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Das Rollenspiel >> Das Umland >> Glyn-y-Defaid
(Thema begonnen von: Cinaed am 10. Sept. 2009, 09:21 Uhr)

Titel: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 10. Sept. 2009, 09:21 Uhr
Folgt man vom Platz der Händler aus der Großen Südstraße in Richtung Sarthefurt und passiert die Abzweigung nach Nachtschatten, so erreicht man schließlich eine Art Wegkreuzung. Dort, an jener Kreuzung angelangt, folgt man nicht der kleinen Straße zum alten Pferdehof, sondern schlägt den schmalen Bauernpfad ein, welcher in genau entgegengesetzte Richtung führt. Auf diesem Weg gelangt man schließlich nach Glyn-y-Defaid, ins Tal der Schafe.
Hinter einer kleinen Brücke befindet sich eine Toranlage (aus grob behauenem, hellgrauem Stein) auf deren beiden Pilastersäulen je ein brüllender Löwe thront. Hat man die Toranlage durchquert, so gelangt man auf den Hof des Anwesens. In der Mitte dieses gepflasterten Platzes wächst ein uralter Blutbaum, welcher seine Äste schützend über einen tiefen Ziehbrunnen ausgebreitet hat. Diverse Wirtschaftsgebäude, sprich mehrere Stallungen für Groß- und Kleinvieh, Scheunen, ein Schlachthaus samt Räucherkammer, ein Badehaus mit Waschküche, eine kleine Schmiede, ein Taubenschlag sowie mehrere Holzmieten und Mieten für Obst und Gemüse, umgeben den Hof; Herren- und Gesindehaus liegen etwas abseits. Alle Gebäude wurden mit den selben hellgrauen Steinen wie die Toranlage gebaut; die Hausdächer sind mit Schiefer gedeckt.
Ein Obst- und Gemüsegarten sowie ein Färber- und Kräutergarten gehören ebenso zum Anwesen wie ertragreiche Felder und magere Wirtschaftswiesen, Koppeln für Pferde und Rinder, ein Weiher in dem vornehmlich Mondaugen schwimmen und ausreichend Platz für allerlei Klein- und Federvieh. Da die Bewohner von Glyn-y-Defaid allerdings seit jeher von der Schafzucht leben, wird der größte Teil der gut und gerne 8 ½ Königshufe umfassenden Nutzflächen jedoch vornehmlich als als Weideland für zwei große Schafherden – Moorschnucken und Schwarznasenschafe – genutzt.


Herrenhaus (http://images.wtb.lon.world.net/WTB_GB/original/WTB_GB_47411_HoneysuckleBrambleExterior1.JPG)

Das zweistöckige Herrenhaus von Glyn-y-Defaid besitzt einen mehr oder weniger l-förmigen Grundriss. Es wurde aus den selben dicken, hellgrauen Steinen erbaut wie alle anderen Gebäude auf dem Hof auch und hat ein mit Schiefer gedecktes Dach. Die Eingangstür wird von einem hübschen mit Goldregen überwucherten hölzernen Vorbau geschützt und an den Hauswänden ranken sich Weinreben, die zur Erntezeit stets voller roter und gelber Trauben hängen und deren Blätter sich im Herbst wundervoll bunt färben.  

Erdgeschoss:
Die Eingangshalle des Herrenhauses ist nicht sonderlich groß. An ihren Wänden hängen vier alte Wandteppiche, die Glyn-y-Defaid im Lauf der Jahreszeiten darstellen. Außerdem gibt es einen hübschen Kachelofen und eine kleine Sitzecke mit einem Tisch und zwei ledernen Ohrensesseln, die mit Lammfellen ausgelegt sind. Von der Eingangshalle gehen zwei Türen ab. Durch die eine (welche sich beinahe direkt gegenüber der Eingangstür befindet) gelangt man ins Kaminzimmer, durch die andere (welche sich unter dem Treppenaufgang befindet) in die Küche.
Das Kaminzimmer trägt seinen Namen zurecht, da die gesamte rückwärtige Wand von einem riesigen offenen Kamin dominiert wird. Davor liegen mehrere Schaffelle, außerdem stehen auch hier zwei Ohrensessel, die denen in der Eingangshalle recht ähnlich sind. Die Wände sind mit schweren Gobelins behängt, welche Impressionen des talyrischen Umlands wiedergeben. Über dem Kamin prangt zudem ein schönes Portrait, welches die verstorbene Hausherren in jungen Jahren zeigt. In der Mitte des Raumes steht ein langer Speisetisch aus dunklem Holz und passende Stühle. Auf dem ansonsten leeren Tisch steht eine Vase, die stets mit frischen Blumen gefüllt ist, gespeist wird an dieser Tafel jedoch nur noch sehr selten. Auch in diesem Zimmer gibt es übrigens zwei Türen; jene, die in die Eingangshalle führt und eine zweite durch die man geradewegs in die Küche gelangt.
Dominiert wird die Küche von einer langen massiven Eichentafel, an der alle Bewohner von Glyn-y-Defaid die täglichen Mahlzeiten zu sich nehmen. Die Küche ist außerdem mit einer großen Feuerstelle, in der gut und gerne ein ganzer Ochse gebraten werden kann, und einem Ungetüm von eisernem Herd ausgestattet. In mehreren Schränken und Regalen bewahrt man Geschirr, Küchentücher und ein paar nicht so schnell verderbliche Lebensmittel auf, die meisten Vorräte werden allerdings in einer separaten Speisekammer gelagert.
Eine weitere Tür führt hinaus in den Garten, hinter einer fünften befindet sich eine winzige Gesindekammer, die zurzeit von der Alten Cath bewohnt wird. Ausgestattet ist dieser Raum mit dem Nötigsten: Einem schlichten Bett, einem Schrank, einem kleinen Tisch samt Stuhl und einem sorgsam gepflegten Spinnrad.

Obergeschoss: Von der Eingangshalle aus gelangt man über eine breite Eichentreppe hinauf ins Obergeschoss. Das Schlafzimmer ist mit einem breiten Ehebett ausgestattet und an beiden Seiten ist ein passender Nachttisch aufgestellt. Auf beiden steht ein Kerzenständer samt Kerzenlöscher, auf einem liegt zudem eine Halskette aus Flussperlen, und unter jedem befindet sich ein gewöhnlicher Nachttopf. Am Fußende des Brettes steht eine schwere Wäschetruhe, es gibt einen wuchtigen Kleiderschrank, einen Waschtisch, und in einer Ecke des Raumes befindet sich ein Kachelofen. Der Fußboden ist mit Schaffellen bedeckt, vor dem Fenster hängt ein goldgelber Vorhang und in der Fensterbank liegen mehrere Ziegenfelle. In der Mitte steht ein Kerzenhalter, vor welchem einige Zweige mit getrockneten Beeren liegen, und vor der Fensterbank wurde eine schlichte Kniebank aufgebaut – zusammen ergibt dies den ganz persönlichen Hausaltar von Glyn-y-Defaid.
Zur Linken des Schlafzimmers befindet sich die Kammer der verstorbenen Hausherrin Tara. Seit sie diesen Raum zum letzten Mal betreten hat, hat sich dort nichts verändert. Lediglich der Staub wird regelmäßig entfernt und die Blumen in der Vase auf der Fensterbank werden stets erneuert. Ausgestattet ist das Zimmer mit einem kleinen Eisenofen, einem Spinnrad, einem Stuhl und einem bequemen Tagesbett. Das Arbeitszimmer des Hausherrn befindet sich rechts vom Schlafzimmer. Es ist mit einem Schreibpult, einem Stuhl, einem kleinen Eisenofen, zwei Truhen und mehreren Schränken und Regalen ausgestattet. Außerdem befindet sich hier das einzige Buch des Anwesens: In dem dicken, in Leder gebundenen Wälzer hat schon Taras Vater regelmäßig den exakten Schafbestand von Glyn-y-Defaid festgehalten.
Die zwei kleinen Kammern auf der anderen Seite der Diele dienen als Wäsche- bzw. Abstellkammer. Außerdem gibt es auf diesem Stockwerk sechs weitere Räume. Ursprünglich war wenigstens einer davon als Kinderzimmer gedacht, doch im Augenblick dienen drei als Gästezimmer, während die anderen komplett leer stehen. Die drei Gästezimmer sind alle mit zwei Einzelbetten, einem Beistelltischen samt Kerzenhalter und Kerzenlöscher, einem Nachttopf sowie einer Truhe ausgestattet. Darüber hinaus liegt vor jedem Bett statt eines gewöhnlichen Läufers ein flauschiges Schafsfell. Die Fenster aller sechs Zimmer sind zudem mit schönen Vorhängen versehen und jeder Raum besitzt einen praktischen Eisenofen wie man ihn auch in den Kammern der Gutsleute findet.

Kellergewölbe: Durch eine Falltür im Boden der Speisekammer gelangt man ins Kellergewölbe unter dem Herrenhaus. Dort wurde sowohl ein praktischer Eiskeller eingerichtet, als auch ein recht ansehnlicher Weinkeller angelegt. Allerdings wird hier unten nicht nur der edle Rebensaft verwahrt, sondern auch gewürzter Honigwein und Fässer mit ordentlichem Hopfengebräu.


Gesindehaus


Wie alle Gebäude auf Glyn-y-Defaid wurde auch das Gesindehaus aus dicken, hellgrauen Steinen erbaut und mit einem dunklen Schieferdach versehen. Es besitzt einen nahezu quadratischen Grundriss, verfügt (ebenso wie das Herrenhaus) über zwei Stockwerke, ist aber merklich kleiner als das Haupthaus. An den Hauswänden klettert Hopfen in die Höhe, was besonders schön aussieht, wenn die Dolden reif sind und geerntet werden können.

Erdgeschoss:
Im Erdgeschoss des Gesindehauses befinden sich sechs Kammern, eine davon bewohnt der Knecht Emrys, eine andere der Stallbursche Liam. Die restlichen vier Kammern stehen leer und können bei Bedarf für die Unterbringung von zeitweise eingestellten Tagelöhnern oder Erntehelfern genutzt werden. Hinter dem Haus befindet sich zudem zwei Abtritte.
Obergeschoss: Die Kammern im Obergeschoss werden von Owyn, dem Großknecht von Glyn-y-Defaid, seiner Frau Rhona, der Großmagd, und ihren Kindern Gwyn und Úna bewohnt.
Dachstuhl: Die beiden Mägde Nara und Mair bewohnen die zwei kleinen Kammern unter dem Dachstuhl des Hauses. Die beiden Räume werden durch eine hölzerne Diele voneinander getrennt. Am Ende dieses Gangs befindet sich eine Leiter über die man hinauf zum Taubenschlag auf dem Dach gelangt.

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OT: Sorry für die schlechte Scanqualität der Karte. :ups:

PS Bitte ignoriert die zwei Fenster an der rückwärtigen
Wand des Kaminzimmers, da hat sich ein Fehler in die
Zeichnung eingeschlichen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 10. Sept. 2009, 09:21 Uhr
Schafställe: Die großen, weitläufigen Ställe werden nur während der Wintermonde genutzt. Sie bieten ausreichend Platz für die Böcke, Mutterschafe und Jungtiere und verfügen alle über einen eigenen Heuboden. Die Moorschnuckenherde (Bébinn, Dubhán, Hasenherz, Shea, Mór, Strohdoof, Idwal, Distel und Klette, Kleeblatt, Bleddyn, ...) ist in den einen, die Schwarznasenherde (Ailbhe, Brígh, Wölkchen, Schneeball, Emer, Knopfauge, Siv, Llew und Lleu, Tausendschön, Vergissmeinnicht, ...) in den anderen Gebäuden untergebracht. Auch die zwei Herdenschutzhunde (Cadfan und Blair), die beiden Hüte- und Treibhunde (Idris und Eira) und die zwei Haus- und Hofhunde (Mabon und Modron) schlafen während der kalten Jahreszeit hier. Auf den Dächern der Ställe wurden jeweils zwei alte Wagenräder angebracht, auf welchen regelmäßig Störche niesten. Unter der schützenden Dachkante haben Schwalben und Abendschwingen ihre Nester gebaut.

Pferde- und Geschirrstall: Dieser Stall ist mit insgesamt acht Pferdeboxen ausgestattet und verfügt über einen eigenen Heuboden. Vier Boxen stehen leer, in den anderen sind zwei Verder Kaltblüter (Cymidei und Llasar), schwere Zug- und Lasttiere, die Stute Áed, ein hübscher Arloner Bernsteinfuchs, und der Esel Bryn untergebracht. Auf beiden Seiten der Stallgasse befindet sich zudem je eine größere Box. In der einen können während der Wintermonde die vier Bluirziegen (Klee, Fflur, Zimt und Koriander) und ihr Bock Halunke, in der anderen die vier Buccaziegen (Wacholder, Glöckchen, Cerys und Nesta) und ihr Bock Korsar untergebracht werden. Außerdem sind neben dem schweren Pferdegeschirr noch etliche Käfige, in welchen Hasen und Kaninchen (Seidenfell, Raupelz, Goldnase, Weißohr, Schwarzpelz, Kleinohr, Löwenzahn, Frechdachs, Zwergnase, Silberpfote, ...) gehalten werden, an einer der Stallwände angebracht. Außen, unter der Dachkante des Stalls, niesten Goldflügelschwalben und Abendschwingen.

Kuh- und Schweinestall: Im Schutz des mit Schiefer gedeckten Daches haben Abendschwätzer und Schwalben ihre Nester gebaut und auf dem First befindet sich ein großes Storchenrad. Der Stall selbst ist nicht sonderlich groß. Er bietet gerade genug Platz für vier Milchkühe (Bríd, Íde, Ena und Líle), den Bullen Ciar und 13 Hausschweine (Eichel, Trüffel, Knolle, Stoppel, Malve, Dickkopf, Liebaug, Bleibstehn, Nichtsnutz, Nimmersatt, Perle, Fleck und Klecks). Darüber hinaus besitzt er einen kleinen Heuboden. Jauchegrube und Misthaufen befinden sich hinter dem Gebäude, gar nicht weit entfernt vom Hühnerstall.

Hühnerstall und Taubenschlag: In diesem kleinen Stall ist das Federvieh untergebracht, Braesshühner (Únas Lieblingshennen heißen Resande, Buntfeder, Nesthäckchen, Tock-Tock und Gack-Gack), Graugänse, Stock- und Eiderenten; Wachteln und Fasane werden bei Bedarf im nahe gelegenen Wald gejagt. Der Taubenschlag ist in einem kleinen Türmchen auf dem Dach des Gesindehaus untergebracht, man erreicht ihn vom Dachboden aus über eine schmale Leiter.

Schlachthaus und Räucherkammer: In diesem Gebäude findet das Schlachtvieh sein Ende, Hühner, Gänse und Enten, Lämmer, Schweine, die Mondaugen aus dem Weiher und nicht zu vergessen das frische Wildbret aus dem nahen Wald.

Badehaus und Waschküche: Manch harter Arbeitstag klingt hier mit einem heißen, dampfenden Bad langsam aus und frisch gewaschene Wäsche findet auf Wäscheleinen hinter dem Haus ihren Platz im Wind. Außerdem gibt es in dem Gebäude eine kleine Werkstatt, in der hauptsächlich Filzarbeiten angefertigt werden. Darüber hinaus befindet sich in dem Gebäude der Abtritt für die Herrschaften.

Schmiede und Scheune: Die Schmiede des Hofes ist nichts besonderes. Sie reicht aus um Hufeisen zu schmieden, Pferde zu beschlagen und um Ackerwerkzeug, Räder und Fässer zu reparieren. Außerdem verfügt sie über einen großen Ofen, in dem mehrere Laibe frisches Brot gleichzeitig gebacken werden können. In der nahe gelegenen Hofscheune sind Pferdeschlitten, Karren, Heuwagen und Ackerwerkzeug untergebracht. Außerdem können hier selbstverständlich bei Bedarf Heu, Stroh und Getreide gelagert werden. Und die zahlreichen Hofkatzen (Amber, Baron, Beryll, Streuner, Strolch und Stromer, Flocke, Jett, Kobold, Lapis und Lazuli, Pünktchen, Sith, Sphinx,...) finden hier in kalten und regnerischen Nächten stets ein trockenes, gemütliches Plätzchen.

Weiden, Koppeln, Wiesen und Felder samt Weiher: Alle Weiden und Koppeln sind von Maueren aus hellgrauem Stein umgeben, mit hölzernen Toren ausgestattet und verfügen über einen kleinen Brunnen nebst Tränke. Felder und Wiesen werden von Hecken aus Wein, Brombeergestrüpp, Hagebutten, Schlehdorn, Wacholder und Ginster gesäumt, die vor allem Ammern, Nachtigallen, Schneekönigen und Rotkehlchen zahlreiche geschützte Nistplätze bieten. Im Weiher – dem Drych Cymylau (oder Wolkenspiegel) – schwimmen Mondaugen, die hauptsächlich für den Eigenbedarf gefangen werden, und darauf tummelt sich die Entenschar von Glyn-y-Defaid.

Obst- und Gemüsegarten: Auf diesem Stück Land stehen Äpfel-, Birnen-, Kirschen-, und Zwetschgenbäume, Renekloden- und Quittenbäume, Elsbeeren und Mispeln. Im Schutz dieser Bäume sind fünf Bienenkörbe aufgestellt. Außerdem gibt es hier dichte Hecken aus schwarzem Holdunder, Him-, Wacholder-, Stachel-, Josta- sowie roten und schwarzen Johannisbeersträuchen. In den sorgsam angelegten und mit Buchsbaum eingefassten Beeten wachsen zudem Erd-, Blau-, Moos- und Essigbeeren; Rhabarber; Spargel, Mais, Erbsen, Bohnen und Tomaten; Gurken, Kürbisse und Melonen; selbstverständlich auch Möhren, Steckrüben, Kohlrabi, rote Bete, Radieschen, Rettich, Knoblauch, Zwiebeln und Kartoffeln sowie Lauch, Spinat, Mangold, Endivien, Blatt- und Feldsalat, Wirsing und Kohl.

Färber- und Kräutergarten: Umgeben wird der Garten von einem hübschen Holzzaun. Die einzelnen runden und eckigen Beete sind mit Buchsbaum eingefasst, die Wege dazwischen wurden mit kleinen weißen Flusskieseln bedeckt und im Schatten einer alten Kastanie und einer stolzen Schwarzeiche steht eine gemütliche Holzbank. In den Beeten (sowie in vielen unterschiedlich großen Kübeln und Bottichen) wachsen hier nicht nur allerlei Duft- und Küchenkräuter, sondern auch allerlei Färberpflanzen wie z.B. Färberkamille-, -scharte und -waid, Gilbkraut, Rainfarn und Krapp.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 10. Sept. 2009, 09:21 Uhr
Das Gesinde:

Owyn, geboren 477 d5Z; Großknecht von Glyn-y-Defaid und Rhonas Mann. Der kräftige Rhaínländer mit den kieselgrauen Augen und dem strohblonden Haar ist ein strenger, aber gerechter Mann. Hof- und Feldarbeiten aller Art gehören zu seinem Aufgabenbereich, dazu zählt u.a. das Schlachten von Vieh und das Scheren der Schafe, aber z.B. auch sämtliche schweren Gartenarbeiten.    

Rhona, geboren 482 d5Z; Großmagd von Glyn-y-Defaid und Owyns Frau. Die ernste Herzländerin mit den rehbraunen Augen und dem lockigen, kastanienbraunen Haar besitzt ein freundliches, herzförmiges Gesicht und ein äußerst resolutes Wesen. Die Küche ist ihr uneingeschränktes Herrschaftsgebiet und niemand wagt es ihr dort zu wiedersprechen.

Gwyn, geboren 498 d5Z; Schweinehirte von Glyn-y-Defaid, Sohn von Owyn und Rhona. Der schmächtige, flinke Bursche besitzt das stohblonde Haar seines Vaters und die rehbraunen Augen seiner Mutter. Er ist für die Schweine des Hofes verantwortlich und hilft Liam, dem Stallknecht, wo er nur kann.

Úna, geboren 503 d5Z; Gänsemagd von Glyn-y-Defaid, Tochter von Owyn und Rhona. Das zierliche, kleine Mädchen mit den kieselgrauen Augen und dem hellbraunen Haar (dessen Farbe ihr ihr Bruder gerne im Scherz als Straßenkötterbraun tituliert) ist ein echter Wirbelwind. Sie kümmert sich auf dem Hof um die Versorgung des Federviehs. Außerdem besitzt sie (sehr zum Missfallen ihrer Mutter) zwei kleine Mäuse (Haselnuss und Kieselstein) – die eine braun, die andere grau – die sie ständig in den Taschen ihrer Schürzen und Kleider mit sich herumträgt.

Liam, geboren 494 d5Z; Stallknecht von Glyn-y-Defaid, Vetter von Rhona und Emrys. Man sieht dem jungen Herzländer mit dem dunkelblonden Haar und den graugrünen Augen die Verwandtschaft mit Rhona und Emrys deutlich an. Er besitzt jedoch ein weitaus unbekümmerteres Wesen und scherzt sehr gerne. Außerdem ist er bis über beide Ohren in Nara verliebt. Die Pferde, aber auch der Esel, die Kühe, Ziegen, Hasen und Kaninchen des Hofes gehören zu seinen Hauptaufgaben auf dem Hof. Darüber hinaus hilft er selbstverständlich auch bei allen anderen auf dem Hof anfallenden Aufgaben, wenn Not am Mann ist.

Emrys, geboren 486 d5Z; Knecht von Glyn-y-Defaid, Bruder Rhonas. Der kräftige Herzländer ist seiner Schwester wie aus dem Gesicht geschnitten. Er ist Owyns rechte Hand und geht ihm bei sämtlichen Arbeiten, die auf einem Hof so anfallen, zur Hand.

Nara, geboren 490 d5Z; Magd von Glyn-y-Defaid, Rhonas rechte Hand. Die hübsche Drachenländerin besitzt ausdrucksstarke himmelblaue Augen, ein schönes, herzförmiges Gesicht und langes, seidiges, nussbraunes Haar. Sie geht Rhona in der Küche zur Hand und kümmert sich um sämtliche im Haushalt anfallende Aufgaben. Liam ist bis über beide Ohren in Nara verliebt, bisher ist diese Liebe allerdings unerwidert geblieben. Die junge Magd ist offenbar mehr an Emyrs interessiert, was aber auch nicht auf Gegenseitigkeit zu beruhen scheint.

Mair, geboren 495 d5Z; Magd von Glyn-y-Defaid. Die junge, zierliche Laiginerin mit der schneeweißen Haut, den lustigen Sommersprossen, dem rotblonden Haar und den grasgrünen Augen ist ein stilles, schüchternes Mädchen. Sie hilft Rhona und Nara im Haushalt und pflegt mit großer Hingabe den Küchengarten, da sie sich ausgezeichnet mit Pflanzen auskennt. Außerdem kümmert sie sich um Catriona und hilft ihr beim Spinnen der Wolle.

Catriona, genannt 'Alte Cath'; geboren 434 d5Z; Großmutter von Rhona und Emrys. Die alte, runzelige Frau ist durch und durch Herzländerin und lebt und arbeitet seit ihrem siebten Lebensjahr auf  Glyn-y-Defaid. Auch heute noch ist sie ein fester Bestand des Hoflebens und spinnt in ihrer Kammer oder in der Küche fleißig Schafswolle, sofern ihre Gesundheit es zulässt. Obwohl vom Alter geschwächt, verraten ihre haselnussbraunen Augen ihren wachen Geist und den klaren, scharfen Verstand.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 14. Okt. 2009, 12:25 Uhr
« Der Platz der Händler

„Einst, vor langer, langer Zeit, als noch ein Drachenkönig auf dem Thron von Lair Draconis saß...“ beginnt Cináed zu erzählen, „...da lebte ein Junge, der ward' Aillén geheißen.“ Ein kurzer Blick zur Seite genügt dem Elben, um zu sehen, dass sein Publikum – Gwyn – ganz gespannt jedem einzelnen seiner Worte lauscht. Der Elb schluckt kurz, fährt dann aber mit seiner Geschichte fort, auch wenn er sie (wie stets) nur mit gewissem Widerwillen vorträgt.

„Von Geburt an war Aillén etwas Besonderes – der siebte Sohn eines siebten Sohnes – und seine Familie liebte ihn sehr... Er war ein freundliches, manchmal etwas ängstliches Kind, ein kleiner Träumer. Seine älteren Geschwister und Spielkameraden neckten ihn gerne, auch wenn sie es nie böse mit ihm meinten. Vor allem Schauergeschichten erzählten sie Aillén oft, denn sie wussten, dass er diese am liebsten hörte, auch wenn er hinterher spät in der Nacht lange nicht würde einschlafen können. Ja, Geschichten über Magie und Zauberei konnte Aillén stundenlang lauschen, denn in seinem Haus gab es keine Magier. Nur wenige wussten, was es mit der Zauberkunde wirklich auf sich hat und konnten jene lehren, die es nach echtem Wissen verlangte. Aillén jedoch lehrten sie nicht, denn in ihren Augen war er noch zu jung, um die arkanen Künste kennen zu lernen.
Und so kam es, dass Aillén einmal heftig erschrak als er mitten in der Nacht erwachte. Ängstlich streckte er in der Dunkelheit seiner Kammer die Hand nach der Kerze auf seinem Tisch aus, welche daraufhin mit heller Flamme zu brennen begann. Noch verängstigter als zuvor starrte der Junge seine Hände an, konnte daran aber nichts Ungewöhnliches erkennen. Rasch löschte er das Licht, krabbelte tief unter seine Decken und versteckte sich dort, bis die ersten Strahlen der Morgensonne seine Nasenspitze kitzelten, woraufhin er erwachte. Noch schläfrig setzte er sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen, das nächtliche Ereignis hatte er völlig vergessen.

Einige Zeit zog ins Land, ohne das etwas Besonderes geschah... Doch dann, eines schönen Tages im Erntemond, erschrak Aillén ein weiteres Mal sehr über sich selbst. Seine Geschwister und er hatten auf den Feldern und Wiesen gespielt. Es war spät geworden und die Nacht brach bereits an. Von Aillén unbemerkt, hatten die anderen sich verkleidet (wie kleine Spukgestalten sahen sie im Dunkel aus). Gemeinsam hatten sie ihrem Bruder zunächst einen gehörigen Schrecken eingejagt, waren anschließend kichernd und lachend in die Nacht davon geschwirrt und hatten ihn alleine in der Finsternis zurückgelassen. Die Sterne und der Mond spendeten nur wenig Licht, denn immer wieder zogen dichte Wolken über den Himmel, sodass Aillén den Weg nach Hause kaum erkennen konnte. Schützend streckte seine Arme vor sich aus, gerade so als wolle er den Heimweg ertasten, doch mitten in der Bewegung hielt er plötzlich inne. Eine winzige Flamme, nicht größer als das Licht einer Kerze, begann auf der Spitze seines Zeigefingers zu tanzen. Er kann die Wärme des Feuers auf seiner Haut spüren, doch verbrennt sie ihn nicht. Mit einem Mal bekam der Junge es mit der Angst zu tun, er lief Hals über Kopf los, stolperte über die Wurzel eines Baumes und fiel der Länge nach in den Dreck. Die kleine Flamme auf seiner Fingerspitze küsste ein paar Blätter trockenes Herbstlaub – nur ganz kurz und ganz sanft, doch das Laub begann sogleich zu brennen. Erschrocken sprang Aillén auf. So schnell er nur konnte trat er das auflodernde Feuer aus. Aber als er schließlich seine Hände betrachte, war die winzige Flamme längst verloschen. Daheim angekommen erzählte er niemandem ein Sterbenswörtchen, zu groß war die Furcht, seine Eltern könnten ihn fortschicken, wenn sie von dem Feuer erführen. Also lernte Aillén wie man Geheimnisse bewahrt und Dinge verheimlicht – und eine Weile ging alles gut, bis, ja, bis die Angst zurückkehrte.

Von seinem Vater hatte Aillén gelernt Schwert und Bogen zu führen, er hatte gelernt wie man jagt und kämpft und wie man tapfer und mutig ist – nur wie man die Furcht vor dem eigenen Ich überwindet, dass wusste er damals noch nicht...

...wieder ist es Nacht. Und wieder ist Aillén allein, als seine Furcht ihn überwältigt. Mittlerweile ist er ein junger Mann. Seine Vater hat ihm zum ersten Mal eine wichtige Aufgabe übertragen und er will ihn nicht enttäuschen, will seine Sache gut machen. Kalter Wind zieht in jener Nacht über das Land und lässt ihn frösteln. Aillén braucht ein Feuer, um sich daran zu wärmen, doch seine Hände zittern so sehr vor Kälte, dass seinen klammen Fingern der Feuerstein immer wieder entfällt. Seine Furcht wächst, was wird geschehen, wenn er seinen Vater enttäuscht? Plötzlich spürt er ein leichtes Kribbeln, dann merkt er wie seine Hände sich immer stärker erwärmen. Aillén braucht das Feuer, doch in diesem Moment will er nur das es aufhört – und trifft die falsche Entscheidung. Wie von selbst legt er seine Hände auf den Stamm eines jungen Baumes. Als er sie schließlich wieder fortnimmt, bleiben zwei dunkle, schwellende Abdrücke zurück, denn die Hitze seines Feuers hat sich tief in die Rinde gefressen...

...voller Entsetzen starrte Aillén sein Werk an. Plötzlich bewegten sich seine Füße wie von selbst und er begann zu laufen, zu laufen, zu laufen – denn er hatte endlich seine wahre Natur erkannt.“

„Er war ein Hexer!“, flüstert Gwyn ehrfürchtig und sieht Cináed mit leuchtenden Augen an. Der Elb nickt. „Ja, ein Hexer in dem die Kräfte des Feuers schlummerten“, stimmt er dem Jungen zu, dem seine Begeisterung mehr als deutlich anzusehen ist. „Warum...“, erkundigt sich Gwyn, obwohl er die Antwort auf diese Frage längst kennt, „...ist Aillén denn nicht einfach bei einem Magier in die Lehre gegangen? Warum hat er nie eine Akademie besucht?“ Mit großen fragend dreinschauenden Augen wartet er gespannt Cináeds Antwort ab. Der Elb lächelt, und wieder einmal stellt Gwyn stirnrunzelnd fest, dass der Herr von Glyn-y-Defaid stets ein wenig traurig ausschaut, wenn er Ailléns Geschichte erzählt. „Weißt du, Gwyn“, sagt der Elb schließlich, „wenn wir Angst haben, dann machen wir manchmal Dinge, die nicht gut für uns sind. Wir wissen, dass wir das Falsche tun – und tun es trotzdem. Und dann, irgendwann, gibt es kein Zurück mehr.“ Bei diesen Worten sieht Cináed wirklich sehr nachdenklich und traurig aus. Einen Augenblick lang schweigen sie beide, der schmächtige Junge und der hochgewachsene Elb. Dann lacht Cináed plötzlich leise auf, zwinkert Gwyn mit gespielter Heiterkeit zu und fragt: „Aber was rede ich da... soll ich die Geschichte jetzt zu Ende erzählen, oder nicht? Willst du vielleicht lieber weitermachen?“ Amüsiert nimmt er zur Kenntnis wie Gwyn erst verlegen wegschaut und dann heftig den Kopf zu schütteln beginnt. „Bitte...“, ist alles, was der Junge schließlich mühsam herausbringt, bevor er wieder verlegen auf seine Hände starrt. Cináed lächelt erheitert. „Also dann“, erklärt er, „wollen wir hören wie es mit Aillén weiterging.“ Er holt noch einmal kurz Luft, dann greift er den Faden seiner Erzählung genau dort wieder auf, wo er ihn zuvor verloren hat.

„Aillén lief also fort... Er verließ' Haus und Hof und Heimatland ohne sich auch nur von irgendjemandem verabschiedet zu haben und verschwand scheinbar grund- und spurlos. Er stammte aus gutem Hause, hatte vieles gelernt – lesen, schreiben und rechnen, musizieren, singen und tanzen, jagen und kämpfen – aber was es  bedeutet zu hungern und zu dürsten, dass lernte er jetzt erst, während seiner härtesten Lehrjahre. Bettler und Tagelöhner sind beim einfachen Volke oftmals beinahe ebenso unbeliebt wie wilde Magier und Hexer. Mehr als einmal wurde Aillén von den Leuten mit Schimpf und Schande fortgejagt; einige drohten ihm mit Schlägen, andere warfen ihm fauliges Obst und Gemüse hinterher und auch im Karzer landete er so manches Mal. Nur Soris, der Glücksmaid, und der Güte und Gnade einiger guter Seelen ist es zu verdanken, dass Aillén lange genug durchhielt, bis er endlich an einen Ort gelangte, an dem er unbehelligt leben konnte. Mehr noch, er fand Arbeit, Freunde und ja, auch die Liebe einer schönen Frau.
Mutig, aber mit bangem Herzen (und nichts anderem als seiner Liebe) hielt er bei ihrem Vater um die Hand seiner Liebsten an... Der alte Mann erkannte die guten Absichten des jungen Brautwerbers zwar, doch seine geliebte Tochter, sein einziges Kind, einem Fremden geben? Nein, das wollte der Alte nicht und ersann eine List. 'Ich will dir meine Tochter zur Frau geben', sagte er schließlich zu Aillén, 'wenn du drei Aufgaben erfüllst, die ich dir stelle.' Insgeheim aber dachte er: Drei Prüfungen, dass wird den Burschen sicher abschrecken. Laut sprach er, als er Ailléns Einwilligung hörte: 'Gut, dann soll dies deine erste Aufgabe sein: Wenn du mir drei Zwölfmonde lang gut und treu dienst, dann wollen wir weitersehen.' Im Stillen sagte sich der Alte: Drei Zwölfmonde sind lang und junge Herzen wankelmütig. Die Zeit ist auf meiner Seite. Aillén, ganz im Vertrauen auf Llaeron Schicksalsfüger, senkte derweil ergeben sein Haupt, und der Erste der drei Zwölfmonde brach an.

So zog die Zeit vorüber und als drei Zwölfmonde um waren, da hatte Aillén die erste Prüfung bestanden. Dem alten Mann blieb nichts anderes übrig als einzugestehen: 'Du hast mir drei Zwölfmonde lang gut und treu gedient – die erste Aufgabe ist erfüllt.' Insgeheim aber dachte er: Ich werde ihm eine schwierigere Prüfung stellen müssen.' Laut sprach er schließlich: 'Erlege das Wolfsrudel, welches Zwölfmond um Zwölfmond meine Herden reißt. Das soll deine zweite Aufgabe sein.' Wieder willigte Aillén ohne zu zögern ein. Im Stillen sagte sich der Alte: Die Biester sind schlau und zäh. Er wird sie niemals alle erledigen können. Er wird der Jagd leid werden und bald schon aufgeben. Aber auch dieses Mal irrte sich der alte Mann, denn Aillén war ein guter Jäger. Aber die Wölfe waren wirklich schlaue Bestien, die in den Schatten jagten. Ein ums andere Mal machten sie Aillén das Leben schwer – drei Jahre lang. Schließlich aber gingen sie dem jungen Jäger in die Falle. Stolz trat Aillén da vor den alten Mann hin. Er sprach: 'Seht her. Ich habe alle Wölfe getötet. Ihre Pelze sind für Euch. Sie sollen mein Hochzeitsgeschenk sein.'
Dem Alten blieb nichts anderes übrig als einzugestehen: 'Du hast alle Wölfe aus den Schatten vertrieben und erschlagen – auch die zweite Aufgabe ist erfüllt.' Insgeheim aber dachte er: Ich muss ihm eine Prüfung stellen, die unmöglich zu erfüllen ist. Laut sprach er: 'Also gut, bring meiner Tochter Blumen, die im allertiefsten Winter blühen – dann soll Hochzeit sein.' Abermals willigte Aillén ein. Im Stillen sagte sich der Alte: In Eis und Schnee kann nichts blühen, was wahrhaftig lebt. Zufrieden lächelnd sah er Áillen nach, als dieser betrübt von dannen zog. Die Zwölfmonde verstrichen. Aillén reiste von Stadt zu Stadt, von Land zu Land, vergebens. Blumen, die im allertiefsten Winter blühen, vermochte ihm niemand zu zeigen. Endlich, drei weitere Zwölfmonde waren fast vergangen, traf Aillén auf ein buckeliges Kräuerweib, welches Rat für ihn wusste und ihm vom Unmöglichen berichtete. 'Froststern und Winterrose blühen früh im Jahrestanz', sprach das Kräuterweib mit zahnlosem Mund, 'doch die Pflanze, die du suchst, ist selten und schwer zu finden. Iôrlana wird sie genannt.' Dankbar und mit neuem Mut im Herzen zog Aillén von dannen und machte sich sogleich auf die Suche. Hochoben im Gebirge fand er sie schließlich – Iôrlana, die Eiskönigin. Mit bloßen Händen grub er das Pflänzchen aus dem eisigen Boden. Ganz blutig wurden seine Finger dabei, doch störte Aillén dies nicht. Freudig machte er sich auf den Weg, der Liebsten entgegen. Doch, oh weh, als er zurückkehrte, da war die schöne Blüte verwelkt. Verzweifelt blickte Aillén auf die kläglichen Überreste in seinen Händen hinab und das Herz wurde ihm schwer.
Plötzlich aber schlich sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Glücklich eilte er sogleich davon. Sieben Tage und sieben Nächte später war es endlich soweit: Ein letztes Mal trat Áillen vor den Vater seiner Liebsten hin. Er sprach: 'Kommt mit mir in den Garten, ich will Euch die Blumen zeigen, die nur im allertiefsten Winter blühen.' Da gingen sie gemeinsam hinaus und Aillén führte den alten Mann zu einer Hochzeitslaube, die war ganz aus Eis gemacht und tausend Eisblumen blühten darauf in all ihrer Pracht. Dem Alten blieb nichts anderes übrig als einzugestehen: 'Du hast meiner Tochter Blumen gebracht, die nur im allertiefsten Winter blühen – auch die letzte Aufgabe ist erfüllt, darum soll morgen Hochzeit sein.' Und wie der alte Mann es gesagt hatte, so geschah es. Ailléns Liebste legte ein Gewand an, das war ganz aus dem rauchgrauen Pelz der erschlagenen Wölfe gemacht, und ihr Vater führte sie durch den Schnee hinaus in den Garten. Als nun der Priester, ein Diener der Amitari, die Hände des Brautpaares ineinander legte – Ailléns so heiß wie Feuer, die seiner Liebsten so kalt wie Eis – da begann die wilde Magie des jungen Hexers zu versiegen und alles ward' gut.

Und wenn Sithechs Raben sie nicht fortgetragen haben...“, endet Cináed, während Gwyn, Úna und er Glyn-y-Defaid erreichen, „...dann wartet Kyrom heute noch auf sie.“ Lächelnd sieht der Elb Gwyn an, während er bedrückt denkt: Märchen finden immer ein gutes Ende... Der Junge an seiner Seite scheint über etwas ganz ähnliches nachzugrübeln, denn als sie die kleine Brücke hinter sich lassen und die Toranlage von Glyn-y-Defaid passieren, fragt er: „Kann ein Hexer wirklich seine Magie verlieren?“ Gwyn runzelt leicht die Stirn und Cináed schüttelt bedauernd den Kopf. „Ich glaube nicht, dass es im wirklichen Leben so einfach zugeht wie in einer Mär, Gwyn“, erklärt er. „Ganz gleich ob Hexer oder Magier, Gelehrte der arkanen Künste sind keine Gefäße aus Ton in welche man ohne weiteres ein Loch schlagen kann, sodass die Magie hinausfließt und nie mehr zurückkehrt...“ Fragend schaut Gwyn zu ihm auf. „Aber was will uns die Mär dann sagen?“, hakt der Junge verwirrt nach. Cináed zuckt mit den Schultern. „In jedem Märchen steckt stets ein kleines Körnchen Wahrheit und manchmal auch ein winziger Funken Hoffnung. Vielleicht will uns die Geschichte lehren, dass es auch für Hexer so etwas wie Heilung gibt – dass sie mit ihren Kräften Frieden schließen können ohne dem Wahnsinn oder dem Tode anheim zu fallen.“ Gwyn nickt. „Ja“, überlegt er. „Das kann ich verstehen.“
Schweigend gehen sie über den Hof. Behutsam hebt Cináed die schlafende Úna vom Wagen und trägt sie zum Gesindehaus hinüber, wo Owyn ihm und Gwyn nach kurzem Klopfen aufsperrt. Es werden noch ein paar leise geflüsterte Worte gewechselt, Úna wird vorsichtig weitergereicht, dann wünscht man sich gute Nacht und verabschiedet sich. Cináed schafft noch rasch Karren, Esel und Henne fort, dann begibt er sich zum großen Haupthaus, verschwindet alleine in dem dunklen, leeren Gebäude und nur wenig später flackert im Fenster der Schlafkammer ein einsames Licht.

Nachdem Amitaris Hochtag vorüber ist, kehrt der Alltag rasch nach Glyn-y-Defaid zurück. Schafe, Ziegen und sonstiges Viehzeug versorgen sich nicht von alleine, Felder, Wiesen und Weiden wollen vor Wintereinbruch bestellt werden und auch sonst gibt es auf dem alten Landgut wie immer viel zu tun. Aber das ist gut so. Auf diese Weise bleibt Cináed wenigstens nicht genug Zeit für trübsinnige Gedanken. Noch vor Morgengrauen und dem ersten Hahnenschrei ist er auf den Beinen und fällt oft erst weit nach Mitternacht todmüde ins Bett.
So kommt es, dass der Erntemond verstreicht und sich bereits der Blätterfall seinem Ende zuneigt, als der Elb eines sonnigen Spätnachmittags den Karren anspannt und nach Talyra aufbricht. Er will Borgil, dem Harfenwirt, geräuchertes Fleisch, ein kleines Fass mit Mondaugen, ein paar Käseräder, drei Sack Äpfel und zwei Sack Birnen sowie fünf dicke runde Kürbisse vorbeibringen und hinterher vielleicht noch in geselliger Runde mit ein paar Freunden und Bekannten bei einem Krug Bier in der Goldenen Harfe zusammensitzen.

Die Goldene Harfe »

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 05. Nov. 2009, 13:18 Uhr
« Die Straßen der Stadt

Kurz vor Allerseelen

Spät in der Nacht kehrt Cináed nach Glyn-y-Defaid zurück. Still und friedlich liegt der Hof vor ihm. Im Gesindehaus sieht er noch ein wenig Licht brennen und er muss leise in sich hineinlachen. Er spannt den Wagen ab, bringt das Kaltblut zu seinen Gefährten in den Stall und geht anschließend zum Haupthaus hinüber, wobei er den Weg durch den Garten wählt. Eine Weile harrt er dort noch aus und genießt einfach die sternklare Nacht. Der Wind rauscht in den Baumwipfeln und der Ruf eines Käuzchens erklingt in der Ferne. Ein zartes Maunzen holt den Elben sanft ins Hier und Jetzt zurück. Er sieht an sich hinab und bedenkt das kleine schneeweiße Kätzchen, welches sich liebevoll an seine Beine schmiegt, mit einem freundlichen Lächeln. Behutsam klaubt er das winzige Fellknäul vom Boden auf, nimmt es sacht auf den Arm und krault es hinter den Ohren. „Na, Flocke, so spät noch allein unterwegs“, flüstert er amüsiert. Das Kätzchen streckt ihm das rosa Näschen entgegen und miaut leise. Cináed lacht. „Gut“, murmelt er erheitert, „Ausnahmsweise. Aber das bleibt unser Geheimnis, verstanden?“ Verschwörerisch zwinkert er dem weißen Fellknäul auf seinem Arm zu. „Ein Wort zu Kobold und Sith, und wir sind geschiedene Leute...“ Flocke blinzelt in treu aus hellblauen Augen an und der Elb streicht ihr leicht über den Rücken. „Gut“, meint er. „Dann lass uns hineingehen.“ Gemächlichen Schrittes geht er zur Hintertür des Haupthauses hinüber und öffnet sie. Nachdem er und Flocke eingetreten sind, verschließt er sie sorgsam wieder hinter sich.
„Gute Nacht, min Herr“, erklärt eine krächzende Frauenstimme. „Hattet Ihr einen angenehmen Abend?“ Cináed schaut sich um. In der großen Feuerstelle der Küche des Hauses brennt ein angenehmes kleines Feuer. Ganz in der Nähe befindet sich ein alter, bequemer Sessel, den Owyn dort (auf Anweisung seines Herrn hin) für die Alte Cath aufgestellt hat. Catriona, in ein grobes Nachtgewand gekleidet und in ein schlichtes Schultertuch gehüllt, sieht den zwei nächtlichen Besuchern wissend entgegen. Der Elb nickt ihr lächelnd zu. „Auch dir eine gute Nacht“, wünscht er der Alten. Cath lächelt und streckt die Hände leicht aus. „Lasst die Kleine bei mir“, meint sie mit ihrer knarrenden Stimme. Und Flocke springt ganz von allein aus Cináeds Armen, um es sich stattdessen auf dem Schoss der Alten gemütlich zu machen. „Pfff“, der Elb sieht dem Kätzchen kopfschüttelnd nach. „Treuloses Ding... Mein Bett ist dir also nicht gut genug, ja?! Hmpf.“ Lachend verabschiedet er sich, verlässt die Küche und geht in seine Räumlichkeiten hinauf.  

Im Schlafzimmer ist es kühl und dunkel. Der Kachelofen ist, auf Cináeds Wünsch hin, bisher noch kalt geblieben. Der Elb schließt die Tür hinter sich und streift im Dunkel der Kammer seine Stiefel ab. Sein Mantel landet an einem Haken an der Wand, Hose und Hemd, Handschuhe und Armschienen auf der schweren Wäschetruhe am Fußende des Bettes. Cináed schlüpft ohne Eile in sein bereitliegendes Nachtgewand, löst das Band, welches sein Haar bisher zusammengehalten hat und wirft es achtlos auf seinen Nachttisch, bevor er zum Fenster hinübergeht. Mit Hilfe von etwas Zunderzeug und ein paar geübten Handgriffen entzündet er die Kerze des Hausaltars und kniet davor zum Gebet nieder – wie jeden Abend bzw. jede Nacht. So verharrt er eine Weile regungslos, ganz in seine Gedanken vertieft. Schließlich erhebt er sich, löscht das Kerzenlicht und geht zum Bett hinüber. Erschöpft schlüpft er unter die warmen Decken und lässt sich auf die weichen Kissen zurück sinken. Sein Blick wandert zu dem leeren Kissen an seiner Seite. Tara... Seufzend schließt er die Augen, um wenige Augenblicke später in die schlafähnliche, aber traumlose Trance aller Elbenblütigen hinüber zu gleiten.
In aller Shenrahfrühe erwacht Cináed wieder. Er blinzelt, schaut sich um, streicht sich ein paar wirre Haarsträhnen aus dem Gesicht und steht auf. Ein Blick aus dem Fenster sagt ihm, dass der Morgen gerade erst graut und dichte Nebelschwaden Hof, Garten, Wiesen und Felder umwabern. Der Elb streift das Nachtgewand ab, geht zum Waschtisch hinüber, gießt etwas Wasser in die bereitstehende Schale und klatscht sich anschließend zwei Hände voll davon ins Gesicht. Prustend tastet er nach einem Handtuch und rubbelt sich damit das Gesicht trocken. Nachdem er seine Morgenwäsche beendet hat, schlüpft er in eine saubere Hose, streift ein frisches Hemd über und zieht seine Stiefel an. Zu guter Letzt legt er seine Armschienen und die Handschuhe an. Dann greift er nach seinem Mantel, verlässt die Schlafkammer und eilt über die Treppe in die Eingangshalle hinab. Dort angelangt wirft er seinen Mantel achtlos über den Endpfosten des Geländers und macht sich auf den Weg in die Küche, aus welcher schon fröhliches Stimmengewirr zu ihm in die Halle dringt. Lachend gesellt er sich zu der munteren Runde: Rhona und Nara bereiten das Frühstück vor, während Mair den Tisch deckt, Úna mit Flocke spielt und Gwyn verschlafen auf einem Stuhl döst. Catriona sitzt in ihrem Sessel, und wenn sie nicht ihren brauen Kittel tragen würde, könnte man meinen, sie hätte sich seit der vergangenen Nacht nicht von der Stelle gerührt. Von Owyn, Emrys und Liam fehlt derweil jegliche Spur, die Knechte sind irgendwo auf dem Hof beschäftigt und verrichten anderweitig ihre allmorgendlichen Pflichten.
Cináed hört dem Geschnatter von Nara und Mair eine Weile schmunzelnd zu, lässt sich von Rhona Brot, Butter und selbstgemachtes Zwetschgenmus bringen und beginnt in aller Seelenruhe zu frühstücken. Úna protestiert als ihre Mutter sie aus der Küche scheucht, um Eier aus dem Hühnerstall zu holen und sieht den Elben Mitleid heischend an – der lacht jedoch nur und schüttelt den Kopf. „Husch, hör' auf deine Mutter.“ Schmollend trollt sich das Mädchen, während Gwyn seiner Schwester feixend nachsieht. Cináed mustert den Jungen. „Hm, ich weiß gar nicht, warum du so lachst“, erklärt er gut gelaunt. „Lauf ihr lieber nach, Liam kann sicher etwas Hilfe gebrauchen. Sag ihm, er soll den Wagen anspannen und Áed satteln... und schick mir Emrys.“ Gwyn sieht erst verdutzt aus, schneidet dann eine freche Grimasse und eilt, bevor er sich noch von seiner Mutter einen ordentlichen Rüffel einhandelt, auf den Hof hinaus. Amüsiert sieht der Herr von Glyn-y-Defaid ihm nach, klaubt die vorbeihuschende Flocke vom Fußboden auf und krault das Kätzchen kurz unterm Kinn. „Und du, meine Süße“, erklärt er freundlich. „Gesellst dich jetzt auch lieber wieder zu deinesgleichen.“ Er reicht das Tier an Mair weiter, welche das heftig protestierende Fellbündel umgehend in den Garten hinaus befördert.

Mit einer Brotzeit für Emrys und einem Korb (der Kornäpfel, einen Krug Zwetschgenmus sowie einen ordentlichen Schinken für Aurian enthält) beladen, verlässt Cináed schließlich selbst die Küche. Er hat seinen Mantel angelegt und genießt die kalte Morgenluft in vollen Zügen, ja, selbst die feuchten Nebelperlen auf seinem Gesicht empfindet er als angenehm. Der Karren steht angespannt und bereits beladen auf dem Hof und Emrys kommt ihm, Áed am Zügel führend, gut gelaunt entgegen. „Guten Morgen, min Herr“, begrüßt er den Elben. „Soll's in die Stadt gehen?“ Cináed nickt. „Ja“, entgegnet er, „und ich möchte, dass du mich begleitest.“ Fragend sieht ihn der Knecht an. „Ich werde nicht alle Lieferungen persönlich überbringen können“, erklärt der Herr von Glyn-y-Defaid. „Bin gestern Abend zufällig in der Harfe mit Lady de Winter ins Gespräch gekommen.“ Emrys Miene nimmt einen merkwürdig erheiterten Ausdruck an, doch der Elb fährt (davon unbeeindruckt) fort. „Sie hat vor den Weidegrund ihrer Familie zu verpachten.“ Nun nickt Emrys verstehen. „Ah, dass wäre natürlich eine glückliche Fügung“, brummt er. Cináed nickt. „Darum werde ich mich nachher auch mit der jungen Lady de Winter treffen“, erklärt er, „um mir die Ländereien anzusehen, die sie zu verpachten gedenkt.“ Der Knecht nickt abermals. „Jetzt verstehe ich, deshalb habt ihr Áed satteln lassen.“ Dieses Mal nickt der Herr von Glyn-y-Defaid zustimmend mit dem Kopf. „Genau.“ Gemeinsam machen sich die beiden Männer auf den Weg zur Stadt.
Pünktlich um die zehnte Stunde des Tages herum, überlässt Cináed die letzten austehenden Lieferungen seinem Knecht und begibt sich mit Áed zum Anwesen de Winter. Er führt die Arlonerstute am Zügel durch die Straßen, reiten tut er auf den überfüllten Straßen innerhalb der Stadtmauern eher selten, vor allem auf und um den Marktplatz herum ist ihm das Gedränge zu groß und er möchte sowohl vorübereilende Passanten als auch sein Pferd vor möglichem Schaden bewahren. Am Tor des dewinterschen Anwesens angelangt, bleibt der Hochelb stehen und schaut sich um. Die Nebel, die am Morgen das ganze Land eingehüllt haben, wabern auch jetzt noch ein wenig durch die Straßen der Stadt, doch das Haus vor ihm ist dennoch gut erkennbar. Man sieht ihm an, dass es in den vergangenen Zwölfmonden sträflich vernachlässigt wurde, kann seine einstiege Pracht aber sehr wohl noch erahnen. Lächelnd öffnet Cináed das Tor und führt seine Stute auf das Grundstück.

