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Das Rollenspiel >> Die Stadt Talyra >> Fliegengrund und Lumpenmarkt
(Thema begonnen von: Niniane am 06. Sept. 2010, 13:26 Uhr)

Titel: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Niniane am 06. Sept. 2010, 13:26 Uhr
Der Fliegengrund

Eingepfercht zwischen Handwerkerviertel, dem Sithechacker und der Stadtmauer liegt der Fliegengrund, das ärmliche und heruntergekommene Gängeviertel Talyras, so benannt nach den verwinkelten Gassen und engen, meist ungepflasterten Wegen, die gerade noch Platz für einen kleinen Eselskarren, aber bestimmt nicht mehr für ein Fuhrwerk bieten – Wasserträger versorgen die Menschen hier mit trinkbarem Nass aus den nächstgelegenen Brunnen oder dem Llarelon. Rund um den Lumpenmarkt südlich des Flusses, unweit der Grenzen zum Hafen und jenseits der stinkenden Gerbergruben und Jauchebecken, drängen sich hier hohe, aber windschiefe Häuser, die ihre Fachwerkgiebel oft so weit über die Gassen neigen, dass sie sich fast zu berühren scheinen. In allen Hinterhöfen und auf jedem freien Fleck wuchern Hütten aus Holz, Baracken aus Reisig und Schilfgarben oder Verschläge für Kleinvieh wie Pilze aus dem Boden. Holzstiegen schmal wie Hühnertreppen winden sich durch die Höfe und führen hinauf in höhlenartige Wohnräume, die sich dicht an dicht in den Häusern drängen, Wohnungen über Wohnungen, links und rechts, oben und unten, fast alle eng neben- und ineinander geschachtelt. Die scheußlichste Pestluft aus den Gossen und der Brodem der Gerbergruben erfüllt beißend die engen Höfe, in welchen die Bewohner einander in die Fenster sehen, von denen die wenigsten Scheiben haben, sondern die meisten mit dünnen, fleckigen Tierhäuten verhängt sind. In der Gosse spielen schmutzige Kinder mit noch schmutzigeren Hunden im Dreck, halbverhungerte Katzen streunen auf der Jagd nach fetten Ratten durch die Höfe und überall grunzen halbwilde Fleckschweine herum und wühlen im Unrat. Auch im Fliegengrund und auf dem Lumpenmarkt patrouillieren die Blaumäntel regelmäßig, doch wenn sie es tun sind ihre Hände an den Knüppeln und Kurzschwertern, und ihre Mienen grimmig.

Der Lumpenmarkt

Der Lumpenmarkt ist der einzige größere Platz mit halbwegs freien, unbebauten Flächen im Fliegengrund, doch drängen sich zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang auch hier die Stände und Buden, wenn sie auch nicht hübsch anzusehen sind und meist nur aus ein paar schmutzigen Kisten und Körben, sowie darübergelegten Brettern bestehen. Hauptsächlich werden hier gebrauchte Kleidung und allerlei Stoffreste oder Lederflicken verkauft, doch es gibt auch Flickschuster und Kesselflicker, die ihre Dienste und Waren anbieten, Fettfischer und Reiserjungen, die Feuerholz und Kienspäne verkaufen, Straßenhuren, die hinter jeder Ecke ihre Beine für einen Kupferling breit machen, Krämer und Hausierer der billigen Sorte, Knochenrassler, Barbiere und Rattenfänger. Mitten auf dem Lumpenmarkt steht einer der wenigen Brunnen des Fliegengrunds, die "Tiefe Ada": ein weites, ummauertes Rund, mit einem einfachen Schindeldach geschützt und vollkommen schmucklos, aber mit sechs Schöpfstellen und steinernen Trögen zum Tränken von Vieh oder Waschen allzu schmutziger Finger (oder sonstiger Körperteile) versehen, in die mühsam von Hand das Wasser heraufgeholt werden muss. Im Osten und Westen des Lumpenmarkts, einander direkt gegenüber und durch die Breite des Platzes getrennt liegen auch die einzigen beiden Schenken des Fliegengrunds. Im Westen befindet sich der "Löchrige Eimer", eine billige Wein- und Bierschenke mit schlechter Küche und noch schlechteren Schankmaiden. Dafür aber hat der "Löchrige Eimer" willige Huren und einen Wirt, der gern das ein oder andere kleine, krumme Geschäft erledigt, nämlich den "Fetten Gaugin" - ein teigiger, schmieriger Kerl, der zehn Mäuler zu stopfen hat und mit einer keifenden Alten gestraft ist. Im Osten des Lumpenmarkts liegt der "Schwarze Humpen", ein besseres Gasthaus, aber ohne Huren und mit weniger Tischen - dafür ist es sauberer und wenn man Hammeleintopf bestellt, ist das Fleisch darin auch wirklich Hammel. Die Wirtin des Schwarzen Humpen ist die "Alte Safron", eine runzlige Vettel, aber flink zu Fuß und noch flinker in Gedanken.


NSC's des Fliegengrunds und des Lumpenmarktes

Der  Fette Gaugin, Wirt des Löchrigen Eimers, Zuhälter, Hehler und Vater einer grauenhaften Meute dreckiger, verlauster, brutaler Söhne im Alter zwischen sechs und siebzehn
Die einäugige Emma, die Rote Terys, Ladda und die Stumme - Schankmädchen und Dirnen im "Löchrigen Eimer"
Die Alte Safron, Wirtin des "Schwarzen Humpen"
Geschwür-Merri, eine Straßenhure von ungewissem Geschlecht
Der Hundemann, ein stadtbekannter Schläger, hält sich vier bissige, schwarze Hunde, die seinen Hof bewachen
Zaffaraya, eine Wahrsagerin und Seherin völlig unbekannter Herkunft, die gelegentlich ihre Dienste am Lumpenmarkt feilbietet
Graukatze, eine berühmte Rattenfängerin, die beste ihrer Zunft, gerade einmal vierzehn Sommer alt und unter ihrem ganzen Dreck und den Lumpenkleidern vermutlich sehr hübsch
Gralean Rotzahn, ein stadtbekannter Kesselflicker und fürchterliches Klatschmaul, mal auf dem Lumpenmarkt, mal auf dem Marktplatz anzutreffen
Arron Mauersegler, ein zwölfjähriger Bengel und Anführer des Rattenpacks, einer fast zwanzigköpfigen Bande von Kindern jeden Alters, die sich für die Beschützer und Wächter des Fliegengrunds halten, allesamt irgendwann einmal Blaumäntel, berühmte Ritter, Räuberhauptmann oder mindestens Wächter im Pfirsich werden wollen und ihr Auskommen einstweilen mit Rattenfang, Botengängen und "Wachdiensten" bestreiten

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Atevora am 14. Dez. 2010, 00:14 Uhr
Im Sonnenthron




Mittlerweile war es ende Sonnenthron. Atevora hat es dabei irgendwie immer geschafft Yasraena zu verpassen. So auch am ersten Goldschein an dem die erste Armenspeisung stattfand, und Atevora zuvor noch bei der Goldenen Harfe zwecks einer kleinen Unterredung mit der Frau mit der nachtschwarzen Schwertklinge vorbeisehen wollte um, wenn nötig, eine Ausrede für einen schnellen Aufbruch zu besitzen. Doch auch an diesem Tag hat Atevora die Frau verpasst. Laut Auskunft eines Burschen der Harfe, hat sie den freien Tag mit einer anderen Magd getauscht um ihrem Hengst die Freude zu gönnen als Deckhengst im Larisgrün zu arbeiten, und Atevora fragte sich hier wieder einmal, was diese Dame eigentlich in der Harfe, als einfache Magd welche das Vieh füttert, zu suchen hatte. Mit ihrem Geschick würde sie vermutlich weit besser in die Spähertruppen der Steinfaust passen, die Entlohnung wäre dabei auch noch wesentlich besser. Mit einem kleinen Trinkgeld hat sie sich an dem Tag bei dem Burschen bedankt, und sich nicht weiter gegrämt, schließlich sah es nach den Beobachtungen und Berichten zufolge tatsächlich so aus, als würde die Elbe ihr Wort halten und Stillschweigen über die Vorgänge in der Nacht bewahren, sodass sie vorerst keine unmittelbare Bedrohung darstellte. So hatte Anderes in der Zwischenzeit Vorrang, besonders zu ihrem Auftrag von Zorlok war noch einiges zu Sondieren und auch bezüglich ihres Deckmäntelchens „Wohltäterin der Stadt“ gab es noch genug an diesem Tag zu koordinieren.

Es wäre gelogen, würde behauptet, es wäre in der Causa Fliegengrund von Beginn an alles ohne Komplikationen oder Zwischenfälle von statten gegangen. Eine Hürde war am Anfang besonders ein Mangel an Helfern, der das organisatorische Drumherum teilweise sehr anspruchsvoll gestaltete. Unerwartet erwies sich der kleine zwölfjährige mit seiner Rattenbande als gute Hilfe. Es hatte gewiss seine Gründe weshalb der zwölfjährige Arron den Jugendtrupp anführte, obwohl es einige ältere Buben und Mädchen in der Gruppe gab. Das harte Leben im Fliegengrund hatte ihn schneller erwachsen werden lassen als andere Kinder die in einem behüteten Umfeld aufwachsen durften. Er agierte im Sinne seiner Truppe für sein Alter mit erstaunlicher voraussicht, war für ein Kind ungemein verlässlich, gewieft, von schneller Auffassungsgabe und er besaß ein freches und schlagfertiges Mundwerk, dass manch einem vor Überraschung nur so die Ohren wackelten. Er erinnerte sie gewisser Maßen an eine wesentlich jüngere Ausgabe eines anderen Menschen in ihrem direkten Umfeld.
Eine weite Hürde war bei den beiden Gasthäusern im Fliegengrund zu bewältigen. Hier gab es vor allem zu Beginn allerhand Zwistigkeiten, da die beiden Gastwirte durch die kostenlose Essensausgabe erhebliche Umsatzeinbußen befürchteten. Diese Befürchtungen bestätigten sich allerdings nicht. Jene die kein Geld für ihr täglich Brot hatten, gingen selten für ein kleines Stelldichein ins Gashaus um sich Kulinarisch oder mit billigen Huren verköstigen zu lassen. Diejenigen die genügend Geld besaßen gingen ohnehin weiter ihren Gewohnheiten nach, gingen zur Feier des Tages - aus welchem genauen Grund auch immer - ins Gashaus, oder gönnten sich ein Bierchen oder etwas anderes auf dem nach hause Weg. Entgegen der Annahmen, nahm die Gästezahl sogar ein wenig zu, denn ein Gashaus – egal wie schäbig es auch immer sein mochte – war eine der ersten Anlaufstellen für Neuigkeiten aller Art. So zog es alle, denen ein wenig Kupfer übrig blieb, für diesen verbalen Austausch: wo neue Tagelöhner gesucht wurden, wer neue Mägde und Putzen suchte, wer leichtfertig mit seinem Geld herumschmiss, und so fort, recht rasch in die Wirtshäuser.

Bei der Essensausgabe selbst, kam es bis auf ein paar kleine Unruhen - ausgehend von einigen all zu dreisten Tölpeln, die allerdings rasch von Ronan und seinen Kumpanen in die Schranken gewiesen werden konnten - zu keinen weiteren erwähnenswerten Zwischenfällen.
Mittlerweile war sogar schon so etwas wie Routine in diese Wohltätigkeitsbemühungen eingekehrt.
Nach den Regengüssen der letzten Tage, war der Boden an diesem Tag teilweise morastartig aufgeweicht, sodass sie teilweise einige Ballen Stroh am Boden verteilt aufgelegt hatten um schließlich nicht mit der Schöpfkelle bewaffnet hinter den Töpfen knietief im ekelhaften Schlamm zu versinken. Mittlerweile haben sie wieder alle behelfsmäßige Tischplatten und Bänke aufgestellt, es stinkt unter der Sommersonne ringsherum, mit Ausnahme der dampfend vor sich hin duftenden Speisen aus den großen Töpfen, von den Gerbergruben und dem Unrat in den umliegenden ärmlichen Höfen abscheulich und es herrscht bereits reges Kommen und Gehen.

