz für die Pferde der Gäste. Aber einstweilen sollte es gehen.“<
Die Magierin hatte bereits angenommen, dass es keine Dauerlösung sein kann, aber zumindest erklärt er, dass er prinzipiell vorerst damit einverstanden ist dem Klepper Obdach zu gewähren.
>“Yasra, haben wir Platz für dieses äh... 'ungemein edle Ross' der Lady? Noch einen bissigen Hengst, der alle seine Nachbarn frühstücken will können wir nicht unterbringen, aber wenn das Pferd verträglicher ist als Tiuris Dämonengaul, dann sollte es gehen.<
Die Magierin ist froh, dass Borgil die indirekte Frage zu des kleinen grauen Pferdchens Wesen nicht ihr, sondern der wundervollen Frau neben ihr gestellt hat. Sie hätte ihm darauf beim besten Willen keine zufriedenstellende Antwort geben können. Bei Yasraenas Ausführung, findet es Atevora noch immer irrwitzig, dass der Begriff Harm in Verbindung mit „umgänglich wirkend“ fällt. Aber Borgil gibt sich mit der Elbe Einschätzung des Pferdecharakters trotz des Namens des Tieres scheinbar vorerst zufrieden.
>“Ihr müsst natürlich für das Futter und die Stallmiete aufkommen.“< Meint er schließlich weiter an Atevora gewandt. Sehr Schade, und sie dachte er würde ihr ach so armen hilflosen Maid in Nöten sofort edelmütig zur Seite stehen und dabei keinen Heller verlangen! Atevora tritt ihre sarkastischen Gedanken unter den Tisch, natürlich hat sie damit gerechnet für das Einstellen auch etwas löhnen zu müssen, und ihr Lächeln wird noch um eine Spur wärmer. „Natürlich.“ Flötet sie bestätigend.
>“Wenn Ihr besondere Wünsche habt, was seine Versorgung angeht, dann kostet das extra.“<
„Besondere Wünsche?“ Rutschen ihr, ihre Gedanken heraus. Sie kann sich nicht vorstellen was außer Salzleckstein, Wasser, Futter rein, Mist rausschaufeln noch besonders zu wünschen gäbe. Etwa zweimal im Viereck mit dem Gaul gassi gehen? Sie hat keine Ahnung was es rund ums Pferd noch alles zu bedenken gibt, aber Yasraena wird ihr das in Zukunft gewiss besonnen einhämmern.
„Ich denke... nicht.“ Es ist der Elbe anzusehen, dass sie sich zu Atevoras Reaktion bereits ihre gedanklichen Notizen macht. „Wieviel wird mich Harms vorläufiges Heim denn in etwa kosten? Eins vielleicht noch. Wüsstet ihr hier in der Nähe eine Möglichkeit wo ich mehr Erfolg haben könnte das Tier dauerhaft einzustellen? Gut, womöglich finde ich noch heraus worauf die Ablehnung der zwei Stallbesitzer am Marktplatz gründet, aufdass ich das bereinigen lässt, aber all meine Hoffnung würde ich nicht darauf setzen. Eventuell benötige ich auch nur einfach wieder einen angesehenen Fürsprecher, der diesen Personen versichert, dass ich sie nicht des Nachts heimsuche und ihnen böse Träume sende, ich den Tieren im Stall nicht das Blut aussauge, keine dunklen Rituale in ihren Stallungen vollführe in denen ich die Herzen von Jungfrauen dem Dunklen opfere, und ihnen auch keine Wechselbälger in den Kinderkrippen unterschieben werde...“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 15. Dez. 2011, 21:12 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511 FZ



Yasraena hat keine Bedenken, das Pferd der Magierin, bei dessen Namen – Harm - Borgils ohnehin schon erhobene Braue gleich noch ein Stück auf der narbigen Stirn nach oben wandert, in den Harfenstallungen unterbringen zu können und so nickt der Zwerg nur zu den Ausführungen seiner Viehmagd... Stallmeisterin träfe es wohl inzwischen eher. Shunjanar kommt mit den beiden Ponys, Borgils stämmigem Bildur und Azras zierlicher Merenstute, wunderbar aus, und Tiuris Hengst... nun ja, der kommt mit niemandem außer Tiuri aus... und mit dem alten, schwarzen Harfenkater, aber da haben sich wohl zwei verwandte Seelen gefunden, eine bösartiger als die andere.
>Natürlich< wird ihm von der Magierin beschieden, als er auf die Kosten zu sprechen kommt und allein mit diesem Wort schichtet sie noch ordentlich Honig über die Zuckerwatte – das amüsiert Borgil so sehr, dass er beinahe in Lachen ausgebrochen wäre.  Was hat sie denn gedacht, dass ich die Wohlfahrt bin? Pferde fressen einem die Haare vom Kopf und machen jede Menge Mist, den irgendjemand wegräumen muss... in dem Fall Yasraena und mein Stallbursche, glaubt das Herzchen vielleicht, die Leben allein von Luft und Liebe?

>Besondere Wünsche?< Das klingt dann schon ein wenig irritierter, ihr zögerliches >Ich denke nicht< noch mehr, und Borgil ahnt so langsam, dass Lady Shin wohl nicht den leisesten Schimmer hat, was mit einem "edlen Ross" so alles auf sie zukommt – auch an Ausgaben. Er tauscht einen Blick mit Yasraena, die das alles sehr genau weiß und zuckt mit den Schultern. "Naja, besondere Wünsche eben. Etwa Hufschmied, Haferrationen, Saftfutter... die Pflege von Sattel und Zaumzeug und so weiter und so fort. Ihr könnt ein Pferd auch nur mit Heu und Stroh ernähren, aber wenn es viel leisten muss, wird das nicht reichen. Und die meisten werden absolut unleidlich und über kurz oder lang auch krank davon, wenn sie tagaus tagein nur in ihren Ställen stehen. Sie brauchen Bewegung... oder zumindest täglichen Auslauf und zwar für viele Stunden."
Was immer hinter dieser alabasterweißen Stirn während seiner Worte vorgeht,  Lady Shin lässt sich davon nicht viel anmerken. >Wieviel wird mich Harms vorläufiges Heim denn in etwa kosten?<

Borgil spreizt die Finger auf dem altersdunklen Holz des Tisches, glattpoliert und glänzend vom jahrelangen Gebrauch. "Das kommt ganz darauf an, wie gut Ihr Euch selbst um das Tier kümmert und wie viel Yasraena und Ninio übernehmen müssen. Tägliches Misten, Füttern, Tränken und Heu sind im Normalpreis inbegriffen. Wollt Ihr Euer Pferd auch auf die Ausläufe unten in den Dünen gebracht wissen, kostet Euch das extra. Wollt Ihr, dass meine Mägde und Knechte sich um Hufschmied und Pflege kümmern ebenfalls. Soll es Hafer zusätzlich bekommen auch. Normalerweise bin ich kein Mietstall, wie gesagt... die Stallungen sind hauptsächlich für die Reittiere der Harfengäste und meine eigenen Pferde... oder die meines Gesindes."
>Eins vielleicht noch. Wüsstet ihr hier in der Nähe eine Möglichkeit wo ich mehr Erfolg haben könnte das Tier dauerhaft einzustellen?<
"Außer in einem Mietstall? Hm." Borgil kratzt sich nachdenklich an der Schläfe und schüttelt sacht den Kopf. "Fällt mir auf die Schnelle auch nichts ein. Seid Ihr nicht mit der kleinen Gardemagierin gut bekannt? Sie hat Stallungen auf ihrem Anwesen und ein – soweit ich weiß - einsames Pony, vielleicht würde sie Euer Pferd gegen ein geringes Entgelt dazustellen."

>Gut, womöglich finde ich noch heraus worauf die Ablehnung der zwei Stallbesitzer am Marktplatz gründet, auf dass ich das bereinigen lässt, aber all meine Hoffnung würde ich nicht darauf setzen.<
"Hmpf," macht Borgil und bedient sich eines universellen Schnaubens, das von brummiger Zustimmung bis zu ewiger Verdammnis so ziemlich alles heißen und bedeuten kann. In diesem Fall meint es: Ihr wisst genau, warum sie Euch nicht haben wollten. Weil sie Euch nicht über den Weg trauen und Euch nicht leiden können.
>Eventuell benötige ich auch nur einfach wieder einen angesehenen Fürsprecher, der diesen Personen versichert, dass ich sie nicht des Nachts heimsuche und ihnen böse Träume sende, ich den Tieren im Stall nicht das Blut aussauge, keine dunklen Rituale in ihren Stallungen vollführe in denen ich die Herzen von Jungfrauen dem Dunklen opfere, und ihnen auch keine Wechselbälger in den Kinderkrippen unterschieben werde...<
Borgils schwarze Augen werden bei jedem Wort der Magierin ein wenig runder und größer, dann zieht er in gespieltem Unglauben die Brauen hoch und schnalzt mit der Zunge. "Nicht?!" Echot er trocken und grinst sarkastisch. "Also jetzt schämt Euch aber, Lady Shin. Ihr habt schließlich ein Ruf, dem Ihr gerecht werden müsst!"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 16. Dez. 2011, 12:37 Uhr
Mittagszeit Ende Beerenreif


Als die Sprache auf besondere Wünsche bezüglich des Pferdes fällt, ist es mehr als offensichtlich, dass Savena nicht den Hauch einer Ahnung hat, was man besonderes für sein Pferd wünschen könnte. Yasraena wird ihr wohl erst einmal an die Grundlagen der Pferdehaltung näher bringen müssen, ehe überhaupt daran zu denken ist, ihr Reitunterricht zu geben, denn offensichtlich hat Savena sich bisher nicht damit auseinander gesetzt, was es nun heißt ein solches Tier ihr eigen zu nennen. Borgil und Yasraena wechseln kurz wissende Blicke. Sowohl Borgil als auch Yasraena wissen ganz genau, das es viel Arbeit sein wird, der Magierin die Pferdehaltung näher zu bringen. Borgil nimmt es mit einem Schulterzucken zur Kenntnis. Ihm kann es auch egal sein, solange die Kosten bezahlt werden. Die eigentliche Arbeit würde an Yasraena hängen, aber das stört die Magd kein Stück. Immerhin wäre es ein guter Grund mehr Zeit mit Savena zu verbringen. Sie musste sich nur genau mit Dieser Absprechen, dass der Unterricht auch wirklich ausschließlich in ihrer Freizeit stattfindet, damit kein böses Blut zwischen den anderen Angestellten und ihr entsteht. Freizeitlich könnte sie sich dann auch Harm näher ansehen. Vermutlich sollte sie ihn selbst einmal reiten, einen Eigenversuch starten, ehe sie die Magierin auf seinen Rücken lässt. Aber auch das könnte sie abends in ihrer freien Zeit problemlos umsetzen. Wichtig ist nun erst einmal zu klären, welche Zusatzausgaben nötig sind. An Savena gewandt erklärt Yasraena daher: „Ein Pferd braucht viel Bewegung und Beschäftigung. In die Dünen sollte es auf alle Fälle, um genügend Auslauf und vor Allem Pferdekontakt zu bekommen. Andernfalls wird er schnell frustriert, was sich durchaus in diversen Verhaltensauffälligkeiten bis hin zur Unreitbarkeit bemerkbar machen kann.“ Yasraena weiß noch ganz genau wie Shunj’anar drauf war, als seine eigentliche Besitzerin starb. nicht nur ihr Fehlen hat ihm zu schaffen gemacht, sondern vor Allem auch die fehlende Bewegung. Ein Cul-Hengst der nur im Stall oder auf der Weide steht ist einfach unausgeglichen und auch Harm würde ganz gewiss nicht glücklich sein, wenn er nur das Innere seiner Box sieht. Zumal es dauern wird, ehe Savena so gut reiten kann, dass sie Harm damit weitestgehend auslasten kann. Er mag ein ruhiges Tier sein, aber auch ein solches Pferd braucht schlichtweg Bewegung und Pferdekontakt um sich wohl zu fühlen. Und einen solchen Koloss mag sich Yasraena wahrlich nicht frustriert vorstellen. „Die Pflege solltest würde ich an deiner Stelle selbst übernehmen, das ist nicht nur Arbeit, sondern baut auch Bindung auf. Solltest du es zeitlich nicht schaffen, könnte ich das Nötige in meiner Freizeit erledigen.“ Yasraena wäre es natürlich lieb, wenn es nicht ständig so kommen würde, immerhin hat sie ein eigenes Pferd zu versorgen, aber sollte es sich in einem Maß häufen, dass der Elbe zu viel wird, würde sie ihren Mund schon aufmachen und es ansprechen. „Auch um den Hufschmied könnten wir uns selbst kümmern. Kea vom Waldhof ist eine sehr gute Schmiedin, welche diesbezüglich auch Shunj‘anar versorgt. Hafer würde ich schon zu füttern.“ Der sanfte Blick der Elbe verdeutlicht, dass all das natürlich nur Empfehlungen sind, denn letzten Endes muss sich Savena selbst überlegen, wie viel Geld ihr das neue Tier wert ist und was sie ausgeben mag.

Als die Thematik der dauerhaften Unterbringung erötert wird, ist es auch für Yasraena durchaus interessant. Denn es geht daraus eindeutig hervor, dass der Shin Probleme an ihrem Ruf liegen. Etwas was an sich zwar selbsterklärend war, zumindest für jemanden, der den Ruf der Adligen wohl kennt, jedoch auch gute Möglichkeiten bietet. Vorerst wäre Harm hier in der Harfe tatsächlich bestens untergebracht. Immerhin könnte Yasraena das Tier so besser kennen lernen und ihrer Freundin bestmöglich beim Umgang mit Diesem helfen. Allerdings kann die Elbe sich auch gut vorstellen, selbst etwas unternehmen zu können, um einen dauerhaften Platz für das Tier zu finden. Gerade unter Pferde- und Stallbesitzern ist Yasraena Dank Shunj’anars Sieg keine Unbekannte mehr. Damit ließe sich bestimmt etwas anfangen. Sollte eine Führsprache ihrerseits nicht reichen, könnte sie Shun immer noch als Deckhengst anbieten. Wie auch immer, sie würde schon eine Dauerlösung finden. Aber vorerst, ist dies noch gar nicht nötig.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 16. Dez. 2011, 14:31 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511


„Ach Stimmt. Ich sollte sofort eine Blutorgie am Totenacker inszenieren.“ Entgegnet Atevora dem Wirt im selben Tonus.
„Wobei, nein, besser nicht. Ich würde unweigerlich den Totengräbern begegnen, und das Gezeter dieses Klagewehs erträgt kein reger Geist auch nur für kurze Zeit ohne davon dauerhaft Schaden zu nehmen.“ Korrigiert sie sich und meint zumindest das was sie über diesen Klageweh spricht vollkommen ernst. Vermutlich war er zum Dämonenangriff dort noch nicht am Hain beschäftigt, ansonst würde es sie äußerst verwundern, dass der Dämon damals vor dem Männlein nicht freiwillig die Flucht, zurück in die Niederungen aus denen er gekommen ist, ergriffen hat. Sie ist auch der Überzeugung, dass, wären jene die der Mann begräbt nicht bereits tot, sie würden sich nach kurzer Zeit in den Freitod stürzen. Sie sollte das Thema allerdings nicht weiter ausführen und zum wesentlichen zurückkehren.
Borgils Rat es vielleicht bei Aurian zu versuchen ist nicht schlecht, doch das Anwesen ist so weit entfernt, da hätte sie den Gaul auch in den Mietställen neben dem Pfirsich sehen lassen können. In diese Gegend kommt sie aus beruflichen Gründen öfter als zum deWinter Anwesen. Sie könnte es natürlich mit Lyalls Unterricht verbinden. Sie sucht dann zukünftig Lyall auf und nicht umgekehrt. Doch das wäre auch nur einmal wöchentlich. Das würde vermutlich nicht ausreichen um Harm genügend Bewegung zu bieten, oder nicht? Außerdem möchte sie das Pferd tatsächlich nutzen, schon alleine deshalb weil sie nun eines hat, und es nicht auf Koppeln und in Ställen unausgelastet dahinvegetieren lassen. Sie könnte Aurian das Pferd vielleicht als Geschenk andrehen, so wie damals die Gans? Nein, Unsinn, sie kann nicht sofort weiter verschenken was ihr kürzlich erst geschenkt wurde. Da hätte sie auch die Schlachtbanklösung wählen können.
Auf jeden Fall scheinen einiges an Kosten auf sie zuzukommen, aber sie sollte es sich leisten können. Geldprobleme hat sie schließlich nicht. Die Geschäfte laufen gut, Aufträge gibt es reichlich, Deckmäntelchen-Tätigkeiten ebenfalls, und ihre Investitionen haben ebenfalls gute Gewinne abgeworfen. Sie hat viel eher Probleme mit dem oft zu knapp bemessenem Faktor Zeit.
Es ist für Atevora zwar kein angenehmes Gefühl aufgrund ihrer Unwissenheit wie in Schulausbildung gleich von 2 Seiten belehrt zu werden, es kratzt sogar ziemlich an ihrem Stolz, aber da hilft nichts anderes als in den sauren Apfel zu beißen. Sie ist sogar froh darum, dass Yasraena am Tisch sitzt, die ihr umreißt was alles zu bedenken ist. Bei ihr braucht sie auch keine Bedenken haben, dass sie ihr Fehlinformationen auftischt.

Dass Borgil ihre Hoffnung nicht erfüllt, er könnte vielleicht private Personen, oder andere Mietställe etwas abseits, aber doch noch in der Nähe kennen, wo sie Harm einstellen kann, ist schade. Aber nun, da sie das Tier zwischenzeitlich wo unterbringen kann, hat sie zumindest die Zeit eine entsprechende Lösung zu suchen, und dabei einen Grund öfter hier vorbeizukommen um Zeit mit Yasraena zu verbringen. Das Ergebnis ist vorerst also durchaus zufriedenstellend. „Ich danke Euch, Herr Blutaxt, dass ihr mir zur Ausnahme einen Platz für Harm in euren Stellungen zur Verfügung stellt, und ich ihn sicher untergebracht weiß, unterdessen ich mich um eine dauerhafte Lösung kümmere. Was die Leistung betrifft, vertraue ich auf Yasraenas Rat. Ich möchte ungern, dass ein Lebewesen aufgrund meiner mangelnden Erfahrung leidet. Also der Dünenausflug, und etwas Hafer. Ob ein Hufschmied nötig ist, ist mir auch nicht möglich zu beurteilen, das müsste sich jemand kundiges näher ansehen.“ Da soll jemand behaupten Atevora wäre gänzlich herzlos.
„Ich danke dir auch für dein liebreizendes Angebot Ena, aber ich möchte nicht, dass dir mein Tier zur Last fällt. Ich muss erst meinen Tagesablauf entsprechend einteilen und Planen, dann sehe ich wie viel Zeit mir für die Pflege zur Verfügung steht. Aber vielleicht bist du so freundlich mir zu Helfen mich mit Harm und seinen Bedürfnissen vertraut zu machen? Beginnend heute Abend? Hm? „
Sie lächelt die Frau mild an, bevor sie sich wieder an Borgil wendet und sich über die Kosten ins Bild setzen lässt. Sie besiegeln schließlich mit einem Handschlag die Übereinkunft. Borgils Hand umschließt Atevoras zarte Eiskalte Finger wie eine grausame Pranke. Sein Handschlag ist fest, sehr fest - kein Wunder, heißt es doch Zwerge wären aus Stein geformt - aber auch Atevoras ist für jemanden mit ihrer Statur kräftiger als man annehmen würde.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Morian am 17. Dez. 2011, 11:27 Uhr
In der Nacht auf den ersten Langschnee im Schankraum der Harfe


Colevar ist so schnell davon, dass sie praktisch nur noch seine Hemdschöße und einen Schopf Blondhaar hinter ihm herwehen sehen, als er durch die Tür in die Nacht hinausstürmt, während ihm drei reichlich verdutzte Blicke folgen: der des rotbärtigen Zwergen, der mindestens ebenso irritiert dreinschaut wie Morian, ihr eigener, und der Reykirs, der beim überstürzten Abgang seines Herrchens den gewaltigen Pelzschädel hebt und aus seinem Kauknochenparadies unter dem Tisch auftaucht wie ein Wal aus den Fluten des Silbermeers. Kopfschüttelnd lässt Morian ihren Suppenlöffel sinken und tauscht einen augenbrauenlüpfenden Blick mit Borgil. Dieser Ritter ist so launisch wie eine azurianische Prinzessin. Wo rennt er denn jetzt wieder hin? Sie ist sich nicht sicher, ob sie über Colevars hastigen Aufbruch amüsiert oder besorgt sein soll, ob sie ihm hinterherlaufen und vor wilden Drachen oder willigen Jungfrauen (eher letzteres) oder was auch immer retten oder einfach weiter diesen unwiderstehlich köstlichen Wildeintopf in sich hineinschaufeln soll, den eine Magd ihr hingestellt hat und der so verlockend duftet, dass ihr allein schon vom Geruch förmlich der Sabber aus den Mundwinkeln trieft. Schließlich siegen Hunger und wild knurrender Magen und zwingen sie dazu, den Suppenlöffel wieder aufzunehmen und sich eingehend dem Teller vor ihr zu widmen. Er wird schon wissen, was er tut, und vermutlich kann ich ihm sowieso nicht dabei helfen. Es scheint auf jeden Fall etwas Wichtiges zu sein und es hat ganz offenbar mit einer Frau zu tun, also würde ich ja doch nur stören. Außerdem ist er in dieser Stadt zu Hause, ihm wird also wohl hoffentlich nichts passieren.

Vor wenig mehr als einer Stunde, als sie nach dem Gespräch mit Varin gerade das Verder Tor verlassen hatten, hatte sie noch gedacht, dass nun endlich ein wenig Licht in Colevars mehr als verworrene Geschichte gekommen wäre und sie allmählich die Zusammenhänge durchschauen würde - immerhin weiß sie nun schon einmal den Namen seiner Verflossenen, Lia, so erinnert sie sich. Irrigerweise hatte sie aber angenommen, dass besagte Lia die Hauptperson in seiner Geschichte wäre, jene Frau also, die ihn verschmäht hatte, jene Frau, wegen der er jetzt seit vielen Monaten herumläuft wie ein geprügelter Hund. Und dann kommt der Zwerg auf einmal mit einer Calait daher und mit noch einer Lia - aber eine andere, wie er sagt - , bringt damit Colevar so weit, völlig kopflos in den Nebel hinauszurennen und Morians sorgfältig aufgebautes Kartenhaus aus bruchstückhaften Informationen wieder radikal zum Einsturz. Jetzt ist sie genauso schlau wie zuvor und versteht wieder einmal gar nichts mehr. Mitten in ihre heillose Verwirrung hinein fragt der Zwergenwirt dann auch noch: >Wisst Ihr, warum er jetzt davonstürzt ist, als ob der Leibhaftige hinter ihm her wäre, hm?<
"Ich?!" Morian fällt fast von der Bank. "Keine Ahnung ... Ihr habt ihm doch gerade von einer Calait und all diesen Lias erzählt. Ich weiß noch nicht einmal, wer all diese Frauen da sind, geschweige denn, was er mit ihnen zu tun hat oder warum er auf einmal mitten in der Nacht davonrennt wie ein aufgescheuchtes Huhn - ehrlich, ich habe keine Ahnung."
Aber der Zwerg hat Ahnung, wie sie gleich darauf bemerkt, und sogar eine ganze Menge. Die Frage, wieso Colevar davonstürzt, als ob der Leibhaftige hinter ihm her sei, ist offenbar auch nur eine rhetorische gewesen, denn Borgil weiß sehr wohl Bescheid über all diese Dinge, wie sich nun herausstellt - mehr jedenfalls als sie selbst.