Das Anwesen de Winter »

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 11. Nov. 2009, 12:18 Uhr
« Unterwegs im Umland

Gemeinsam reiten Aurian und Cináed den Weg zurück, den sie gekommen sind. Nachdem sie die Weiden und den kleinen Waldzipfel verlassen und den Bauernpfad erreicht haben, reiten sie jedoch nicht zur Großen Südstraße weiter, sondern folgen dem Pfad stattdessen solange bis sie den Hof des Elben, Glyn-y-Defaid, erreichen. Die eindrucksvolle Toranlage, welche sich gleich hinter einer kleinen Brücke befindet, ist schon von weitem gut zu erkennen. Wie alles auf Glyn-y-Defaid wurde sie aus hellgrauem, grobem Naturstein erbaut. Zwei Statuen, die dem brüllenden Löwen des talyrischen Stadtwappens nachempfunden sind, thronen stolz auf zwei wuchtigen Pilastersäulen und bewachen den Durchgang zum Hof. Dahinter erstreckt sich ein großer gepflasterter Platz in dessen Mitte sich ein uralter Herzbaum befindet, welcher seine Äste schützend über einem praktischen Ziehbrunnen ausbreitet.
Als Cináed und seine Begleiterin auf den Hof reiten, kommt ihnen sogleich ein wachsames Hundepaar entgegen gerannt, welches sich erst entspannt, nachdem es seinen Herrn erkannt hat. „Darf ich vorstellen“, erklärt der Elb gut gelaunt. „Mabon und Modron, die guten Schutzgeister dieses Anwesens.“ Er sitzt ab, hilft Aurian zuvorkommend aus dem Sattel und krault die beiden Tiere anschließend zur Begrüßung hinter den Ohren, etwas das sich nur jene erlauben sollten, die die beiden Haus- und Hofhunde sehr gut kennen.
Emrys, der gerade über den Platz geschlendert kommt, da es bereits Mittagszeit ist und in der Küche des Haupthauses das Essen bald fertig sein dürfte, gesellt sich zu Cináed und Aurian und grüßt die Halbelbe höflich, so wie es sich eben gehört. „Lady de Winter, dies ist mein Knecht Emrys“, stellt der Herr von Glyn-y-Defaid den kräftigen Herzländer vor. Der Mann mit dem kastanienbraunen Haar nickt. „Erfreut Euch kennenzulernen, gnädige Frau.“ An Cináed gewandt fragt er: „Soll ich Rhona sagen, dass sie am Tisch ein weiteres Gedeck herrichten lassen soll?“ Der Hochelb nickt, dann sieht er freundlich zu Aurian hinüber. „Seid unser Gast“, lädt er die Gardemagierin ein. „Um den Schreibkram können wir uns auch nach dem Essen noch kümmern. Oder...“ Fragend sieht er sie an. „...erfordern dringende Geschäfte Eure baldige Rückkehr in die Stadt?“ Als die junge Frau verneint, lächelt er erfreut. „Kommt“, sagt er und erreicht dem gerade zurückkehrenden Knecht die Zügel seines Pferdes. „Emrys sorgt dafür, dass man sich gut um Dikta kümmern wird.“ Freundlich führt er Aurian zum Haupthaus von Glyn-y-Defaid hinüber.

Im Gegesatz zu Emrys und dem restlichen Gesinde benutzen der Hochelb und die Halbelbe den Haupteingang des Hauses, sodass sie nicht auf direktem Weg in die Küche gelangen, sondern stattdessen erst die kleine Eingangshalle betreten. Vier prächtige Wandteppiche, auf denen Glyn-y-Defaid im Wandel der Jahreszeiten dargestellt wird, schmücken die grauen Steinwände dieser Halle.
Als der Hausherr und seine Begleiterin den Raum betreten, bietet sich ihnen ein merkwürdiger Anblick: Úna steht mitten im Raum, beide Hände entschlossen in die Höhe gestreckt, während sie von drei Katzen belagert wird, die abwechselnd versuchen die Beine des Mädchens zu erklimmen, als wären diese zwei dürre Baumstämme. „Ksch! Fort mich euch, ksch!“ Die Kleine ist so beschäftigt, dass sie das Erscheinen der beiden Neuankömmlinge zunächst gar nicht bemerkt. Als sie Cináed und Aurain endlich zur Kenntnis nimmt, lässt ihr Gesicht zunächst echte Verlegenheit, sehr schnell aber auch große Erleichterung erkennen. „Schnell, bitte, verscheucht sie“, ruft sie und es ist mehr als offensichtlich, dass sie damit die Katzen meint. Cináed setzt eine gespielt ernste Miene auf. „Was haben die hier drinnen überhaupt zu suchen?“, fragt er streng. Úna errötet prompt und beißt sich verlegen auf die Lippen. Mehr ist gar nicht nötig, um dem Elben zu verstehen zu geben, dass das Mädchen sich die Katzenbelagerung selbst eingebrockt hat. Grinsend pflückt der Hochelb die jammernden Katzen vom Boden und befördert sie eine nach den anderen nach draußen.
Als auch die letzte Katze verschwunden ist, lässt Úna endlich die Arme sinken. Cináed ist längst klar, was vor sich geht, aber Aurian dürfte absolut keine Ahnung haben, was soeben geschehen ist. „So, dann zeig' Lady de Winter mal, wenn wir gerade gerettet haben“, meint er grinsend und das Mädchen streckt sogleich stolz beide Hände aus. Auf jeder Handfläche thront eine zitternde kleine Maus – die eine braun, die andere grau. Das sind Haselnuss und Kieselstein“, erklärt Úna begeistert und lässt die zwei dann in den Taschen ihres hellblauen Kittels verschwinden. „Du verrätst doch Mutter nichts, oder?“ Besorgt sieht das Mädchen Cináed an. „Meine Mutter mag die beiden nämlich nicht“, erklärt sie an Aurian gewandt. Der Hochelb lacht. „Hm, das muss ich mir erst noch überlegen“, meint er, fügt aber, als er Únas völlig entsetzen Blick bemerkt, rasch hinzu: „Na gut, dieses Mal behalte ich's für mich... aber beim nächsten Mal...“ „...gibt es keine Gnade! ...Ich weiß“, murmelt die Kleine und schaut betreten auf ihre Fußspitzen hinab. Cináed zerzaust ihr erheitert den ohnehin recht wirren Haarschopf. „So, jetzt lass uns aber erst einmal was essen gehen“, brummt er gutmütig und öffnet die Küchentür. Úna huscht hurtig hindurch und der Elb lässt Aurian vorbei, bevor er selbst hindurchgeht.

In der geräumigen Küche ist es angenehm warm. Rhona steht am Herd, Nara und Mair decken gerade die lange Eichentafel ein und die Alte Cath sitzt in ihrem Sessel und lässt ihr Spinnrad surren, welches ihr offenbar jemand freundlicherweise in die Küche getragen hat. Als Úna, Aurian und Cináed den Raum betreten, halten sie alle für einen kurzen Augenblick in ihren Tätigkeiten inne und schauen den Dreien fragend entgegen. „Das ist Lady de Winter“, stellt der Hausherr seine Begleiterin freundlich vor. „Sie wird uns das Weideland ihrer Familie verpachten... Lady Aurian, dies  ist Rhona, meine Großmagd, die alte Dame dort drüben ist Catriona, die beiden hier heißen Nara und Mair... und Úna habt Ihr ja bereits kennen gelernt.“ Der Reihe nach begrüßen die einzelnen Frauen die junge Halbelbe höflich, mustern sie kurz (die einigen neugieriger als die anderen) und widmen sich schließlich wieder ihren Aufgaben.
Cináed führt Aurian zur gedeckten Eichentafel hinüber und bietet ihr höflich einen Stuhl an, bevor er zu Catriona hinübergeht, um ihr bei dem kurzen Stück zwischen Sessel und Tisch behilflich zu sein. Vorsichtig stützt er die alte Frau und führt sie langsam zum Mittagstisch hinüber. Nach und nach trudeln nun auch die übrigen Bewohner des Hofes ein und stellen sich ihrem Gast höflich vor: Gwyn, Únas älterer Bruder; Emrys, den die Halbelbe bereits auf dem Hof getroffen hat; Liam, der Stallknecht des Anwesens, und Owyn der Großknecht, Rhonas Mann. So füllt es sich an der Tafel mehr und mehr und das Essen kann aufgetragen werden. Selbstverständlich wird der heutige Gast als erstes bewirtet und alle bemühen sich, sich von ihrer besten Seite zu zeigen.
Aurians Anwesenheit sorgt allerdings auch für etwas Befangenheit. Normalerweise geht es auf Glyn-y-Defaid recht familiär zu. Knechte und Mägde wahren zwar gewisse Höflichkeitsformen gegenüber ihrem Herrn, doch geht man ganz und gar nicht so distanziert miteinander um, wie dies in etlichen Adelshäusern oder auf anderen Höfen zwischen Herrschaften und Gesinde der Fall ist. Da allerdings niemand auf Glyn-y-Defaid weiß wie dies im Anwesen de Winter gehalten wird, ist jeder sehr darum bemüht keine Fehler zu machen, um Cináed den bevorstehenden Geschäftsabschluss ja nicht zu verderben. Lediglich Úna und Gwyn verhalten sich wie gewöhnlich, zumindest dann, wenn sie sich nicht gerade einen mahnenden Blick ihrer Mutter eingefangen haben.

Nachdem das Essen beendet ist, verabschieden sich Cináed und Aurian aus der Küche und der Hochelb führt seinen Gast in den ersten Stock hinauf, wo sich sein Arbeitszimmer befindet. „Es war Euch hoffentlich nicht allzu unangenehm mit meinen Leuten an einer Tafel sitzen zu müssen“, meint er er, während sie die Treppe empor steigen. „Mir ist es lieber, als allein an der riesigen Tafel im Kaminzimmer zu sitzen... Und wir halten es hier schon so lange so, dass ich völlig vergessen habe, dass das nicht überall üblich ist.“ Er lächelt entschuldigend. „Dort entlang“, meint er, als sie am oberen Treppenabsatz angelangt sind und führt die Halbelbe über den Flur zur Tür seines Arbeitszimmers. Er öffnet ihr, lässt sie eintreten und bietet ihr anschließend den einzigen Stuhl im Raum an. „Nehmt doch bitte Platz.“ Er klappt das Schreibpult auf, stellt Feder und Tinte bereit und holt etwas Pergament hervor. „Also, dann wollen wir mal...“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 11. Nov. 2009, 14:07 Uhr
Der prachtvolle Eingang von Glyn-y-Defaid lässt Aurian beinahe sehr undamenhaft nach Luft schnappen! Sicher, ihr war bewusst, dass Cináeds Bemerkung in der Harfe, er sei ein einfacher Bauer, starke Untertreibung war aber das hier, dieser Gutshof…damit hat sie nicht gerechnet. Alles ist wunderschön gepflegt, man sieht deutlich, dass fleißige Hände hier am Werk sind, alles so in Schuss zu halten. Ob mein Anwesen wohl auch einmal so aussehen wird? Jedenfalls annähernd? Die Halbelbe weiß aber zu genau, dass sie dafür noch einiges an Personal brauchen würde, etwas was sie sich im Moment nicht recht leisten kann. Glyn-y-Defaid – Tal der Schafe, der Name passt. Beim ihrem Ritt waren sie an einer großen Herde vorbeigekommen, alle im Besitz von Cináed, wie der Elb stolz erklärt hat. Als sie den Eingang, der von zwei steinernen Löwen flankiert wird, passieren, kommen ihnen zwei Hunde entgegen. Dikta stutzt kurz folgt Aed aber dann vor allem als die beiden Wächter ihren Herren erkennen und sich beruhigen. >Mabon und Modron, die guten Schutzgeister dieses Anwesens. < stellt der Gutsherr die beiden vor. Galant  hilft er Aurian aus dem Sattel, ehe er die beiden zur Begrüßung ausgiebig krault. Die Hunde begutachten den Besuch, schnüffeln auch vorsichtig an der ihnen dargebotenen Hand, ehe sie sich wieder trollen. „Schöne Tiere!“ bemerkt die Magierin.

Ein Knecht, der ihr als Emrys vorgestellt wird, nimmt ihr ihr Pony ab und Aurian folgt Cináed ins Haupthaus. Seine zuvor ausgesprochene Einladung zum Essen hat sie mit einem „Sehr gerne danke!“ angenommen. Sie hat frei heute und auch sonst warten keine Verpflichtungen, die Buchhaltung ist erledigt und zu ihrer Schande muss sie zugeben, dass sie Avila in der Küche nur im Weg wäre. Als sie nun gemeinsam mit ihrem Gastgeber das Herrenhaus über die Haupttreppe betritt, stoßen sie auf ein kleines Mädchen, Úna genannt, die ihre beiden zahmen Mäuse unter Aufbietung aller Kräfte vor drei Katzen zu beschützen versucht, ein Unterfangen mit dem sie heillos überfordert zu sein scheint. Cináed muss sich sichtlich ein Grinsen verkneifen, als er die Kätzchen einsammelt und in den Hof befördert und auch Aurian, die ihm dabei hilft, kann sich das Lachen nur schwer verkneifen: Mit Kindern erlebt man immer wieder Sachen, nur zu gut kennt sie das von den Botenkindern der Steinfaust. Als Úna sie ängstlich ansieht ob der Angst, ihre Mutter (wer auch immer das ist) könnte etwas erfahren, zwinkert sie der Kleinen verschwörerisch zu. Keine Sorge, ich sag nichts! bedeutet der Blick und das Mädchen atmet erleichtert auf.
In der Küche lernt Aurian dann den Rest der Bewohner von Glyn-y-Defaid kennen. Vor lauter Namen schwirrt ihr der Kopf. Die Art, mit der der Gutsherr die alte Catriona zum Tisch geleitet, sagt Aurian einiges über den Charakter des Elben: hilfsbereit, fürsorglich, das Alter und die Erfahrung des Alters schätzend und achtend. Die alte Dame nimmt neben der Magierin Platz und mustert sie mit wachem, jedoch keineswegs unfreundlichem Blick. >De Winter? Seid ihr die Lady de Winter, Tochter vom schönen Lestard?“ Als Aurian etwas verlegen nickt, lächelt Catriona wissend. >Ihr seht eurem Vater sehr ähnlich! < Dann widmet sie sich dem eben aufgetragenen Essen. Die junge Frau fühlt sich etwas unsicher. In ihrem eigenen Haus waren sie meist nur zu dritt, mit so vielen Leuten zu essen ist sie zwar vom Speisesaal der Steinfaust gewohnt, doch ist das etwas anderes. Auch die Bewohner von Glyn-y-Defaid scheinen etwas befangen zu sein. Die Stimmung ist keineswegs schlecht oder angespannt, nur leicht gezwungen, was Aurian bedauert. Sie spürt auf Grund ihrer empathischen Fähigkeiten die Befangenheit, wüsste aber nicht, wie sie diese lösen kann. Als sie nach dem Essen mit Cináed die Küche verlässt, dreht sie sich an der Tür noch einmal um und sagt in Richtung Rhona: „Das Essen war ausgezeichnet, vielen Dank!“. Dann folgt sie dem Hausherrn die Treppe hinauf.

>Es war Euch hoffentlich nicht allzu unangenehm mit meinen Leuten an einer Tafel sitzen zu müssen. Mir ist es lieber, als allein an der riesigen Tafel im Kaminzimmer zu sitzen... Und wir halten es hier schon so lange so, dass ich völlig vergessen habe, dass das nicht überall üblich ist. < Cináeds Erklärung verblüfft die Halbelbe nun doch. „Nein, nein, in meinem Haus ist es doch nicht anders. Wir sind ja nur zu dritt, also Avila, Lyall und ich und ich muss gestehen, seit ich im Anwesen wohne, habe ich den großen Speisesaal noch nie genutzt. Im Gegenteil ich habe das Essen mit euch und euren Leuten sehr genossen. Euer Haus…es ist so voll Leben!“ Bei diesen Worten klingt eine gewisse Schwermut mit. Ihr eigenes Anwesen – es hat noch nicht mal einen Namen, zumindest weiß sie ihn nicht - ist eigentlich meist leer, so als würde es noch immer auf Bewohner warten, die nicht mehr kommen.

Das Arbeitszimmer befindet sich im ersten Stock. Aurian nimmt auf dem ihr angebotenen Stuhl Platz, nicht ohne jedoch schwachen Protest anzumelden. „Und Ihr? Wo wollt Ihr euch setzen?“ Der Gutsherr winkt nur mit einem Lächeln ab. >Also, dann wollen wir mal…< Die nächste Stunde vergeht damit, dass die beiden den Rohentwurf des Vertrages aufsetzen. Cináed kramt eine Karte hervor, damit sie die Grenzen genau beschreiben können, denn in den letzten Jahren waren selbige ob der Rechthabereien Tallards doch ziemlich unklar gewesen. Dann ist es aber geschafft und der Vertrag, der den Hochelben zum Pächter der de Winterschen Ländereien macht, ist fertig. Zufrieden sehen die beiden Vertragspartner sich an. Beide profitieren von dem Geschäft. „Dann müssen wir das ja nur mehr in der Stadthalle hinterlegen!“
Der Gutsherr führt Aurian die Treppen hinab in den Hof. Dort tollen die beiden Hunde munter herum, unterbrechen aber ihr Spiel als sie ihren Herrn sehen und kommen ihm schwanzwedelnd entgegen. Die Sonne hat es geschafft, sich einen schmalen Riss im Nebel zu erkämpfen und die Blätter des Herzbaumes glänzen in allen Farben des Herbstes. Soeben watschelt eine Schar Gänse getrieben von der kleinen Ùna laut schnatternd in den Hof.  

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 12. Nov. 2009, 09:32 Uhr
Seine Frage scheint Aurian sehr zu verwundern. »Nein, nein, in meinem Haus ist es doch nicht anders. Wir sind ja nur zu dritt, also Avila, Lyall und ich und ich muss gestehen, seit ich im Anwesen wohne, habe ich den großen Speisesaal noch nie genutzt«, erklärt sie ihm. »Im Gegenteil ich habe das Essen mit euch und euren Leuten sehr genossen. Euer Haus... es ist so voll Leben!« Bedauern schwingt in ihrer Stimme mit und Cináed vermag nur zu raten, was sie betrübt. Sie ist die Letzte ihrer Familie, die heute in Talyra lebt – allein mit lediglich zwei Mägden, die ihr helfen und in dem großen Anwesen Gesellschaft leisten. Früher muss das Haus de Winter voller Leben gewesen sein. Cináed erinnert sich noch gut, dass die Familie vor dem Zwist mit dem alten Tallard recht groß war – es muss für Aurian ein schmerzhaftes Gefühl sein, dass sich dies nun geändert hat und es in den Mauern des Hauses de Winter sehr still geworden ist. Der Hochelb schenkt seinem Gast ein aufmunterndes Lächeln. „Euer Haus wird sich mit der Zeit gewiss wieder mit Leben füllen“, meint er. „Ihr werdet sehen.“ Darüber, was er sonst noch denkt, behält Cináed einstweilen für sich. Er kennt die junge Halbelbe noch nicht gut genug, um sich derartige Vertraulichkeiten zu erlauben. Doch während sie neben ihm die Treppe hinaufgeht, betrachtet er sie unauffällig. Die junge Frau ist schön und voller Tatendrang, und ganz bestimmt der heimliche Schwarm von so manchem Gardisten. Es täte den Hochelben wirklich sehr wundern, wenn es ihr nicht gelänge das Leben ins Anwesen de Winter zurückzulocken, beispielsweise in Form von fröhlichem Kindergelächter. Der Gedanke lässt ihn sanft lächeln. Kindergelächter... Únas und Gwyns Ausgelassenheit ist ein Teil von Glyn-y-Defaid den er für keinen Preis der Welt mehr missen möchte. Aber auch die beiden werden mit jedem verstreichenden Zwölfmond älter werden...

Im Arbeitszimmer des Elben angelangt, will Aurian den ihr angebotenen Stuhl zunächst nicht annehmen. Aber Cináed winkt leichthin ab. Fürs Erste hat er kein Problem damit stehen zu müssen... Und bei Bedarf ist ein weiterer Stuhl rasch aus einem der anderen Räume in diesem Stockwerk herbeigeschafft. Er räumt das dicke Grundbuch des Hofes beiseite und holt stattdessen mehrere Karten hervor auf eingezeichnet denen die umliegenden Ländereien sind. Die meisten dieser Karten sind bereits sehr alt und alle weisen unterschiedliche Grenzmarken auf. Selbst die jüngste Karte ist nicht besonders aktuell und so dauert eine Weile bis der Hochelb und die Halbelbe die genauen Grenzen des heutigen de-Winter-Besitzes bestimmt haben. Cináed nutzt die günstige Gelegenheit, um seine Karten auf den neusten Stand zu bringen. Er kann nicht von sich behaupten sonderlich viel Zeit in seinem Arbeitszimmer zu verbringen, doch wenn er es einmal tut, dann arbeitet er äußerst gewissenhaft, genau und sehr konzentriert.
Nach und nach halten Aurian und er die Eckpunkte ihres Vertrages fest und schreiben ihre getroffenen Vereinbarungen nieder. Man merkt das die junge Magierin im Aufsetzen derartiger Verträge noch nicht sehr viel Erfahrung besitzt, aber Cináed gehört nicht zu den Personen, die dies ausnutzen würden. Ganz im Gegenteil, er erklärt ihr worauf sie achten muss, was es zu bedenken gilt, was wichtig und was unwichtig ist. Dabei achtet er darauf, dass ihre Vereinbarungen für beide Seiten von Vorteil sind, sodass alle gewinnen. Der Herr von Glyn-y-Defaid schenkt der jungen Frau nichts, zieht sie aber auch nicht über den Tisch. Und so lässt sich der Vertrag, der am Ende dabei herauskommt, nur als vollkommen fair bezeichnen. Zufrieden sehen sich die beiden frisch gebackenen Geschäftspartner an und Aurian erklärt: »Dann müssen wir das ja nur mehr in der Stadthalle hinterlegen!« Cináed nickt zustimmend. „Ja, dass sollten wir so bald wie möglich erledigen.“ Von irgendwo 'zaubert' er zwei Gläser und eine Flasche mit hausgemachtem Obstwasser hervor. „Darauf müssen wir anstoßen“, verkündet er mit einem Augenzwinkern, während er die beiden Gläser füllt. Allerdings achtet er darauf nur gerade so viel einzuschenken, dass die Gläser allenfalls einen kleinen Schluck enthalten – immerhin ist es mitten am Tag und der Elb hat nicht die Absicht seinen Gast betrunken zu machen. Er verkorkt die Flasche wieder und stellt sie beiseite, dann reicht er Aurian eines der Gläser und nimmt selbst eines in die Hand. Lächelnd erhebt er es und prostet der Halbelbe zu.

Nachdem der Schreibkram erledigt und der beschlossene Vertragsabschluss gebührend 'begossen' ist, führt Cináed Aurian wieder die Treppe hinab, durch die Eingangshalle und hinaus auf den Hof. Mabon und Modron tollen ausgelassen vor dem Haus herum, unterbrechen ihr Spiel jedoch sogleich, als sie Aurian und ihren Herrn bemerken. Allmählich wagt sich die Sonne doch noch hervor und kämpft sich tapfer ihren Weg durch die dichte Wolkendecke am Himmel. Gerade als Cináed und Aurian zur Tür heruaskommen, läuft Úna mit einer Schar schnatternden Gänse über den Hof, winkt ihnen fröhlich zu und scheucht das Federvieh hurtig weiter, bevor es womöglich noch auf die dumme Idee verfällt ausbüchsen zu wollen.
Cináed bemerkt den interessierten Blick seiner Begleiterin und lächelt. „Wenn Ihr wollt, zeige ich Euch gerne ein wenig den Hof“, meint er und ist ehrlich erfreut, als die zierliche Magierin nichts gegen seinen Vorschlag einzuwenden hat. Mit merklichem Stolz, doch ohne zu prahlen oder gar anzugeben, führt er seinen Gast herum und zeigt Aurian, was immer sie sehen möchte: Die Stallungen der Schafe, die zurzeit allerdings leer sind, da sich die Herden noch auf den Weiden befinden; den Kuh- und Schweinestall, den Hühnerstall und selbstverständlich die Stallungen der Pferde. Aber auch dort ist es im Augenblick relativ leer, den die Pferde des Hofes und Bryn, der Esel, befinden sich draußen auf der Koppel. Hasen und Kaninchen hocken jedoch friedlich vor sich hin mümmelnd in ihren Verschlägen und lassen sich bereitwillig von der Halbelbe streicheln und mit einem Extrablatt Salat füttern. Nur Frechdachs – welches Kaninchen auch sonst – nutzt die seltene Gelegenheit für einen Ausbruchversuch, scheitert allerdings kläglich. „Nichts da“, brummt Cináed amüsiert. „Hier geblieben du Schlingel...“ Der Herr von Glyn-y-Defaid kennt all seine Pappenheimer ganz genau.

Auch an den übrigen Wirtschaftsgebäuden kommen sie an ihrem kleinen Rundgang vorüber: Dem Schlachthaus mit seiner Räucherkammer, dem Badehaus, der Waschküche und selbstverständlich dem Gesindehaus. Ihr Weg endet in den Gartenanlagen des Hofes, wo es neben einem Obst- und Gemüsegarten auch einen Färber- und Kräutergarten gibt, auf den der Hochelb sehr stolz ist. Jetzt, im ausgehenden Spätherbst, verleihen vor allem die trockenen Blätter der Bäume und Sträucher den Gärten Farbe, aber im Frühjahr und Sommer, wenn alles grünt und blüht, erstrahlt hier alles in seiner wahren Pracht.
Zufrieden sieht sich Cináed um. Er liebt diesen Ort. Für gewöhnlich arbeitet er mit den anderen Männern hauptsächlich auf dem Feld und auf den Weiden, aber wann immer es ihm möglich ist, erholt er sich hier, zum Beispiel um sich um die Färberpflanzen zu kümmern. Einen Teil der Wolle, die auf Glyn-y-Defaid produziert wird, färbt der Elb nämlich ein – niemand auf dem Hof versteht sich darauf besser als er. Darüber gibt es noch etwas, worauf sich Cináed ausgezeichnet versteht: Die kalten Wintermonde, wenn es weniger zu tun gibt, verbringt er damit aus der gefärbten Wolle Filzstiefel, Pantoffeln, Hütte, Handschuhe und diverse andere nützliche Kleidungsstücke für die Bewohner des Hofes, aber auch für den Verkauf, zu filzen. Diese Art von Arbeit gefällt ihm, denn sie zwingt ihn dazu sich völlig auf eine Sache zu konzentrieren. Außerdem hilft sie ihm dabei sich zu entspannen und die in ihm schlummernden Kräfte zu besänftigen und besser unter Kontrolle zu halten. Genau aus diesem Grund liebt der Hochelb eigentlich jede Form von körperlicher und handwerklicher Betätigung.

Er betrachtet den Garten und lächelt. „Das also ist Glyn-y-Defaid“, meint er an Aurian gewandt. „Nun, zumindest ein kleiner Teil davon.“ Die zugehörigen Felder, Weiden und Wiesen hat die Magierin schließlich noch nicht zu Gesicht bekommen. Viel gibt es hier zu sehen... aber auch zu tun. Trotzdem würde Cináed sein Leben auf Glyn-y-Defaid gegen nichts auf Rohas weitem Rund eintauschen, vor allem nicht gegen ein Leben in der Stadt, wo er ab und an zwar gerne mal für einige Stunden verweilt, sich aber auch recht bald ziemlich eingeengt, ja gelegentlich sogar regelrecht eingesperrt fühlt. Nein, ein Leben mitten in Talyra wäre nichts für mich, stellt er beim Anblick der Bäume und Sträucher, des wolkigen Himmels und der vorüberziehenden Vögel fest. Mein Platz ist hier draußen...
Langsam schlendern Aurian und er zurück auf den Hochplatz und machen sich auf den Weg zur Koppel, um Dikta und Áed für den Rückweg zur Stadt bereit zu machen. Die Gardemagierin alleine zurück reiten zu lassen, kommt Cináed gar nicht in den Sinn. Zwar ist es noch nicht sonderlich spät und das Umland ist relativ sicher, dennoch... Und außerdem müssen sie schließlich noch zusammen zur Stadt- und Zeremonienhalle, um ihren Vertrag dort zu hinterlegen. Also satteln der Herr von Glyn-y-Defaid und die junge Lady de Winter gemeinsam ihre Tiere, führen sie von der Koppel und sitzen auf. Mabon und Modron kommen angestürmt, als sie sehen, dass ihr Herr den Hof verlassen will, doch Cináed schüttelt den Kopf. „Heute nicht. Ihr zwei bleibt hier“, weist er die Hunde an. „Ein anderes Mal.“ Fragend schaut er zu Aurian hinüber. „Wollen wir aufbrechen?“ Als die Halbelbe zustimmend nickt, machen sie sich auf den Weg.

Stadt- und Zeremonienhalle »

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 16. Nov. 2009, 10:20 Uhr
Cináeds Einladung zu einer Gutsführung nimmt die Magierin gerne an. Aus dem Elben spricht der – berechtigte – Stolz eines Gutsbesitzers, als er ihr alles zeigt. Und es gibt genug zu sehen: Die weitläufigen Stallungen sind hell und gut gepflegt, man sieht, wie jeder hier sein Bestes gibt und nicht nur, weil es seine Arbeit ist, nein man bekommt das Gefühl, jeder gibt sein Bestes weil Glyn-y-Defaid ihm am Herzen liegt. Die meisten vierbeinigen Bewohner befinden sich auf den Koppeln, nur die Hasen und Kaninchen sind da. Aurian krault mal hier ein Ohr, füttert mal hier ein extra Salatblatt und vor allem ein kleines schwarzes Kaninchen mit Schlappohren und weißer Hinterpfote kann von der unverhofften Aufmerksamkeit gar nicht genug bekommen. Cináed hindert einstweilen einen anderen Frechdachs daran, auf Entdeckungsreise zu gehen. Die Magierin muss ob der lustigen Bande an Fellknäudeln lachen. Nachdem die kleinen Gauner wieder alle fest eingesperrt sind, geht die Führung weiter. Der Herbst präsentiert das Anwesen in seiner ganzen Pracht, der Nebel verleiht einen geheimnisvollen Tatsch und die Sonnenstrahlen, die den Weg zur Erde schaffen, geben Wärme.

>Das also ist Glyn-y-Defaid. Nun, zumindest ein kleiner Teil davon. < meint der Elb, als sie wieder im Hof stehen. „Es ist wunderschön!“ Aurian lächelt. Sie hat es vorher schon gewusst, nun aber ist es Gewissheit: Ihr Land ist bei Cináed in guten Händen.  Gemeinsam schlendern sie zur Koppel wo ihre Pferde friedlich nebeneinander fressen. Aed ist die Ruhe in Person und so ist es für Aurians quirliges Pony uninteressant, irgendwelche Faxen zu machen. Auch beim Satteln ist die kleine Stute ungewohnt brav und die Halbelbe grinst. „Eure Stute scheint einen guten Einfluss auf Dikta zu haben!“ meint sie, als sie und der Herr von Glyn-y-Defaid aufsteigen. Die Hunde kommen Schwanz wedelnd auf die Reiter zugeschossen, bereit ihren Herrn zu begleiten. Diese Hoffnung wird allerdings enttäuscht, die beiden müssen daheim bleiben und mit leicht hängenden Köpfen und Ruten sehen sie den beiden Zweibeinern nach, als sie am Rücken der Pferde den Hof verlassen, um nach Talyra zu reiten.

-> Straßen der Stadt

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 21. Dez. 2009, 09:55 Uhr
« Die Goldene Harfe
Tag des Julfests
21. Chólar 509 d5Z, Mittwinter

An diesem trüben Morgen beginnt der kürzeste Tag auf Rohas weitem Rund, gefolgt von der längsten Nacht: Allerorten feiert man heute in den Immerlanden Mittwinter bzw. Julfest – auch auf Glyn-y-Defaid.

In den vergangenen Siebentagen ist jedermann auf dem Hof mit Vorbereitungen aller Art beschäftigt gewesen: Liam und Emrys haben beispielsweise ein mannshohes Shenrahrad aus Stroh gebunden. Und Rhona bäckt seit Tagen Unmengen an Pfefferkuchen und Julbrot, welches sie freigiebig an jeden verteilt, den es aus irgendeinem Grund nach Glyn-y-Defaid verschlägt. Cináed lässt die Oberste Magd bereitwillig gewähren, denn er liebt den Duft, den das frisch gebackene dicke, runde Brot verströmt, wenn es geradewegs aus dem Ofen kommt.
Nara, Mair und Úna haben das Haupt- und das Gesindehaus derweil unter Catrionas Aufsicht mit Kränzen, Gebinden und Ketten, die sie aus aus Eibe, Mistel, Stechginster, Wacholder, Fichte, Föhre, Tanne, Vogelbeere und Rosmarin gewunden haben, geschmückt, sodass der unverwechselbare Geruch des Julfestes schon seit einer ganzen Weile sämtliche Wohnräume erfüllt. Und nicht nur die Häuser, selbst die Viehställe haben die Mädchen mit Schmuck versehen. Außerdem ist man nirgendwo vor taktisch geschickt platzierten Mistelzweigen sicher. Die unauffälligen grünen Bündel hängen quasi überall – auch an Orten, wo man sie für gewöhnlich eher weniger vermuten würde. Darüber hinaus hat Owyn einen prächtigen Julklotz aus dem nahen Wald herbeigeschafft, alles für die folgenden Rauhnächte vorbereitet und in sämtlichen Fenstern Jullichter aus Bienenwachs aufstellen lassen.

Als Cináed an diesem Morgen in aller Frühe erwacht, wird er daher sogleich vom typischen Zauber dieses besonderen Tages eingehüllt. Im Gegensatz zu sonst ist er (einmal abgesehen von Úna und Gwyn) der Letzte, der aus den Federn schlüpft – alle anderen Hofbewohner sind längst auf den Beinen.
Der Hochelb blinzelt mehrmals, streckt sich genüsslich unter den dicken Decken und Fellen auf seinem Bett und blickt zum Fenster hinüber, durch welches die zaghafte Wintersonne zu ihm hereinscheint und ihn an der Nasenspitze kitzelt. Er gähnt, streckt sich ein weiteres Mal und setzt sich dann langsam in seinen Kissen auf. Der Frost hat kleine Eisblumen auf das Fenster gezaubert und er betrachtet die filigranen Blüten lächelnd. Ailléns Geschenk. Kurz mischt sich Trauer in seine bis dahin so heiteren Gesichtszüge, verschwindet aber rasch wieder – dies ist wahrlich kein Tag um Trübsal zu blasen. Nein, denkt Cináed, denn heute ist Julfest. Gut gelaunt schwingt er seine bloßen Beine aus dem Bett, um sich dem Tag zu stellen. In just diesem Augenblick erinnert ihn ein leises Maunzen am Fußende seiner Schlafstatt daran, dass er die vergangene Nacht nicht allein zugebracht hat. Lächelnd wendet sich der Elb seinen kleinen Bettgefährten zu, die ihm (halb vergraben unter einem hohen Deckenberg) aus verschlafenen Äuglein entgegenblinzeln. Lapis und Lazuli, wie Mair die beiden Geschwister aufgrund ihrer tiefblauen Augen getauft hat, räkeln sich zufrieden und lassen ein glückliches Schnurren vernehmen, als Cináed sie streichelt. Die Kätzchen protestieren ein wenig, als der Hochelb schließlich aufsteht, um sich seiner Morgenwäsche zu widmen, machen aber keine Anstalten ihr warmes Lager zu verlassen. Schmunzelnd streift der Herr von Glyn-y-Defaid sein Nachtgewand über den Kopf und wirft es achtlos aufs Bett, wo es die verblüfften Kätzchen prompt unter sich begräbt.

Nachdem Cináed das Fenster geöffnet, sich gewaschen und sein Haar im Nacken zu einem ordentlichen Zopf zusammengebunden hat, kleidet er sich in aller Ruhe an. Seine Gewänder entsprechen nicht dem, was man derzeit in Talyra als den letzten Schrei bezeichnen würde, doch den Elben kümmert dies herzlich wenig. Seine Festtagskleidung mag ein wenig altmodisch erscheinen, aber ihm gefällt sie, sie ist schlicht, elegant und weder protzig noch sonderlich auffällig. Zufrieden mit seinem eigenen Erscheinungsbild geht der Hochelb zum Fenster hinüber, schaut einen Moment lang hinaus und schließt es dann wieder. Er wendet sich ab, klaubt Lapis und Lazuli vom Bett und schickt sich an das Zimmer zu verlassen.
Schon als Cináed die Tür öffnet, schlägt ihm eine Vielzahl der unterschiedlichsten Gerüche entgegen – der typische Duft des überall verteilten Weihnachtsschmucks, die sanften Dämpfe, die ihm sogleich verraten, dass Rhona bereits mit den Vorbereitungen für den Festtagsschmaus begonnen hat, und der unverwechselbare Geruch von frisch aufgebrühtem Cofea, welchen es auf Glyn-y-Defaid nur an ganz besonderen Feiertagen gibt. „Dann wollen wir mal“, meint der Elb gut gelaunt an die beiden Kätzchen auf seinem Arm gewandt und schließt die Tür hinter sich, bevor er den Flur hinunter geht und die Treppe herab steigt, um sich geradewegs zur Küche zu begeben. „Guten Morgen“, begrüßt er alle Anwesenden, nachdem er die Küchentür mit einem kräftigen Schwung aufgestoßen hat und hindurch gegangen ist. Lächelnd setzt er die zwei Katzen ab und schaut sich dann nach Rhona um. „Meine Teuerste“, erklärt er mit gespieltem Übermut und deutet dabei eine leichte Verbeugung an, was der Obersten Magd ein amüsiertes Glucksen entlockt, „ich erfülle Euch heute jeden Wunsch, wenn Ihr mir nur einen einzigen Becher von diesem wunderbar riechenden Bohnengebräu überlasst.“ Nara und Mair kichern leise hinter vorgehaltener Hand, als Cináed ihnen zuzwinkert, und eilen rasch an ihre Arbeit zurück, während die Oberste Magd ihrem Herrn einen Becher Cofea einschenkt. Dankend nimmt der Elb den Becher mit dem exotischen Getränk entgegen. „Ah“, seufzt er zufrieden, nachdem er etwas davon getrunken hat. „Das tut gut.“

Der Elb lässt sich auf einen freien Stuhl am langen Küchentisch plumpsen und folgt entspannt dem bunten Treiben rings um sich herum. Nachdem Rhona ihm sein Frühstücksmahl gebracht hat, widmet sie sich wieder ihrem Gänsebraten sowie den Lammkeulen und dem Julschinken, den es am Abend geben wird. Nara und Mair stopfen unterdessen fleißig Julwürste und Catriona sitzt wie immer an ihrem Spinnrad, welches unter ihren geschickten Händen munter vor sich hin surrt. Auch Owyn, Emrys und Liam schauen der Reihe nach vorbei, um sich die kalten Finger an einem Becher dampfendem Cofea zu wärmen und ein paar Happen zu frühstücken, bevor sie wieder an ihre Arbeit zurückkehren, denn auch am Tag des Julfestes gibt es genügend Pflichten, die erledigt werden müssen – Feiertag hin oder her. Gwyn und Úna finden sich als Letzte in der warmen Küche ein. Reichlich verschlafen, aber sehr zufrieden, schauen die Zwei in die Runde. Nur an Festtagen wie diesem ist es ihnen erlaubt so lange in den Federn zu bleiben und das haben sie selbstverständlich weidlich ausgenutzt. Gwyn lässt sich auf den freien Stuhl neben Cináed fallen und Úna klettert flugs auf seinen Schoss. „Schade“, meint sie und die Enttäuschung in ihrer Stimme ist nicht zu überhören. „Noch immer nicht genug Schnee.“ Ihr Bruder nickt zustimmend und Cináed lächelt verständnisvoll. Draußen vor der Tür ist es beißend kalt, vor allem dann, wenn auch noch die kräftigen Winterwinde über das Land ziehen. Der Weiher von Glyn-y-Defaid ist bereits seit Tagen zugefroren und sämtliche Fenster sind mit bezaubernden Eisblumen übersät, doch Schnee liegt bedauerlicherweise kaum. Ab und an verirren sich zwar ein paar einsame Flöckchen zu ihnen auf die Erde herab, doch die Wipfel der Tannen und Bäume sind vor allem weiß vom Reif, nicht vom Schnee.
„Das wird schon noch“, erklärt der Herr von Glyn-y-Defaid aufmunternd. „Irgendwo her wird der Langschnee schließlich seinen Namen bekommen haben.“ Er zwinkert Úna fröhlich zu und die Kleine hüpft flink von seinem Schoss. „Dein Wort in Kenens Gehörgang“, erklärt sie voller Inbrunst, sodass Cináed herzlich lachen muss. „Úna!“ Rhonas Stimme indes klingt scharf. „So etwas will ich nie wieder von dir hören, verstanden?!“ Verärgert sieht sie ihre Tochter an und diese senkt beschämt den Blick. Der Hochelb klopft dem Mädchen tröstend auf auf die Schulter und beugt sich kurz zu ihr vor, als seine Oberste Magd nicht mehr herüber sieht. „Verrat es nicht deiner Mutter, aber ich finde du hast Recht“, flüstert er ihr verschwörerisch zu. Laut erklärt er: „Ich breche bald auf. Wer will mich begleiten?“ Sofort springen sowohl Gwyn als auch Úna begeistert vor ihm auf und ab, recken ihre Arme in die Höhe und verkünden wie aus einem Mund: „Ich, ich!“ Rhona wirft ihm einen missbilligenden Blick zu. „Ihr lasst den Zweien viel zu viel durchgehen, min Herr.“ Aber Cináed lacht nur. „Lasst mich heute gewähren, teuerste Rhona“, erklärt er scherzhaft. „Es ist Jultag, da dürfen wir ruhig einmal etwas weniger ernst sein als sonst.“ Die Oberste Magd zieht eine Augenbraue in die Höhe und man kann ihr ansehen wie viel sie von diesen Worten hält, doch dann nickt sie und lacht schließlich selbst. „Schon gut, schon gut“, entgegnet sie versöhnlich. „Lasst Euch von Nara und Mair mit dem Julbrot und den restlichen Sachen helfen. Und jetzt husch... raus aus meiner Küche.“

Mit randvoll beladenem Karren geht es schließlich los. Dick eingemummelt sitzen Gwyn und Úna vorne auf dem Kutschbock, während Cináed wie immer zu Fuß neben dem Gespann her läuft. Sie haben viel dabei: Frisches Julbrot und duftende Pfefferkuchen, lange Julwurstketten, Säcke voller Kornäpfel und allerlei andere Kleinigkeiten mit denen man sich während der Julzeit gegenseitig Freude bereitet. Ihr Weg führt die drei an allerlei Höfe. Zunächst nach Pfeilbuckel und Schädelwacht, von dort weiter nach Krötenhügel, Carsairs Ehr und Nachtschatten. Cináed pflegt im talyrischen Umland zahlreiche freundschaftliche und geschäftliche Beziehungen und es ist seit jeher auf Glyn-y-Defaid üblich diese am Tag des Julfestes zu besuchen, um Julbrot und andere Dinge vorbei zu bringen. So hat es schon Taras Vater gehalten, ebenso wie sein Vater vor ihm und sein Großvater, sein Urgroßvater und immer so fort – es ist eine sehr alte Tradition, so alt wie Glyn-y-Defaid selbst. Auch Cináed hält weiterhin daran fest.
Überall werden der Elb und die beiden Kinder herzlich empfangen. Sie verteilen ihre Gaben und Gwyn und Úna tragen herzländische Jullieder und winterliche Gedichte vor. Im Gegenzug erhalten die Drei auf jedem Hof einen Becher mit heißem Cofea, warmer Milch oder etwas ähnlichem und dazu Nüsse und Plätzchen als Wegzehrung für den weiteren Weg. Von der Kerzenmacherin Doireann Fionnlagh erhalten die beiden Kinder sogar zwei Jullichter in Gestalt zierlicher Wintertannen, die die Zwei mit vor Freude strahlenden Gesichtern entgegen nehmen.
Auf diese Weise fliegt die Zeit förmlich dahin und als das fröhliche Gespann endlich nach Talyra kommt, neigt sich der Vormittag beinahe schon dem Ende zu und die Mittagszeit rückt beängstigend schnell näher und näher. Auch in der Stadt geht es von einem Freund oder Geschäftspartner zum nächsten und selbst Gwyn und Úna sind froh, als Cináed schließlich verkündet, dass sie nach ihrem kurzen Besuch in der Harfe (bei dem sie Borgil reichlich mit Julbrot und Würstchen sowie mehreren Säcken voller Kornäpfel versorgt haben) nur noch zum de-Winter-Anwesen müssen, bevor es endlich wieder heimwärts geht. Zusammen machen sich die Drei auf den Weg. Am Ziel angelangt führt der Elb das Gespann auf Aurians Hof, streicht Úna das wirre Haar aus dem Gesicht und richtet Gwyns dicken Schal. „Seit höflich Ihr Zwei“, meint er augenzwinkernd, wobei er vor allem an die mögliche Reaktion der beiden Kinder denkt, falls sie im Haus auf Aurians Magd Lyall treffen sollten. Úna springt vom Kutschbock und stemmt empört die Hände in die Hüften. „Aber natürlich“, verkündet sie huldvoll und Cináed kann sich gerade noch rechtzeitig ein Lachen verkneifen. Gemeinsam holen die Drei die letzten Sachen von ihrem Karren und schlendern dann zum Eingangsportal des Haupthauses hinüber.

Staunend steigen Úna und Gwyn die große Freitreppe hinauf und bleibend beeindruckt vor der prächtig verzierten Eingangstür des de-Winter-Anwesens stehen – so etwas Schönes haben sie bisher noch nicht oft zu Gesicht bekommen, den derlei verspielte Verzierungen findet man auf Glyn-y-Defaid nirgendwo. Begeistert klatscht Úna in die behandschuhten Hände und Gwyn pfeift anerkennend durch die Zähne, als er bemerkt, dass selbst die gesamte Vorderfront des Haupthauses wunderhübsch verziert ist.
Cináed positioniert die beiden Kinder taktisch geschickt nur ein paar Schritte von der Tür entfernt, tritt kurz vor um laut anzuklopfen und ihre Anwesenheit anzukündigen und zieht sich dann eilends wieder hinter die beiden zurück, während sie darauf warten, dass ihnen aufgetan wird. Zunächst geschieht erst einmal gar nichts. Dann allerdings kann man Stimmen und hastige Schritte hören. Zu guter Letzt wird die hohe Flügeltür endlich vor ihnen aufgetan. Avila, Aurins Großmagd, taucht im Türrahmen auf und mustert das vor ihr stehende Trio eingehend: Alle Drei sind in dunkle, dick mit Schaffell gefütterte Mäntel aus rauem Leder gehüllt und tragen dazu passende Hosen und hohe, warme Winterstiefel. Außerdem haben sich alle einen langen Schal um den Hals geschlungen – Únas ist rot, Gwyns blau und der von Cináed cofeabraun-karamell geringelt. Dazu tragen die unerwarteten Besucher passende Handschuhe. Die beiden Kinder haben sich darüber hinaus farblich auf ihre Schals und Handschuhe abgestimmte Mützen bis über beide Ohren ins Gesicht gezogen, sodass Avila kaum mehr als zwei leuchtende Augenpaare, zwei tropfende rote Nasenspitzen und vier fröhliche Apfelbäckchen erkennen kann.
Entschlossen tritt Úna ein wenig vor und Gwyn baut sich hinter ihr auf, bevor sie gemeinsam voller Eifer und ehrlicher Begeisterung die wenigen Julverse vortragen, die Cináed ihnen in zahlreichen Unterrichtsstunden mühevoll eingetrichtert hat:

Mit Winterwind und gar eis'ger Hand,
So zieh'n Chòl und Kenen durch das Land
Die beiden Archonen bringen Eis und Schnee
Und verzaubern damit jeden Wintersee

Wir sitzen meist zusammen im warmen Haus
Und schauen nur manchmal zum Fenster raus
Der Duft des Julzeit weht durch jeden Raum,
Er kündet von Glück – ein Wintertraum

Heute bringen wir Euch davon ein Stück
Wir geben's gern, nehmen's nicht zurück


„Frohes Julfest“, beenden der Junge und das Mädchen ihren kleinen Vortrag fröhlich, Scheu kennt weder der eine noch die andere. Die Zwei verbeugen sich artig vor Avila und sehen einander anschließend zufrieden an. „Frohes Julfest“, schließt sich der Hochelb den kleinen Dichtern an. Dann erkundigt er sich: „Ist Lady de Winter im Haus? Wir...“ „...bringen frisch gebackenes Julbrot und ein paar Julwürste“, fällt ihm Úna ins Wort. „Einige Kornäpfel haben wir auch noch... Und Honig für das Irrlicht...“ Verlegen schaut sie zu Avila auf. „...die meisten Pfefferkuchen haben wir unterwegs allerdings schon selbst aufgegessen...“ Sie knufft ihren Bruder 'unauffällig' mit dem Ellenbogen in die Seite, woraufhin dieser der Großmagd einen kleinen Beutel entgegenstreckt, im dem es verlockend nach Honig und allerlei Gewürzen duftet. „Das sind die Letzten“, erklärt er entschuldigend. Die junge Frau lacht und bittet das Trio freundlich herein. Dabei murmelt sie irgendetwas, das verdächtig nach »Sire« klingt und der Herr von Glyn-y-Defaid winkt hastig ab. „Nennt mich Cináed. Oder wenn es unbedingt sein muss 'Herr Cináed'“, meint er lächelnd. „Das genügt vollauf.“ Die Magd nickt und sperrt die Flügeltür geschwind hinter dem Hochelben und den Kindern zu. Erst jetzt wird den Dreien richtig bewusst, dass Avila nicht so dick angezogen ist wie sie selbst – warum auch? Im Haus ist es schließlich mollig warm wie sie gleich darauf feststellen, als sie die große winterlich geschmückte Eingangshalle des de-Winter-Anwesens betreten und sich neugierig umsehen. Úna ist so fasziniert, dass sie unentwegt in die Höhe starrt und mehr auf die Galerie achtet, als auf ihre eigenen Füße, sodass sie mehr als nur einmal kurz davor ist unglücklich zu stolpern und Gwyn ständig in die Fersen tritt.