Heute stehen die Stände des Lumpenmarktes, um den Bänken und Tischen für die Armenspeisung etwas mehr Platz zu gönnen, wieder ein klein wenig enger als sonst ohnehin schon. Allerdings sind auch dieses Mal, wie an jedem anderen Tag, an den vorderen Ständen wieder alle zu erwerbenden Kleidungsstücke aus zweiter Hand noch in sehr guten Zustand. Sie wurden gewaschen, geflickt und die schönsten Kleidungsstücke hängen herausgeputzt an einem Haken, die restlichen adrett zusammengefaltet auf behelfsmäßigen Tischflächen. Die Preise für diese Kleidungsstücke sind, wie man sich denken kann, noch verhältnismäßig hoch und für die meisten Besucher dieses Marktes unerschwinglich. Dringt man jedoch weiter in den Irrgarten aus Ständen vor, wandelt sich das Bild. Nur wenige Verkaufsstände weiter geben sich die meisten Standbesitzer hier bei der Präsentation der Wahre weit weniger Mühe. Ihre Waren liegen meist ungeordnet, ungefaltet und wild als großer Haufen auf viel zu kleinen Wühlpulten. Manche der Stoffe sind tatsächlich nicht mehr als das Ebenbild eines zerlöcherten Putzfetzens, und einige sind so enorm verdreckt, oder verbreiteten einen derartigen Gestank, dass es vermutlich unmöglich war sie je wieder fürs tragen annehmbar sauber zu bekommen. Doch auch hier, weiter im inneren des Marktes konnte jemand, der lang genug suchte, oder einen guten Blick besaß, noch das eine oder andere ganz besondere Schnäppchen und gute Kleidungsstück, das nach einem Waschgang und kleinen Korrekturen aussah wie neu, ergattert.
Atevora wusste das aus eigener Erfahrung nur zu gut, denn sie musste hier eine Zeit lang ebenfalls nach Kleidung für sich suchen. Diese Zeiten waren glücklicherweise vorbei. Mittlerweile besaß sie das Geld für den Erwerb annehmbar qualitativer Stoffe und sie konnte sich wieder gelegentlich die Dienste eines Schneiders leisten. Geld macht zwar nicht zwingend glücklich, doch welches zu besitzen erleichtert das Leben zeitweise zumindest ungemein.

Mit einem lauten Scheppern fällt ein Deckel zurück auf den Kochtopf und reißt Atevora aus ihren Erinnerungen. Schnell huscht ihr Blick hin zur Quelle des Lärmens und sie sieht noch wie Annest wütend keifend und mit drohend hoch erhobenen Kochlöffel Arron vom Pastinakeneintopf verjagt. Arron treibt Annest mit seiner zwanghaft neugierigen Topfguckerei bestimmt noch einmal in den Wahnsinn. Wenn die Köchin des Pfirsichs eines nicht leiden konnte, dann war es, wenn ihr Kinder bei der Arbeit ständig vor den Füßen herumliefen, und  ihre Nase, Finger und Löffel überall in die Gerichte hineinsteckten um zu schuppern und zu naschen. Stina, eine neu gewonnene freiwillige Helferin mit knochiger Statur und kurzem strubbeligem aschblondem Haar, rollt als einzige Reaktion auf den kleinen Tumult nur schicksalsergeben mit den Augen, während sie weiter großzügige Portionen des mit Honig gesüßten Griesbreies aus einem anderen großen Kessel auf die Teller der Bedürftigen klatscht.
Wie es aussah hatten die Leute, bis auf so kleine unwichtige Reibereien alles gut im Griff. Die Bittsteller standen artig in einer Reihe an und Sonera, die heute ebenfalls anwesend war, versüßt den Kindern mit einer kleinen Geschichte in einer freien Ecke den Tag. Wenn alle satt, oder die Lebensmittel aufgebraucht waren, würden sie wieder alles auf die Karren laden, oder in den Schuppen, der einmal Tanes Wohnung war, räumen und die Tür gewissenhaft abschließen.
Ihre Hilfe wurde vermutlich nicht mehr gebraucht, und da an diesem Tag gar so unerträglich die Sonne vom Himmel brennt, würden es ihr die Freiwilligen, die alle schon Atevoras kleinen Zwist mit der Sonne kannten, vermutlich nicht übel nehmen, wenn sie sich zurückzieht. Allerdings hatte die Lady in Weiß nicht vor den restlichen Tag in einer stillen dunklen Ecke zu kauern, bis sich die Sonne endlich zur Nachtruhe begab. Sie beabsichtige ihren weiteren Geschäften nachzugehen und schließlich noch einmal in der Harfe vorbeizusehen um Yasraena vielleicht dieses Mal nicht zu verpassen.


Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Atevora am 01. März 2011, 17:08 Uhr
1. Taumond 511


Im Moment versteckt sich die Sonne hinter einem schmalen Band luftiger weißer Wolken am ansonsten freundlich blauen Himmel. Es war zwar noch kühl, doch warm genug um die letzten Schneereste weiter schwinden zu lassen. Nur wenige Augenblicke, dann würde die Sonne wieder herab strahlen und den Boden weiter auftauen. Noch vor wenigen Tagen war der Boden gefroren, der Idorel ob eines plötzlichen Kälteeinbruches unter einer dicken Eissicht erstarrt, doch nun lässt der Frühling grüßen. Wo war er so plötzlich hergekommen? Atevora schien, als wäre er unversehens aus eben noch eisigem Winterhimmel herabgestürzt, ähnlich einer Katze, die sich aus dem Hinterhalt auf eine ahnungslose Maus stürzt.
Das plötzliche Tauwetter hatte die Nebenstraßen nun jedenfalls in widerlichen Morast verwandelt und wenig vermisste Gerüche geweckt. Vor allem hier stanken nun alle Ingredienzen der Gosse miteinander um die Wette. Kot, Urin, verschimmelnde und modernde Überreste, sauer, faulig, bittersüß.
Angewidert rümpft Atevora die Nase.
Glücklicher weiße werteten Tiere unangenehme Gerüche nicht derartig, ansonsten würde Shafir, mit seinem weitaus sensibleren Geruchssinn, vermutlich nicht so wacker neben ihr her stapfen und treuselig den kleinen Bollerwagen hinter sich her ziehen auf jenem einige Säcke Grieß und Mehl gestapelt sind. Atevora hatte die Nahrungsmittelration zuvor bei den Tempeln abgeholt und war nun auf den Weg zum Armenspeisungsplatz. Via war indes übrigens nicht zu erspähen, sie war ihr wieder irgendwo auf dem Weg abhanden gekommen. Vermutlich suchte sie sich ein blutiges Morgenmahl, und Atevora hoffte inständig, dass es diesmal eine räudige Ratte, oder eine verlauste Maus war und nicht wieder jemandes „geliebtes“ Nutzvieh.

Es ist nun nicht mehr all zu weit und der unangenehme Geruch nimmt nun kurz vor dem einzigen größeren gepflasterten Platz in dieser Gegend ein wenig ab. Zusätzlich nimmt der Lärmpegel zu. Die Geräusche erinnern dabei nicht grundlos an Marktleben, auch wenn hier, entgegen dem großen Marktplatz in der Stadtmitte, andere Güter als köstlich anzusehende Nahrungsmittel, wohlduftende südländische Kräuter oder exotische Waren feilgeboten wurden.
Am Rande des sogenannten Lupenmarktes hatten sich bereits wieder einige Helfer eingefunden und waren nun eifrig dabei Bretter, Tische und Bänke für die Speisung um Schlag Mittag aufzustellen. Auch eine Küchenmagd des Pfirsichs war in Vertretung der Köchin bereits zugegen und lud nun mit Hilfe von Tane die großen Kessel und den Pott mit dem spendierten Eintopf, der nur noch aufzuwärmen war, von einem kleinen Eselkarren ab.
Der rothaarige Bursch und ehemalige Straßendieb, der sich nebenher erwähnt mittlerweile zu einem stattlichen hübschen Mannsbild in qualitativer Kleidung - aber noch immer straßentauglichem Maulwerk – gemausert hatte, bemerkt den Neuankömmling als erstes. >“Ah da schau her, unsere Lieblingslady ist auch schon da! Wie geht’s wie steht’s?“< Schallt es ihr, den übrigen Umgebungslärm nur knapp übertönend, entgegen.
„Vollkommen annehmbar. Danke der Nachfrage.“
Gemütlich stellt sich die Eismaid mitsamt Hund und Karren neben das Eselsfuhrwerk und geht gemächlich in die Hocke um Shafir vom Zuggeschirr zu befreien.
Gerade als sie den letzten Gurt löst, braust eine Katze mit schrillem Miau zwischen den Beinen des Esels hindurch. Dicht gefolgt saust Via im Sturzflug dickt an des Esels Schnauze vorbei dem Katzenvieh hinterher. Erschrocken bäumt sich der Esel auf, schlägt aus, scheppernd fliegen die Töpfe zu Boden, krachend bricht das altersschwache Holz des Karrens. Nur noch mit einem kühnen Hechtsprung irgendwohin zur Seite in den Dreck kann sich Atevora vor den Hufen des Tieres in Sicherheit bringen, als es vom plötzlichen Lärm weiter aufgeschreckt mitsamt des ramponiert Karrens davonprescht.

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von TianShi am 04. März 2011, 20:05 Uhr
1. Taumond 511



Auch wenn sie sich völlig aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hat, so ist ihr die Stadt doch nicht fremd geworden. Allenfalls deren Bewohner die jeden Tag ihrem hektischen und manchmal auch eintönigen Leben nachgehen.
Gehüllt in einen dunkelbraunen Umhang, der bereits nach den ersten Schritten eifrig den Dreck der Straße fegt und sich langsam aber stetig mit Wasser des antauenden Schnees voll saugt, führen ihre ersten Schritte Richtung Marktplatz, der nur einige wenige Straßen entfernt liegt, um sie dann Richtung Süden zu lenken. Sie hat ein bestimmtes Ziel vor Augen, ist sich aber keineswegs sicher, ob dies auch eine gute Idee ist. Trotz all der Zeit, die sie nun schon hier verbracht hat, ist es doch nie ihr Platz auf der Welt gewesen, mehr ein Zwischenstopp. Doch die Entscheidungen der Vergangenheit ließen sich nun nicht mehr rückgängig machen.  
Informationen, über das was in Talyra tagtäglich passiert, erhält sie stets genug von den Patienten die zu ihr kommen, doch etwas zu hören und etwas direkt zu erleben sind von je her zwei unterschiedliche Paar Schuhe gewesen.

Dennoch lässt sich TianShi auch von einigen unsicheren Gedanken nicht ablenken und passiert eine Straße nach der anderen. Gebäude erstrahlen in neuem, aber auch altem Glanz und manche haben sich mittlerweile so vollkommen verändert, dass es schwer fällt sich zu orientieren. Vorbei an der ehemaligen Töpferei Lembrandt, führt es sie solange Richtung Süden, bis die Hufschmiede in Sichtweite kommt. Der Llarelon führt die Kälte des abklingenden Winters mit sich und lässt TianShi unter ihrem Umhang frösteln. Auch wenn die Sonne Wärme verspricht, so wird es doch noch eine ganze Weile dauern, bis sie genug Kraft hat, um endgültig den Frühling einzuläuten.
Den Sitechacker bereits in Sicht, verbreitet sich zunehmend ein Geruch, der ihr unmissverständlich klar macht, dass sie ihrem Ziel immer näher kommt. “Und was wirst du tun, wenn du dort angekommen bist? Das Elend dieser Welt retten? Von wie vielen Leuten und wer sagt dir überhaupt, dass man sich mit dir abgeben wird?“
Negative Gedanken sind ihr unbekannt, zumindest weitgehend und doch ist etwas mit der Zeit anders geworden. Doch ein Gewissen Misstrauen gegenüber dem Unbekannten kann bekanntlich ja nie schaden.