>Ich weiß ja von dieser Líageschichte<, plappert er denn auch sogleich munter los. >Calait hat da so einiges erzählt, wisst Ihr, ich bin also mehr oder weniger eingeweiht. Aber sie, also Calait, wollte ja nicht auf seinem Anwesen bleiben, weil sie gesagt hat, es würde ihm das Herz brechen, wenn er sie sähe. Er sieht das aber anscheinend ganz anders – was macht sie denn jetzt, wenn er sie antrifft? Fortlaufen, blind wie sie ist? Ach, byfandarryachyislinn! Ich hätte meine große Klappe halten sollen.< Sehr erhellend sind diese wirren Brocken nun allerdings nicht, die er ihr da hinwirft, und Morian kann angesichts seines Redeschwalls nur grinsend die Augen verdrehen und einen Blick gespielten Flehens gen Himmel werfen. Ich glaube es nicht - dieser Zwerg quasselt ja noch mehr als ich. "Halt, Moment, brrr", versucht sie Borgil zu bremsen. "Immer schön der Reihe nach. Wer um Himmels willen ist denn überhaupt diese Calait? Und warum soll es Colevar das Herz brechen, wenn er sie sieht? Ich dachte, die Herzensbrecherin wäre diese Lia? Hm ... oder eben eine von diesen zwei Lias oder wie viele das auch sein mögen, ich weiß ja nicht, welche die richtige ist." Irgendwie wird die ganze Geschichte wirklich immer verwirrender und Morians Gedankengänge nehmen allmählich reichlich konfuse Züge an. Jetzt ist es an ihr, Borgil einen ratlosen Blick zuzuwerfen. Seine schwarzen Augen blitzen, und er sieht aus, als würde er nur allzu gern einige seiner brisanten Informationen loswerden. "Hm, also ... wenn Ihr darüber so gut Bescheid wisst, könnt Ihr ja vielleicht ein wenig Licht in die Sache bringen. Aus Colevar ist da ja nichts rauszukriegen, der ist stumm wie ein Stockfisch, wenn die Sprache darauf kommt. Welches ist denn nun die Frau, die ihn hat sitzen lassen? Und wer ist Calait? Ist das auch eine seiner Liebschaften?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 18. Dez. 2011, 17:23 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511



Shafir döst unter dem Tisch friedlich vor sich hin. Er ist müde vom Spielen mit den Kindern im Pfirsich, der deftigen Kost, die ihm Annest als Abendbrot und Frühstück vor die Schnauze gestellt hat - obwohl er sonst nur einmal täglich etwas bekommt, samt kleinen Belohnungen wenn er etwas sehr gut gemacht hat – und von dem langen Sparziergang unter der Sonne. Der Winter macht Shafir weit weniger zu schaffen. Sein Fell ist dich, und isoliert gut doch unter der prallen Sonne hitzt es sich sehr schnell auf. „Shafir“ Hört er seinen Namen. Oder war es nur Einbildung? Träge blickt er auf. „Shafir, us-standan¹“ Freundlich wedelt er mit dem Schwanz, kommt der Aufforderung nach, steht auf, streckt sich noch einmal ordentlich und folgt ihr und der anderen Frau hinaus ins Freie.

Atevora hätte nicht mit dem Anblick gerechnet, der sich ihr vor der Harfe bietet.
Via sitzt nicht mehr auf dem  Holzbalken vor dem Pferd, sondern am Rücken des Pferdes und zupft frech an dessen weißer Mähne herum. Harm seinerseits verrenkt sich den Hals und schielt aus großen Augen flehend und vorwurfsvoll nach hinten, was dieses Federvieh mit ihm armen kleinem hilflosen Pony da schlimmes treibt.
Eine kleine Traube aus einem Dutzend Individuen, bestehend aus kleinen Kindern, zwei in Begleitung ihrer Eltern, hat sich vor den Tieren schmunzelnd, kichernd und gaffend eingefunden. Hin und wieder sind von den infantilen Geistern neben dem Gekichere ein >„Oh wie süß!“< „, >„Mama, was ist das für ein Vogel!<, oder >“Was macht der weiße Vogel denn da?“< zu hören.
Sie bemerken Atevoras Nähertreten nicht, erst als sie mit fester, beherrschter Stimme „Das ist eine Schneeeule, und sie ist sehr frech zu dem Pferd.“ spricht, drehten sich die Köpfe teils überrascht, und erstaunt zu ihr um. Eine der Mütter zuckt bei Atevoras Anblick erschrocken zusammen, ihre Augen huschen unruhig zu Yasraena, sie drückt instinktiv schützend ihr Kind an sich, und drängt es von der Gruppe fort um zu gehen. Auch einige der Kinder reagieren scheu und weichen zurück. Es ist immer das Gleiche. Denkt sich Atevora. Aber es sind auch welche anwesend, die bleiben unbeeindruckt, oder haben die kurze Überraschung schnell überwunden. >„Ich hab noch nie eine Schneeeule gesehen“< Meint ein kleiner Bub. „Schneeeulen leben größtenteils im hohen Norden, zum Beispiel in Immerfrost, Normand, oder den eisigen Öden hinter dem Woltenthron.“ Beginnt Atevora etwas Bildung unter das Volk zu streuen und bahnt sich dabei einen Weg durch die Gruppe. Sie gibt sich, weil sie beschlossen hat es zu sein, wie in der Harfe scharadenhaft freundlich, dass man beinahe meinen könnte, sie wäre tatsächlich nett, und ihr wäre an Kindern gelegen, auch wenn keinerlei entsprechende Empfindung dahinter steht. >“Wenn sie so hoch im Norden leben, wie kommt sie dann hier her?“ Will der Bub neunmalklug wissen. Bevor sie antworten kann, zupft ein Kind an ihrem Rocksaum, und blickt sie aus großen braunen Augen an:>“Ist das deeeine Eule? Sie sieht aus wie du!“< Eine interessante Schlussfolgerung, bemerkt Atevora gedanklich, bevor sie sehr knapp antwortet: “Ja.“ >“Hat sie einen Namen?“< Will das Mädchen weiter wissen, währenddessen Atevora das arme Pferd von ihrer gefiederten Freundin erlöst, indem sie Via mit einer Geste anordnet wieder auf ihren Arm zu flattern. „Ihr Name ist Via.“ Beantwortet sie geduldig die Frage und geht mit Via auf dem Arm in die Hocke zu den Kindern. „Wenn ihr vorsichtig seid, könnt ihr sie mit dem Handrücken streicheln.“ Die mutigeren Kinder nehmen das Angebot an, und Via wirkt im ersten Augenblick nicht besonders glücklich darüber. „Sch, nicht so hektisch mina Leitils², ruhig, vorsichtig. Nicht so fest.“
Yasraena betrachtet die Szenerie aus freundlichen milden Augen und streichelt Harm über die große  breite Nase.

Atevora und sie merken nicht, wie sich etwas abseits eine Mutter  eines der anwesenden Kinder unruhig nach ihrem Kind umsieht. Nur kurz mit einem der Verkäufer am Rande des Marktes gefeilscht, und ihre Tochter ist nicht mehr neben ihr. Sie konnte doch weit entfernt sein? Sie entdeckt die kleine Ansammlung aus Kindern. Was da wohl so interessant ist? Vielleicht ist ihre Kleine auch dabei?
Sie tritt näher und lässt den Blick über die Anwesenden schweifen. Wie vom Schlag getroffen zieht sie schockiert die Luft ein, Lady Shin! als sie ihre Tochter entdeckt und daneben hockend die zweifelhafte Lady, die Freundschaft pflegt zu einer Hurenhausbetreiberin, welche ehrliche Männer zu lasterhaften, ehebrechenden Fleischeslüsten lockt. Neben ihrer kleinen unschuldigen Tochter das blaublütige Weibsbild, das wilde Orgien im Pfirsich feiert, Unzucht mit Mann und Weib gleichermaßen betreibt, die Frau, die redliche Männer und Familien ins Verderben stürzt und daneben das Ungetüm von Hund, so schwarz wie der „Lady“ Seele, zusammen mit einem gefährlichen Vogel auf der Hand, wie sie ihrer lieben, armen Kleinen irgendwelche süßen Worte der Versuchung ins Ohr säuselt! Sie lässt nicht zu, dass diese Person ihre Tochter verdirbt!
Aufgebracht bahnt sie sich sofort einen Weg durch die Anwesenden, packt ihr Kind ruppig am Arm, reißt es in die Höhe und zerrt es von Atevora weg. Überrascht fährt die Shin in die Höhe, und folgt einen Augenblick perplex schauend ihrer gefiederten Gefährtin, die ihr Heil in der Flucht sucht, und sich auf die nächste Erhöhung rettet. >„Kaltherzige frivole Hexe! Haltet Euch und Eure klammen, toten Finger fern von meiner Tochter!“< Wird sie von der Frau angefaucht, die sich drohen wie ein  kampflustiger Hausdrache vor ihr aufgebaut hat. Klamm, Tot? Frivole Hexe? Fahrig wendet Atevora ihren Blick der Frau zu, die einige Stein mehr auf die Waage bringt, als sie selbst, und sie mindestens um eine Kopflänge überragt.
Jeder Anflug von Freundlichkeit ist aus Atevoras Miene wie hinfortgewischt.> „Habt ihr mich verstanden!?“< Donnert sie das Weibstück aggressiv und streitsüchtig weiter an.
Durch eine unmerkliche Handbewegung von der Magierin dazu veranlasst, erhebt sich Shafir, knurrt und fletscht die Zähne. „Nih! Sitls³!“ Ruft Atevora ihm mit Unterstützung eines Fingerzeiges zu, ohne den ungerührten Blick von der Frau zu lösen, und der Hund setzt sich - jedoch weiterhin bedrohlich tief knurrend -  sodass es aussieht, als halte sie den Hund nur noch durch ihre Worte und die Geste zurück.
Die Gruppe rings beginnt sich unterdessen aufzulösen, die Kinder weichen zurück, oder werden von ihren alarmierten und besorgten Eltern vorsichtig fortgeschoben.
„Wie freundlich Ihr doch seid, Madame.“ Richtet sie das Wort an die Frau. „Ich schlage vor ihr geht mir aus den Augen bevor ich mich vergesse..“  Die Stimme klingt ungerührt und gefasst.
Davon ist all der Mut des Weibstückes. Die Reaktion der weißen Lady ist befremdlich, und die Stimme hart und gleichgültig. Sie wird doch nicht wirklich den Hund auf die loslassen? Mit furchtsam aufgerissenen Augen setzt sie zwei Schritte zurück, ihr Blick fliegt zu Shafir und zurück zu der Magierin entschlossener emotionsloser Maske. „Sofort!“ Ertönt der weißen Mistress Stimme abermals hart und schneidend und die Frau tritt, ihr weinendes Kind hinter sich herschleifend, eilig den Rückzug an.

Alle davon, nur noch misstrauische Blicke im Umfeld. Nein, nicht alle sind fort, Yasraena ist geblieben. Die Shin schüttelt resignierend den Kopf. Ob freundlich, oder nicht, zum Ende hin ist's immer das Selbe, Drohgebärden und böses Blut. Im vorbeigehen lobt sie Shafir und macht sich dann daran den Strick zu lösen an dem Harm festgebunden ist. „Komm, lass uns Harm hinein zu seinem vorübergehenden Heim führen...“



aufstehen¹, meine Kleine², Nicht, Sitz!³

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 19. Dez. 2011, 09:35 Uhr
In der Nacht auf den ersten Langschnee im Schankraum der Harfe


Borgil blickt ganz bedröppelt drein, so lange, bis die junge Frau neben ihm – oder besser gesagt, ihm schräg gegenüber – seinen Redefluss  mit einem leisen "Brrr!" stoppt, als wären seine Worte ein Gespann davoneilender Zugpferde und sie der Kutscher, der sie aufzuhalten sucht. Der perplexe Gesichtsausdruck, den sie dabei hat, hellt seine eigene Miene aber prompt wieder auf und lässt ihn sacht grinsen. >Immer schön der Reihe nach. Wer um Himmels willen ist denn überhaupt diese Calait? Und warum soll es Colevar das Herz brechen, wenn er sie sieht? Ich dachte, die Herzensbrecherin wäre diese Lia? Hm ... oder eben eine von diesen zwei Lias oder wie viele das auch sein mögen, ich weiß ja nicht, welche die richtige ist.<
"Nein, nein, nein", beeilt er sich richtig zu stellen, macht die ganze Sache damit aber vermutlich gleich noch viel verwirrender. "Lia ist die Herzensbrecherin, Calait ist ihre Schwester, aber oh... vergiss die andere Liya, das ist nur eine zufällige Namensgleichheit, die beiden haben überhaupt nichts miteinander zu tun..." Morian sieht inzwischen so heillos verwirrt aus, dass Borgil sich auf die Zunge beißen muss, um nicht leise zu lachen ob ihres komischen Gesichtsausdrucks. Das ist wirklich ein hübscher Frosch, dieses Mädel. Auch wenn sie so jungenhaft daherkommt. An wen erinnert sie mich bloß? Außerdem sieht er inmitten der tausend Fragezeichen in ihren grüngrauen Augen gerade ein Funkeln heraufschimmern, das er nur zu gut kennt, nämlich das Aufblitzen brennender Neugier: >Hm, also ... wenn Ihr darüber so gut Bescheid wisst, könnt Ihr ja vielleicht ein wenig Licht in die Sache bringen...<
"Aye, könnt' ich", bestätigt er vergnügt und winkt Bria wegen einem zweiten Krug Verder Kupfer.
>Aus Colevar ist da ja nichts rauszukriegen, der ist stumm wie ein Stockfisch, wenn die Sprache darauf kommt.< Erklärt Morian und klingt dabei fast ein wenig konsterniert. >Welches ist denn nun die Frau, die ihn hat sitzen lassen? Und wer ist Calait? Ist das auch eine seiner Liebschaften?<
"Wa... Calait? Aber nein. Oder jedenfalls nicht, dass ich wüsste... nein. Nein. Bestimmt nicht." Borgil schüttelt den Kopf und streckt die Beine aus. "Wo soll ich anfangen?" Er legt seine Füße übereinander und kreuzt sie in Höhe der Knöchel, während er sich bequem zurücklehnt, um sich der gemütlichen Zergliederung jenes Wirrwarrs anzuschicken, das im Hintergrund des Schicksals von Colevar und der beiden Schwestern steht, von denen er zumindest inzwischen recht gut kennt, da sie ja seit eineinhalb Zwölfmonden in Talyra ansässig ist. Die andere ist und bleibt verschollen. "Ah ja, ich weiß. Beginnen wir unsere Geschichte bei Wurzel und Keim, also ganz von vorn." Borgil wäre nicht Borgil und schon gar nicht Meister der Flüsterer und Ohrenbläser, würde er eine gute Geschichte durch liebloses und knappes Erzählen ruinieren. Er hofft nur, dass er es nicht versaut und dass Morian  eine halbwegs geduldige Zuhörerin ist, denn er wird weit ausholen müssen, um ihr all die chaotischen Zusammenhänge klarzumachen.

"Ich kann dir nicht sehr viel über die Gründe sagen, warum Colevar damals, vor fast vier Zwölfmonden - ja, ich erinnere mich, es war Anfang Langschnee, so wie jetzt -  nach Immerfrost aufbrach, denn das steht mir nicht zu. Aber so viel kann ich dir sagen: er hat es für einen Freund getan, seinen besten Freund, soweit ich weiß, und für dessen Frau. Sie stammt ursprünglich aus Immerfrost und es ging um irgendeine wirklich böse Geschichte aus ihrer Vergangenheit, die ihr jetziges Leben und das ihrer Kinder hier in Talyra bedroht hat. Dieser Freund war und ist hier gebunden, er konnte die Stadt und seine Familie unmöglich verlassen, also ist Colevar an seiner Stelle gegangen. Er hätte das nicht tun müssen, aber er ging ohne zu zögern. Was immer er dort oben im Norden, in Immerfrost alles dafür tun musste, er hatte wohl Erfolg, denn er hat seinen Auftrag ausgeführt und war auf dem Rückweg nach Talyra, als er Lía und Calait begegnet ist. Die beiden sind Sorisgesegnete, Zwillingsschwestern, und gleichen sich wirklich wie ein Ei dem anderen, daher wohl auch Calaits Sorge, es könne ihm das Herz brechen, wenn er sie sähe... immerhin sieht sie haargenau so aus wie die Frau, die er geliebt hat, aye? Und sie ist wirklich bildschön. Also, irgendwo in den Wäldern Savos, das ist im Süden von Immerfrost, trifft unser Colevar mitten in der Wildnis auf die beiden Schwestern. Zwei Frauen ohne jeden Schutz, die in einem bunten Wagen mit einer kleinen Heerschar von Tieren durch die Weltgeschichte reisen, die eine blind wie ein Maulwurf, aber weder auf den Kopf, noch auf ihr loses Mundwerk gefallen, das ist Calait, und die andere... nun, ich habe Lía nie persönlich kennengelernt, aber nach allem, was Calait von ihrer Zwillingsschwester erzählt hat, war sie eine leibhaftige Seharim, anders kann man sie nicht nennen. Herzensgut mit jedermann und so unschuldig wie ein Eimer frisch geschlagene Sahne. Colevar wird zu diesem Zeitpunkt jedoch schon verfolgt, und zwar von dem Mann, den er hatte ausfindig machen sollen und von dessen Schergen. Hehler, Räuber, Schmuggler, Mörder und Diebe, also keine sehr angenehmen Zeitgenossen, wie Ihr Euch wohl vorstellen könnt. Außerdem ist er ziemlich schwer verwundet, weil er sich von irgendeinem dieser immerfroster Herzblätter einen Armbrustbolzen durch die linke Schulter hatte schießen lassen. Zu seinem Glück sind die beiden Schwestern, sowohl Calait als auch Lía, recht gute Heilkundige und sie flicken ihn notdürftig wieder zusammen. Er bleibt die Nacht über in ihrem Lager, doch am nächsten Morgen tut er etwas, das so dumm - und so edelmütig zugleich - ist, dass wirklich nur ein Ritter auf eine so bescheuerte Idee kommen kann." Borgil sagt das mit so viel rechtschaffener Empörung in der Stimme, dass klar ist, dass er in Colevars Lage auf keinen Fall so gehandelt hätte, zum Dunklen mit dem vollkommen überbewerteten Edelmut.

"Er reitet auf seiner eigenen Spur zurück, um die Verfolger von den beiden Mädchen abzulenken. Mit ihren vielen Tieren und dem schreiend bunten Holzwagen, mit dem sie da durch die Gegend gezogen sind, können sie sich ja nirgends verstecken und Colevars Verfolger sind ihm auf den Fersen. Ihr könnt Euch sicher denken, was eine Bande Gesindel mit zwei hilflosen Frauen in der Wildnis anstellt, wenn sie sich nicht wehren, nicht fliehen und nicht verbergen können, aye? Colevar reitet also zurück, aber seine Jäger lassen sich weder auf eine falsche Fährte locken, noch aufhalten. Er ist allein und verwundet, und sie sind viele, so dass er sich auch nicht auf einen Kampf einlassen kann. Er tut also das einzige, was ihm noch übrig bleibt – er reitet fast sein Pferd zu Schanden, um Calait und Lía noch vor seinen Verfolgern zu erreichen und versucht sie in Sicherheit zu bringen. Das gelingt ihm auch irgendwie, und er bringt sie auf den Frostweg in die relative Sicherheit einer großen Handelsstraße, die ja von Karawanenwächtern und einer Garde überwacht wird, wo es andere Reisende, Dörfer, Gasthäuser und Siedlungen gibt. Irgendwann, während er mit den Schwestern unterwegs ist, kommt was kommen muss: Lía und er verlieben sich. Ich sage Lía und er, weil, nach allem, was Calait erzählt hat, sie das wohl wirklich getan hat, also ihn geliebt, meine ich. Wie auch immer, die beiden Zwillingsschwestern und Colevar sind zusammen bis Falkenwacht gereist, wo sich ihre Wege getrennt haben. Colevars Jäger haben sie eingeholt - und um die beiden Mädchen nicht noch mehr in Gefahr zu bringen, lässt er sie zurück, schwört Lía jedoch, zu ihr zurückzukehren und sie zu finden. Sie wiederum verspricht ihm hoch und heilig, auf dem Frostweg zu bleiben, damit er sie auch finden kann, weiter nach Talyra zu reisen und auf seine Rückkehr zu warten. Dann flieht er Hals über Kopf, aber so, dass seine Verfolger es auch mitbekommen und ihm folgen - und fängt sich noch einen Armbrustbolzen ein, wieder die linke Schulter. Hier endet Calaits Version der Geschichte, so wie sie sie mir und Varin erzählt hat. Über Colevars weitere Reise von Falkenwacht nach Talyra, seine Jäger im Nacken und schon wieder verwundet, kann ich nur spekulieren. Aber ich kann Euch sagen, wie er im Winter vor zwei Zwölfmonden hier ankam – mehr tot als lebendig. Die Schulterwunde hatte sich entzündet, er hatte schweres Fieber, Wundbrand und war so schwach wie ein Welpe. Das jedenfalls hat Olyvar, der Lord Commander und Kommandant der Stadtgarde erzählt, als Colevars Pferd ihn durchs Waldtor in die Steinfaust zurückgeschleppt hat. Den Winter hat er dann in der Obhut der Heiler im Wundfieber verbracht und es war bis zum Eisfrostmond nicht sicher, ob er überlebt oder stirbt. Aber die beiden Mädchen sind nicht in Talyra aufgetaucht, das ganze Jahr 509 nicht. Und was macht der Hornochse, also Colevar, kaum dass er wieder aufrecht stehen und allein einen Abtritt benutzen kann, eh? Dreimal dürft Ihr raten!