Schweigend folgen die drei Besucher Avila durch das Haus. Drinnen ist es so wohlig warm, dass sie recht bald ihre Handschuhe ausziehen, ihre Mäntel aufknöpfen, die Mützen in die Taschen stopfen und ihre Schals etwas lockern. Die Hausherrin begrüßt sie herzlich und äußerst überschwänglich, bietet ihnen sogleich etwas zu trinken an und fordert sie auf, doch bitte die Mäntel abzulegen. Aber Cináed lehnt dankend ab. „Wir können nicht lange bleiben, man erwartet uns zum Mittagessen zurück“, erklärt er freundlich. „Und eigentlich wollten wir auch nur rasch unsere Julgaben vorbeibringen.“ Lächelnd deutet er auf die zwei Körbe (einen kleinen und einen großen) die er mit ins Haus getragen hat, darin enthalten sind: Zwei dicke Laibe Julbrot, mehrere Julwurstketten, eine Flasche mit selbstgebranntem Schlehdornschnaps, ein paar Honigkuchenmännchen und natürlich Kornäpfel, Nüsse, Rosinen und getrocknete Pflaumen sowie ein kleiner Bund Mistelzweige.
Nachdem die Gaben ordnungsgemäß überreicht und etliche Dankesworte gewechselt wurden, stellen sich Gwyn und Úna noch einmal stolz nebeneinander auf und präsentieren ihr kleines Gedicht ein zweites Mal, nun allerdings vor dem gesamten versammelten Hausstand des de-Winter-Anwesens. Úna platzt förmlich angesichts all des Lobes (und der süßen Leckereien, die Avila den Kindern großzügig zusteckt) und wird nicht müde allerlei zu erzählen: Von ihren Mäusen, dem Schneemann, den sie zu bauen gedenkt, und selbstverständlich von den Schlittschuhen, die sie sich so sehnlich wünscht. „Könnt Ihr laufen, Lady de Winter?“, erkundigt sich Cináed halb im Scherz, halb im Ernst und die junge Halbelbe schüttelt verlegen die Kopf. Sie besitze zwar welche, erklärt sie lächelnd, habe aber bisher noch nie die Gelegenheit gehabt, sie auch auszuprobieren. Úna und Gwyn fallen bei diesen Worten beinahe vom Glauben ab und schütteln verständnislos mit dem Kopf. „Dann müssen wir es Ihnen beibringen“, verkündet Gwyn theatralisch und seine Schwester bekundet heftig nickend ihre Zustimmung. Cináed grinst. „Wenn das so ist, werden wir Lady de Winter wohl für morgen zu uns einladen müssen, damit wir gemeinsam auf dem Drych Cymylau Schlittschuhlaufen können“, meint er lachend und die Kinder nicken abermals. Doch plötzlich schaut Úna unsicher drein. „Aber was, wenn das mit den neuen Schlittschuhen nicht klappt?“, wirft sie besorgt ein. Der Elb lächelt und zerzaust ihr gutmütig den wirren Haarschopf. „Dann gehst du eben so aufs Eis“, schlägt er vor. „Das ist natürlich nicht so gut wie mit Schlittschuhen, ich weiß, ich weiß“, fügt er hinzu, als er den entrüsteten Blick der Kleinen bemerkt, „aber allemal besser als im Haus zu bleiben, oder was denkst du?“ Das Mädchen stimmt mit einem abgrundtiefen Seufzen zu. „Also dann, morgen zur besten Cofeazeit“, verkündet der Herr von Glyn-y-Defaid.
Cináed, Úna und Gwyn knöpfen ihre Mäntel wieder zu, binden ihre Schals wieder richtig um den Hals und ziehen ihre Handschuhe an. Höflich verabschieden sie sich von allen und lassen sich von Aurian, die in ihrem dezenten dunkelgrünen Kleid mit feinem silbergrauem Pelzbesatz wirklich sehr hübsch aussieht, zurück zur Eingangstür geleiten. Lachend und winkend hüpfen die Kinder die Stufen der großen Freitreppe hinunter und klettern anschließend auf den Kutschbock ihres Wagens. „Frohes Julfest, frohes Julfest“, rufen sie noch einmal zum Abschied, dann rumpelt Cináeds Gespann vom Hof und verschwindet polternd auf den Straßen der Stadt in Richtung Händlertor.

Singend und lachend machen Úna, Gwyn und Cináed sich auf den Heimweg nach Glyn-y-Defaid. Gemeinsam malen sie sich unterwegs in den buntesten Farben aus, was sie auf dem Hof wohl erwarten wird. „Zum Mittag wird es Zwiebelstippe geben“, verkündet Gwyn zufrieden. „Und geräucherte Mondaugen. Und Julmost.“ Cináed lacht. „Und für die Erwachsenen Mumma.“ Gwyn verzieht abfällig den Mund. „Ach was Mumma“, verkündet er. „Nichts schmeckt besser als Mamas Julmost.“ Seine Schwester nickt zustimmend und der Elb lenkt ein. „Ja, vielleicht habt Ihr recht...“, stimmt er zu. „Nichts schmeckt besser als Rhonas Julmost.“ „Natürlich“, erklärt Úna und alle Drei müssen schallend lachen. Gut gelaunt plaudern sie weiter und zählen jede Winterleckerei auf, die ihnen gerade in den Sinn kommt. Während des Julfests wird auf Glyn-y-Defaid stets reichlich aufgetischt, eigentlich viel zu viel. Jedenfalls mehr alles an einem Tag normalerweise aufgegessen werden kann.
„Und wann stellen wir die Wintergarben auf?“, will Úna wissen. Cináed lächelt. „Sobald der erste richtige Schnee fällt“, entgegnet er. „Eher nicht.“ „Eher nicht?“, wiederholt das Mädchen enttäuscht und der Hochelb nickt zustimmend. Beim letzten Dreschen hat Emrys fünf Hafergarben aufgehoben, um sie hinter dem Haus für die Vögel aufzustellen – so wie er das in jedem Zwölfmond tut, wenn der erste richtige Schnee fällt. „Was ist mit dem Shenrahrad?“, hakt Gwyn nach. Dieses Mal muss der Elb etwas länger nachdenken. Schließlich meint er: „Ich glaube auch das werden wir erst entzünden, wenn genügend Schnee liegt.“ „WAS?“, entfährt es Gwyn entsetzt. „Aber...?“ „Es ist zu gefährlich, Gwyn“, bringt Cináed den Jungen zum Schweigen. „Das Entzünden der Shenrahräder gehört zum Julfest wie der Herbsthammel zu Amitaris Hochtag... aber nur wenn genügend Schnee liegt. Nur dann!“ Er sieht Owyns Sohn entschieden an. So sehr der Elb die Traditionen und Bräuche rund um das Julfest auch achten mag, einen bis auf die Grundmauern abgefackelten Hof wird er ihretwegen ganz gewiss NICHT riskieren.
Cináed ist für einige Augenblicke so sehr in seine Gedanken versunken, dass er die zwei traurigen Gestalten vor sich auf der Großen Südstraße zunächst gar nicht bemerkt. Erst als die beiden Kinder ganz unvermittelt  »Jocke Kis und Liebe Güte« rufen, wird er ihrer gewahr. Die beiden Landstreicher sehen wirklich bedauernswert aus, so heruntergekommen wie sie da in ihren zerrissenen Lumpen vor ihnen stehen. In den Dörfern entlang der Großen Südstraße kennt man die Zwei gut. Auch auf Glyn-y-Defaid sind sie jedermann wohl vertraut. Ab und an schauen sie vorbei, bitten um einen Teller heiße Suppe oder ein Nachtlager im trockenen Heuschober, bevor sie am nächsten Morgen wieder weiter ziehen. Jocke Kis ist nicht ganz richtig im Kopf und Liebe Güte ist selbst an seinen besten Tagen ein rechter Trauerklos – gemeinsam geben sie ein sehr sonderbares Gespann ab. „Jocke het seck de Fuß verstoocht“, erklärt Liebe Güte kummervoll als Cináed und die beiden Kinder mit ihrem Karren nahe genug heran sind. Der alte hünenhafte Jocke mit dem wild wuchernden grauen Haar und dem voluminösen Vollbart nickt schluchzend und schnäuzt sich geräuschvoll in ein riesiges, dreckiges Taschentuch. „Lasst mich mal sehen“, meint der Hochelb freundlich. Vertrauensselig streckt Jocke ihm seinen Fuß, der unter der harten Schlammkruste kaum vernünftig zu erkennen ist, entgegen – er ist dick geschwollen. Darüber hinaus weisen Jockes Zehen deutliche Spuren von Erfrierungen auf. Kein Wunder bei seinen zerlaufenen Stiefeln, stellt Cináed fest. „Auf den Wagen mit Euch beiden“, brummt er ohne die beiden anzusehen und lange zu überlegen. Zunächst sträuben sich die zwei Landstreicher zwar, doch der Herr von Glyn-y-Defaid duldet keinen Widerspruch. „Morgen könnt Ihr weiter ziehen, wenn Ihr unbedingt wollt“, nötigt er die Männern mit sanfter Gewalt ihn zu begleiten. „Aber heute wird zusammen Julfest gefeiert... Deinen Fuß sehe ich mir später noch einmal genauer an, Jocke... Und jetzt kommt. Sonst wird noch die Grütze auf dem Herd kalt.“

Auf dem Hof werden Úna, Gwyn und Cináed bereits voller Ungeduld erwartet. Die Mittagszeit ist längst angebrochen und alle warten eigentlich nur noch darauf sich an den schon seit geraumer Zeit gedeckten langen Tisch in der Küche setzen zu können. Jockes und Liebe Gütes Anwesenheit zögert den Beginn der Mahlzeit jedoch noch ein wenig hinaus, den 'SO' kommen die Zwei Rhona definitiv nicht an den Tisch. Resolut wie eh und je unterzieht sie die beiden Landstreicher daher kurzerhand einer groben Grundreinigung, welche u.a. einen gemeingefährlichen Kamm, eine kratzige Bürste, in den Augen beißende Scheuerseife und mehrere Eimer heißes Wasser beinhaltet. Die Kinder leiden die gesamte Zeit über eifrig mit den zwei alten Männern mit, denn mit den rabiaten Reinigungsmethoden ihrer Mutter kennen sie sich allerbestens aus.
Glücklicherweise ist die ganze Prozedur schneller vorüber, als es Rhonas unfreiwilligen Opfern vorkommt und so kann man sich recht bald dem erfreulicheren Teil der Mittagszeit zuwenden. Zur großen Freude von Gwyn und Úna stellt sich heraus, dass sie mit ihren Spekulationen goldrichtig gelegen haben. In eine großen Terrine dampft eine köstliche Zwiebelsuppe auf dem Tisch, dazu gibt es fein geräucherte Mondaugen, frisches selbst gemachtes Julbrot und natürlich für jeden so viele Würstchen wie er will. Alle langen ordentlich zu und selige Stille breitet sich am Tisch aus, während Rhona zufrieden über ihre hungrige Meute wacht – selbst das leiseste genüssliche Schlürfen entgeht ihr nicht. Julzeit bedeutet auf Glyn-y-Defaid Mastzeit, so viel steht fest.
Erst als selbst Jocke, der normalerweise quasi immer Hunger hat, verkündet, dass er platzen muss, wenn er auch nur noch einen einzigen Bissen zu sich nimmt, hebt Rhona den Mittagstisch gnädigerweise auf. Pappsatt und kugelrund verschwinden Owyn, Emrys und Liam wieder irgendwo auf dem Hof. Nara und Mair machen sich derweil über den Abwasch her, während Rhona irgendwo herumschwirrt, um für Jocke Kis und Liebe Güte saubere (und vor allem heile) Kleider zu organisieren. Catriona döst schläfrig in ihrem Sessel. Und Gwyn und Úna spielen (sehr zum Missfallen ihrer Mutter) mit Haselnuss und Kieselstein 'Such-die-Maus'. Cináed beobachtet sie nur kurz dabei, widmet sich dann jedoch Liebe Güte und Jockes schlimmem Fuß. Allerdings ist er sich dabei die ganze Zeit über nicht völlig sicher, wer schwerer zu beruhigen ist: Der arme, bedauernswerte Jocke oder doch eher der gramerfüllte, unentwegt jammernde Liebe Güte.

Zu Únas Freude verirren sich derweil immer mehr und immer dickere Schneeflocken auf die Erde und die wenigen Stunden bis zum Abend vergehen wie im Fluge. Nachdem Jockes Fuß sorgfältig untersucht worden ist, werden er und Liebe Güte erst einmal ins Badehaus gesteckt. Ihre Badezuber dürfen sie – unter Androhung der Todesstrafe – erst wieder verlassen, als sie so schrumpelig sind wie Rosinen. Außerdem hilft ihnen kein Betteln und kein Flehen, Rhonas Schere kennt keine Gnade und rückt sowohl Haupthaar als auch Bart rücksichtslos zu Leibe. Glücklicherweise ist sie viel zu beschäftigt um mitzubekommen wie Liebe Güte Jocke zwischendurch leise zuraunt, dass dies das mit Abstand schlimmste Julfest ist, das er in seinem ganzen langen Leben bisher gefeiert hat. „Abjesähen von de Subbe, de wa gud“, brummt er. „Un de Mohntoogen, de Mohntoogen... de waan lechja, wörglich lechja.“ Verträumt blickt er zur Tür des Badehauses hinüber, senkt seine Augen aber hastig, als er Rhonas grimmigen Blick auf sich ruhen spürt. Dieses Mal ist es der Landstreicher, der nicht bemerkt, wie die Großmagd verstohlen in sich hineinlacht.
Cináed ist unterdessen in seiner kleinen Werkstatt mit seinen letzten Vorbereitungen für den Festabend beschäftigt. Es ist auf Glyn-y-Defaid nicht üblich Geburtstage groß zu feiern, deshalb ist das Julfest die einzige Zeit, während der man sich gegenseitig mit kleinen Geschenken eine Freude bereitet und der Elb hatte das ganze Jahr über ausreichend Gelegenheit, um sich die eine oder andere Überraschung einfallen zu lassen. In diesem Zwölfmond ist er besonders zufrieden mit seinen Gaben. Die Arbeit daran hat ihm sehr viel Spaß gemacht und er hat einiges dabei gelernt – was für ihn selbst das Allerwichtigste daran ist. Der Hochelb liebt es einfach sich handwerklich zu betätigen. Aus diesem Grund bestand der Zweck seiner seltenen Besuche im Haus der Bücher vor allem darin, in alten Karten und Aufzeichnungen von Bauanleitungen und ähnlichem zu durchstöbern. Jetzt, beim Anblick der fast vollständig mit großen und kleinen Geschenken bedeckten Werkbank, besteht für Cináed kein Zweifel daran, dass sich seine Mühen ausgezahlt haben.

Und dann ist es endlich soweit. Der Abendhimmel schimmert in einem satten Dunkelblau, welches sich rasch immer mehr verfinstert, und lustiges Schneegestöber hüllt den Hof ein. Draußen ist es bitterkalt und alle sind froh sich im Warmen aufhalten zu können. Emrys hat die Hafergarben für die Vögel im Garten aufgestellt und auch alle anderen Arbeiten sind für heute getan. In der Küche riecht es wundervoll nach allen möglichen Speisen und das Kaminzimmer des Haupthauses ist prächtig geschmückt. Cináed hat seine Gaben heimlich mit Emrys Hilfe ins Haus geschafft und wartet nun geduldig mit Catriona darauf, dass seine Mägde und Knechte sich im Festzimmer einfinden.
Und da kommen sie auch schon der Reihe nach herein: Úna und Gwyn natürlich vorne weg, dahinter Rhona und Owyn, gefolgt von Jocke Kis und Liebe Güte hinter denen Emrys und Liam die Schlusslichter der kleinen Gesellschaft bilden. Gemäß der Tradition hält Cináed eine kurze Begrüßungsrede, die wie üblich mit den Worten „Frohes Julfest“ endet, in welche alle Versammelten sogleich fröhlich einstimmen, bevor sie gemeinsam ein Jullied anstimmen. Erst danach sucht sich jeder einen Platz. Rhona, Nara und Mair eilen unterdessen hurtig hin und her, um das Festtagsessen aufzutischen, welches wie in jedem Zwölfmond so reichlich ausfällt, dass ein ganzes Heer davon satt werden könnte: Da gibt es zum einen den traditionellen Julschinken, der gepökelt, mit Pfeffer, Wacholder, Koriander und Lorbeerblättern gewürzt sowie mit einer Mischung aus Honig, Senf und Eigelbd bestrichen und mit Semmelbröseln bestreut worden ist. Und zum anderen einen Gänsebraten und mehrere Lammkeulen. Dazu gibt es Rotkohl, Backpflaumen und Apfelmus; Rosinenbrot, welches man in die aufgefangene Schinkenbrühe tunkt; Julwurst, Hackbällchen, Leberpastete, Sülze und Rote-Bete-Salat sowie Julmost für die Kinder und Mumma für die Erwachsenen.
Vor allem Jocke Kis und Liebe Güte greifen ordentlich zu. Frisch gewaschen, mit ordentlich gestutztem Haar und sauberen Kleidern, die ihnen allerdings nicht ganz passen, sehen die beiden alten Landstreicher eigentlich recht passabel aus. Liebe Güte schaut sogar beinahe glücklich aus und Jocke Kis scherzt und lacht ausgelassen mit Gwyn und Úna, wenn er sich nicht gerade den Mund mit Würsten und Schinken voll stopft. Alle unterhalten sich gut gelaunt und immer wieder steht jemand auf, um einen Toast auszusprechen, ein kleines Gedicht aufzusagen oder etwas ähnlich erheiterndes beizusteuern.
Auf diese Art und Weise verstreicht die Zeit wie im Flüge, bevor man sich glücklich und satt, dem Höhepunkt des Abends zuwenden kann, der Bescherung. Lachend und schwatzend versammelt man sich vor dem Kamin und singt so lange bis einem die Jullieder ausgegangen sind. Erst dann werden die Julgaben hervorgeholt und unter großem Jubel und Gelächter überreicht, ja, selbst Jocke Kis und Liebe Güte gehen dabei nicht leer aus. So darf Nara sich beispielsweise über ein neues Schultertuch freuen, während Mair glücklich einen Beutel mit exotischen Pflanzensamen in Händen hält, Catriona in ein paar warme Pantoffeln schlüpft und Rhona sich eine neue Schürze umbindet. Emrys wird mit einer geschnitzten Angelrute bedacht, Liam mit einem breiten Gürtel, Owyn erhält einen neuen Hut und die beiden Landstreicher dürfen sich über mollig warme Socken freuen. Besonders glücklich sind allerdings Úna und Gwyn: Das Mädchen erhält von seinen Eltern nicht nur ein selbst gebautes Häuschen für Haselnuss und Kieselstein, sondern von Cináed auch noch das ersehnte paar Schlittschuhkufen. Und der Junge nimmt währenddessen von seinem Vater mit leuchtenden Augen einen kleinen Schlitten entgegen, und überredet Emrys umgehend zu einer Partie mit dem Hnefatafl-Spiel, welches der Herr von Glyn-y-Defaid für ihn angefertigt hat. Amüsiert beobachtet Cináed das muntere Treiben um sich herum und hält bewundernd das neue Hemd in die Höhe, welches Rhona für ihn angefertigt hat.

Irgendwann in diesem bunten Durcheinander kommt die Forderung nach einer Geschichte auf und sofort sind alle Augen fragend auf Cináed gerichtet. Der Hochelb schaut von einem zum anderen und lässt sich schließlich (wie in jedem Zwölfmond) überreden. „Also gut“, erklärt er. „Dann werde ich wohl etwas erzählen müssen wie mir scheint.“ Alle lachen und Nara und Mair springen auf. „Wir holen nur schnell den Mandelbrei“, rufen sie und laufen in die Küche, um den süßen Nachtisch herbei zu schaffen. Denn wenn der Herr von Glyn-y-Defaid am Julabend eine Geschichte vorträgt, dann muss man dazu süßen Mandelbrei essen – etwas anderes wäre unvorstellbar.
Und so sitzen schließlich alle gespannt wartend dar, jeder mit einer Schüssel voller dampfendem Brei in der einen und einem Löffel in der anderen Hand. Nur in einer dieser Schüssel befindet sich (in der süßen Masse gut versteckt) eine einzige ganze Mandel. Wer sie findet – so sagt man – wird im kommenden Zwölfmond heiraten. Und nicht nur Nara träumt insgeheim davon, die kleine Nuss in ihrem Schüsselchen zu finden. Allerdings ist das Mädchen so sehr in seine eigenen Gedankenwelt versunken, dass es Liams schmachtenden Blick überhaupt nicht wahrnimmt.
Cináed wartet bis es im ganzen Zimmer mucksmäuschenstill geworden ist, dann sieht er sich ein letztes Mal um, räuspert sich leise und beginnt zu erzählen:

„Einst, vor langer, langer Zeit, als noch ein Drachenkönig auf dem Thron von Lair Draconis saß, da lebte ein Ritter der ward Brynjar geheißen. Seine Rüstung schimmerte im Schein der Sonne so hell und schön wie reines Silber und sein geflochtenes Haar erinnerte manch pochendes Weiberherz an feinstes gesponnenes Gold. Ja, Brynjar der Silberlöwe war ein stattlicher Krieger, doch besaß er ein Herz, das war so kalt wie Eis – und grausam wie der Winter noch dazu.

Das Leben auf Brynjars Rittergut war grau und düster und voller Entbehrungen. Tagaus, tagein hatte das Gesinde unter den Launen seines Herrn zu leiden, denn das Gemüt des Ritters war wankelmütiger als der Nordwind. Am Schlimmsten traf es stets einen Jungen, der ward  Eyvindur gerufen, denn ihn hatte Brynjar zu seinem Schildknappen bestimmt, weil sein Vater ihm im vergangenen Taumondturnei unterlegen war. 'Ich will deinen Burschen zu meinem Knappen machen', verkündete Brynjar da, um seinen Gegner zu demütigen, 'und Ihn lehren, was es bedeutet ein echter Krieger zu sein.' Nach diesen Worten hatte er höhnisch gelacht und spöttisch in den Staub gespuckt. Und es gab nichts, was ihn von seinem Entschluss abbringen konnte. Eyvindur mochte so lange weinen und flehen wie er konnte, Brynjars Herz ließ sich nicht erweichen. Als der Morgen graute, da nahm der Ritter den Jungen mit auf sein Gut, wo er fortan leben musste.
As nun aber die Winterzeit kam, da brachte Eyvindur all seinen Mut auf und trat vor den Ritter hin. 'Herr Brynjar, ich bitt' Euch', sprach der Junge leise, doch mit fester Stimme, 'lasst mich zu meinem Vater zieh'n. Außer mir ist ihm nichts geblieben und das Mittwinterfest steht vor der Tür.' Der Ritter sah seinen Knappen an mit Augen so unergründlich wie ein gefrorener See, lachte laut heraus und schlug dem Jungen mitten ins Gesicht. 'Nein. Soll er allein bleiben', erklärte er herrisch. 'Dein Platz ist jetzt hier!' Und es gab nichts, was ihn von seinem Entschluss abbringen konnte. Eyvindur mochte so lange weinen und flehen wie er konnte, Brynjars Herz ließ sich nicht erweichen. Und als der Abend anbrach, da legte der Knappe sich klagend in seiner Kammer zur Ruhe, wo er die Nacht allein zubringen musste.

Spät in der Nacht – es mag wohl um die Mitternachtsstunde herum gewesen sein – da begab sich auch Brynjar zu Bett. Doch während Eyvindurs im Reich der Träume süßes Vergessen gewährt wurde, fand sein Herr keinen ruhigen Schlaf, denn drei Erscheinungen suchten ihn heim: Der erste Geist erschien gut eine Stunde nach Mitternacht. Schweigend trat er an das Nachtlager des Ritters heran, welcher ihn verwundert anstarrte. Halb kleines Mädchen, halb junge Frau, so stand der Geist dar, gebunden an eine Gestalt, die bis ans Ende aller Tage zwischen Kindheit und Erwachsensein gefangen sein würde. Brynjar setze sich langsam auf seiner Schlafstatt auf, denn das Gesicht der nächtlichen Spukgestalt war ihm einstmals wohl vertraut. 'Hjördís?', flüsterte er den Namen seiner toten Schwester. Der Geist nickte und streckte einladend den Arm aus. 'Komm, ich will dir etwas zeigen', wisperte die Tote sanft zurück und ergriff Brynjars Hand, um ihn aus dem Haus zu geleiten.
Durch Schnee und Sturm führte Hjördís Geist den Ritter in jene Tage, als sie beide noch Kinder waren. Ungesehen streiften sie durch die Burg ihrer Kindheit, um einen Blick in die Vergangenheit zu werfen: So kam es, dass der Ritter noch einmal mit ansah wie Hjördís und seine übrigen Geschwistern, seine Basen und Vetter miteinander spielten und sangen, während er selbst – Brynjar – für sich blieb, sich abseits hielt und ihrem fröhlichen Treiben grimmig folgte, ohne sich daran zu beteiligen. Da, plötzlich sah er Hjördís stolpern und stürzen. Ja, seine Schwester fiel so unglücklich, dass sie aus Versehen eine Ecke des Tischtuchs mit – und damit die ganze festlich gedeckte Tafel – mit sich riss. Und was tat er, Brynjar? Anstatt ihr beizustehen, rannte er geschwind wie der Wind zu seinem Vater hin, um ihm zu erzählen, dass Hjördís die Festtagstafel voller Absicht ruiniert habe. Und so stand er nur wenig später feixend dabei, während sein Vater seiner Schwester den Hintern wund schlug. Hjördís schemenhafter Geist trat an ihres Bruders Seite und wisperte: 'Sag mir, du, der du ein so großer Kämpe bist, ist es etwa nicht wahr, dass eines Ritters Mund stets die Wahrheit zu sprechen hat?' Mit diesen Worten entschwand sie und Brynjar versank wieder in tiefem Schlaf.

Der zweite Geist erschien gut zwei Stunden nach Mitternacht. Schweigend trat er an das Nachtlager des Ritters heran, welcher ihn verwundert anstarrte. Runzelig und mit schlohweißem Haar, gezeichnet und gebeugt vom Alter, so stand der Geist dar, gebunden an jene Tage, in welchen er aus dem Leben geschieden war. Brynjar setze sich langsam auf seiner Schlafstatt auf, denn das Gesicht der nächtlichen Spukgestalt war ihm einstmals wohl vertraut. 'Valdís?', flüsterte er den Namen seiner toten Mutter. Der Geist nickte und streckte einladend den Arm aus. 'Komm, ich will dir etwas zeigen', raunte die Tote sanft zurück und ergriff Brynjars Hand, um ihn aus dem Haus zu geleiten.
Durch Schnee und Sturm führte Valdís Geist den Ritter in jene Tage, die der Augenblick für ihn bereithielt. So gelangten sie in eine Hütte, weit, weit entfernt von Brynjars Burg. In dieser Hütte lag ein Mann in seinem Bett und schlief. Aber er schlief nicht gut, nein, er schlief ganz und gar nicht gut. Unruhig wälzte er sich auf seinem nächtlichen Lager hin und her und hustete schwer. In der Hütte war es kalt, denn es gab nicht genug Feuerholz, um sie die ganze Nacht über warm zu halten. Und Brynjar sah, dass der Mann nicht auch nicht genug zu essen im Haus hatte und Hunger litt. Valdís Geist sah ihn an. 'Erkennst du den Mann, der dir in einem ehrlichen Turnei unterlag?', fragte sie ihren Sohn. Da trat Brynjar näher und erkannte, dass dies Eyvindurs Vater war. 'Ich trage keine Schuld an seinem Elend', erklärte er ungerührt. Der Geist seiner Mutter sah ihn an. 'Bist du dir sicher', entgegnete sie. 'Die Wunde, die ihn seither plagt, hast du ihm zugefügt. Und den Sohn, der sich um ihn kümmern könnte, hast du mit dir in die Ferne genommen.' Lange sah sie ihren Sohn wortlos an. Valdís schemenhafter Geist trat an ihres Sohnes Seite und raunte: 'Sag mir, du, der du ein so großer Kämpe bist, ist es etwa nicht wahr, dass eines Ritters Macht stets die Schwachen zu schützen hat?' Mit diesen Worten entschwand sie und Brynjar versank wieder in tiefem Schlaf.

Der dritte Geist erschien gut drei Stunden nach Mitternacht. Schweigend trat er an das Nachtlager des Ritters heran, welcher ihn verwundert anstarrte. Voller Güte, aber mit traurigem Blick, so stand der Geist dar, gebunden an eine den Tod überdauernde Liebe. Brynjar setze sich langsam auf seiner Schlafstatt auf, denn das Gesicht der nächtlichen Spukgestalt war ihm einstmals wohl vertraut. 'Eydís?', flüsterte er den Namen seiner toten Geliebten. Der Geist nickte und streckte einladend den Arm aus. 'Komm, ich will dir etwas zeigen', flüsterte die Tote sanft zurück und ergriff Brynjars Hand, um ihn aus dem Haus zu geleiten.
Durch Schnee und Sturm führte Eydís Geist den Ritter in jene Tage, die noch darauf warten, gelebt zu werden. Fragend sah Brynjar den Geist an, denn er verstand nicht, was sie ihm zeigen wollte – denn war nicht ihr eigener Zukunft Tod? Doch als er seinen Gedanken laut aussprach, da blieb Eydís stumm. Stattdessen deutete sie auf einen einsamen Grabstein vor sich im Schnee. In der Annahme es sei der ihre, beugte sich der Ritter vor. Doch, oh, wie erschrak er als seinen eigenen Namen im Stein eingemeißelt sah. Der Geist an seiner Seite sah ihn traurig an und geleitete ihn schweigend weiter durch die Zeit bis hin zum Tag des kommenden Taumondturnei. Und Brynjar sah, was er nie für möglich gehalten: Durch eigene Schuld kam er voller Schande zu Tode, stürzte gebrochen vom Rücken seines Pferdes in den Staub und wurde zwei Tage später heimlich zu Grabe getragen. Der Einzige von seinem Gefolge, der den Ritter auf seinem letzten Gang begleitete, war Eyvindur. Mit ausdrucksloser Miene und zu Stein gewordenem Herzen stand der Schildknappe da, schickte Brynjar einen Fluch ins Totenreich nach und machte sich auf ein großer Ritter zu werden wie schon sein Herr es gewesen war. Eydís schemenhafter Geist trat an ihres Geliebten Seite und flüsterte: 'Sag mir, du, der du ein so großer Kämpe bist, ist es etwa nicht wahr, dass eines Ritters Herz stets nur die Tugend kennt?' Mit diesen Worten entschwand sie und Brynjar versank wieder in tiefem Schlaf.

Schweißgebadet schreckte der Ritter im Morgengrauen von seinem Nachtlager hoch und wandte den Blick zum Fenster, durch welches die ersten Sonnenstrahlen des Tages allmählich zum Vorschein kamen. All die vergangenen Mittwinter, das erkannte er in jenem Augenblick, waren für immer verloren, doch der bevorstehende nicht, der nicht. Und Brynjar stand auf, kleidete sich an und ging zu Eyvindurs Kammer, um den Jungen zu wecken. Wie staunte der Knappe da, als er seinen Herrn so verändert vor sich stehen sah – in der Blüte seines Lebens, doch mit über Nacht schlohweiß gewordenem Haar. 'Komm', sprach der Ritter und lächelte freundlich auf den Jungenherab, 'wir wollen zu deines Vaters Haus reiten, denn das Mittwinterfest steht vor der Tür.' Gemeinsam, mit vielen Gaben beladen, machten sie sich auf den Weg die Zukunft zu ändern. Und wenn Sithechs Raben sie nicht fortgetragen haben, dann wartet Kyrom heute noch auf sie.“

Úna und Gwyn klatschen begeistert und der Hochelb lächelt erfreut. Es gibt wirklich kaum etwas Schöneres auf Glyn-y-Defaid als den Abend des Julfests. Zufrieden macht nun auch er sich über seine Schüssel mit Mandelbrei her. Die süße Masse ist mittlerweile angenehm lauwarm und schmeckt vorzüglich. Plötzlich verzieht der Elb erschrocken das Gesicht und sieht sich verstohlen um. Erleichtert stellt er fest, dass es noch etliche Schüsseln gibt, die, ebenso wie seine, längst nicht vollständig geleert sind. Behutsam dreht er die Mandel mit der Zunge in seinem Mund hin und her. Er zieht tatsächlich einen winzigen Augenblick lang ernsthaft in Erwägung sie einfach hinunter zu schlucken, denn wer würde es schon merken? , als Úna just in diesem Moment – das Mädel hat manchmal echt ein erschreckendes Gespür für diese Dinge... – laut in die Runde kräht, wer denn nun die Mandel gefunden habe, denn sie sei es jedenfalls nicht. Cináeds Blick fällt prompt auf Naras Gesicht und der enttäuschte Ausdruck darauf, sorgt dafür, dass er es einfach nicht übers Herz bringt die Mandel einfach 'verschwinden' zu lassen. Der Elb lacht verlegen, nimmt die Nuss aus dem Mund hält sie zwischen zwei Fingern in die Höhe. „Ich glaube, in diesem Jahr bin ich der glückliche Finder“, erklärt er und grinst betreten. Um abzulenken fügt er eilends hinzu: „Aber lasst uns lieber rausgehen... das Shenrahrad muss schließlich noch entzündet werden...“ Erfreulicherweise ist auch in dieser Angelegenheit auf Úna Verlass und der Begeisterungsschrei des Mädchens verscheucht blitzschnell alle übrigen Gedanken. Also schlüpfen alle – abgesehen von der Alten Cath, die lieber am warmen Kamin sitzen bleibt – in ihre Wintermäntel und -stiefel, setzen ihre Mützen auf, ziehen ihre Handschuhe an und wickeln sich ihre Schals um den Hals. Während Rhona eifrig heißen Glühwein ausschenkt, kramt Cináed noch schnell sein Zunderzeug hervor und dann geht es auch schon hinaus in die kalte, winterliche Nacht.
Unter lautem Gesang rollen Emrys und Liam das Shenrahrad aus der Scheune und dann marschiert man zusammen in einem langen Zug zum Hang oberhalb des Weihers hinauf. Seit den Mittagsstunden hat es unentwegt geschneit und so ist mittlerweile alles ordentlich weiß und der fröhliche Trupp stapft durch eine dicke, weiche Schneeschicht. Auf dem Hang angelangt sucht sich jeder einen möglichst guten Aussichtspunkt, während Owyn, Emrys und Liam das Rad in Position bringen und Cináed das Zunderzeug hervorholt. Dummerweise fällt es ihm prompt in den Schnee, als er sich beim Abstreifen seiner Handschuhe ein wenig ungeschickt anstellt. Rasch bückt sich der Elb und hebt es wieder auf,, zu seinem Glück ist offenbar niemandem etwas aufgefallen. Er tritt neben das Shenrahrad, um es zu entzünden, doch die feucht gewordenen Feuersteine wollen nicht so recht Funken schlagen. Cináed bemüht sich darum sie trocken zu rubbeln, aber irgendwie hat er einfach kein Glück. Er bemerkt wie es um ihn herum immer unruhiger wird und seufzt Schicksalsergeben. Behutsam beugt er sich vor... und atmet erleichtert auf, als sein kleiner Trick unbemerkt bleibt. Der Hochelb hat die Feuersteine so geschickt gehalten, dass es im Dunkel der Nacht überhaupt niemandem aufgefallen ist, dass nicht die Steine, sondern Cináeds bloße Fingerspitze das Stroh des Shenrahrades in Brand gesetzt hat. Gierig schlagen die roten Flammen höher und höher und dann saust das brennende Feuerrad auch schon durch den Schnee den Abhang hinunter, während die nächtlichen Zuschauer voller Begeisterung zusehen und sich lachend mit ihren Glühweinbechern zuprosten...

Es ist spät in der Nacht, weit nach Mitternacht um genau zu sein, als Cináed sich schließlich hinauf auf sein Zimmer begibt. Er setzt Amber, das Kätzchen welches er mit heraufgebracht hat, auf seinem Bett ab und entzündet dann das Jullicht auf seinem Nachttisch. Anschließend geht er zum Hausaltar hinüber, entzündet auch dessen Licht und kniet davor nieder, um ein kurzes Dankgebet an die Zwölfgötter zu richten, bevor er sich für die Nacht zurecht macht. Der Elb löscht die Altarkerze wieder und wendet sich ab. Er schlüpft aus seinen Kleidern und in sein Nachtgewand hinein und legt sich anschließend unter die Decken und Felle auf seinem Bett. Nachdenklich starrt er im Dunkel zur Zimmerdecke hinauf, während er Amber, die zusammengerollt auf dem Kopfkissen neben ihm liegt, behutsam über das Köpfchen streicht. Zum ersten Mal seit dem Tod seiner Frau denkt er ernsthaft darüber nach, ob seine Freunde nicht womöglich doch recht haben. Das es für ihn vielleicht tatsächlich langsam an der Zeit ist, sich wieder nach einer Frau umzusehen. Eine sonderbare Vorstellung, dennoch... Auch wenn er sich dies nur ungerne eingesteht, seine Nächte sind still und einsam seit Tara von ihm gegangen ist. So still und einsam, dass er des Abends mittlerweile immer öfter ein oder zwei der zahlreichen Hofkatzen von Glyn-y-Defaid einsammelt, um sie mit hinauf auf seine Kammer zu nehmen nur um sich nicht ganz so verlassen und verloren zu fühlen.
Er dreht den Kopf etwas zur Seite und betrachtet das Kätzchen neben sich. Das honigfarbene Tier sieht aus wie eine winzige Fellkugel deren Körper sich im Rhythmus ihres Atems regelmäßig hebt und senkt. Ja, vielleicht ist der Vorschlag seiner Freunde wirklich gar nicht einmal so verkehrt. Aber es fällt ihm schwer sich als Brautwerber zu sehen. Um wen? Und noch viel wichtiger wie? Der Hochelb seufzt frustriert. Herrje Cad, 128 Zwölfmonde alt und absolut keine Ahnung wie man eine Frau findet? DAS ist wirklich besorgniserregend! Dabei ist das Finden an sich nicht einmal das eigentliche Problem. Gute Partien können ihm seine Freunde gewiss genug nennen – gar keine Frage. Dummerweise lässt sich die Art von Liebe, nach der Cináed sich sehnt, weniger leicht ausfindig machen. Wäre es anders, würde er womöglich in eben diesem Augenblick an Doireann Fionnlagh, die Kerzenmacherin von Carsairs Ehr, denken. An Eseld, die Tochter des Tuchhändlers Jowan Meraud. Oder an Aurian de Winter. Doch so ist es nun einmal nicht. Denn zumindest eines weiß Cináed sicher, Liebe besitzt zahlreiche Gesichter: Das einer Mutter und das eines Vaters, das einer Schwester und das eines Bruders, das einer Frau, das eines Mannes und das eines Kindes... Ja, Liebe hat viele Gesichter. Und das einer Geliebten erkennt man stets auf den ersten Blick.

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Hinweis: Aus Gründen der Übersichlichkeit und besseren Spielbarkeit wurden die Abschnitte dieses Beitrags, die das Anwesen de Winter betreffen, auch dort noch einmal gepostet.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 05. Jan. 2010, 12:15 Uhr
Am Tag nach dem Julfest
22. Chólar 509 d5Z

Obwohl Cináed erst nach Mitternacht zu Bett gegangen ist, erwacht er (wie eigentlich fast jeden Tag) noch vor Anbruch der Morgendämmerung wieder aus seiner Trance. Amber, das kleiner bernsteinfarbene Kätzchen, welches er mit hinauf auf seiner Kammer genommen hat, schlummert friedlich zusammengerollt neben ihm auf einem Kissen und rührt sich nicht. Der Blick des Elben wandert zum Nachttisch – das darauf stehende Jullicht ist während der vergangenen Stunden vollständig herab gebrannt, sodass nur noch ein zerlaufener Wachsrest davon übrig geblieben ist. Gähnend setzt Cináed sich auf, streicht sich das wirre Haar aus dem Gesicht und erhebt sich schließlich. Dies mag zwar der Morgen nach dem dem Julfest sein, doch die Arbeit, die auf dem Hof wartet, nimmt darauf nun einmal keine Rücksicht. Und bevor Aurian vorbeikommt und er mit Úna, Gwyn und ihr auf dem Drych Cymylau Schlittschuhlaufen kann, gibt es für den Elben noch einiges zu tun. Als legt er sein Nachtgewand ab, wäscht sich und schlüpft in seine üblichen Arbeitsgewänder, um sich hinaus in die Ställe zu begeben, wo Owyn, Emrys und Liam gewiss schon auf ihn warten, um mit dem üblichen Tagwerk zu beginnen, wenn sie dies nicht schon längst getan haben.
Erst etliche Karren Mist und eben so viele Karren Heu und Futter später legen die vier Männer eine wohlverdiente Pause ein und trotten gemeinsam durch den Schnee hinüber zum Eingang der Küche des Haupthauses. Dort sind Rhona, Nara und Mair schon seit geraumer Zeit am wirbeln und zaubern im Handumdrehen ein herzhaftes Frühstück auf den Tisch. Gemeinsam lässt man sich an der langen Tafel nieder, sprich ein kurzes Gebet für die Zwölfgötter und greift anschließend hungrig zu. Vom Geklapper des Geschirrs und den leisen Stimmen angezogen, gesellen sich auch Jocke Kis, Liebe Güte, Gwyn und Úna irgendwann zu der morgendlichen Runde und setzen sich mit kleinen, verschlafenen Augen auf die letzten freien Stühle, um ofenfrische Honigwecken mit frischer Butter zu vertilgen und warme Milch zu schlürfen.

Nachdem das Frühstück beendet ist, verabschieden sich die zwei Landstreicher verlegen, sammeln ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und verlassen Glyn-y-Defaid, um anderswo ihr Glück zu versuchen – vielleicht auf dem Johanshof, in Schattengrün oder auf Krumme Linde.
Die Bewohner von Glyn-y-Defaid kehren unterdessen zu ihren Pflichten zurück: Liam verschwindet im Pferde- und Geschirrstall, Nara begibt sich in die Waschküche, während Mair Rhona im Haus zur Hand geht, Gwyn seinem Vater und Emrys im Kuh- und Schweinestall hilft und Úna nach dem Federvieh sieht. Cináed begibt sich derweil in die Schmiede, wo er sich daran macht dringend notwendig gewordene Reparaturen am Ackerwerkzeug, am Heuwagen und einigen Fässern durchzuführen – laut und rhythmisch tönen die Schläge seines Hammers durch die winterliche Stille. Erst Stunden später legt der Elb den Hammer beiseite und sucht schmutzig und verschwitzt wie er ist das Badehaus auf, um sich für das Mittagsessen zu säubern, denn so verdreckt, das weiß er, kommt er Rhona nicht an den Tisch. Denn anderen Männern geht es ähnlich und so trifft einer nach dem anderen im Badehaus ein, woraufhin sich das Wasser in den großen Zubern aus dunklem, schwerem Holz schon bald tiefbraun färbt.
Frisch gebadet und mit ordentlich gekämmtem, noch feuchtem Haar findet sich schließlich pünktlich zur zwölften Stunde alles wieder in der warmen Küche des Haupthauses ein, wo das Mittagessen bereits auf der langen Tafel aufgetragen wird. Vom Festessen des Vortages ist reichlich übrig geblieben und so macht man sich gutgelaunt über die aufgetischten Reste her, zu denen selbstverständlich wieder sehr viel Julmost und Mumma ausgeschenkt wird.

Draußen liegt mittlerweile sehr viel Schnee. Über Nacht hat es noch einmal kräftig geschneit und auch den gesamten Vormittag über war Glyn-y-Defaid von lustigem Schneegestöber eingehüllt. Die Eiseskälte der vergangenen zweieinhalb Siebentage hat sich bisher gehalten und Úna und Gwyn planen voller Zuversicht den von Cináed versprochenen Schlittschuhnachmittag auf dem dick zugefrorenen Drych Cymylau. Eifrig stellen selbstgebundene Reisigbesen neben der Küchentür bereit, mit denen sie die zugeschneite Oberfläche des Weihers später frei zu fegen gedenken, und holen ungeduldig ihre Schlittschuhkufen hervor.
Cináed lässt die beiden lachend gewähren und zieht sich dann für eine Weile auf sein Arbeitszimmer zurück, um sich noch ein wenig geschäftlichen Dingen zu widmen. Auf diese Weise vergehen auch die wenigen Stunden bis zur Cofeazeit sehr rasch und der Elb zieht sich nur noch schnell um, bevor er wieder hinab in die Küche steigt, um dort gemeinsam mit Úna und Gwyn auf die Ankunft von Aurian de Winter zu warten, die nun vermutlich recht bald eintreffen dürfte.
Der Elb lächelt und legt seinen dicken Mantel, seine Schal und die Handschuhe grinsend neben den Kleiderberg, den die beiden Geschwister sehr zum Missfallen ihrer Mutter auf der Küchenbank aufgetürmt haben. „Wann kommt sie denn endlich?“, nörgelt Úna und hüpft dabei ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Rhona wirft ihrer Tochter einen rügenden Blick zu. „Wenn du so weiter machst, dann kann dir das völlig egal sein, junge Dame“, erklärt sie streng. „Dann bleibst du nämlich hier.“ Erschrocken reißt Úna die Augen auf. „Nein, nein“, beteuert sie hastig. „Ich werde brav sein, versprochen.“ Ihre Mutter nickt bedächtig. „Das will ich dir auch geraten haben.“ Sie gibt ihrer Tochter einen leichten Klaps auf den Hintern. „Und nun hurtig“, brummt sie. „Fang am besten gleich mit deinem Versprechen an und fang diese zwei Plagegeister ein, die hier schon wieder rumschwirren... sonst lasse ich das die Katzen erledigen.“ Úna quietscht leise auf und stürzt sogleich davon, um Haselnuss und Kieselstein, die sich natürlich prompt verstecken, wieder einzufangen, während Rhona einen Kessel mit Wasser aufsetzt, um später frischen Cofea aufbrühen zu können.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 07. Jan. 2010, 09:41 Uhr
Dick eingepackt mit einer dunkelgrünen Mütze am Kopf und dazu passendem Schal um den Hals reitet Aurian in den Hof von Glyn-y-Defaid. Die Schlittschuhkufen  hat sie, zum Schutz dick in Tücher gewickelt, in der Leinentasche verstaut, die ihr über der Schulter hängt. Sie hat die Kufen in einer der unzähligen Truhen am Dachboden des Anwesens gefunden. Trotz ihres Alters sind sie noch gut erhalten, Aurian hat allerdings keine Ahnung, wie sie damit umgehen soll und fürchtet bereits jetzt, sich heillos zu blamieren. Sicher, in dem Dorf in dem sie aufgewachsen war, zu der Zeit als die Welt noch in Ordnung war, eben bevor ihre Magie sich auf so schmerzliche Weise bemerkbar gemacht hat… ja da war sie mit den anderen Kindern und Jugendlichen schon am Dorfweiher herumgerutscht, aber eben auf Stiefelsohlen, Kufen hatte keiner, woher auch? Etwas wehmütig denkt sie daran zurück.

Apfelgribs ist entgegen ihrer sonstigen Angewohnheit auch am Tage putzmunter. Einen Ausflug mit der großen Freundin kann und will sich das Irrlicht nicht entgehen lassen. Außerdem müssen Schal, Mützchen und Handschuhe sowie die Stiefelchen, die das kleine Wesen zum Julfest bekommen hatte, doch getestet werden. Zuerst hatte das Irrlicht die Kleidungsstücke zwar irritiert betrachtet – das war doch was für Große – dann hatte es aber sehr rasch entdeckt, wie nützlich so warme Kleidung sein konnte! Nun hockt es auf der Schulter der Magierin und summt vergnügt vor sich hin! Dikta ist ebenso fröhlich, auch wenn das Stapfen durch den hohen Schnee für das Pony anstrengend ist – aber wenigstens kommt es so nicht auf die Idee, Bocksprünge zu vollführen, etwas, was die kleine Dame in letzter Zeit nur allzu gut beherrscht!

Die Sonne blinzelt etwas hinter den Wolken hervor und der Schnee glitzert an den Bäumen und auf den Wiesen und Feldern. Vereinzelt sind Spuren von Hasen und Rehen zu erkennen, die die einheitlich weiße Fläche durchbrechen.  Der friedliche Anblick hebt Aurians Laune wieder etwas und sie beschließt, sich den schönen Tag nicht durch trübe Gedanken zu  verderben.
Hinter einer Kurve kommt Glyn-y-Defaid in Sicht. Aurian kennt den Weg mittlerweile ziemlich gut, aus der Geschäftsbeziehung hat sich eine gewisse Freundschaft entwickelt, die auf gegenseitigem Respekt beruht. Der Hochelb steht der jungen Halbmagierin mit Rat und Tat zur Seite, wenn es darum geht, das Anwesen wieder in Schuss zu bringen und Aurian ist dafür mehr als dankbar. Sie würde sich ja auch gerne dafür revanchieren, nur fällt ihr nichts ein. Alles, was ein Anwesen braucht, kann irgendjemand auf dem Gutshof.

Mabon und Modron kommen laut bellend über den Hof gerannt, beruhigen sich allerdings rasch wieder, als sie die Magierin erkennen. Mordron wedelt sogar leicht mit der Rute. Apfelgribs beäugt die beiden Hunde misstrauisch und kommt zu dem Schluss, dass es die beiden ‚Wolfsdinger‘ unheimlich findet und auf keinen Fall mit ihnen Bekanntschaft machen möchte. Aurian lacht und gibt Dikta in Liams Obhut, der sie mit einem herzlichen >Schönen Tag und frohes Julfest im Nachhinein Mylady! < begrüßt! „Dir auch einen schönen Tag Liam!“ antwortet sie. Etwas unschlüssig bleibt sie im Hof stehen. So einfach ins Haus gehen will sie auch nicht doch Liam ruft ihr über die Schulter aufmunternd zu >Gehen Sie ruhig rein Mylady, der Herr ist drinnen! < So geht die Halbelbe zur Tür und klopft an.  

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 11. Jan. 2010, 13:23 Uhr
Das laute Gebell von Mabon und Modron lässt Úna und Gwyn in der Küche aufhorchen. Ohne lange zu überlegen schlüpfen die beiden in ihre Mäntel und eilen (ausgerüstet mit Handschuhen, Mützen und Schals) in den Hof, wo sie gerade noch in einiger Entfernung Liams Stimme vernehmen können. »Gehen Sie ruhig rein, min Frouwe, der Herr ist drinnen.« Sofort sprinten die beiden Kinder los und biegen in eben jenem Augenblick um die Ecke des Haupthauses, als Aurian laut und vernehmlich an die Eingangstür des Herrenhauses pocht. „Wir sind schon hier“, verkündet Úna freudig und läuft ohne falsche Scheu zu der dick eingemummelten Halbelbe und dem winzigen Irrlicht hinüber, während ihr Bruder nach einer knappen Begrüßung auf dem Absatz kehrt macht, um auf dem selben Weg wie er gekommen ist zurück in die Küche zu stürmen und Cináed zu holen.
Ja, der Junge ist sogar so schnell, dass er den Elben gerade noch einholt, bevor dieser die Eingangstür von Innen öffnen kann. „Frouwe de Winter ist draußen“, verkündet Gwyn atemlos und der Hochelb lacht. „Tatsächlich?“, entgegnet er amüsiert. „Dann habe ich ja recht daran getan meinen Mantel anzulegen.“ Er schließt das warme Kleidungsstück, rückt seine Mütze zurecht und öffnet anschließend die Tür, um Aurian zu begrüßen. „Lady de Winter. Und Apfelgriebs. Wie schön Euch zu sehen“, erklärt er freundlich. „Gut, offenbar hat Euch das Begrüßungskomitee von Glyn-y-Defaid bereits gebührend in Empfang genommen.“ Erheitert zwinkert er Úna zu, woraufhin diese ein wenig verlegen errötet.

Dann fällt Cináeds Blick auf Aurians großen Leinenbeutel. „Eure Schlittschuhkufen?“, erkundigt er sich mit einem Kopfnicken in die entsprechende Richtung. Fragend sieht er die Halbelbe an. „Dürfte ich einmal sehen?“ Als die junge Frau zustimmend nickt, in ihrer Tasche zu kramen beginnt und kurz darauf die Schlittschuhkufen entgegenstreckt, nimmt er diese lächelnd entgegen. Prüfend schaut er die Kufen an, solide Arbeit, schon älter, aber in einwandfreiem Zustand. „Wir werden sie nur noch ein wenig schärfen müssen“, meint er schließlich. „Dann kann es losgehen.“ Der Elb sieht Úna und Gwyn an, die Aurian und ihn erwartungsvoll beobachten. „Los ihr Zwei, holt Ihr schon einmal Eure eigenen Schlittschuhkufen und die Besen, wir treffen uns dann vor der Schmiede.“ An die junge Lady de Winter und das neugierige Irrlicht gewandt, erklärt er: „Kommt, gehen wir.“ Mit eine einladenden Handbewegung bedeutet er den beiden ihm zu folgen und führt sie zielsicher über den Hof.
Unterwegs gesellen sich Mabon und Modron zu ihnen und auch Idris und Eira, die beiden Hüte- und Treibhunde, kommen zögernd näher. Cadfan und Blair, die beiden Herdenschutzhunde halten sich indes etwas abseits und beobachten die kleine Gruppe argwöhnisch aus einiger Entfernung. Mit Wintereinbruch wurden die Schafherden von den Weiden getrieben und in den warmen Ställen untergebracht, weshalb sich derzeit ausnahmsweise sämtliche Hunde von Glyn-y-Defaid auf dem Hof tummeln.