Als sie in die ersten verwinkelten Gassen des Fliegengrunds einbiegt, raubt ihr der Gestank fast den Atem. Beim besten Willen kann sie sich nicht vorstellen, wie es hier im Sommer zugehen muss. Sie hat die Wahl sich entweder ein Stück der Kapuze vor die Nase zu ziehen oder lieber den Saum ihrer Gewänder nicht direkt durch den Dreck, über den sie eigentlich gar nicht nachdenken mag, schleifen zu lassen und entscheidet sich für Letzteres. Ihre Nase würde sie schließlich schneller von den Gerüchen, als die Kleider von dem Dreck, befreien können. Die Blicke und zotigen Anspielungen der Frühaufsteher ignorierend, erreicht TianShi den Lumpenmarkt. Die Vorbereitung für die Armenspeisung scheinen schon begonnen zu haben, ganz wie man es ihr berichtet hatte. Zwischen all dem Unrat, den baufälligen Gebäuden und heruntergekommenen Gestalten, wirkt der Versuch etwas Gutes zu tun vollkommen hilflos, aber sie weiß, dass es jede Menge Bedürftiger gibt, die unendlich dankbar dafür sein werden.
> „Vollkommen annehmbar. Danke der Nachfrage.“< Diese Worte lassen sie aufhorchen. Wage Gerüchte über die Personen, die hier die Armenspeisung betreiben, sind ihr zu Ohren gekommen, dennoch war es ihr unwahrscheinlich vorgekommen. Jene schwarz-weißen Haare sind jedoch unverkennbar. Genau wie die Stimme. Bevor sie jedoch Gelegenheit bekommt auf Atevora zuzugehen, fliegt etwas haarscharf an ihrem Gesicht vorbei und reißt ihr fast die Kapuze vom Kopf. Erschrocken dreht sie sich nach der Ursache um, kann aber nur noch etwas vollkommen Weißes davonfliegen sehen. Es dauert nur wenige Herzschläge, doch der Lärm hinter ihr spricht Bände. Überall werden Stimmen laut und weiteres Gepolter ist zu hören.

Als TianShi sich wieder zur Atevora umdrehen will, ist diese verschwunden. Zumindest auf den ersten Blick scheint es so, doch als sie genauer hinsieht, kann sie die Unglückliche inmitten des Drecks auf dem Boden sitzen sehen. Alles andere als erfreut.
Mit einem verständlichen Schmunzeln auf dem Lippen, welches jedoch rasch wieder in einen neutralen Gesichtsausdruck übergeht, weicht TianShi Holzresten und verstreuten Töpfen aus, um zu Atevora hinüberzugehen.
„Kann ich helfen?“ Die Hand hilfreich ausgestreckt, beugt sie sich leicht über die sichtlich wütende Frau, an der es kaum ein Stück Kleidung gibt, das vom Straßendreck verschont geblieben ist. „Scheint kein guter Beginn für einen Tag zu sein, hmm?“
Die Umstände unter denen sich ihre Wege damals getrennt hatten, wurden nie aufgeklärt und es scheint Ewigkeiten her zu sein, doch das Gefühl der Beklommenheit, welches sie damals verspürt hatte, mit dem Toten in ihrem Flur, scheint plötzlich für einen Moment wieder da zu sein. “Wer auch immer er war... Es hatte nie einen Namen zu der verlorenen Seele gegeben.


Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Atevora am 05. März 2011, 14:56 Uhr
1. Taumond 511



Atevora rollt und schlittert über die matschige Straße und kommt schließlich irgendwie verdreht und verrenkt halb auf dem Bauch zu liegen.
Hecktisch versuchen unterdessen einige Helfer das wild gewordene Huftier wieder einzufangen und unter Kontrolle zu bringen, bevor noch ein wirkliches Unglück geschieht. Atevora bekommt von dem Aufruhr im Moment nur sonderlich wenig mit. Mit einem Gemisch aus Verärgerung und schwer kriechendem Ekel, setzt sie sich auf und zieht sich die klammfeuchte Kapuze wieder über den Kopf, währenddessen ihre ehemals weiße Kleidung langsam die Feuchtigkeit und den umgebenden Dreck weiter gierig in sich aufsaugt. Gewiss ist kaum ein Stück ihres Gewandes unverschont geblieben, sodass sie nun aussieht, als hätte sie sich, gleich einer fetten drallen Mastsau, freiwillig in dem Unrat gesuhlt. Dabei möchte sie aber lieber nicht einmal genauer darüber nachsinnen, aus welcher Zusammensetzung die Nässe besteht, die gerade durch ihre Kleidung zu ihrer Haut hindurch sickert. Morgen habe ich bestimmt überall einen ekelhaften Ausschlag. Wenn ich diesen Vogel erwische, rupf‘ ich ihn und schmeiß‘ ihn auf den nächsten Grillrost! Sie sieht schon vor sich, wie sie am nächsten Tag, aufgrund eines mächtigen Sonnenbrandes im Gesicht und allerhand denk- und undenkbarer juckender und nässender Hautlesionen, die Heiler in der Steinfaust aufsuchen muss, dabei womöglich auch noch Mealla als Behandelnde zugeteilt bekommt und bei der drohenden sich aufstauenden katastrophalen, drückenden und beklommenen Atmosphäre, auf diese Weise psychisch überlastet, in einem plötzlichen Aussetzer, oder Anfall geistiger Unzurechnungsfähigkeit, einfach nach der vermeintlichen Quelle des Ungemachs greift und sie kurzerhand erwürgt.
>“Kann ich helfen?“< Durchbricht eine weiche wohlklingende Stimme, die Atevora so seltsam bekannt vorkommt, ihre düsteren Gedanken und eine helle zierliche Hand, vor dem Hintergrund eines dunkelbraunen Mantels, wird ihr entgegengestreckt. Dankbar greift Atevora mit ihrer behandschuhten Hand nach der dargebotenen und blickt während sie aufsteht hoch. Als sie erkennt zu _wem_ die helfende Hand gehört, versteinern Atevora die Gesichtszüge.
Am Liebsten würde sie nun Augenblicklich, wie der Steinfaustkobold Kumpquat, oder Pumpquat - oder so ähnlich – auf der Stelle mit einem lauten Plopp verschwinden, irgendwo weit gegenüber am anderen Ende des Platzes wieder aufploppen, die Beine in die Hand nehmen und türmen. Doch das Leben ist leider kein Wunschkonzert. So steht sie also nach so vielen Jahren TianShi gegenüber, und mit einem Schlag sieht sie wieder die Szenen von jenem Tag vor sich. Besonders die Schlussequenz, als sie auf DarSzallyrs Rücken und mit ihrem spärlichen Habe zurückblickt auf den leblosen Leib am Flur, und um TianShi vor übergriffen zu schützen, mit dem Zentaur davongaloppiert. TianShi war immer zuvorkommend, höflich und hilfsbereit, obwohl Atevora gefangen in ihrem ständigen Zwiespalt, dem inneren schwelenden Zorn, der Verbitterung, der Unfähigkeit dem Gegenüber Vertrauen entgegenzubringen und der Geringschätzigkeit gegenüber allem, ständig schroff mauerte und sie zurückwies, oder ohne die Aussicht einen eigenen Vorteil für sich gewinnend herauszuschlagen nicht gewillt war etwas Einfühlungsvermögen, oder Freundlichkeit zu versuchen. Und im Gegenzug für Tianshis Liebenswürdigkeit hinterließ sie ihr Chaos UND eine Leiche am Flur. Was für eine Dankbarkeit!
Gut mittlerweile hatte sich vieles geändert. Atevora war zwar noch immer unnahbar und besaß weiterhin das Einfühlungsvermögen eines Vorschlaghammers, doch inzwischen stieß sie niemanden mehr rein vorsorglich barsch von sich, sondern verharrte und versuchte sogar teilweise die Individuen in ihrem Umfeld zu verstehen.

So oft war sie in den letzten Jahren an dem Anwesen vorbei gekommen. Oft hat sie kurz am Tor ausgeharrt, inne gehalten und den Geräuschen gelauscht, die zu ihr herüber drangen. Ab und an hatte sie sich sogar dabei ertappt, wie sie bereits die Finger an der Klinke hatte um sie niederzudrücken und den Weg zum Gebäude zu betreten, um die Geschehnisse aufzukären, doch sie wagte es nicht. Wie hätte sie auch können? Sie wollte nicht einmal näher daran denken wie die Heilerin möglicherweise reagieren könnte, wenn sie sich wieder begegneten. Und nun? Nun steht sie plötzlich vor ihr, hält ihr freundlich die Hand entgegen und richtet mit mitfühlender Miene und sanften Tonfall das Wort an sie. , >“Scheint kein guter Beginn für den Tag zu sein, hmm?“<
„TianSh....“ Haucht Atevora stimmlos entgeistert. Shafir, der große (bis auf eine weiße Schwanzspitze vollkommen schwarze) Bärenhund hat Atevoras Stimmungsumschwung scheinbar wahrgenommen, stellt sich mit eingezogenem Schwanz sowie sachtem Winseln neben Atevora und drückt seinen massiven Schädel gegen Atevoras Hand. Wie automatisch beginnt sie den riesenhaften Hund zu kraulen. Endlich hat Atevora ihre Fassung wieder erlangt, und strafft sich. „Ich meine, womöglich. Kommt darauf an.“ Wie sich die Situation weiter entwickelt. Obwohl Atevora mit Emphatie wenig am Hut hat – es sollte einem zu denken geben wenn der Hund mehr Einfühlungsvermögen als sein Frauchen besitzt – merkt sogar sie, dass sich eine seltsame drückende Stimmung immer schwerer auszubreiten beginnt. Kurz überlegt die Magierin wie sie dem womöglich ein wenig entgegenwirken könnte, doch eine wirkliche Eingebung kommt ihr - wie meistens - nicht. Wenn sie versucht zu lächeln, würde es unglaubwürdig und deplaziert wirken? Oder vielleicht ein Vorstoß mit der Wahrheit? „Entschuldigt TianShi, ich war nur gerade etwas...“ erschrocken, fassunglos, verblüfft? „überrascht. Ich hatte nicht erwartet euch hier zu begegnen. Ich könnte jetzt sicher versuchen abzulenken und beispielsweise erwähnen wie gut ihr ausseht, und so tun als gäbe es nichts, aber hm“ Die Magierin blickt unbehaglich zur Seite und kaut einen Moment unschlüssig auf ihrer Unterlippe herum: „um ehrlich zu sein, hätte ich mich gerade eben im ersten Augenblick am liebsten in Luft aufgelöst...“ Atevora starrt fragend in die dunklen Augen ihres Gegenübers: “Weshalb seid ihr, nachdem was vorfiel, noch so freundlich zu mir?“ TianShis Mimik bleibt größtenteils unergründlich, doch sie wirkt nach Atevoras Worten nicht verärgert oder ablehnend.
Früher hätte Atevora so etwas niemals getan, oder wäre nur auf die Idee gekommen die Distanz zwischen sich und einem Anderen mit einer Berührung oder ähnlichem zu überwinden (sie wich eher zurück), doch bevor die Heilerin noch dazu kommt zu Antworten, versucht sich die Eismaid in einem angedeuteten Lächeln ergreift sanft TianShis Hand, und zieht sie sacht zu sich „Kommt, lasst uns doch ein wenig Abseits des Trubels hier gehen...“

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von TianShi am 08. März 2011, 20:06 Uhr
1. Taumond 511



Es hätte nicht unbedingt ein Blick in ihr Gesicht bedurft, jede einzelne Faser an Atevoras Körper schreit förmlich in die Welt hinaus, dass sie gerade jetzt in diesem Moment überall lieber wäre, als hier im Dreck zu sitzen. TianShi hat durchaus mit einer solchen Reaktion gerechnet. Es hätte viele Möglichkeiten gegeben wie sie reagieren würde, nach allem was passiert ist, und jede wäre denkbar und passend. So verwundert es sie keineswegs und sie gibt Atevora die Zeit, die sie braucht, um sich mit der Situation zurecht zu finden.
Lange hat es kein Wiedersehen zwischen den beiden Frauen gegeben und mit Sicherheit ist da das eine oder andere Thema über das man reden könnte, doch TianShi ist nicht deswegen hier, obwohl sie es aber auch nicht ablehnen würde, Licht in das Dunkel jener undurchsichtigen Geschehnisse zu bringen.
Atevora war damals ein schwer zugänglicher Mensch gewesen und vermutlich ist sie es auch noch heute. Doch es mag vieles geschehen sein und es würde dem Naturell von TianShi widersprechen über Vergangenes nicht hinwegsehen zu können, um ihr die Hilfe anzubieten, die sie momentan benötigt. Egal wie klein oder groß diese wäre. Ihr Wesen und ihre Zeitrechnung sind anders, ebenso wie ihr Verständnis von dem was wichtig und unwichtig, in dem kurzen Lebenszyklus mancher Lebewesen, ist. Für alles was geschah und geschieht gibt es stets Gründe. Für manchen nachvollziehbar, für den anderen nicht. Was zählt ist lediglich das, was man aus dem Erlebten lernt und wie man damit umgeht.