Ganz genau. Er schwingt sich auf sein Pferd und reitet wieder nach Norden, er hat seiner Lía ja versprochen, zu ihr zurückzukommen. Sein Vater hat getobt wie ein Wollnashorn, als er das gehört hat, ich glaube, wir haben ihn von Burg Lyness bis in die Harfe fluchen hören." Borgil schnalzt ungehalten mit der Zunge, um klar und deutlich zu machen, dass keine Frau Rohas, und wäre sie so schön wie Inari selbst, all das wert wäre (ausgenommen seiner eigenen selbstverständlich) und nimmt einen langen Schluck aus dem Bierkrug, um seine Kehle zu schmieren. "Wo war ich? Ah ja. Colevar ist mit der Schneeschmelze vor zwei Jahren wieder nach Norden aufgebrochen und seitdem haben wir alle nichts mehr von ihm gehört – bis ihr beide heute Abend hier hereingeschneit seid. Nicht, dass ich ihn sonderlich gut kennen würde. Also, ich weiß natürlich wer er ist und hatte als Stadtrat schon hin und wieder mit ihm zu tun, aber wir waren nicht besser bekannt, wenn Ihr versteht, was ich meine – aber wir haben einige gemeinsame Freunde, also hörte ich hin und wieder etwas über ihn, oder vielmehr: etwas über die Sorgen, die sich andere um ihn machten. Aber die Geschichte geht noch weiter. Also, inzwischen schreiben wir den Sommer des Jahres 510. Colevar ist seit Monden auf dem Frostweg unterwegs, alle Spähpatrouillen der  Steinfaust sind angewiesen, nach zwei Zwillingsschwestern mit einem bunten Wagen und einer Menge Tiere Ausschau zu halten, sämtliche Jäger und Späher des Lorcain Clans suchen die nähere und weitere Umgebung der talyrischen Lande nach ihnen ab und was geschieht? Calait und Lía tauchen mir nichts dir nichts in einer Nacht Ende Beerenreif am Verder Tor auf und fragen nach Colevar – einen vollen Zwölfmond nachdem er sie auf dem Frostweg zurückgelassen hat. Also sagt, was Ihr wollt, aber eine Reise von Falkenwacht bis nach Talyra dauert auch mit dem marodesten Wagen kein Jahr lang, wenn man auf dem Frostweg bleibt – was sie natürlich nicht getan haben, aber dazu später. Varin, Hauptmann der Wächtergarde und ein Freund Colevars, hatte selbst Dienst und hat sie in Empfang genommen. Aber kaum erfahren sie, dass Colevar nicht in der Stadt ist, sondern sie sucht, so wie er es ja auch versprochen hat, schnappt sich diese Lía eines der Pferde und ist wie der Blitz wieder zum Tor hinaus. Hat ihre blinde Schwester Calait und all ihre Tiere, selbst ihren greisen Luchs, der so etwas wie ihr Totemtier oder Tiergefährte ist, ach, ich kenne mich mit diesen Kinder-der-Ersten-Menschen-Wildniskuschler-Schnickschnack nicht aus, zurückgelassen und ist ihrem vermeintlichen Liebsten hinterher.

Rhordri, das ist der Kastellan der Steinfaust, hat sie begleitet, darauf hat Varin gerade noch bestehen können. Und jetzt kommen wir zu dem Teil der Geschichte, den alle nicht mehr verstehen und nicht begreifen können, Varin nicht, Calait nicht und Colevar wohl am wenigsten. Rhordri hat es auch nicht verstanden, und der ist mondelang herumgelaufen wie ein geprügelter Hund, weil er das Mädel nicht aufhalten konnte. Diese Lía, was immer sie dazu gebracht hat, auf dem Frostweg zunächst so viel Zeit zu vertrödeln, die sich erst Hals über Kopf, kaum dass sie in Talyra angekommen war, wieder auf die Suche nach Colevar gemacht hat, die Feuer und Flamme war, ihn zu finden, entscheidet eines schönen Herbsttages mitten in der Wildnis, dass das alles anscheinend ein großer Irrtum war und macht sich auf und davon zur Sippe ihrer Mutter, einer Resande aus den weiten Steppen der Ostlande. Lässt unseren armen Rhordri einfach sitzen und hat noch nicht einmal eine Nachricht für Colevar übrig. Das einzige, was sie dem heillos verwirrten Kastellan sagt, ist, dass er ihrer Schwester Calait Bescheid geben soll. Kein Wort der Erklärung, kein Brief, kein Grund, kein gar nichts. Mehr wissen wir nicht." Borgil zuckt mit den Schultern und schüttelt den Kopf. "Liebe", schnaubt er. "Wenn ich nicht selbst ein sehr glücklich verheirateter Mann wäre, würde ich glatt sagen, sie ist mit Abstand das größte Übel Rohas und richtet mehr Schaden an, als jeder Heuschreckenschwarm! Aber vielleicht könnt Ihr ja jetzt Licht ins Dunkel der mir unbekannten Ereignisse bringen?" Die philosophischen Gedanken (soweit ein Zwerg so denken kann) sind augenblicklich vergessen und in Borgils schwarzen Augen glänzt die perfide Neugier. "Wenn wir hier schon so schön tratschen. Wo habt Ihr unseren Sithechritter denn getroffen? Und wo habt Ihr – oder hat er – so lange gesteckt? Und, was am allerwichtigsten ist, wo habt Ihr so gut Zardakh gelernt, hm?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 19. Dez. 2011, 15:58 Uhr
Mittagszeit, Ende Beerenreif 511


Auch Yasraena kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, wieso Borgil ausgerechnet das Anwesen de Winter als dauerhafte Bleibe für Harm vorschlägt. Wofür sollte Savena ein Pferd benötigen, wenn sie erst einen Gewaltmarsch antreten muss, um dieses im Seevirtel zu erreichen? Talyra ist nciht gerade klein und ein Weg durch die Stadt nimmt durhcaus so seine Zeit in Anspruch. Yasraena kennt Aurian eher flüchtig, weiß jedoch wo ihr Anwesen liegt. Gerade noch, kann sie es verhindern, einen Kommentar loszulassen oder ein abfälliges Geräusch von sich zu geben und verharrt ruhig. Sie hatte ohnehin schon beschlossen, sich selbst dieses Problems anzunehmen. Yasraenas Vorschlag, dass sie sich gemeinsam um die Pflege Harms kümmern, lehnt die Magierin vorerst dankend ab. Es sei nicht in ihrem Sinne, dass ihr Tier der Elbe zur Last fällt. Als ob Yasraena ein Pferd je zur Last fallen könnte. Wenngleich sie sich in den Elbenlanden auf dem Gestüt ihrer Familie nie wirklich heimisch gefühlt hat, so sind es paradoxer Weise seitdem die Pferde, welche ihr ein vertrautes Gefühl von Heim vermitteln. Ein Leben ohne ein solches Tier könnte sich die Elbe auch gar nicht mehr vorstellen. Andererseits hatte sie auch selbst Bedenken, ob es zeitlich umsetzbar wäre. Die Kleintiere benötigen zwar nicht so viel Zeit, dass sie tatsächlich den ganzen Tag ausgelastet wäre, aber inzwischen hat sie auch viele andere Aufgaben angenommen. So kümmert sie sich neben Ninio um die Pferde und geht auch den anderen Mägden und Knechten zur Hand und an manch einem Tag bleibt kaum mehr Zeit für Shun, so dass gerade an diesen Tagen an ein zweites Tier gar nicht zu denken wäre. Doch Yasraena weilt nicht lange bei der Thematik, wer sich wie um Harm kümmert, die Abkürzung ihres Namens, so wie Savena ihn aussprach, hallt liebkosend in ihren Gedanken nach. Ena… Nie zuvor ist sie so genannt worden. Die meisten neigen dazu einen Namen zu beginnen und dann einfallslos um des Endes zu kürzen. So dass aus ihrem Namen normalerweise der Rufname Yasra entsteht. Ena jedoch klingt viel weicher und der Elbe gefällt der Klang dieses Namens besonders gut, wenn er aus Savenas Mund kommt. Und zum ersten Mal fällt ihr die Ähnlichkeit ihrer beiden Namen bewusst auf. Sie hätte Savena ebenso Ena nennen können. Ein leichtes Lächeln umspielt der Elbe Züge und lässt sie heute zum wiederholten Male freundlich und sanft aussehen. Von der sonst eher emotionslosen Mimik ist kaum noch etwas geblieben, was zweifelsohne an ihrer hinreißenden Gesellschaft liegt.

Savena zeigt sich unterdessen daran interessiert, was für Aufgaben künftig auf sie, als Pferdehalterin zukommen: >Aber vielleicht bist du so freundlich mir zu Helfen mich mit Harm und seinen Bedürfnissen vertraut zu machen? Beginnend heute Abend? Hm?<
Darum lässt sich die Elbe nicht zweimal bitten, immerhin hatte sie ohnehin vor, Savena zu zeigen, was es bedeutet ein solches Tier ihr Eigen zu nennen. Sie macht es nicht nur, weil sie ihr damit helfen kann, sondern auch, weil sie sich vorstellen kann, dass es sehr amüsant werden könnte, Savena die Kunst des Reitens und vorher selbstredend dem Umgang mit ihrem Pferd, näher zu bringen. Sie würden viel Zeit miteinander verbringen und in absehbarer Zeit könnten sie auch gemeinsame Ausflüge in Larisgrün unternehmen.
Savena bringt derweil den Handel mit Borgil zum Abschluss. Kurz darauf verlassen die Beiden Seite an Seite den Schankraum. Wie selbstverständlich öffnet Yasraena ihrer Freundin dir Tür und tritt hinter ihr hindurch.
Draußen bietet sich den Beiden ein lustiges Schauspiel. Via sitzt auf Harms Rücken und zupft ruppig an seiner Mähne herum. Dieser steht zwar ruhig, zeigt jedoch deutlich, dass es ihm nicht behagt wie da mit ihm umgegangen wird. Eine Traube Kinder, einige davon nebst Müttern und andere Passanten bestaunen das Schauspiel amüsiert. Yasraena und Savena treten näher heran und doch werden sie von der wie gebannt auf das Schauspiel starrenden Meute nicht bemerkt. Zu sehr sind die unzähligen Augen von der Eule gefesselt.
Als sie die Magierin gewahr werden, zuckt eine Mutter übertrieben schockiert zusammen. Für einen Moment starrt sie Savena schockiert an, dann huschen ihre Augen ruhelos zu der Elbe, gleich so, als würde sie von dieser Schutz, Hilfe oder sonstiges erwarten. Yasraena jedoch tritt nur näher an Savenas Seite und ob der Reaktion der empörten Menschenfrau, kann sie nicht verhindern, wie ihr Mundwinkel sich ein wenig verächtlich verzieht. Aberglaube und Oberflächlichkeiten… Das einfache Volk glaubt doch alles was ihm je zu Ohren kam. Yasraena ist solch Voreingenommenheit wahrlich zu wider. Doch zum Glück hat außer der besagten Frau, welche ihr Kind fortdrängt um die Gruppe schnellstmöglich hinter sich zu lassen, ihren Gesichtsausdruck niemand zur Kenntnis genommen. Zu sehr sind die Kinder noch immer von der Eule und der Shin fasziniert. Manche der Kinder weichen ob der Schauergeschichten, die auch sie vermutlich über Savena gehört haben ebenfalls zurück. Die Neugierde steht ihnen noch immer ins Gesicht geschrieben, doch ist da auch dieses Mistrauen, ganz so, als wüssten sie nicht, ob sie lieber gehen oder bleiben sollten. Siegt die Neugier oder die Furcht?

Einige der älteren Kinder tun es der besagten Mutter gleich und ziehen sich gänzlich zurück. Woran man wider einmal erkennt, wie Eltern ihre Kinder verderben. Stets sind es die Jüngsten, die noch unvoreingenommen und neugierig die Welt betrachten und so sind es auch sie, die hier bleiben und die weiße Mistress neugierig begutachten. Yasraena wäre es einerlei, was in den Köpfen der Menschen vor sich geht, würde es sie selbst betreffen. Sie ist Argwohn und Misstrauen durchaus gewohnt. Doch hier geht es nicht um sie, sowohl verstohlene Abneigung als auch offene Feindlichkeit gehen gegen einen Menschen, der ihr viel… sehr viel bedeutet. Ihr Ausdruck wird hart und die übliche Emotionslosigkeit kehrt nach Außen hin zurück. Eine Maske, die sich wie von selbst auf der Elbe Gesicht ablegt, als der Zorn in ihrem Innern erblüht. Obgleich das verhalten der Mutter mehr als beleidigend war und Savena noch immer von misstrauischen Blicken betrachtet wird, ist sie die Ruhe selbst. Es ist offensichtlich, dass sie das Verhalten der Masse bereits zur Genüge kennt und es wirkt so, als würde ihr all das nichts anhaben. Doch auch wenn Yasraena und Savena sich lange nicht gesehen haben, kennt die Elbe die Mistress doch gut genug, um zu bemerken, dass sie sich minimal angespannt hat, als die Frau ihr Kind von dannen trieb. So gut Savenas Maske auch sein mag und auch wenn all die Menschen nichts von all dem mitbekommen haben, so verdeutlicht es der Elbe, dass Savena dieses Verhalten keinesfalls gleichgültig ist. Gerne würde sie den Arm um ihre Freundin legen oder ihre Hand ergreifen oder einfach tröstend ihre Hand auf der Shin Schulter legen, doch nichts davon wäre jetzt passend. Wo noch immer misstrauische Blicke auf ihr Ruhen. Wäre die Situation umgekehrt, so würde die Elbe nicht wollen, dass irgendwer merkt, dass es sie mitnimmt und eine tröstende oder aufbauende Geste in einem solchen Moment würde ihr wie ein Verrat erscheinen und so bleibt sie einfach an der Mistress  Seite. Ihr kalter Blick gleitet über die Versammelten. Auch wenn man den Kindern wohl eher keinen Vorwurf machen kann, ihren Eltern kann man dies sehr wohl.

Ein besonders kleiner Junge scheint von all dem kaum etwas mitzubekommen, viel zu sehr ist er von Via fasziniert und erkundigt sich prompt nach dem Tier, welches er noch nie zuvor gesehen hat. Lady Shin bleibt erstaunlich ruhig, beantwortet ihm nicht nur seine Fragen sondern erklärt ihm auch freundlich, wo solche Vögel zu finden sind. Ob der Junge jedoch weiß, wo Immerfrost liegt oder wo überhaupt Norden ist, bleibt fraglich. Aber es ist auch uninteressant, was der Junge mit der Antwort anzufangen weiß. Viel wichtiger ist, dass Savena die Ruhe und Freundlichkeit in Person ist und das trotz der Beleidigung, denn als nichts anderes konnte man das Verhalten der sich inzwischen aus dem Staub gemachten Personen bezeichnen. In Yasraena schwellt noch immer ein Funke Zorn, doch auch sie weiß sich zu beherrschen. Ihre Wut gilt vor allem der Mutter, welche ohnehin nicht mehr zugegen ist. Inzwischen hat sich auch eines der kleineren Mädchen hervorgewagt und stellt Savena eine Frage nach der Anderen, welche von der Shin geduldig beantwortet werden. Am Schluss lässt sie die Kinder sogar vorsichtig über das Gefieder des Vogels streichen. Diese Kinder sind zu jung um den älteren gleich voreingenommen zu sein. Sie sind einfach nur neugierig und freuen sich über das Erlebnis von dem sie sicher noch Monde später ihren Freunden berichten könnten. Savena scheint der Lage her und so tritt die Elbe an Harm heran, streichelt ihn sanft und findet auch ihre innere Ruhe wieder. Es ist erstaunlich wie geduldig und ruhig Savena mit den Kindern umgeht und Yasraena schleicht sich bei dieser Geste der Shin ein Lächeln auf ihr Gesicht. Die kalte Miene ist für einen Moment verflogen.

Doch schon wenige Augenblicke später ist der Elbe Miene wieder wie versteinert und zu einer emotionslosen, bestenfalls als kalt zu beschriebenen Maske verkommen. Eine Frau bahnt sich aufgebracht einen Weg durch die Kinder. Sie ist so aufgebracht, dass es sie nicht einmal bemerkt, dass sie einige der Kinder etwas zu grob zur Seite schubst. Der Elbe eiskalter Blick ruht auf diesem Weibsbild. Doch die Frau scheint nur Augen für das kleine Mädchen an Savenas Seite zu haben. Ihr ganzes Auftreten wirkt, als würde ihre Kleine an einem gefährlichen Abhang herumhopsen und herunterzufallen drohen und nicht als würde sie glucksend vor Freude das Gefieder des wunderschönen Vogels streicheln und Savenas freundlichen Worten und Erklärungen lauschen.  Kurz darauf hat die Furie sie erreicht, baut sich vor der zierlichen Gestalt Savenas auf und wirft mit einigen bitterbösen Beleidigungen um sich. Sofort lässt Yasraena von Harm ab und tritt ein kleines Stück näher heran, um falls nötig einschreiten zu können. Gerne würde sie der stämmigen Frau einige Manieren in den Schädel prügeln oder gleich dafür sorgen, so dass sie beim nächsten Mal besser nachdächte, ehe sie derart beleidigend daher käme. Doch davon ab, dass kleine Kinder zugegen waren, würden keine Prügel der Welt Vernunft in dieser Besessenen wecken. Beinahe schon, wäre der Elbe der Kragen geplatzt, doch Savena meistert die Situation gekonnt. Shafir droht auf ihren Fingerzeig böse und die Menge löst sich nach und nach auf. Ihre wohlbedachten und vor allem ruhigen Worte verfehlen ihre Wirkung auch bei der Frau Furie nicht, welche mit allem, nur nicht mit einer ruhigen Reaktion gerechnet zu haben scheint. Der Shin Worte sind bedrohlich und dennoch wirkt sie so ruhig und gefasst, hat für jeden noch so kleinen Moment der verstreicht, die volle Kontrolle über die Situation. Das Weib verliert den Mut, weicht zurück und verschwindet, ihr Kind energisch hinter sich her ziehend. Die Kleine weiß gar nicht wie ihr geschieht, noch warum die Situation überhaupt so gekippt ist. Sie hatte einen schönen Moment mit der netten weißen Frau und dem Vogel mit dem flauschig weichen Gefieder gepackt und dann kam ihre Mutter… wütend… Aber warum? Was hatte sie falsches getan?

Yasraena blickt den beiden noch einen Moment mit kalten Augen nach. Ein leiser Fluch rutscht ihr über die Lippen, ein Fluch aus der Zeit ihrer Kindheit. Leise  zischt sie die Worte in einer absolut befremdlichen Sprache, die nur so von Bösartigkeit zu triefen scheint: „Szêlzarach zox tuloth zerzachîm!“
Dann hat sich die Shebaruc-Elbe wieder gefangen. Nach und nach zieht die ausdrucklose Kälte von dannen und als sie sich Savena zuwendet ist nur noch eine winzige Spur davon in ihrem Ausdruck zu finden. „Diese Narren glauben ein jedes Gerücht dass ihre Wege streift -  verbringen den lieben langen Tag mit Tratsch und Klatsch als gäbe es nichts Bedeutenderes zu tun und gegen Abend ist ob des vielen Weitertragens nicht einmal mehr ein Funken Wahrheit in den Worten zu finden. So hegt am Ende ein jeder Argwohn, welcher alsbald in Angst und schließlich in Hass umschlägt.“ Yasraena weiß wovon sie spricht. Kennt sie doch ein solches Verhalten durchaus auch. Jemand wie sie – und eben auch die Shin – fällt einfach unter all den gewöhnlichen Völkern auf, wie ein bunter Hund. „Ich finde dergleichen einfach nur erbärmlich. So schrecklich vorhersehbar. So voreingenommen. So dumm.“ Yasraena hätte tröstende Worte oder eine tröstende Geste verwenden können, doch Savena wirkt gefasst, scheint ein solches Verhalten durchaus gewohnt und die Elbe hat auch nicht das Gefühl, dass die Magierin Trost benötigt.

Mit den Worten >Komm, lass uns Harm hinein zu seinem vorübergehenden Heim führen...< widmet sich Savena wieder Anderem. Wichtigerem und auch die Elbe tut es ihr gleich. Gemeinsam führen sie Harm in den Stall. Ninio weist ihnen eine bereits für den Wallach vorbereitete Box zu und Savena führt ihn selbst hinein, findet sich jedoch schnell in einer Situation wieder, welche sie völlig überfordert. Harm hat das frische Futter entdeckt und denkt gar nicht daran, sich das Halfter abnehmen zu lassen, stattdessen macht er sich direkt ans fressen und reagiert kein Stück auf die Versuche Savenas, ihn von dem Futter fort zu bewegen. Yasraena kommt ihrer Freundin zur Hilfe und gibt dem Wallach streng zu verstehen, dass ein solches Verhalten unerwünscht ist und er gefälligst mit dem Fressen zu warten hat, bis er sein Halfter los ist. Sie redet nicht einmal mit dem Tier. Alleine ihre Körperhaltung und ihre gezielten Bewegungen und Griffe reichen aus, um das Tier von seinem Futterplatz zurückweichen zu lassen. Yasraena entfernt das Halfter und hängt es zu den Anderen.  