In der Schmiede angelangt, macht Cináed sich sogleich ans Werk und schon bald sind Aurians Kufen unter zu Hilfenahme des Schleifsteins wieder gut geschärft. Anschließend folgt sein eigenes Paar, welches schon neben dem Schleifstein bereit liegt. Und auch Gwyns Schlittschuhkufen wandern rasch auf den Schleifstein, nachdem sich der Junge und seine Schwester in der Schmiede eingefunden haben. Nur Únas Paar ist so neu, dass es dieser Prozedur nicht bedarf.
Sowohl der Junge, als auch das Mädchen wissen, dass es ein großes Glück für sie ist, richtige Schlittschuhe zu besitzen. Glyn-y-Defaid ist ein wohlhabendes Gut und Cináed kann sich derartige Gaben nicht nur erlauben, sondern gibt sich auch gerne. Allerdings sind die Kufen auch so gearbeitet, dass sie mit der richtigen Pflege viele Winter lang benutzt werden können, denn jedes Jahr neue anfertigen zu lassen, wäre wahrhaftig ein gar zu großer Luxus.
Zufrieden mit seinem Werk, verkündet Cináed: „So, dann kann es jetzt ja losgehen.“ Er reicht die geschliffenen Kufen an Aurian und Gwyn zurück, knöpft seinen kurzzeitig geöffneten Mantel wieder zu, greift dann nach seinem eigenen Paar und wendet sich der Tür zu. Úna klatscht begeistert in die behandschuhten Hände und schon geht es wieder raus in die eisige Winterkälte.

Gemeinsam stapft die kleine Gruppe über den Hof und wandert über schneebedeckte Wiesen und Weiden zum Drych Cymylau hinaus und ein Teil der Hunde schließt sich der lachenden und schwatzenden Gesellschaft an. Still und friedlich liegt der Weiher vor ihnen. Nur ein paar einsame Sträucher und Büsche, die an seinem Ufer wachsen, deuten an, wo die zugeschneite Erde endet und die gefrorene Eisfläche des Wolkenspiegels aller Wahrscheinlichkeit nach beginnt. Bevor das Schlittschuhvergnügen beginnen kann, muss die Oberfläche des Weihers daher zunächst von ihrem schützenden Schneekleid befreit werden und so machen Úna und Gwyn sich flink ans Werk: Die beiden Kinder streifen sich ein paar dicke, alte Wollsocken über die Stiefel, um etwas weniger arg zu rutschen, hängen sich die Lederriemen ihrer Kufen über die Schultern und rücken dem Schnee mit ihren mitgebrachten Reisigbesen zu Leibe. Es sieht ein wenig merkwürdig aus, wie die beiden sich so über's Eis bewegen. Apfelgriebs, Aurin und Cináed sehen amüsiert vom Uferrand aus zu, während Idris, Eira und Mabon berufen fühlen, die Úna und Gwyn bei ihrem Unterfangen zu unterstützen. Begeistert folgen sie den Kindern auf die rutschige Eisfläche und schlitternd ausgelassen kläffend zwischen Beinen und Besenstielen hin und her.
Etwas außer Atem, mit roten Wangen und glänzenden Augen, kommen Úna und Gwyn schließlich ans Ufer zurück. „Fertig!“, verkünden sie wie aus einem Munde und sehen die zwei Erwachsenen und das winzige Irrlicht erwartungsvoll an. „Es kann losgehen.“ Cináed nickt zustimmend. „Ja, da habt ihr wohl recht“, entgegnet er lächelnd und die beiden Geschwister machen sich eifrig daran ihre Schlittschuhkufen anzuschnallen. Auch der Hochelb greift nach seinem Paar und sieht Aurian fragend an. „Nun, wollen wir es wagen?“, erkundigt er sich. „Nur keine Angst, wir lassen es ganz langsam angehen.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 18. Jan. 2010, 13:09 Uhr
Nachdem Aurians Kufen frisch geschliffen sind, geht es los! Es ist nicht weit bis zu dem kleinen Weiher und mittlerweile schafft es die Sonne immer häufiger, Löcher in die Wolkendecke zu reißen. Apfelgribs hockt vergnügt pfeifend auf Aurians Schulter und mittlerweile sind dem Irrlicht auch die Hunde, die sich der kleinen Gruppe angeschlossen haben, nicht mehr ganz so unheimlich. Úna und Gwyn machen sich gleich nach ihrer Ankunft daran, die Eisfläche vom Schnee zu befreien. Aurian atmet tief durch. Nun wurde es ernst. Worauf hatte sie sich da nur eingelassen? Aus den Augenwinkeln sieht sie Cináed an. Sie sind zwar mittlerweile so was wie Freunde, trotzdem: Sie hat nicht unbedingt vor, sich vor dem Herrn von Glyn-y-Defaid zu blamieren .Als könne der Hochelb ihre Gedanken lesen wendet er sich ihr zu. >Nun, wollen wir es wagen? Nur keine Angst, wir lassen es ganz langsam angehen. < Die kleine Magierin zieht eine Schnute, die irgendwo zwischen Hoffnung, Unsicherheit und Resignation liegt und setzt sich auf einen Holzstumpf, den sie zuvor vom Schnee befreit hat. „Nun denn, versuchen wir‘s halt!“ Das Anschnallen der Kufen geht ja noch, aber als sich die Halbelbe auf den glatten Untergrund wagt, sitzt sie auch postwendend wieder am Hinterteil. Apfelgribs flattert mit einem erschrockenen Quicker in die Höhe. „Typisch Mensch… immer irgendwelche risi ….risikantischen Sachen machen! Hast dir weh getan?“ Besorgt schaut sie ihre große Freundin an. Aurian reibt sich kurz die Kehrseite, ehe sie, sich an Cináeds Hand ankrallend, wieder auf die Füße kommt. „nein, nein, alles in Ordnung, “ beruhigt sie das kleine Wesen.

Die Kinder flitzen einstweilen schon übers Eis, als hätten sie ihr Leben lang nichts anderes gemacht. Beneidenswert! denkt Aurian bei sich und für einen Moment überlegt sie, ob sie sich nicht einen Energiepolster als Schutz unter den Hintern zaubern soll. Das lässt ihr Stolz aber dann doch nicht zu und so tapst sie, sich auf den Arm des Gutsbesitzers stützend übers Eis. Das Irrlicht hat sich inzwischen mit Eira angefreundet und hockt auf dem Rücken der Hütehündin, während diese, nun in langsamerem Tempo, übers Eis läuft.  

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 19. Jan. 2010, 13:28 Uhr
Gwyn und Úna sausen über das Eis, als wäre dies die einfachste Sache der Welt, so leicht wie laufen und springen auf festem, sicherem Grund. Aurian hingegen verzieht auf Cináeds Frage hin etwas besorgt das Gesicht und wirkt spürbar unruhig, als der Hochelb ihr schließlich auf die spiegelglatte Eisfläche des Weihers hilft. Zwei winzige unsichere Schritte später purzelt die kleine Magierin allerdings auch schon auf ihren Hosenboden und sieht völlig perplex zu Apfelgriebs und Cináed auf. Ganz die besorgte Freundin schwirrt das Irrlicht zu Aurian hinab, umrundet sie einmal und mustert die 'Große' sorgsam. »Typisch Mensch…«, verkündet Apfelgriebs theatralisch. »Immer irgendwelche risi… risikantischen Sachen machen! Hast du dir weh getan?« Die Magiern reibt sich leicht den Allerwertesten, schüttelt den Kopf und verneint beschwichtigend, bevor sie die dargebotene Hand des Hochelben ergreift und sich wieder auf die Füße helfen lässt.
Unbeholfen wie ein junges Füllen stakst die Gardemagierin über das Eis und rudert jedes Mal erschrocken mit dem freien Arm, sobald sie den Halt zu verlieren droht. Cináed lächelt. „Langsam“, beruhigt er die Halbelbe. „Ganz langsam...“ Er sieht zu den Kindern hinüber. „Gwyn“, ruft er den Jungen herbei, der auch sogleich angeschlittert kommt. Und an Aurian gewandt erklärt der Elb: „Beobachtet Gwyn. Guckt Euch von ihm ab wie ihr Euch verhalten müsst, um einen sichern Stand zu gewinnen – die Beine ein wenig auseinander, die Füße leicht schräg gestellt, der Oberkörper gerade aber leicht vorgebeugt...“ Cináed lässt Aurians Hand nicht los, entfernt sich aber ein kleines Stück von ihr, sodass sie etwas freier steht. „Versucht langsam Euer Gleichgewicht zu finden. Erst wenn Ihr Euch sicher fühlt, versucht zu laufen. Ihr müsst die Kufen dazu nicht anheben, lasst sie einfach nur etwa seitlich nach vorne gleiten...“ Geduldig erklärt er der jungen Frau worauf sie achten muss und Gwyn veranschaulicht die kleinen Lektionen bereitwillig.

Es dauert seine Zeit und Aurian landet noch mehr als einmal auf ihrem Hinterteil, doch macht sie auch mehr und mehr Fortschritte und bewegt sich schon bald wesentlich sicherer über das glatte Eis, als zu Beginn dieses 'Abenteuers'. So schnell und elegant wie Gwyn und Úna bewegt sie sich zwar noch lange nicht, läuft aber schon bald mit sehr regelmäßigen, flüssigen Bewegungen neben Cináed her und traut sich sogar irgendwann seine Hand loszulassen und vollkommen frei weiter zu gleiten.
Auch Apfelgriebs hat ihren Spaß. Das Irrlicht sitzt auf Eiras rücken und lässt sich von der sanftmütigen, weißpelzigen Hündin lachend über das Eis tragen. Ihre anfängliche Scheu gegenüber den großen Tieren hat sie mittlerweile abgelegt. Während Eira munter hinter Úna herschlittert, unterhält sich das Irrlicht gut gelaunt mit dem Mädchen und zeigt sich immer wieder zu lustigen Späßen aufgelegt. Die Drei sind so ausgelassen, dass ihr Übermut schließlich dazu führt, dass Gwyn und Úna mit Hilfe von Apfelgriebs fachkundigen Anweisungen, eine gewaltige Schneeballschlacht anzetteln, aus der es für niemanden ein Entkommen gibt.

Irgendwann sind alle Schlittschuhläufer so durchgefroren, dass sie schließlich doch darüber nachdenken wieder zum Hof zurückzukehren und die Kälte mit einem heißen Glühwein oder einer warmer Honigmilch aus den Steifen Armen und Beinen zu vertreiben. Zudem wird es nach wie vor recht schnell dunkel und das Tageslicht begingt bereits merklich zu schwinden und der Entschluss zurückzugehen ist somit bald gefasst.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 19. Jan. 2010, 14:56 Uhr
Aurian ist sich sicher, von ihrem Eislaufabenteuer blaue Flecken davon zu tragen, doch das tut dem Spaß keinen Abbruch. Unter Cináeds Anleitung und mit Gwyn als Anschauungsobjekt gelingt es der Halbelbe dann doch, zumindest einigermaßen stabil übers Eis zu kommen, zwar nicht sehr elegant aber immerhin sitzt sie nicht alle paar Meter am Hosenboden. Apfelgribs hat sich in der Zwischenzeit mit Una und der Hündin Eira angefreundet und lautes Gekicher dringt zu den Erwachsenen herüber. Die Magierin ist allerdings so mit sich beschäftigt, dass sie ganz übersieht, wie die beiden die Köpfe zusammenstecken. Dann aber hört man einen erschrockenen und im gleichen Atemzug erbosten Gwyn rufen >Warte wenn ich dich erwische…< und schon saust er seiner Schwester nach, ein Schneehäufchen auf dem Kopf! Die Kleine aber, flink wie ein Wiesel, saust in Hacken davon und sein Schneeball verfehlt sie…und trifft dafür Aurian! Einen Moment ist der Junge erschrocken und will sich eben stammelnd entschuldigen als die Halbelbe grinst. „Na warte!“ Und schon fliegt eine weiße Kugel der kalten Pracht in Richtung des Jungen. Allerdings hat sie vergessen, dass sie auf Kufen steht und die Wurfbewegung bringt sie aus dem Gleichgewicht und schon plumpst sie auf den Hosenboden…zum zehnten Mal oder war es noch öfter. Das wiederum sieht so drollig aus, dass der Gutsherr zu lachen beginnt, was ihm einen Schneeball der Lady einbringt. Und so entsteht eine muntere Schneeballschlacht, im Zuge derer auch das Irrlicht, das sich eigentlich hinter den Großen verstecken will, nicht verschont wird. Eira tobt munter herum, versucht, wie die anderen Hunde, die weißen Kugeln in der Luft zu schnappen und hat ihre Reiterin vergessen. Und schon landet der kleine Frechdachs im Schneehaufen. >Pfui oh du….du zotteliges Untier böse…oh…wähhh! < Der letzte Ausruf quittiert einen feuchten Hundekuss, mit dem sich Eira allem Anschein nach für den Abwurf entschuldigen will. Nun ist es an den Großen zu lachen und nach einem anfänglichen finsteren Blick, der jedoch sicher nicht ernst gemeint war, umarmt das kleine Wesen seine neue Hundefreundin, die das wiederrum mit freudigem Schwanzwedeln beantwortet.

Die Sonne steht schon recht tief und nun wird es merklich kühler. So beschließt die kleine Gruppe, den Rückweg anzutreten, vor allem Cináeds Einladung zu Glühwein und warmer Honigmilch ist sehr verlockend. So werden die Kufen abgeschnallt, mit mitgebrachten Tüchern trocken gerieben und in Leinen säcken verstaut, ehe sie sich auf den Weg machen. Apfelgribs thront wieder auf Eiras Rücken, sichtlich müde und wenig später ist das kleine Irrlicht, in das weiche Fell gekuschelt, eingeschlafen. Die Hündin bewegt sich ganz vorsichtig, so als wisse sie genau, dass ihre neue Freundin sonst herunterfallen könnte. Auch die Kinder sind sichtlich erschöpft und dementsprechend ruhiger als am Hinweg. Aurian und Cináed gehen nebeneinander her und genießen die Stille und den Frieden des Waldes. Aurian sieht ihren Begleiter von der Seite an: „Danke! Es war wunderschön …  auch wenn ich mich wohl ziemlich tollpatschig angestellt habe!“ Die Sonne ist schon hinter dem Horizont verschwunden und die ersten Sterne tauchen soeben auf, als sie den Gutshof betreten. Sofort werden sie von den anderen Hunden in Empfang genommen. Apfelgribs erwacht gähnend, umarmt Eira noch mal zum Abschied und flattert dann auf Aurians Schulter. Die Hündin trottet mit den anderen Vierbeinern Richtung Scheune, während die Zweibeiner hinter dem Gutsherrn in die Küche marschieren, um sich zu wärmen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 22. Jan. 2010, 11:59 Uhr
Glitzernde Schneeflecken auf Cináeds Mantel (und Schneereste an seiner Mütze) zeugen noch von der erst kürzlich überstandenen Schneeballschlacht, als er sich mit Aurian, Apfelgriebs, Úna, Gwyn und den Hunden auf den Rückweg zum Hof macht. Der Hochelb klopft sich den Schnee vom Mantel und nickt Aurian freundlich zu, als ihm diese erklärt: »Danke! Es war wunderschön... auch wenn ich mich wohl ziemlich tollpatschig angestellt habe!« Der Herr von Glyn-y-Defaid schüttelt leicht den Kopf. „Nichts zu danken, Aurian. Es war uns allen eine Freude, dass Ihr Euch uns angeschlossen habt.“ Er sieht die junge Frau aufmunternd an. In der Zeit, die sie einander nun schon kennen, ist sie für ihn wie eine jüngere Schwester geworden – die kleine Schwester, die er nie hatte bzw. die er nie kennen gelernt hat. „Und seid nicht zu kritisch mit Euch“, meint er lächelnd. „Ihr habt Euch gut behauptet. Es wird nicht lange dauern, dann seid Ihr ebenso gut wie Úna oder Gwyn, Ihr werdet sehen.“
Gut gelaunt, stapfen sie durch den Schnee zurück zum Hof und genießen die angenehme Stille um sich herum. Únas und Gwyns Augen leuchten glücklich und zufrieden, während sie hinter Eira herlaufen und darauf achten, dass die schlafende Apfelgriebs nicht aus Versehen vom Rücken des großen Hütehundes purzelt. Die Hündin bewegt sich allerdings so vorsichtig, dass Cináed nicht davon ausgeht, dass in dieser Hinsicht tatsächlich eine ernsthafte Gefahr besteht. Die Sonne versinkt soeben vollständig hinter dem Horizont, als sie die freundlich funkelnden Lichter von Glyn-y-Defaid vor sich erspähen. Gleich darauf überqueren sie auch schon den großen Platz des Hofs, um zum Hintereingang des Haupthauses hinüber zugehen, nachdem Cináed, Úna und Gwyn ihre Schlittschuhkufen und die Besen noch rasch in der kleinen Werkstatt des Elben verstaut haben.

Polternd stößt Gwyn die Tür zur Küche auf und einer nach dem anderen stolpern sie hinein in die wohlige Wärme. Nur Eira bleibt draußen stehen, lässt sich geduldig von Aurian das immer noch friedlich schlummernde Irrlicht vom Rücken klauben und trottet dann bedächtig in Richtung der Schafställe davon.
„Schnell, die Tür zu“, fordert Rhona vom Herd her, als ein eisiger Luftzug durch die Küche weht und etwas Schnee über die Schwelle hereinträgt. „Die Kälte soll gefälligst draußen bleiben.“ Mahnend sieht sie zu ihren Kindern hinüber, die gerade unter lautem Gerumpel und Gepumpel aus ihren Stiefeln schlüpfen und ihre feuchten Mützen und Handschuhe achtlos auf den Boden fallen lassen. Eilends räumen die beiden Kinder die Sachen ordentlich beiseite und machen sich anschließend daran, auf der Küchenbank aus dicken Kissen und weichen Kaninchenfellen ein gemütliches Lager für Apfelgriebs herzurichten. Die Alte Cath sitzt wie immer in ihrem Sessel am Feuer und lässt das Rad ihres Spinnrades munter surren, während Mair Winterrüben schnippelt und Nara die süßen Reste vom Vortag herbeischafft: Apfelmus und Rosinensemmeln, Pfefferkuchen, allerlei Plätzchen, Mandelbrei, einen Topf mit Honig und natürlich Julbrot. Vom Herd her erfüllt mittlerweile auch der Duft von heißem Glühwein und warmer Honigmilch die Luft und so setzen Cináed, Aurian und die Kinder sich erwartungsvoll zu der friedlich schlummernden Apfelgriebs auf die Küchenbank und harren dort (mehr oder weniger geduldig) der guten Dinge, die gleich kommen mögen.

Nachdem Nara sämtliches Naschwerk auf dem Tisch abgeladen hat, schafft sie für alle Anwesenden Becher herbei und dann kann es endlich losgehen. Während Rhona Glühwein ausschenkt, gießt die junge Magd Úna und Gwyn Honigmilch ein und füllt auch den Becher der Alten Cath mit dem warmen Getränk. Mair schaut kurz von ihrem Rübenberg auf und lässt sich ebenfalls dankend einen Becher Honigmilch einschenken, bevor sie sich wieder ihrer Arbeit widmet. Für Nara und sich selbst füllt die Oberste Magd von Glyn-y-Defaid derweil je einen Becher mit Glühwein und nickt ihrem Herren zu, als dieser seinen eigenen Becher erhebt, um allen zu zuprosten.  
Cináed nimmt einen tiefen Schluck von dem würzigen Getränk und genießt die wohlige Wärme, die gleich darauf seine Kehle hinunter rinnt. Zufrieden streckt er seine Füße aus und brummt: „Ah, das tut gut. Oder was meint Ihr?“ Fragend sieht er zu Aurian hinüber, die ihren Becher mit beiden Händen hält, um sich die klammen Finger daran zu wärmen. Bevor die Halbelbe jedoch zu einer Antwort ansetzen kann, lässt sie das plötzliche Hundegebell draußen auf dem Hof aufhorchen. Erstaunt zieht Cináed eine Augenbraue in die Höhe. „Was mag da draußen los sein?“, murmelt er überrascht. „Bekommen wir etwa noch Besuch?“ Der Hochelb stellt seinen Becher beiseite und erhebt sich, um nachzusehen, weshalb Mabon und Modron angeschlagen haben.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Yasraena am 22. Jan. 2010, 19:37 Uhr
Yasraena ist schon eine ganze Weile im Umland unterwegs und eigentlich schon wieder auf dem Heimweg, als ihr ein schmaler Pfad ins Auge sticht, den sie noch nicht kennt. Neugierig beschließt sie, diesem ein Stück zu folgen. Nach einer Weile sieht sie vor sich eine Brücke auf deren anderer Seite sich ein wunderschöner, verschneiter Torbogen befindet, welcher von zwei Löwenstatuen verziert wird. Ehrfürchtig zügelt Yasraena ihren Hengst. Schon will sie umkehren um diesem eindeutig wohlhabenden und privaten Grund nicht zu betreten, als ihr ein Gedanke kommt, Moment… Solch ein Anwesen könnte sicher auch einen gut bestückten Reitstall haben.  

Sogleich beschleißt Yasraena sich das Grundstück näher anzusehen und reitet langsam über die Brücke und durch die Tore. Mit Staunen betrachtet die Elbe das große Anwesen. Lange ist es her, dass sie solch eine Pracht gesehen hat. Und so reitet sie nur langsam über den Hof, denn immer mal wieder hält sie inne um sich etwas genauer anzusehen. Der Größe nach zu urteilen, scheint es tatsächlich eine gute Idee gewesen zu sein, diesem Anwesen einen Besuch abzustatten. Alleine schon die zahlreichen Gebäude zeigen den Wohlstand des Besitzers.  

Wenn es hier keine guten Pferde gibt, weiß ich auch nicht mehr. schießt es der Elbe durch den Kopf, als sie sich dem größten Gebäude, welches das Haupthaus zu sein scheint, nähert. Kurz vor dem Haus steigt sie ab, und führt Shunj’anar das letzte Stück. Dann sucht sie eine geeignete Stelle, an der sie den Hengst festbinden kann. Zuletzt ist sie ausschließlich im Schritt geritten, so dass er fast schon wieder trocken geritten ist. Dennoch hofft Yasraena, dass er nicht zu lange in der Kälte stehen muss, als sie sich zur Eingangstür begibt.

Sogleich kommen zwei Hunde auf die Elbe und den Hengst zugeschossen und beginnen mit einem lautstarken Gebäll, was den Hengst zurückschrecken und an seinem Zügel reißen lässt. Ein Glück, das Yasraena ihn schon angebunden hat, sonst hätte sie ihn jetzt mit Sicherheit nicht halten können. Aber nicht nur der Hengst wirkt erschrocken, auch Yasraena sitzt der Schreck tief in den Knochen. Gut - auch Hofhunde sind ihr nichts Neues, aber dass diese Beiden so plötzlich aufgetaucht sind, hat die Elbe nun doch deutlich erschreckt.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 25. Jan. 2010, 16:22 Uhr
Dem Gebell der Hunde nach zu Urteilen, befinden sie sich vermutlich nahe des Haupteinganges. Dies wiederum deutet darauf hin, dass vermutlich jemand versucht hat, sich der großen Eingangstür zu nähern. Aus diesem Grund schlägt Cináed den Weg zur Eingangshalle ein. „Bin gleich zurück“, meint er an Aurian und die anderen gewandt, bevor er die Küche verlässt, die Halle durchquert und die Hand nach der Türklinke ausstreckt, um zu öffnen. Wer das wohl sein mag?, überlegt er, aber ihm will partout niemand einfallen, der zu dieser Zeit noch auf Glyn-y-Defaid vorbei schauen würde – nicht am Spätnachmittag nach dem Julfest.
Entschlossen drückt er die Klinke herab und lässt die Eingangstür gerade so weit nach innen aufschwingen, bis er draußen (unweit des hölzernen Vorbaus, der den Eingangsbereich schützt) eine schlanke, hochgewachsene Frau erkennen kann. Mabon und Modron stehen wachsam in ihrer Nähe und knurren leise, während ein gar nicht weit entfernt angebundenes Pferd (offenbar das Reittier der Fremden) nervös die Nüstern bläht. „Mabon, Modron – hier!“, ruft Cináed die beiden Hunde zu sich, die daraufhin sogleich an seine Seite stürzen und sichtlich entspannt neben ihm stehen bleiben, obschon sie jede noch so kleine Bewegung der Unbekannten weiterhin sorgsam im Auge behalten.

Der Herr von Glyn-y-Defaid macht einen Schritt zur Tür hinaus und bleibt im Schutz des hölzernen Vorbaus stehen. „Guten Tag“, begrüßt er die Frau höflich-distanziert, wobei er sie prüfend mustert. „Willkommen auf Glyn-y-Defaid.“ Aufgrund der rauen Witterungsbedingen trägt sie schwere, schwarze Stiefel und eine feste Wildlederhose. Zudem ist sie in einen dazu passenden dicken Mantel aus dunkelbraunem Wildleder gehüllt, hat die mit heller Wolle gefütterte Kapuze schützend über den Kopf gezogen und sich (soweit Cináed erkennen kann) ein wärmendes Tuch um den Hals geschlungen.
Der Elb legt den Kopf leicht schräg, von irgendwo her kommt ihm die Fremde vage bekannt vor. Die Kapuze lässt gerade einmal ihr Gesicht und ein paar einzelne, silbrig-weiße Haarsträhnen erkennen, aber er würde dennoch ohne zu Zögern darauf wetten, eine Elbe vor sich zu haben. Plötzlich fällt der Kupferling. Die neue Magd in der Harfe. Yasraella oder so ähnlich..., wenn mich nicht alles täuscht, erinnert er sich. Er hat sie schon ein paar Mal flüchtig zu Gesicht bekommen (während er in der Goldenen Harfe zu tun hatte) und die kursierenden Gerüchte sind ihm wohl bekannt. Was will sie hier?, fragt er sich. Ist sie in Borgils Auftrag hier? Oder auf Geheiß von Lady Blutaxt? Cináed verschränkt leicht die Arme vor der Brust und reibt sich die kalten Schultern, denn im Gegensatz zu der Fremden hat er seinen wärmenden Mantel gerade nicht parat. „Ich bin der Herr dieses Hauses“, stellt sich der Elb vor. „Was kann ich für Euch tun...?“ Abwartend sieht er die Frau an und macht es von ihrer Antwort abhängig, ob er sie ins Haus bitten oder von seinem Hof schicken wird.

Von der Küche aus lugen Gwyn und Úna derweil neugierig durch die nur einen Spalt breit geöffnete Tür zur Eingangshalle, lauschen angestrengt und versuchen irgendetwas interessantes zu erspähen – können zu ihrem großen Bedauern (von Cináeds breitem Rücken einmal abgesehen) aber nicht viel erkennen. Rhona wirft den beiden einen missbilligenden Blick zu und verscheucht die Zwei schließlich von ihrem Beobachtungsposten. „Genug damit“, schilt sie die beiden. „Kümmert Euch lieber um unsere Gäste.“ Freundlich lächelnd wendet sich die Oberste Magd Aurian zu. „Noch etwas Glühwein, min Frouwe?“, erkundigt sie sich, während die beiden Kinder verlegen an den Tisch zurückkehren und nach Apfelgriebs sehen, die sich soeben verschlafen auf ihrem gemütlichen Kissenberg aufrichtet und müde den Schlaf aus den Augen reibt. „Was'n hier los...?“, nuschelt das Irrlicht gähnend und blinzelt fragend in die Runde. „Hab' isch was verpasst?“
Úna und Gwyn nicken – und da die Erwachsenen noch beschäftigt zu sein scheinen, übernehmen sie es auf Apfelgriebs Frage zu antworten. „Wir sind bei uns in der Küche...“, verkündet Úna. „Und Herr Cináed spricht gerade mit jemandem an der Vordertür...“ „Wir wissen aber nicht mit wem“, ergänzt Gwyn, mehr ist nicht nötig und Apfelgriebs ist sogleich hellwach. Die Kinder und das Irrlicht stecken verschwörerisch die Köpfe zusammen und keine zehn Sekunden später steht ihr Plan auch schon... Wenn sich die Geschwister nicht gerade kabbeln, dann sind sie ein eingespieltes Team, vor allem dann, wenn es darum geht ihre Mutter auszuspielen. Es überrascht daher nicht weiter, dass es Úna und Gwyn im Handumdrehen gelingt, Apfelgriebs unauffällig in die Eingangshalle zu schmuggeln...

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Yasraena am 27. Jan. 2010, 09:23 Uhr
Die Hunde, welche eben noch durch lautstarkes Bellen das Eindringen der Fremden signalisiert haben, sind inzwischen zu einem leisen, bedrohlichen Knurren übergegangen und lassen sie nicht aus den Augen. Yasraena steht dort wie erstarrt, um die Hunde nicht durch eine falsche Bewegung zu einem Angriff zu verleiten, denn diese scheinen recht erbost darüber, wie die Fremde überhaupt so nah an das Haus herankommen konnte, ohne dass sie es bemerkt haben.
Kurz überlegt Yasra, ob sie nicht besser versucht langsam zurückzuweichen und den Rückzug anzutreten, als sie eine Stimme vernimmt >Mabon, Modron – hier!<. Yasraena war so auf die beiden Wachhunde konzentriert, dass sie gar nicht bemerkt hat, wie sich die Tür öffnet. Erst als der Gutsherr seine Hunde zurückruft und diese auch sogleich an seine Seite springen, bemerkt Yasraena seine Anwesenheit. Nachdem die Hunde zu ihrem Herrn geeilt sind, verlässt dieser das Gebäude und bleibt unter dem schützenden Vordach stehen, so dass Yasra ihn richtig begutachten kann. Irgendwie kommt ihr der Elb bekannt vor, sie ist sich sicher ihn schon einmal in der goldenen Harfe gesehen zu haben und dann fällt ihr ein, dass sie ihn dort sogar schon bedient hatte. Es war an einem Abend, an dem wirklich viel zu tun war – gut das ist der Harfe nicht selten – aber an jenem Abend fiel auch noch Grid aus, so dass Azra Yasraena gebeten hatte einzuspringen. Der Name des Elben ist ihr nicht bekannt. Wohl aber sein Gesicht, das rotblonde Haar und der kurze Bart. Über den Bart war sie besonders erstaunt, in ihrer Familie war es bei den Männern unüblich einen solchen zu tragen. Obgleich sie wahrlich schon ein Paar Elbenmänner mit Bartwuchs zu Gesicht bekommen hat, wirkt es auf sie immer wieder befremdlich.
Selbst mein Vater, der ja nun nicht wirklich als Elb zu bezeichnen ist, trug nie einen sichtbaren Bart, erinnert sie sich kurz an den Blutelb.

Yasraena macht nun Anstalten sich dem Fremden - und den Hunden - zu nähern. Die Hunde bleiben entspannt und ruhig an der Seite ihres Herrn sitzen, so dass Yasraena zu dem Elb unter den Vorbau tritt, welcher sie möglichst distanziert Willkommen heißt. „Khel Dar“ grüßt sie den Elben förmlich. Dieser jedoch fährt in der Allgemeinsprache fort: > Ich bin der Herr dieses Hauses. „Was kann ich für Euch tun...?<. so dass Yasraena selbst wieder in die Allgemeinsprache wechselt, während Sie sich ihrerseits vorstellt: „Ich weiß nicht, ob Ihr euch an mich erinnert. Mein Name ist Yasraena ale’Hanrael. Wir sind uns in der Harfe begegnet.“ Sie pausiert kurz, ehe sie zu erläutern beginnt, was sie hierher führt: „Ich bin zufällig in der Nähe ausgeritten und mehr oder weniger über euer Anwesen gestolpert.“ Alleine aus der Art wie sie das Wort Anwesen betont und eine Handbewegung macht, welche alles um sie herum einschließt, geht hervor, dass sie beeindruckt ist. „Und wie ich eure Lande sah, kam mir der Gedanke, dass ihr womöglich eine Pferdezucht euer eigen nennt.“ Vor allem die leeren Weiden, welche sie gesehen hat ließen dies tatsächlich erahnen, wenngleich die Tiere wohl ob des eisigen Wetters in den warmen Ställen untergebracht sind. „Wisst ihr, ich dachte vielleicht habt ihr Interesse an einem Deckhengst.“ Yasraena weist mit der Hand auf ihr Feuerblutpferd, das sich inzwischen sichtlich beruhigt hat. „Shunj’anar dort ist ein reinblütiger Cul-Hengst.“ Fährt sie mit hörbarem Stolz in der Stimme fort.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 28. Jan. 2010, 09:04 Uhr
Alle Schläfrigkeit ist verflogen, als Apfelgribs hört, dass  sich jemand Fremder an der Tür befindet. Auch wenn das Irrlicht hier nicht zu Hause ist: Seine neuen Freunde Gwyn und Ùna sind es und es will den beiden ja nur helfen. Dass seine eigene Neugierde dadurch nur befriedigt wird….ein angenehmer Nebeneffekt. Kurz blickt es zu seiner großen Freundin, doch Aurian nippt an ihrem Glühwein und unterhält sich mit der alten Cath. Die Frau kannte die Familie de Winter sehr gut, immerhin war sie mit der Amme von Aurians Vater gut Freund und nur zu gern erzählt sie über ‚den schönen Bengel, dem man einfach nicht böse sein konnte‘ und die Streiche, die er seiner Umgebung mitunter gespielt hat. Kurz schnuppert das Irrlicht: Honig. Zu gerne hätte es davon genascht, aber die ungeduldigen Blicke der Kinder hindern es daran. „Hebt mir aber was von Schleckerhonig auf!“ mahnt es trotzdem zur Vorsicht ehe es durch die große Tür in die Halle schlüpft.

In dieser, genauergesagt an der Tür, steht Cináed mit dem Rücken zur Küche und unterhält sich mit einer Frau mit seltsam weißen Haaren. Apfelgribs versteht kein Wort von dem Gespräch und so drückt sie in die Julfestdekoration, die die Halle schmücken. > Mein Name ist Yasraena ale’Hanrael. ..< kann es soeben den Namen der Fremden vernehmen. In Gedanken rollt das kleine Wesen die Augen: Yaraeirgendwas ale‘ sonstnochrael. Wieso müssen die Großen immer so komische Namen haben, die sich kein Irrlicht merken kann? Und wieso müssen die so leise reden? Das kleine Persönchen huscht eine Dekoration weiter, näher an die Haustür und somit die Menschen heran. In seiner Neugierde hat es leider übersehen, dass dieses Gesteck zu einem großen Teil aus Stechginster und Fichtennadeln besteht. >Wisst ihr, ich dachte vielleicht habt ihr Interesse an einem Deckhengst. Shunj’anar dort ist ein reinblütiger Cul-Hengst…. < hört es die Fremde eben sagen. Und dann passiert es: Apfelgribs landet, völlig unbedarft in dem stechenden Schmuck und eine Fichtennadel bohrt sich direkt in den kleinen Irrlicht Popo. Erschrocken quietscht es auf, flattert in die Höhe und bleibt dabei in der roten Schleife hängen. Von seinem eigenen Schwung überrascht, verliert es in der Luft die Balance und platscht, gefolgt von dem verhängnisvollen Schmuck, mit einem Rums auf den Boden. Die beiden Großen an der Tür drehen sich erschrocken um.

HInter der Küchentür halten die Kinder, die die Spionageaktion der kleinen Freundin durch einen Türspalt beobachtet haben, erschrocken die Luft an. Ùna schlägt sich vor Schreck die Hände vor den Mund. Die Erwachsenen in der Küche scheinen nichts mitbekommen zu haben…bis auf Aurian. Ihr feines Halbelbengehör hat das Geräusch wahrgenommen, ebenso hat sie die plötzliche empathische Schwingung gespürt: Den Schreck und auch den Schmerz des Irrlichts. Die Magierin runzelt die Stirn und steht auf. „Entschuldigt mich einen Moment!“ sagt sie noch zu Cath, dann schiebt sie sich an den Kinder vorbei in die Halle. Die beiden kleinen Verschwörer machen lange Hälse, um ja nichts zu verpassen. In der Halle bietet sich der jungen Frau ein allzu komisches Bild: Cináed und die fremde Besucherin (die Aurian irgendwoher bekannt vorkommt) starren auf ein zu Boden geklatschtes Gesteck, der Elb mit einem amüsierten Schmunzeln im Gesicht, die Fremde eher  verwirrt. Inmitten dieses Gewirrs hockt Apfelgribs und versucht sich aus der Schleife zu befreien und dabei die Nadeln zu vermeiden. „Auaauaua!“ jammert es leise vor sich hin. „Apfelgribs! Was machst du denn da?“ Aurian ist mit wenigen Schritten bei dem kleinen Wesen. Kurz wirft sie Cin, der nur mühsam ein Lachen unterdrücken kann, und der Besucherin einen entschuldigenden Blick zu. Dann nimmt sie das kleine Wesen vorsichtig hoch, um es aus der misslichen Lage zu befreien. Dem Irrlicht rinnt eine Miniträne über die Wange. „Hast du dir weh getan?“ fragt die Halbelbe. Die kleine Übeltäterin schüttelt den Kopf und schnieft. „nich‘ viel nur da ein wenig! Hat gepikst böse Pflanze!“ Schmollend deutet es auf sein Hinterteil, in das sich die Fichtennadel gebohrt hatte. „Was machst du hier überhaupt?“ Aurian kann sich die Antwort schon denken und die Röte, die ihrer Mitbewohnerin ins Gesicht steigt, bestätigt ihren Verdacht. „Verzeiht die Störung“, wendet sie sich an die Fremde. „Mein Name ist Aurian de Winter und das hier ist Apfelgribs!“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 29. Jan. 2010, 12:13 Uhr
Die Fremde erwidert seinen Gruß in der Sprache seiner Kindheit, wechselt aber ebenfalls in die Allgemeinsprache, als Cináed seinerseits keine Anstalten macht zum Shidar überzugehen. »Ich weiß nicht, ob Ihr Euch an mich erinnert. Mein Name ist Yasraena ale'Hanrael. Wir sind uns in der Harfe begegnet«, erklärt sie ihm und der Elb nickt langsam. „Ja“, entgegnet er freundlich. „Ich erinnere mich.“ Yasraena sieht ihn an und beginnt dann, nach einer kurzen Pause, ihr Anliegen zu schildern. »Ich bin zufällig in der Nähe ausgeritten und mehr oder weniger über euer Anwesen gestolpert. Und wie ich eure Lande sah, kam mir der Gedanke, dass Ihr womöglich eine Pferdezucht Euer eigen nennt.«, erklärt sie dem Herrn von Glyn-y-Deafaid, der bei diesen Worten leicht zu schmunzeln beginnt, vorerst aber noch schweigt. »Wisst Ihr, ich dachte vielleicht habt Ihr Interesse an einem Deckhengst. Shunj'anar dort ist ein reinblütiger Cul-Hengst.«
Als die junge Frau den Namen des Tieres ausspricht, macht sich ein leichtes Unbehagen in Cináed breit und er runzelt die Stirn. Ist sie sich der Doppeldeutigkeit dieses Namens nicht bewusst?, fragt er sich. Nur etwa anders betont und er erhält eine völlig andere Bedeutung – Shunjanar, das Schattenherz. Der Hochelb liebt Geschichten von Kindesbeinen an, und die düstere, tragische Geschichte von Mordren Faêrlladir gehörte schon immer zu seinen liebsten, auch wenn sie als Kind stets sehr geängstigt hat.
Und jetzt steht ihm diese Frau gegenüber und sagt frei heraus, dass ihr Pferd einen Namen trägt, der nur zu leicht mit dem jenes großen smagardelbischen Waldläufers verwechselt werden kann, der der Finsternis anheim fiel. ...und dessen Sohn – so hieß es jedenfalls in zahlreichen Gerüchten, die nach dem Dämonenangriff unter den Elben Talyras kursierten – die Stadt im Jahr 505 des 5ten Zeitalters beinahe vollständig in Schutt und Asche gelegt hätte. Dunkle Schwingen, dunkle Worte, ein kalter Schauder läuft Cináed den Rücken hinab und er ist geradezu erleichtert, als ihn ein erschrockenes Quietschen – gefolgt von einem halblauten Rumms – aus seinen düsteren Gedanken reißt.

„Was...?“, entfährt es ihm. Er bedeutet Yasraena mit einer knappen Handbewegung ihm zu folgen und tritt eilends in die Eingangshalle, wo sich den beiden ein recht amüsanter Anblick bietet. Auf dem Fußboden, umgeben von rotem Schleifenband, grünen Fichtenzweigen und zerdrückten Strohsternen, steht eine reichlich verlegene Apfelgriebs, versucht sich vergeblich zu befreien und verstohlen den schmerzenden Irrlichtpopo zu reiben.
Im nächsten Moment fliegt auch schon die Küchentür auf und Aurian kommt zu ihnen in die Halle geeilt. »Apfelgriebs! Was machst du denn da?«, ruft die Halbelbe erschrocken und ist sogleich bei dem winzigen Geschöpf, um es aus seiner misslichen Lage zu befreien. »Hast du dir weh getan?« Das Irrlicht schnieft theatralisch und deutet finster auf einen Fichtennadelzweig. Aurian runzelt die Stirn. »Was machst du hier überhaupt?«, erkundigt sie sich, wobei ihre Stimme verrät, dass sie die Antwort auf diese Frage längst erahnt hat.
Die Halbelbe erhebt sich und wendet sich Cináed und seiner Begleiterin zu. »Verzeiht die Störung«, meint sie entschuldigend. »Mein Name ist Aurian de Winter und das hier ist Apfelgriebs!« Verlegen hebt das Irrlicht eine Hand und winkt schüchtern zu Yasraena hinauf, bevor es auf Aurians fliegt und sich dort niederlässt. „Und dies ist Yasreana ale'Hanrael“, stellt der Herr von Glyn-y-Defaid die Frau an seiner Seite vor, bevor er mit einem kurzen Blick hinüber zu Eingangstür feststellt, dass Yasraena diese vernünftigerweise hinter sich geschlossen hat. „Sie besitzt einen Cul-Hengst, den sie als Deckhengst anbieten möchte...“ Der Hochelb sieht Aurian fragend an. „Vielleicht wolltet Ihr einmal miteinander darüber sprechen...?“ Entschuldigend wendet er sich wieder Yasraena zu. „Ihr müsst wissen, dass wir hier auf Glyn-y-Defaid von der Schafzucht leben“, erklärt er freundlich. „Euer Cul-Hengst ist gewiss ein edles Tier, aber wir haben hier nur Verwendung für kräftige Zug- und Arbeitspferde. Doch wie gesagt, Lady de Winter hat womöglich Interesse an Eurem Vorschlag...“ Abermals wirft er der Gardemagierin einen fragenden Blick zu.

Cináed überlegt einen Augenblick. „Ich stelle Euch gerne das Kaminzimmer zur Verfügung, wenn Ihr Euch unterhalten wollt“, meint er schließlich und deutet zu der Tür hinüber. „E sieht noch etwas unordentlich aus, wegen des Julfestes, aber es ist gut geheizt und Ihr wärt ungestört.“ Er schaut zwischen den beiden Frauen hin und her und erklärt dann: „Ich veranlasse derweil, dass man sich in der Zwischenzeit gut um Euren Hengst kümmert... Er sollte nicht so lange draußen in der Kälte stehen bleiben, oder was meint Ihr?“ Lächelnd sieht er Yasraena an, um ihre Zustimmung (oder auch eine mögliche Verneinung) abzuwarten.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Yasraena am 29. Jan. 2010, 14:24 Uhr
Nachdem Yasraena den Namen des Hengstes ausgesprochen hat, beginnt sich eine bedrückende Stille auszubreiten. Yasraena hat eine wage Vorstellung woher diese stammen könnte. Als sie noch in den Elbenlanden lebte, hat die Familie oft im Kaminzimmer gesessen und den Geschichten ihrer Uhrahnin gelauscht. Eine dieser Geschichten hatte ihr besonders gefallen, jene um einen Elb, der später nur noch als Shunjanar bekannt ward: Schattenherz, der dem Dunklen diente. Wenngleich Yasraena den Namen Nachtschatten nicht alleine aufgrund seiner Ähnlichkeit zu Schattenherz gewählt hat, war sie sich der Tatsache, dass man die Namen leicht miteinander vertauschen könnte durchaus bewusst. Es störte sie auch nicht weiter, im Gegenteil: Gerade diese Kleinigkeit der Betonung fand sie durchweg faszinierend. Allerdings hatte sie diese Geschichte nicht als so weit verbreitet erachtet, dass sie hier außerhalb der Elbenlande noch Bedeutung haben könnte. Doch genau das scheint sie zu haben. Jetzt in dem Augenblick, in dem ihr der fremde Elb gegenüber steht, der diese Geschichte wohl ebenfalls zu kennen scheint. Lang ist es her, dass Yasraena dieser Geschichte lauschen durfte und es war nur ein einziges mal. Danach gab es diesen… Vorfall… und man hat den Dunklen, seine Geschichten und seine Anhänger niemals wieder in ihrer Anwesenheit erwähnt. Shunjanar wie gern würde sie seine Geschichte lesen oder hören. Vielleicht gäbe es im Haus der Bücher etwas darüber zu lesen. Yasraena kann sich selbst nicht erklären, weshalb sie so von ihm und anderen wie ihn fasziniert ist, doch obgleich ihre Mutter sich stets bemüht hat sie zum Guten zu erziehen übte das Dunkle von je her eine besondere Anziehung auf sie aus.

Während Yasraena für einen Moment ihren Gedanken nachgeht, scheint auch Cin seinen eigenen Überlegungen nachzugehen. Dann plötzlich ertönen ein quietschendes und ein krachendes Geräusch und Beide werden aus ihren Gedanken gerissen. Der Herr von Glyn-y-Defaid gibt ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, dass sie ihm folgen soll und so geht sie ihm nach in die Eingangshalle und zieht die Tür hinter sich zu. Mit Erstaunen betrachtet Yasraena das kleine verärgerte Irrlicht. Wie es dort vor sich hin jammert ob der Verletzungen, die es sich zugezogen zu haben scheint, bekommt Yasraena fast schon ein wenig Mitleid mit diesem kleinen, lieblichen Geschöpf. Aber nur fast, denn der Gedanke, dass das Irrlicht einfach hätte vorsichtiger sein sollen, überwiegt und wischt den Anflug von Mitleid auch wieder fort. Sie erinnert sich selbst an eines dieser Wesen, welches sie in den Elbenlanden kennen lernte. Und alles was ihr dazu einfiel, sind die Wörter frech, vorlaut und neugierig. Zudem fiel es dem kleinen Leuchtwesen irre schwer auch nur für 5 Minuten die klappe zu halten. Während Yasraena es, hoffend dass dieses kleine Geschöpf anders sein möge, mit einem freundlichen Lächeln mustert, fliegt auch schon die Tür auf und eine weitere Person kommt hinzu. Yasraena meint, auch diese Gestalt schon einmal gesehen zu haben, doch sicher ist sie sich hier nicht. Erst als sie sich und ihre kleine Irrlicht-Freundin vorstellt, wird Yasraena bewusst wen sie hier tatsächlich vor sich hat. Lady Aurian de Winter. Yasraena hatte schon viel früher vor, sie zu besuchen und sich bei ihr zu erkundigen, ob sie nicht eventuell einen Deckhengst benötigen würde und nun, begegnet sie ihr hier zufällig. Erstaunlich… Yasraena ist so perplex, dass sie ganz vergisst sich selbst vorzustellen, doch der Herr von Glyn-y-Defaid übernimmt das auch schon für sie und macht sie der Halbelbe bekannt. So braucht Yasraena nur freundlich zu lächeln, was sie ob der Überraschung doch noch sehr gut hinbekommt. Er verkündet auch gleich, dass Yasraena einen Cul-Deckhengst besitzt und nachdem er einräumt, dass er selbst dafür keinerlei Verwendung hat, schlägt er vor, dass sie sich mit Aurian über diese Angelegenheit unterhalten soll.

>Ich stelle Euch gerne das Kaminzimmer zur Verfügung, wenn Ihr Euch unterhalten wollt<, bietet der Elb an und Yasraenas Blick folgt seiner Handbewegung zu einer Tür, hinter der sich das Kaminzimmer zu verbergen scheint. >Es sieht noch etwas unordentlich aus, wegen des Julfestes, aber es ist gut geheizt und Ihr wärt ungestört.< Yasraena neigt leicht den Kopf und erwidert mit einem dankbaren Lächeln: „Das ist sehr großzügig von euch.“
Der Herr des Hauses fährt unterdessen fort: >Ich veranlasse derweil, dass man sich in der Zwischenzeit gut um Euren Hengst kümmert... Er sollte nicht so lange draußen in der Kalte stehen bleiben, oder was meint Ihr?< erneut muss Yasraena ob dieser Freundlichkeit lächeln: „Wenn euch dies keine Umstände macht, wäre es wirklich sehr nett.“ Strahlend ergänzt Sie noch: „Habt dank dafür.“ Dann wendet sie sich Aurian zu, gespannt ob diese tatsächlich genug Interesse aufbringt die Angelegenheit durchzusprechen oder ob diese eher keine Verwendung für den Hengst hätte.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 02. Feb. 2010, 13:03 Uhr
Die Elbe scheint einigermaßen überrascht, Aurian hier zu anzutreffen, scheint sie aber dem Namen nach zu kennen. Apfelgribs hat sich inzwischen auf de Schulter der Halbelbe gesetzt und lugt neugierig unter den schwarzen Haaren der Magierin hervor. >Ich stelle Euch gerne das Kaminzimmer zur Verfügung, wenn Ihr Euch unterhalten wollt! < Cináed scheint die Idee, dass Aurian einen Deckhengst und noch dazu einen Cul, brauchen könnte, nicht zu abwegig zu finden. Die Halbelbe runzelt die Stirn. Dikta und ein Culhengst? Die freche Stute ist ansich schon ein undefinierbares Rassengemisch und da noch den feurigen Einschlag eines Blutpferdes dazu? Von der Größe her wäre es wohl denkbar, immerhin misst der gescheckte Frechdachs 1,40 Schritt. Andererseits…interessant wäre es schon, allerdings hat sie von Pferdezucht gar keine Ahnung. „Nun ja…“ antwortet die Magierin. „ Ich muss sagen, an die Möglichkeit zu züchten habe ich noch nie gedacht…aber kommt, lasst uns wirklich ins Kaminzimmer gehen, im sitzen redet es sich besser!“ Und so gehen die beiden Frauen in den angebotenen Raum, während der Hausherr sich nach draußen aufmacht, entsprechende Anweisungen für das Versorgen des Hengstes zu geben.
Wie Cin gesagt hat, ist es wohlig warm und Aurian findet gar nicht, dass es irgendwie unordentlich ist, eher gemütlich. Sie lassen sich in zwei der großen Sessel nieder, nachdem Yasraena zuvor noch ihre warme Oberbekleidung abgelegt hat. „Also ich sag mal so,“ beginnt Aurian das Gespräch, „ich habe zwar eine Stute, die auch ohne weiteres im deckfähigen Alter wäre, allerdings handelt es sich um eine Ponystute unbestimmter Herkunft, sodass ich mir über der Ergebnis, was Körperbau und Charakter angeht, nicht sicher bin, ob ich es versuchen soll. Ich gebe auch zu ich habe nicht viel Erfahrung mit Pferdezucht, eigentlich gar keine.“ Aurian atmet durch und sieht der Fremden in die Augen. Die Kälte, die diese auszustrahlen scheinen, wirkt befremdlich, gleichzeitig spürt sie keinerlei aggressive oder feindliche Gefühle. „Aber wart ihr mit eurem Anliegen schon am Waldhof? Das ist eine der, wenn nicht die größte Pferdezucht Talyras.  

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Yasraena am 02. Feb. 2010, 16:02 Uhr
Und so machen es sich beide Damen in dem angenehm warmen Kaminzimmer gemütlich um sich über die mögliche Verpaarung näher zu unterhalten. Und das obgleich Lady de Winter selbst, laut eigener Aussage eine Zucht nie in Erwähnung gezogen hat und ihre Stute ohnehin eher ein Pony ist. Bei der Vorstellung ihren Shunj’anar mit einer Ponystute zu verpaaren muss Yasraena unvermittelt schmunzeln. Nicht, weil es sie stören würde aber die Vorstellung alleine hat schon etwas für sich. Yasraena selbst hat keinerlei Einwände. Ihr sind solche Mischlingszuchten sogar um einiges lieber, als wenn sie ihren Hengst mit anderen Culpferden verpaaren würde. So kann ihrem Nachtschatten immerhin so schnell kein anderer Deckhengst Konkurrenz machen, weil sie alle nicht reinblütig wären. Im Großen und Ganzen kommt Yasra daher selbst eine Ponystute – sollte diese groß genug sein das Fohlen problemlos auszutragen – ganz gelegen.