Es sind nur wenige Herzschläge, welche die beiden Frauen scheinbar regungslos verharrend verbringen und doch wühlt hinter Atevoras äußerer, distanzierter Art ein wahrer Orkan an Gefühlen. Der Kampf der in ihrem Inneren tobt ist nicht zu sehen, aber für TianShi deutlich zu spüren. Doch sie lässt sich nichts anmerken, da sie weiß, wie unwohl sich andere fühlen, wenn sie wissen, dass sie nicht viel mehr als ein offenes Buch für sie sind.
Ihre Lippen umspielt ein sanftes Lächeln, als TianShi die Hand noch ein wenig näher streckt. Hier und jetzt gibt es keinen Grund zu zögern. Oder sollte es zumindest nicht.
Der nahezu schwarze Hund, der sich hingebungsvoll bemüht die Magierin zu animieren, sich aus ihrer Starre und Überraschung zu lösen, hält den Blick auf TianShi gerichtet und scheint genau wie sein – vermutliches – Frauchen nicht so recht zu wissen, wie er mit der Situation umgehen soll. >„Ich meine, womöglich. Kommt darauf an. Entschuldigt TianShi, ich war nur gerade etwas... überrascht. Ich hatte nicht erwartet euch hier zu begegnen. Ich könnte jetzt sicher versuchen abzulenken und beispielsweise erwähnen wie gut ihr ausseht, und so tun als gäbe es nichts, aber hm. Um ehrlich zu sein, hätte ich mich gerade eben im ersten Augenblick am liebsten in Luft aufgelöst...“<
Das Lächeln auf ihren Lippen verstärkt sich. Sie kann nicht sagen, ob es eine typische Eigenschaft der Menschen ist, doch das Plappern und suchen nach Ausreden und Argumenten in unangenehmen Situationen scheint jedem inne zu wohnen. >“Weshalb seid ihr, nachdem was vorfiel, noch so freundlich zu mir?“<
„Warum sollte es für mich einen Grund geben jemanden nicht zu helfen? Wenn Hilfe benötigt wird, sollte man nicht nach dem fragen, was geschehen ist oder noch geschehen mag. Was zählt ist der Moment, über das Morgen und Gestern kann man ein anderes Mal nachdenken...“ und nach scheinbar endlosen Ewigkeiten, ergreift Atevora schließlich ihre Hand und lässt sich aufhelfen. Glücklicherweise ist Atevora von gleicher Gestalt wie TianShi, ansonsten hätte sie die zierliche Heilerin wohl eher zu sich in den Dreck gezogen, als das TianShi von Hilfe gewesen wäre.

Nachdem Atevora sich vollkommen aufgerichtet hat, streicht sie ihre Kleider glatt und begutachtet den Schaden, der gelinde gesagt sehr umfangreich ist, um sich dann sogleich wieder an TianShi zu wenden. >„Kommt, lasst uns doch ein wenig Abseits des Trubels hier gehen...“< Die Heilerin nickt zustimmend und mit dem Bärenhund im Schlepptau und die Kleider gerafft – zumindest TianShi, da bei Atevora ohnehin nicht mehr viel zu retten ist – entfernen die Frauen sich von dem noch unfertigen Stand, an dem man jetzt ohnehin noch damit beschäftigt ist, dass soeben entstandene Chaos zu beseitigen.
Über Matschpfützen hinweg, halten sie auf einen vor langer Zeit gepflasterten Teil des Lumpenmarktes zu, der zudem auch etwas am Rande liegt. Mit spitzen Fingern zupft sich Atevora hier und dort den Dreck von der Kleidung, sofern möglich, und es ist deutlich zu spüren, dass sie sich selbst nur Zeit geben möchte, um das folgende Gespräch herauszuzögern.
„Auch wenn ihr überrascht sein mich zu sehen, ich bin es nicht weniger, freut es mich euch zu sehen. Darf ich fragen wie es euch geht? Abgesehen von dem gerade passiert ist und der Tatsache, dass ich euch lieber in Luft auflösen möchtet.“ Sie macht eine kurze Pause während ihr Blick über den Lumpenmarkt streift. Das Gedränge, welches durch den kleinen Zwischenfall entstanden ist, hat sich bereits wieder aufgelöst und jeder geht seinen eigenen Geschäften wieder nach. Einige neugierige Gesichter gucken zwar immer noch zu ihnen herüber, aber größtenteils kümmert sich niemand mehr um sie. Trotz dessen, das sie mit ihren hellen Gewändern hier vollkommen deplaziert wirken. „Helft ihr dort drüben mit der Armenspeisung? Ich habe schon oft davon gehört und wollte es mir heute einmal ansehen. Es freut mich zu sehen und zu hören, dass wir so etwas hier in der Stadt haben.“
Sie versucht es zuerst mit einem neutralen Thema. Vielleicht würde Atevora so etwas von ihrer verkrampften Haltung aufgeben und mit Sicherheit ist der Lumpenmarkt nicht der richtige Platz um über das Vergangene zu reden.

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Atevora am 10. März 2011, 18:49 Uhr
1. Taumond 511



Während sich die beiden Frauen etwas von dem Umfeld der Vorbereitungen zurückziehen, hängen Atevoras Gedanken noch den zuvor von TianShi gesprochenen Worten hinterher.
Sie hatte sich vor geraumer Zeit selbst schon mit der Frage beschäftigt, wie es sich mit dem zuteil werden lassen von Hilfe verhält. Sollte man, nur weil man prinzipiell in der Lage dazu wäre, jedem - egal wem und von der Situation und den Risiken unabhängig - aus seiner misslichen Lage helfen? War die Konstellation tatsächlich gleichgültig, es unerheblich was vorfiel, was folgen würde, oder daraus erhofft wurde? Würde Atevora, mit dem was war - an TianShis statt - ihr selbst die Hand reichen? Nein, sie würde es nicht, und nein, es war nicht einerlei um welche Personen es sich handelte und wie die sonstigen Dinge lagen. Nicht für sie.
Wieder einmal stellt Atevora fest, wie konträr und unterschiedlich sie Beide vom Wesen und den Ansichten her waren. Sollte sie nun ein schlechtes Gewissen ob ihrer Kaltherzigkeit plagen? Wer denkt es gäbe davon nur einen Hauch, der irrt.

Um über ihre Überlegungen und über die Wortlosigkeit hinweg zu täuschen, zupft sich Atevora penibel Stroh und Anderes aus dem Haar und von der Kleidung. TianShi ist die Erste, die es wagt das Schweigen zu brechen.
Die Bemerkung, dass die Heilerin ebenfalls verblüfft war sie hier zu sehen honoriert Atevora nur mit einem kurzen Seitenblick, indes sie sich eines Holzstückes, welches sich in ihrem Haar verfangen hatte, entledigt. Die Erwähnung war nun wirklich wenig überraschend. Wohl kaum jemand, der bereits das Vergnügen besaß ihr zu begegnen, oder nähere Bekanntschaft mit ihr schließen zu dürfen, würde sie an einem Ort wie diesem - einer Stätte zu wohltätigen Bemühungen - vermuten, oder auch nur auf die Idee kommen, sie würde sich an diesen wahrhaftig beteiligen und mit anpacken. Kein Wunder, sie war auch wirklich alles Andere als ein besonders herzlicher Mensch.
>“Darf ich fragen wie es euch geht? Abgesehen von dem gerade passiert ist und der Tatsache, dass ihr euch lieber in Luft auflösen möchtet.“<
Die Bemerkung lässt Atevora allerdings mit ihrer Tätigkeit inne halten. Langsam hebt sie den Blick und sieht zu TianShi, unterdessen sich eine ihrer Augenbrauen charakteristisch in die Höhe schiebt. Witzig.. Atevora kann sich nicht daran erinnern, dass die Heilerin je zu frechen, oder vorlauten Witzeleien und Spötteleien neigte. Atevora ist allerdings nicht pikiert, sondern es stiehlt sich sogar einseitig ein halbes, amüsiertes Schmunzeln auf ihre Lippen. „Ich denke fragen können viele einiges, doch oft sind die Antworten unbefriedigend. Nungut, gleichgültig.. also, bis auf den Fingerzeig des Schicksals – sofern es so etwas gibt -, dass ich vermutlich weniger aus dem Umfeld herausstechende Kleidung tragen sollte, kann ich zur Zeit vermutlich nicht klagen.“ Atevora überlegt einen Augenblick ob sie sich auch nach TianShis Befinden erkundigen sollte, oder danach wie es ihr die letzten Jahre erging, doch sie beschließt, dass es zu hohl und aufgesetzt wirken würde. Als TianShis Blick einen Moment lang über den Lumpenmarkt schweift, tut es Atevora ihr gleich. Dabei sieht sie, wie Tane kurzzeitig den Hals nach ihr reckt, bevor er gleichgültig mit den Schultern zuckt und die von den Tempeln gespendeten Säcke mit den Nahrungsmitteln packt und davonträgt, um sie im Schuppen bei den Vorräten für die Speisungen zu verstauen.
>„Helft ihr dort drüben mit der Armenspeisung? Ich habe schon oft davon gehört und wollte es mir heute einmal ansehen. Es freut mich zu sehen und zu hören, dass wir so etwas hier in der Stadt haben.“<
„Hm. Ja, gelegentlich packe ich auch mit an, doch gemeinhin kümmere ich mich eher um das organisatorische, und das Gewinnen von Fürsprechern und Spendengebern. Ich bin zufrieden mit dem was Miss AlMere, und ich bisher auf die Beine stellen konnten. Es ist nichts großartiges, oder die einzige Bemühung in diese Richtung in dieser Stadt, schließlich betrieben und betreiben auch einige Tempel Suppenküchen für die Bedürftigen, doch es erschien uns als notwendig die Dinge ein wenig anders aufzubereiten. Schließlich kommen meist die Ärmsten erst gar nicht bis über die Grenzen dieses Stadtteils hinaus, um die Hilfe, die es anderorts geben mag, wahrzunehmen. Es ist auch verständlich, Gossenbewohner und Bettlerpack sind keine gern gesehenen Straßengäste. Weder seitens der Stadtwache, noch der übrigen Stadtbewohner. Nicht selten habe ich beobachtet, wie diese ärmlichen Gestalten nicht nur mit missbilligenden Blicken bedacht, sondern als Lumpenpack beschimpft, bespuckt, oder sogar mit Handgreiflichkeiten und Tritten verjagt wurden. Ein Spießruhtenlauf, den nicht jeder über sich ergehen lassen möchte, geschweige denn die Kraft dazu besitzt. Es sind keine besonders schönen Szenen die sich Tagtäglich vielerorts in dieser Stadt zutragen.“
Atevoras Sätze klingen nicht, als würden ihr die erwähnten Beobachtungen wirklich Nahe gehen, geschweige denn künden sie von besonderer Anteilname. Vielmehr wirkt das Gesagte wie eine sachliche Erörterung. Dazu passend bleibt ihr Innerstes ebenso unbewegt wie die Tonfarbe ihrer Worte. „Ich möchte euch nichts vormachen, ihr könnt es ohnehin wahrnehmen, nicht wahr? Trotz des Elends, dass ich um mich herum sehe, empfinde ich keine Anteilnahme und kein Mitempfinden für diese Gestalten, im Grunde sind sie mir und ihre Verzweiflung und Not gleichgültig.“
Während Atevora spricht wandelt sich TianShis Mimik. Die Augenbrauen ziehen sich zusammen und verleihen dem Gesicht ein teils fragend, teils verwirrten Ausdruck. Die in der Luft schwebende Frage bleibt nicht lange unausgesprochen, und TianShi möchte wissen, weshalb sich Atevora denn überhaupt an diesen karitativen Bemühungen beteiligt, und Energien für dieses Projekt aufwendet, wenn ihr die Personen einerlei sind, und deren Not egal ist.
„Zum Großteil ist es reiner Eigennutzen,“ Eigennutzen, ja doch, nur auf welche Weise? ..Mehrschichtig. Zudem äußerst schwer zu erklären. „doch auch hier sind die Dinge, wie so oft, facettenreicher, denn..“  Dies hier betrifft ein Thema zu dem sie sich bisher noch niemanden anvertraut hat. Sie weiß nicht genau weshalb etwas sie dazu drängt das Gespräch überhaupt in diese Richtung driften zu lassen und das auch noch, obwohl soviel anderes Unausgesprochenes wie eine riesige aufgetürmte Müllhalde zwischen ihnen aufragt? Vielleicht waren es TianShis Worte zuvor, oder der Umstand, dass sie damals nicht nur einmal gefragt und sich erkundigt hatte was Atevora umtreibt. Nun da sie also die Tür aufgestoßen hat, würde die Magierin sie nicht mehr, so wie sie es vielleicht vor Jahren getan hätte, ruckartig wieder zuschlagen und TianShi vor einer kalten Frostmauer verwirrt zurücklassen.
„nun wie soll ich es verständlich ausdrücken? Ich Blicke mich um und sehe all diese Menschen, sie können die Lage des Anderen nachempfinden. Alle die hier mitwirken tun dies aus einem daraus resultierenden Impuls, aus einem tiefen inneren Bestreben, .. außer mir. Ich empfinde nichts dergleichen, tat es noch nie. Bei genauerer Selbstreflexion erachte ich genau diese meine Gleichgültigkeit als, hm.. problematisch. Diese Restriktion ist eine Parallele zu Individuen die vor ihren grausamen Niedergang äußerst bestialisches begangen, ich fürchte..“ Atevora bricht mitten im Satz ab, und justiert die Wörter neu „ich möchte nicht wie diese enden."