Nachdem Harm in seinem neuen Zuhause ist und auch der Elbe Arbeiten ja für heute erledigt sind. Freut sich Yasraena einfach nur noch, Savena wieder bei sich zu wissen. Von Ninio ist keine Spur zu sehen und auch sonst ist außer den Tieren niemand im Stall. Der Geruch von frischem Stroh und Heu erfüllt die Luft und hier und da ist das leise Schnauben eines der Pferde zu hören. Yasraena ergreift sanft der Shin Hand und zieht diese langsam zu sich heran. Ihre Hände halten die der Magierin nicht fest umschlossen und es wäre Savena ein leichtes sich aus dem Griff zu befreien und sich abzuwenden. Doch stattdessen blicken ihre blauen Augen, welche eine geheimnisvolle Tiefe ausstrahlen wie es keine anderen Augen vermögen in die Augen der Elbe. Über beider Augen liegt ein Glanz, wie er nur bei frisch Verliebten zu finden ist und dann endlich berühren sich ihrer beiden Lippen. Wie sehr hatte sich Yasraena danach gesehnt, die weichen samtigen Lippen der Shin mit ihren zu erkunden. Wie sehr hatte sie sich gewünscht, mit der Shin alleine sein zu können und wenn auch nur für einen kurzen Moment. Und nun ist dieser Moment da und vergessen ist der Ärger mit der Furie. Alles was noch zählt ist dieser eine Augenblick. Der Moment in dem Savena sich in ihre Arme schmiegt und ihre Lippen die der Elbe liebkosend umgarnen. Yasraena ist es, als würde die Zeit stehen bleiben.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Morian am 19. Dez. 2011, 18:46 Uhr
In der Nacht auf den ersten Langschnee im Schankraum der Harfe


Wenn Morian gedacht hat, dass diese Geschichte, die sie nun zu hören bekommt, einfach wäre, so hat sie sich gründlichst getäuscht, denn etwas Verworreneres hat sie wahrhaftig ihrer Lebtage noch nicht gehört. Zuerst ist sie sich gar nicht sicher, ob Borgil ihr, einer Fremden, die er nicht kennt und der er gerade zum ersten Mal begegnet ist, überhaupt solche Details aus dem Leben einer anderen Person erzählen würde, aber es scheint ihm gar nichts auszumachen, Colevars Lebensgeschichte vor ihr auszubreiten, im Gegenteil. Wie ich sehe, unterscheiden sich die Wirte in den Herzlanden von denen in den Rhaínlanden allerhöchstens in der Größe - tratschen tun sie offenbar alle für ihr Leben gern. Der Wirt der Goldenen Harfe fackelt auf ihre neugierige Frage hin also nicht lange, sondern lehnt sich gemächlich zurück, macht es sich auf der Bank bequem (so bequem man es sich auf einem abgewetzten, steinharten Holzbrett eben machen kann) und scheint sich kurz zu sammeln oder zu überlegen, womit er beginnen soll. Als er dann einen Anfang gefunden hat, der aus seiner Sicht passabel erscheint und sich bei "Wurzel und Keim" befindet - eine Formulierung, die Morian in sich hineingrinsen lässt, weil sie dunkel zu ahnen beginnt, dass es wohl keine Kurzgeschichte werden wird - , legt er mit seiner Erzählung los - und hört die nächste Stunde auch nicht wieder damit auf.

Während Morian zwei Teller heiße Brühe, eine badezubergroße Schüssel voller köstlichem Wildeintopf, mehrere dicke Schreiben Brot, ein gewaltiges Trumm geräucherten Bauchfleischs und hernach noch einen Kanten Käse in sich hineinschaufelt und ratzeputz bis auf den letzten allerkleinsten Krümel verschlingt (in den letzten paar Siebentagen hatten sie ja nun nicht gerade in den erlesensten Gasthäusern oder herzländischen Gourmettempeln gespeist, und ihre kargen Rationen hatten zumeist aus staubtrockenem Dörrfleisch und verschrumpelten Winteräpfeln bestanden, so dass sie bei dem mehr als verlockenden Angebot in der Harfe gar nicht anders kann, als sich alles Essbare einzuverleiben, was die Harfenküche hergibt und die brave Magd an ihren Tisch bringt), gibt Meister Borgil eine Geschichte zum Besten, die alles hat, was eine dramatische Geschichte braucht: die Helden sind selbstlos und edel, die Mädchen so gut und schön und unschuldig und engelsgleich, dass selbst Faêyris und Inari dagegen wie zwei hässliche, verkommene Schlampen wirken müssen, die Schurken sind allesamt oberfiese Bösewichte, und dazu gibt es noch reichlich schlimme Verwundungen und tödliche Lebensgefahr, allerlei schreckliche Wirrnisse, glühende Liebe, gebrochene Herzen und gebrochene Schwüre und ungefähr drei Millionen Tausendschritt Verfolgungs-, Such- und Reisestrecke den Frostweg hinauf und hinunter und quer durch die Rhaínlande.

Während sie ihr Essen in sich hineinspachtelt, lauscht Morian gebannt Borgils Erzählung, nickt ab und zu, gibt zustimmende Laute von sich, stellt die eine oder andere Zwischenfrage, und hört ansonsten aufmerksam zu, was der Zwerg zu berichten hat. Als Borgil dann endlich am Schluss seiner Schilderung angelangt ist, könnte sie trotzdem beim besten Willen nicht genau sagen, wie oft Colevar nun auf dem Frostweg in den kalten Norden hinauf und wieder hinunter nach Talyra geritten ist. Auf jeden Fall ziemlich oft, denn wenn sie richtig mitgerechnet hat, dann ist er jetzt insgesamt wohl seit vier Jahren unterwegs. Vier Jahre. Unglaublich. Vier Jahre für nichts und wieder nichts, irgendwo auf dem Frostweg vertrödelt, um am Ende doch nur mit leeren Händen dazustehen. Seinen Heldenmut und seine Hilfsbereitschaft in allen Ehren, aber er rennt einem Gespenst nach. Und vielleicht hat er sich auch etwas vorgemacht, hat dieses Mädchen vor lauter blinder Liebe zu ihr zu etwas verklärt, was sie nicht ist und auch nie sein kann. Auch sie macht Fehler und auch sie trifft falsche Entscheidungen, und wer weiß schon, warum sie wirklich verschwunden ist. Auf jeden Fall wird es allmählich Zeit, dass er darüber hinwegkommt, auch wenn es schwer für ihn sein wird. Er kann ja schließlich nicht bis an sein Lebensende als hoffnungsloser Trauerkloß dahinvegetieren. Wenn ich nur wüsste, wie ich ihn aus diesem götterverdammten Sumpf herausholen könnte.

Borgil ist ein guter Erzähler, der sich trefflich darauf versteht, es spannend zu machen, seinen Worten Farbe und Nachdruck zu verleihen und alles auf Prächtigste auszuschmücken, aber Morian weiß aus Erfahrung, dass die Wahrheit hinter solchen Geschichten, die an einem prasselnden Feuer und bei einem guten Essen und einem Glas Wein oder einem Humpen Bier erzählt werden, meist sehr viel weniger glorreich und farbenprächtig aussieht. Vor allem weil es sich in den meisten Fällen - die immerländischen Götter- und Heldensagen vielleicht einmal ausgenommen - bei den Mitwirkenden nicht wirklich um Seharim und Superhelden handelt, sondern eben doch nur um gewöhnliche Menschen mit reichlich Fehlern und Schwächen. Und gerade weil es um Menschen mit Fehlern und Schwächen geht und auch Colevar eben nur ein solcher ist, verspürt Morian tiefes Mitgefühl mit ihrem armen Ritter, der, wie sie jetzt weiß, so einiges durchgemacht hat. So ganz und vollkommen kann sie seine Reaktion auf diese ganze vertrackte Geschichte nicht verstehen, aber das wird wohl einfach an ihren so unterschiedlichen Charakterzügen liegen, wie sie vermutet. Sie selbst wäre an seiner Stelle sicher ebenso verletzt gewesen, hätte ebenso Schmerz und Trauer empfunden, aber sie hätte sich ihrem ureigensten Wesen nach wahrscheinlich eher in wilden Zorn und heillose Wut geflüchtet, wogegen Colevar in einem endlosen Jammertal düsterer Melancholie versunken zu sein scheint.

Aber sie kann es ihm auch nicht verdenken, denn seine Geschichte hat eben den großen, großen Nachteil, dass sie einfach kein gutes Ende genommen hat. Zumindest kein Ende, bei dem am Schluss alle glücklich und zufrieden sind, sich die verlorenen Liebenden selig in die Arme sinken und es heißt "und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute". Tja, nun hat er am Ende nicht seine geliebte Lia, sondern so etwas wie mich am Hals hängen - kein Wunder, wenn er dabei sauertöpfisch wird. Morian hätte Colevars Abenteuer wahrlich einen besseren Ausgang gewünscht, nachdem sie jetzt die ganze Geschichte kennt, aber wie immer schert sich das Leben einen feuchten Kehricht um ihre Wünsche und geht seine eigenen verschlungenen Wege. Borgils Erzählung hat sie ein wenig melancholisch gemacht und auch sehr nachdenklich, und als sie - nach einer mehr als ausgiebigen Mahlzeit tatsächlich halbwegs satt - ihren Teller beiseite schiebt, stößt sie einen tiefen Seufzer aus und kann dem Zwerg nur zustimmen, als er verkündet, dass Liebe mehr Schaden anrichten würde als ein gefräßiger Heuschreckenschwarm. "Da mögt Ihr wohl recht haben. Und außerdem macht sie wohl auch ziemlich blind." Gerade als sie überlegt, ob sich in der Küche der Goldenen Harfe vielleicht noch ein kleiner Nachtisch für sie auftreiben lassen würde - so etwas wie eine Schüssel süßen Haferbreis oder eine Handvoll Kekse - mustert der Zwergenwirt sie mit neugierig funkelnden Augen und stellt die Frage, die sie die ganze Zeit über schon befürchtet hat, nämlich die nach ihrer Herkunft und wie sie zu diesem Ritter gekommen ist.

>Wenn wir hier schon so schön tratschen<, beginnt er grinsend, >wo habt Ihr unseren Sithechritter denn getroffen? Und wo habt Ihr – oder hat er – so lange gesteckt? Und, was am allerwichtigsten ist, wo habt Ihr so gut Zardakh gelernt, hm?< Nachdem er jetzt so ausführlich ihre Fragen beantwortet hat, ist es nun wohl an ihr, im Gegenzug seine zu beantworten - nur ist sie sich nicht ganz sicher, wie weit sie ihm trauen und was sie ihm erzählen kann, ohne sich dabei in Gefahr zu bringen. Sie ist fremd hier, hat von der Stadt noch nicht viel mehr gesehen als ein riesiges Tor und die Ecke einer Stallmauer, die sie gerammt hat, kennt hier niemanden, und weiß auch nicht, ob sich nicht vielleicht schon bis nach Talyra herumgesprochen hat, dass für Hinweise über den Verbleib einer gewissen Morian de Navarre eine recht stattliche Belohnung ausgelobt ist. Aber du hast deinen Namen ja ohnehin schon herausgeplappert, du dumme Gans, schimpft sie sich. Und wenn dieser Zwerg wirklich so eine Art Informationsumschlagplatz ist, wie Colevar meint, dann kennt er vermutlich auch den ganzen Rest der Geschichte. Ich kann nur hoffen, dass er nichts weiß, und wenn doch, dass er es nicht zu meinem Schaden verwendet. Und Colevar traut ihm, also sollte ich das auch tun.

"Wo genau er vorher gesteckt hat, das kann ich Euch auch nicht sagen", beginnt sie, und bei der Erinnerung an den Moment ihrer ersten Begegnung huscht ein flüchtiges Grinsen durch ihre Mundwinkel. "Nur wo er bei unserer ersten Begegnung gesteckt hat. Da kam er gerade splitterfasernackt von einem Bad zurück und trug nichts weiter am Leib als ein paar Wassertropfen. Da saß ich gerade in einer Höhle an seinem Feuer und hab ihm seine gegrillten Hühnchen weggefuttert. Das war irgendwo in den Rhaínlanden, weit im Norden noch. Nun ja, er war allein nach Süden unterwegs, und ich war allein nach Süden unterwegs, also haben wir uns zusammengetan, hmm ... mehr oder weniger jedenfalls." Dass Colevar eigentlich keinen Bedarf an einer nervtötenden, plappernden, verfressenen Begleitung gehabt hatte und sie sich ihm zwangsweise aufgeschwatzt hatte, das verschweigt sie jetzt geflissentlich und es tut ja ohnehin nichts zur Sache. "Von da ab sind wir zusammen gereist und schließlich hat er mich als Sklaven in seine Dienste genommen ... äh, als Knappen meine ich natürlich", fügt sie augenzwinkernd an. "Kettenhemd polieren, Pferdehäufchen schaufeln, Gepäck hinterherschleppen, solche Dinge eben ... Ihr wisst schon."

Morians Feixen verwandelt sich bei den nächsten Worten allerdings in ein stilles Lächeln. "Es war wirklich anständig von ihm, mich mitzunehmen, und ich bin ihm sehr dankbar dafür. Allein eine so lange Strecke zu reisen, ist für ein Mädchen manchmal nicht einfach, selbst auf so einer großen Handelsstraße wie dem Frostweg." Mit einem Schaudern erinnert sie sich an die Zeit ihrer Reise, bevor sie einen Ritter als Schutz und Begleitung an ihrer Seite hatte. "Und Zardakh, hm ... ich spreche es nicht wirklich gut, nur ein paar Brocken, allgemein gebräuchliche Floskeln, Begrüßung, Abschiedsworte, ein paar einfache Sätze. Ich kann es recht gut verstehen, aber zum Sprechen fehlt mir wohl einfach der zwergische Gaumen. Bei mir poltert und knurrt es nicht so richtig, so wie es bei einem Zwerg klingen würde." Insgeheim hofft sie, dass Borgil sich damit zufrieden geben wird, aber er sieht sie immer noch ganz gespannt an, so dass sie kaum umhin kommt, noch ein wenig mehr preiszugeben. "Gelernt habe ich es bei den Zwergen von Aarkon im Eisenkamm. Meine Eltern haben mit ihnen Handel getrieben und ich durfte bei den Reisen dorthin manchmal mitkommen. Da habe ich auch ein wenig von ihrer Sprache aufgeschnappt. Sagt, Ihr habt in Eurer Küche wohl nicht zufällig noch ein einsames Schüsselchen süßen Haferbrei herumstehen?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 19. Dez. 2011, 22:21 Uhr
Borgil lacht amüsiert als Morian de Navarre ihm berichtet, wo und wie sie Colevar zum ersten Mal getroffen hat und wie immer, wenn er das tut – lachen - klingt er ein bisschen wie ein bronchitischer Drache (oder ein schwerer Säufer mit Reibeisenstimme). Er ist weder das eine, noch das andere, aber seine Stimme klingt nun einmal nicht wie bimmelnde Zimbeln und liebliches Glockengeläut. Morian hat ihm aufmerksam zugehört, nur hin und wieder eine Frage gestellt, die Stirn gerunzelt oder das Gesicht zu allerlei Grimassen des Mitgefühls, des Unverständnisses, der Verwirrung, der Zustimmung oder des Unglaubens verzogen. Er kann unmöglich sagen, was sie nun über die ganze Geschichte denkt oder fühlt, dazu wechseln die Ausdrücke auf ihren lebendigen Gesichtszügen zu schnell und zu sprunghaft, aber das geht ihn ja auch nichts an. Vor allem aber isst sie praktisch ununterbrochen, während er erzählt, und das tut Borgil ganz schön lange – und sie somit auch. Das heißt, genauer gesagt befindet sie sich auf einer Art Vernichtungsfeldzug, dem alles auch nur entfernt Essbare auf dem Tisch zum Opfer fällt und das sind immerhin die reichlich bemessenen Portionen für zwei: sie verputzt nicht nur ihr eigenes Mahl, sondern auch alles, was Colevar nicht angerührt hat (abzüglich des halben Löffels Suppe, den er abbekam, bevor er in Richtung Calait auf und davon gerannt war, aber den zählt Borgil nicht). Er staunt nicht schlecht, was dieses dürre Dingelchen alles verdrücken kann und noch mehr, dass sie nach diesen Mengen durchaus noch im Stande scheint, sich zu bewegen ohne einfach zu platzen. Na holla! Also entweder die beiden haben wirklich eine harte Zeit hinter sich, oder sie muss irgendwo einen Gnom unter ihren Vorfahren haben... das gibt's doch nicht, was die alles Essen kann, ohne dass ihr schlecht wird!

Das Mädel antwortet ihm dann auch bereitwillig, aber doch auch recht oberflächlich auf seine Fragen. Insgeheim hat Borgil ja auf ein paar gute Geschichten gehofft, etwas Spannendes vielleicht, wilde Abenteuer oder gefährliche Reiseberichte. So aber kann er sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sie ein wenig auf der Hut scheint, ein bisschen ausweichend bleibt und nur wenig von sich selbst Preis preisgibt. Hmpf, nun sei nicht so ungeduldig! Sie kennt dich gerade fünf Minuten, was erwartest du? ruft er sich selbst zur Ordnung, ist aber trotzdem ein bisschen enttäuscht. Dafür wirft das, was sie ihm berichtet haufenweise neue Fragen auf, die sein armes altes Zwergenhirn zu so später Stunde noch recht ordentlich malträtieren. Was zum Donnerdrummel hat Colevar denn in einer Höhle irgendwo in den Rhaínlanden getrieben, eh? Und warum hat er sie als Knappen in seine Dienste genommen, nicht als Schildmaid? Sie war allein unterwegs hat sie gesagt – aber woher und wohin? Und warum überhaupt? Er kann sich nicht lange mit Grübeleien über diese Fragen aufhalten, denn das mit dem Zwergisch interessiert ihn viel zu brennend . Doch auch hier wird seine Neugier nicht einmal ansatzweise zufriedenstellend bedient, ganz im Gegenteil. >Und Zardakh, hm ... ich spreche es nicht wirklich gut, nur ein paar Brocken, allgemein gebräuchliche Floskeln, Begrüßung, Abschiedsworte, ein paar einfache Sätze. Ich kann es recht gut verstehen, aber zum Sprechen fehlt mir wohl einfach der zwergische Gaumen. Bei mir poltert und knurrt es nicht so richtig, so wie es bei einem Zwerg klingen würde.<
"Ja nun, Ihr seid ja auch kein Zwerg," stellt Borgil in aller Logik fest. "Aber Ihr sprecht es ganz ausgezeichnet, stellt Euer Licht nur nicht unter den Scheffel! Euch fehlt nur die verdickte Gaumenplatte und der äh... breite Brustkorb. Das wird schon."  
>Gelernt habe ich es bei den Zwergen von Aarkon im Eisenkamm. Meine Eltern haben mit ihnen Handel getrieben und ich durfte bei den Reisen dorthin manchmal mitkommen. Da habe ich auch ein wenig von ihrer Sprache aufgeschnappt.<

"Hmpf", macht Borgil und bedient sich eines universellen Schnaubens, das von einer bejahendenZustimmung bis hin zu einem unterdrückten Fluch so ziemlich alles bedeuten kann, in diesem Fall jedoch ein relativ neutrales "Aha" darstellt. So ganz kann er ihr diese Geschichte zuerst gar nicht glauben. Die Zwerge von Aarkon haben den Ruf, noch eigenbrötlerischer und verschlossener zu sein, als alle anderen Clans zusammen. Sie treiben zwar hin und wieder Handel mit Langbeinen, nach allem, was er so gehört hat (was in diesem Fall denkbar wenig ist), aber nur sehr selten und mit nicht einmal einer Handvoll Familien. Und zu diesen Grimbarts und Steineulen sollen ihre Eltern gereist sein...? Flunkert mir die was vor? Morian sieht jedoch nicht so aus, als würde sie ihm Lügen auftischen, ganz im Gegenteil. Bei der Erwähnung der Zwerge, ihrer Eltern und den Handelsreisen wird ihre Miene ganz weich, fast ein wenig melancholisch. Scheint tatsächlich wahr zu sein, was sie da sagt. Von Morians Sorgen wegen ihres Familiennamens und eines gewissen Steckbriefes ahnt Borgil ja nichts – ihre Bedenken sind auch vollkommen unbegründet, denn mitten im Winter dringen nur wirklich bedeutsame Nachrichten aus den Rhaínlanden soweit nach Süden und das würde sich auch erst mit der Frühjahrskarawane wieder ändern. >Sagt, Ihr habt in Eurer Küche wohl nicht zufällig noch ein einsames Schüsselchen süßen Haferbrei herumstehen?< Morians Frage reißt ihn aus seinen Gedanken und diesmal sperrt Borgil wirklich Mund und Nase auf. "Ihr habt immer noch Hunger?" Echot er ungläubig und schüttelt dann den Kopf. "Oi... in Ordnung. Sehen wir mal, was die Küche noch so hergibt, hm? Keine Sorge." Er ist kurz versucht, ihr vertraulich die Hand zu tätscheln und ihr zu versichern, dass man sie hier schon ordentlich herausfüttern würde, lässt es dann aber eingedenk der Tatsache, dass manche Frauenzimmer bei so etwas empfindlich reagieren, doch lieber sein.

"Tja, also einsamen Haferbrei gibt's bei uns nicht, da muss ich passen. Aber ich habe etwas Besseres. Bria! He, Bria mein Schatz. Sieh mal nach, ob von den Julkuchen noch welche da sind, die Sigrun heute Morgen gebacken hat." Bria tut wie geheißen und nur wenig später bringt sie einen überwältigend nach Honig und kostbarer Vanille duftenden, mit Zuckerguss glasierten Kuchen und heiße Mandelmilch. "Das müsst Ihr versuchen, Morian, es schmeckt absolut fantastisch. Dann..." Borgil sortiert seine Gedanken und fügt das wenige, dass sie ihm erzählen wollte zu dem Bisschen an Informationen hinzu, die er im Lauf des Abends über die junge Frau gewonnen hat. "Habt Ihr also Eure Heimat verlassen um... hm... Euer Glück zu machen?" Das ist ein Schuss ins Blaue, aber er kann in jedem Fall wahr sein oder so ausgelegt werden, ganz egal, warum sie die Rhaínlande, aus denen sie ja offenbar zu stammen scheint, verlassen hat. "Was habt Ihr denn so vor im schönen Talyra?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Atevora am 19. Dez. 2011, 23:48 Uhr
Auszüge aus dem nicht existierendem Tagebuch von Atevora, alias Lady Shin


Ende Beerenreif (in und vor den Stallungen der Harfe)

Pferd versorgen, striegeln, die Hufe reinigen. Hufe? Das sind keine Hufe, das sind speisetellergroße Suppenschüsseln mit Zottelfell rings, aber sicher keine Hufe... Dieses Bücken, Hufe hochheben, auskratzen, das heißt sie von festgetretenen Steinen und Schlamm befreien geht ins Kreuz. Aufpassen beim Strahl. Welcher Strahl? Sie kann keine Strahlen sehen, nur Dreck. Achso, das ist die Bezeichnung dieser „Rille“. Mit Gefühl, und mit Vorsicht um dem Pferd nicht weh zu tun. Gefühl? Noch ein Huf und ich spür' mich selbst nicht mehr. Beim Aufrichten knackt das Kreuz. Ich bin doch noch gar nicht so alt.. Sie buckelt sonst nie so lange herum, geschweige denn muss in dieser Haltung irgend etwas halten.
Können Pferde eigentlich vorwurfsvoll schauen? Eigentlich ist eigentlich nur ein Füllwort. Gleichgültig, können sie es? Harm kann es, definitiv. Als wollte er zetern: was treibst du denn da so lange, das kann ja nicht wahr sein! Immer wieder versucht er vorsichtig ob er den Huf schon wegziehen und abstellen kann, und wenn er es noch nicht kann, dann ist er da dieser Blick. Manchmal wenn er ganz lustig ist, und sie die Vorderhufe pflegend mit speziellem Öl einreibt - das leicht nach Pfefferminze riecht, aber das nur nebenbei erwähnt – schaut er zuerst neugierig, was Atevora da treibt, zumindest möchte man es meinen, doch wenn man ihn bemerkt, tut er so als hätte er nichts im Sinn gehab. Doch wehe, sie ist unaufmerksam, dann wird sein Hals immer länger, bis er sie mit der Nase stupst und sie das Gleichgewicht verliert. Aber es ist nicht immer das selbe Spiel, sonst wäre es zu vorhersehbar.
Außerdem, eine Grundregel: Dreh ihm nicht den Rücken zu, das heißt, zumindest nicht mit Kapuze. Kapuzen sind tödlich. Nicht für Harm, für den Träger, denn daran ziehen ist spaßig, noch lustiger, wenn deswegen ein seltsames Geräusch ertönt, dann sind Kapuzen das nächste Mal auch von der Seite interessant.
Ein boshafter Gaul. Ein Scherzbold der Pferdewelt. Er würde eher zu Tane passen als zu ihr.
Aber er hat auch seine guten Seiten. Wenn sie ihn irgendwo hin stellt, er bleibt stehen, wie festgenagelt. Er ist nicht unruhig und wird nicht aggressiv, egal wie seltsam sie sich anstellt, und die Nase gibt er artig herab und steckt sie fast von alleine ins Halfter, wenn man es ihm entsprechend hinhält.
Eine weitere Hürde ist und bleibt das Heu am Gang. Was muss das dort überhaupt liegen? Wie schafft es Ena bloß ihn daran problemlos vorbeizuführen? Harm hat aber bald bemerkt, dass Atevora zwar klein ist und harmlos aussieht, quasi nicht ernst zu nehmend, wie die Nachbarskinder des Hofes an dem er früher lebte, aber es nicht ist. Darum lässt er es lieber doch nicht darauf ankommen, nicht ernsthaft. Ein kleiner Happen im Vorbeigehen darf aber sein, frei nach dem Motto: ein Bissen schadet nicht, zumindest scheint er fest dieser Überzeugung zu sein. Wie kann sie dem Gaul das bloß Abgewöhnen? Sie muss sich etwas einfallen lassen.