Aber auch die Lady selbst hat Bedenken ob der Statur ihres Ponys und räumt noch ein, keinerlei Erfahrung in der Zucht zu haben. >Aber wart ihr mit eurem Anliegen schon am Waldhof? Das ist eine der, wenn nicht die größte Pferdezucht Talyras< erkundigt diese sich bei Yasra. Die Elbe wundert sich nicht, dass die Lady de Winter den Hof kennt. Nachdem Yasraena gesehen hat, wie groß Keas of ist und das sie sogar eine eigene Schmiede hat, leuchtet ihr ein, dass der Waldhof nahezu jedem Pferdebesitzer Talyras ein Begriff ist. „Der Waldhof. Ja, ich war in der Tat bereits dort, und durfte Kea,…“ kurz hält Yasraena inne, gerne hätte sie die Schmiedin angemessen vorgestellt, doch außer ihrem Vornamen ist ihr kein Name bekannt, so dass sie fort fährt „… die Besitzerin des Waldhofes, kennenlernen.“ Einen weiteren Moment hält sie inne, gerne hätte sie ergänzt, dass Kea einige ihrer Stuten decken lassen will, doch Yasraena weiß nicht ob die beiden Damen sich kennen und wie sie zueinander stehen. Womöglich möchte Kea auch noch nicht, dass jemand von der Verpaarung erfährt. Es ist nicht Yasras Art Geschäfte auszuplaudern. Zu den Klatschweibern, die alles weitertratschen müssen gehört die Elbe wahrlich nicht. Und so belässt sie es dabei und geht gar nicht weiter auf den Waldhof ein. Stattdessen greift sie Lady de Winters Überlegungen zu einer möglichen Verpaarung auf: „Ich kenne eure Stute nicht, Lady de Winter, daher kann ich auch nicht beurteilen, ob sie für eine Verpaarung geeignet wäre. Aber wenn sie nicht gerade die Größe einer Grünmähne hat, sondern eher an ein Norjan heranreicht, sollte dies kein Problem darstellen.“ Yasraena ist es ehrlich gesagt herzlich gleich, ob es von der Größe her passt oder auch nicht. Sie bekommt das Geld für den Deckakt und mit der Trächtigkeit oder aber der Geburt verbundene Probleme sind in ihren Augen eindeutig die Probleme der Stutenbesitzerin und nicht ihre eigenen. Obgleich Yasraena mehr an dem Geld interessiert ist, muss sie aber auch daran denken, dass ein guter Ruf alles ist und derzeit ist ihr Hengst einfach die beste Einnahmequelle. Was bringt es ihr, wenn sie unter den Stuten- und Hofbesitzern einen schlechten Ruf hat, nur weil sie schnelles Geld machen wollte und dabei jemanden der keine Ahnung von Zucht hat übers Ohr gehauen hat. Womöglich überlebt die Stute die Geburt nicht einmal und schnell würde man sie, Yasraena, als unseriös abstempeln, was wiederum zur Folge haben könnte, dass Kundschaft abspringt und das wo das Geschäft mit dem Hengst gerade erst zu rollen beginnt. Dieses Risiko wird Yasraena gewiss nicht eingehen und so erkundigt sie sich höflich nach der Stute: „Vielleicht mögt ihr mir, wenn ihr tatsächlich Interesse haben solltet, eure Stute einmal zeigen.“ Mit einem honigsüßen Lächeln ergänzt sie: „Solltet ihr meinem Urteil nicht recht trauen – was ich sehr gut nachvollziehen kann – könnt ihr euch auch jederzeit gerne weitere Meinungen einholen. Vielleicht mögt ihr selbst den Waldhof einmal besuchen. Kea ist wahrlich sehr freundlich und eine Schmiede hat sie oben drein  und womöglich kann sie euch da auch etwas zu sagen.“ Yasraena weiß nicht ob es okay ist, Kea hier zu erwähnen. Aber wenn die Schmiedin dadurch Kundschaft bekäme, könnte daran ja nichts schlechtes sein und warum ihr nicht ein wenig Kundschaft beschaffen, wo sie immerhin derzeit ihre größte Kundin ist und weitere Geschäfte mit Kea durchaus möglich sind.

Doch nun hat Yasra wahrlich genug der Worte über Kea verloren und geht wieder auf die Lady welche ihr gegenüber sitzt ein: „Nun, mein Angebot kommt für euch sicher sehr überraschend und wenn ihr euch nicht jetzt gleich entscheiden wollt, so kann ich das nur zu gut verstehen. Lasst euch Zeit und überdenkt mein Angebot in Ruhe, wann immer ihr euch entschieden habt, könnt ihr mich in der goldenen Harfe aufsuchen.“ Nach einer kurzen Pause ergänzt sie noch in verschwörerischem Ton und mit einem schelmischen Augenzwinkern: „aber wisset, dass Shunj’anar im kommenden Sommer am Shenrahrennen teilnehmen wird. Sollte er tatsächlich gewinnen, würde es die Deckgebühr selbstredend in die Höhe treiben.“ Sie will Aurian damit keinesfalls zu einer Entscheidung drängen, sondern lediglich verdeutlichen, dass sie nicht zu lange darüber nachdenken solle.


Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 05. Feb. 2010, 11:45 Uhr
Die unerwartete Besucherin – Yasraena ale'Hanrael mit Namen – neigt leicht den Kopf und lächelt erfreut über Cináeds Vorschlag ihren Hengst für die Dauer ihres Aufenthalts auf Glyn-y-Defaid an einem wärmeren Ort als dem kalten, verschneiten Hof unterzubringen und Aurian und ihr derweil das Kaminzimmer zu überlassen. »Das ist sehr großzügig von Euch«, entgegnet sie höflich. »Wenn Euch dies keine Umstände macht, wäre es wirklich sehr nett.... Habt Dank dafür.« Cináed erwidert ihr freundliches Lächeln mit einem knappen Kopfnicken und verschwindet mit einem kurzen „Nicht der Rede wert“ auf den Lippen, durch die Eingangstür hinaus auf den Hof, nachdem er seinen Mantel angelegt hat. Die die beiden Damen begeben sich unterdessen ins Kaminzimmer begeben, um Yasraenas Angebot mit dem Deckhengst genauer zu erörtern.

Der Hochelb streicht sich ein paar wirre Haare aus dem Gesicht und geht zu dem Cul-Pferd hinüber. Es ist ein prächtiges, nachtschwarzes Tier, dem das edle Feuerblut deutlich anzusehen ist. Wie kommt eine gewöhnliche Magd in den Besitz eines solchen Pferdes? Die Frage drängt sich dem Hochelben beim Anblick des stolzen Hengstes förmlich auf und er runzelt nachdenklich die Stirn. Glaubt man den Gerüchten in der Stadt, dann fließt zu einem Teil Shebarûcblut in den Adern der bleichen Elbenfrau mit den eisblauen Augen. Das wiederum würde bedeuten, dass sie vermutlich im heißen Süden der Immerlande aufgewachsen ist. Dennoch bleibt weiterhin die Frage bestehen, wie sie ausgerechnet in den Besitz eines Pferdes der Cul-Beduinen gelangt ist...?! Mit ein paar geübten Handgriffen bindet er den Hengst los und führt ihn dann über den Hof hinüber zu den Stallungen. „Ruhig“, raunt er Shunj'anar zu, um das nervös schnaubende Tier zu besänftigen. „Ganz ruhig.“ Der Cul-Hengst wirkt zwar eher neugierig und furchtlos, trotzdem ist Cináed ein Fremder für das Pferd und er will es nicht erschrecken.

Während er neben dem Tier durch den Schnee stapft, kommt dem Herrn von Glyn-y-Defaid ein anderer Gedankengang in den Sinn. Mittlerweile erscheint es ihm etwas voreilig, Aurian und Yasraena miteinander bekannt gemacht zu haben. Und er fragt sich, wieso er überhaupt zu der Annahme gelangt ist, dass die junge Lady de Winter an einem Geschäft, wie Yasraena ale'Hanrael es vorschlägt, interessiert sein könnte. Er stellt fest, dass er bisher einfach immer davon ausgegangen ist, dass Aurian mehrere Pferde ihr eigen nennt, groß genug wären die Stallungen ihres Anwesens dafür schließlich allemal, aber andererseits...
...hat der Hochelb die junge Gardemagierin noch nie auf einem anderen Tier als der fröhlichen Ponystute Dikta reiten sehen, und seine Zweifel nehmen mehr und mehr zu. Doch dann schiebt er seine Bedenken beiseite, die beiden Frauen werden dies zweifelsohne untereinander klären. Er öffnet das Tor zum Pferdestall und führt den Cul-Hengst hinein. „Liam?“, ruft er seinen Pferdekecht herbei, welcher sogleich aus dem hinteren Teil der Stallungen herangeeilt kommt. Mit großen, bewundernden Augen bleibt der Bursche vor dem Cul-Pferd stehen, ein vergleichbares Tier hat er in seinem ganzen Leben noch nicht aus solcher Nähe zu Gesicht bekommen. „Wir haben Besuch... Das ist Shunj'anar“, erklärt Cináed dem Knecht lächelnd. „Reib' ihn ordentlich trocken und kümmere dich gut um ihn bis seine Herrin uns wieder verlässt.“ Liam nickt und greift nach den Zügeln, die der Hochelb ihm entgegenhält. „Ja, min Herr“, antwortet er, die Verzückung in seiner Stimme ist nicht zu überhören.

Schmunzelnd wendet Cináed sich von Knecht und Cul-Hengst ab, um die Stallungen wieder zu verlassen, doch ein leises Schnauben lässt ihn innehalten. Áed, die hübsche Arloner Bernsteinfuchsstute, sieht ihn aus ihrer Box mit großen, wissenden Augen an – sie ist das letzte auf Glyn-y-Defaid geborene Arloner Fohlen seit Cináeds verstorbene Frau Tara ihre kleine Zucht aufgeben musste. Der Hochelb hält dem durchdringenden Blick der dunklen Stutenaugen stand. Tara hätte keinen Augenblick lang gezögert, stellt er fest, als sein Blick kurz zu Shunj'anar hinüberschweift. Sie hätte sich diese Gelegenheit unter keinen Umständen entgehen lassen... Cináed selbst ist kein sonderlich begeisterter Reiter, doch seine Frau war es dafür umso mehr. Für die Möglichkeit ein ausgezeichnetes Reit- und Jagdpferd zu züchten, hätte sie fast alles getan. Pferde waren ihre Leidenschaft. Das vollkommene Reit- und Jagdpferd ihr größter Traum, erinnert sich der Hochelb wehmütig. Nicht die Schafzucht. Nur schwer kann er das impulsive Verlangen unterdrücken mit Yasraena zu sprechen, um Taras größten Herzenswunsch doch noch wahr werden zu lassen.
Entschlossen reißt er sich von dem Anblick der Pferde los und verlässt den Stall, um zum Haupthaus zurückzukehren. Mit langen Schritten überquert er den Hof, geht diesmal aber nicht zum Haupteingang des Hauses hinüber, sondern begibt sich zur Hintertür, die geradewegs in die Küche führt.

Dort angelangt, hält er sich nicht lange damit auf Gwyns und Únas neugierige Fragen zu beantworten, sondern lässt Nara ein Tablett mit Bechern, Glühwein, Julbrot und anderem Naschwerk herrichten, während er selbst kurz in die Eingangshalle eilt, um seinen Mantel abzulegen. Nachdem er zurück ist und nimmt er der Magd dankend das Tablett ab.
Anschließend begibt sich Cináed damit dem vollen Tablett zu den beiden Damen ins Kaminzimmer, wo er gerade noch mitbekommt, wie Yasraena sagt: »...aber wisset, dass Shunj'anar im kommenden Sommer am Shenrahrennen teilnehmen wird. Sollte er tatsächlich gewinnen, würde es die Deckgebühr selbstredend in die Höhe treiben.« Interessiert tritt er näher. „Ihr wollt Eurern Hengst beim Shenrahrennen antreten lassen? Werdet Ihr ihn selbst reiten?“ Lächelnd stellt er das Tablett auf dem Speisetisch ab. „Glühwein, Julbrot und sonstiges Naschwerk, bitte bedient Euch doch.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 09. Feb. 2010, 09:38 Uhr
Apfelgribs lauscht dem Gespräch der beiden Frauen mittlerweile nur mehr halbherzig. Pferde…Rennen…Hengst…alles langweiliger Großleutkram. Das Irrlicht rümpft das Näschen. Pferde sind ihm sowieso suspekt, kriegen diese Langbeindinger doch immer (oder meistens) die Panik, wenn ein Irrlicht versucht, sich hinter die flauschigen Ohren zu setzen. Sein Onkel Blattlord hat erzählt, dass seine Cousine mütterlicherseits eine Freundin hatte, eine Wacholderirgendwas, deren Mann bei so einem Abenteuer beinahe zertrampelt worden wäre! Wenn das kleine Wesen gewusst hätte, um was es hier geht, es wäre bei seinen neuen Freunden in der Küche geblieben: Dort war es viel interessanter – und es gibt dort Honigmilch! Als hätten die Götter Apfelgribs Verzweiflung erkannt, geht in diesem Moment die Tür auf und das andere Langbein, Cináed kommt mit einem vollen Tablett herein. Das Irrlicht nutzt die Gelegenheit und huscht zur Tür hinaus und durch die Halle. Die Küchentür ist Gott sei Dank nur angelehnt und schon sitzt es wieder auf Ùnas Schulter. >Wer ist das, was ist los? < wollen die Kinder wissen, immerhin platzen sie schon vor Neugierde. Apfelgribs streckt sich und schielt erst mal zum Tisch. „Nix interessantes…irgendso eine Elbe, die einen Hengst hat und Aurian noch eines aufschwatzen will, also ein kleines Babypferd für das Fleckpony! Fades Erwachsenengerede!“ Gwyn und seine Schwester sehen sich ratlos an. Aus den Erzählungen des Irrlichtes werden sie nicht recht schlau. >Und sonst nichts? < fragen sie noch al nach. Das kleine Wesen schüttelt den Kopf. „Nein nix sonst…außer dass die Yasrairgendwas ganz komische weiße Haare und komische Augen hat und überhaupt total weiß ist…ob die keine Sonne mag?“ Sehnsüchtig schielt es zum Tisch und dem Krug mit der Honigmilch. Ùna versteht sofort und schnell ist der Wunsch nach dem süßen Getränk erfüllt. Weil aber jeder Becher für das Irrlicht zu groß ist, muss ein Fingerhut der alten Cath als Ersatz herhalten – ein Umstand der der Frau ein gütiges Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Im Kaminzimmer erzählt Yasraena Aurian gerade, dass sie beabsichtigt, ihren Hengst beim Shenrahrennen starten zu lassen. Die Magierin knabbert an einem der Kekse, während sie sich alles, was mit einer etwaigen Paarung ihrer Dikta und dem Culhengst zu tun hat, noch einmal durch den Kopf gehen lässt. >Werdet Ihr ihn selbst reiten? < Cináeds Frage reißt sie aus den Gedanken. Der Elb hat sich zu ihnen vor den Kamin gesetzt und streckt die langen Beine von sich. Er sieht gut aus! Ich frage mich, wie viele Mädchen nachts wohl von ihm träumen! Und er scheint es nicht einmal zu merken…oder will er es nicht merken? In den letzten Wochen war sowas wie eine Freundschaft zwischen ihnen entstanden doch über persönliche Dinge oder vergangene Erfahrungen reden sie wenig. Eine gewisse Distanz ist nachwievor da, jeder hat seine Geheimnisse, die dem anderen verborgen bleiben. Manchmal hat Aurian allerdings das Gefühl, dass irgendetwas an Cináed ist, was … irgendwie anders und doch vertraut ist. Allerdings ist sie noch nicht dahinter gekommen, was es sein könnte. Der Blick der Magierin wandert zu der Besucherin. Obwohl sie recht nett und höflich ist, wirkt sie auf die Halbelbe auch irgendwie kalt und unnahbar. Bei der Frage des Gutsherrn, ob sie selbst reiten würde, schleicht sich dann aber doch ein Lächeln in ihr Gesicht, das allerdings ihre Augen nicht zu erreichen scheint.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Yasraena am 09. Feb. 2010, 12:40 Uhr

Gerade als Yasraena der Lady de Winter erklärt, dass Shunj’anar am Shenrahrennen teilnehmen soll, gesellt sich auch der Herr des Hauses wieder zu den beiden Damen: >Ihr wollt Euren Hengst beim Shenrahrennen antreten lassen? Werdet Ihr ihn selbst reiten?< Ein Lächeln macht sich bei dieser Frage auf Yasraenas Gesicht breit, als sie schlicht erwidert: „So ist es!“ Der Herr von Glyn-y-Defaid stellt derweil ein Tablett mit Glühwein und Naschwerk auf dem Speisetisch ab. Yasraena ist nicht zum ersten Mal ob das Verhalten des Gutsherrn erstaunt. Obgleich er reich und sehr vornehm scheint, hat er das Tablett selbst hineingetragen, anstatt es einer Magd zu überlassen. An und für sich, nicht zwingend ungewöhnlich, doch hat sie vom ersten Eindruck Herr den Elben so nicht eingeschätzt. >„Glühwein, Julbrot und sonstiges Naschwerk, bitte bedient Euch doch.< bietet der Elb nun seine Mitbringsel an und vom langen Ausritt durchfroren und auch ein wenig hungrig, bedankt sich Yasraena: „Habt Dank,“ und greift auch schon nach einer der köstlich duftenden Glühweinbecher.

Einen Moment breitet sich Stille aus und Yasraena nutzt den Augenblick den Gutsherrn genauer zu betrachten. Sowohl das blonde Haar als auch die honigfarbene Haut, lassen einen Hochelben vermuten.
Aber so dunkel wie das blond seiner Haare ist könnte er auch ein Laikeda'ya sein. Die Augenfarbe würde dazu passen rätselt sie weiter über seine Herkunft. Gerne hätte sie ihn gefragt, über seine Herkunft sein Leben hier. Ob er schon immer hier lebt oder die Elbenlande noch kennt. Doch zum Einen möchte sie nicht unhöflich und zu neugierig erscheinen und zum Anderen könnte es unangenehme Gegenfragen aufwerfen, die sie nun wirklich nicht beantworten möchte. Klar, für solche Fälle hat sie immer eine passende Erklärung parat, aber letzten Endes ist es ihr einfach angenehmer solche Themen zu vermeiden. Zumal wohl offen bekannt ist, dass Azra ein Shebaruc-Mischling ist und obgleich Azra über Yasras eigene Herkunft nichts ausgeplaudert hat, so haben doch viele Tavernenbesucher rasch vermutet, dass die zweite Bleich-Elbe ebenfalls das dunkle Erbe in sich trägt und so sind unangenehme Gerüchte entstanden, welche Yasraena so gar nicht Recht sind. Einen Moment noch weilen ihre Gedanken bei sich selbst, ehe Sie diese wieder zu dem Herrn von Glyn-y-Defaid lenkt. Er könnte ebenso gut ein Riatar'ya sein überlegt sie weiter. Der Hautton passt und blond ist auch bei diesen Elben nicht sonderlich selten. Genau genommen kann Yasraena nur eine waldelbische oder silberelbische Herkunft ausschließen. Gut – dass er kein Meerelb oder Blutelb ist, ist auch ersichtlich.

Dann wischt Yasraena die Rätseleien über seine Herkunft auch wieder fort. Was kümmert es sie, welcher Art er angehört. Elb ist Elb. Es gibt nur eine Art, welche verschrien und nicht anerkannt wird, die ihres Vaters. Yasraena nimmt sich ein kleines Stück von dem leckeren Gebäck und versucht sich selbst damit von ihren Gedanken abzubringen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 10. Feb. 2010, 11:26 Uhr
Yasraenas »So ist es« entlockt dem Herrn von Glyn-y-Defaid ein freundliches Lachen. „Meine Frau hätte es genauso gehalten“, meint er, während er das Naschwerk herumreicht und die beiden Frauen sich dankend bedienen. „Sie hat eine kleine Arlonerzucht geführt und ich bin mir sicher, sie hätte nicht lange gezögert ihre Zuchtlinien mit Eurem Shunja'nar zu veredeln.“ Der Hochelb lächelt traurig. „Leider mussten wir die Zucht vor einigen Jahren aufgeben...“ Stille breitet sich aus, während Aurian, Yasraena und Cináed an ihren Glühweinbechern nippen und etwas von dem Julbrot und den anderen Süßigkeiten essen.

Kurz hängt der Elb seinen eigenen Gedanken nach und so entgeht ihm der prüfende Blick seiner beiden Gäste. Weder ist er sich der Wirkung bewusst, die er auf so manches Frauenherz ausübt, noch kommt es ihm in den Sinn, dass seine Herkunft für irgendjemanden von großem Interesse sein könnte. Dem Blute nach mag er zwar ein Shida'ya sein, dem Herzen nach ist er jedoch schon seit sehr langer Zeit ein Illdorer – durch und durch. Und was Frauen anbelangt, ja, die letzten Jahre waren einsam für Cináed und so spielt er durchaus von Zeit zu Zeit mit dem Gedanken sich nach einer neuen Ehefrau umzusehen. Aber der Hochelb will nicht noch einmal der Grund dafür sein, dass eine Frau um seinetwillen ein ähnliches Schicksal erleidet wie Tara, weshalb er Freundschaft der Liebe bisher vorzieht, auch wenn dies für ihn Einsamkeit bedeutet. Der Hochelb lässt sich in einem Sessel nieder, streckt die Beine aus und beobachtet nachdenklich das Flammenspiel im Kamin. Gerade noch rechtzeitig kann er sich davon abhalten, sich vorzubeugen und eine Hand nach den züngelnden Lohen auszustrecken. Hastig wendet er den Blick ab und sieht stattdessen zu Aurian und Yasraena hinüber, die sich miteinander unterhalten.

„Ihr stammt aus dem Süden nehme ich an“, spricht er die Harfenmagd an, als die beiden Frauen sich ihm zuwenden. „Wie seid Ihr zu Eurem Cul-Hengst gekommen, wenn ich fragen darf?“ Cináed lächelt freundlich. „Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, aber hierzulande sieht man Pferde wie das Eure nicht allzu häufig. Verzeiht meine Neugierde.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 10. Feb. 2010, 13:03 Uhr
>Meine Frau hätte es genauso gehalten…< Aurian spürt deutlich Cináeds Wehmut bei diesen Worten. Wie immer wenn das Gespräch auf seine verstorbene Gefährtin kommt. Er muss sie sehr geliebt haben…denkt die Halbelbe bei sich. Sie folgt seinem versonnenen Blick zum Kamin. Es scheint fast, als würde er in den Flammen längst vergangene Zeiten sehen, glückliche Zeiten. Aber da ist noch etwas, etwas was die Magierin nicht in Worte fassen kann. Ein Prickeln, das von Cin ausgeht und das sie schon öfter gespürt hat, vor allem in der Nähe von Feuer und auch nur, wenn er sich unbeobachtet fühlt oder in Gedanken ist.

Aurian wendet sich wieder Yasraena zu. „Ich hoffe ihr seid nicht zu enttäuscht wenn ich mich bezüglich euers Angebots meine Stute mit eurem Hengst zu paaren noch nicht festlegen möchte. Einerseits würde es mich schon reizen, andererseits habe ich, wie bereits erwähnt, in der Pferdezucht keinerlei Erfahrung! Ich werde mir die Sache aber noch einmal durch den Kopf gehen lassen und wenn ich mich für eine Paarung entschieden habe, melde ich mich bei euch in der Harfe. Dann reden wir nochmal. Zögert aber bitte nicht, falls sich andere Optionen für euch eröffnen, wie gesagt, ich bin mir sehr unsicher was das Ganze angeht!“ Ihre Gesprächspartnerin nickt. Ob sie verärgert, enttäuscht oder sonst wie emotional berührt ist, kann Aurian nicht sagen, zu gut sind die Gefühle der Elbe abgeschirmt.

Cináed ist gedanklich wieder zu den beiden Frauen zurückgekehrt und beteiligt sich wieder an der Unterhaltung. Sein Interesse ist ehrlich, soweit kennt Aurian ihn schon und auch sie ist interessiert daran, wie eine einfache Harfenmagd zu so einem edlen Pferd kommt.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Yasraena am 10. Feb. 2010, 20:26 Uhr
Als Yasraena bestätigt, dass sie ihren Hengst selbst zum Shenrahrennen reiten wird, erwidert der Elb mit wehmütiger Stimme, welche nicht recht zu seinem freundlichen Lächeln passen will, dass seine Frau es genauso gehandhabt hätte. Danach reicht er das Naschwerk herum, als ob er ein wenig von seiner Traurigkeit ablenken wollen würde.  Yasraena greift dankend zu. Und das nicht nur, um seiner Ablenkung nachzugehen sondern vielmehr deswegen, weil die Knabbereien einfach zu köstlich aussehen und noch viel besser riechen. Auch die Lady de Winter lässt sich die Leckereien nicht zweimal anbieten und greift beherzt zu. > Sie hat eine kleine Arlonerzucht geführt und ich bin mir sicher, sie hätte nicht lange gezögert ihre Zuchtlinien mit Eurem Shunja'nar zu veredeln.< erzählt der Herr von Glyn-y-Defaid von seiner Frau. Doch diesmal wirkt sein Lächeln nur noch halb o freundlich, sondern viel mehr zeugt es von wehmütiger Trauer. >Leider mussten wir die Zucht vor einigen Jahren aufgeben...< führt er weiter aus und Yasraena weiß nicht Recht was sie erwidern soll, denn nachfragen was geschehen ist, wäre sicher mehr als unangebracht. Doch der Elb scheint in seine eigenen Gedanken vertieft und die beiden Damen kaum mehr wahrzunehmen. Die bedrückende Stille in dem Raum, wird nur noch von dem gelegentlichen Knuspern von Gebäck unterbrochen. Dann unterbricht Aurian diese Stille: >Ich hoffe ihr seid nicht zu enttäuscht wenn ich mich bezüglich euers Angebots meine Stute mit eurem Hengst zu paaren noch nicht festlegen möchte. Einerseits würde es mich schon reizen, andererseits habe ich, wie bereits erwähnt, in der Pferdezucht keinerlei Erfahrung! Ich werde mir die Sache aber noch einmal durch den Kopf gehen lassen und wenn ich mich für eine Paarung entschieden habe, melde ich mich bei euch in der Harfe. Dann reden wir nochmal. Zögert aber bitte nicht, falls sich andere Optionen für euch eröffnen, wie gesagt, ich bin mir sehr unsicher was das Ganze angeht!<

Yasraena winkt ab: >Macht euch darüber keine Sorgen, Lady de Winter. Ich kann gut verstehen, dass ich euch ein wenig überrumpelt habe, vor allem, wenn ihr selbst bisher gar nicht an eine Zucht gedacht habt. Solltet ihr es euch je anders überlegen. Ihr wisst wo ihr mich finden könnt!“ Yasraena lächelt der Halbelbe freundlich und aufmunternd entgegen, auch wenn Yasraena nicht davon ausgeht, dass Aurian es sich anders überlegen wird, geht sie doch davon aus, dass Aurian vielleicht darüber reden könnte und vielleicht würden alsbald andere Interessenten in der Harfe vorbei schauen. Das wäre mindestens genauso viel Wert. Wichtig ist, dass es sich in Talyra herumspricht, dass in der goldenen Harfe ein Cul-Deckhengst steht.

Nun scheint auch der Herr von Glyn-y-Defaid wieder aus seiner Gedankenwelt aufgetaucht zu sein und versucht seinerseits seiner Neugier Ausdruck zu verleihen: >Ihr stammt aus dem Süden nehme ich an.<
Yasraena nickt: „aus den Elbenlanden um genau zu sein. Aber diese habe ich schon vor etlichen Jahren verlassen und auf einem Hof nahe der Mondtore gelebt. Wie sieht es mit euch aus? Lebt ihr schon lange hier?<

>Wie seid Ihr zu Eurem Cul-Hengst gekommen, wenn ich fragen darf?< platzt es auch schon neugierig kurz darauf aus dem Elb heraus. Eher er sich besinnt und nach kurzer Pause ergänzt: >Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, aber hierzulande sieht man Pferde wie das Eure nicht allzu häufig. Verzeiht meine Neugierde.<

„Es ist schon in Ordnung.“ Beruhigt Yasra den Elb und denkt sich: Was glaubt er? Das ich es womöglich geklaut habe? … Wahrlich eine einfache Magd kann sich ein solches Tier niemals leisten..
„Nun der Hengst hat der Frau des Gutsherrn gehört, auf dessen Hof ich gelebt und gearbeitet habe.“ Beginnt sie ihre Erzählung.  „Ich glaube er hat sehr lange gespart um ihr diesen Traum verwirklichen zu können. Sie wollte in die Pferdezucht einsteigen und ein Cul war immer ihr größter Traum. Er selbst hatte vorher reine Arbeitstiere. Er war Landwirt, müsst ihr wissen. Für ihn waren Pferde gut, die kräftig und ausdauernd genug für den Acker sind. Er hatte sich nie für ein solch schönes und edles Pferd interessiert. Doch seine Frau, sie liebte Pferde schon immer und da er sie über alle Maße geliebt hat, arbeitete er hart und emsig um ihr den Traum eines solchen Zuchthengstes zu erfüllen.  Leider verstarb sie nur wenige Jahre danach und der Landwirt konnte die Anwesenheit des Pferdes kaum mehr ertragen, so sehr schmerzte ihn der Verlust.“ Yasraena bemerkt, wie die tiefe Trauer in die Mimik des Elben zurückkehrt. [i]Das war wahrlich nicht gut überlegt ihm ausgerechnet diese Geschichte zu erzählen, aber er selbst hat nach der Herkunft des Pferdes gefragt.[i] Vermutlich bereut der Elb seine Neugier längst und als sich erneut bedrückende Stille auszubreiten beginnt, fährt Yasraena fort: „Nun wie dem auch sei. Ich kümmerte mich seither um den Hengst und als ich von Talyra erfuhr und den Hof verlassen wollte, bot er mir das Pferd zu einem Preis an, den ich wahrlich nicht ausschlagen konnte und so ist Nachtschatten, wie er vorher genannt wurde gegen gutes Gold, in meinen Besitz übergegangen. Ich selbst hatte mir immer schon angewöhnt seinen Namen ins elbische zu übertragen und ihn immer mit Shunj’anar angesprochen, so dass der Klang des neuen Namens ihn nicht weiter gestört hat.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 12. Feb. 2010, 11:23 Uhr
Yasraena beantwortet Cináeds Frage mit einem Kopfnicken. »Aus den Elbenlanden, um genau zu sein«, fügt sie hinzu. »Aber diese habe ich schon vor etlichen Jahren verlassen und auf einem Hof nahe der Mondtore gelebt. Wie sieht es mit Euch aus? Lebt Ihr schon lange hier?« Nun ist es an dem Hochelben zu nicken. „Ja“, entgegnet er freundlich. „409 kam ich nach Talyra, 413 trat ich in Dienste des alten Gutsherrn von Glyn-y-Defaid... seither lebe ich hier.“ Der neue Herr von Glyn-y-Defaid lächelt, überlässt alle weiteren Rechnereien den beiden Damen und erkundigt sich stattdessen lieber nach dem Cul-Hengst, dem ganz selbstverständlich sein Interesse gilt, immerhin ist  Yasraena ale'Hanrael überhaupt nur aufgrund des Pferdes auf seinen Hof gekommen. Als die Elbe ihm antwortet, ist er daher ein wenig überrascht, als er hinter ihrer beruhigenden Entgegnung »Es ist schon in Ordnung« einen winzigen Hauch von Verstimmung (oder ist es gar Verärgerung?) zu verspüren meint. Was hat sie denn erwartet? Ich bin gewiss nicht der Erste von dem sie diese Frage zu hören bekommt...
Das, was Yasraena Aurian und ihm gleich darauf erzählt, ist schlicht und einfach – und ähnelt auf so frappierende Art und Weise Cináeds eigener Geschichte, dass es sein eigenes Unbehagen unwillkürlich verstärkt. Als er die Elbenlande verließ, war er noch viel zu jung, als das sich die Abneigung seines Volkes gegen die Blutelben sonderlich tief in ihm eingegraben konnte und er verachtet Blutelben bei weitem nicht so sehr wie dies andere seines Volkes tun. Der Hochelb zweifelt mittlerweile allerdings auch nicht mehr daran, dass Yasraena ein ähnliches Erbe Besitz wie Lady Azra. Doch dort wo Azra gegenüber nahezu jedermann stets Güte und offene Herzlichkeit verströmt, vermittelt Yasraena ale'Hanrael nur zurückhaltende Freundlichkeit, die ihre kalten, eisblauen Augen jedoch nicht erreicht. Für einen kurzen Moment keimt in Cináed daher der unschöne Verdacht, die Elbe könnte ihm ihre Geschichte ganz bewusst aufgetischt haben. Dass sie zumindest nicht der vollen Wahrheit entspricht, dessen ist er sich beinahe sicher. Er schiebt seine unfreundlichen Gedanken jedoch sogleich wieder beiseite. Die Magd lebt und arbeitet noch nicht lange in Talyra und auch wenn er ein Geschäftspartner Borgils ist, so bedeutet dies noch lange nichts, dass sie schon einmal etwas über ihn (und seine verstorbene Frau) gehört hat.

Betretenes Schweigen setzt ein und die Harfenmagd merkt rasch an: »Nun wie dem auch sei. Ich kümmerte mich seither um den Hengst und als ich von Talyra erfuhr und den Hof verlassen wollte, bot er mir das Pferd zu einem Preis an, den ich wahrlich nicht ausschlagen konnte und so ist Nachtschatten, wie er vorher genannt wurde gegen gutes Gold, in meinen Besitz übergegangen.« Cináed lächelt und als er zu sprechen beginnt, deutet nichts daraufhin, dass er möglicherweise irgendwelche Vorbehalte oder gar Misstrauen hegt. „Das ist eine hübsche kleine Geschichte“, meint er höflich. „Doch der Hauptgrund für meine Frage war eigentlich ein anderer... Mich interessiert vielmehr die Herkunft des Hengstes, aus welcher Zucht er stammt und so weiter.“ Er sieht Yasraena freundlich an. „Aber nachdem was Ihr uns gerade berichtet habt, muss ich wohl annehmen, dass Ihr darüber nicht sehr viel wisst, oder?“ Fragend erwidert er den Blick ihrer eisblauen Augen. Es wundert den Herrn von Glyn-y-Defaid ein wenig, dass sie bisher nicht von selbst darauf zu sprechen gekommen ist, immerhin sind genau dies die Dinge, die jeden umsichtigen Züchter als Erstes interessieren dürften... und nicht irgendeine rührselige (wenn auch – zugegebenermaßen – äußerst hübsche) Liebesgeschichte. Oder wie viel Gold wann, wo und weshalb den Besitzer gewechselt hat, denn das Yasraena den Cul-Hengst womöglich auf unlautere Weise in ihren Besitz gebracht hat, wollte der Hochelb ihr mit seiner Frage ganz gewiss keinesfalls unterstellen.
»Ich selbst hatte mir immer schon angewöhnt seinen Namen ins Elbische zu übertragen und ihn immer mit Shunj'anar angesprochen, so dass der Klang des neuen Namens ihn nicht weiter gestört hat«, erklärt die Elbe derweil wie das stattliche Tier zu seinem Namen gekommen ist. Cináed nickt zustimmend. „Ich habe mir Euren Shunj'anar genauer angesehen und dieser Rufname passt durchaus, denn schwarz wie die Nacht ist er zweifelsohne... Es ist bedauerlich, dass so ein schöner Name bei unserem Volk solch einen bitteren Beigeschmack erhalten hat.“ Der Hochelb blickt von einer Frau zur anderen. „Ihr kennt die Erzählung gewiss, nehme ich an.“ Erheiterung schleicht sich in seine Stimme und er muss unvermittelt auflachen. „Als Kind habe ich sie geliebt... Ich habe mich stets entsetzlich gefürchtet, und dennoch wurde ich nie müde sie immer und immer wieder von neuem zu hören – Shunjanar, das Schattenherz.“

Der Herr von Glyn-y-Defaid erhebt sich aus seinem Sessel und rückt ein paar Schritte vom prasselnden Kaminfeuer ab. Das leise Knistern lässt ihn in Aurians Anwesenheit unruhig werden. Mittlerweile kennt Cináed die Halbelbe recht gut und vertraut ihr zumindest soweit wie dies eben geht. Doch sie ist nun einmal auch eine Magierin – und denen, das hat den Hochelben die Erfahrung gelehrt, sollte jemand wie er unter keinen Umständen allzu großes Vertrauen schenken.
Seine Gedanken schweifen ab. „Woher aus den Elbenlanden genau stammt Ihr, Yasraena? Womöglich aus dem Grünen Tal?“, erkundigt er sich unvermittelt hoffnungsvoll. „Ich bin schon so lange aus der Heimat fort... Ich lasse mir immer wieder gerne Neuigkeiten berichten, wenn sich die Gelegenheit bietet.“ Cináeds Worten ist anzuhören, dass sie der Wahrheit entsprechen und nicht gewöhnlicher Neugierde entspringen, sondern dem aufrichtigem Bemühen auf irgendeine Art und Weise Anteil an den Geschehnissen in der fernen Heimat zu nehmen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Yasraena am 17. Feb. 2010, 14:52 Uhr
Nachdem Yasraena erzählt hat, wie sie an den Hengst gekommen ist, entgegnet der Elb:
>Das ist eine hübsche kleine Geschichte. Doch der Hauptgrund für meine Frage war eigentlich ein anderer... Mich interessiert vielmehr die Herkunft des Hengstes, aus welcher Zucht er stammt und so weiter.< Erst jetzt fällt Yasraena auf, dass sie wie so oft zunächst garstige Hintergedanken ihres Gegenübers vermutet hat und ein Hauch von Schamesröte steigt ihr ins Gesicht, als sie kleinlaut antwortet: „Verzeiht, meine Unhöflichkeit. Doch ich hatte angenommen, dass Ihr womöglich vermutet, dass ich…“ kurz zögert sie, ehe sie dem Elb gegenüber ihre Gedanken gesteht: „den Hengst gar auf zweifelhaftem Wege erworben haben könnte, bin ich doch nur eine einfach Magd und nun… Ich dachte, darauf wolltet ihr hinaus… Verzeiht…“ Unsicher huscht ihr Blick zwischen der Lady de Winter und dem Herrn von Glyn-y-Defaid hin und her, unwissend ob es klug war, diese Vermutung zuzugeben oder eher nicht. Doch letzten Endes war es ohnehin offensichtlich, dass ihr die Frage Ungelegen kam – also warum nicht wenigstens erklären warum. Wieder einmal stellt sie fest, dass sie im gesellschaftlichen Umgang trotz ihrer gewählten Umgangsformen und ihrer durchaus höflichen Ausdrucksweise, nicht selten aneckt. Immer wieder neigt sie dazu, in Fragen oder Blicken zunächst etwas Schlechtes zu suchen, anstatt einfach davon auszugehen, dass es so gar nicht immer gemeint sein muss. Für einen Moment fühlt sich Yasraena schrecklich unfähig und sitzt dort wie ein Häufchen Elend, mit noch immer leicht geröteten Wangen und traurigem Blick. Warum nur kann ich nicht sein wie alle Anderen. schießt es ihr durch den Kopf, als ihr wieder einmal auffällt, wie distanziert sie sich gegenüber Anderen verhält. Immer wieder hatte sie sich selbst gesagt, dass alles besser wird. Zunächst sollte alles besser werden, als sie mit ihrer Mutter in die Elbenlande geflohen ist um den Blutelben zu entgehen. Dann lief jedoch alles nicht so wie es sollte, sie war anders und jeder wusste es. Die anderen Kinder waren ihr gegenüber unsicher, wussten nicht recht mit ihr umzugehen und verhielten sich distanziert oder waren ihr gegenüber einfach generell sehr misstrauisch. Als dann noch die ersten Vorfälle passierten, wurde es schlimmer. Die Anderen gingen ihr mehr und mehr aus dem Weg. Selbstreden wären sie nie unfreundlich geworden, aber wahre Freundschaften so wie ihre Cousinen sie hegten, hatte sie nie. Von daher wurde sie zur Eigenbrötlerin, welche sich mehr mit Tieren als mit anderen Elben befasste. Manchmal nahm sie sich ein Pferd und blieb tagelang fort, suchte die Einsamkeit. Aber erfüllend war all dies nicht. Einsamkeit ist kein schöner Begleiter und so entschloss sie sich zu dem Neuanfang und verließ die Elbenlande. Aber auch auf dem Hof änderte sich kaum etwas. Man hegte ihr gegenüber dort keine Vorurteile und besonders Ruwena, die Frau des Gutsherrn war ihr gegenüber immer sehr freundlich, aber nichts desto trotz war sie Angestellte und keine Freundin. Selbst unter den anderen Mägden und Knechten hegte sie keine Freundschaften. Ja - vielleicht kann man doch von einer Freundschaft reden – zwischen Ruwena und ihr – zumindest kam das Ganze einer Freundschaft schon nahe. Und doch, blieb Yasra stets höflich und irgendwie auch immer etwas distanziert. Sie hatte nie gelernt, anderen zu vertrauen oder unbefangen und offen mit ihnen umzugehen und letzten Endes führte es dazu, dass sie sich auch dort eher einsam und verloren fühlte, als Ruwena dann noch starb – wurde die Einsamkeit noch größer – obgleich Yasraena sich nie hätte ausmalen können, wie sehr sie diese Menschensfrau tatsächlich mochte. So wurde der halben Blutelbe erst als Ruwena starb wirklich bewusst, dass sie in ihr eine Freundin gefunden hatte. Gefunden und gleich wieder verloren. Aber es gab kaum Zeit für Trauer, sie musste sich um die Familie kümmern, den Kindern helfen, die Situation zu ertragen, als der Vater in Trauer versunken dazu nicht im Stande war und als dann irgendwann wieder der Alltag einkehrte und die Familie sich bestmöglich von dem Schlag erholt hatte und wieder zusammenwuchs, fühlte sie sich ausgelaugt und gleichzeitig ruhelos. Die Einsamkeit kehrte zurück. Die Kinder hatten wieder ihren Vater und sie selbst fühlte sich, wie so ofrt im Leben – ausgeschlossen- nicht dazugehörend. Und so ließ sie abermals einen Lebensabschnitt hinter sich und zog aus – diesmal nach Talyra – und was änderte sich? Ein halbes Jahr weilt sie nun hier, aber Freunde hat sie noch keine gefunden. Azra ist nett und eine gute Arbeitgeberin, darin besteht kein Zweifel und Yasraena hat auch das eine oder andere Mal mit ihr gescherzt und gelacht, aber jemanden, dem sie sich anvertrauen konnte, der für sie da war und für den sie selbst auch da sein konnte, den gibt es in dem Leben der Elbe nicht und obgleich Azra warmherzig und offen ist, bleibt Yasraena auch ihr gegenüber oft einfach aus Gewohnheit distanziert. Nur hier und da kommt sie wirklich aus sich heraus und so hat Yasraena noch immer mit ihrem Anderssein und ihren Eigenarten, ja und vor Allem der Einsamkeit zu kämpfen. Und, was am Schlimmsten ist, auch hier ist ihre Herkunft scheinbar kein Geheimnis mehr. Gerüchte kursieren und Gerüchte sind oft noch schlimmer als bestätigte Wahrheiten. Sie kreisen, ziehen umher, verändern sich und verformen sich immer weiter, bis sie der Wahrheit nicht mal mehr annähernd gerecht werden und Yasraena weiß nicht, was sie machen soll. Die Gerüchte bestätigen? Sie verleugnen?

Und nun sitzt die Elbe hier im Kaminzimmer des Herrn von Glyn-y-Defaid, knabbert gemeinsam mit der Lady de Winter von den Köstlichkeiten, versucht Konversation zu führen, interpretiert alles fehl und als Ergebnis ist sie so gesellschaftsunfähig wie eh und je. Daran muss sich etwas ändern. beschließt die Elbe. Es kann nicht sein, dass mir dieses Problem durch die ganzen Immerlande folgt und so wischt sie den Kummer fort, der für den Bruchteil eines Momentes ihre Augen feucht glitzern lässt.

>Aber nachdem was Ihr uns gerade berichtet habt, muss ich wohl annehmen, dass Ihr darüber nicht sehr viel wisst, oder?< erkundigt sich der Elb und Yasraena ist wieder um eine feste Stimme bemüht, doch hier und da stockt sie und es ist ihr deutlich anzumerken, wie aufgewühlt sie wirklich ist. Etwas das sie sonst nur all zu schnell hinter einer starren Fassade zu verbergen versucht, wird nun zum Ersten Mal von ihr zugelassen: „Also, ihr habt Recht, über die Herkunft des Hengsten kann ich kaum etwas sagen… Er stammt aus einer Zuchtlinie Azuriens... Es heißt er hätte sogar dieselben Ahnen wie Bairak'Thar, aber ganz ehrlich, das halte ich für ein Gerücht. Zweifelsohne ist er jedoch reinrassig und von gutem Blute, er weist keinerlei Makel auf. Alleine am Körper und selbstredend besonders am Kopf ist zu erkennen, dass er wirklich fehlerfrei dem Rassebild entspricht.“ Dann fügt sie noch hinzu: „Die meisten unserer Kunden hat alleine sein Aussehen und sein Temperament überzeugt. Ihr seid in der Tat der Erste, welcher sich für die genaue Herkunft interessiert. Aber selbstredend habt ihr Recht und gerne würde ich euch Namen aus seiner Zuchtlinie nennen, doch wenn ich es täte müsste ich lügen, denn leider ist mir über seine Herkunft kaum etwas bekannt, wie ihr zu Recht festgestellt habt.“  

Und dann kommen sie auch schon auf den Namen des Hengstes zu sprechen. >Es ist bedauerlich, dass so ein schöner Name bei unserem Volk solch einen bitteren Beigeschmack erhalten hat.< stellt der Herr von Glynn-y-Defaid fest und Yasraena muss zustimmend nicken, als der Elb auch schon fortfährt: >Ihr kennt die Erzählung gewiss, nehme ich an. Als Kind habe ich sie geliebt... Ich habe mich stets entsetzlich gefürchtet, und dennoch wurde ich nie müde sie immer und immer wieder von neuem zu hören – Shunjanar, das Schattenherz.< Nun muss Yasraena Lächeln und für einen Moment glitzern sogar ihre Augen auf und erinnern an die leuchtenden Augen eines kleinen Kindes, das wohlbehütet aufwuchs und deren einzige Aufregung aus einer spannend schönen Geschichte zu bestehen scheint. „Diese Geschichte mochte ich auch sehr – leider wurde sie bei uns zuhause nicht oft erzählt.“  Gerne hätte sie hinzugefügt, dass sie die Geschichte schaurig und unheimlich fand, was einer Lüge sehr nahe gekommen wäre, entschließt sich jedoch nicht weiter zu erläutern, was ihr an ihr gefiel. Sie fand die Geschichte schon immer faszinierend und das obgleich sie das Dunkle wohl besser kennen gelernt hatte, als die Meisten, welche dieser Geschichte lauschen…
>Woher aus den Elbenlanden genau stammt Ihr, Yasraena? Womöglich aus dem Grünen Tal?> durchbricht die Stimme des Elben erneut ihre Gedanken. Also kommt das Thema nun doch auf Ihre Herkunft zu sprechen. Yasraena hat sich viele Lügen für den Fall der Fälle zurecht gelegt und doch ist es ihr gerade einerlei. Immerhin kann er dort nichts von der halben Blutelbe gehört haben, selbst wenn er von dort stammen würde, denn er ist schon seit über 100 Jahren von seiner Heimat fort. „Ich stamme aus den Umlanden  Faêndarthas,“ erklärt sie daher wahrheitsgemäß. Fast schon ist sie versucht von ihrer Familie zu erzählen und dass diese dort schon sehr lange eine namenhafte Pferdezucht betreiben, allerdings wäre das zuviel des Guten. Es könnte sich herumsprechen und vielleicht gibt es hier Elben, welche die Elbenlande noch nicht vor allzu langer Zeit verlassen haben und womöglich von ihrer Familie und damit zweifelsohne auch von ihr gehört haben. Zugegeben, Gerüchte kursieren ohnehin schon, aber Yasraena möchte sich nicht ausmalen, was passiert wenn jemand tatsächlich von den Vorfällen gehört hat. Gut, ihre Familie hat die Sache diskret und verschwiegen behandelt, aber das Eine oder Andere wurde leider doch bekannt. Wenn auch in Ihrer Anwesenheit nie etwas davon erwähnt wurde. >Ich bin schon so lange aus der Heimat fort... Ich lasse mir immer wieder gerne Neuigkeiten berichten, wenn sich die Gelegenheit bietet< erzählt der Elb. Vermutlich erhofft er sich nun von Yasraena einige Geschichten aus der Heimat, doch was könnte sie schon groß von den Elbenlanden erzählen? Klar, er war lange fort, aber sie selbst hat keine Ahnung, wie die Lande vor 100 Jahren waren, daher weiß sie auch nicht was sich verändert haben könnte und demnach wüsste sie auch nicht, was sie erzählen sollte. Was würde ihn wohl interessieren? überlegt sie. Daher entschließt sie sich einfach nachzufragen: „Was wünscht Ihr von den Elbenlanden zu erfahren? Ich weiß nicht Recht, wo ich anfangen soll ohne mich zu sehr in Belanglosigkeiten zu verlieren oder gar über Dinge zu berichten, welche Ihr unlängst von anderen Reisenden erfahren habt.“ Zum ersten Mal an diesem Tage kann man ihr Lächeln als warm bezeichnen und an Aurian gewandt erkundigt Sie sich munter: „Stammt Ihr auch aus den Elbenlanden, Lady de Winter?“ Abwegig ist ihr dies keineswegs, immerhin ist nur offensichtlich, dass es sich um eine Halbelbe handelt, aber auch wenn die meisten Halbelben außerhalb der Elbenlande heranwachsen, hat Yasraena wenige gekannt, welche nach dem unvermeidbaren Tod des menschlichen Elternteils mit dem elbischen Elternteil in die Elbenlande zurückkehrten. Andere sollen sogar dort geboren und bei ihrer elbischen Mutter aufgewachsen sein und Yasraena findet es sehr spannend mehr über diese Halbelbe zu erfahren. Mischungen zwischen den Rassen hatten sie von jeher sehr fasziniert.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 18. Feb. 2010, 14:25 Uhr
Als Cináed seine Frage nach der Herkunft des Hengstes präzisiert, steigt der Elbe eine feine Röte ins Gesicht. Verlegen versucht sie zu erklären, warum sie leicht gereizt auf die Frage reagiert hat. Aurian spürt eine Traurigkeit und Unsicherheit, die zuvor nicht da oder sehr gut abgeschirmt war. Innerlich zieht sie die Augenbraun hoch. Ok so kalt wie sie tut ist sie nicht! Diese Erkenntnis macht ihr die fremde Elbe gleich sympathischer, hat ihre zuvor gezeigte Distanziertheit sie doch ein wenig befremdet. Cináed bringt das Gespräch geschickt in eine andere Richtung. Aurian schielt ihn aus den Augenwinkeln an. Er hat seine Sicherheit nun zur Gänze wiedergefunden und ist wieder ganz der souveräne Gutsherr. Auf seine Frage nach dem grünen Tal weiß Yasraena anscheinend nicht genau, was er gern hören und erfahren würde. Als sie sich aber dann an Aurian wendet, zuckt die Halbelbe zusammen. Stammt Ihr auch aus den Elbenlanden, Lady de Winter? Die Magierin schluckt. Was soll sie nun sagen? Dass sie keine Ahnung hat wer ihre Mutter war? Dass sie nicht mal mit Bestimmtheit weiß, welchem der Elbenvölker sie angehört oder angehört hat? Das ihr dieser Teil ihres Erbes mit Ausnahme der Magie so gut wie fremd ist? Es flackert in ihren Augen und um Zeit zu gewinnen nimmt sie einen Schluck Glühwein. In Talyra weiß jeder, dass sie die Tochter von Lestat de Winter ist, für zu großes Aufsehen hat ihre „Entdeckung“ gesorgt. Von ihrer Mutter kennt sie nur den Namen Eirin und dass sie von ihrer Seite her magisch begabt ist, ist ihr bekannt. Aber ansonsten…Sie hat nie darüber gesprochen, weder in der Steinfaust noch mit einem ihrer wenigen Freunde. Andererseits war sie auch nie danach gefragt worden, zu groß ist die Scheu, in ihrer Vergangenheit zu kramen. Einzig Kea, die Herrin des Waldhofes und ihr Bruder Tiuri, beide Gefährten aus dem Dorf, wo sie bei Zieheltern aufgewachsen war, wissen ein wenig Bescheid – wenn auch nicht viel!