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von TianShi am 22. März 2011, 19:31 Uhr
1. Taumond 511


Es vergehen nur wenige Herzschläge die Atevora zögert, ehe sie auf die Fragen eingeht, aber dennoch scheinen kleine Ewigkeiten zu vergehen. Nicht unangenehm, aber wohl abwägend welcher nächste Schritt der Richtige sein wird. Auch wenn es kein falsch hierbei gibt.
>“„Ich denke fragen können viele einiges, doch oft sind die Antworten unbefriedigend. Nun gut, gleichgültig.. also, bis auf den Fingerzeig des Schicksals – sofern es so etwas gibt -, dass ich vermutlich weniger aus dem Umfeld heraus stechende Kleidung tragen sollte, kann ich zur Zeit vermutlich nicht klagen.“< Die Bemerkung zur Kleidung lässt TianShi unmerklich schmunzeln. Auch wenn sie einen schweren dunklen Umhang trägt, so ist nicht zu verkennen, dass sich darunter die für sie typische weiße Kleidung verbirgt. Aber anders als Atevora verspürt sie deswegen nur wenig Unbehagen. Sie weiß nicht, ob man sie hier kennt, aber es würde keine Rolle spielen. Auffallen tun sie beide mit Sicherheit, aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Leute sich auch übermäßig für sie interessieren würden. Und selbst wenn, ein wenig Abwechslung im dem sonst so eintönigen Leben des Fliegengrunds würde keinem schaden. „Es freut mich zu hören, dass es zur Zeit nichts in eurem Leben zu beanstanden gibt. Gerade im Winter, bekommt man dies doch recht selten zu hören.“

Als Atevora weiter auf ihre Fragen antwortet, hört es sich an, als wenn sie von vollkommen belanglosen Dingen erzählt. Dingen die sie nicht berühren und die auch keine große Rolle in ihrem Leben spielen. Sie sind einfach vorhanden und werden hingenommen, ohne groß über Sinn oder Zweck nachzudenken. Während Atevora spricht, beobachtet TianShi ihre Mimik, doch viel lässt sich nicht in dem Gesicht der Frau ablesen. Womit es genau dem entspricht was TianShi in Atevoras Nähe fühlt. Nichts. Keine tiefere Emotion oder Regung, die dem beinah maskenhaften Gesichtsausdruck Lügen strafen würde. >„Ich möchte euch nichts vormachen, ihr könnt es ohnehin wahrnehmen, nicht wahr? Trotz des Elends, dass ich um mich herum sehe, empfinde ich keine Anteilnahme und kein Mitempfinden für diese Gestalten, im Grunde sind sie mir und ihre Verzweiflung und Not gleichgültig.“< Sie nickt wortlos. Auch wenn die Frauen nie ein wirklich inniges Verhältnis zueinander hatten, so kann man doch in gewisser Weise davon sprechen, dass sie sich kennen. Dennoch überrascht es sie ein wenig zu hören, dass sich Atevora all dieser Arbeit annimmt, wenn sie doch absolut gar nichts dabei fühlt oder einen persönlichen Bezug zu den Dingen hat. „Warum also tut ihr all dies? Niemand zwingt euch und doch kommt ihr hier her und helft den Ärmsten der Armen.“ Es kommt selten bis gar nicht vor, dass jemand Hilfe anbietet, ohne etwas dafür zu fordern, geschweige denn es als auch persönliches Anliegen zu sehen. „Versteht mich nicht falsch, ich begrüße sehr, was ihr hier tut. Nur ist es schwer nachzuvollziehen, was jemand dazu verleitet hier zu helfen, wenn doch kein Bezug besteht.“

Atevora ist ehrlich genug um das Kind beim Namen zu nennen und scheut sich nicht ihre Gedanken mit TianShi zu teilen. >„Zum Großteil ist es reiner Eigennutzen,“< Die steigende Verwunderung ist der Heilerin durchaus anzusehen, da sie sich beim besten Willen nicht vorstellen kann, welchen Nutzen Atevora aus dieser Sache für sich ziehen könnte. Es ist ja nicht so, dass die Bewohner des Fliegengrundes groß von Hilfe wären... außer vielleicht bei eher zwielichtigen Unterfangen. Aber bei derlei Dingen würde Atevora sich wohl kaum auf Fremde verlassen. Dazu ist sie zu sehr darauf erpicht die Kontrolle über die Dinge in ihrem Umfeld zu haben und niemals zu vielen zu vertrauen. >Diese Restriktion ist eine Parallele zu Individuen die vor ihren grausamen Niedergang äußerst bestialisches begangen, ich fürchte... ich möchte nicht wie diese enden."<
TianShi braucht einen Moment um sich die Worte zu verinnerlichen und wirklich nachzuvollziehen, was Atevora da gerade gesagt hat. <i>Als abschreckendes Beispiel also?</i>
Grübelnd wendet sie den Blick von der Magierin und lässt das Gesagte ein wenig sacken. Überrascht es sie? Nein, eigentlich nicht und obwohl sie nicht wusste, was Atevora antworten würde, so passt diese Antwort doch irgendwie zu der zierlichen Frau neben ihr.
„Und das allein veranlasst euch nun regelmäßig hierher zu kommen? Es klingt ein wenig seltsam und man braucht wohl etwas, das wirklich zu verstehen, aber vermutlich ist es nicht ganz so abwegig, wie es im ersten Augenblick klingt. Dennoch überrascht ihr mich. Man könnte meinen, dass ihr einfach jeden Tag hierher kommt, euch das Elend anseht und wieder geht, nachdem ihr genug gescheiterte Seelen zu Gesicht bekommen hat.“ Ihr Blick schweift abermals über den Lumpenmarkt. Er hat sich unmerklich mit Leuten gefüllt und sogar einige Kinder sind aus den Gossen gekrochen, um jetzt mit den Hunden der anderen Bewohner zu spielen oder sich anderweitig ein wenig Abwechslung in ihrem tristen Leben zu verschaffen.
„Es scheint einerseits verständlich, andererseits ist es jede Menge Mühe, die ihr dabei auf euch ladet. Ihr mögt es selber noch nicht wirklich bewusst verinnerlicht haben, aber ich denke nicht, dass euch all dieses Elend wirklich so egal ist. Ich kann spüren, dass es euch nicht sonderlich beeinflusst die Bewohner des Fliegendgrunds hier zu treffen und für sie etwas zu tun, aber der Aufwand erscheint mir zuviel, um das Bild dessen aufrecht zu erhalten, was ihr nicht werden möchtet. Vielleicht ist es ein Wandel, von dem eure Seele noch nicht vollkommen Notiz genommen hat. Die Atevora die ich vor langer Zeit kennen gelernt habe, hätte dies wohl nicht getan.“
Beinah prüfend sieht TianShi zu der Menschenfrau neben ihr. Sie wirkt vollkommen regungslos und verfolgt immer noch das Treiben vor ihnen. Als sie Atevora kennen gelernt hatte, war sie ein Mensch, der niemanden in ihr Leben ließ, warum also jetzt all diese Gestalten? Natürlich ist es keine enge Bindung, geschweige denn, dass man sich überhaupt kennen lernt, und dennoch lässt die Magierin zu, dass sie Teil ihres Lebens werden. Langsam, aber doch regelmäßig. „Vielleicht tut ihr dies aus weiteren Gründen, die ihr jetzt noch nicht versteht. Manche Veränderungen brauchen lange und es ist leichter sich an dem festzuhalten, was einem vertrauter erscheint. Aber auch wenn es dauert und nicht leicht ist, es muss nicht unbedingt schlecht sein Gefühle für andere zu entwickeln und sich selber anderen gegenüber zu öffnen. Auch wenn es nur für die Dauer ist, die man braucht um eine Suppenschüssel zu füllen.“

Es folgt ein kurzer Moment des Schweigens und auch wenn TianShi sich nicht recht sicher ist, ob dies ein passender Augenblick ist, nutzt die dennoch die Chance. „Es hat mit eurer Flucht zu tun, nicht wahr? Etwas hat euch damals in eine andere Richtung geschubst und nun möchtet ihr nicht mehr dorthin zurück...“ Fast klingt es so, als wenn die Heilerin eher mit sich selber und ihre Gedanken laut aus spricht, aber die Worte sind dennoch an Atevora gerichtet.