Erste Woche im Erntemond

Fast eine Woche ist vergangen. Sie soll lernen ihn aufzuzäumen, meint Yasraena. Aufzäumen? Sie hat doch nicht einmal Zaumzeug. Tane ritt auf ihm mit dem leicht umfunktionierten Zaumzeug. Sie hat auch keinen Sattel. Letzteres wiegt wohl nicht so schwer, weil er so schwer wiegt. Ein seltsamer Satz, nicht wahr? Aber zutreffend, irgendwie, auf seine Weise. Tags zuvor traf sie einen Mann vor dem Gasthaus „Löchriger Eimer“ im Fliegengrund, reitend auf einem ebenso wuchtigen Gaul wie Harm einer ist. Sie hat ihn angehalten und ihm Geld dafür geboten abzusteigen und abzusatteln, sodass sie das Pferd wieder aufsattelt. Der Reiter sah sie befremdlich an. Waren das eigenwillige Scherze? Diese merkwürdige Frau schien es ernst zu meinen. Seltsame Leute trifft man in der Stadt, meinte er, willigte aber ein. Es war Hoffnungslos, sie schaffte es nicht den Sattel hochzuwuchten. Also kein Sattel für Harm. Wenn, dann vielleicht ein Magischer, der von selbst hochfliegt, aber sie bezweifelt, dass es so etwas gibt.


Erste Reitstunde:

Ohne Sattel, dafür mit dem Halfter als Quasi-Zaumzeug. Wer braucht schon Reitausrüstung? Es dämmert ihr, als Yasraena ihr aufs Pferd hoch hilft und sie oben sitzt. Sehr flauschig ists da oben. Zu flauschig!
Atevora möchte lieber nicht so genau darüber nachdenken WO sie dieses Fell gerade überall spürt. Die Shin vermerkt Gedanklich: Mit Rock am Pferd ohne Sattel = ungünstig.
Wie auch immer, jetzt ist es ohnehin schon zu spät.
Nundenn, frohgemutes mit auf kuscheliges warmes Fell gebettetem Popo zur ersten Reitlektion!
Yasraena gibt ihr  Anweisungen. Sie sind in einfachen Worten gehalten, und doch seltsam kryptisch, zumindest für Atevora. Die Shin runzelt ratlos die Stirn. Umfasse das Pferd? Leichter gesagt als getan, wenn sie doch eine spagatartige Grätsche da oben macht. Wie das zwischen den Beinen zieht. Zehenspitzen eindrehen? Sie hat leicht reden, bei einem Spagat muss man das für gewöhnlich auch nicht machen. Schenkeldruck? Gut, sie tut wie beschrieben - Nichts geschieht. Etwas fester? Fein. Atevora holt aus, und rammt die Schenkeln in die Pferdeflanke.
Es ist interessant wie langgezogen die Zeit erscheint, wenn man sich vom Rücken des Pferdes im freien Fall zum Boden begibt. Es scheint einem fast es bliebe genug Zeit alles mögliche an Handlungen zu tätigen, wenn man nur wüsste welche das sein sollten.
Jetzt liegt sie am Boden, Schmerzen bewegen sich wie seltsam siedend heiße Wellen durch ihren Körper. Yasraena stürmt natürlich sogleich zu ihr. Das Pferd ist irgendwo weiter entfernt zum stehen gekommen, trottet zurück und schaut verdattert auf Atevora herab, als würde es nicht verstehen was gerade passiert ist, was sie dort am Boden treibt und sich fragen ob es etwas falsch gemacht hat. Atevora fühlt sich unterdessen an die Blumenballnacht erinnert. Das letzte Mal als sie sich so gefühlt hat, ist sie zusammengeschlagen worden. Auch da war es dunkel, und Yasraena sprach auf sie ein. Mühevoll richtet sich die Magierin auf. Der Schmerz klingt ab, scheinbar ist nichts schlimmes geschehen. Es ist wichtig den Schock zu überwinden, im Keim zu ersticken, gleich wieder aufzusteigen und zudem das Tier mit einem positiven Gefühl abschließen zu lassen. Atevora akzeptiert mit schmerzverzerrtem Gesicht die Anweisung. Sie streichelt, das Pferd und sitzt wieder auf um sich eine Runde von Yasraena führen zu lassen. Sie steigt ungelenk ab. Das reicht eindeutig für das erste Mal.


----> Atevoras Wohnung

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Azra am 25. Dez. 2011, 17:24 Uhr
Ende Beerenreif 511

Als Yasraena spät am Abend von ihrem Ausflug mit der Weissen Mistress zurückkehrt ist Borgils Ärger noch immer nicht verraucht, sondern hängt wie eine grollende Gewitterwolke über seinem Kopf. Sein Gesicht ist in Stein gemeisselt, nahezu ausdruckslos, aber Azra sieht es in seinen schwarzen Augen aufblitzen, als er der Elbe gewahr wird, und rasch drückt sie der perplexen Halla die schaumgekrönten Bierhumpen in die Hand, bevor Borgil es sich doch noch anders überlegt und Yasraena höchstpersönlich den Kopf ein wenig zurecht rückt.
Den hat sie an diesem Nachmittag nämlich ganz offensichtlich kurzzeitig verlegt, als ihr ausgerechnet umringt von einer Schar Mütter, die von Natur aus in allem und jedem das grosse, böse Übel für ihre Nachkömmlinge erkennen können, samt dazugehöriger Kindermengen nichts Besseres eingefallen ist, als in der verbotenen Sprache zu fluchen und damit mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, als ihr wahrscheinlich bewusst ist. Zu allem Übel hat sich die Geschichte, sofern sie denn wahr ist, auch noch während eines gut besuchten Frühabends, an dem sich die Besucher die Türklinke regelrecht in die Hand drücken, direkt vor dem Harfentor abgespielt.
Azra kann nur wilde Mutmassungen darüber anstellen, was vorgefallen sein muss, um Yasraena, die letzten Monde über ein Musterbeispiel der Freundlichkeit und Geduld, so aus der Ruhe zu bringen, damit sie derart über die Stränge schlägt. In aller Öffentlichkeit!
Als Borgil Azra mit der angebrachten Ernsthaftigkeit über das Gehörte in Kenntnis gesetzt hatte, war ihr beinahe das Herz in der Brust stehen geblieben. Nicht etwa vor Schreck, weil Yasraena sich der Sprache, die ihr nun einmal als Kind beigebracht worden war, bedient hatte, sondern aus Angst, die Elbe könnte inzwischen von einem wütenden Mob an irgendeinem Baum aufgeknüpft worden sein.
Die nächste halbe Stunde hatte ihr Mann damit zugebracht sie zu beruhigen und ihr zu versichern, dass Yasraena inzwischen viel zu lange in Talyra wohne, als dass man mal eben so Lynchjustiz an ihr verüben würde. Ausserdem sei sie bekanntermassen eine Dienstmagd der Harfe und keiner würde es wagen ungefragt eines seiner Mädchen anzufassen, Shebarucblut hin oder her.
Aber mit ihr reden und sie vielleicht, wenn sich das Gehörte bewahrheitet, einmal kräftig durchschütteln, welcher Floh sie bitteschön gebissen hätte, sei unausweichlich. Gerade weil sie noch immer eine Shebarucblütige sei, in der Harfe für eine Shebarucblütige arbeite  und man nie alle Zweifel würde ausrotten könne. Mit Seharimzunge überzeugte Azra Borgil davon das Gespräch ihr zu überlassen – und das nicht nur, weil sie glaubt, dass Yasraena mit ihr eher reden wird, als mit Borgil, sondern auch weil sie aus irgendeinem Grund ahnt, dass die Elbe unter ein paar gestrengen Zwergenblicken zuschnappen würde wie eine Auster.

Flüchtig reibt sich Azra die Hände an ihrer Schürze sauber, während sie sich durch die Menge windet, Borgil zwischen zwei Gästen hindurch ein stummes ‚Ich-mach-das-schon‘ zuschickt und gerade rechtzeitig die Treppe erreicht, um Yasraena an der untersten Stufe abzupassen. „Yasraena, hättest du einen Augenblick Zeit für mich? Ich hätte...“ Azra vergisst, was sie eigentlich sagen wollte, als die Elbe sich zu ihr umdreht. Ein derart glückseliges Strahlen in den Augen, die Sonne über dem Golf von Cardossa wäre vor Neid erblasst. So muss ich dem Abend ausgesehen haben, als Borgil mich davon abgehalten hat Hals über Kopf aus seinem Zimmer zu stürmen... und den Tag danach. Und den Tag danach... und überhaupt alle Tage, die ich mit ihm verbringen darf. Nicht wissend, wo sie ihren Satz beendet hat und wie sie ihn angesichts von so viel Verliebtheit auf einem Haufen wieder anfangen soll, schluckt Azra einfach einmal leer und fasst Yasraena an der Hand: „Komm mal mit.“ Sie führt die Elbe durch die Harfe in Richtung des Flurs, der direkt zu ihren Privatgemächern führt. Dort würde sie Ruhe haben. Die Schlüssel klimpern leise, als sie den Eingang zu ihrem Wohnbereich aufschliesst, zur Seite tritt und Yasraena mit einer Geste und einem Lächeln hereinbittet. Hinter der Elbe schliesst sie die Tür wieder, darauf bedacht allzuneugierige Ohren auszuschliessen, und deutet auf den Rundtisch aus glänzend poliertem Eichenholz in der Mitte des Wohnraums. „Setz dich doch.“ Im Gegensatz zu ihrem Ehemann ist es für Azra ein Ding der Unmöglichkeit irgendetwas vor irgendjemandem zu verheimlichen und wenn sie lügt, kann sogar ein Blinder es ihr von der Nasenspitze ablesen. Auch jetzt verrät ihre Stimme, dass irgendetwas im Busch ist und ihr nervöses Händeringen, sowie ihr unsicheres Lächeln tun ihr Übriges.
Sich noch nicht ganz sicher, wie sie das Gespräch beginnen möchte, schindet Azra etwas Zeit, indem sie Holz im Kamin nachlegt und mit einem brennenden Span die Kerzen auf dem Tisch anzündet. Als die drei Kerzen auf dem Tisch... und alle anderen im Raum ebenfalls brennen – und Yasraena sich wahrscheinlich längst fragt, was zum Knochennager hier vor sich geht – setzt Azra sich zu ihr, seufzt leise und legt die Hände mit den Innenflächen nach oben gedreht in ihren Schoss, als hoffe sie die Antwort auf ihre Frage würde vom Himmel fallen und sie müsste sie nur auffangen.
Aber da fällt nichts. Unbehaglich rutscht sie ein wenig hin und her. Na los jetzt... sie guckt schon ganz verwirrt.
„Heute Nachmittag war offensichtlich ein kleiner Aufruhr vor dem Harfentor“, beginnt sie schliesslich etwas vage, kaut flüchtig auf ihrer Unterlippe herum und fügt schliesslich mit einem ehrlichen Auflachen hinzu: „Brenainn und Bræn haben mir ganz begeistert von Harm und der Eule erzählt.“ Das Lächeln erstirbt allerdings so schnell, wie es gekommen ist, denn im Grunde genommen fühlt sie sich einfach nur fürchterlich dabei Yasraena – wenn!! es sich denn wirklich so zugetragen hat, wie der junge Mann behauptet hat – ins Gewissen reden zu müssen. Aber beim ob könnte ich anfangen, beschliesst Azra und setzt sich etwas aufrechter hin.

„Nachdem sich der Tumult aufgelöst hat und du schon weg warst, hat uns jemand erzählt, du hättest... also... du hättest deine Sprache benutzt. Also, ich meine... ah, die Sprache der Shebaruc. Die dunkle Sprache. Na, du weisst schon.“ Yasraena hat gar nicht die Zeit irgendwie zu reagieren, denn Azra hebt in einer verteidigenden Geste die Arme, die bereits ausgesprochenen Worte davonscheuchend, um es nochmals zu versuchen. „Das heisst natürlich nicht, dass wir das geglaubt haben. Also... nicht... sofort... Halt eben. Kann ja auch sein, dass du, äh, einfach so irgendetwas gemurmelt hast, oder irgendjemand hat etwas falsch verstanden, oder du bist schrecklich erkältet, wodurch es so klingt als ob... bist du erkältet?“Bitte sei erkältet, bitte sei erkältet!...Natürlich ist sie nicht erkältet. Wann hätte sie sich denn erkälten sollen? In den vier Stunden, in denen sie weg war? Etwas niedergeschlagen ob ihrer eigenen Unbeholfenheit lässt sie die Schultern sinken, ruft sich selbst zur Ruhe und sieht Yasraena schliesslich ebenso bittend, wie mitfühlend an: „Was ich eigentlich fragen möchte: Hast du die dunkle Sprache benutzt?“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 26. Dez. 2011, 21:33 Uhr
Ende Beerenreif 511


Der Abend mit Savena verging wie im Fluge und alsbald haben beide den Tumult schon verdrängt oder gar vergessen, der sich ereignet hatte, zu schön ist die Zeit, welche die Beiden nach so langer Zeit wieder miteinander verbringen konnten, als dass sie die kostbaren Momente mit schlechten Gedanken ruiniert hätten. Und so ist Yasraena der Tumult gar nicht mehr vor Augen, als sie glücklich nach Hause – in die Harfe – kehrt.
Aber noch bevor sie die den Harfenraum richtig betreten hat wird sie bereits auf der Treppe von Azra abgefangen.  Inzwischen kann man Azra durchaus als eine der wenigen Freunde von Yasraena bezeichnen und so schenkt sie ihr ein strahlendes Lächeln, den verliebt-verträumten Glanz welchen Savena ihr in die Augen gezaubert hatte und das ganz ohne jegliche Magie, ziert die Elbe noch immer, so dass sie nicht nur wie die Freundlichkeit in Person wirkt, sondern ihr auch jedes Glück und jeder Funken der Verliebtheit deutlich anzusehen ist.
>Yasraena, hättest du einen Augenblick Zeit für mich? Ich hätte…<
Selbstredend hat sie Zeit für Azra und obgleich alles an Azras Art, Gestik und Sprache zeigt, dass etwas nicht stimmt, bemerkt es die sonst so aufmerksame Elbe nicht gleich. Viel zu sehr ist sie in ihren eigenen Gefühlen gefangen, als dass sie zwischen den Schmetterlingen in ihrem Bauch auf Azras Gefühle würde achten können. Ja nicht einmal das Offensichtliche springt ihr ins Auge und so folgt sie ihr unbekümmert in ihr Privatgemach. Dann jedoch wird sie hellhörig und sie ist sich sicher, dass sie irgendetwas angestellt hat und plötzlich ist sie sich sicher, was nur der Grund sein konnte. Es war Borgil oder vermutlich vielen der Harfengäste doch gegen den Strich gegangen, wie sie in aller Öffentlichkeit mit einer Frau geflirtet hat und womöglich würde Azra sie nun bitten dieses Verhalten künftig einzustellen. Zumindest war dies das Einzige, was sich Yasraena vorstellen könnte. Vielleicht lag es sogar nicht einmal daran,  dass es sich bei Savena um eine Frau handelt sondern um den Ruf, den diese in Talyra zu haben scheint. Yasraena ist sich sicher, dass Azra ihr nun sagen würde, dass es nicht gut sei, wenn sie sich, als Magd eines so öffentlichen und bekannten Ort wie der Harfe mit solch einer zwielichten Person abgibt. Schon schwant der Elbe böses und ein leichter Schatten von Misstrauen legt sich über die Verliebtheit in ihrem Blick, ohne jedoch den Glanz, der ihren Augen seit dem Auftauchen Savenas innewohnt, gänzlich zu Verdunkeln. Dennoch Verwirrung und Unsicherheit lassen sich nicht verbergen, denn die Elbe weiß nicht wie sie – sollte es genau darum gehen – darauf reagieren könnte. Den Umgang mit Savena würde sie sich gewiss weder verbieten lassen.

Die ersten Worte Azras , welche sie nachdem die Elbe Platz genommen hat, an sie richtet, weisen auf den Aufruhr hin und erst jetzt fällt Yasraena dieser wieder ein. Die Furie… Mit Sicherheit hat sie sich über Savenas Anwesenheit aufgeregt und beschwert… Wollen sie Savena nun Hausverbot erteilen? Müsse Harm weg? Nein, vermutlich geht es tatsächlich darum, dass man mir nahe legen will anderen Umgang zu pflegen.
Doch erst einmal holt Azra die schönen Momente hoch, berichtet, wie begeistert ihre Söhne von der Eule und Harm waren und Yasraena lächelt leicht, als sie sich an die Freude der Kinder erinnert und daran, wie begeistert die Kleinen von den Tieren waren. Yasraena mag Kinder wirklich. Sie sehen die Welt so unvoreingenommen, haben nicht diese schwarz-weiße Weltsicht, welche leider vielen Erwachsenen inne wohnt. Sie würde sich zwar nie selbst ein Kind ans Bein binden wollen, dafür liebt sie ihre Unabhängigkeit zu sehr, welche ein Kind doch arg einschränken würde, aber nichts desto trotz waren ihr Kinder immer lieb. Doch Azra war gewiss nicht hier um mit ihr über die Freude der Kinder zu reden, denn diese wurde ja von manch einer Mutter, welche sich wie eine Furie benahm jäh zerstört und als Azra ferner ausholt und auf den Tumult zu sprechen kommt, bestätigt sie damit der Elbe Vermutung, dass es viel mehr um die jähzornigen Mütter und ihre Befürchtungen Lady Shin gegenüber geht. Warum auch sonst sollte Azra sie sprechen wollen. Yasraena erwartet schon die Bitte dafür Sorge zu tragen, dass sie und die Lady sich anderer Orts, fern der Harfe treffen mögen, Harm möglichst rasch eine andere Bleibe fände und die Shin der Harfe fernbleiben solle, als Azra etwas unerwartet anderes sagt: >Nachdem sich der Tumult aufgelöst hat und du schon weg warst, hat uns jemand erzählt, du hättest… also… du hättest deine Sprache benutzt. Also, ich meine… ah, die Sprache der Shebaruc. Die dunkle Sprache. Na du weißt schon<

Yasraena ist für einen Moment perplex und ungläubig blicken ihre Augen in die von Azra. Die dunkle Sprache? IHRE Sprache? Seit wann ist die dunkle Sprache MEINE Sprache? Sie beherrscht die Sprache nicht einmal. Elbisch spricht sie perfekt und ja, ab und an, insbesondere wenn sie mit Shun redet  oder ihm Kommandos gibt, verfällt sie auch in diese Sprache, obgleich er diese erst durch Yasraena gelernt hat, ist der Klang dieser Sprache viel weicher und ruhiger, als es die Allgemeinsprache je wäre. Aber die Sprache der Shebaruc? Sie müsste Grübeln, wollte sie überhaupt irgendwelche Wortfetzen  oder gar Sätze dieser Sprache zustande kriegen. Viel zu lange ist es her, dass diese Sprache an der Tagesordnung war. Yasraena lässt den Tumult in ihren Gedanken Revue passieren.  Der Zorn den sie verspürt hat, als Savena so böse angegangen wurde, kommt abermals hoch. Sie hatte etwas gesagt… Sie erinnert sich daran und es war gewiss nichts Freundliches… Aber in welcher Sprache? Sie wusste es nicht mehr, hatte auch keine Sekunde darüber nachgedacht. Es kam einfach raus… Und sie kann sich jetzt trotz, dass sie sich ganz in die Situation versetzt und versucht zu ergründen, was sie genau gesagt hat, beim besten Willen nicht erinnern. Azra hebt aber noch ehe die Elbe zu irgendeiner Antwort kommt, die sie ihr gerade ohnehin nicht geben kann ob des ungläubigen Blickes Yasraenas, beschwichtigend die Arme und holt aus, dass sie es nicht geglaubt haben und Azra bemüht sich selbst bereits viele Entschuldigungen zu finden, welche bezeugen könnten, dass sie die dunkle Sprache nicht genutzt habe. Am Schluss aber stellt Azra die Frage offen heraus und erkundigt sich bei Yasraena ob sie diese Sprache genutzt habe oder nicht.