Aurian nimmt noch einen Schluck. Langsam wird es dunkel im Kaminzimmer, nur die Flammen im Kamin geben noch etwas Licht. Cin erhebt sich und zündet einige Kerzen an. Als er zu seinem Sessel zurück geht, treffen sich kurz ihre Blicke. Es war noch nicht nötig gewesen, sie schon zu entzünden und doch hat er ihr damit noch einen weiteren Moment Zeit verschafft, um sich zu fassen. Dankbar nickt sie ihm zu. Dann wendet sie sich an Yasraena. „Ich …ich muss ehrlich gestehen ich weiß nicht wo ich geboren wurde oder wer meine Mutter ist. Einzig ihr Name ist mir bekannt: Eirin. Mein Vater ist Lestat de Winter, Adeliger hier aus Talyra. Er war Offizier in der Steinfaust … …bevor Tallard sein Leben zerstört hat! Ich selbst bin in Sumera in einem kleinen Dorf aufgewachsen, ehe ich nach Talyra gekommen bin um das Erbe meines Vaters anzutreten.“ Entgegen aller Vorsätze muss Aurian schlucken. Sie hat sich eigentlich schon damit abgefunden, nicht zu wissen wer sie war, doch immer wieder scheint die Vergangenheit sie einzuholen und sei es nur in Gestalt harmloser Fragen. Bilder aus vergangenen Tagen ziehen vor ihrem inneren Auge vorbei: Jene Nacht, in der sie herausgefunden hatte, dass sie magisch begabt ist, die Flucht vor dem Dreschflegel schwingenden Mob, die Wochen, in denen sie sich in den Wäldern versteckt hat und schließlich ihre Ankunft in Talyra. Verunsichert nässelt sie an  ihrem Anhänger herum. Eine gespannte Stille macht sich im Raum breit. Keiner weiß so recht was er sagen soll. Nach einer  - wie ihr scheint Ewigkeit und doch sind es nur Augenblicke – hat Aurian sich wieder in der Gewalt. Sie lächelt, etwas verkrampft aber doch, ihr Gegenüber an. „Von meiner elbischen Seite weiß ich so gut wie gar nichts, wie gesagt, nicht einmal mit Bestimmtheit, welchem der Elbenvölker meine Mutter angehört hat! Vermutlich war sie eine Kheleda'ya, eine Silberelbin.“  

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 23. Feb. 2010, 11:41 Uhr
Cináeds Worte treiben Yasraena eine sanfte Schamesröte auf die bleichen Wangen und sie entgegnet hastig: »Verzeiht, meine Unhöflichkeit. Doch ich hatte angenommen, dass Ihr womöglich vermutet, dass ich...« Einen Moment lang zögert sie, bevor sich entschließt den Satz zu Ende zu führen. »...den Hengst gar auf zweifelhaftem Wege erworben haben könnte, bin ich doch nur eine einfach Magd und nun... Ich dachte, darauf wolltet ihr hinaus... Verzeiht...« Der Herr von Glyn-y-Defaid winkt mit einer beschwichtigenden Handbewegung ab. „Ihr müsst Euch nicht entschuldigen“, meint er freundlich und sein Tonfall lässt erkennen, dass er sich keinesfalls beleidigt oder gekränkt fühlt. Immerhin hat die Elbe mit ihrer Vermutung nicht ganz unrecht, der Gedanke ist ihm schließlich durchaus in den Sinn gekommen, auch wenn er ihn aus verschiedenen Gründen recht bald wieder verworfen hat. Cináed sieht Yasraena aufmunternd an, deren Blick verunsichert zwischen ihm und Aurian hin und her huscht. Der Hochelb kann sich nur allzu gut vorstellen, dass sie es vermutlich nicht immer leicht hat mit dem Erbe, das sie in sich trägt. Er hat selbst sehr früh lernen müssen, dass es besser für ihn ist seine wahre Natur zu verheimlichen, doch ist diese immerhin weit weniger leicht durchschaubar als Yasraenas Abstammung.
Es dauert allerdings nur einen kleinen Moment, dann hat sich die Elbe wieder gefasst und gibt ihm und Aurian mit fester Stimme Auskunft, obschon ihre Worte lediglich bestätigen, was Cináed bereits vermutet hat: Über die genaue Zuchtlinie weiß sie bedauerlicherweise rein gar nichts. Der Herr von Glyn-y-Defaid nickt. „Nun, daran lässt sich nichts ändern“, meint er verstehend. „Das ist zwar einerseits ärgerlich, aber andererseits auch keine Katastrophe... Ich werde mir überlegen, ob ich im kommenden Frühjahr womöglich doch noch einmal auf Euer Angebot zurückkomme. Bis dahin ist ja noch etwas Zeit.“ Er kratzt sich nachdenklich das Kinn. Es ist ihm bewusst, dass er nicht unbedingt dem Schönheitsideal entspricht, welches die meisten von seinem Volk haben. Persönlich stört ihn dies wenig, eher das Gegenteil ist der Fall. Der Hochelb empfindet es als äußerst angenehm, sich rein äußerlich weit weniger von seinen ildorischen Mitbürgern zu unterscheiden, als andere Elben dies tun. Die Wahrheit ist, dass er schon so lange auf Glyn-y-Defaid lebt, dass er sich selbst mehr als Herzländer, denn als Shida'ya betrachtet.

Die Erwähnung der Legende von Shunjanar, dem Schattenherz, entlockt Yasraena ein kleines Lächeln, doch geht die Elbe nicht näher auf Cináeds Worte ein. Aus diesem Grunde bleibt die Geschichte an diesem Tag unerzählt, auch wenn der Gutsherr sie ohne lange zu zögern vorgetragen hätte, falls die beiden Damen an seiner Seite ihm nur die gelegenheit dazu gegeben hätten. Stattdessen erkundigt er sich nach ihrer Herkunft und der fernen Heimat und wartet geduldig, was Yasraena ale'Hanrael zu berichten weiß. »Ich stamme aus den Umlanden Faêndarthas«,  gibt die Elbe nach kurzem Überlegen preis. »Was wünscht Ihr von den Elbenlanden zu erfahren? Ich weiß nicht Recht, wo ich anfangen soll ohne mich zu sehr in Belanglosigkeiten zu verlieren oder gar über Dinge zu berichten, welche Ihr unlängst von anderen Reisenden erfahren habt.« Sie wendet sich Aurian zu. »Stammt Ihr auch aus den Elbenlanden, Lady de Winter?«
Cináed bemerkt wie Aurian leicht zusammenzuckt und weiß diese Reaktion sogleich richtig zu deuten. Selbstverständlich ist ihm die tragische Familiengeschichte der de Winters bekannt; Yasraena jedoch ist eine Fremde und vermutlich noch nicht lange genug in der Stadt, um schon einmal davon gehört zu haben. Der Hochelb wirft ihr einen besorgten Seitenblick zu. Langsam wird es dunkler im Raum, zwar ist es noch nicht nötig mit Kerzen für mehr Licht zu sorgen, dennoch erhebt er sich, um eben dies zu tun. Als er schließlich zu seinem Sessel zurückkehrt, sagt ihm Aurians dankbarer Blick, dass ihr diese kurze Aufschub gut getan hat. Aufmunternd sieht er die Gardemagierin an, bevor diese sich Yasraena zuwendet, um deren Frage zu beantworten. »Ich... ich muss ehrlich gestehen ich weiß nicht wo ich geboren wurde oder wer meine Mutter ist. Einzig ihr Name ist mir bekannt: Eirin. Mein Vater ist Lestat de Winter, Adeliger hier aus Talyra. Er war Offizier in der Steinfaust...«, erklärt die Halbelbe bedächtig. »Von meiner elbischen Seite weiß ich so gut wie gar nichts, wie gesagt, nicht einmal mit Bestimmtheit, welchem der Elbenvölker meine Mutter angehört hat! Vermutlich war sie eine Kheleda'ya, eine Silberelbin.«

Eine bedrückende Stille senkt sich über den Raum, die Cináed jedoch rasch beendet. „Und Ihr stammt aus dem Umland Faêndarthas, Yasraena?“, stellt er fest. „Dann seid Ihr also auch eine Shida'ya.“ Ganz bewusst unterlässt er mit seinen Worten jedwede Anspielung auf das Mischlingsblut der Elbe. „Das liegt auf halbem Weg zwischen Cal'anar und Yaêlayrkis, wenn mich nicht alles täuscht, nicht wahr?“ Fragend sieht er die junge Frau an. „Ich selbst stamme aus Muroran... Weiter als bis Carvallen und Lomirion bin ich quasi nie gekommen.“ Der Hochelb lacht amüsiert. Wie weit kommt man schon in siebzehn Götterläufen herum? Nun, danach hatte er freilich einiges gesehen... „Was gibt es Neues von dort zu berichten?“, meint er... und präzisiert. „Aus Lomirion. Wie ist es um unseren Hohen König und das Haus Relavendis bestellt?“ Talyra erreichen bestenfalls Gerüchte und so ist Cináed jede noch so kleine Neuigkeit mehr als willkommen. Zwar gäbe es noch andere Wege, an Informationen zu kommen, doch steht es ihm nicht zu, die Protektorin des Larisgrüns mit derlei banalen Dingen zu belästigen. Ohnehin zieht der Hochelb es vor der Nachfahrin von Goldauge Thaylon lieber aus dem Weg zu gehen, obschon Niniane als Angehörige des Hauses Relavendis vermutlich häufiger (und regelmäßiger) Kunde aus den Elbenlanden erhält als er.
Der Blick des Hochelben wandert hinüber zu den Fenstern. Mittlerweile ist der Abend hereingebrochen, die Dunkelheit zieht rasch herauf und auch zu Pferd ist es noch ein weiter Weg zurück bis nach Talyra. Zwar ist das Umland sicher wie es eben sein kann, doch wird es trotzdem allmählich Zeit für den Aufbruch. Er sieht wieder zu den beiden Frauen hinüber. Immerhin können Aurian und Yasraena gemeinsam zur Stadt zurückreiten, wobei noch die Frage ist, ob das muntere Pony der Gardemagierin mit dem feurigen Hengst der Harfenmagd auf Dauer Schritt halten kann. Ein leichtes Schmunzel schleicht sich auf Cináeds Lippen. Wie er Dikta kennen gelernt hat, wird die kleine Stute es als Herausforderung nehmen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Yasraena am 23. Feb. 2010, 18:44 Uhr
Obgleich Yasraena dem Herrn von Glyn-y-Defaid keinerlei Auskünfte über die Herkunft des Hengstes erteilen kann, teilt dieser ihr mit, dass er es sich überlegt, ob er nicht im kommenden Frühjahr doch noch auf ihr Angebot zurückkommt. Mit diesen Worten keimt ein Hauch Hoffnung in Yasraena auf, als ihr bewusst wird, dass sie für das kommende Jahr bereits mehrere Interessenten sowie eine feste Kundschaft hat. Das erste Jahr in Talyra verspricht durchaus erfolgreich zu werden. Vielleicht war der Umzug doch nicht die schlechteste Idee?

Dann plaudern sie ein wenig über die Elbenlande und als Yasraena sich bei der Halbelbe nach ihrer Herkunft erkundigt, zögert die Lady de Winter und der Herr des Hauses zündet einige Kerzen an. Yasraena entgeht nicht, dass es der Halbelbe Unbehagen bereitet über das Thema zu reden und schon bereuht Yasraena überhaupt eine solche Frage gestellt zu haben. Immerhin weiß sie selbst wie schwer es ist über Vergangenheiten zu reden, vor Allem wenn diese Vergangenheiten unschön sind, wie ihre eigene. Schon will sie der Lady zu verstehen geben, dass sie nicht antworten braucht, als Aurian aber bereits zu erzählen beginnt: >Ich …ich muss ehrlich gestehen ich weiß nicht wo ich geboren wurde oder wer meine Mutter ist. Einzig ihr Name ist mir bekannt: Eirin. Mein Vater ist Lestat de Winter, Adeliger hier aus Talyra. Er war Offizier in der Steinfaust … Ich selbst bin in Sumera in einem kleinen Dorf aufgewachsen, ehe ich nach Talyra gekommen bin um das Erbe meines Vaters anzutreten…….. Von meiner elbischen Seite weiß ich so gut wie gar nichts, wie gesagt, nicht einmal mit Bestimmtheit, welchem der Elbenvölker meine Mutter angehört hat! Vermutlich war sie eine Kheleda'ya, eine Silberelbin.<

Yasraena scheint es, ob der Tatsache, dass Aurian nicht gern darüber sprechen möchte, als stecke mehr dahinter. Sie selbst kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass es schwer sein kann, nichts über einen der Elternteile zu wissen. Zudem denkt sie das Zieheltern deutlich besser sind, als manch ein leiblicher Elternteil. Sie zumindest hätte alles für eine andere Kindheit gegeben. Auch würde sie alles dafür geben ihren Vater nie kennen gelernt zu haben. Aber bei ihr liegen die Dinge anders. Sie kannte ihren Vater und sie wusste um ihrer Abstammung, was ihre Situation kaum angenehm macht. Andererseits, wäre es wirklich so viel besser, nicht über seine Wurzeln zu wissen? Sich ständig Fragen zu stellen? und mit einem Mal bekommt die Elbe doch ein wenig Mitleid mit der dunkelhaarigen Frau. Andererseits.. ich könnte mir Schlimmeres vorstellen als das Erbe eines Adeligen anzutreten, was vermutlich mit nicht gerade wenig Reichtümern verbunden ist. überlegt sie weiter. Bestimmt ist da mehr… Doch darüber scheint sie nicht reden zu wollen und wer bin ich in der Vergangenheit Anderer zu stochern, wo mir schon meine Eigene solch Unbehagen bereitet. Aurian scheint ob ihrer Vergangenheit jednefalls ebenso traurig, wie Yasra es ob ihrer eigenen gerade eben auch noch war und so legt sich bedrückende Stimme über die kleine Gesellschaft.

>Und Ihr stammt aus dem Umland Faêndarthas, Yasraena?< bricht der Herr des Hauses das betroffene Schweigen. >Dann seid Ihr also auch eine Shida'ya< stellt er kurz darauf fest. Yasraena nickt mit einem aufrichtigen Lächeln. Sie weiß nicht, ob die Gerüchte ihn erreicht haben, zumindest aber ist sie erleichtert dass er auf diese nicht weiter eingeht und einzig ihre mütterliche Herkunft erwähnt. > Das liegt auf halbem Weg zwischen Cal'anar und Yaêlayrkis, wenn mich nicht alles täuscht, nicht wahr?< erkundigt er sich und die Elbe erwidert mit einem Lächeln „Stimmt genau!“ Dann fährt er fort, über seine Herkunft zu berichten >Ich selbst stamme aus Muroran... Weiter als bis Carvallen und Lomirion bin ich quasi nie gekommen.< Yasraenas Blick wird ein wenig verträumt als sie sich das Meer vorstellt: „Die Bucht von Carvallen soll ein wahrlich schöner Ort sein! Ich selbst war leider nie dort.“ Überhaupt kennt sie die Küstenregionen der Elbenlande nicht, dennoch hat sie sich das Meer immer wunderschön vorgestellt. Sie hatte Bilder gesehen, in dem Anwesen ihrer Familie, auf welchem Pferde über den strand galoppierten, ihre Hufe vom Glanz des schäumenden Wassers umspült und immer hatt sie sich gewünscht einmal dort zu reiten, wo die Pferde auf dem Gemälde galoppierten. >Aus Lomirion. Wie ist es um unseren Hohen König und das Haus Relavendis bestellt?< erkundigt er sich. Yasraena nickt und jetzt wo sie weiß, was sein Interesse weckt, beginnt sie zu erzählen: „Es heißt, der hohe König stehe in Kontakt mit einigen Königen der Menschen. Hier und da wird sogar gemunkelt, er plane Könige oder gar gelehrte in die Elbenlande einzuladen. Hier und da tauchten solche Gerüchte auf, aber letzten Endes scheint niemand etwas genaueres zu wissen, daher weiß ich nicht wie viel Wahrheit in den Erzählungen steckt.“ Meist ist an gerüchten ja immer ein Kern Wahrheit enthalten hätte sie fast ergänzt, reißt sich jedoch zusammen, bei den Gerüchten, welche über sie selbst kursieren, sollte sie solche Worte besser unausgesprochen lassen.

Als der Blick des Hochelben zum Fenster wandert, folgt Yasraena seinem Blick und stellt mir Erschrecken fest, wie spät es doch geworden ist. „Ich denke, ich sollte mich so langsam wieder auf den Heimweg machen. Bis zur Harfe ist es noch ein gutes Stück Weg und der morgige Tag beginnt früh.“ teilt sie den Beiden entschuldigend mit, als sie sich erhebt „Ich danke euch sehr für die Gastfreundschaft.“ Und mit einem Lächeln fügt sie noch hinzu „Lady de Winter, Herr von Glyn-y-Defaid, es war mir eine Freude euch kennen zu lernen… Der Abend war wirklich sehr schön. Vielleicht kann man das eines Tages wiederholen.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Aurian am 02. März 2010, 13:04 Uhr
Am Tag nach dem Julfest

„Wenn es euch recht ist, schließe ich mich Euch an“, wendet Aurian sich an die Elbe. „Es ist tatsächlich schon recht spät geworden und ich habe morgen wieder Dienst!“ Gemeinsam erheben sich die drei und gehen in die Vorhalle. „Ich hole nur schnell noch Apfelgribs“, entschuldigt sich die Magierin und eilt in die Küche. Dort hockt das Irrlicht zwischen Uná und Gwyn am Kamin und lauscht der alten Cath, die den dreien eine Geschichte erzählt. Das kleine Wesen ist bis zu den Ohren mit Honig bekleckert und überall auf seinem Körper kleben mehr oder weniger große Kekskrummen. „Zeit nach Hause zu gehen!“ Aurian sieht ihre kleine Hausfreundin eindringlich an um jedwegen Protest im Keim zu ersticken. Doch Apfelgribs macht nicht mal Anstalten zu widersprechen, sondern flattert gehorsam auf Aurians Schulter, zumal die Geschichte gerade zu Ende zu sein scheint. Uná reicht der neuen Freundin noch rasch Schal und Häubchen. >Danke scheen! < nuschelt das Irrlicht und hält sich rasch die Hand vor den Mund, als ihm ein Bäuerchen entfährt. „Ich…ich glaub das war ein wenig zu viel Klebehonig mit Leckerkekszeug…mir is schlecht! … Aber nich‘ verraten!“ flüstert es Aurian ins Ohr, als die beiden die Halle betreten, jedoch nicht ohne sich zuvor bei den guten Küchenfeen von Glyn-y-Defaid zu bedanken. „Du bist selber schuld!“ schimpft die Magierin halblaut. „Ich hab dir immer gesagt, du sollst nicht so viel süßes Zeug in dich hinein stopfen!“ >Wenn‘s aber so lecker ist…< schmollt Apfelgribs und kuschelt sich in Aurians Tasche. Leise in sich hineinlachend folgt sie Cináed und Yasraena hinaus zu den Stallungen.

Liam hat die beiden Pferde mittlerweile gesattelt. Dikta, ausgeruht und wie immer voller Tatendrang tänzelt durch den erneut einsetzenden Schneefall und will nicht recht stillstehen, als  seine Herrin aufsteigt. „Freches Pony!“ Die Halbelbe kennt diese Mätzchen bereits zu gut, als dass sie sich davon beeindrucken ließe. „Danke Cináed! Es war ein schöner Tag! Wenn Zeit ist, schaut doch einfach im Anwesen auf einen Gegenbesuch vorbei!“ Der Gutsherr nickt ihr zu. Auch ihre Begleiterin ist mittlerweile in den Sattel gestiegen. Als auch sie sich verabschiedet hat, reiten die beiden Frauen aus dem Hof. Es dämmert bereits und der Schneefall nimmt wieder mehr an Stärke zu. Es ist höchste Zeit aufzubrechen, wollen sie nicht in kompletter Dunkelheit durch den Wald nach Talyra zurückreiten.

--> Unterwegs im Umland

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 10. März 2010, 09:43 Uhr
Am Tag nach dem Julfest
22. Chólar 509 d5Z

„Ja“, Cinaed nickt zustimmend. „Die Bucht von Carvallen ist wahrlich schön.“ Der Shida'ya lächelt. „Nun, zumindest in meiner Erinnerung... immerhin war ich noch ein Knabe, als ich die Elbenlande verließ. Gewiss hat sich seither vieles verändert.“ Yasraena sieh ihn lächelnd an und berichtet dann mit kurzen Worten, was sie so an Neuigkeiten zu erzählen weiß. Das meiste davon ist für Cinaed allerdings nicht wirklich neu. Trotzdem hört er der Elbe dankbar zu, denn schließlich tut es immer gut jemanden über die Heimat sprechen zu hören.
So schreitet die Zeit voran. Draußen wird es dunkler und dunkler und irgendwann ist es soweit, dass Aurian und Yasraena zum Aufbruch drängen. Das winterliche Schneetreiben nimmt wieder zu und der Weg zurück zur Stadt ist schließlich doch recht weit, weshalb sich die beiden Frauen allmählich für den Rückweg bereit machen. Gemeinsam sammeln Aurian, Yasraena und Cináed Apfelgriebs in der Küche ein, dann schlüpfen sie in ihre Wintermäntel und begeben sich hinaus in die Kälte und hinüber zu den Stallungen. Liam hat sich vorbildlich um das Pony der Gardemagierin und den Cul-Hengst der Harfenmagd gekümmert, sattelt die Tiere rasch, als er seinen Herrn mit den beiden Damen kommen sieht und übergibt die Pferde lächelnd an ihre Besitzerinnen.

Cináed begleitet die Frauen und ihre Reittiere hinaus auf den verschneiten Hof. Die Verabschiedung fällt kurz und knapp, aber dennoch herzlich aus. „Auf bald“, meint der Herr von Glyn-y-Defaid an Aurian und Yasraena gewandt und ist sich sicher sowohl der einen wie auch der anderen recht bald einmal wieder über den Weg zu laufen - im Anwesen de Winter... und natürlich in der Goldenen Harfe. »Danke Cináed! Es war ein schöner Tag!«, entgegnet Aurian gut gelaunt und schwingt sich in Diktas Sattel. »Wenn Zeit ist, schaut doch einfach im Anwesen auf einen Gegenbesuch vorbei!« Lächelnd sieht sie sowohl den Hochelben als auch Yasraena an. Der Herr von Glyn-y-Defaid, nickt. „Bestimmt“, meint er und sieht den beiden Frauen dabei zu wie sie ihre Pferde wenden, um vom Hof zu reiten. Nachdem sie durch den Torbogen verschwunden sind, schlägt er den Kragen seines Mantels hoch und eilt hastig zum Haupthaus zurück, um sich in der Küche aufzuwärmen, wo Rhona bereits das Abendmahl vorbereitet.
Es ist spät in der Nacht, als im Haus endlich Ruhe einkehrt. Die Knechte haben die Küche bereits nach dem Essen wieder verlassen. Gwyn und Úna liegen seit einer Weile in ihren Betten, Nara und Mair haben sich nur wenig später ebenfalls ins Gesindehaus zurückgezogen und nachdem auch Rhona ihre letzten Vorbereitungen abgeschlossen hat, sind nur noch Catriona und Cináed übrig geblieben, um sich an der heißen Glut der großen Feuerstelle zu wärmen.

"Die junge Frouwe de Winter ist ein hübsches Ding", meint die Alte Cath nach einer Weile der Stille mit verschmitztem Lächeln auf den Lippen und sieht ihren Herrn wissend an. Dieser erwidert ihren Blick einen momentlang verständnislos und muss dann herzlich lachen. „Catriona, du kennst mich viel zu gut“, meint er mit einem Augenzwinkern. Die alte Frau seufzt. „Sie wäre eine gute Wahl“, entgegnet sie schließlich freundlich. Cináed nickt. „Natürlich“, meint er zustimmend. „Und sie ist mir lieb und teuer wie eine kleine Schwester, Cath, aber...“ „...Inaris Kuss* schmeckt anders“, vollendet die alte Frau den angebrochenen Satz des Elben. Der Herr von Glyn-y-Defaid nickt, Wehmut schleicht sich in seinen Blick. „Aurian verdient jemanden der ihr mehr zu bieten hat, als Rhúlores Geschenk**... jemanden, dessen Blick mit Inaris Segen* auf ihr ruht.“
Catriona sieht den Elben eindringlich an. „Ihr verdient dies nicht weniger, min Herr“, erklärt sie ihm sanft. Cináed erhebt sich langsam von seinem Stuhl, den Blick nachdenklich auf die rote Glut in der Feuerstelle gerichtet. „Gute Nacht, Cath“, murmelt er schließlich und wendet sich abrupt ab. „Bis morgen.“ Mit diesen Worten flüchtet der Shida'ya hastig aus der Küche in die Eingangshalle und die Treppe hinauf in den Schutz seiner Schlafkammer.

Silberweiß bis Taumond
510 des 5ten Zeitalters

Der neue Zwölfmond kommt und mit ihm der Frühling. Auf Glyn-y-Defaid gibt es daher alle Hände voll zu tun, vor allem mit den Frühjahrslämmern. Selbst Úna mischt munter mit und verteilt fleißig so viele Namen wie sie nur kann... denn jedes Lamm mit einem eigenen Namen ist de facto ein gerettetes Lamm, welches mit großer Wahrscheinlichkeit nicht so bald auf die Schlachtbank wandern wird. Kopfschüttelnd betrachtet Cináed die neuen Flinkhufe, Mondblumen, Schneepelze und Moosaugen dieser Welt, denn im Gegensatz zu Úna hat er im Augenblick ganz andere Sorgen: Das de Wintersche Weideland.
Der Winter war dieses Mal ausgesprochen lang, hart und kalt. Bis weit in den Eisfrost hinein lag überall eine dicke Schneedecke. Und auch jetzt, Anfang Taumond, als es langsam wärmer zu werden beginnt, ist das kalte Weiß noch längst nicht vollständig verschwunden. Der Herr von Glyn-y-Defaid seufzt. Vorerst bleiben die Mutterschafe und ihre Lämmer in den Stallungen, sodass noch etwas Zeit bleibt, um Zäune und Mauern des neuen Weidelandes auszubessern, dennoch ist Eile geboten. Und da recht bald abzusehen ist, dass Owyn, Emrys, Liam und er nicht alle notwendigen Reparaturen ohne zusätzliche Hilfe durchführen können, beschließt der Hochelb eines schönen Morgens in die Stadt zu reiten, um an der Anschlagtafel am Marktplatz einen Aushang zu machen und ein paar Tagner anzuwerben.

Die Straßen der Stadt »

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* Inaris Kuss/Segen = hier: Liebe
** Rhúlores Geschenk = hier: Freundschaft

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 29. März 2010, 14:43 Uhr
« Das Anwesen de Winter
Anfang Taumond bis Anfang Sturmwind

Der Nachmittag bricht bereits an, als Cináed nach Glyn-y-Defaid zurückkehrt. Niemand wagt es dem Gutsherrn irgendwelche Fragen zu stellen oder gar Vorwürfe zu machen, weil er weitaus länger fort war als geplant, doch dass seine Abwesenheit merklich ins Gewicht gefallen ist, ist klar. Der Hochelb rechtfertigt sich vor niemandem und packt stattdessen wortlos mit an. Den Vorfall in der Stadt behält er für sich und informiert Owyn lediglich darüber, dass in den kommenden Tagen hoffentlich ein paar Tagner bei dem Großknecht um Arbeit anfragen werden, sofern der Aushang am Marktplatz seinen Zweck erfüllt. „Der übliche Lohn, freie Kost und Logis“, weist er den Rhaínländer an. „Die Ausgabe von arbeitstauglicher Kleidung überlasse ich deinem Ermessen, sofern die Männer bereit sind, länger als drei Tage zu bleiben.“ Owyn nickt. Was Cináed sagt, ist im Grunde reine Formsache, denn die Bedingungen für die Einstellungen von Tagnern sind auf Glyn-y-Defaid seit jeher klar geregelt.
„Emrys wird morgen beim de-Winter-Anwesen vorbeischauen... wegen der Koppelzäune“, erklärt der Großknecht seinem Herrn stattdessen und wechselt so das Thema. Cináed nickt zerstreut. „Aber nicht länger als nötig, ich brauche ihn hier“, entgegnet der Elb abwesend. „Um die Zäune wurde sich zum Teil schon gekümmert.“ Owyn lacht, als er merkt, dass sein Herr den versteckten Inhalt seiner Worte überhaupt nicht zur Kenntnis nimmt. Vermutlich ist der Shida'ya der einzige auf Glyn-y-Defaid, der noch nicht mitbekommen hat, dass Rhonas Bruder offenbar Gefallen an der hübschen Großmagd des de-Winter-Anwesens gefunden hat. Emrys, ernst und ruhig wie immer, verliert zwar keine großen Worte darüber, aber seine Schwester kennt ihn viel zu gut, um die Zeichen nicht richtig zu deuten. Und auch Owyn hat schließlich Augen im Kopf. Nicht zu vergessen Liam und Gwyn, die ohnehin schon seit einer ganzen Weile hinter Emrys Rücken entsprechende Witze reißen. Und dann ist da schließlich noch Nara, deren sauertöpfische Miene ganze Bände spricht... die Cináed allerdings nicht zu lesen scheint.

Während Emrys sich also am nächsten Morgen gut gelaunt auf den Weg zur Stadt begibt, verschwindet der Herr von Glyn-y-Defaid hinaus zu den Herden. Die Mutterschafe und ihre Lämmer befinden sich zwar noch in den warmen Stallungen, die übrigen Tiere wurden jedoch unlängst auf die gesicherten Weideflächen getrieben.
Dick angezogen, mit festen Stiefeln, Handschuhen, Schal und Mütze angetan und mit einem großen Rucksack auf dem Rücken, macht sich der Shida'ya auf den Weg. Ein schriller Pfiff und schon sind Idris und Eira, die beiden Hüte- und Treibhunde, an seiner Seite. Cadfan und Blair, die zwei Herdenschutzhunde, sind bereits bei den Schafen und tun dort fleißig ihre Pflicht. Cináed bindet sich seinen Schal enger um den Hals, schlägt den Kragen seines Mantels hoch und und stapft zufrieden durch die morgendliche Kälte. Die Stille und der Frieden hier draußen tun ihm gut. Schnell hat er den Hof weit hinter sich gelassen und wandert entschlossen über sein Land. Dabei inspiziert er die Zäune und Mauern, die Wasserstellen und Brunnen sowie die hölzernen Unterstände und Futterkrippen... und selbstverständlich die Schafe, die seinen Weg kreuzen. Auch nach Raubtierspuren hält der Elb immer wieder Ausschau. In der letzten Zeit gab es zwar überraschend wenig Probleme mit Wölfen, doch der vergangene Winter war ausgesprochen lang und hart und so bleibt Cináed lieber wachsam.

Pünktlich zur Mittagsstunde beginnt der Magen des Gutsbesitzers laut und vernehmlich zu knurren und der Elb entschließt sich eine Rast einzulegen. Er nimmt seinen Rucksack ab, macht es sich auf einem moosbewachsenen Baumstumpf bequem und holt die Brotzeit heraus, die Rhona ihm mitgegeben hat. Das frisch gebackene Brot duftet köstlich und die goldbraune Kruste ist wunderbar knusprig. Zufrieden blinzelt Cináed in die Mittagssonne und lässt es sich schmecken, während seine Gedanken ziellos umher treiben.
Aus irgendeinem Grund muss der Elb plötzlich wieder an den Hexer Nathanael denken. Noch immer kann Cináed nicht alle Beweggründe des Mannes richtig nachvollziehen. Auch er selbst hat nicht immer so gute Zeiten erlebt wie jetzt, auch er hat auf der Straße und von der Hand in den Mund gelebt. Trotzdem hat der Groll, der Nathanael so stark geprägt zu haben scheint, Cináeds Herz nie zur Gänze erreicht. Der Shida'ya seit jeher von eher optimistischer und froher Natur, mag sein, dass ihn dies dort geschützt hat, wo andere letztlich der Verbitterung erliegen. Die Brandwunde, die der dunkelhaarige Mann sich zugezogen hat, fällt ihm wieder ein. Wird sicher ganz schön hässlich, wenn sich niemand darum kümmert, stellt der Elb trocken fest. Hätte Nathanael sich anders verhalten, Cináed hätte ihm womöglich den einen oder anderen Rat gegeben oder ihm gar anderweitig geholfen, doch so... Die Götter allein wissen, wenn sich jemand mit Brandwunden auskennt, dann der Shida'ya. Doch geholfen werden kann immer nur demjenigen, der sich auch helfen lassen will. Cináed beißt ein letztes Mal von seiner Stulle ab und schüttelt dann leicht den Kopf, um die letzten Gedanken an den dunkelhaarigen Hexer zu vertreiben. Es gibt wichtigere Dinge, über die er sich den Kopf zerbrechen muss. Entschlossen steht der Hochelb auf, schultert seinen Rücksack und setzt sich wieder in Bewegung.

Es stellt sich als großes Glück heraus, dass der Gutsherr an diesem Tag eine ausgiebige Wanderung über seine Ländereien unternimmt, denn eines der jungen Moorschnuckenschafe hat sich offenbar den Hinterlauf gebrochen. Idris und Eira machen den Elben auf das verletzte Tier aufmerksam, als sie es in einer versteckten Erdmulde entdecken, sonst hätte Cináed das arme Tier, welches mittlerweile selbst zum Blöcken zu erschöpft ist, womöglich gar nicht bemerkt. So aber kommt der Elb gerade noch rechtzeitig. Mit dem geübten Blick eines Mannes für den derartige Verletzungen längst nichts neues mehr sind, untersucht er das zitternde Schaf, welches sich bei näherer Betrachtung als Strohdoof entpuppt. Schmunzelnd hebt der Gutsherr das Unglücksschaf aus der Erdmulde. „Dummes Ding“, murmelt er sanft. „War ja klar, dass du sogleich etwas anstellen würdest, sobald sich nur die Gelegenheit dazu bietet.“ Grinsend probiert er herum, bis er eine halbwegs bequeme Position gefunden hat, in der er Strohdoof bis zum Hof zurückschaffen kann. Das rundliche Schafe trägt seinen Namen nicht ohne Grund – es erscheint dem Elben absolut unbegreiflich, weshalb das Tier bis heute nicht gelernt hat, warum Disteln nicht unbedingt das schmackhafteste Futter darstellen.
Es dunkelt schon als Gutsherr, Schaf und Hunde schließlich wieder auf Glyn-y-Defaid eintrudeln. Kaum hat Úna mitbekommen, was geschehen ist, da heftet sie sich auch schon an die Fersen des  Shida'ya, um das verletzte Schaf umgehend zu betüddeln. Cináed lässt das Mädchen eine Weile gewähren, doch schließlich schickt er die Kleine zurück zum Haupthaus und übergibt Strohdoof stattdessen an Liam, damit dieser das Tier an einem abgetrennten Platz in den Schafställen unterbringen kann, wo es sich erst einmal erholen kann.

Anschließend begibt sich der Herr von Glyn-y-Defaid ohne Umschweife ins Badehaus. Auch Cináeds Magen macht sich wieder bemerkbar, doch dieses Mal ignoriert der Elb das nagende Hungergefühl. Jetzt will er erst einmal nur eines: Ein heißes Bad nehmen. Ausreichend Wasser ist bald erhitzt, und Kübel um Kübel füllt sich der große Zuber mit dem dampfenden Nass bis Cináed endlich entspannen kann. Ja, die wohlige Wärme des Wassers macht ihn so müde und schläfrig, dass er schließlich einnickt. Mit auf die Brust gesunkenem Kinn sitzt er da und erwacht erst, als ihm die Kälte des abkühlenden Wassers in die Glieder kriecht. Hastig macht er sich daran sich den Schmutz vom Leib zu schrubben, um anschließend eilends aus dem Zuber zu steigen.
Als der Elb schließlich frisch gewaschen und gekämmt die Küche betritt, wartet dort nur noch Catriona auf ihn. Die Alte nickt in Richtung Herd hinüber. „Da, die Schüssel“, meint sie und Cináed folgt ihrem Blick. Er nimmt das Tongefäss, welches mit einem Deckel verschlossen ist, holt Besteck und geht zum Tisch hinüber, um sich zu setzen. Gemüse und Fleisch sind sogar noch warm und so lässt es sich der Hochelb schmecken. Nun macht sich auch sein zeitweise vergessener Hunger wieder bemerkbar und er greift ordentlich zu. Catriona stellt ihrem Herrn noch etwas Brot auf den Tisch und sieht ihm dann mit verschmitztem Lächeln beim Essen zu. Als Cináed sein mahl schließlich beendet hat, geleitet er die alte Frau fürsorglich bis hinüber zur Tür ihrer Kammer, bevor er ihr eine gute Nacht wünscht und sich in sein eigenes Schlafgemach zurückzieht.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 14. Apr. 2010, 12:23 Uhr
Anfang Taumond bis Anfang Sturmwind


Als Cináed am zweiten Morgen nach seiner Begegnung mit Uio, Zoe und Nathan in sein Arbeitszimmer geht, findet er dort ein Schreiben, welches Emrys offenbar vom Anwesen de Winter mitgebracht und auf dem Schreibpult für seinen Herrn hinterlegt hat. Der Elb nimmt das Pergament zur Hand und nimmt es näher in Augenschein. Es handelt sich um eine Einladung, die Aurian offenbar höchst persönlich verfasst hat wie ihm die Handschrift auf dem Umschlag schnell verrät. Cináed lächelt, zerbricht das Siegel, entfaltet den Brief und beginnt zu lesen:

Liebe Freunde, Lehrer und Wegbegleiter!

Ich möchte die Tradition des Blumenballs
am Anwesen de Winter wieder aufleben
lassen und Euch hiermit zum ersten Ball
nach langer Pause einladen.

Das Fest findet am 3. Grünglanz statt.

Ich würde mich sehr über Euer Kommen freuen.

Eure Aurian de Winter

Allem Anschein nach ist die junge Lady de Winter sehr bemüht alte Traditionen wieder aufleben zu lassen, denn der Blumenball, zu welchem die Halbelbe lädt, stellte einst einen der gesellschaftlichen Höhepunkte in Talyra dar.
Der Hochelb legt die Einladung wieder beiseite und runzelt die Stirn. Es freut ihn, dass die Halbelbe ihn zu ihrem Fest eingeladen hat, doch er hat absolut keinerlei Ahnung, was man zu solchen Anlässen zu tragen pflegt (denn um derartige Fragen hat sich bisher immer seine nunmehr verstorbene Frau gekümmert). Zudem fragt sich der Shida'ya, ob erwartet oder vorausgesetzt wird, dass er mit einer Begleitung erscheint, denn tanzen lässt sich schließlich besser zu zweit. Cináed runzelt abermals die Stirn, schüttelt leicht den Kopf und verlässt dann das Zimmer, um in die Küche hinab zu gehen und zu frühstücken. Bis zum Blumenball ist es noch eine ganze Weile hin, genug Zeit um sich später noch über diese Fragen den Kopf zu zerbrechen. Eilends steigt er die Treppe hinab.

In der Küche erwartet den Herrn von Glyn-y-Defaid nicht nur ein reichlich gedeckter Frühstückstisch, sondern auch ein gut gelaunter Owyn, der gerade zufrieden ein hart gekochtes Eier verspeist. „Gestern haben sich zwei Männer gemeldet“, erklärt der Großknecht lächelnd, nachdem er seinen Herrn begrüßt hat. „Ich habe sie wie üblich im Gesindehaus untergebracht.“ Als er bemerkt, dass Cináed sich fragend umsieht, fügt Owyn hinzu. „Sie haben bereits gegessen. Ich habe sie mit Emrys auf die Weiden geschickt.“ Der Hochelb nickt. „Gut, je eher die Zäune und Mauern des de Winterschen Weidelandes gesichert sind, um so besser.“ Der Großknecht stimmt zu. „Jetzt sollte es auf jeden Fall schneller vorangehen, obschon ich gerne noch wenigstens einen weiteren Mann einstellen würde.“ Er lächelt und greift nach einem zweiten Ei. „Vielleicht meldet sich ja heute noch jemand...“ Cináed nickt abwesend, überlegt es sich dann aber anders und schüttelt den Kopf. „Nein, die zwei Mann müssen genügen“, erklärt er Owyn. „Ich werde das übernehmen.“ Der Großknecht will etwas einwenden, aber der Elb winkt ab. Seine Entscheidung ist gefallen, zwar wird er so nicht genug Zeit haben, um in den nächsten Siebentagen zur Stadt zu reiten und nach Uio und Zoe zu sehen, aber in diesem Fall geht der Hof nun einmal vor.

Drei Siebentage später

Die vergangenen Tage sind von harter Arbeit bestimmt gewesen, aber mittlerweile ist es geschafft, die gröbsten Reparaturen sind getan und das de Wintersche Weideland ist für die Nutzung bereit. Nun sitzt Cináed wieder einmal mit Owyn in der Küche beisammen und bespricht mit dem Großknecht beim Frühstück das weitere Vorgehen.
„Wir werden sehen“, meint der Elb gerade und sieht den Knecht geradewegs an. „Kümmere dich um alles, was wir gerade besprochen haben.“ Der Shida'ya streicht sich ein paar wirre Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich reite derweil zum Brunnenmeister in Altmarkt. Mit etwas Glück hat er genug Zeit, um mich hinaus zu den alten Weiden zu begleiten.“ Owyn nickt. Der Großknecht beendet sein Mahl, dann erhebt er sich, um sich aus der Küche zu verabschieden und wieder seinem Tagwerk zu widmen.
Der Herr von Glyn-y-Defaid sieht dem Rhaínländer nur kurz nach, bevor er sich daran macht sein eigenes Frühstück zu beenden: Weiche Butter auf frischem Brot, dazu saftiger Schinken, hausgemachter Käse, hart gekochte Eier mit Salz und warme Ziegenmilch. Irgendwann kommen Úna und Gwyn herein und gesellen sich zu ihm. Als sie hören, dass Cináed nach Altmarkt aufbrechen will, versuchen die beiden sogleich ihn dazu zu überreden, ihn begleiten zu dürfen, doch der Hochelb schüttelt den Kopf. „Nein, ich gehe allein“, lehnt er entschieden ab. „Ihr habt eure eigenen Pflichten, um die ihr euch kümmern müsst“, erklärt er den Kindern und meint damit die Schweine und das Federvieh,  die die zwei zu versorgen haben. Enttäuscht sehen ihn die Geschwister an, aber der Shida'ya lässt an diesem Tag nicht mit sich handeln.

Die Sonne erhebt sich gerade erst langsam über die ersten Baumwipfel, als Cináed Áed aus dem Stall führt und sich auf den Weg macht. Auf Glyn-y-Defaid ist es nichts ungewöhnliches, dass zu solch früher Stunde schon so gut wie jedermann bereits eine ganze Weile auf den Beinen ist. Der Hochelb schwingt sich in den Sattel und lenkt die Stute in Richtung Tor. Die Hufe des Tieres klappern über den gepflasterten Platz, als es sich in Bewegung setzt. Gut gelaunt stimmt Cináed eine altbekannte Weise an und summt diese leise vor sich hin.
Die Morgensonne lässt den Tau auf den Gräsern und Büschen am Wegesrand geheimnisvoll glitzern. Ringsumher ist es noch angenehm still. Die Tiere in Feld und Wald und Wiese erwachen erst allmählich aus ihrem Schlaf und nur ein paar besonders frühe Vögel zwitschern bereits fröhlich in den Bäumen. Der Shida'ya genießt dies alles sehr. Für nichts in der Welt würde er dieses Leben eintauschen wollen. Das Schicksal hat es gut mit ihm gemeint. Er hat viel durchgemacht. Sein Leben war nicht immer so angenehm wie jetzt, daran erinnert Cináed sich nur zu genau. Der Hochelb muss an Uio und Zoe denken. Ob sie noch im Anwesen de Winter sind?, fragt er sich. Er hofft es zwar, doch da er der Stadt so lange fern bleiben musste, weiß er es zu seinem großen Bedauern nicht. Lächelnd sieht sich der Herr von Glyn-y-Defaid um. Den beiden würde es hier draußen gewiss gefallen, zumindest der kleinen Fee, da ist er sich sicher. Auch ihr Freund würde vermutlich eine Zeit lang gefallen am Landleben finden, aber irgendwann würde sich der Junge vermutlich langweilen und das hektische Treiben der Stadt vermissen – denn Uio ist nicht wie Gwyn. Cináed muss unbeabsichtigt lächeln, als er an den Straßenjungen denkt. Der Elb seufzt. Vielleicht ist morgen genug Zeit, um in die Stadt zu reiten, überlegt er. Dann könnte ich Aurian auch wegen dem Blumenball sprechen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 23. Apr. 2010, 11:15 Uhr
--> Handwerkerviertel

Seufzend wischt sich Nathan den Schweiß von der Stirn. Obwohl es noch früh im Jahr ist, bringt ihn die Arbeit in der prallen Sonne zum schwitzen. Anderseits genießt der schwarzhaarige Mann die wärmenden Strahlen auf seiner Haut. Viel zu lange ist es dieses Jahr für seinen Geschmackkalt gewesen.
Und weiter geht’s….
Seine Muskeln ziehen sich zusammen und zum gefühlten hundertsten Mal lässt er die Axt auf einen Klotz Scheitholz knallen, um ihn in kleine, ofengerechte Stücke zu hacken. Die Axt fährt durch das Holz und spaltet den dicken Buchenscheit mitten durch.
Ein böses Grinsen huscht über die schmalen Lippen des Hexers. Es ist wirklich erstaunlich was regelmäßige körperliche Arbeit doch aus einem Mann machen kann. Zu gut erinnert sich Nathan noch seine ersten Tage im Hause Vinyamar. Damals vor drei Zwölfmonden, als er ganz frisch nach Taylra gekommen ist und im Ulmenanwesen ein Dach über dem Kopf gefunden hat. Die ersten Monde als Knecht waren die reinste Hölle gewesen. So viele gezerrten Muskeln, blaue Flecken und Wasserblasen hat er noch nie von einer „einfachen“ Arbeit davon getragen. Ein ziemlich bemitleidenswertes Bild, was er damals abgegeben haben muss, stellt der Hexer mit hochgezogenen Augenbrauen fest. Nun wenigstens hat die Schufterei für Aruèn und Sewfried einen positiven Nebeneffekt gehabt – körperliche Arbeit fällt ihm nun erheblich leichter. Und irgendwie ist es auch ein gutes Gefühl zu wissen, was er unabhängig von seinen magischen Fähigkeiten zu leisten vermag.

Sein Blick wandert zu seiner Hand hinunter, um die immer noch ein Verband gewickelt ist. Die Schmerzen haben nachgelassen, eine dicke Kruste hat sich über die Bandwunden gebildet, doch der inzwischen vom Schmutz ganz fleckige Verband erinnert ihn immer wieder an die Begegnung mit dem kleinen Dieb. Was aus dem Langfinger wohl geworden ist?, fragt sich der Hexer nachdenklich. Nun ja, irgendein Magier wird sich schon, um ihn kümmern. Auf jeden Fall ist das nicht mein Problem! Wichtiger ist viel mehr….
Der Hexer bückt sich und füllt einen Haufen Holzscheite, die um ihn herum verstreut liegen in einen großen Weidenkorb. Viel wichtiger ist, … dass ich endlich wieder an Münzen herankomme. Und dafür ist die Arbeit hier gerade recht!
Denn egal ob Nathan will oder nicht, er ist total abgebrannt. Das ist eine Tatsache mit der er sich zwangsweise anfreunden musste! Schon seit dem Zeitpunkt als ihm der Bengel seinen Beutel voller Ersparnisse entwendet hat, hat der Hexer sprichwörtlich von der Hand in den Mund gelebt. Die Arbeit beim Küfer Sewfried hat ihn über Wasser gehalten mehr aber nicht. Doch nachdem der Junge ihn auch noch „abgefackelt“ hat und er aufgrund seiner Verletzung nicht mehr arbeitsfähig war, wurde seine finanzielle Situation fast unerträglich. Es ist nur Sewfrieds gutem Herzen zu verdanken, dass er Nathan nicht vor die Tür gesetzt hat, obwohl er ihn nun nicht mehr für die kleine Unterkunft über dem Schuppen bezahlen konnte.
Eine verdammt unerträgliche Situation. Besonders für einen Mann, der es hasst, von dem guten Willen anderer abhängig zu sein. Doch nun wo seine Hand wieder so weit verheilt, dass er sie wieder verwenden kann, ohne vor Schmerzen das Gesicht verziehen zu müssen, kann er endlich seine Schulden abbezahlen. Zu diesem Zweck hat er sich, nach zusätzlicher Arbeit umgesehen. Für Sewfried übernimmt er zwar immer noch den einen oder anderen Laufburschenauftrag, aber um seine Schulden abzubezahlen, reicht das nicht!
Ja und hier schließt sich der Kreis, denkt Nathan kopfschüttelnd. Ein verdammt guter Zufall, dass sie hier auf Gut Glyn-y-Defaid, obwohl sich die Stelle für einen Tagner, die ich an der Anschlagtafel am Marktplatz entdeckt habe, schon erledigt hat, noch tatkräftige Unterstützung benötigen. Wenn ich diesen Owyn recht verstanden habe, können sie immer ein paar helfende Hände für die Arbeiten auf Hof und Feld für ein paar Siebentage gebrauchen. Perfekt…ich habe sowieso keine Lust, mich nochmals irgendwo fest zu binden. Das Ulmenanwesen und Cassandra haben mir gereicht!

Nathan lacht bei den Gedanken an die oberste Magd des Ulmenanwesens kurz auf. Ein wirklicher Hausdrachen ist diese Frau und gleichzeitig eine treuselige Glucke, wie man sie selten zweimal finden kann. Hoffentlich erweist sich das Gesinde auf diesem Gut weniger…ja… weniger…
Ach, egal! Nathan hat nicht vor, sich mit den Leuten hier groß auseinander zu setzten. Heute Abend wird der Hausherr zurückkommen und dann werden Owyn, der Großknecht auf Glyn-y-Defaid und er entscheiden, ob Nathan bleiben kann oder nicht. Bis dahin heißt es für den Hexer, eine möglichst gute Figur abzugeben – denn schließlich braucht er die Arbeit hier.
Und so schnappt sich Nathan den bis über den Rand mit Holzscheiten gefüllten Weidenkorb, schultert ihn und macht sich auf den Weg in die Küche. Es sind nur ein paar Schritte vom Hackklotz bis zu seinem Ziel. Durch einen Nebeneingang schleppt Nathan das Holz in die große Kammer, die Nathan ziemlich stark an die Küche Vinyamars erinnert. Auch hier steht ein langer massiver Holztisch, an dem vermutlich ebenso wie im Ulmenanwesen alle Bewohner ihre Mahlzeiten einnehmen. Nathan seufzt bei dem Gedanken, an all die neugierigen Blicken, die ihn über kurz oder lang hier erwarten werden, vorausgesetzt sie nehmen ihn hier als Tagner.
Vor der großen Feuerstelle, in der gut und gerne ein ganzer Ochse gebraten werden kann, stellt er den Weidenkorb ab. Kurz wischt er sich den Schweiß von Stirn und Händen, dann beginnt er das Holz, wie von Owyn beauftragt neben der Feuerstelle aufzuschichten.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 23. Apr. 2010, 16:50 Uhr
Rund drei Siebentage nach dem 'Vorfall' in der Stadt

Während der Herr von Glyn-y-Defaid den Hof verlassen hat und unterwegs zum Brunnemeister in Altmarkt ist, hat Owyn das Sagen und der Rhaínländer nimmt diese Verantwortung sehr ernst. Daher ist er es auch, der Nathan im Empfang nimmt, als dieser einige Stunden vor der Mittagszeit auf Glyn-y-Defaid erscheint und nach Arbeit fragt. Owyn mustert den Mann von oben bis unten und hört ihn schweigend an. Mittlerweile kennt der Großknecht die meisten Tagner, die sich dann und wann bei ihm nach Arbeit erkundigen, doch diesen hier sieht er heute zum ersten Mal. Aus diesem Grund nimmt er sich mehr Zeit als üblich und stellt viele Fragen, bevor er dem Unbekannten zunächst einmal für diesen einen Tag zusagt. Cináeds Aushang, den der Fremde offenbar auf der Anschlagtafel am Marktplatz entdeckt hat, ist zwar längst veraltet, aber ein paar kräftige Hände kommen im Augenblick dennoch nicht ungelegen und so willigt Owyn letztlich ein. „Also gut, Ihr könnt vorerst bleiben“, brummt er. „Und heute Abend, wenn mein Herr zurück ist, werden wir sehen, ob wir auch die nächsten ein, zwei Siebentage Verwendung für Euch haben.“ Damit ist es abgemacht und der Großknecht führt den Mann, der sich als Nathan vorstellt, kurz auf dem Hof herum. Anschließend weist er ihm diverse Aufgaben zu, die normalerweise Liam oder Emrys übernehmen müssten, während ihnen auf diese Weise mehr Zeit für andere Pflichten zur Verfügung steht.
Da die drei Männer den Tag über immer wieder mit einander zu tun haben werden, macht Owyn sie noch schnell miteinander bekannt, bevor sich alle wieder ihren Aufgaben zuwenden.