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Atevora am 14. Apr. 2011, 15:44 Uhr
1. Taumond 511


Ausgesprochen... Es ist fast, als würde sie der Schlag eines sanften Daunenflügels emporheben, und doch nagen Ungewissheit und Zweifel am Grund und ziehen sie zum Boden hin zurück. Wie würde TianShi auf den schwer verdaulichen Inhalt der Worte reagieren? War es überhaupt von Bedeutung? Nein, vermutlich nicht. Es war einerlei, wie nahezu alles im Anbetracht des ewigen Wandels und Webens der Welt, war auch ihre innere Unrast und ihr Grauen erwachsend aus wirrem Gedankenchaos bedeutungslos. Zudem, was brachte es schon sich einem Wesen mitzuteilen, dass vom Anfang der Zeit an und vielleicht sogar bis zu ihrem Ende existierte und von ihrem Sein auf lange Dauer nur noch genau soviel wusste wie sie selbst von der Anzahl des Wimpernschlages eines Beliebigen Menschen zu irgendwelcher Stunde? Hinfortreißen konnte sie die Sohle Atevoras Bedenken ohnehin nicht. Warum sprach sie es dann aus? Aufgrund Mitteilsamkeit? Um nicht an ihren Gedanken ersticken zu müssen? Oder gar aus Hoffnung von einem weisen Wesen wie TianShi Klarheit über ihre Andersartigkeit, Rat zu ihrem Grübeln, oder gar Gewissheit zu erlangen?

In Gedanken wendet sich TianShi ab und lässt ihren Blick über den Lumpenmarkt schweifen. Es dauert - nach Atevoras Empfinden - eine Ewigkeit und mehr, bis TianShi antwortet. >“Und das allein veranlasst euch nun regelmäßig hierher zu kommen?“<
Verwirrung zerstreut der Eismaid Sinnen. Ist es nicht Grund genug?. Fragend ziehen sich der Magierin Augenbrauen zusammen, und noch während TianShi spricht dämmert ihr eine Vermutung.
>“Es scheint einerseits verständlich, andererseits ist es jede Menge Mühe, die ihr dabei auf euch ladet. Ihr mögt es selber noch nicht wirklich bewusst verinnerlicht haben, aber ich denke nicht, dass euch all dieses Elend wirklich so egal ist. Ich kann spüren, dass es euch nicht sonderlich beeinflusst die Bewohner des Fliegendgrunds hier zu treffen und für sie etwas zu tun, aber der Aufwand erscheint mir zuviel, um das Bild dessen aufrecht zu erhalten, was ihr nicht werden möchtet.“<
Atevora befürchtete keinesfalls so wie diese Gestalten Rings zu enden. Das würde sie vermutlich nie. Obendrein wäre es Gesamtheitlich betrachtet kein großes Übel, außer eben für sie selbst. Dies hier waren gescheiterte Existenzen, im Elend geboren, im Elend gefangen, oder durch des Schicksals Schläge und einige durch eigene Dummheit hineingeraten. Säufer, Spieler, Kranke, Krüppel, bildungsloses Pack und dazwischen gestreut jene skupellosen Geier die sich an den niederen Tölpeln bereichern und aus deren Not Gewinn schlagen; - all jene, das vorherrschende Volk des Fliegengrundes. Doch vermutlich alle hatten sie im Grunde die Fähigkeit, welche Atevora fehlte, auch wenn manche sie zu ignorieren pflegten. Auch der Eigennutzen war vollkommen anders. Sollte sie sich dafür Schämen, dass der Nutzen, den sie aus ihrem Handeln hier zog jener war, von ihren gesetzesfernen Tätigkeiten abzulenken? Oder dass ihr aufgrund ihrer Bemühungen vieler ihrer „Mitmenschen“ freundlicher bzw. offenherziger begegneten und ihr somit ihr Alltagsleben erleichtert wurde? Weil: gleichgültig wie reserviert sich dieses wandelnde Leichentuch gibt, wer sich derart karitativ aufopfert kann im Grunde des Herzens nur ein mitfühlender und gutherziger Mensch sein, nicht wahr? Nichtsahnende Tölpel.
Mit starrer Miene, den Blick auf das Herzstück des Fliegengrundes gerichtet, krault Atevora den hüfthohen schwarzen Hund neben sich, dessen wedelnder Schwanz beständig gegen TianShis Beine peitscht. Ansonsten zeigt die Shin keine Regung.
Hatte TianShi die Worte Missinterpretiert? Nun, offenbar. Es war auch nicht verwunderlich, der Eismaid Worte waren Konfus, Bruchstückhaft und unzureichend. War’s im Unbewussten mit Absicht so gesprochen? Wie hätte sie den langen Schweif ihrer Gedankengänge auch ausdrücken sollen? Sie zerren in alle Richtungen, wägen ab, vergleichen, messen, analysieren und greifen wieder ineinander, wie fein verwobene Fäden; Spinnfäden. Und dort sieht sie sich, sich selbst, bald sitzend inmitten des eigens gewobenen verderblichen Rades am vermeintlichen Abgrund. Wie lange würde es dort hängen, die kleinen Insekten Rohas einfangen? Wieviele würde sie verzehren, wie lange durch ihre Not zur Regung gerührt und ihren Todeshauch zum Fortbestand genährt, bis das Netz vom Wind der Zeit zerrissen und sie mit ihm und all den darin gefangenen Leichen in die Tiefe stürzt? Wie könnte sie ausdrücken, dass sie nicht werden möchte wie der Totmacher, der Blutgraf Salmakes, oder der Nekromant. Alle nur zu Hochgefühlen fähig wenn sie mit äußerster Brutalität Anderen das Leben nahmen. Egal ob der eine sein neu zusammengezimmertes Liebchen als Vorwand nahm, reine sadistische Fantasien trieben sie an, und die Tat, egal wie lange, wie sehr sie foltern, oder wie makellos das gefundene Ersatzstück, es hinkt immer dem Ersinnten nach, sodass es niemals endet und beständig aufs neue gemordet wird. Damit sie sich lebendig fühlten müssen Andere sterben. So lange bis sie ihr Wahn vollkommen verschlungen und ihrem Leben von Fremder Hand endlich ein Ende bereitet wurde. >„Vielleicht ist es ein Wandel, von dem eure Seele noch nicht vollkommen Notiz genommen hat.“<
Wie ein Lichtfunken zersprengen die Worte Atevoras dunkel heraufziehenden Gedankenstrudel. Ein Funken Hoffnung wärs, ist es, wenn es so sein sollte.
>„Die Atevora die ich vor langer Zeit kennen gelernt habe, hätte dies wohl nicht getan.“<
Damit hat sie wohl Recht. Als sie in TianAmnen Zuflucht fand, war sie mit nicht ganz 20 Jahren so verbittert, verbohrt und verdrossen dass es für 3 greise Frauen gereicht hätte. So sehr damit beschäftigt alles mit Missgunst und Desinteresse zu betrachten und den inneren Gram und die Wut zu kontrollieren und unterdrücken, war sie nicht fähig zur Selbstreflektion, oder ihr Umfeld genauer zu Betrachten.

Wortkarg wie immer steht Atevora da und nimmt keine Notiz davon, dass TianShi sie genau mustert und in ihrem Gesicht nach einer Regung forscht.
Stattdessen beobachtet die Shin weiterhin das Treiben am Lumpenmarkt, wie im Umfeld einige Kinder hervorkriechen und mit verlausten Straßenköter spielen, wie am Platz langsam alle Bänke stehen und sich schon die ersten kümmerlichen Gestalten vor den Ausgabe-Tischen anstellen um ihren Anteil zu erhalten.
>„Vielleicht tut ihr dies aus weiteren Gründen, die ihr jetzt noch nicht versteht. Manche Veränderungen brauchen lange und es ist leichter sich an dem festzuhalten, was einem vertrauter erscheint. Aber auch wenn es dauert und nicht leicht ist, es muss nicht unbedingt schlecht sein Gefühle für andere zu entwickeln und sich selber anderen gegenüber zu öffnen. Auch wenn es nur für die Dauer ist, die man braucht um eine Suppenschüssel zu füllen.“<
Ein Lächeln wäre nun vermutlich eine angebrachte Reaktion, oder? Sie weiß es nicht. Die Worte sind so weich und warm, lassen die Hoffnung auf einen Wandel verlauten, dahin die innere Leere - welche sie eine Zeit lang mit ausgiebigen Umtieb und Lustbarkeiten im Pfirsich zu füllen versuchte - abstreifen zu können. Könnte es tatsächlich möglich sein, dass ihr Bestreben nicht nur kühl durchdacht, nur Rebellion oder hilfloses Aufbegehren, sondern darin tatsächlich ehrlicher Umbruch war?

>„Es hat mit eurer Flucht zu tun, nicht wahr? Etwas hat euch damals in eine andere Richtung geschubst und nun möchtet ihr nicht mehr dorthin zurück...“<
Langsam, wie in Zeitlupe wendet sie den Blick vom Geschehen vor sich ab und der Heilerin zu. Einen Moment lang ziehen sich Atevoras Augenbrauen fragend und unschlüssig verwirrt zusammen. „Die Flucht von TianAnmen?... Nein.“
Atevoras Wendet den Blick wieder ab, nimmt einen schweren tiefen Luftzug und Atmet fast seufzend wieder, aus bevor sie mit schlaff hängenden Schultern weiterspricht:
„ Eine Flucht war es aber wohl, doch nicht die von eurem Heim...
Die Vergangenheit ist seltsam, oft möchte man ihr entfliehen, nur noch steif vorwärts marschieren und doch schleicht sie einem nach, wie eine raffzähnige Bestie dessen Schatten sich auf alle Schritte wirft. Damals in TianAnmen hat sie mich eingeholt. Als wir zu jener Zeit aufeinander trafen fürchtete ich - aufgrund Intrige und politischer Ränke, dennoch nicht gänzlich unverschuldet oder unverdient scheint mir - jeden Tag um mein Leben, und hoffte in meinem erwählten Exil, in Talyra zur Ruhe zu kommen. Es war leichtsinnig so lange an einem Ort zu bleiben... ein ausgesandter Bluthund hatte mich gefunden. Ich wollte euch nicht weiter einer Gefahr aussetzen, denn, wie sollte ich wissen ob nicht noch mehr vor der Tür lauern, solche die euch ohne Skrupel nur zum Spaße die Kehle durchschneiden nachdem sie mir das Leben aus dem Körper schnitten? So bin ich geflüchtet, und der sture Zentaur ließ sich nicht der Meinung entwenden mich zu begleiten. ..
Es gibt so viele Orte an die mich mein Leben schon trieb, jeder Notwendig und doch ist da kein einziger an welchen ich zurückkehren wollte,.. keiner außer TianAnmen.“
Endlich dreht sie sich wieder zu der Heilerin und hält deren Blick stand. Wie schön TianShi doch war. Die sanften Gesichtszüge, umrandet von glänzendem schwarzen Haar, die Augen, unergründlich und geheimnisvoll wie Obsidian. Wer würde nicht gerne nach solch einem Wesen greifen, es für sich beanspruchen, ganz alleine? Atevora schüttelt den obskuren Gedanken ab.
„Ihr habt recht, ich bin nicht mehr der Mensch von damals, nicht mehr ganz - das heißt sofern ich denn ein reiner Mensch bin, was weiß ich schon von meiner Wiege und Herkunft. Aber ich denke ihr habt mich vorhin falsch verstanden, ich fürchte keineswegs zu enden wie diese elenden Gestalten dort.“ Eine kurze Geste zeigt unterstützend auf die Gestalten am Platz vor ihnen „Es ist etwas anderes das mich Umtreibt, ich habe die Dinge auch zu Bruchstückhaft und unklar angesprochen, alsdass ihr es hättet erfassen können. Es ist ein verderblicher Strudel in dem ich mich wähne und mit wenig Hoffnung zu entwinden versuche. Ich denke...  ich kann es nicht frei heraus sprechen, ihr würdet mich gewiss mit entsetzen Betrachten täte ich es.
Mir ist übrigens euer Tonfall vorhin nicht entgangen, er war wie ein Gedanke für sich. Es ist ungewöhnlich einem Wesen wie Euch hier auf Roha zu begegnen, einem welches hier verbleibt und lebt. Was hat euch dazu bewogen diese Richtung einzuschlagen, und weitab von eurer Heimat umgeben von soviel Vergänglichkeit zu verweilen?“