Yasraena hebt empört eine Augenbraue und will schon zu einer entrüsteten Antwort ansetzen, als sie ihre Braue auch schon wieder senkt und nicht weiß, was sie sagen soll. Die Wahrheit ist, sie weiß es schlichtweg nicht. Sie könnte Lügen und hätte jemand anderes sie gefragt, sie hätte ganz gewiss kein Problem damit ihm unverblümt und absolut überzeugend ins Gesicht zu sagen, was ihm überhaupt einfällt ihr solche Ungeheuerlichkeiten zu unterstellen. Azra allerdings, die freundliche gutgläubige Freundin anzulügen, ginge in diesem Punkt einfach zu weit. Yasraena ist sich der Folgen, welche auf sie zu kommen nicht bewusst, dass die Sprache verboten ist, ist ihr bekannt, aber hatte sie diese überhaupt benutzt? Und wie würde es ausgelegt, wenn sie zugäbe, sich nicht entsinnen zu können? Es ist ihr einerlei, denn letzten Endes war es die Mutter, welche mit den unverschämten Beleidigungen begonnen hat. Verbot hin oder her. Und so beginnt Yasraena das Geschehene aus ihrer Sicht zu erzählen. Sie erzählt wie glücklich und fröhlich die Kinder waren, berichtet auch davon, dass die ersten Mütter ihre Kinder schon recht früh weggeschleift haben und ja wegschleifen war das einzig passende Wort. Dann, als eines der Mädchen die Eule Via streicheln durfte kam die Furie. Yasraena erzählt, wie diese Savena beschimpft hat und als kaltherzige frivole Hexe titulierte, welche ihre klammen, toten Finger von ihre Tochter lassen solle. Auch berichtet sie, dass die Mutter sich dermaßen aufgebaut hat, dass Yasraena schon fürchtete, dass sie Savena windelweich prügeln würde, welche ja nun wirklich nichts schlimmes oder gar schändliches getan habe, sondern lediglich freundlich den Kindern alle Fragen beantwortet hat und ihnen sogar erlaubte Harm und die Eule zu streicheln. Das Weib als aggressiv und streitsüchtig zu bezeichnen war wirklich noch eine Untertreibung. Yasraena gibt auch zu, dass sie sehr wütend war. Mit einem Schulterzucken sagt sie: „Es wäre anders gewesen, hätte man mich beleidigt. Das bin ich gewohnt und da stehe ich drüber und weiß damit umzugehen, aber in dem Moment, als es nicht gegen mich sondern Savena ging, wurde ich wirklich wütend. Ich habe etwas gesagt… Ja… Aber so oft ich diesen Moment auch in Gedanken durchspiele, ich kann mich weder an meine Worte noch dessen Bedeutung noch an irgendeine Sprache entsinnen…“ Einen Moment wartet sie ehe sie kopfschüttelnd ergänzt: „Ich beherrsche die Sprache von der du sprichst nicht einmal… Sollte ich bestimmte Worte oder gar ganze Sätze sagen, ich wüsste nicht einmal wie.“ Und mit voller Überzeugung fährt sie fort: „Ich spreche Shidar und ein wenig Ayaron, wenn auch nicht viel, aber die Sprache der Shebaruc…“ Abermals schüttelt sie den Kopf.  „Ich kann dir nicht sagen, welche Sprache es war, die mir im Zorn über die Lippen kam. Meine Stimme mag schneidend und unfreundlich gewesen sein, aber dass ich die Sprache der Shebaruc genutzt haben soll, erscheint mir mehr als unwahrscheinlich!“

Der Tonfall der Elbe ist nachdenklich. Sie weiß wirklich nicht was sie gesagt haben könnte und welche Sprache es war. Sie hatte schlichtweg nicht nachgedacht sondern einfach im Zorn gesprochen, aber sie würde Savena, auch wenn es heißt sie an diese blöde Furie zu erinnern, danach fragen.  Auch nimmt sie sich vor künftig mehr darauf zu achten, denn sie ist überzeugt, dass die Furie ihr nun irgendeinen Unsinn anzuhängen gedenkt. Aber war dem wirklich so oder hatte ihre Erinnerung im Zorn, in der Wut doch einige Fetzen der längst vergessen geglaubten Sprache hervorgerufen? Yasraena ärgert sich maßlos über sich, denn dass sie sich beim besten Wissen nicht erinnern konnte, macht sie nun nicht gerade glaubwürdig. Gerne würde sie Azra etwas anderes erzählen. Immerhin hatte sie Azra bei ihrer ersten Begegnung auch angezischt und das in einer recht normalen Sprache. Einfach durch Ton- und Stimmlage hatte sie die Frau sehr verschreckt. Könnte so etwas nicht wieder passiert sein? Hatte sie vielleicht gar keine Sprache verwendet sondern lediglich ein wütendes Zischen von sich gegeben und woher wollte das einfache Volk bitte den Unterschied zwischen solchen Lauten und der dunklen Sprache kennen? Wer bei den Göttern kennt diese Sprache hier in Talyra überhaupt? Die einfachen und vor allem ungebildeten Bürger wohl kaum. Der Adel und die Gebildeten würden sich wohl auch eher mit anderen Sprachen befassen als DIESER. Wieso also kommt jemand auf die Idee ganz sicher zu sein, dass es sich eben genau um DIESE Sprache handelte und keine andere? Aus der Luft gegriffen? Oder will man ihren Ruf tatsächlich, eben weil sie sich mit Savena abgibt, welche nun bekanntermaßen gefürchtet ist, ruinieren und sie so darstellen, als würde sie gar dem Dunklen huldigen, seine Sprache nutzen oder ihm gar in Form von Ritualen huldigen?


Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Morian am 05. Jan. 2012, 15:00 Uhr
In der Nacht auf den ersten Langschnee im Schankraum der Harfe

Als Morian die Zwerge von Aarkon erwähnt, ziehen sich Borgils struppigrote Scheuerbürstenbrauen vor Argwohn zusammen und sie kann ihm an der Nasenspitze ansehen, dass er ihr kein Wort glaubt oder zumindest starke Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussage hat. "Hmpf", grunzt er und mustert sie misstrauisch, wobei er ein so herzig verwirrtes Mienenspiel an den Tag legt, dass sie sich beherrschen muss, nicht einfach loszukichern. Dieser Harfenwirt ist so ganz anders als all die Zwerge des Nordens, die sie kennengelernt hat und im Gegensatz zu diesen - eine Zusammenrottung engstirniger, schroffer, unmanierlicher Eigenbrötler, die die Zähne nicht auseinanderbekommen, wenn sie mit jemandem reden sollen, der nicht wie sie aus Stein gewachsen ist oder wenigstens seit siebenundzwanzig Generationen mit ihnen Handel treibt - scheint er von heiterem Gemüt und geradezu eine Plaudertasche zu sein. Seine Gegenwart fühlt sich an, als würde man neben einem warmen, heimeligen Feuer sitzen und bräuchte sich über nichts Sorgen zu machen, und sie muss feststellen, dass sie ihn eigentlich sehr sympathisch findet. Irgendwie hat er direkt etwas Mütterliches, erkennt sie, aber nach einem schnellen Seitenblick auf seine durchtrieben blitzenden schwarzen Äuglein kommt sie zu dem Schluss, dass sie ihm das vielleicht besser nicht sagt. Zum Schluss fühlt er sich dadurch noch in seiner Zwergenehre gekränkt und ich kriege anstatt Nachtisch vor die Nase eine Streitaxt zwischen die Schulterblätter.

Trotz allen mütterlichen Wesenzügen und seiner vertrauenerweckenden Art hat Borgil aber auch etwas Hintergründiges und Listiges an sich, das Morian zur Vorsicht mahnt. Im Grunde würde sie ihm liebend gern von ihrer Reise erzählen, einfach ihr Herz ausschütten und von all den Schrecken, von den Ängsten und Zweifeln erzählen, die sie plagen, alles hervorsprudeln, was sie erlebt hat - sie möchte so gern glauben, dass sie ihm trauen kann, aber sie kennt ihn nicht, und seit ihrer überstürzten Flucht aus Duisterhaven ist sie so misstrauisch geworden, dass sie praktisch hinter jedem Busch einen potentiellen Verfolger lauern sieht. Sie mag viel reden, wenn der Tag lang ist, kann auch ununterbrochen plappern, wenn es sein muss, aber ihr Herz hat sie nie auf der Zunge getragen, und was wirklich in ihrem Inneren vorgeht, weiß sie gut vor anderen zu verstecken. Und so wechselt sie geflissentlich das Thema und steuert das Gespräch aus den gefährlichen Untiefen ihrer Herkunft und Vergangenheit wieder in harmloseres Fahrwasser und überfällt Borgil anstatt mit ihrer Lebensgeschichte mit der Frage nach Haferbrei, was den armen Zwerg völlig aus der Bahn zu werfen scheint. >Ihr habt immer noch Hunger?<, entfährt es ihm überrascht, und der Blick, den er ihr daraufhin zukommen lässt, scheint ungläubig zu fragen, wo um der Götter Liebe willen sie all das Zeug bloß hinfrisst.

Morian zuckt mit den Schultern und macht ein zerknirschtes Gesicht. "Naja, nicht mehr wirklich Hunger, mehr so ... Appetit. Ich bin schon lange unterwegs und die meiste Zeit über sehr knapp bei Kasse, so dass ich gar nicht anders konnte, als mir anzugewöhnen, auf Vorrat zu essen. Manchmal gab es nichts, vor allem im letzten Winter, der so streng und hart war. Und wenn man dann mal tatsächlich an halbwegs genießbares Essen herankommt, dann futtert man eben, so viel man schaffen kann, denn wer weiß, wann sich wieder die Gelegenheit dazu bietet. Außerdem habe ich einen Extra-Magen für Süßes, da passt immer noch was rein." Borgil hat auch wirklich ein Herz für ausgehungerte Gäste, denn er wartet nicht nur mit simplem Haferbrei auf, sondern lässt eine der Mägde Julkuchen und heiße Mandelmilch bringen, was Morian in einen Zustand kulinarischer Verzückung versetzt und sie beim Verputzen der kleinen Kuchen vor Wohlbehagen geradezu dahinschmelzen lässt. Als sie dann mit der Spitze ihres Zeigefingers auch noch die allerwinzigsten Krümelreste vom Teller nascht, um auch absolut gar nichts von dieser Köstlichkeit zu verschwenden, ist sie zum ersten Mal seit langem wirklich, wirklich satt. Satt und zufrieden und auf einmal auch todmüde. Als sie sich auf der Bank zurücklehnt, fühlt sie bleierne Schwere in ihre Glieder sickern, und der lange anstrengende Tag beginnt allmählich seinen Tribut zu fordern.

Borgil nutzt diesen Zustand vorübergehender Seligkeit gnadenlos aus und setzt erneut zu einem prasselnden Fragenschwall an, wobei er aussieht, als würde er sie am liebsten an den Füßen packen und kopfüber halten, um die Geschichten, auf die er so sehnlich wartet, jetzt endlich aus ihr herauszuschütteln. >Habt Ihr also Eure Heimat verlassen um... hm... Euer Glück zu machen?<, bohrt er. >Was habt Ihr denn so vor im schönen Talyra?< Im ersten Moment ist Morian versucht, wieder nur eine belanglose, ausweichende Antwort zu geben, aber dann zuckt ihr ein verirrter Gedanke durchs Hirn, eine Bemerkung Colevars, die er vorhin auf dem Weg vom Verder Tor zur Harfe gemacht hat, eine Bemerkung, der sie zuerst gar keine Bedeutung beigemessen hat, weil sie nicht glauben wollte, dass so etwas möglich sein sollte: >...Meister der Flüsterer und Ohrenbläser ... wenn jemand etwas über die verschwundenen Söldner herausfinden kann, dann er ...< Nun hat sie diesen Meister der Flüsterer und Ohrenbläser selbst kennengelernt, hat einen flüchtigen ersten Blick auf sein Wesen erhaschen können, und eine Ahnung steigt in ihr auf, dass er vielleicht tatsächlich etwas wissen könnte, ein leiser, schwacher Hoffnungsschimmer. Sie hat ein bisschen Angst, diese Hoffnung richtig aufkeimen zu lassen, Angst, nur wieder enttäuscht zu werden, Angst, doch nur auf eine tote Spur zu stoßen ... und doch ist da jetzt auf einmal ein dünner Strohhalm, an den sie sich klammern kann, ein Strohhalm, der sie vielleicht zu ihrem verschollenen Bruder führen könnte, und er ist viel zu verlockend, als dass sie ihn einfach ignorieren könnte, und sei er noch so winzig.

Sie drückt den müden Rücken von der harten Holzlehne der Bank weg, setzt sich ein wenig auf und mustert aufmerksam das Gesicht des Zwergen, versucht in seiner Miene zu lesen, in seinen schwarzglitzernden, listigen Augen. Dann fasst sie sich ein Herz. "Nein, ich habe meine Heimat nicht verlassen, um mein Glück zu machen, ich habe meine Heimat verlassen, weil ich sie verloren habe, letztes Jahr, im Sommer war das." Grundgütige Götter, kann es sein, dass ich wirklich schon eineinhalb Jahre unterwegs bin? "Wie gesagt, meine Eltern waren Händler, sie besuchten regelmäßig Aarkon, um den Zwergen dort Metalle, Waffen, Rüstungen und Schmiedearbeiten abzukaufen und sie auf den großen Märkten in den Rhaínlanden weiterzuverkaufen, in Fa'Sheel, in Brugia, in allen größeren Handelsstädten. Meine Familie treibt seit vielen, vielen Generationen mit den Zwergen dort Handel und hat es dadurch zu einem gewissen Wohlstand gebracht." Bilder tauchen vor ihrem inneren Auge auf, Bilder aus glücklichen Tagen, als es noch fürsorgliche Eltern gab, einen Bruder, ein hübsches Haus an der Küste und ein sorgloses Leben, und die Bilder lassen ihre Augen brennen und plötzlich einen dicken Kloß in ihrer Kehle sitzen, den sie verzweifelt hinunterzuschlucken versucht. Denk nicht daran, denk um Himmels Willen nicht daran. Schieb die Erinnerungen weg. Bleib stark, vielleicht kann er dir wirklich helfen. "Es hat aber leider auch Neider gebracht, und einer von ihnen hatte keine Skrupel, meine ganze Familie auszulöschen, um sich das Geschäft unter den Nagel zu reißen. Er hat eine Söldnerbande angeheuert, die für ihn die Drecksarbeit erledigen sollte. Meine Eltern sind tot. Mein Bruder ist verschwunden, verschleppt, ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt."

Morian hat schwer mit den Worten zu kämpfen und ist kaum in der Lage, all die Erinnerungen aufzuhalten, die sie unaufhaltsam wie eine gewaltige Lawine überrollen und niederschmettern wollen, Erinnerungen an Feuer und Tod, schreckliche Bilder, die sie in ihren Träumen heimsuchen und die sie nie wieder loswerden wird. Sie kann den Zwerg gar nicht mehr ansehen und senkt die Lider, hält sich mit ihrem Blick an einem imaginären Punkt auf der Tischplatte fest, der ihr vorübergehend Halt gibt, bis sie sich wieder einigermaßen gefasst und das Zittern ihrer Hände und ihrer Stimme wieder halbwegs unter Kontrolle hat. "Deswegen bin ich in den Süden gekommen", fährt sie fort, "ich war auf der Spur dieser Söldner. Aber wir haben sie verloren, irgendwo im Verdland. Sie scheinen wie vom Erdboden verschluckt zu sein, niemand hat sie gesehen, niemand hat etwas von ihnen gehört." Als sie aufsieht und ihre Augen dem durchdringenden - und vielleicht auch ein wenig mitleidigen - Blick des Zwergen begegnen, schluckt sie ein bitteres Lachen hinunter. "Guckt mich nicht so an. Ich weiß nicht, was ich tun würde, sollte ich sie jemals finden ... was kann ich schon gegen eine ganze Bande verschlagener Söldner ausrichten, so gut wie nichts, das weiß ich auch ... aber ich kann auch nicht einfach nichts tun, ich kann nicht. Vielleicht lebt Eldrin noch, vielleicht kann ich unser Zuhause wieder aufbauen und das alles irgendwie wieder gutmachen ..." Die Hoffnung ist so blödsinnig, so naiv und aussichtslos, dass sie über sich selbst den Kopf schütteln muss. "Ja, gut, die Chancen stehen wohl eher schlecht", seufzt sie mit einem Anflug von Galgenhumor. "Aber dieser Gedanke hält mich am Leben. Und ich wüsste gar nicht, was ich sonst machen soll. Hier in Talyra werde ich mir wohl als erstes eine Arbeit suchen ... ich kenne mich hier nur noch nicht aus. Vielleicht wisst Ihr gar von jemandem, der eine Magd, einen Knecht, eine Schankmagd oder sonst eine Arbeitskraft sucht? Ich bin kräftiger, als ich im Moment aussehe, und ich kann hart anpacken, wenn es sein muss." Hoffnungsvoll schaut sie dem Wirt der Harfe ins bärtige Gesicht. "Und wenn Ihr zufällig etwas von einer Bande Söldner hören solltet, die aus dem Norden hierher gekommen ist ...seid so gut, und lasst es mich wissen, ja?"

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 06. Jan. 2012, 14:52 Uhr
Erntemond – Anfang Nebelfrost


Die Zeit streicht dahin und langsam aber sicher hat Yasraena in Talyra richtig Fuß gefasst, was sie wohl vor allem ihrem Hengst und ihrer Tätigkeit in der berühmten geoldenen Harfe verdankt. Als Magd der Harfe kennt sie inzwischen nicht wenige Bürger Talyras und durch ihren Hengst wird sie auch zu gesellschaftlichen Anlässen der großen Stallbesitzer und Landbesitzer von Talyra, bzw. eher dem Umland, geladen. Hatte sie anfangs noch Bedenken, man könnte sie ob ihrer Herkunft verurteilen, so haben sich diese Gedanken inzwischen längst zerstreut und die Elbe bemüht sich weiter offen und freundlich auf die Menschen und anderen Völker zuzugehen. Es ist nicht so, dass ihr allgemeine Plaudereien Spaß machen würden. Im Grunde ist es ihr herzlich gleich, wie es Personen ergeht, mit denen sie außer einem oberflächlichen Kontakt keinen Umgang pflegt. Doch es ist Teil eines höflichen Auftretens, sich nach dem Wohl seines Gegenübers zu erkundigen, ob einem etwas an dieser Person liegt oder  nicht. Auch wenn Yasraena nach Außen durchaus freundlicher geworden ist und vieles ihrer Verschlossenheit, die man durchaus als Kälte interpretieren konnte, abgelegt hat, so hat sich ihr Wesen kaum verändert. Sie fühlt sich den Bürger Talyras mit ihren Sorgen, Nöten und Freuden, nicht näher als zuvor auch. Oberflächliche Belanglosigkeiten und Gerüchte interessieren sie ebenfalls nach wie vor kein Stück. Meist handelt es sich doch um Unwahrheiten und Spekulationen und diese weiterzuverbreiten oder sich gar an den Mutmaßungen über Dritte zu beteiligen, daran ist ihr nun wirklich nicht gelegen. Überhaupt bedeuten ihr die wenigsten Kontakte wirklich genug, um sich mit den Problemen dieser Leute ernsthaft befassen zu wollen. Meist hört sie zu, lässt an den richtigen Stellen tröstende Worte fallen oder gratuliert strahlend zu etwas erreichtem, um sich dann aber auch wieder aus den Gesprächen zurückzuziehen.
Anders verhält es sich bei den anderen Mägden und Knechte der Harfe und selbstredend bei Azra, aber der Kontakt zwischen der Elbe und den Bewohnern der Harfe ist eben auch ein viel intensiverer, so dass man die dortigen Bewohner kaum als oberflächliche Bekannte bezeichnen kann. Das Wohl jener Personen, die der Elbe wichtig sind, liegt ihr selbstredend ganz anders am Herzen.

Eine Person ist dabei aus ihrem Leben gar nicht mehr wegzudenken. Savena und Yasraena verbindet inzwischen weit mehr, als oberflächliche Belanglosigkeiten. Auch kann man das Band, welches die beiden ungleichen und doch so ähnlichen Frauen verbindet, kaum noch als freundschaftlich bezeichnen. Die Zärtlichkeiten zwischen den Beiden gehen schon weit über eine Freundschaft hinaus, ohne dabei jedoch an ein belangloses Techtelmechtel zu erinnern. Viel zu regelmäßig ist der Kontakt inzwischen geworden und täglich verbringen die Beiden ihre freie Zeit zusammen. Meist ist die Zeit durchaus lang. Sie befassen sich zusammen mit Harm und Savena macht inzwischen immer mehr Fortschritte. Mag es auch auf viele den Anschein haben, dass der Eisigen das Feingefühl für zwischenmenschliche Beziehungen fehlt, so wird es immer offensichtlicher, dass sie dafür ein außerordentliches Händchen für Tiere zu haben scheint. Das Wohl ihrer Tiere ist ihr wahrhaft wichtig, so dass Savena ganz klar zeigt, dass ihr das Lernen und die Arbeit mit Harm, trotz der vielen Blessuren, sehr viel Freude bereitet. Ein Umstand, welcher Savena in den Augen Yasraenas nur noch sympathischer macht. Immer öfter gehen die Beiden auch zusammen aus oder ziehen sich gemeinsam zurück, ob die Nähe wirklich genießen zu können, denn so schwer es ihnen Beiden fällt, vor den Augen Anderer, nehmen sie sich doch deutlich zurück. Yasraena hatte anfangs das Gefühl, die Magierin täte dies, um ihren Ruf nicht noch mehr zu belasten, aber es wurde zunehmend offensichtlich, dass sie eher besorgt ist, den Ruf ihrer Liebsten zu gefährden. Denn obgleich Savena uneigennützig eine Armenspeisung vornimmt und hier und dort einigen Kindern Unterricht gibt, will sich ihr Ruf nicht bessern. Yasraena kann sich nicht recht vorstellen, woher dieser Ruf rührt. Savena mag in der Unterstadt einigen Geschäften nachgehen, doch das ist geheimhin nicht bekannt. Zumindest hat die Elbe solche Gerüchte nie vernehmen können. Alleine an dem Aussehen Savenas könnte es aber auch nicht liegen, denn dann würde Yasraena mit den gleichen Vorurteilen zu kämpfen haben. Sie bekommt diese aber inzwischen gar nicht mehr zu spüren. Es mag an Savenas Art liegen. Zugegebener Maßen mag sie ab und an Kommentare von sich geben, die andere heruntergeschluckt hätten und die es ihr nicht gerade leicht machen, an Ansehen zu gewinnen. Yasraena muss innerlich immer schmunzeln, wenn die Schöne sich in zwischenmenschlichen Dingen derart ungeschickt anstellt und dabei doch genau das ausspricht, was die Elbe denkt, jedoch nicht auszusprechen wagt.