Während Nathan draußen auf dem Hof Holz hackt, hat Owyn immer wieder ein wachsames Auge auf den Mann. Auch Emrys und Liam beobachten sehr genau, wie sich der Tagner macht. Keiner der drei Männer weiß genau, was er von dem Fremden halten soll. Owyn gegenüber hat sich Nathan höflich und respektvoll verhalten, sämtliche Fragen mehr oder weniger zufriedenstellend beantwortet und sich bereitwillig an die Arbeit gemacht. Darüber hinaus gibt er sich weder freundlich noch unfreundlich und zieht es offensichtlich vor für sich zu bleiben. Selbst die Hunde halten wachsam Abstand und Úna, Owyns Tochter, die für gewöhnlich wie eine Klette an allen Neulingen hängt (um sie mit tausend Fragen zu löchern) schleicht stattdessen in weitem Bogen um den Mann herum und erinnert ihren Vater heute mehr an eine verschreckte Katze als an eine lästige Klette. Und auch Gwyn, Únas Bruder, hält gebührenden Abstand.
Nun, wie dem auch sei, Nathan wirkt zweifelsohne interessant und abenteuerlich, und die Wunden an seiner Hand, die sich beim Holzhacken nur schwerlich verbergen lassen, liefern der ohnehin blühenden Phantasie der beiden Geschwister gewiss genügend Stoff für haarsträubende Vermutungen. Alles in allem, da ist Owyn sich sicher, ist Nathan für Úna und Gwyn vermutlich jemand, der geradewegs aus einer von Cináeds zahlreichen Geschichten spaziert sein könnte. Der Großknecht schüttelt missmutig den Kopf und ist sich plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob es tatsächlich eine gute Idee war, den Mann auf dem Hof zu behalten. Er sieht dem Tagner kurz dabei zu, wie dieser einen Weidenkorb mit Holzscheiten füllt und sich auf den Weg zur Küche macht, dann verschwindet er selbst in Richtung Obst- und Gemüsegarten.

In der Küche angelangt, beginnt der Tagner derweil das Holz neben der Feuerstelle aufzustapeln. Von Cath, die wie üblich in ihrem Sessel neben dem Feuer sitzt und ihr Spinnrad fleißig surren lässt, nimmt er dabei zunächst keinerlei Notiz. Die Alte lässt den jungen Mann schweigen gewähren und mustert ihn mit durchdringendem Blick. Erst nach einer geraumen Weile gibt sie ein heiseres Lachen von sich. „Junge, bist du so in Gedanken?“, krächzt sie mit ihrer rauen Stimme. „Die Scheite dort gehören zum Trocknen hinter die Scheune. Weißt du nicht, je härter das Holz, desto früher und dünner muss es in nassem Zustand gespalten werden... Was du da hast, ist frühestens in einigen Monden gebrauchsfertig.“ Amüsiert sieht sie Nathan an und lacht leise. „Tausch die Menge frisches Scheitholz, die du da hast, hinter der Scheune gegen die selbe Menge an trockenen Scheiten aus, dann ist es gut.“ Der finstere Blick, den ihr diese Worte einbringen, schreckt die alte Frau nicht. Was soll sie in ihrem Alter schon noch groß schrecken können? Ein Bursche der nicht gerne belehrt wird, gewiss nicht. Sie hat fünf Söhne geboren, aufgezogen und alle bis auf einen – Donnchad, den Vater von Rhona und Emrys – wieder begraben. Mit jungen Männer von Nathans Schlag kennt sie sich aus, ihre eigenen Söhne waren einst kaum anders. Sie sieht es dem Tagner nach. Und bevor der sich für eine Erwiderung entschieden hat, ist ohnehin Owyn zur Stelle und unterbindet mit seiner Anwesenheit jede weitere Form von Unterhaltung.
Als schließlich die Dunkelheit hereinbricht und es endlich Zeit wird die Arbeit niederzulegen, hat Nathan auf diese und ähnliche Weise schon die meisten Bewohner des Gutshofes kennen gelernt, sei es nun durch die Arbeit oder gegenseitiges Abschätzen aus einiger Entfernung. Dann kommt die Zeit fürs Abendmahl. Alles versammelt sich nach und nach in der Küche, zu den bereits bekannten Gesichtern gesellen sich noch einige mehr, und ein weiteres Mal wird der Tagner kurz von Owyn vorgestellt.

Das Gesinde begegnet Nathan mit freundlicher Zurückhaltung. Bisher hat der junge Mann gut mit angepackt und niemandem einen Grund für irgendwelche Beschwerden geliefert, auch wenn er sich als nicht sonderlich gesprächig erwiesen hat und es weiterhin vorzieht für sich zu bleiben. Owyn, seine Frau Rhona und all die anderen respektieren das, obschon Gwyn und Úna dem Tagner weiterhin verstohlen neugierige Blicke zuwerfen und Nara und Mair leise miteinander tuscheln und dann und wann verräterisch kichern. Dieses Kichern verstummt allerdings recht bald wieder, als die Großmagd den beiden Mädchen warnende Blicke zu wirft, und vor allem Nara, die Ältere der beiden Mägde, mahnend ansieht. Nathan mag ein recht ansehnlicher Bursche sein, aber ein Tagner (vor allem einer, der noch nie zuvor auf Glyn-y-Defaid war) ist Rhonas Meinung nach niemand für den sich ein junges Mädchen in Naras Alter allzu sehr interessieren sollte.
Als sich die kleine Runde schließlich wieder auflöst, wandert Rhonas Blick fragend zu ihrem Mann. Der überlegt kurz und nickt seiner Frau dann kurz zu. Wortlos verschwindet die Köchin, um im Gesindehaus noch rasch eine Kammer für Nathan herzurichten. Cináed ist nach wie vor nicht zurück, weshalb noch immer nicht ganz klar ist wie lange der Tagner letztlich bleiben wird, doch zu solch später Stunde wird auf Glyn-y-Defaid niemand mehr vor die Tür gesetzt. Während die Großmagd fort eilt und sich auch die übrigen Bewohner zurückziehen, holt Owyn zwei Becher und schenkt für Nathan und sich etwas Bier ein. „Ich will es nicht lang machen“, brummt er. „Ihr habt Euch heute gut gemacht, Emrys war zufrieden mit Euch... und ich bin es auch.“ Er schiebt seinem Gegenüber über den Tisch hinweg einen Becher zu. „Meinetwegen könnt Ihr bleiben. Ihr habt erwähnt, dass Ihr bereits auf einem ähnlichen Anwesen gearbeitet habt... Dann wisst Ihr, was von Euch erwartet wird. Fleiß, Pünktlichkeit, Anstand... Reinlichkeit. Die Arbeiten im Haus und die leichten Gartenarbeiten werden von meiner Frau angewiesen, die schweren Gartenarbeiten und die Arbeiten auf dem Hof, den Feldern und Weiden von mir.“ Der Großknecht sieht Nathan geradewegs an – eindringlich, streng, aber trotzdem nicht unfreundlich. „Ich werde morgen mit meinem Herrn besprechen wie lange wir Eure Euch beschäftigen können. Für heute Nacht wird Euch eine Kammer im Gesindehaus zur Verfügung stehen. Euren Lohn erhaltet Ihr am...“

Owyn will gerade auf das Wichtigste überhaupt zu sprechen kommen, als die Hintertür der Küche polternd aufgestoßen wird. „Te îhiot khel – das ist gut, endlich daheim“, verkündet eine dunkle Männerstimme und eine hochgewachsene Gestalt taucht im Türrahmen auf. „Oh, Owyn, gut das du noch hier bist, ...“, beginnt der Neuankömmling, bricht  aber schon kurz darauf mitten im Satz wieder ab, als er Nathan in den Schatten am Esstisch entdeckt. „Wir haben Besuch?“, erkundigt er sich überrascht. „Wer...?“ Der Großknecht erhebt sich hastig. „Das ist Nathan, min Herr“, erklärt er eilends. „Er hat heute Morgen nach Arbeit gefragt...“ Cináed nickt verstehend, runzelt gleich darauf überrascht die Stirn und tritt etwas näher, um den fremden Gast, dessen Gesicht immer noch halb in den Schatten verborgen liegt, näher in Augenschein zu nehmen. Nathan? Aus irgendeinem Grund kommt ihm der Name bekannt vor, doch im Moment will es ihm nicht recht gelingen, ihn richtig zuzuordnen.
Der Herr von Glyn-y-Defaid macht einen weiteren Schritt. Er selbst bietet derzeit keinen besonders herrschaftlichen Anblick. Gemeinsam mit Áed ist er eben erst von den Weiden zurückgekehrt und sieht dementsprechend schmutzig, müde und auch hungrig aus. In den letzten Siebentagen hat das launische Sturmwindwetter für häufige Regenschauer gesorgt und auch wenn es nunmehr seit zwei Tagen nicht mehr geregnet hat, so ist es auf den Weiden doch noch sehr matschig und ungemütlich gewesen. Zudem kommt es der äußeren Erscheinung nicht unbedingt zu Gute, wenn man unter solchen Umständen Brunnenschächte und Wassergräben kontrolliert und gegebenenfalls sofort ausbessert. Im Schein der Kerzen und des Feuers betrachtet, bietet der Shida'ya aus diesem Grund einen recht 'verkrustetet' Anblick. Seine Stiefel sind dick mit Schlamm bedeckt, ebenso seine feste lederne Hose und auch auf der geöffneten Jacke und dem darunter befindlichen Hemd sind Schlammspritzer und Wasserflecken erkennbar. Ja, selbst das Gesicht des Hausherrn ist nicht verschont geblieben und ein langer, schmutziger Streifen ziert seine Stirn. „Willkommen“, begrüßt er den Mann (dessen Gesicht er nach wie vor nicht genau erkennen kann) herzlich. „Bitte entschuldigt meinen Aufzug, aber ich...“ Während Cináed spricht, ist er beinahe bei dem fremden Gast angelangt. Das Licht der Kerze, die auf dem Tisch steht, flackert leicht und als sich der Tagner ein wenig vorbeugt, erhellt der warme Kerzenschein endlich das Gesicht des Unbekannten.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 26. Apr. 2010, 14:31 Uhr
Die Sonne verfärbt den Horizont in ein blasses Rosa, als ihn Owyn, der Großknecht auf Gut Glyn-y-Defaid, Nathan zum Abendessen abholt. Kurz treffen sich die Blicke der beiden Männer. Doch außer dem schweigsamen Abschätzen des Anderen, hat keiner der Beiden das Bedürfnis, über die nötigsten Worte hinaus große Reden zu schwingen. Nathan nickt kurz, dass er verstanden hat. Bevor er dem Knecht ins Haus folgt räumt er Axt und Weidenkörbe an ihren angestammten Platz, dann macht er sich in die Küche auf, wo – wie sollte es auch anders sein- sich das Gesinde schon den großen Holztisch versammelt hat, um gemeinsam Abend zu essen.
Der schwarzhaarige Mann verzieht das Gesicht zu einem resignierten Lächeln. Ich hätte vorhin eine Wette abschließen sollen. Das war doch klar, dass die hier ebenfalls einen auf große Familie machen. Fehlt nur noch der Hausherr. Der setzt sich bestimmt wie Arúen ebenfalls mit an den Tisch und wir alle essen schön brav gemeinsam. Tja, …egal. Langsam sollte ich mich an diese Zeremonien gewöhnt haben. Schließlich bin ich Vinyamar erprobt.
Gewöhnung hin, Gewöhnung her, Nathan hasst es trotzdem von irgendwelchen Fremden - und das Gesinde Glyn-y-Defaid sind für ihn Fremde - angestarrt zu werden. Er spürt jeden ihrer Blicke, die ihn neugierig, aber in keinster Weise unfreundlich mustern. Der Hexer erwidert die kollektive Begrüßung mit einem zurückhaltenden Nicken. Dann setzt er sich rasch auf den von Owyn zugewiesenen Stuhl. Das anschließende Essen verläuft wie erwartet. Die Knechte und Mägde tauschen sich über die Ereignissee des Tages und sonstiges in Nathans Augen ziemlich belangloses Zeug aus. Die Gespräche wandern hin und her, ohne das sich der Neuling groß daran beteiligt. Stumm sitzt er am Tisch und schaufelt den Eintopf in sich hinein. Zumindest einen gesegneten Appetit, scheint der neue wortkarge Tagner zu haben.

Als sich die versammelte Runde schließlich wieder auflöst, ist der Hausherr immer noch nicht nach Hause gekehrt und damit wird die Entscheidung, ob Nathan für ein paar Siebentage auf den Gut arbeiten kann, auf den nächsten Tag verschoben. Owyn bietet Nathan ein Bier an, während seine Frau für den schwarzhaarigen Mann im Gesindehaus eine Kammer herrichtet.
Nachdenklich dreht der Hexer an seinem Steinkrug, während er mit halbem Ohr den Ausführungen des Großknechts zuhört. Das alles ist wirklich skurril. Zum wiederholten Male hat Nathan das Gefühl eines Déjà-vus, besonders als Qwyn ihm einen Vortrag über Fleiß, Pünktlichkeit, Anstand und Reinlichkeit hält. Seine Worte hätten jetzt auch aus Cassandras oder Ullmars Mund stammen können. Der schwarzhaarige Mann unterdrückt ein abschätziges Lächeln und versucht sich stattdessen an einem halbherzigen Kopfnicken:
„Schon klar. Das ist wie gesagt, nicht das erste Anwesen bei dem ich als Knecht arbeite. Den Rest können wir morgen besprechen, wenn Eurer Hausherr wieder da ist“, antwortet Nathan direkt und ohne Umschweife wie es seine Art ist. Er hebt den Krug, prostet den Großknecht kurz zu, um sich dann einen großen Schluck des angenehm kühlen Bieres zu genehmigen.

Owyn will gerade aufs Neue das Wort an Nathan richten, als plötzlich die Hintertür der Küche aufgestoßen wird ein Schatten im Türrahmen erscheint.
<„Te îhiot khel – das ist gut, endlich daheim.“>
An der Reaktion den Großknechts erkennt Nathan sofort, um wenn es sich bei dem Fremden handeln muss. So geschäftig wie Oywn plötzlich aus der Wäsche guckt und sich hastig von seinem Stuhl ergebt, muss der Kerl der heiß ersehnte „Hausherr“ sein.
Nathan wischt sich den Bierschaum mit dem Ärmel vom Mund ab und blickt Richtung Tür … und erstarrt fast in selben Moment als sein Blick den fremden, hochgewachsenen Mann an der Tür erfasst. Im Schein der Kerzen und des Feuers betrachtet, sieht der Hausherr ziemlich gebeutelt aus. Seine Stiefel, seine Hose und Jacke, ja selbst sein Gesicht ist mit Schlamm und Schmutz befleckt und doch erkennt Nathan selbst in diesem Zustand den Mann sofort wieder. Der Bart, die hellen Haare, die wachen Augen - ohne Zweifel muss es sich bei ihm um den fremden Knilch handeln, der ihn vor ein paar Siebentagen zusammen mit dem Bengel erwischt hat.
Verflucht, ist der erste Gedanke der durch Nathans Gedanken huscht, gefolgt von, soll das ein schlechter Witz sein?
Von allen Höfen, Anwesen und Häusern Talyras muss es ihn ausgerechnet in das Heim desselben Mannes verschlagen, der ihn bei der Anwendung seiner magischen Fähigkeiten beobachtet hat. Das kann doch nur ein schlechter Scherz sein. Der verschlossene Gesichtausdruck des schwarzhaarigen Mannes macht einer recht verdutzt dreinschauenden Miene platz. Nathan merkt förmlich wie für ein paar Sekunden seine Gesichtmuskeln sich seiner Kontrolle entziehen. Zum Glück scheint der „Hausherr“ ihn noch nicht erkannt zu haben, denn noch immer betrachtet er ihn interessiert, aber nicht unfreundlich. Zeit genug für den Hexer seine Fassung wieder herzustellen. Er atmet tief ein und dann wieder aus…
Egal wie Nathan nun dem Mann gegenüber begegnet, das was weiter passieren wird, hängt nur zu einem kleinen Teil von ihm selbst ab. Von entscheidender Bedeutung wird vielmehr sein, wie der bärtige Kerl auf Nathans Anwesenheit in seinem Haus reagiert. Wird der ihn beschimpfen, ihn hinauswerfen lassen oder gar die Stadtwache rufen? Alles ist aus Nathans Sicht im Rahmen des Möglichen. Das er auf seine magischen Fähigkeiten und dem was Nathan nun mal ist - ein Ausgestoßener und ein Chaosmagier - mit Verständnis begegnet, so wie Arúen damals als sie von seiner Kraft erfuhr, ist dagegen ziemlich unrealistisch. Er hat zwar keine Ahnung, ob der Mann bei ihrer letzten Begegnung erfasst hat, dass Nathan ein Hexer ist und kein Mitglied des ehrenwerten Standes der Magier ist. Wobei, er müsste schon ein ziemlicher Trottel sein, wenn er so jemanden wie ihn wirklich für einen Magier halten würde. Und wie ein Idiot sieht der bärtige Hausherr wahrlich nicht aus. Leider…..
<„Willkommen“>, schallt es Nathan entgegen. Die freundliche Begrüßung des Hausherrn holt den Hexer aus seinen Gedanken. „Bitte entschuldigt meinen Aufzug, aber ich...“
…..Stille….
Nun hat auch sein Gegenüber ihn erkannt. Es besteht kein Zweifel, der überraschte Gesichtausdruck des Mannes spricht Bände. Langsam schiebt der Hexer den Stuhl nach hinten. Das über den Boden gleitende Holz hinterlässt ein dumpfes Quietschen. Ein trockenes Lachen entfährt seiner Kehle, als er sich schließlich erhebt und dem Herrn von Glyn-y-Defaid zur Begrüßung die Hand hin streckt.
„So wie sieht man sich wieder.“ Ein spöttisches Lächeln flackert kurz in Nathans Gesicht auf. „ Vorzustellen, brauche ich ja nicht mehr. Es sei denn Ihr habt unsere kurze Begegnung vergessen. Wobei….“ Die blauen Augen des Hexers mustern den ihm gegenüberstehenden Mann durch dringlich „ so wie Ihr mich anseht, sieht es nicht danach aus. Sei’s drum….Nathanael...so lautet mein Name und wie Euer Großknecht schon erwähnt hat, bin ich hier um nach Arbeit zu fragen.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 26. Apr. 2010, 22:22 Uhr
Nathanael deutet die folgende Stille richtig, wenn er annimmt, dass Cináed ihn endlich wiedererkennt, als das Licht der Kerze das Gesicht des Hexers aus den Schatten löst. Und der dunkelhaarige Mann geht sogleich zum 'Angriff' über. Langsam scheibt er den Stuhl mit seinem Gewicht nach hinten über den Boden, schenkt dem Herrn von Glyn-y-Defaid ein spöttisches Lächeln und erhebt sich, bevor er dem Elben die Hand zum Gruß entgegen streckt. »So sieht man sich wieder«, meint er sarkastisch. »Vorzustellen, brauche ich ja nicht mehr. Es sei denn Ihr habt unsere kurze Begegnung vergessen. Wobei... so wie Ihr mich anseht, sieht es nicht danach aus. Sei's drum... Nathanael... so lautet mein Name und wie Euer Großknecht schon erwähnt hat, bin ich hier um nach Arbeit zu fragen.« Mit durchdringendem Blick hält er Cináeds Augen stand und mustert den Elben seinerseits eingehend. Der Shida'ya wiederum ist sich nicht sicher, was Nathanael nun von ihm erwartet... ganz gewiss jedenfalls nicht die folgende Reaktion: Ohne zu zögern ergreift der Hausherr die dargebotene Hand. Sein Händedruck ist fest, aber nicht hart, und das Leder der fingerlosen Handschuhe ist deutlich spürbar. „Willkommen, ...Nathanael“, wiederholt er und spricht den Namen des Mannes bewusst zu voller Gänze aus. An Owyn gewandt fügt er hinzu. „Danke, Owyn, du kannst gehen. Ich werde mich jetzt um unseren... Gast... kümmern.“ Der Großknecht nickt schweigend, obschon sein Blick deutlich zu verstehen gibt, dass er mit der neuen Situation mehr als unzufrieden ist. Die Wendung die der Lauf der Dinge soeben genommen hat, gefällt ihm offensichtlich ebenso wenig wie der eigentümliche Umschwung im Tonfall des Tagners. Owyn vermag sich beim besten Willen keinen Reim darauf zu machen, woher sein Herr diesen Nathanael kennt, doch dass er ihn kennt, das ist offenkundig. „Min Herr.“ Der Großknecht wirft dem Tagner einen letzten warnenden Blick zu, bevor er sich lautlos entfernt.

Als die Küchentür hinter seinem Großknecht leise ins Schloss gefallen ist, wendet Cináed sich von Nathan ab. „Ihr entschuldigt, wenn ich während unserer Unterhaltung esse“, meint er in recht neutralem Tonfall, „ich habe seit den Mittagsstunden nichts mehr gegessen.“ Suchend schaut er sich in der Küche um. „Aber bitte, nehmt doch wieder Platz.“ Der Shida'ya lächelt zerstreut und holt nach und nach Geschirr und Besteck, Brot, Butter, Käse, Wurst und etwas frische Ziegenmilch heran, während er weiter spricht. „So... Ihr wollt also Arbeit“, stellt er schließlich fest und lässt sich auf dem Platz nieder, auf dem zuvor schon Owyn gesessen hat. Der Elb schenkt sich etwas von der Ziegenmilch ein und schneidet sich in aller Seelenruhe eine Scheibe Brot ab, bevor er weiter redet. „Ihr fragt Euch, warum ich Euch noch nicht fortgeschickt habe, ist es nicht so?“ Cináed sieht seinen Gegenüber gerade heraus an. Alles an dem Mann scheint auf Abwehr eingestellt zu sein, seine ganze Körperhaltung spricht eine schwer misszuverstehende Sprache. Die spöttisch funkelnden Augen und das selbstsichere Lächeln wirken auf den Shida'ya wie eine schützende Maske. Unwillkürlich fühlt sich der Elb an einen ängstlichen Hund erinnert, der jeden Augenblick Prügel erwartet. Cináed greift nach dem Käserad. „Warum sollte ich Euch fort schicken, Nathanael?“, brummt er nicht unfreundlich, als er den Blick des jungen Mannes auffängt. „Weil ich weiß, was Ihr seid...?“ Der Herr von Glyn-y-Defaid lacht, macht eine kleine Pause, schüttelt leicht den Kopf und ist gleich darauf wieder ernst.
„Ihr seid ein kräftiger junger Mann, Nathanael. Und soweit ich das zu beurteilen vermag sowohl körperlich, als auch geistig in guter Verfassung – was mir sagt, dass Ihr offensichtlich gelernt habt Eure Kräfte hinlänglich zu beherrschen...“ Abermals schweigt Cináed einen Augenblick lang, bevor er weiter spricht. „Oder denkt Ihr ich könnte Euch wegen der Sache in der Stadt nicht hier haben wollen...? Damit liegt Ihr womöglich nicht einmal so falsch.“ Der Shida'ya sieht Nathan abschätzend an. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, kann er nicht gerade von sich behaupten, den Hexer in besonders guter Erinnerung behalten zu haben. „Aber Owyn ist bereit Euch eine Chance zu geben, und das will einiges heißen. Offensichtlich ist er mit Euch zufrieden gewesen und ich vertraue seinem Urteil. Ihr seid hier willkommen, solange Ihr es nicht enttäuscht.“

Der Elb sieht den Hexer offen über den Tisch hinweg an und wartet gelassen die Reaktion des jungen Mannes ab. Das Nathan vermutlich nicht mit einem derartigen Angebot rechnet, steht für Cináed eigentlich außer Frage. Hexer genießen beim Großteil der einfachen Bevölkerung allgemein hin keinen besonders guten Ruf. Der Gedanke das Cináed ihn fortjagen oder gar der Stadtwache übergeben könnte, dürfte Nathanael wahrscheinlicher erscheinen als die Möglichkeit auf Verständnis und Entgegenkommen oder wenigstens auf eine gewisse Toleranz zu stoßen – vor allem dann, wenn man ihr erstes Aufeinandertreffen berücksichtigt. Doch der Herr von Glyn-y-Defaid hat seine eigenen Gründe dem fremden Hexer diese Chance zuzugestehen – zumindest vorerst – auch wenn er es vorzieht seine Motive für sich zu behalten. Davon einmal abgesehen ist es bereits spät, die Nacht dunkel, der Weg zurück in die Stadt weit und die Steinfaust fern.
Eher zufällig fällt Cináeds Blick auf die mit einem schmutzigen Verband versehene Verletzung an der Hand seines Gegenübers. Zweifelsohne schmerzhaft, stellt er nüchtern fest, kennt er sich doch mit derartigen Wunden nur zu gut aus. Daran wird er noch einige Siebentage, wenn nicht Monde, Freude haben... Das Verletzungen dieser Art nur langsam heilen und meist äußerst anfällig für Infektionen sind, ist kein besonders großes Geheimnis. „Ich kann Euch saubere Verbände, eine einfache Tinktur zum Auswaschen und eine leichte Salbe zum Einreiben geben, wenn Ihr wollt“, erklärt der Shida'ya, während er eher beiläufig mit dem Kopf in Richtung der Verletzung deutet.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 28. Apr. 2010, 15:21 Uhr
Kopfschüttelnd beobachtet Nathan den bärtigen Elben. Es ist dem jungen Mann mit dem langen schwarzen Haaren und den blassen Gesicht deutlich anzusehen, dass ihn die Reaktion des Hausherrn verwirrt. So recht weiß der nicht, was er von dem Händedruck und der fast schon freundlichen Begrüßung halten soll.
Nach ihrer Begegnung in den Straßen Tayras erwartet Nathan alles andere als Freundlichkeit. Aber trotzdem scheint dieser Cináed, Herr von Glyn-y-Defaid, nicht daran interessiert zu sein, ihn herauszuschmeißen oder die Stadtwache zu rufen. Dafür, das er bekanntlich weiß, das Nathan ein Hexer ist, ist sein Verhalten ist viel zu höflich, irgendetwas kann hier einfach nicht stimmen und wer weiß schon, was der bärtige Kerl noch im Schilde führt.
Die Skepsis ist Nathan förmlich ins Gesicht geschrieben, als er sich zögerlich wieder auf seinen Platz niederlässt.
<„So... Ihr wollt also Arbeit…Ihr fragt Euch, warum ich Euch noch nicht fortgeschickt habe, ist es nicht so?“, eröffnet Cináed das Gespräch, während er seelenruhig sich seiner Ziegenmilch und dem Brot widmet. Nathan lässt unterdessen den Mann nicht aus den Augen und erwidert seine Frage mit einem kurzen: „Da liegt Ihr völlig richtig!“
<„Warum sollte ich Euch fort schicken, Nathanael? Weil ich weiß, was Ihr seid...?“>, der Herr von Glyn-y-Defaid lacht kurz auf, nur um nach einer kleinen Pause weiter zu sprechen. <„Ihr seid ein kräftiger junger Mann, Nathanael. Und soweit ich das zu beurteilen vermag sowohl körperlich, als auch geistig in guter Verfassung – was mir sagt, dass Ihr offensichtlich gelernt habt Eure Kräfte hinlänglich zu beherrschen….Oder denkt Ihr ich könnte Euch wegen der Sache in der Stadt nicht hier haben wollen...? Damit liegt Ihr womöglich nicht einmal so falsch….Aber Owyn ist bereit Euch eine Chance zu geben, und das will einiges heißen. Offensichtlich ist er mit Euch zufrieden gewesen und ich vertraue seinem Urteil. Ihr seid hier willkommen, solange Ihr es nicht enttäuscht.“>

Nun ist es an Nathan kurz aufzulachen. Meint der Kerl es wirklich ernst? Nicht wirklich oder?
Die Unsicherheit und Skepsis weicht der gut erprobten Fassade von Ironie und Sarkasmus. Mit zu einem spöttischen Lächeln verzogenen Lippen lehnt er sich auf dem Stuhl nach hinten und fixiert den Elb mit seinen stechend blauen Augen. „Ich habe keine Ahnung, weshalb Ihr meint, einschätzen zu können, in was für einer körperlichen oder geistigen Verfassung ich mich befinde. Aber… ich fühle mich einfach einmal geschmeichelt, dass Ihr beide für gut befindet. Und das Ihr mich für fähig haltet, meine… wie habt Ihr es so schön genannt… meine Kräfte… zu beherrschen, fasse ich ebenfalls als Kompliment auf. Denn mit der Magie, ist das ja bekanntlich so eine Sache… denn schließlich bin, ein „Hexer“, nicht wahr?“
Langsam beugt sich der schwarzhaarige Mann vor. Er lässt sein Gegenüber keine Sekunde aus den Augen, denn schließlich ist es die einzige Möglichkeit für Nathan zumindest ansatzweise abzuschätzen, ob ihn der Kerl gerade auf den Arm nimmt oder es wirklich ernst meint, mit seinen treuseligen Worten und dem Angebot auf Glyn-y-Defaid bleiben zu dürfen.
Doch Cináed zuckt nicht mit den Wimpern. Unverändert freundlich ruht sein Blick auf Nathan, während Nathans Provokationen an ihm abprallen wie Regen an einem Stück Stein.
Und was nun? Dummerweise benötigt Nathan die Arbeit, die ihm der bärtige Elb so großzügig angeboten hat. Selbst wenn er jetzt Glyn-y-Defaid verlässt, wird das sein finanzielles Problem nicht lösen. Irgendwo und bei irgendwem muss er sein Geld verdienen, auch wenn es nun wirklich nicht gerade bei diesem Kerl sein müßte. Nathans Stirn legt sich in Falten und nachdenklich fährt er sich mit der Hand übers Kinn. Auf eine bestimme Art und Weise erinnert Cináed Nathan an Arúen. Auch sie hat er nie so richtig verstanden, und noch immer ist es für ihn völlig unbegreifbar, wieso sie ihn, einen fremden Mann mit einer ziemlich anrüchigen Vergangenheit, einen Hexer, dieses Vertrauen entgegen gebracht hat. Ein Vertrauen, dass er in seinen Augen nicht einmal ansatzweise verdient hat. Aber vielleicht hat sie ja Dinge in ihm gesehen, die für ihn nicht sichtbar sind. Immerhin ist Arúen eine Hohepriesterin und eine Elbe und aus Elben wird man bekanntlich nicht schlau.

<„Ich kann Euch saubere Verbände, eine einfache Tinktur zum Auswaschen und eine leichte Salbe zum Einreiben geben, wenn Ihr wollt“>, reißt Cináed Nathan abrupt aus seinen Gedanken. Beiläufig deutet der bärtige Mann mit dem Kopf in Richtung seiner verletzten Hand.
Für einen kurzen Moment ist Nathan wirklich verdutzt über Cináed Angebot. Da er gerade sowieso nicht weiß wie er auf den Kerl und sein Verhalten reagieren soll, nickt er der einfach halber nur und brummt: „Vielleicht keine schlechte Idee….“
Schweigen legt sich zwischen die beiden Männer, die der Hausherr von Glyn-y-Defaid dazu nutzt, in Ruhe sein Abendmahl zu sich zu nehmen. Schon erstaunlich woher der Kerl diese Gelassenheit nimmt. Da sitzt er mit einem Mann wie Nathan zusammen am Tisch und tut so als könne er kein Wasserchen trüben. Grüblerisch verflogt der Hexer die Bewegungen des Elben, während seine Gedanken hektisch hin und her springen. Diese wortlose Stille fängt an ihm auf die Nerven zu gehen. Verdammt... was will der Kerl eigentlich von ihm?
„Also… Ihr wollt mich wirklich bei Euch anstellen? Ist das so?“, fragt Nathan schließlich direkt. „Tut mir leid, aber so richtig werde ich aus Euch nicht schlau. Wie Ihr schon sagtet, wisst Ihr sehr genau wer und was ich bin. Wieso schickt Ihr mich dann nicht fort? Denkt Ihr wirklich ich könnte keine Gefahr für Euch und Euren Hof hier sein? Seid Ihr wirklich so naiv?“
Mit schief gelegten Kopf und zusammengezogenen Augenbrauen berachtet Nathan den Elb. „Ja, ich bin ein Hexer und ja und ich habe meine Kräfte gut im Griff… meistens…“, ein düsteres Lächeln entblößt seine Zähne,“... aber ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, ich hätte sie immer unter Kontrolle. So ist das eben mit uns ungebildeten Magiern. Es passieren eben oft Dinge, die…nunja, die wir nicht beabsichtigt haben. Ich kann gut damit leben, aber ich bin mir nicht sicher ob Ihr das könnt.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 28. Apr. 2010, 21:34 Uhr
Nathans verbale Attacken bringen Cináed nicht weiter aus der Fassung. Der Shida'ya besitzt ein geradezu bewundernswertes Maß an Langmut, und gegenüber Spott und Sarkasmus ist er ohnehin seit jeher äußerst resistent. Auch auf die Art und Weise wie sein Gegenüber die Bezeichnung 'Hexer' gebraucht, geht er zunächst nicht näher ein. So abfällig wie der junge Mann das Wort ausspricht, scheint es ihm nicht sonderlich zu schmecken – eine Feststellung die Cináed nicht groß überrascht, immerhin wird der Begriff häufig äußerst abwertend gebraucht, ja sogar als grobes Schimpfwort verwendet. Versucht er mich etwa testen?, denkt der Elb amüsiert. Was will er damit erreichen? Der Herr von Glyn-y-Defaid lächelt still in sich hinein und bleibt weiterhin freundlich.
Sein Angebot Nathanael Verbandszeug und einige einfache Heilmittel zu überlassen, scheint den dunkelhaarigen Mann beinahe noch mehr zu verblüffend, als die Zusage, tatsächlich auf dem Hof arbeiten zu dürfen. Ja, es verschlägt dem Tagner offenbar sogar dermaßen die Sprache, dass er zunächst nicht mehr als ein schlichtes »Vielleicht keine schlechte Idee...« herausbringt. Cináed nickt lediglich und widmet sich seinem restlichen Abendessen. Schweigend beendet er sein Mahl und überlässt Nathanael seinen eigenen Gedanken. Soll er ruhig ein wenig grübeln, sagt sich der Elb. Das hat bisher noch nie jemandem geschadet.
Dem Tagner scheint die aufkommende Stille allerdings nicht sonderlich zu behagen. Unruhig rutscht er auf seinem Stuhl hin und her und beobachtet Cináed misstrauisch. Schließlich, als er es offenbar nicht länger aushält zu schweigen, fragt er gerade heraus: »Also... Ihr wollt mich wirklich bei Euch anstellen? Ist das so?« Der Shida'ya nickt zustimmend, aber der junge Mann bleibt weiterhin skeptisch. »Tut mir leid, aber so richtig werde ich aus Euch nicht schlau«, erklärt er seinem Gastgeber unumwunden. »Wie Ihr schon sagtet, wisst Ihr sehr genau wer und was ich bin. Wieso schickt Ihr mich dann nicht fort? Denkt Ihr wirklich ich könnte keine Gefahr für Euch und Euren Hof hier sein? Seid Ihr wirklich so naiv?« Der Tagner legt den Kopf schief und mustert den Herrn von Glyn-y-Defaid abschätzend. »Ja, ich bin ein Hexer. Und ja, ich habe meine Kräfte gut im Griff... meistens...«, meint er mit einem spöttischen Lächeln auf den Lippen, »aber ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, ich hätte sie immer unter Kontrolle. So ist das eben mit uns ungebildeten Magiern. Es passieren eben oft Dinge, die... nun ja, die wir nicht beabsichtigt haben. Ich kann gut damit leben, aber ich bin mir nicht sicher ob Ihr das könnt.« Er bedenkt seinen Gegenüber mit einem herausfordernden Blick.

Abermals nickt Cináed, dieses Mal jedoch deutlich bedächtiger, und sein Gesicht wird nun sehr ernst, obschon er nach wie vor nicht unfreundlich wirkt. „Nein“, entgegnet er, „ich bin nicht so 'naiv'.“ Langsam schiebt er den leeren Teller vor sich beiseite und lehnt sich ruhig auf seinem Stuhl zurück. „Was genau wollt Ihr eigentlich von mir hören, Nathanael?“, brummt er nun selbst mit einem Hauch von freundlichem Spott in der Stimme. „Ihr klingt, als wolltet Ihr geradezu, dass ich Euch ablehne, weil Ihr seid, was Ihr seid. Ist es so schlimm oder zu schwer zu akzeptieren, dass ich dies nicht tue?“ Der Elb lacht und hebt kurz die Hand, um dem jungen Mann zu bedeuten, dass er schweigen soll, als Nathan darauf etwas zu erwidern versucht. „Ich lebe seit fast nunmehr einhundert Götterläufen auf Glyn-y-Defaid... und Ihr könnt mir glauben, wenn ich Euch versichere, dass ich nicht zulassen werde, dass Ihr seinen Bewohnern ernsthaft schadet! Ich werde Euch auch nicht hindern, falls Ihr es morgen früh vorzieht Euer Glück anderswo zu suchen...“ Cináed spricht weiterhin freundlich, aber dennoch mit sehr viel Nachdruck, und sein Gesicht nimmt einen harten Ausdruck an.
„Ich gebe mich in Bezug auf Eure Person keinen falschen Illusionen hin“, fährt er schließlich fort. „Ich habe in der Stadt gesehen, was für ein Mensch Ihr seid – kein guter, soviel ist sicher...“, stellt der Elb unumwunden fest. „Aber auch kein schlechter“, relativiert er seine Aussage gleich darauf und allmählich wird der Ausdruck auf seinem Gesicht wieder milder. „Obwohl Uio Euch damals in der Gasse am Arm verbrannt hat, habt Ihr ihn mit einem 'Schild' vor Áeds Hufen geschützt“, sagt er. „Und deshalb dürft Ihr bleiben – vorerst!“ Cináed lächelt matt und erhebt sich langsam. „Also, mein Angebot steht, nehmt es an oder lasst es bleiben... Um ehrlich zu sein, hinter mir liegt ein langer, unangenehmer Tag und diese Unterhaltung beginnt mich zu ermüden. Was haltet Ihr davon, wenn wir morgen sehen wie es weitergeht...?“ Fragend sieht er den Hexer an, geht schließlich hinüber zur Hintertür und bedeutet dem jungen Mann ihm zu folgen. „Kommt, ich bringe Euch hinüber zum Gesindehaus und zeige Euch Eure Kammer.“ Ohne lange abzuwarten, marschiert der Elb einfach zur Tür hinaus, sodass Nathan nichts anderes übrig bleibt als den Shida'ya zu folgen, wenn er die Nacht nicht in der Küche verbringen will.

Bevor Cináed seinen Begleiter jedoch zum Gesindehaus hinüber führt, machen die beiden Männer noch einen kurzen Abstecher zum Badehaus, in welchem auch die kleine Werkstatt des Gutsbesitzers untergebracht ist. Der Raum ist nicht sonderlich groß, aber sehr gut ausgestattet und ordentlich aufgeräumt. Jedes Handwerksgerät hat seinen Platz und nichts liegt unnütz herum. Zielsicher tritt der Herr von Glyn-y-Defaid an einen verschlossenen Schrank heran, holt einen Schlüssel hervor, schließt die Schranktüren auf und nimmt schließlich eine ebenfalls sorgsam verschlossene kleine Truhe heraus. Bedächtig stellt Cináed die Truhe auf dem Werktisch ab, fördert einen weiteren Schlüssel zu Tage und schließt auch dieses Schloss auf. „Kommt“, fordert er Nathan auf näher zu ihm heranzutreten, und beugt sich tiefer über die Truhe in der offenbar diverse kleine sorgsam versiegelte Tonflaschen, Krüge und Tiegel aufbewahrt werden, die mit sonderbaren Symbolen versehen sind. Es ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, was diese Zeichen bedeuten, aber Cináed scheint genau zu wissen was er sucht. Ohne lange zu überlegen nimmt er zunächst eine kleine Flasche und dann einen flachen Tiegel heraus, die er wortlos an Nathan weiterreicht. Anschließend verschließt der Elb die Truhe wieder sorgsam, verstaut sie an ihrem Platz im Schrank und sperrt auch dessen Türen wieder zu. Zu guter Letzt holt der Shida'ya von irgendwo anders her noch etwas Verbandszeug herbei, dann schiebt er seinen Begleiter wieder zur Tür hinaus.
Während Cináed Nathan zum Gesindehaus führt, gesellen sich die zwei Hofhunde zu ihnen und trotten wachsam hinter den beiden Männern her. Der Gutsbesitzer achtet nicht weiter auf die Tiere und deutet stattdessen mit einem Kopfnicken auf die schlichten Gefäße in Nathanaels Händen. „In der Flasche befindet sich eine Tinktur aus Ringelblumen- und Kamillenextrakt, gebt ein paar Tropfen davon in sauberes, lauwarmes Wasser und wascht Eure Wunde vorsichtig damit aus. Anschließend reibt die Verletzung behutsam mit der Heilsalbe ein, aber gebt Acht, dass Ihr nur sehr wenig verwendet... und lasst ja nichts auf eine offene Wunde kommen lasst.“ Er reicht seinem Begleiter das saubere Verbandszeug und hält ihm die Tür zum Gesindehaus auf. Die Kammer, die Rhona für den Tagner vorbereitet hat, ist schnell gefunden, denn ihre Tür steht einladend offen. Ausgestattet ist der Raum nur mit dem Nötigsten: Einem Bett, welches offensichtlich gerade erst frisch bezogen wurde, einem Hocker, der neben dem Bett steht und auf dem sich eine Kerze sowie etwas Zunderzeug befindet, einem kleinen Tisch, einer Wäschetruhe und einer kleinen Waschnische, die mit einer einfachen Schüssel, einem Wasserkrug und einem groben Handtuch ausgerüstet ist. „Der Abtritt befindet sich hinter dem Haus“, merkt Cináed noch erklärend an. „Emrys und Liam gehören die beiden Kammern am Ende dieses Ganges. Owyn und seine Familie wohnen im Obergeschoss und die Mägdekammern befinden sich unterm Dach.“ Der Elb macht einen Schritt zurück und tritt in den Flur hinaus. „Gute Nacht“, verabschiedet er sich mit einem knappen Kopfnicken und lässt Nathan allein zurück.

Im Dunkeln stapft der Herr von Glyn-y-Defaid zum Haupthaus zurück. Die Nacht ist recht bewölkt, aber da Elben weitaus bessere Sinne besitzen als Menschen, reicht ihm das spärliche Mondlicht aus, um mühelos seinen Weg zu finden. Ohnehin kennt Cináed sich so gut auf dem Anwesen aus, dass er auch in absoluter Finsternis ganz genau wüsste, wohin er seine Schritte zu lenken hat. Mabon und Modron schließen sich ihm an und als die beiden wieder in die Dunkelheit verschwinden, weil der Elb die Hintertür zur Küche erreicht, machen zwei vorlaute Katzen mit sanftem Maunzen auf sich aufmerksam. Der Shida'ya klaubt die frechen Dinger vom Boden auf, geht ins Haus und versperrt die Tür sorgsam hinter sich, bevor er sich auf sein Zimmer begibt.
In seiner Schlafkammer angelangt, setzt er die beiden Kätzchen auf dem Bett ab und streift müde die schmutzigen Kleider vom Leib. Eigentlich hat er vorgehabt im Badehaus vorbei zuschauen, aber Nathanaels unerwartete Anwesenheit hat diesem Vorhaben einen Riegel vorgeschoben. Nach dem Gespräch mit dem Hexer ist Cináed schlichtweg zu müde, um nun noch ein Bad zu nehmen. Stattdessen begnügt er sich mit einer halbherzigen Katzenwäsche – wohlwissend das Rhona ihn am nächsten Morgen gewiss wegen der achtlos zu Boden geworfenen Schmutzwäsche gehörig zur Schnecke machen wird – schlüpft in sein Nachtgewand und geht zu seinem kleinen Hausaltar hinüber. Er nimmt das bereitliegende Zunderzeug, entzündet die Altarkerze aus duftendem Bienenwachs und kniet sich zur stummen Andacht nieder. Wie immer richtet er seine stilles Gebet zunächst an Loa und ihren Archon Glaedaegryn Funkenschlag NAschließend richtet er sich in dieser Nacht aber auch an Xinaoha die Weise, Herrin der Erkenntnis, der Klarheit und des Wissens und zu guter Letzt an Yen, den Herrn der tiefen Stille, der Mysterien und Verschwiegenheit. Gebt mir Kraft.

Erschöpft löscht der Herr von Glyn-y-Defaid schließlich das Licht und begibt sich zu Bett. Doch obwohl sein Körper förmlich um Erholung bettelt, will es dem Elben anfangs einfach nicht gelingen in Trance hinüberzugleiten. Fortwährend kreisen die Gedanken des Shida'ya um Nathan und die Auswirkungen, die die Anwesenheit des jungen Hexers möglicherweise auf sein eigenes Leben haben wird. Der Elb ist sich nur allzu sehr der Tatsache bewusst, dass, wenn die Schicksalswürfel nur ein wenig anders gefallen wären, ihrer beider Plätze sehr leicht vertauscht sein könnten: Nathan der Gutsherr, ich der Tagner...
Dies ist der wahre Grund – oder zumindest einer der Gründe – weshalb der Herr von Glyn-y-Defaid den jungen Mann nicht umgehend wieder vom Hof gejagt hat. Cináed seufzt leise und krault der kleinen Katze, die sich leise schnurrend auf seinem Bauch zusammengerollt hat, nachdenklich den Rücken. Er weiß was es bedeutet hungernd und frierend durch die Lande zu vagabundieren, des Diebstahls bezichtigt, eingesperrt und als Missgeburt verschrien zu werden. Für ihn sind diese Tage allerdings nun schon seit langem vorbei. Er hat es geschafft, Soris hat es gut mit ihm gemeint. Ja, einst, als er die festen, grauen Mauern von Glyn-y-Defaid zum ersten Mal zu Gesicht bekam, hat er sogleich gewusst, am Ziel zu sein. Vom heruntergekommenen Tagner hat er sich mühsam zum einfachen Knecht und weiter zum Großknecht hochgearbeitet, es sogar bis zum angesehenen Bürger geschafft. An Taras Seite ist er schließlich Cináed geworden, während Cadian mehr und mehr in Vergessenheit geraten ist.
Der Elb schließt gähnend die Augen. All dies sind Dinge, die Nathan nicht wissen kann, nicht wissen braucht und niemals wissen muss. Ich kann den Kerl nicht mal richtig leiden und in ein paar Tagen ist er ohnehin wieder fort. Der Shida'ya schiebt die protestierenden Kätzchen fort und dreht sich auf die Seite. Er muss es nie erfahren. Und das ist gut so... Trotzdem wird Cináed das dumpfe Gefühl nicht los, dass es vielleicht gar nicht so verkehrt wäre mit dem jungen Hexer zu sprechen. Hm... Vielleicht wenn er mich wirklich, wirklich wütend macht...

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 29. Apr. 2010, 14:33 Uhr
Nicht nur der Hausherr von Glyn-y-Defaid findet in dieser Nacht nur schwer Ruhe. In einer kleinen Kammer im Gesindehaus, inmitten eines nach frischer Wäsche duftenden Betts versucht der neue Tagner namens Nathanael verzweifelt Schlaf zu finden. Doch auch seine Gedanken kreisen wie aufgescheuchte Hühner hin und her. Seufzend wälzt er sich von der linken und die rechte Seite und wieder zurück, während sich immer wieder die entscheidende Frage aufdrängt: Was mache ich eigentlich hier?
Er kann sich die Situation so viel schön reden wie er will, es gefällt ihm einfach nicht, dass dieser Cináed über ihn Bescheid weiß. Dieses Wissen, das es nun schon zwei Personen in Talyra gibt, die seine Fähigkeiten durchschauen, verursacht ein flaues Gefühl in seiner Magengegend. Mit Arúens Einblick in sein Seelenleben hat der junge Mann gelernt zu leben. Ihre zurückhaltende, aber deswegen nicht minder wirksame Führung und Anleitung hat er zwar zuerst nur der Not gehorchend, doch später dann sogar bereitwillig in Anspruch genommen, und auch wenn er es sich nicht gerne selber eingesteht, so hat ihm die Zeit auf Vinyamar sehr gut getan.
Und nun? Dreht sich das Rad einfach weiter? Tauscht Nathan nur den Hof und seine Bewohner gegen Neue aus? Nein, so einfach ist das nicht. Nathans Vertrauen zu Arúen ist langsam gewachsen. Ziemlich langsam, denn dem Hexer fällt es von Natur aus schwer, sich auf Andere einzulassen und noch viel schwerer sich auf sie zu verlassen. Diesen Cináed gegenüber hegt er seit ihrem Gespräch in der Küche eine ungute Mischung aus Argwohn und Zweifel und so schnell wird nichts diese Skepsis vertreiben können.
Gähnend rollt sich der Hexer auf den Rücken und starrt mit müden, aber immer noch offenen Augen an die Holzdecke seiner Kammer. Das Mondlicht wirft helle Flecken auf die Holzbalken, die genauso wie Nathans Gedanken wild hin und her tanzen. Er hebt seine verletzte Hand und blickt auf dem im fahlen Licht strahlend weißen neuen Verband. Wie Cináed es ihm geraten hat, hat er noch vor dem zu Bett gehen die großflächige Wunde mit dem Extrakt ausgewaschen und die Heilsalbe darauf geschmiert.
Weshalb ist der Kerl nur so scheiß freundlich zu mir? Hmpf….daraus soll einer schlau werden. Aber egal, nichts bindet mich hier. Ich verdiene einfach ein paar Münzen, zahle meine Schulden bei Sewfried ab und verschwinde wieder. Ganz einfach!…Und was Cináed weiß oder nicht weiß,… was spielt das schon für eine Rolle? Bisher hat er nicht die Stadtwache gerufen, dann wird er es vermutlich auch später nicht tun. Und selbst wen.. von der Stadtwacher verfolgt oder eingelocht werden, das ist nichts, was ich nicht kenne oder kontrollieren könnte. Also, warum sich einen Kopf ma…Hm? Was ist das?