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von TianShi am 01. Mai 2011, 13:01 Uhr
1. Taumond 511


Obwohl keine unangenehme, angespannte Stimmung zwischen ihnen herrscht, fühlt sich das Gespräch dennoch ein wenig zäh und klebrig an. Träge tastet es sich von einem Wort zum nächsten und doch hat man das Gefühl, dass man nicht richtig vorwärts kommt. Es mag seltsam erscheinen, dass sie mit Atevora hier inmitten des Elends der Stadt steht und über etwas mehr oder weniger banalem, wie den persönlichen Wandel, spricht. Gleichfalls kommt es ihr aber auch so vor, als wenn genau dieser Ort genau der Richtige ist und jeder andere unpassend wäre. Vielleicht müssen manche Dinge ganz anderes ablaufen, als man annehmen würde... huscht ein Gedanke kurz durch ihren Kopf, während das Treiben um sich herum, nur wenig Notiz der beiden Frauen nimmt. Zu sehr gefangen in ihrem eigenen Leben, bleibt für die wenigsten Bewohner Zeit, um sich um das zu kümmern, was drei Schritte in der Zukunft oder neben ihnen zu finden ist.
Atevora neben ihr strahlt nicht direkt Verunsicherung aus, doch ist zu spüren, dass die Magierin verwirrt und unterschwellig verwirrt ist. Möglicherweise wegen ihrer Worte, aber wahrscheinlich einfach wegen der Situation im Ganzen, in welcher sie beide sich befinden. Auch das Erwähnen ihres Aufbruchs scheint nur zusätzlich die Verwirrung zu steigern. Und auch TianShi fällt es nicht ganz leicht, den Gedanken von Atevora sowohl ihrem Verhalten angemessen zu folgen. Etwas, dass nicht unbedingt allzu unverständlich ist, wenn man bedenkt wie unterschiedlich ihrer beider Leben ist. Ungeachtet der Tatsache, das sie auf dem gleichen Platz Rohas verweilen.
>Die Flucht von TianAnmen?... Nein.“< lautet die anfängliche, recht knappe Antwort, gefolgt von einem unhörbaren, aber doch spürbaren Seufzer. Einer der deutlich macht, dass sie über ihren eigenen Schatten springen muss, um Licht in dieses Dunkel ihrer Vergangenheit zu bringen. Der Hund zu ihren Füßen unterbricht in diesem Moment kurz sein freudiges Gewedel, um Atevora aufmunternd mit der Nase anzustubsen, ehe er unbeirrt vorfährt.

>„ Eine Flucht war es aber wohl, doch nicht die von eurem Heim...“<
Auch wenn sie nie wirklich daran geglaubt hat, dass Atevora möglicherweise vor ihr oder den Bewohnern TianAnmens geflohen ist, so tut es dennoch gut dies ausgesprochen zu hören und führt zu einer gewissen Erleichterung seitens der Seharim. Es hätte schließlich trotz allem Gründe existiert haben können, die Ursache für all das waren. Ein kurzer Moment der Erleichterung zeichnet sich auf TianShis Gesicht ab, während sie weiterhin Atevora zuhört.
>“...ein ausgesandter Bluthund hatte mich gefunden.“< Diese Worte hallen eine Weile in TianShis Kopf nach. Ein Bluthund?. Augenblicklich kommen die Erinnerungen an die Nacht zurück, in der Atevora das Anwesen ohne ein Wort verlassen hatte. Der Mann war in ihren Armen gestorben. Ein Mann der gekommen war, um zu töten. Doch trotz dessen kommt sie nicht umhin das verlorene Leben zu bedauern. Kein Leben verdiente es verschwendet zu werden und doch fällt es den Bewohnern der Immerlande immer wieder leicht, eben dies zu tun. Für Gründe die wohl kein höheres Wesen nachvollziehen kann. Noch ein wenig benebelt von ihren eigenen Gedankengängen, versucht sich TianShi wieder auf Atevoras Stimme zu konzentrieren und dem was sie zu sagen hat. >“und doch ist da kein einziger an welchen ich zurückkehren wollte,.. keiner außer TianAnmen.“<
TianShi hält der kurzen, aber nicht unangenehmen Musterung stand und lächelt dann sanft. „Ihr wisst, dass ihr hättet jeder Zeit zurückkehren können. Ich weiß nicht, wie lange ihr schon wieder in Talyra seid und ob ihr bleiben werdet, doch TianAnmen steht euch nach wie vor offen. Und solltet ihr euch jemals entscheiden wieder dort einzukehren, so seid ihr herzlich willkommen.“  Kurz berührt sie Atevora an der Schulter um ihr deutlich zu machen, dass ihr Angebot ernst gemeint ist. Und kurz auch nur, weil sie weiß, dass der Magierin Nähe unangenehm ist.

>“„Es ist etwas anderes das mich Umtreibt, ich habe die Dinge auch zu Bruchstückhaft und unklar angesprochen, als dass ihr es hättet erfassen können. Es ist ein verderblicher Strudel in dem ich mich wähne und mit wenig Hoffnung zu entwinden versuche. Ich denke...  ich kann es nicht frei heraus sprechen, ihr würdet mich gewiss mit Entsetzen Betrachten täte ich es.“<
TianShi nickt kaum merklich, zum Zeichen, dass sie durchaus versteht, dass Atevora nicht unbedingt frei sprechen kann und vielleicht auch nicht möchte. „Nun, was sein wird kann ich nicht voraussehen, aber ihr werdet eure Gründe haben, die für euch allein gesehen ihre Berechtigung haben. Warum also sollte ich darüber urteilen? Wenn dies nicht der rechte Ort ist, darüber zu sprechen, so werde ich euch gewiss nicht bedrängen. Aber ihr wisst, wo ihr mich finden könnt, solltet ihr eure Meinung ändern.“ Für einen Herzschlag denkt TianShi noch darüber nach, was es geben könnte, dass bei ihr zu Entsetzen führen würde, wie es die sterblichen Bewohner der Immerlande empfinden. Sie ist nicht einmal sicher, ob sie Entsetzen spüren würde, wenn der Dunkle persönlich vor ihr stehen würde. Es wäre wohl eher eine Art Lähmung, nicht fähig etwas zu begreifen, was gerade geschieht oder geschehen würde.

>„Mir ist übrigens euer Tonfall vorhin nicht entgangen, er war wie ein Gedanke für sich. Es ist ungewöhnlich einem Wesen wie Euch hier auf Roha zu begegnen, einem welches hier verbleibt und lebt. Was hat euch dazu bewogen diese Richtung einzuschlagen, und weitab von eurer Heimat umgeben von soviel Vergänglichkeit zu verweilen?“<
Auch wenn ihre Haltung stets gleich unerschütterlich und vollkommen ruhig erscheint, wackeln diese Züge für einen kurzen Moment und geben Einblick in schmerzhafte Erinnerungen. „Nicht alle Entscheidungen die man trifft sind sehr glücklich. Egal ob sterblich oder nicht, manchmal ist man geneigt Dingen mehr Bedeutung zu schenken, als man dürfte und folgt den falschen Wegen. Ich habe vermutlich eine Dummheit begangen und mich vielleicht auch zu sehr den Sterblichen und Unsterblichen die auf den Immerlanden direkt verweilen angepasst. Für euch mag ich etwas Besonderes sein, für die meinen aber vielleicht nicht mehr als eine Ausgestoßene. Vor vielen Monden haben verschiedene Ereignisse dazu geführt, dass mir die Welt hier aufregender und lebender erschien, trotz all des Vergänglichen. Ob meine Entscheidung falsch oder richtig war, vermag ich nicht zu urteilen, aber es ist eine endgültige und daher wäre es müßig darüber nachzudenken. Es ist ein anderes Leben, als dass welches ich haben könnte, aber nicht unbedingt schlechter.“
Ein undurchdringlicher Blick, abgemildert durch ihr allseits gütiges Lächeln, heftet sich auf Atevora. Selbst wenn sie wollte, könnte sie nicht genau in Worte fassen, welche Gründe es gab. Sie mögen vollkommen töricht gewesen sein und doch genau richtig. Und nun war sie eine Gefangene dieser sterblichen Welt und nicht mehr fähig zurückzukehren.
„Ihr seht, jeder macht seine Fehler und „flüchtet“ auf seine Art und Weise.“

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Atevora am 07. Mai 2011, 20:08 Uhr
1. Taumond 511


Trotz der Steifheit, die das Gespräch immer wieder überkommt, stockt es nicht sondern kriecht beständig voran und nimmt für Atevora sogar einen sehr fruchtbaren verlauf. Sie konnte nicht genau sagen was sie alles befürchtet hatte, doch sie hätte nie angenommen, dass eine Begegnung mit der Heilerin so verlaufen würde: Freundschaftlich.
Mildtätig ruht TianShis Blick auf der Magierin und sie erklärt ihr einnehmend und gütig, dass sie jederzeit im TianAnmen willkommen wäre und unterstreicht das Ganze noch mit einer sanften Berührung. Sie ist kurz und sanft genug um ein mögliches Gefühl des Unbehagens bei der Magierin zu vermeiden.
Atevora kommt sich, alles im allem, nun fast lächerlich vor. Dass sie voll Furcht und von Zweifeln zerfressen das Wiedersehen und das Anwesen gemeidet hatte. Sie konnte zwar selbst nicht nachvollziehen weshalb dem so war, womöglich lag es einfach in TianShis Natur, doch jederzeit hätte sie die Heilerin wieder mit offenen Armen empfangen, und das trotz dessen was vorgefallen war. Zugegeben, oft hätte sie den Halt brauchen können, den TianShi nur mit ihrer milden Gegenwart hätte bieten können, anstatt stoisch mit verkrampften sturen Stolz allein zu gehen. Hin und wieder nur etwas Ruhe und Rast vor dem Trubel, den vielen Menschen, Aufträgen, Verpflichtungen, und spottenden Worten. Ein Leben in TianAnmen wäre um so vieles einfacher gewesen; sie hätte vielleicht mit TianShis Einverständnis das Heilerhandwerk begonnen zu erlernen, und würde nun Wunden verbinden, anstatt welche aufzureißen und mit Unglück und Verderben zu handeln.
Jetzt war es zu spät dafür. Sie hatte nun ein anderes Leben und alleine deshalb war ihre Gegenwart eine stetige Gefahr für jene in ihrem Umfeld. Einmal in diese Welt abgedriftet, ist es kaum mehr möglich sie wieder hinter sich zu lassen.
Damals floh sie größtenteils gedrängt und nur kaum aus so edlen Gründen wie jene die sie TianShi genannt hat, doch heute fällt sie ihren Entschluss nur deswegen. Sie wird weiter ihren eigenen Weg gehen, aber vielleicht wird sie hin und wieder zu TianShi hinüber sehen und ihr zuwinken, gerade nur so lange, dass es keine Gefahr für sie birgt. Auch wenn sich das endgültige fröhliche Ende noch immer bitten lässt, es war auf jeden Fall eine große Erleichterung zu Wissen nun noch eine andere Anlaufstelle als die Steinfaust zu besitzen, wenn sie sich wieder eine Verletzung zuzog.