Die Zeit streicht dahin und obgleich die Beiden Frauen sich inzwischen sehr nahe stehen, gibt es noch immer viel, was sie Beide trennt. So haben sie nie ausführlich über ihre Vergangenheit gesprochen. Yasraena weiß wohl, dass Savena eine ehemalige Adelige auf der Flucht ist, aber da hört ihr Wissen auch schon auf. Umgekehrt verhält es sich ähnlich. Savena weiß, dass Yasraena von einem Shebaruc abstammt, aber auch ihr sind genaue Hintergründe unklar. Über die Aktivitäten der Beiden in der Unterstadt haben sie sich selbstredend auch noch nicht ausgetauscht.
Die Elbe nimmt sich seit geraumer Zeit vor, einige dieser Dinge anzusprechen. Doch sind die Momente mit der Shin jedes Mal so schön und so kommt es, dass Yasraena die Zeit lieber genießt als über Unangenehmes zu reden.


Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Borgil am 27. Feb. 2012, 09:35 Uhr
Das arme Mädel sieht inzwischen so pappsatt und gleichzeitig so müde aus, dass Borgil im Grunde gar keine Antwort auf seine letzten Fragen mehr erwartet – eher schon, dass sie einfach umfällt oder im Sitzen einschläft und mit ihrer vorwitzigen Nase einfach im leergefutterten Kuchenteller landet. Doch weit gefehlt – sie mustert ihn zwar einen Moment lang fast abschätzend, aber dann kommt wieder Leben in ihre eher schlaksige Gestalt und eine vage Melancholie schleicht sich in ihre Züge. > Nein, ich habe meine Heimat nicht verlassen, um mein Glück zu machen, ich habe meine Heimat verlassen, weil ich sie verloren habe, letztes Jahr, im Sommer war das.<
"Och," schnauft Borgil mitfühlend und ist einmal mehr versucht, ihre Hand zu tätscheln. Er weiß wirklich noch nicht viel über diese Morian de Navarre – außer, dass sie unglaublich viel Essen auf einmal verdrücken und ziemlich viel reden kann. Aber irgendetwas hat sie trotz ihrer eher flapsigen, jungenhaften Art an sich, dass ihn jedes Mal, wenn er sie ansieht: Armes Lämmchen. denken lässt. Er könnte gar nicht sagen, warum, aber ihre nächsten Worte verschaffen ihm eine leise Ahnung für den möglichen Grund. Sie erzählt von ihren Eltern und deren Handel mit den Zwergen, etwas, das er ihr inzwischen längst glaubt und kommt dann zum eigentlichen Grund ihres Hierseins in Talyra – und der hat wirklich nichts mit "Glück machen" zu tun. >Es hat aber leider auch Neider gebracht, und einer von ihnen hatte keine Skrupel, meine ganze Familie auszulöschen, um sich das Geschäft unter den Nagel zu reißen. Er hat eine Söldnerbande angeheuert, die für ihn die Drecksarbeit erledigen sollte. Meine Eltern sind tot. Mein Bruder ist verschwunden, verschleppt, ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt.<
"Oh je Mädel, das tut mir wirklich leid." Diesmal tätschelt Borgil wirklich tröstend ihren Handrücken und für einen Moment verschwinden ihre Finger völlig unter seiner schwieligen Zwergenpranke, während Morian auf die Tischplatte starrt, als lägen dort die Geheimnisse Rohas verborgen. Sie tut das wohl, um sich zu sammeln oder zu fassen, denn die Worte zu finden fällt ihr sichtlich schwer, während sie mit ihren Erinnerungen kämpft. >Deswegen bin ich in den Süden gekommen. Ich war auf der Spur dieser Söldner. Aber wir haben sie verloren, irgendwo im Verdland. Sie scheinen wie vom Erdboden verschluckt zu sein, niemand hat sie gesehen, niemand hat etwas von ihnen gehört.<

Borgil nickt langsam - mit Söldnern kennt er sich aus, schließlich war er lange genug selbst einer. Söldner jeder Art und für jede Aufgabe gibt es entlang des Frostwegs zwischen dem Ildorel und den Gebirgen von Immerfrost wahrscheinlich zuhauf – alleine, in Truppen, ja sogar in Kompanien, die man anheuern kann, wenn man das nötige Gold in der Geldkatze hat. Aber mit Söldnern ist es wie mit vielen Dingen: sie tauchen immer dann in Scharen auf, wenn man sie gerade überhaupt nicht brauchen kann und bräuchte man einmal in seinem Leben auch nur einen einzigen, findet man noch nicht einmal den Schatten eines käuflichen Schwertes. Und selbst wenn sie sie findet – was dann? Borgil betrachtet die junge Frau vor ihm – armes Lämmchen! – und seufzt. Morian scheint seine Gedanken zu erraten oder vielleicht sind sie ihm auch einfach recht deutlich an der sonst so stoischen Zwergenmiene abzulesen, denn als sie Kopf und Blick hebt, und seinem begegnet, grinst sie freudlos. >Guckt mich nicht so an. Ich weiß nicht, was ich tun würde, sollte ich sie jemals finden ... was kann ich schon gegen eine ganze Bande verschlagener Söldner ausrichten, so gut wie nichts, das weiß ich auch ... aber ich kann auch nicht einfach nichts tun, ich kann nicht. Vielleicht lebt Eldrin noch, vielleicht kann ich unser Zuhause wieder aufbauen und das alles irgendwie wieder gutmachen ...<
"Wiedergutmachen?" Echot Borgil ein wenig verdutzt. Fühlte Morian sich etwa schuldig? Doch er kommt nicht dazu, weiter nachzuhaken, denn Morian spricht so rasch weiter, als fürchte sie, sonst wieder den Mut zu verlieren und gar nichts zu sagen oder die Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen. >Ja, gut, die Chancen stehen wohl eher schlecht. Aber dieser Gedanke hält mich am Leben. Und ich wüsste gar nicht, was ich sonst machen soll. Hier in Talyra werde ich mir wohl als erstes eine Arbeit suchen ... ich kenne mich hier nur noch nicht aus. Vielleicht wisst Ihr gar von jemandem, der eine Magd, einen Knecht, eine Schankmagd oder sonst eine Arbeitskraft sucht? Ich bin kräftiger, als ich im Moment aussehe, und ich kann hart anpacken, wenn es sein muss.<

Aha, dann war diese Schildmaid-Knappen-was-auch-immer-Geschichte also wirklich nur Tarnung! Schießt es Borgil durch den Kopf. Als Schildmaid eines Sithechritters bräuchte sie ja nun keine Arbeit, mal ganz abgesehen davon, dass sie vor lauter Training überhaupt nicht zum Arbeiten käme. Aber weiß Colevar das auch? Oder hat er sich nur auf eine Täuschung eingelassen, um sie sicher nach Talyra zu bringen? Ein Knappe und sein Ritter erregen auf den Straßen weit weniger Aufmerksamkeit, als ein Ritter und ein fremdes Mädel. Vielleicht hat sie den Eid gar nicht geleistet und das alles ist nur Flunkerei. Aber wenn doch... Colevar ist keiner, der Eide auf die leichte Schulter nimmt oder ich bin ein Riese und kein Zwerg. Es sei denn, sie ist gar nicht wirklich seine Schildmaid und die beiden tun nur so, als ob... herrje.  
"Och, oi... tschja nun, da wüsste ich schon jemanden. Schankmägde kann ich immer brauchen, im Augenblick sogar mehrere. Ihr habt nicht zufällig noch eine oder zwei oder ein halbes Dutzend Freundinnen mitgebracht?" Erwidert er und seine schwarzen Augen funkeln einen Moment halb belustigt, halb spekulativ. Borgil ist im Augenblick tatsächlich etwas knapp mit dem Personal und die Harfe brummt zwar immer, aber zur Zeit gleicht sie eher einem wildgewordenen Hornissennest, so ausgebucht und vorbelegt ist sein altes Gasthaus... bis zum Shenrahfest im Hochsommer hat er schon jetzt praktisch keine Besenkammer mehr frei. Morian bleibt ihm eine Antwort vorerst schuldig, aber sie sieht ihn so eindringlich und hoffnungsvoll an, dass Borgil schlucken muss. Jungfrauen in Nöten, Welpen und kleine Kinder... da sind sie wieder, die drei Stolpersteine in meinem Leben. Auf meine alten Tage werde ich doch noch sentimental!
>Und wenn Ihr zufällig etwas von einer Bande Söldner hören solltet, die aus dem Norden hierhergekommen ist ...seid so gut, und lasst es mich wissen, ja?<
"Aye," nickt er. "Talyra ist eine große Stadt und es kommen immer wieder mal Söldner durch. Allein, zu zweit, in Gruppen. Wir hatten das letzte Jahr ein paarmal welche in der Stadt. Altbekannte und neue Gesichter. Wisst Ihr vielleicht ein bisschen mehr über die Männer, die Ihr sucht? Aussehen, Pferde, Waffen, fremdländischer Akzent? Irgendetwas?"  

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Azra am 27. Feb. 2012, 15:13 Uhr
Ende Beerenreif 511

Sie kann sehen, dass ihre Worte Yasraena an einem Wunden Punkt treffen und bereut es sofort die Frage so offen gestellt zu haben. Ein wenig mehr Mitgefühlt hätte dich nicht umgebracht, schilt sie sich selbst und seufzt leise in die sich hinein. Auf der anderen Seite ist es nötig zu erfahren, was geschehen ist, wieso es geschehen ist und dafür zu sorgen, dass es nie wieder vorkommt. Dazu braucht sie allerdings Yasraenas Unterstützung. Ich kann sie noch so sehr beschützen wollen, wenn sie sich nicht helfen lässt, sind alle Mühen umsonst.
Unruhig, weil sie sich ernsthafte Sorgen um ihre Freundin macht, legt Azra ihre Hand auf Yasraenas Arm und kaut auf ihrer Unterlippe herum, wartend darauf, dass sie sich fängt und ihre Stimme wieder findet. Verschiedene Gefühle streiten auf Yasraenas hübschem Gesicht um die Vorherrschaft und von ihrer typischen kalkülen Ausstrahlung ist nicht mehr viel übrig. Das geht viel tiefer, als erwartet, wird Azra sich unangenehm bewusst und hofft, dass ihr Nicken ermutigend wirkt, als Yasraena endlich zu erzählen anfängt. Sie schildert das Geschehene aus ihrer Sicht, berichtet von den Kindern und den Tieren, von Savena und der überfürsorglichen Furie und gesteht dann, wahrscheinlich unbewusst ein, warum sie eigentlich so wütend geworden ist. „Es wäre anders gewesen, hätte man mich beleidigt. Das bin ich gewohnt und da stehe ich drüber und weiß damit umzugehen, aber in dem Moment, als es nicht gegen mich sondern Savena ging, wurde ich wirklich wütend.“ Unbehaglich Azra ihre Hände zurück, verschränkt sie im Schoss und wagt es einen Moment lang nicht wirklich aufzusehen, denn, wenn sie ehrlich ist, gefällt auch ihr als Mutter der Gedanke nicht, dass Mistress Weiss sich in der Nähe ihrer Jungs aufgehalten hat. Sie kann die aufgebrachte, wenn auch deutlich übertriebene Reaktion der Walküre, wie Yasraena die besorgte Glucke so schön umschreibt, irgendwie nachvollziehen. Atevora, Savena oder wie auch immer die Frau jetzt heissen mag, ist nicht unbedingt der bevorzugte Umgang für anständige Menschen – und das hat die Magierin sich ganz alleine zuzuschreiben. “Ich habe etwas gesagt… Ja… Aber so oft ich diesen Moment auch in Gedanken durchspiele, ich kann mich weder an meine Worte noch dessen Bedeutung noch an irgendeine Sprache entsinnen…“ Azra kann eine Lüge nicht erkennen, wenn sie ihr auf die Nase gebunden wird, aber das spielt in diesem Fall auch keine Rolle, da sie Yasraena voll und ganz vertraut. Abwartend neigt sie leicht den Kopf, als Yasraene einen Moment lang in sich gekehrt über ihre eigenen Worte nachdenkt, bevor sie ihre Bedenken noch expliziter auslegt: „Ich beherrsche die Sprache von der du sprichst nicht einmal… Sollte ich bestimmte Worte oder gar ganze Sätze sagen, ich wüsste nicht einmal wie.“ Der halbe Wolkenthron purzelt von Azras Herz und die Erleichterung zaubert ein strahlendes Lächeln auf ihre Lippen. “Ich spreche Shidar und ein wenig Ayaron, wenn auch nicht viel, aber die Sprache der Shebaruc... Ich kann dir nicht sagen, welche Sprache es war, die mir im Zorn über die Lippen kam. Meine Stimme mag schneidend und unfreundlich gewesen sein, aber dass ich die Sprache der Shebaruc genutzt haben soll, erscheint mir mehr als unwahrscheinlich!“
„Na also!“, bricht es aus Azra heraus, bevor sie von ihrem Stuhl aufspringt und Yasraena fest in die Arme schliesst: „Sie müssen es falsch verstanden haben. Sie haben gehört, was sie hören wollten und nicht, was du wirklich gesagt hast.“ Ihr Herz klopft verräterisch laut, aber dieses Mal vor Freude.
Sanft schiebt sie ihre Freundin ein Stück von sich, bis sie ihr in die Augen sehen kann, dann lächelt sie herzlich und streicht ihr eine silberne Locke aus der Stirn: „Es tut mir fürchterlich leid, dass es immer noch Leute gibt, die einfach nicht von ihr Angst ablassen können und dich deswegen in Probleme bringen...“ Und nach einem flüchtigen Zögern fügt sie mit einem etwas verlegenen Schulterzucken hinzu: „Und es ist schön dich glücklich zu sehen.“ Na los, sei kein Angsthase. Sie wird dich schon nicht fressen und es freut sie bestimmt, wenn sie sieht, dass du dich dafür interessierst... „Vielleicht magst du Savena ja einmal zum Essen einladen? Ich würde gerne sehen, wer die Person ist, die dir so ein Strahlen aufs Gesicht zaubern kann.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 28. Feb. 2012, 15:57 Uhr
Ende Beerenreif

Eigentlich sollte die Elbe ihre Freundin inzwischen gut genug kennen, um zu wissen, dass diese ihr glauben würde und doch ist Yasraena ob Azras Freude ein wenig überrumpelt. Vermutlich hatte Azra diesen ganzen Blödsinn ohnehin nicht glauben wollen. Vielleicht hatte sie nicht einmal nachhaken wollen und Borgil hat sie hergeschickt. Was auch immer der Grund war, die Sorge und Anspannung fällt je von Azra ab und auch Yasraena ist erleichtert, dass die Sache so schnell vom Tisch ist. Zumindest hofft sie, dass die Sache vom Tisch ist. Wirklich wissen tut sie es erst, wenn tatsächlich keine Folgen auf sie warten. Jetzt hält sie erst einmal eine sehr erleichterte Azra in ihrem Armen. Und auch wenn sich die Elbe wieder gefangen und ihr Lächeln wieder gefunden hat, nagen Zweifel an ihr. Azra ist nicht selten ein wenig leichtgläubig und wenn sie wie jetzt an die Unschuld ihrer Freundin glauben will, dann fällt es ihr nochmal leichter die Worte anzunehmen.
Für Yasraena ist die Frage gerade viel wichtiger, wer diese Behauptung aufgestellt hat und was sie selbst tatsächlich gesagt hat. Dass sie sich nicht an die Worte erinnern kann, macht sie nachdenklich. So sollte es nicht sein. Sie kann sich an die genaue Wortwahl dieser Furie erinnern und doch weiß sie von sich selbst nur, dass sie etwas gesagt hat… Da war Wut und sonst nichts… Wut? Wenn sie es sich selbst eingestehen würde, müsste sie sich korrigieren. Es war keine Wut. Es war Hass. Aber Yasraena gesteht sich diese Einsicht unterbewusst nicht ein, so dass es für sie tatsächlich eine durchaus berechtigte Wut war und nicht mehr. Doch warum dann sind die Worte welche sie gesprochen haben soll fort? Sie weiß genau, dass sie etwas gesagt hat und das macht die Sache noch merkwürdiger. Je mehr sie sich auf die Worte zu konzentrieren versucht, desto mehr entgleitet ihr der Moment. Es ist als wäre da etwas, was nur darauf wartet gepackt zu werden, aber sobald sie ihre Sinne danach ausstreckt und es zu erfassen versucht, ist es auch schon wieder weg. Ganz so, als würde es nicht entdeckt werden wollen. Yasraena wischt die Gedanken fort. Gewiss würde die Erinnerung später von selbst wieder kommen und dann könnte sie sich auch mit der Frage befassen, wer sich mit der verbotenen Sprache  so gut auskennt, dass er sie zu verstehen meint. Ein alt eingesessenes Talyra-Waschweib würde wohl eine Sprache nicht von der Anderen unterscheiden können. Wäre es also die Furie gewesen, könnte sie beruhigt sein. Diese ungebildete Frau versteht vermutlich nicht sonderlich viel von Sprachen und würde ihr lediglich etwas anhängen wollen.

Unterdessen schiebt Azra sie sanft wieder ein Stück von sich >Es tut mir fürchterlich leid, dass es immer noch Leute gibt, die einfach nicht von ihrer Angst ablassen können und dich deswegen in Probleme bringen...< Yasraena lächelt mild: „Ich denke dergleichen wird es immer geben. So sind die Menschen… Und nicht nur sie… Vorurteile halten sich stark und viele glauben alles was sie so auf der Straße hören.“ Mit den Gedanken ist Yasraena allerdings weniger bei sich selbst, sondern mehr bei Savena, denn diese hat wahrlich mit weit mehr Vorurteilen zu kämpfen. Für Yasraena selbst hat sich der Traum von Talyra mehr oder weniger verwirklicht. Durch die Anstellung in der Harfe und die Tatsache, dass die Wirtsfrau selbst ein Shebaruc-Abkömmling ist, welche nicht nur anerkannt sondern sehr geschätzt wird, hatte es die Elbe tatsächlich leichter als erhofft trotz ihres Erbes Fuß zu fassen. Auch wenn der Preis darin besteht, dass ihre Herkunft kein Geheimnis mehr ist. Dies hat sowohl Nach- und Vorteile. Jemand anderem hätte man bestimmt nicht nachgesagt, die dunkle Sprache zu benutzen. Dafür konnte sie das Versteckspiel nun endlich hinter sich zurücklassen.
>Und es ist schön dich glücklich zu sehen.< fährt Azra fort und lenkt das Thema wieder zu Savena. Yasraenas Lächeln wird strahlender. Ja, in der Tat, sie hatte hier in Talyra ihr Glück gefunden und wer hätte ahnen können, dass ihr Glück aus einer holden Weiblichkeit besteht? Sie selbst hätte es sich dergleichen nicht ausmalen können. „Ja wahrlich, glücklich, dass bin ich seit ich Savena kenne in der Tat!“
>Vielleicht magst du Savena ja einmal zum Essen einladen? Ich würde gerne sehen, wer die Person ist, die dir so ein Strahlen aufs Gesicht zaubern kann.<
Yasraena weiß nicht Recht, was sie von der Idee halten soll. An und für sich ist es nur richtig, ihre Gefährtin ihren Freunden vorzustellen. Aber Yasraena möchte die Liebste um jeden Preis schützen und wenn man bedenkt, wie viele Leute ihr nur ob ihres Rufes Unrecht tun, ist die Elbe arg vorsichtig. Allerdings ist Azra die letzte Person, die irgendjemandem etwas Böses will und die Idee gemeinsam mit Azra zu speisen ist gar nicht mal so übel. Überhaupt schätzt sie das aufrichtige Interesse ihrer Freundin. Allerdings sollte es wenn, ein freizeitliches Treffen in schöner Atmosphäre sein. Etwas, das auch Azra gewiss genießen könnte. Nur wo? Die Harfe ist irgendwie schon zu sehr Alltag geworden. Sowohl für Azra als auch für sie selbst. Es müsste etwas sein, das keine von Ihnen als Zuhause ansieht. Ein Essen in der Harfe ist für sie Beide ja nun wirklich alltäglich geworden. Aber wohin? Sie konnte Azra wohl kaum mit in den Pfirsich nehmen und auch der Kupferkessel war eine eher zweifelhafte Taverne. Vielleicht der grüne Aal? Zugegeben, bei den Seeleuten geht es auch oft etwas heftiger zu, aber der grüne Aal ist ein schönes Gasthaus. Sowohl von der Dekoration als auch dem Ambiente her. Aber ob sich Savena in dem verrauchten Raum wohlfühlen würde? Und was ist mit Azra?
„Die Idee ist wirklich toll, Azra. Freue mich schon, euch miteinander bekannt zu machen.“ Mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen fügt sie hinzu: „Wenn es allerdings bei einem Essen sein wird, dann lade ich euch Beide ein und wir suchen uns einen Ort an dem das Essen etwas Besonderes ist und es nicht wie hier in der Harfe schon zum Alltag geworden ist. Versteh mich nicht falsch, das Essen hier ist toll. Die Harfe ist nicht umsonst legendär und weit über Talyra hinaus bekannt. Aber für mich und für dich vermutlich noch mehr, ist die Harfe ein zuhause und kein Ort den man aufsucht um Freunde zum Essen auszuführen.“ Yasraena hofft, dass Azra versteht, dass es natürlich nicht um die Harfe selbst geht, sondern viel mehr darum, wirklich zum Essen auszugehen.
„Natürlich muss ich Savena vorher fragen, was sie von der Idee hält. Aber ich wüsste nicht, was sie dagegen haben könnte.“

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Morian am 27. März 2012, 16:55 Uhr
In der Nacht auf den ersten Langschnee im Schankraum der Harfe



Auf Borgils Frage hin versucht Morian sich genau an all das zu erinnern, was sie in der Nacht des Überfalls gesehen hat und was sie über die Söldner weiß, nur leider ist das nicht allzu viel. Sie kann dem Zwerg berichten, dass einer der Kerle schlimme Brandnarben im Gesicht hat, und ein anderer ganz in Schwarz gekleidet war, mit langem schwarzen Haar und ebensolchem Bart, ja sogar seine Klinge war geschwärzt gewesen. Und mindestens eine Frau muss es in der Bande geben - oder wenn schon keine Frau, dann doch zumindest einen Kerl, der sich ziemlich weibisch bewegt und eine Stimme hat wie heller Glöckchenklang. Sein hämisches Lachen hat Morian noch immer im Ohr und wird es wohl vermutlich eines Tages mit ins Grab nehmen. All das erzählt sie dem Wirt der Goldenen Harfe, doch noch während sie über Narben und schwarze Klingen und Frauenstimmen spricht, merkt sie, dass eine bleischwere Müdigkeit sie überrollt und sie sich anstrengen muss, die Augen offen zu halten. Der vergangene Tag mit seinem langen, beschwerlichen Marsch beginnt allmählich seinen Tribut zu fordern - und das ausgiebige Zehn-Personen-Menü mit Nachtisch, das sie sich gerade einverleibt hat, tut natürlich noch das seine dazu. Gerade als sie den letzten kümmerlichen Rest Mandelmilch aus ihrem Becher schlürft, kommt eine der Mägde hereingewieselt und vermeldet, dass in beiden bestellten Zimmern ein Bad gerichtet sei und dass sie sich eilen sollten, wenn sie das Wasser noch heiß haben wollen, also bedankt Morian sich eilig bei Borgil für das Essen, weckt mit einem energischen Stiefeltritt den selig schnarchenden Reykir, der während ihres Gespräches unter dem Tisch einstweilen in Tiefschlaf gefallen ist, und schleppt sich dann, den herzzerreißend gähnenden Hund im Kielwasser, die steile Treppe hinauf zu dem Zimmer, das die Magd ihr weist.

Der Raum ist hübsch und sauber, und in seiner Mitte thront einladend ein riesiger kupferner Badezuber, der zu drei Vierteln mit dampfendem Wasser gefüllt ist. Auf einem kleinen Holzschemel daneben liegen ein Stapel Leinentücher zum Abtrocknen, ein großer Kanten Seife und noch anderes Badezubehör. Nachdem Morian sich ihrer Stiefel und schmutzigen Kleider entledigt hat, lässt sie sich mit einem Seufzer seligen Wohlbehagens in das heiße Wasser sinken, taucht einmal komplett unter und kommt dann prustend wieder hoch, um sich gemächlich mit dem Rücken gegen den Rand des Zubers sinken zu lassen. Was ist das Leben schön, wenn man einen vollen Bauch, einen Bottich heißen Wassers und ein weiches Bett hat, hach... Blinzelnd wirft sie einen Blick über den kupfernen Waschwannenrand und mustert den stinkenden, dreckstarrenden Hund, der sich am Fuß des Zubers neben dem Kleiderhaufen niedergelassen hat. Der würde auch dringend ein Bad brauchen ... sogar mehr als dringend. Im Zimmer nebenan steht sogar noch ein mit heißem Wasser gefüllter Zuber, und da Colevar noch nicht wieder aufgetaucht ist, würde es sich geradezu anbieten, den Hund dort hinein zu verfrachten, bevor das Wasser kalt wird, doch dazu ist Morian im Moment eindeutig zu faul und zu schläfrig.  Und schließlich ist es Colevars Hund, soll der sich doch mit ihm herumschlagen. Ich wüsste nicht einmal, wie ich dieses Riesenvieh ins Wasser kriegen sollte, gar nicht zu reden davon, es dann auch noch darin zu halten. So wie ich Reykir kenne, gehört das Mit-Seife-abgeschrubbt-werden bestimmt nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen. Im Gegensatz zu Reykir findet Morian aber sehr wohl Gefallen an einem heißen Bad und schrubbt sich mit Lappen und Bürste und Seife von den Haar- bis zu den Zehenspitzen, bis ihre Haut zu glühen scheint und sie sich so sauber fühlt wie seit Wochen nicht mehr. Erst als das Wasser kalt zu werden beginnt, klettert sie aus dem Zuber und schnurstracks und ohne weitere Umschweife ins Bett. Morgen würde sie als allererstes den Sithechtempel aufsuchen und dort nachfragen, ob in den letzten Wochen Nachrichten von Folpert van Arkel eingetroffen sind. Der Gelehrte, dem sie in Brugia aus der Patsche geholfen hatten, hatte zumindest versprochen, sich umzuhören und ihnen einen Botenraben nach Talyra zu schicken. Mal sehen, ob er sein Versprechen auch gehalten hat. Morgen werden wir's wissen.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Morian am 29. März 2012, 19:20 Uhr
Am ersten Tag des Langschneemonds 511 in der Harfe und im Sithechtempel


In aller Götterfrühe schon poltert Morian die steile Treppe in die Schankstube hinunter, wo eine zerzauste, ziemlich verschlafen dreinblickende Magd gerade Stühle herumschiebt und den Boden fegt. Vom Wirt der Goldenen Harfe ist weit und breit nichts zu sehen, und ob Colevar von seinem überstürzten Ausflug schon wieder zurückgekehrt ist, weiß sie nicht. Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis die ersten Gäste auftauchen und die morgenstille Schänke mit Leben und Stimmengewirr füllen werden, aber das ist ihr ganz recht. Ihr karges Frühstück in Form eines Butterbrotes, rasch im Stehen gegessen, spült sie hastig noch mit einem Becher dampfend heißen Tees hinunter und lässt sich von der Magd den Weg zum Sithechhain erklären, bevor sie ohne weitere Umschweife aufbricht. Von der allseits so hochgepriesenen Stadt ist wie schon am Vorabend bei ihrer Ankunft leider wieder nicht viel zu sehen, denn noch immer liegt über Talyra eine dicke, spätherbstliche Nebeldecke, die alles in trübe Schwaden taucht und einen kaum fünf Schritt weit blicken lässt. Immerhin erreicht sie den Sithechacker, der im Süden der Stadt im Schatten ihrer gewaltigen Mauern liegt, mit nur zweimaligem Verirren, was angesichts des verwinkelten, labyrinthischen Handwerkerviertels, das sie dabei durchqueren muss, wohl noch ein ziemlich guter Schnitt ist. Als sich dann schließlich inmitten des ausgedehnten Gräberfeldes der nachtschwarze Kubus des Sithechtempels vor Morian aus dem Nebel schält, wirkt die Szenerie fast ein wenig unheimlich und wie aus einem der Gruselmärchen, die ihr Vater früher so gern erzählt hatte, aber das hält sie dennoch nicht davon ab, schnurstracks die heiligen Hallen zu entern und nach Nachrichten zu fragen, die für Colevar angekommen sind. Zu dieser frühen Morgenstunde sind kaum Priester oder Novizen unterwegs, aber schließlich findet sie doch jemanden, den sie mit Fragen bombardieren kann, ein fetten, kahlköpfigen Tempeldiener, klein wie ein Kobold und watschelnd wie eine Ente, der mit Besen und Schrubber herumhantiert, gerade einen zerfledderten Putzlappen über einem Kübel Seifenwasser auswringt und sich anschickt, die von vielen schlammbespritzten Füßen schmutzig gewordenen Fußböden zu wienern. Er bedenkt Morian zwar mit einem äußerst misstrauischen Blick ob der Rechtmäßigkeit ihres Anliegens, aber sie versichert ihm überzeugend, dass sie die Schildmaid des Sithechritters ist, dass eben der gerade von einer langen Reise zurückgekehrt ist und wohlbehalten in der Goldenen Harfe sitzt (zumindest nimmt sie das an), und kann ihn letztendlich auch beschwatzen, ihr die Nachrichten auszuhändigen.

Es sind zwei. Zwei dünne, eng zusammengerollte und noch enger beschriebene Pergamentstreifen, die sie schließlich in den Händen hält - und dabei so aufgeregt ist, dass ihr die Knie ganz weich werden. Was Folpert van Arkel ihr mitzuteilen hat, kann ihr ganzes Leben verändern, dessen ist sie sich bewusst. Die Nachrichten können ihr wieder Hoffnung machen oder diese mit einem Schlag vernichten, und als sie das erste Pergament entrollt, zittern ihr die Hände wie Espenlaub. Die Nachricht ist vom vergangenen Sommer und van Arkel schreibt, er sei dank ihrer Hilfe wohlbehalten in Fa'Sheel angelangt und werde bald weiter in den Norden reisen. In der Stadt würde über van Houten getuschelt, berichtet er weiter, und es heiße, dieser sei vor den König geladen worden, warum, das habe er allerdings nicht herausfinden können, aber er werde sich fürderhin - Morian muss an der Stelle grinsen über seine niedlich altmodische Ausdrucksweise - darum bemühen und sie auf dem Laufenden halten. Diese erste Nachricht stimmt sie zuversichtlich - die zweite allerdings bringt sie zum Luftschnappen und einen Moment lang glaubt sie, ihr Herz würde stehen bleiben.

Nach einer blumigen Einleitung und vielen umständlichen Worten schreibt der Advokatus: " .... wurde van Houten vor den König geladen, um seine Taten zu rechtfertigen, denn mehrere geschädigte Personen aus Duisterhaven, Ravensward, Meremont und sogar aus Fa'Sheel, denen er nicht minder übel mitgespielt hat als Euch, wertes Fräulein, haben sich zusammengetan, ein ganzes Geschwader von Advokaten angeheuert, und sind gegen ihn und seine dunklen Machenschaften zu Felde und vor Gericht gezogen - und das mit Erfolg. Herzog Harthacnut und der Rat der Stadt Ravensward haben sich versammelt, über ihn zu richten, und selbst der König hat an dieser Verhandlung teilgenommen. Etliche von Van Houtens Schandtaten konnten diesem Dieb und Mörder nachgewiesen werden und alle, die er auf übelste, verbrecherische Weise beraubt und bestohlen hat, werden ihr Eigen und ihren Grund und Boden und alles, was er sich widerrechtlich angeeignet hat, wieder zurückerhalten. Derzeit sitzt er im Kerker der Stadt Fa'Sheel und wartet auf seine Hinrichtung - er wurde wegen Mordes in vier und Beihilfe zum Mord in nicht weniger als siebzehn Fällen angeklagt und auch verurteilt. In drei Tagen wird er Bekanntschaft mit dem Richtschwert machen." Sie haben ihn tatsächlich drangekriegt, diesen elenden Bastard, ich kann es kaum glauben. Trotz dieser Nachricht, trotz der Tatsache, dass van Houten seiner verdienten Strafe zugeführt und die Gerechtigkeit in diesem Fall offenbar gesiegt hat, trotz alledem bleibt in Morians Inneren ein schales, leeres Gefühl zurück. Sie empfindet zwar eine tiefe Genugtuung darüber, aber ansonsten muss sie feststellen, dass Rache gar nicht so süß ist, wie immer behauptet wird, denn sie kann all das Leid und den Schmerz, den sie und ihre Familie ertragen mussten, nicht ungeschehen machen und sie kann auch nicht die Toten zurück ins Leben holen.

Aber dann, als Morian weiterliest, stockt ihr wirklich der Atem und sie kann spüren, wie wild ihr das Herz in der Brust pocht. Ungläubig starrt sie auf das eng beschriebene Pergament in ihren Fingern. "Zu Eurer sicherlich großen Freude kann ich überdies vermelden, dass zu jenen Anklägern van Houtens auch Euer hochverehrter Herr Bruder gehört, der seinen Häschern entkommen konnte und am Ende des Sommers und einer langen Irrfahrt nach Duisterhaven zurückgekehrt ist." Mein Bruder? Eldrin? Er muss da etwas verwechseln ... Ihr Verstand kann im ersten Moment gar nicht glauben, was ihm ihre Augen da übermitteln, aber es steht da schwarz auf weiß, steht wirklich da in Van Arkels winziger, zierlicher Gelehrtenhandschrift auf einem Streifen Pergament: "Er hat den Hausknecht der De Nevarres und auch eine Magd aufgetrieben, die den Überfall überlebt haben, und zusammen mit ihnen als Zeuge bei der Verhandlung ausgesagt. Alle Verträge, die Van Houten sich auf unlautere Weise erschlichen hat, einschließlich des gefälschten Ehevertrages mit Eurer Person wurden für nichtig erklärt, Eure Ländereien, das Gehöft, das Haus in Duisterhaven, das Geschäft und der Rest der Waren, die Van Houten nicht schon zu Geld gemacht hat, gehen wieder in Euren Besitz über, zudem wird Eure Familie eine angemessene Entschädigung für die erlittenen Verluste erhalten ..." Die Buchstaben tanzen vor Morians Augen, verschwimmen zu einer unleserlichen, krakeligen Masse, weil dicke Tränen ihr die Sicht verschleiern und ihr über die Wangen laufen. Eldrin! Eldrin lebt noch, er ist wieder da! Er ist noch am Leben! Sie kann nicht fassen, was sie da liest, kann die Worte kaum glauben, die ihr mit einem Schlag ihre Heimat zurückgegeben haben, ihren Bruder zurückgebracht haben, die ihr Herz mit einer wilden, ungläubigen Freude erfüllen.

Schniefend wischt sie sich mit dem Hemdsärmel über das Gesicht, während sie versucht, nicht völlig die Fassung zu verlieren, aber mittlerweile schlottern ihr die Knie vor lauter Aufregung so sehr, dass sie sich auf eine Bank setzen und tief durchatmen muss. Götter im Himmel, ich kann wieder nach Hause zurück, nach Hause! Ihre Augen fliegen regelrecht über den Rest der Nachricht: "....habe Euren werten Herrn Bruder besucht, der Euch die herzlichsten Grüße bestellt und um Eure baldige Rückkehr bittet ... mit dem erhaltenen Gold aus der Entschädigung wurde bereits mit dem Wiederaufbau des Guts begonnen ..." Sie möchte lachen und weinen und schreien zugleich, möchte am liebsten sofort und auf der Stelle nach Noorlân aufbrechen, möchte die ganze Welt umarmen, doch sie schließt nur zitternd die Augen und versucht, sich zu beruhigen.
"Ist Euch nicht wohl, Mistress?", reißt Morian dann eine Stimme aus ihrer Schockstarre. "Wohl schlechte Nachrichten erhalten, Mistress?" Als sie die Augen wieder aufschlägt blickt sie direkt in das feiste, runde Vollmondgesicht des putzhadernschwingenden Tempeldieners, der sie besorgt mustert. "Schlechte Nachrichten?, echot sie und fühlt, wie ihr ein Kichern die Kehle emporkriecht, unaufhaltsam und unabwendbar wie ein Niesen, das sich ankündigt. "Nein. Nein, im Gegenteil!" Und dann lacht sie, während ihr die Tränen über die Wangen laufen, ein befreites, ein erlöstes, ein frohes Lachen, das tief aus ihrem Inneren kommt, das ihr förmlich aus der Seele sprudelt und durch die stillen schwarzen Hallen klingt wie helles Freudengeläut. Und auf einmal hält sie nichts mehr auf ihrem Sitz. Wie von einem Katapult abgeschossen fährt sie hoch, packt den völlig überrumpelten Tempeldiener um die füllige Leibesmitte und schwenkt ihn so wild im Kreis herum, als würde sie Anlauf nehmen, um ihn sonst wohin zu schleudern. Der arme Kerl gibt einen ziemlich unwürdigen Japser von sich, während sein Schrubber zu Boden klappert und der tropfnasse Putzlappen in hohem Bogen durch die Halle segelt. Als Morian ihn endlich wieder loslässt, trudelt er schwungvoll noch zweimal um die eigene Achse, bis er sein Gleichgewicht und seine Würde wieder gefunden hat, aber sie sieht schon nichts mehr davon, denn sie ist längst durch die gewaltigen Tempeltore nach draußen geflitzt.

Lachend schießt sie hinaus in den nebligen Morgen, tanzt leichtfüßig durch die strengen, ernsten Reihen der Gräber, vorbei an einer Gruppe verblüfft dreinblickender Novizen, die gerade von ihrem Lehrmeister zur Morgenandacht geführt werden, und wendet sich nach Norden, den gleichen Weg zurück, den sie vor weniger als einer halben Stunde erst hergekommen ist. Als sie mit federnden Schritten die gepflasterte Straße entlanghüpft, will alles in ihr summen vor Glück, dann summt sie wirklich, dann wird ein Tra-la-la daraus und schließlich singt sie aus voller Kehle, als sie Fahrt aufnimmt und Richtung Harfe zu rennen beginnt. Ohne ihren Schritt zu verlangsamen, schlängelt sie sich hastig durch das langsam erwachende Handwerkerviertel, springt über gefrorene Pfützen, weicht einem Ochsengespann und einem fluchenden Flickschuster aus, der ihr kopfschüttelnd nachsieht, rennt fast einen Lumpensammler mit seinem Karren über den Haufen, scheucht eine Schar herumpickender Hühner auf, die empört gackernd das Weite suchen, rennt immer weiter, durch das Gerberviertel, über die hölzerne Flussbrücke, durch ein verwirrendes Labyrinth aus engen Straßen und Gässchen, aus Häusern und Läden, die sich zusammendrängen und kreuz und quer aneinander lehnen und sich dahin und dorthin neigen, vorbei an Wirtshäusern und Schänken, Schmieden und einer Weberei und duftenden Gewürzläden, bis sie schließlich erhitzt und schwer atmend den Marktplatz und die Goldene Harfe erreicht. Colevar, fällt ihr ein, ich muss es gleich Colevar erzählen. Aber Colevar ist noch immer nicht wieder aufgetaucht, wie sie in der Schankstube von einer Magd erfährt. "Wie - er ist noch nicht wieder da? Wie kann er jetzt nicht da sein, wo ich ihm so etwas Wichtiges zu erzählen habe?"

Am liebsten wäre sie sofort hinauf in ihre Kammer gelaufen, hätte ihr Kleiderbündel gepackt und wäre auf der Stelle Richtung Noorlân losgezogen. Aber sie muss einsehen, dass das Unsinn ist. Niemand, der seine fünf Sinne beisammen hat, reist im Langschneemond den Frostweg hinauf in den rauen Norden, mitten hinein in den eisigen Rachen des Winters. Um diese Zeit liegt in den Rhaínlanden, die sich sehr viel weiter nördlich befinden als Talyra mit seinem milden Ildorel-Klima, sicherlich schon eine Menge Schnee, und Noorlân, das nördlichste und kälteste aller rhaínländischen Herzogtümer, gelegen im Schatten des gewaltigen Eisenkammgebirges, ist vermutlich kaum mehr zu erreichen. Bei aller kribbliger Ungeduld muss Morian notgedrungen einsehen, dass sie mit ihrem Aufbruch wohl mindestens bis zur Schneeschmelze im Taumond wird warten müssen - früher loszumarschieren käme fast so etwas wie Selbstmord und in jedem Fall so etwas wie Irrsinn gleich. Aber sie hat so vieles überstanden, also wird sie auch irgendwie diese läppischen paar Zwölfmonde überstehen. Vielleicht kann sie bei Colevar bleiben und sich den Winter über noch als seine Schildmaid verdingen, und wenn er sie nicht haben will, dann wird sie sich in der Stadt eben Arbeit suchen und sich Geld für ihren Heimweg sparen. Irgendwie wird sie den Winter schon überstehen, und jetzt hat sie auch wieder ein Ziel, auf das es sich zu warten lohnt, sie hat wieder ein Daheim, zu dem sie zurückkehren kann, sie hat ihren Bruder wiedergefunden, und irgendwann, so die Götter ihr wohlgesinnt sind, wird sie wieder nach Hause kommen, wird Eldrin in die Arme schließen können und unter den schneeweißen Kalkklippen Duisterhavens stehen und auf das Silbermeer hinausschauen, wird wieder dort sein, wo ihr Herz hingehört.

Titel: Re: Die Goldene Harfe
Beitrag von Yasraena am 13. Mai 2012, 22:41 Uhr
Die Zeit streicht dahin, ohne dass das geplante Treffen stattfand. Mal war in der Harfe einfach viel zu viel los, als dass sich Azra hätte frei nehmen können, mal hatte Savena wichtige Termine. Und dann kam der große Sturm. Yasraena hat lange alle Hände voll zu tun, den Schaden an den Ställen zu beheben. Selbstredend, halfen ihr die Knechte und auch die anderen Mägde gehen zur Hand wo sie können, dennoch dauerte es seine Zeit, ehe der Schaden gänzlich behoben ist und überall in der Stadt bot sich ihr das gleiche Bild.  Manch einer hat nur Ställe und Scheunen an das Unwetter verloren, anderen hat es gar das ganze Dach weggefegt und wieder anderen hat es sogar die Häuser zerstört. Die Verwüstung war allgegenwärtig und nachdem sich das Unwetter  endlich genug ausgetobt hat, ist Talyra zu einer einzigen großen Werkstadt geworden. Handwerker haben alle Hände voll zu tun, die Schäden zu beseitigen. Doch auch jene, welche nur über wenig handwerkliches Können verfügen helfen und packen mit an. Tonscherben von zerbrochenen Blumenkübeln und Unrat, welcher der Sturm verteilt hat, mussten weggeschafft werden. Der Schaden war gewaltig, selbst das Haus, in der ihre Liebste wohnt blieb von dem Unwetter nicht verschont. Inzwischen ist das Dach jedoch zum Glück erneuert, wie auch viele andere Gebäude Talyras. Die ärmeren Bürger Talyras jedoch konnten die Reparaturen  an ihren Bleiben selbstredend nicht bezahlen. Hier musste sich mit einfachen Mitteln beholfen werden. Manch ein Dach wurde nur notdürftig geflickt und der Schaden, welcher der Sturm hier hinterließ ist noch immer allgegenwärtig.

Immer mehr Zeit zieht dahin und so rückt nun auch der Termin für das Picknick näher. Yasraena ist erleichtert, dass das Treffen im Larisgrün stattfinden soll. Das Umland ist einladend und erfrischend. Yasraena fühlt sich dort, zumindest wenn sie freie Zeit mit Freunden verbringen mag, einfach wohler als in den Tavernen und Spielunken der Stadt. Azra hat natürlich nicht mit sich reden lassen und möchte für das Essen sorgen. Yasraena fand es zuerst nicht richtig, besser wäre es gewesen, wenn sie ihre Freundin und ihre Gefährtin hätte einladen können. Doch den Zahn hat Savena ihr ganz schnell gezogen, indem sie ihr abermals vor Augen geführt hat, wie vermögend Borgil und Azra sind und es wohl kaum die Aufgabe einer einfachen Magd wäre für die mit dem Treffen verbundenen Kosten aufzukommen. Yasraena musste ihrer Liebsten natürlich zustimmen, auch wenn ein bitterer Beigeschmack blieb. Viel zu oft vergisst die Elbe einfach, dass sie sich den Luxus, den sie in den Elbenlanden genoss, nun nicht mehr würde leisten können. Die Einnahmen mit Shunj?anar waren zwar mehr, als die meisten Bürger der Stadt besaßen, aber abhängig von der Saison und somit nicht das ganze Jahr verfügbar. Das musste man sich schon gut einteilen. Der Zusatzverdienst, den sie dank ihrer Liebsten in der Unterstadt einstreichen konnte, blieb in letzter Zeit aus. Viel zu wenig Zeit hatte die Shin für ihre Gefährtin. Das Unwetter scherte ihr  genügend Probleme ein und die sich noch lange Zeit nach dem Toben des Wetters hatte kümmern müssen.
Umso mehr freut sich Yasraena, ihre Liebste zum Picknick wieder zusehen. Sie würden sich zwar  zurückhalten, so wie sie es in der Öffentlichkeit nun einmal zu tun pflegten, aber danach am Abend blieb noch ein wenig Zeit nur für sie Beide.



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