Als Atevora ihre Frage gestellt hat, wirkt TianShi, der Fels in der Brandung, für einen Bruchteil eines Augenblicks von den Wogen der Vergangenheit unterspült. War die Ausgeglichenheit und die Beständigkeit, die TianShi ausstrahlte und für manch ruhelosen Wanderer halt und vielleicht auch Geborgenheit schenkte, zum Teil womöglich nur gut geübte Fassade? In der Stimme der Heilerin liegt auch einen Herzschlag lang ein Hauch von Wehmut. Welche Erinnerungen sie wohl soeben wachgerüttelt hatte und die Heilerin streiften? Waren es welche, die ihr ebenso wie Atevora immerzu hinterherschlichen und sogar bis in ihre Träume verfolgten? Träumten jene wie TianShi überhaupt?

>>„Nicht alle Entscheidungen die man trifft sind sehr glücklich. Egal ob sterblich oder nicht, manchmal ist man geneigt Dingen mehr Bedeutung zu schenken, als man dürfte und folgt den falschen Wegen. Ich habe vermutlich eine Dummheit begangen und mich vielleicht auch zu sehr den Sterblichen und Unsterblichen die auf den Immerlanden direkt verweilen angepasst. Für euch mag ich etwas Besonderes sein, für die meinen aber vielleicht nicht mehr als eine Ausgestoßene.“<<
Ausgestoßene..
Ein Wort, das auch Atevoras Leben schreibt. Mitgefühl und weinerliche Emotionen sollten nun ihr Herz füllen; es sollte schon bei dem Anblick des Elends dieses Viertels geradewegs überschwemmt werden - nichts regt sich. Oder doch? Eine blasse Ahnung von Verbundenheit gibt’s da vielleicht? Nur mäßig.
Atevora lauscht drum stumm den Worten und ist dabei nicht sicher, ob sie es erbaulich finden sollte, dass auch Ewige falsche Entscheidungen treffen können, und auch falsche Wege beschreiten. Wobei.. ein falscher Weg, der sie hierher führte? Wie kann er bloß so falsch gewesen sein, wenn er für den ihren, nüchtern betrachtet, damals als sie an einer Weggabelung stand, doch so wichtig war? Wo wäre sie mittlerweile, wenn die Begegnung mit TianShi sie nicht konsequent in eine neue Richtung geschubbst hätte? Gewiss nicht hier, und mit Sicherheit hätte sie keine karitative Bewegung angestoßen, die zwar nicht direkt ihr, doch zu minderst Anderen mittlerweile nicht wenig bedeutet. Wenn ihr selbst das Anhäufen von Kleidung Schmuck, Prunk und Reichtum keine Erfüllung schenkt, sie den unbenötigten Teil des Geldes stattdessen andersartig weiterverwendet, Anderen damit Hoffnung und Freunde schenkt, und sie selbst auch noch einen gewissen Gewinn daraus schlägt, kann dieses Handeln gewiss nicht falsch sein, oder? Wäre sie ohne die Begegnung mit TianShi jemals an diesen Punkt im Leben gelangt, an dem sie solche Überlegungen anstellt? Viele Fragen, dessen Antwort niemand kennt.

>>„Vor vielen Monden haben verschiedene Ereignisse dazu geführt, dass mir die Welt hier aufregender und lebender erschien, trotz all des Vergänglichen. Ob meine Entscheidung falsch oder richtig war, vermag ich nicht zu urteilen, aber es ist eine endgültige und daher wäre es müßig darüber nachzudenken. Es ist ein anderes Leben, als dass welches ich haben könnte, aber nicht unbedingt schlechter.“<<
Sich nicht zu lange mit einem: „Was wäre wenn“ – zu zermartern, wäre wohl vielen ein guter Rat. Dies würde Ausgeglichenheit und Frieden schenken, aber wohl auch zum gewissen Teil Stillstand. Etwas das mit der menschlichen Natur nicht ganz im Einklang zu stehen scheint. Drum werden die Meisten jetzt und auch in der Zukunft ihr Gemüht nimmersatt, fortwährend mit diesen Fragen zerfurchen, und mit ihrer Unzufriedenheit, Sehnsucht und Gier vielleicht eines Tages sogar ganz Roha.
>>„Ihr seht, jeder macht seine Fehler und „flüchtet“ auf seine Art und Weise.“<<
TianShis Fassade steht wieder ungebrochen, und alles dahinter bleibt unergründlich als sie Atevora mit einem sanften Lächeln in die Augen sieht.
„Ich denke, nicht jeder flüchtet, doch die Meisten.“
Einen kurzen Augenblick hadert Atevora mit sich selbst, ob sie den zuvor gesponnen Gedanken aufgreifen und mit Worten Ausdruck verleihen soll. „Hmm..“ Die Mitteilsamkeit siegt:
„Es ist vermutlich nur wenig Trost, da ihr eure Entscheidungen als Dummheit anseht, doch ich meine es war kein falscher Weg, nur ein Anderer. Auch wenn ihr mir mit meinem eigenen Kampf nicht weiterhelfen könnt und es im Grunde wenig oder sogar nichts bedeuten mag, da ich, bei den vielen Jahren die ihr hier auf dieser Welt noch zubringen mögt, schon längst von Würmern zerfressen, im Erdreich verrottet oder sogar meine ehemalige bloße Existenz von euch schon längst vergessen ist, ich bin froh darum, dass ihr hier seid und mit mir genau in diesem Augenblick die selbe Zeit und den selben Ort teilt.“
In dem Moment kommt Atevora ein ganz anderer Gedanke: „Apropos dieser Ort. Was führte euch heute überhaupt in das Elendsviertel? Wolltet ihr euch die Bemühungen hier ansehen, oder vielleicht gar eure Hilfe anbieten? Jede Hilfe, ganz gleich wie klein sie sein mag, ist gern gesehen und willkommen. Nebenher erwähnt, besonders an Heilern mangelts hier, aber nicht an jenen die Heilung bräuchten..“

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Sonera am 07. Juni 2011, 18:44 Uhr
<-- Die Straßen der Stadt

Außer Atem hällt Sonera an einer Straßenecke an. Aeolus bleibt ebenfalls stehen und dreht sich nach ihr um. Ebenfalls Tane der nun merkt, das Sonera nicht mithalten kann.
Er läuft zurück zu ihr und deutet ihr ihm weiter zu folgen:" Es ist nurnoch ein kurzes Stück."
Das ist es wirklich. Als das Dreiergespann um die nächste Ecke kommt, bleibt Tane vor einer alten Tür stehen.
Er blickt sich nach allen Seiten um bevor er die Tür öffnet und Sonera und Aeolus zuerst eintreten lässt.

Drinnen ist es dunkel und die Luft stickig. Als Tane die Tür hinter der Halbelbin schließt und eine Kerze anzündet. Vor ihr steht ein Tisch mit ein paar Stühlen. Zwei Räume gehen links und rechts von ihm ab. Sonera war schonmal hier, aber sie war den Weg auch noch nie alleine gegangen. Tane geht zu der Tür die in den Lagerraum der Speisen führt und schließt sie. Dann nimmt er Soneras Hand und zieht sie in den anderen Raum in dem ein Bett steht.

Titel: Re: Fliegengrund und Lumpenmarkt
Beitrag von Atevora am 29. Jan. 2012, 15:22 Uhr
<--- Marktplatz


Ende Silberweiß 512


Der Winter ist ein Segen und Fluch zugleich auf den Straßen des Fliegengrundes. Die ungepflasterten Straßen verwandeln sich bei Nässe rasch zu Morast, werden durch Eselhufe, Füßabdrücken und kleine Karren, aufgewühlt und frieren bei längeren Frostperioden steinhart zu einer halsbrecherischen unebenen Untergrundkonstruktion der Natur. Erst wenn genügend Schnee auf den Straßen liegt, den hier kaum jemand zur Seite räumt - schließlich werden keine Steuergelder verschleudert um Arbeiter zu bezahlen die die Wege in einem so unwichtigen Stadtteil freiräumen würden – besteht nicht mehr die Gefahr bei jedem  zweiten Schritt zu straucheln, dafür ist es dann fast Ratsam seine Sohlen mit Schneeschuhen auszurüsten um das Vorankommen zu erleichtern. Trotz dessen sind es allesamt Unannehmlichkeiten die Atevora gerne in Kauf nimmt, denn zum Glück hält der gefrorene Boden des Winters einen Teil des Gestankes zurück, und durch die trockene Luft wird er von anderer Stell her nicht weit getragen.
Raschen Schrittes folgte sie dem Straßenjungen und muss ihn kurz darum bitten das Tempo etwas zurückzunehmen. Sie wollte nicht vollkommen außer Atem an ihrem Ziel angelangen. Kurz überlegte sie auch, ob sie nicht einfach den Weg abkürzen sollte indem sie die Vorzüge des magischen Gewirrs nutzt, doch da sie nicht genau abschätzen konnte, was noch auf sie zukommen würde, entschied sie sich dagegen. Es war nie schlecht sich sein Mana für eventuell brenzlige Situationen aufzusparen, und im Fliegengrund oder in den Bereichen der Kanalisation und der Unterstadt hatte man besser möglichst viel Mana zur Verfügung.
Bereits von der Ferne kann sie die verwitterte Mauer des Hauses in dem der Krüppelmacher wohnt, erkennen. Atevora läuft es kalt den Rücken hinab wenn sie an die Tätigkeiten des Krüppelhauers denkt. Er war einst ein Medicus und musste unehrenhaft seinen Berufsstand verlassen. Seither ist er der Knüppelmacher, zu ihm kommen einige der armen Tölpel und Glücklosen dieser Stadt und wenden sich aufgrund seines Wissens und seiner Fähigkeiten vertrauensvoll an ihn um sich hier gezielt zum Krüppel schlagen lassen, in der Hoffnung durch ihr erbarmungswürdigeres Aussehen mehr für ihre Familien auf den Straßen erbetteln zu können. Die Arbeit des ehemaligen Medicus scheint verwerflich, schließlich fügt er seinen Mitmenschen wissentlich Schaden zu, und manch einer fragt sich, wie das Leben ihm gespielt haben muss um sich schlussendlich dieser Tätigkeit hinzugeben und sein Geld damit zu verdienen. Zudem stellt sich auch dem einen oder anderen die Frage, welch Hoffnungslosigkeit treibt Menschen dazu an sich willentlich verkrüppeln zu lassen, und sich damit die letzte Chance auf eine Hilfsanstellung und ein geregeltes Einkommen zu vergeben?
So verwerflich die Arbeit des Krüppelmacher auch immer erscheinen mag, es ist besser jemand wie er bietet diesen Dienst an, denn er weiß wenigstens wo am Besten und Gezielt hinzuschlagen ist, und betreut die Leute, ohne ihn würden sie sich die Verletzungen vermutlich noch selbst zufügen und bald an Wundbrand und ähnlichem erbärmlich verrecken.

Vor dem einstöckigen Gebäude das sich hoch und eng zwischen einen alterschwachen Stadel und eine Ansammlung windschiefer Hütten zwängt, sodass es hier seltsam fehlplatziert wirkt, harrte einsam wartend tatsächlich ein Mann. Seine Gestalt war abgemergelt, die Augen lagen tief, eingefallen in den Augenhöhlen und das dreckige, fettige Haar hing schlaff und ungepflegt herab. Bestimmt fror er, denn er war nur mit löchrigen Fetzenflickwerk bekleidet, das vielleicht vor Jahren zu unterschiedlichen vernünftigen Kleidungsstücken gehört haben mochte. Wie lange er dort wohl schon gewartet hatte?
Der Mann hielt sich nicht lange mit Höflichkeiten auf, er sprach kein Wort und bedeutete ihr nur ihm zu folgen. Ob er wohl stumm war, oder nur des Redens müde? Im Grunde ist es einerlei. Atevora steckt dem Jungen für seinen Botengang die übliche Anzahl an Kupferstücken zu, und folgt dem Fettfischer anschließend ins tief verwinkelte Reich der Kanalisation.

---> Unterstadt



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