Ein leises, aber bestimmtes Klopfen an der schmalen Fensterscheibe reißt den schwarzhaarigen Mann aus seinen Gedanken.
Tock tock tock…tock tock tock
Es gibt nur Eine, die mit diesem Rhythmus auf sich aufmerksam macht. Nathan huscht ein schmales Lächeln über das Gesicht, als er seine Beine aus dem Bett schwingt und auf nackten Sohlen, nur mit seiner langen Unterhose bekleidet ans Fenster tritt. Ein lautes Quietschen durchbricht die Stille der Nacht, als er das Fenster öffnet, um den schwarzen Schatten, der aufgeregt auf dem schmalen Fenstersims auf und ab hüpft, hineinzulassen. Flatternd und krächzend verschafft sich Rix durch geöffneten Spalt einen Eintritt in die kleine Kammer.
„Schhhhhh…nicht so laut! Du weckst ja das ganze Haus auf mit deinem Geschrei…“, ermahnt Nathan mit strengen Blick seinen Vogel.
„Braver Junger, braver Junge“, säuselt die Sitechrabendame ihren Herrn ins Ohr. Sofort hat sie sich auf seiner Schulter nieder gelassen und reibt, begleitet von einem katzenähnlichen Schnurren, ihren Kopf an den seinem.
„Es ist schon wirklich erstaunlich wie du mich immer wieder findest? Wie machst du das..hm?“, fragt er kopfschüttelnd. Seine Finger wandern vorsichtig über ihr schwarzes Gefieder, bis sie schließlich den schmalen Kopf des Vogels erreichen. Sanft krault er seine Freundin unter dem Schnabel, was ein paar glückliche Gluckser ihrer Kehle entlockt. Die Anwesenheit des kleinen widerspenstigen Rabens tut Nathan merklich gut. Fast augenblicklich sind seine düsteren Gedanken vergessen. Tja, für irgendetwas muss das Vieh ja auch gut sein.
„Brave Vögel finden im Keller Körner. Seht nur wie gut reif sie sind und wie gut sie schmecken! Nur zwei Kupferlinge…ein wahres Schnäppchen, meine Dame“, behauptet Rix im Originaltonfall eines schmierigen Marktschreiers. „Wollt Ihr sie nicht kosten. So etwas vorzügliches findet Ihr nie wieder, meine Schöne!“
Lachend schüttelt Nathan den Kopf. „Du bist wirklich verrückt, weißt du das? Na komm …du kriegst ja schon deine Körner und dann ist Ruhe. Morgen wird sicherlich ein harter Tag!“
Mit diesem Worten gibt Nathan seinem Vogel einen kleinen Klaps auf den Schnabel, ein Zeichen für Rix endlich ruhig zu sein. Dann wühlt er unter dem Berg seiner Kleidung auf dem Boden den Beutel mit Rix Futter hervor. Ein paar der Körner schüttet er aus dem Beutel und lässt die kleine Sithechrabendame genüsslich die Samen aus seiner Handfläche picken und verspeisen. Lächelnd beobachtet er den Vogel eine Weile bei seinem Mitternachtsmahl. Inzwischen hat er es sich wieder auf seinem Bett bequem gemacht.
Schließlich beginnt kurze Zeit später herzhaft zu gähnen.
„So jetzt muss ich aber schlafen,….“, murmelt er müde und kaum mehr fähig, die Augen offen zu halten. Er verscheucht den Vogel von seiner Schulter und zieht sich die Decke über den Körper. Während Rix sich einen bequemen Platz zum Schlafen sucht, schließt der Hexer die Augen und siehe da...ein paar Augenblicke später ist er auch schon eingeschlafen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 30. Apr. 2010, 17:45 Uhr
Ein paar Tage vor dem Blumenball


„Reichst du mir bitte mal den Hammer und die Kiste mit den Nägeln?“ Liam, der Stallknecht von Glyn-y-Defaid lächelt Nathan breit an und hält ihm die Hand hin. Er junge Herzländer mit dem dunkelblonden Haar steht auf einer langen Holzleiter, die gegen die Südwand des Kuh- und Schweinestalls gelehnt ist. Der kräftige Frühjahrsturm von letzter Nacht hat es geschafft ein paar Schindeln und Holzbretter abzulösen, die nun im Wind regelmäßig gegen die Wand klappern. Die Schweine, aber insbesondere der Bulle Ciar und die Kühe Brid und Ena, finden an dem dauerhaften Lärm vor ihrer Nase überhaupt kein Gefallen und laufen schon den ganzen Vormittag nervös im Stall auf und ab - höchste Zeit also die Tiere von dem Störenfried und zu befreien.
Nathan spart sich eine Antwort und hält Liam den Hammer und Nagelkiste entgegen.
„Danke…“, antwortet dieser freudestrahlend. „Man, man, man, ich bin ja schon echt gespannt auf den Blumenball. Das wird bestimmt eine Wucht. Die ganzen Leute aus der Stadt, die Musik, der Tanz und ich, ich bin mitten drin. Weißt du….“

Schon nach den ersten zwei Sätzen schaltet Nathan ab. Was interessiert ihn das Gerede, um diesen dämlichen Blumenball. Nur gut, dass ihn bisher niemand dazu aufgefordert hat, im Zuge der Festivitäten irgendeine Aufgabe zu übernehmen. Das hätte ihm gerade noch gefehlt. Manchmal ist es von Vorteil den Ruf eines stillen und unzugänglichen Eigenbrödlers zu haben, dann wird man wenigstens nicht mit so einem Mist belästigt.
Die letzten zwei Siebentage hat Nathan krampfhaft versucht, sich an die Gepflogenheiten des Guts anzupassen. Ja, er hat sich richtig Mühe geben - kein Murren, keine zynischen oder herablassenden Worte. Die Arbeiten, die Owyn ihn übertragen hat, hat er zügig und einwandfrei erledigt, egal ob sie anstrengend oder lästig waren. Dieses Verhalten hat dem Hexer den Ruf eines zurückhaltenden, aber fleißigen Arbeiters eingehandelt und ihn des öfters vor zu aufdringlichen Fragen geschützt. Abends wenn das ganze Gesinde samt ihres Gutsherrn zusammen kommt, wenn gemeinsam gegessen und der Tag mit all seinen Ereignissen besprochen wird, dann nutzt Nathan jede Chance, sich so bald wie möglich zurückzuziehen. Er ist froh Cináeds Blicken zu entkommen, auch wenn es bisher noch keine Anzeichen dafür geben hat, dass er sein Wissen über Nathan in irgendeiner Art und Weise ausnutzen will, so traut der Hexer dem bärtigen Elb immer noch kein Stück. Außerdem ist ihm diese familiäre Atmosphäre am Tisch einfach zu wider. Es erinnert ihn viel zu sehr an das Ulmenanwesen und hält ihm immer wieder vors Gesicht, wie sehr er gegen seinen Willen Vinyamar samt seinen Bewohnern vermisst. Vermissen…es grenzt an eine kleines Wunder, dass sich Nathan überhaupt dieses Gefühl einzugestehen vermag. Bis vor kurzem hat er alles was damit zusammen hängt, einfach mit einem ironischen Augenzwinkern weg gewischt. Aber was macht es für einen Sinn, sich andauert selbst zu belügen.

„…da werden Emrys und ich, die tollsten Pferde zu Gesicht bekommen, glaub mir…und wer weiß…“, der Stallknecht kichert einwenig, “vielleicht ist ja das eine oder andere Tänzchen mit einer schönen Maid drin. Also, ganz ehrlich, ich wüsste schon mit wem ich gerne tanzen würde...“ Versonnen schaut der junge Mann von seiner Leiter auf Nathan hinunter. Seine graugrünen Augen leuchten nun richtig und auf seine Wangen sind leicht rosa eingefärbt “Wenn sich die Chance bietet, dann frage ich sie! Jawohl…das mach ich. Und ich werde kein nein, akzeptieren…Gibt’s du mir mal das Brett dahinten?“
Nathan bückt sich und tut wie ihm geheißen.
„Und du?“, fragt Liam, während er mit viel Schwung das neue Holzbrett an die Stallwand hämmert. „Gibt es bei dir auch jemanden, mit dem du gerne auf so einem Ball tanzen würdest?“
„Ich….?“
„Ja klar, du kennst doch bestimmt auch eine hübsche Frau in der Stadt, die du gerne zu einem Tanz auffordern würdest oder?“
Nathan schaut ein wenig angewidert zu Liam hinauf. „Nicht wirklich….“
Der glaubt doch nicht, dass ich auf einem „Ball“ das Tanzbein schwingen würde? Ich war einmal auf so einem Fest, dass hat mir gereicht! Diese ganzen reichen, herausgeputzten Weiber, die warn ja schlimmer als ein Haufen Magier. Und dann diese Musik und diese dämlichen Gesellschaftstänze…Nein danke! Wobei…, wer weiß …mit Nevis könnte man sich auf so einer Veranstaltung vielleicht doch amüsieren - allerdings ganz sicher nicht auf der Tanzfläche… Ein freches Grinsen huscht über sein Gesicht als er sich kurz seinen ziemlich dreckigen Gedanken hingibt.
„Ach was, das glaube ich dir nicht. Du hast bestimmt auch einen Haufen Verehrerinnen, da bin ich mir sicher. Sooooo….Kannst du mir noch drei weitere Bretter bringen? Die stehen hinter dem Stall. Ich habe sie schon vorhin hergerichtet. Danach dürften wir hier oben fertig sein. Ich klettere schon mal aufs Dach, dann kannst du sie mir hochreichen!“ Liam grinst immer noch breit auf Nathan herab, der ein mehr oder minder freundliches „Glaub doch was du willst..“, ihm entgegen brummt, um dann hinter dem Stall zu verschwinden.

Zurzeit hat Nathan wirklich andere Probleme, als irgendwelche Weiber, die ihm nachrennen oder auch nicht. Er will gerade nach den drei Brettern greifen, als es plötzlich über ihm laut poltert und scheppert. Ein Regen, bestehend aus spitzen Eisennägeln, geht neben Nathan nieder, gefolgt von einer kleinen Holzkiste, die mehrmals gegen die äußere Stallwand donnert, bevor die neben seinem Fuß im Gras einschlägt und in ihre Einzelteile zerspringt.
Dann hört er auch schon Liam aufschreien.
„Woaaaaaaaaaaaa….“, ertönt es lauthals von der im gegenüberliegenden Dachseite. Ein weiteres Donnern, einmal, zweimal, Nathan verzieht schon einmal mitfühlend das Gesicht, und dann ein harter dumpfer Aufschlag auf den Boden.
„Liam…alles in Ordnung mit dir?“ Der Hexer lässt die Bretter fallen und läuft einmal um den Stall herum.
Am Boden liegend, neben der umgekippten Leiter findet er den jungen Stallknecht. Er krümmt sich und hält seinen linken Arm krampfhaft umklammert. Die bis gerade eben noch rosa verfärbten Wangen, haben urplötzlich jegliche Farbe verloren, aber wenigsten ist er bei Bewusstsein und scheint sich zum Glück nicht schlimmeres getan zu haben. Zumindest kann Nathan auf den ersten Blick keine äußerlichen Verletzungen entdecken. Erleichtert atmet er kurz auf, dann beugt sich zu dem jungen Mann hinunter.
„Verdammt…Verdammt…“; flucht der Stallknecht, „mein Arm….Autsch,.. verdammt!“
„Lass mal sehen.“
„Ahhhhh….nein…sei vorsichtig…“ Nur widerwillig lässt sich Liam von Nathan aufrichten. Sein Gesicht ist vor Schmerz verzerrt. Die Augen hat er zusammen gekniffen, als würden die Schmerzen in seinem linken Arm und Schultergelenk ganz einfach verschwinden, wenn er sie nur nicht ansieht. „Scheiße, tut das weh!“
Mit schief gelegtem Kopf betrachtet der Hexer Liams Arm, der seltsam verdreht und in einem unnatürlichen Winkel von seinem Oberkörper absteht. Nathans linke Augenbraue wandert langsam nach oben.
„Hm…das sieht mir ganz nach einer ausgekugelten Schulter aus“, murmelt er Liam entgegen. „Die wird irgendjemand wieder einkugeln müssen.“ Und das wird verdammt wehtun, aber den kleinen Zusatz schenkt sich der Hexer.
„Na los, lass uns ins Haus gehen! Je früher dein Arm wieder sitzt, desto besser ist es.“
Der Stallknecht schaut ihn mit einer Mischung aus Schmerzen und Entsetzten an. Sein Blick fällt auf die Leiter und das angefangene Chaos auf dem Dach und er seufzt leise…“die ganze Arbeit…
„Mach dir mal keine Sorgen, Liam. Ich kümmere mich schon um den Stall, aber erstmal müssen wir dich wieder zusammen flicken.“
„Aber….“
Ohne eine Widerrede zu dulden, hilft er dem jungen Mann auf seine Beine und schiebt in Richtung Gesindehaus. Hoffentlich ist Rhona da, um sich um ihren Vetter zu kümmern. Nathan hat wenig Lust, dem Jungen selber den Arm einzurenken. Er hatte selbst einmal das Vergnügen eines ausgekugelten Arms nach einem nach einem Sturz von einem Felsen gehabt und das war nicht gerade eine schöne Erfahrung gewesen.
Über die Auswirkungen die das kleine Missgeschick auf ihn haben könnte, macht sich der neue Tagner zum Glück keine Gedanken. Das ist auch besser so, denn ansonsten hätte er vermutlich schon längst seine sieben Sachen gepackt, statt den Stallknecht nach Hause zu helfen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 02. Mai 2010, 10:13 Uhr
Ein Tag vor dem Blumenball


„Nathan, kommst du mal bitte?“ ertönt Rhonas Stimme aus der Küche. Der Hexer ist gerade dabei trockenes Holz vom Scheitholzstapel hinter dem Schuppen zu holen, als ihn Rhonas Aufforderung überrascht. Etwas stutzig stellt er den großen Korb im Flur ab und streckt seinen Kopf zur Tür herein. In Küche sind außer Rhona noch Nara und Mair und natürlich die alte Cath versammelt, die wie gewöhnlich im Sessel neben dem Feuer sitzt und an ihrem Spinnrad Schafswolle verarbeitet.
„Ja, was gibt‘s?“
„Komm setz dich. Ich muss mit dir reden…“, beginnt die oberste Magd das Gespräch. Lächelnd wischt sie sich die Hände an ihrer Schürze ab und macht ihm ein Zeichen, sich auf einen der Stühle zu setzen.
Reden? Aha... Bei dem Wort Reden überkommt dem Hexer immer ein ungutes Gefühl. Trotzdem befolgt er Rhonas freundliche, aber bestimmte Aufforderung und nimmt am Tisch Platz, während die Magd weiterhin am Herd stehen bleibt und ab und zu den Topf mit fischen Rhabarberkompott umrührt.
„Wie du ja weißt, ist morgen der große Tag! Morgen findet im Anwesen de Winter der Blumenball statt und wir unterstützen Lady de Winter und ihr Gesinde bei den Vorbereitungen, wo wir nur können ….Nara und Mair werden morgen in der Küche aushelfen und Emrys und Liam sind eingeteilt, die Stallungen herzurichten und sich um die Pferde der Gäste zu kümmern.“
Schon wieder dieser dämliche Blumenball. Zum Glück habe ich nichts damit zu tun!, denkt Nathan genervt, aber zuversichtlich. Statt irgendetwas zu erwidern, nickt er als Zeichen, dass er zumindest zugehört hat.
„Nun…ich habe gerade noch einmal mit Owyn gesprochen und…“ Das leise Kichern und Tuscheln von Nara und Mair lässt die oberste Magd inne halten. Die beiden jungen Frauen haben sich an die Tür gestellt und können nur mühsam ihr nervöses Gelächter unterdrücken. Nara hält die Hand vor den Mund  und versucht verzweifelt ihr Grinsen zu vertuschen, während Mair einen verschwörerischen Blick in Richtung Nathan wirft.
„Sagt mal…habt ihr zwei nichts Besseres zu tun, als hier Maulaffen feil zu halten?“, schimpft Rhona die beiden streng. Die oberste Magd stemmt ihre Hände in die Hüften und wirft den beiden Mädchen einen mahnenden Blick zu. „Wenn euch langweilig ist, könnt ihr ja schon einmal mit der Wäsche anfangen. Los..los..es gibt noch genug zu tun…“ Dabei klatscht sie auffordernd in ihre Hände. Die beiden Mägde kichern nochmal, um dann so schnell wie möglich die Küche zu verlassen. Mit hochgezogenen Augenbrauen verfolgt Nathan das seltsame Schaupsiel. Frauen… aus denen soll jemand schlau werden, denkt kopfschüttelnd.
„So….wo war ich…“, die oberste Magd wendet sich wieder an den Knecht „…achja, der Blumenball. Also ich habe gerade mit meinen Mann gesprochen und so wie es aussieht, wird Liam morgen nicht mitfahren können. Seinem Arm geht es zwar besser, aber du siehst ja selbst… so richtig bewegen kann er ihn immer noch nicht und ich möchte einfach nicht, dass er sich überlastet. Da kommst nun du ins Spiel, Nathan.“
„Ich?...“, erwidert der Hexer sichtlich überrascht.
„Ja, Nara hat mir erzählt, dass du sehr gerne morgen beim Blumenball aushelfen würdest. Nun… und da Liam nun leider nicht mit kann, wirst du morgen Emrys bei den Stallungen helfen. Deine Aufgabe wird es sein, die Pferde der Gäste in Empfang zu nehmen und sie zu versorgen.“
„Moment mal…“
„Keine Sorge, Emyrs und Owyn werden dir all deine morgigen Aufgaben noch heute ganz genau erklären und Emyrs wird dich dann morgen im Stall einweisen. Was mir eher Kopf zerbrechen macht, ist dein Aussehen, Junge..“ Kritisch mustert die oberste Magd ihren neuen Tagner. „Hast du überhaupt etwas ordentliches zum Anziehen?“
„Äh…ich…“
„Hab ich’s  mir doch gedacht. Aber das ist kein Problem. Du wirst eine ordentliche Hose und ein schönes Hemd von Oywn bekommen. Ich denke seine Sachen dürften dir einigermaßen passen. Hm….vielleicht sind die ein wenig zu groß für dich, aber für einen Tag macht das nichts!“
„Halt…ich will ganz sicher nicht…“
„Papperlapapp, es macht keine Umstände und mit diesen abgetragenen Kleidungstücken, die du um Leib trägst, lasse ich dich nicht vor die Tür, da müssten wir uns ja schämen! Also, heute nach dem Mittagessen suchen wir für dich etwas Passendes heraus, gegebenenfalls kann Mair es ja noch umnähen. So und du gehst jetzt zu Owyn und lässt dich von ihm anweisen….“ Freundlich lächelt ihm die Oberste Magd zu, die der festen Überzeugung ist, das Nathan Widerworte einfach nur ein Zeichen von Schüchternheit sind, die ihm angebotenen Kleider anzunehmen.
Der Hexer dagegen fängt langsam aber sicher an, innerlich zu kochen. Was soll den bitte der Mist? Er hat ganz sicher weder Nara noch sonst irgendjemanden gesagt, dass er gerne auf diesen beschissenen Blumenball will. Wie käme er auch dazu! Er ist heil froh, wenn er keinen Fuß auf das Anwesen setzten muss. Wütend verzieht er sein Gesicht und ihm fallen so einige nicht gerade freundliche Worte ein, die er der Magd am liebsten sofort an den Kopf schmeißen würde.
„Was soll das?“, zischt Nathan Rhona entgehen „Ich glaube nicht, dass du…“
Hallo Nathan, erinnerst du dich daran, dass du diese Arbeit brauchst? Wie war das nochmal…schön freundlich und nett sein, sich die Münzen verdienen und sich dann so schnell wie möglich wieder aus dem Staub machen? Das, was du der guten Rohna da gerade sagen willst, fällt allerdings nicht unter die Kategorie „nett“. Also…
Der Hexer atmet einmal tief ein und wieder aus. Wie er das alles hasst! Aber ob er will oder nicht, er muss einer inneren Stimme verdammt nochmal recht geben - hier und jetzt ausfällig zu werden, bringt ihn seinem Ziel nicht viel weiter!
Er seufzt einmal kurz, schließt die Augen zählt bis zehn dann sagt er: “Einverstanden…und danke“ und versucht sich an einem Lächeln oder so etwas Ähnlichem.
„Hast du noch was für mich? Ansonsten geh ich zu Owyn.“
„Nein…du kannst gehen.“, antwortet ihm Rhona, die ihn nun doch etwas verwundert ansieht.
Langsam erhebt sich Nathan von seinem Stuhl. Heute Nacht sind wieder einige Übungsstunden im Garten des Anwesens fällig. Der Hexer spürt richtig das Mana in seinen Adern pulsieren. Es wird Zeit sich seiner überschüssigen Kraft zu entledigen, ansonsten kann er für den morgigen Tag nicht garantieren. Bevor er den Raum verlässt nickt er Rhona und der alten Cath zum Abschied zu, dann macht er sich, wie von der obersten Magd angewiesen, auf den Weg zu Owyn.
„Ein wirklich seltsamer Mann..,“, murmelt Rhona nachdenklich und verfolgt den schwarzhaarigen Mann mit ihrem Blick “Wirklich seltsam…Nunja, egal er wird seine Arbeit schon machen!“ Mit diesem Worten wendet sie sich wieder ihrem Topf voll köstlich duftendem Rhabarber zu.

--> Anwesen de Winter

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 02. Mai 2010, 17:46 Uhr
Am Tag des Blumenballs im Anwesen de Winter
3. Inar 510 d5Z

Cináed öffnet den Kleiderschrank und blickt nur kurz nachdenklich hinein, bevor er entschlossen nach etwas greift, es herausholt, auf das Bett wirft und die Schranktüren wieder verschließt. Anschließend legt der Elb seine Alltagsbekleidung ab, wäscht sich sorgfältig und schlüpft zu guter Letzt in die soeben frisch bereitgelegten Gewänder. Neu eingekleidet und gut gelaunt verlässt er seine Schlafkammer wenige Augenblicke später, um sich auf den Weg in die Küche zu machen.
Bereits auf der Treppe kommen ihm jedoch erste Zweifel, denn Mair, (die ihm aus der Vorhalle die Stufen entgegen kommt) bedenkt ihn mit einem schwer zu deutenden Blick. Doch das stille, scheue Mädchen zieht es vor seine Gedanken für sich zu behalten und huscht rasch, einen schweren Wäschekorb auf den Armen, an Cináed vorbei und ist seinem Blick schon bald wieder entschwunden. Der Shida'ya runzelt irritiert die Stirn, schüttelt dann den Kopf und setzt seinen Weg fort...

...um nur wenige Augenblicke später mit der harten, grausamen Wahrheit konfrontiert zu werden. Denn im Gegensatz zu Mair besitzt Nara nicht das Talent ihre Gedanken in Fällen wie diesem lange für sich zu behalten. „So könnt Ihr unmöglich auf einen Ball gehen“, verkündet sie ihrem Herrn unumwunden, besitzt aber immerhin die Freundlichkeit gleich darauf erschrocken die Hand vor den Mund zu schlagen und verlegen zu erröten. „Was?“, fragend, und nun doch ernstlich beunruhigt, schaut Cináed an sich herab. „Was stimmt mit diesen Gewändern nicht?“ Naras Wangen sind noch immer sanft gerötet, aber ihre Entschlossenheit hat die junge Magd bereits zurückgewonnen. „Mit Verlaub, min Herr“, erklärt sie in beinahe nachsichtig zu nennendem Tonfall, „aber was Ihr da tragt... entspricht...“ Nun kehrt die Röte doch wieder auf ihre Wangen zurück. „...längst nicht mehr der üblichen Mode...“ Erleichterung zeichnet sich auf dem Gesicht der jungen Frau ab, als die Worte endlich heraus sind.
Cináed lacht. „Ist das alles?“, erkundigt er sich amüsiert und schiebt Naras Einwände belustigt beiseite, was die Magd zu einem entrüsteten Aufschrei verleitet. „Aber, min Herr...“, protestiert sie entsetzt und wendet sich hilfesuchend zu Rhona um, die die ganze Szene bisher schweigend vom Herd aus mitverfolgt hat. Die Köchin wirft dem Mädchen einen tadelnden Blick zu, stimmt aber zu. „In diesem Fall hat Nara Recht, min Herr“, stellt Rhona unumwunden fest. „Ein richtiger Tanzball ist schließlich etwas anderes als das Frühlingsfest oder ein Tempelbesuch am Shentag.“

Echte Besorgnis breitet sich auf dem Gesicht des Shida'ya aus, als er das vernichtende Urteil seiner Großmagd hört und Naras geradezu triumphierenden Gesichtsausdruck bemerkt. „Aber...?“, bringt er kläglich heraus. „Was...?“ Fragend schaut er zwischen den beiden Frauen hin und her, denn allen dreien ist selbstverständlich klar, dass es für einen Besuch beim Gewandschneider mittlerweile 'etwas' zu spät ist.
Rhona muss nicht lange überlegen. „Nara“, erklärt sie und winkt die Magd heran. „Pass hier am Feuer auf“, verkündet sie. „Lass ja nichts anbrennen.“ Maßlose Enttäuschung wischt das eben noch so triumphale Lächeln in Windeseile vom Gesicht der jungen Frau. Bevor Nara jedoch auch nur einen einzigen Einwand erheben kann, hat Rhona ihr schon die Schöpfkelle in die Hand gedrückt und Cináed zurück in Richtung Tür geschoben. „Keine Widerrede“, gemahnt die Köchin das Mädchen streng. Und etwas milder fügt sie hinzu: „Wenn ich zurück bin, machen wir dich und Mair zurecht... sollt ja nett aussehen, wenn ihr nachher schon beim Fest mit aushelfen sollt... Bei all den feinen Herrschaften.“
Cináed hält sich aus dieser kleinen Unterhaltung lieber dezent heraus und lässt sich schweigend von seiner Großmagd in die Vorhalle und die Treppe hinauf bugsieren. All das Gerede ist nichts für ihn. Frauen putzen sich erfahrungsgemäß sehr gerne heraus und können sich oft stundenlang den Kopf über das passende Festtagsgewand zerbrechen, aber er? Hauptsache seine Kleider sind sauber, ordentlich, und nicht kaputt oder ähnliches; alles andere kümmert ihn herzlich wenig. Und die neuste Mode ist ihm normalerweise ziemlich einerlei. Seinen Schafe ist schließlich vollkommen egal, was er gerade trägt.

In der Schlafkammer ihres Herrn angelangt, öffnet Rhona sogleich resolut die breiten Flügeltüren des Schranks und inspiziert fachkundig seinen Inhalt. Auch dieses Mal zieht Cináed es vor sich dezent im Hintergrund zu halten und das leise Gemurmel, welches dann und wann aus Richtung Schrank an seine Ohren dringt, erst einmal schweigend hinzunehmen. Augenscheinlich wird jedes einzelne Kleidungsstück einer sehr harten Prüfung unterzogen, der nur die wenigsten standhalten können. Entsprechend kläglich fällt die Auswahl aus, die schließlich für eine zweite kritische Begutachtung auf dem Bett ausgelegt wird.
Als Rhona sich endlich mit in die Hüften gestemmten Händen vor ihrem Herrn aufbaut, könnte dieser daher kaum noch beunruhigter scheinen. „Und“, erkundigt sich der Shida'ya vorsichtig. „Irgendetwas... gefunden...?“ Zweifelnd wandert sein Blick von seiner Großmagd zu dem kläglichen Kleiderhaufen auf seiner Schlafstatt hinüber. Rhonas Blick folgt dem des Elben und bleibt schließlich an dem auffälligen Stoff des Kilts hängen, der zuoberst auf dem Stapel liegt. Ihr ist bekannt, dass die Mutter der verstorbenen Gattin ihres Herrn aus Laigin stammte und dass Tara einst etliche Vorlieben und Gebräuche ihrer Mutter übernommen hat – der Kilt aus gutem, dunklem, rot-orange-braun kariertem Tuch ist in den Augen der Köchin Beweis genug dafür. Sie kratzt sich nachdenklich am Kopf. Nara, da ist sie sich absolut sicher, hätte der Versuchung Cináed in besagtes Kleidungsstück zu stecken, keine Sekunde lang widerstehen können. Und auch die ernste, eher pragmatisch veranlagte Herzländerin muss sich eingestehen, dass der Gedanke durchaus verlockend ist.
Stattdessen greift sie schließlich nach einer hellen, Kniebundhose aus feinem Wildleder und einem schlichten, aber dennoch eleganten, cremefarbenen Doublet, welches mit dezenten Stickereien verziert ist. „Das sollte eigentlich zu allem passen, was die junge Frouwe de Winter womöglich trägt“, überlegt Rhona halblaut. Und an Cináed gewandt verkündet sie großmütig: „Das Hemd könnt Ihr anbehalten, min Herr. Und die Stiefel auch...“ Die Köchin reicht dem Elben die Kleidungsstücke, die sie für ihn ausgewählt hat, und macht sich dann daran die übrigen wieder sorgsam zu verstauen, bevor sie mit einem sehr zufriedenen Lächeln auf den Lippen die Kammer verlässt. Im Hinausgehen merkt die Herzländerin noch schnell an: „Und vergesst ja nicht ein paar geeignete Manschettenknöpfe anzulegen, min Herr.“

Mit einem leisen Seufzen auf den Lippen sieht der Herr von Glyn-y-Defaid seiner Großmagd nach und schließt sacht die Tür hinter ihr. Er wirft die Gewänder zurück auf seine Schlafstatt und macht sich anschließend daran, sich erneut umzukleiden. Es ist ihm nach wie vor nicht ganz klar, weshalb dies alles überhaupt notwendig ist, aber als er sich im Spiegel betrachtet, ist er mit Ergebnis durchaus zufrieden (wie er widerwillig eingestehen muss). Aber halt, etwas fehlt, genau. Cináed erinnert sich an Rhonas Worte und macht sich daran passende Manschettenknöpfe heraus zu suchen. Viel Schmuck besitzt er nicht und das meiste davon waren Geschenke, die er ohnehin selten bis gar nicht trägt. Auch das Paar Manschettenknöpfe, welches er nun herausholt, hat er nur wenig getragen. Sehr zum Leidwesen seiner verstorbenen Frau, von der er sie einst erhalten hat – heller Knochen und honiggoldener Bernstein. Prüfend wiegt der Shida'ya die kleinen, fein gearbeiteten Schmuckstücke in der Hand, bevor er sie sorgsam anlegt.  

Derweil beeilt sich Rhona Nara und Mair beim Zurechtmachen zu helfen. Die beiden Mägde sollen beim Blumenball in der Küche aushelfen, während Owyn Emyrs und Nathan angewiesen hat, die beiden Mädchen mit dem Wagen in die Stadt zu bringen, sich dort während der Festlichkeiten um die Pferde der Gäste sowie um das Feuerholz zu kümmern, und Nara und Mair später wieder sicher nach Hause zu bringen. Dass Nathan heute an Liams Stelle beim Fest aushelfen soll, weiß Cináed bisher allerdings nicht, sonst würde er sicherlich dafür sorgen, dass der Tagner auf Glyn-y-Defaid bleiben muss. An diesem Tag ist er jedoch viel zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt und auch sonst kommt es schließlich nur selten vor, dass Owyn derartig 'gewöhnliche' Dinge mit ihm abspricht. Tatsächlich bekommt der Gutsbesitzer die vier vor ihrem Aufbruch in die Stadt nicht einmal mehr zu Gesicht, den die beiden Mägde, der Knecht und der Tagner machen sich eine ganze Weile vor ihm auf den Weg, um bei den letzten Vorbereitungen zu helfen.
Als Cináed schließlich wieder in die Küche kommt, um seine neue 'Aufmachung' von Rhona absegnen zu lassen, sind die Vier bereits unterwegs. Der Elb erkundigt sich allerdings auch nicht groß nach ihnen, sondern fragt stattdessen nach Úna und Gwyn. „Oh, die sind vermutlich irgendwo bei der Scheune“, die Großmagd. Der Gutsbesitzer nickt. „Danke, dann werde ich dort als erstes nach den beiden suchen.“ Er lacht und stürzt eilends durch die Hintertür auf den Hof hinaus, als er Rhonas erschrockenen Gesichtsausdruck sieht. „Passt ja mit Euren Gewändern auf, min Herr“, ruft ihm die Großmagd nach, und der Elb muss gleich noch etwas mehr lachen.
Auf seinem Weg an den Stallungen vorbei, trifft er Liam. „Sattel mir Áed“, ruft er dem jungen Knecht zu und dieser nickt. Der junge Bursche wirkt etwas geknickt, da Owyn entschieden hat, dass Nathan Liam beim Blumenball vertreten wird, weil der sich bei den Vorbereitungen neulich ein wirklich dummes Missgeschick geleistet hat. „Ja, min Herr“, antwortet er. „Soll es zum Anwesen de Winter gehen?“ Cináed lächelt. „Ja“, erklärt er. „Muss nur noch schnell das Geschenk für die Gastgeberin einsammeln.“ Ohne es eigentlich zu wollen, lacht Liam nun doch ein wenig. „Das läuft hier noch irgendwo herum“, erwidert er grinsend. „Aber ich habe Úna und Gwyn schon drauf angesetzt.“ Erheitert fällt der Gutsherr in das Gelächter seines Knechts ein, nickt dem jungen Mann noch einmal zu und setzt seinen Weg dann fort.

„Úna? Gwyn?“ Suchend sieht sich der Shida'ya um. „Wir sind hier“, schallt es wenige Augenblicke später zu ihm herüber. Cináed wirbelt herum. Die beiden Geschwister strecken die Köpfe durchs geöffnete Scheunentor und blinzeln gut gelaunt in die Sonne. „Na, habt ihr mir die kleinen Doppelsterne eingefangen?“, entgegnet der Hochelb amüsiert. Die beiden Geschwister nicken zustimmend. „Ja, war gar nicht so leicht...“, meint Úna. „...aber wir haben es geschafft“, ergänzt Gwyn mit vor Stolz geschwellter Hühnerbrust. Die Geschwister treten aus der Scheune heraus in den Sonnenschein und präsentieren dem Elben ihren Fang. Sowohl der Junge als auch das Mädchen halten eine junge Katze auf dem Arm. „Ah“, Cináed sieht zufrieden aus, „da sind die beiden angehenden Mäusefänger ja. Wo hatten sie sich dieses Mal versteckt?“ „Hinter dem Pferdeschlitten“, brummt Gwyn. „War gar nicht so einfach da ran zu kommen...“ Úna dreht ihrem Bruder frech eine lange Nase. „Nur für so ungeschickte Riesen wie dich“, verkündet sie keck und flüchtet sich kichernd hinter Cináeds Rücken, als Gwyn ihr einen giftigen Blick zuwirft. Der Hochelb lacht „Keinen Streit ihr beiden“, meint er schmunzelnd. „Kommt, bringen wir die beiden lieber ausbruchsicher unter, damit ich sie in ihr neues Heim bringen kann...“ Úna seufzt schwer. „Muss das wirklich sein?“, fragt sie bekümmert. Der Gutsbesitzer nickt. „Schau nicht zu traurig, hier gibt es genug große und kleine Katzen mit denen du herum albern kannst. Und du weißt, die beiden werden es bei Aurian und Apfelgriebs gut haben.“ „Aber..., Úna reißt die Augen weit auf. „Was ist mit dieser Lyall?“, versucht das Mädchen zu protestieren. „Emrys sagt sie ist eine Wargin. Er behauptet sie kann sich in einen riesigen Wolf verwandeln und...“ In den Augen des Elben macht sich ein amüsiertes Funkeln bemerkbar. „Keine Sorgen, ich bin mir sicher, Lyall verspeist keine Kätzchen zum Frühstück...“, beschwichtigt er die Kleine. „...aber zum Abendbrot“, revanchiert sich Gwyn prompt und Úna kreischt vor Entsetzen laut auf. „Genug!“ Allmählich wird es Cináed doch ein wenig zu bunt. „Kommt jetzt endlich ihr zwei Streithähne.“

Gemeinsam wandert das Trio über den Hof und zu Cináeds Werkstatt. Dort angekommen verstauen sie die beiden maunzenden Katzengeschwister in einem großen Weidenkorb, der mit einem bequemen Kissen gepolstert ist und mit einer Art Deckel aus geflochtenen Weidenruten sowie mehreren bunten Schleifen verschlossen werden kann. „Fertig“, verkündet Gwyn zufrieden, nachdem das letzte Band sicher verknotet ist. „Ja“, stimmt Úna bedrückt zu. Sie mag Aurian und Apfelgriebs, aber trotzdem fällt es ihr schwer sich von 'ihren' Kätzchen zu trennen. „Sie werden es sehr gut haben“, versichert Cináed nochmals und zerzaust dem Mädchen aufmunternd den ohnehin recht wirren Haarschopf. Die Kleine ringt sich zu einem winzigen Lächeln durch und nickt langsam.
Der Shida'ya hebt behutsam den Korb in die Höhe und gemeinsam verlassen die drei die Werkstatt wieder. Als sie den Hof betreten, wartet Liam dort bereits mit Áed. „Wie ich sehe ist alles bereit“, stellt der Herr von Glyn-Defaid zufrieden fest. „Dann kann es ja losgehen.“ Er drückt Liam den Korb mit den beiden Kätzchen in die Hände und nimmt ihm stattdessen die Zügel ab, um sich hinauf in den Sattel zu schwingen. Als er sicher und bequem sitzt, lässt er sich den Korb heraufreichen und sichert ihn mit Liams Hilfe sorgsam mit einigen Schnüren. „Bis dann“, ruft er zum Abschied. „Stellt mir keinen allzu großen Unsinn an, während ich fort bin“, fügt er mit einem lustigen Augenzwinkern an Úna und Gwyn gewandt hinzu, bevor Áed sich gemächlich in Bewegung setzt und in aller Ruhe vom Hof trottet.

Das Anwesen de Winter »

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 28. Aug. 2010, 23:29 Uhr
« Das Anwesen de Winter
Am Morgen nach dem Blumenball
4. Inar 510 d5Z

Schweigend sitzt Cináed am Frühstückstisch und bemüht sich so wenig mürrisch wie nur irgend möglich dreinzublicken, während seine Mägde und Knechte ihrerseits sehr darum bemüht sind, sich so unauffällig und lautlos wie möglich zu bewegen und den direkten Blickkontakt mit ihrem Herrn tunlichst vermeiden.
Dass der Herr von Glyn-yDefaid derartig schlechte Laune hat, kommt nur äußerst selten vor und auch jetzt würde man, täte es sich um jemand anderen als den Shida'ya handeln, nicht unbedingt von schlechter Laune sprechen. Cináed weiß, wie wichtig es ist, dass er jedwedes negative Gefühl – vor allem Wut und Angst – unter Kontrolle hat, aber das ist an manchen Tagen nun einmal schwieriger als an anderen. Und an diesem Morgen fällt es ihm wahrlich nicht leicht, seiner Besorgnis und seiner Enttäuschung Herr zu werden...

...natürlich hatte Owyn seinen Herrn umgehend darüber informieren müssen, dass Nathan Emyrs an Liams Stelle zum Anwesen de Winter begleitet hatte, um sich dort während des Blumenballs um die Pferde der geladenen Herrschaften zu kümmern, nachdem der Hexer – sehr zu Emyrs Ärger – die ihm aufgetragenen Pflichten vernachlässigt hatte. Über seinen sehr fragwürdigen Anblick hatte sich der Tagner Emyrs gegenüber auf dem Fest ausgeschwiegen. Auch zu einer Entschuldigung oder Erklärung war er offenbar nicht bereit gewesen und Emyrs hatte es für weiser gehalten, nicht weiter nachzuhaken. Darüber hinaus hatte er entschieden, dass es klüger war, wenn die abfahrenden Gäste Nathan in seinem ramponierten Zustand lieber nicht zu Gesicht bekamen. Alles in allem... der Blumenball, der Emyrs bis dahin – nicht zu Letzt aufgrund von Avila – so wundervoll erschienen war, hatte durch diese unerfreulich Entwicklung (sowie die damit verbundene Mehrarbeit) deutlich an Zauber eingebüßt.

Schweigend hat Cináed Owyns Ausführungen zugehört. Die Worte seines Großknechts, verärgern und beunruhigen ihn aus verschiedenen Gründen gleichermaßen: Der Shida'ya weiß ziemlich zuverlässig, dass Nathan und Uio auf dem Fest nicht aufeinander getroffen sind. Es hätte aber auch anders kommen können – und diese Vorstellung behagt ihm ganz und gar nicht! Darüber hinaus ist der Hochelb enttäuscht, weil der Hexer das ihm entgegen gebrachte Vertrauen missbraucht hat, obschon Cináed nie so naiv gewesen ist, anzunehmen, dass etwas derartiges vollkommen im Bereich des Unmöglichen liegen würde. Vor allem aber ist Cináed wütend, wütend über seine eigene Nachlässigkeit. Bisher hatte sich zwischen ihm und Nathan nie die Gelegenheit zu einem längeren Gespräch unter vier Augen ergeben, denn stets hatte er diese unangenehme Pflicht zugunsten von anderen, dringenderen Aufgaben vor sich hergeschoben. Und an diesem Morgen bereut Cináed diesen, seinen Fehler sehr.

Der Gutsbesitzer seufzt kaum hörbar, knallt den geleerten Becher in seiner Hand etwas geräuschvoller als eigentlich beabsichtigt auf den Tisch, und erhebt sich. Es macht keinen Sinn, sich noch länger den Kopf über diese Angelegenheit zu zerbrechen. Am besten bringe ich es gleich hinter mich, beendet er die Angelegenheit für sich und geht zur Hintertür hinüber. Cináed seufzt abermals leise. Die Feierlichkeiten stecken ihm noch ziemlich in den Knochen. Zwar ist er es gewohnt, er spät zu Bett zu kommen und in aller Frühe wieder aufzustehen, doch soviel essen, trinken und tanzen tut er schließlich nicht alle Tage. Nathan scheint es ähnlich zu gehen, denn bisher hat er seine Kammer im Gesindehaus noch nicht verlassen. Vielleicht gibt es aber auch noch andere Gründe, die den Tagner vom Frühstück ferngehalten haben – Cináed würde spontan ein ganzes Dutzend einfallen.
Während er sich zum Gesindehaus hinüber begibt, stiehlt sich dann ein winziges Lächeln auf das Gesicht des Hochelben. So sehr ihm vor dem nunmehr unausweichlichen Gespräch mit dem Hexer graut, die zahlreichen schönen Erinnerungen an den vergangenen Abend im Anwesen de Winter, geben ihm ausreichend Kraft, um sich dem Unvermeidlichen zu stellen.

Vor der Tür zum Gesindehaus bleibt der Gutsbesitzer noch einmal kurz stehen, dann drückt er die Klinke hinunter, stößt die Tür auf und betritt den dahinter liegenden Flur. Raschen Schrittes geht er geradewegs auf die Tür von Nathans Kammer zu und pocht mit der rechten Faust zweimal laut und vernehmlich gegen das feste Holz.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 29. Aug. 2010, 13:41 Uhr
< Das Anwesen de Winter

POCH…POCH
Das laute Geräusch an seiner Tür schreckt Nathan aus einem schweren, tiefen Schlaf. Wie betäubt liegt er in seiner Kammer. Seine Glieder fühlen sich an als wären sie mit Steinen beschwert und sein Kopf rebelliert bei jedem Schlag gegen seine Tür..
POCH…POCH
„Ja, verdammt….“, brummt er müde. „Die Tür ist offen….“
Mühsam schwingt er seine Beine über den Bettrand. Noch immer trägt er dieselbe Kleidung wie am gestrigen Abend. Nachdem ihn Emrys in seiner Kammer abgesetzt hat, ist Nathan zu erschöpft gewesen, sich seiner schmutzigen Kleidung zu entledigen. Sein Hemd zieren dunkle Flecken aus Dreck und Blut. Eindeutige Spuren des gestrigen Kampfes mit Njucon. Darüber hinaus sind sowohl Hemd als auch seine geliehenen Hosen an vielen Stellen zerrissen. Hinterlassenschaften der unfreiwilligen Begegnung mit einem Weißdornbusch. Auch sein Gesicht sieht ziemlich übel aus. Über Nacht ist die rot-blaue Schwellung seines linken Auges zwar ein wenig zurückgegangen, aber an ein Öffnen des Auges ist nicht zu denken. Außerdem klafft ein dicker blutverkrusteter Schnitt über seiner Augenbraue. Zusätzlich hängen ihm seine langen schwarzen Haare kreuz und quer ins Gesicht. Im Großen und Ganzen macht der junge Hexer einen wirklich bemitleidenswerten Eindruck. Man könnte fast vermuten eine Horde wildgewordene Rinder wäre über ihn hinüber getrampelt.
Den Kopf auf seine Hände aufgestützt, hört er das leise, aber bestimmte Quietschen der Tür. Zügige Schritte nähern sich ihm, die kurz vor ihm stehen bleiben. Sein Blick fällt auf ein paar ordentlich geputzte Lederstiefel.
„Guten Morgen!“ schallt ihm die feste Stimme des Hausherrn entgegen.
„Morgn….“
Nathans Erwiderung des Morgengrußes lässt sich nur mit guten Willen als solche Erkennen. Widerwillig hebt der angeschlagene Hexer den Kopf und blickt in das Gesicht des Hausherrn. Eigentlich hat Nathan Cináed als gutmütigen und äußerst freundlichen Mann kennengelernt. In all der Zeit war er nie ausfällig, wütend oder ungeduldig gewesen - bis heute. Nathan muss kein großer Menschenkenner sein, um zu erkennen, dass er den Gutsbesitzer an den Rand seiner Geduld getrieben hat. Der Blick des hochgewachensen Elben ist streng und in seinen Augen liegt ein seltsames Funkeln, das der Hexer nicht deuten kann.
Nathan seufzt. Müde fährt er sich mit der Hand über seine Augen. Seine Gedanken sind wirr und unzusammenhängend, genauso wie die Worte an denen er sich nun versucht.
„Ich weiß…ich weiß: Ihr seid wütend auf mich. Emrys hat mir gestern für den Blumenball eine wichtige Pflicht übertragen und ich habe sein und Euer Vertrauen missbraucht, indem ich sie nicht ausgeführt habe. Sattdessen hat er mich, in diesem Zustand im Stall angetroffen, unfähig irgendeine Arbeit zu verrichten. Ich vermute einmal das ist es, was er Euch erzählt hat, oder?“
Der Hexer blickt nur kurz auf. Ohne Cináeds Antwort abzuwarten spricht er schließlich weiter.
„Er hat recht! So ist es gewesen und es gibt nichts, was ich dem anzufügen hätte. Hm..wobei..wenn ich darüber nachdenke. Doch, vielleicht gibt es da noch etwas: Es tut mir leid! Es tut mir leid, dass ich Emrys und Euer Vertrauen missbraucht habe. Das hört sich jetzt bestimmt sehr seltsam, aus dem Munde seiner solchen „zwielichtigen Gestalt“ wie ich es bin, an. Aber es entspricht der Wahrheit.
Mir ist gestern eins klar geworden. Es war ein Fehler, dass ich Euer Angebot, mich hier bei Euch arbeiten zu lassen, angenommen habe. Ich verstehe immer noch nicht, warum Ihr das getan habt, wo Ihr doch ganz genau wusstest, wer und was ich bin. Aber egal… das gehört jetzt nicht zur Sache. Ich…“, kurz stockt der Hexer. Er sucht nach den richtigen Worten, denn lange Reden sind noch nie seine Stärke gewesen, besonders nicht in einem Zustand wie dem seinigen. Bilder des gestrigen Kampfes huschen an seinem inneren Auge vorbei, Bilder von Njucon und dessen Worten. Die Erkenntnis diesem schmalbrüstigen Mann heillos unterlegen gewesen zu sein, hinterlässt erneut einen äußerst bitteren Nachgeschmack.
„Was ich eigentlich sagen möchte ist, …so wie ich gestern gehandelt habe…ich würde es immer wieder tun. Ich würde immer wieder meine Pflicht vernachlässigen, um die Dinge zu Regeln, die nur mich etwas angehen. Ein guter Knecht würde so etwas nie machen. Aber ich bin nun mal kein guter Tagner oder Knecht: ich bin, was ich bin! Nennt es meinetwegen, Hexer oder Wilder Magier oder verfluchte Seele oder…sonst wie“
Nathan lacht kurz auf. Die ruckartige Bewegung bezahlt er sofort mit einem stechenden Schmerz hinter seinem linken Auge.
„Ich rede völligen Unsinn, nicht wahr?“
Er schüttelt vorsichtig den Kopf und verzieht seine Lippen zu einem schiefen Grinsen.
„Machen wir es kurz. Ich packe meine Sachen und gehe. Zahlt mir meinen restlichen ausstehenden Lohn aus und Ihr seid mich los. Und wir vergessen diesen dämlichen Blumenball und die ganzen Ereignisse, die damit zusammen hängen.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 29. Aug. 2010, 14:45 Uhr
»Ja, verdammt... Die Tür ist offen...«, erklingt Nathans schläfrige Stimme aus dem Inneren seiner Kammer und Cináed tritt ein. „Guten Morgen“, erklärt er mit fester, bestimmter Stimme und sieht sich nur flüchtig in dem kleinen Raum um, während der Tagner ein paar kaum verständliche Laute von sich gibt, die sich gerade so mit sehr viel gutem Willen als Morgengruß deuten lassen.
Der Gutsbesitzer betrachtet den Mann von oben bis unten. Emrys hat wirklich nicht allzu sehr übertrieben, als er die Erscheinung des jungen Hexers beschrieben hat. Und offenbar ist Nathan viel zu erschöpft gewesen, um sich wenigstens etwas von Blut und Dreck zu befreien oder die zerrissenen Kleider zu wechseln. Allem Anschein nach, hat er am vergangenen Abend tatsächlich einiges einstecken müssen, denn das geschwollene Auge und der Tiefe Schnitt über der Augenbraue, lassen Nathan nicht gerade apart aussehen.

Bevor Cináed jedoch dazu kommt, auch nur den Mund zu öffnen, um etwas zu sagen, beginnt Nathan auch schon zu reden. Die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus, gerade so als hinge sein Leben davon ab, dass er Cináed in möglichst kurzer Zeit so viel wie möglich sagt und erklärt. »Ich weiß... ich weiß: Ihr seid wütend auf mich. Emrys hat mir gestern für den Blumenball eine wichtige Pflicht übertragen und ich habe sein und Euer Vertrauen missbraucht, indem ich sie nicht ausgeführt habe. Stattdessen hat er mich in diesem Zustand im Stall angetroffen, unfähig irgendeine Arbeit zu verrichten. Ich vermute einmal das ist es, was er Euch erzählt hat, oder?«
Cináed nickt bedächtig, kommt aber nicht dazu auf diese Worte hin irgendetwas zu erwidern, den Nathans Redeschwall geht bereits weiter. »Er hat recht! So ist es gewesen und es gibt nichts, was ich dem anzufügen hätte. Hm... wobei... wenn ich darüber nachdenke. Doch, vielleicht gibt es da noch etwas: Es tut mir leid! Es tut mir leid, dass ich Emrys und Euer Vertrauen missbraucht habe. Das hört sich jetzt bestimmt sehr seltsam, aus dem Munde seiner solchen zwielichtigen Gestalt wie ich es bin, an. Aber es entspricht der Wahrheit. Mir ist gestern eins klar geworden. Es war ein Fehler, dass ich Euer Angebot, mich hier bei Euch arbeiten zu lassen, angenommen habe. Ich verstehe immer noch nicht, warum Ihr das getan habt, wo Ihr doch ganz genau wusstest, wer und was ich bin. Aber egal... das gehört jetzt nicht zur Sache. Ich...« Der junge Mann unterbricht seine hastig herunter geratterte Rede kurz, um nach den richtigen Worten zu suchen, bevor er weiter spricht. »Was ich eigentlich sagen möchte ist, ...so wie ich gestern gehandelt habe... ich würde es immer wieder tun. Ich würde immer wieder meine Pflicht vernachlässigen, um die Dinge zu Regeln, die nur mich etwas angehen. Ein guter Knecht würde so etwas nie machen. Aber ich bin nun mal kein guter Tagner oder Knecht: Ich bin, was ich bin! Nennt es meinetwegen Hexer oder Wilder Magier oder verfluchte Seele oder sonst wie... Ich rede völligen Unsinn, nicht wahr? Machen wir es kurz. Ich packe meine Sachen und gehe. Zahlt mir meinen restlichen ausstehenden Lohn aus und Ihr seid mich los. Und wir vergessen diesen dämlichen Blumenball und die ganzen Ereignisse, die damit zusammen hängen.«

Cináed, der sich das alles schweigend mit gerunzelter Stirn angehört hat, mustert Nathan abermals von oben bis unten... und bricht ganz plötzlich in schallendes Gelächter aus. Die Anspannung, die ihn bisher geplagt hat, fällt mit einem Schlag von ihm ab. Es dauert einen Moment, bevor er aufhören kann zu lachen und in der Lage ist, seinen Gegner wieder mit halbwegs ernstem Gesicht anzusehen. Doch schon als er zu sprechen beginnt, schleicht sich wieder ein leichtes Grinsen auf seine Lippen. „Ihr habt vollkommen recht“, entgegnet er Nathan gelassen. „Ich bin tatsächlich hierher gekommen, um das eine oder andere ernste Wort mit Euch zu wechseln und Euch gegebenenfalls aus meinen Diensten zu entlassen, wenn mir nicht gefällt, was Ihr zu sagen habt.“ Nun wird der Ausdruck auf seinem Gesicht nachdenklich. „Aber Ihr habt mich gerade davon überzeugt, Euch nicht umgehend vor die Tür zu setzen...“ Als der Shida'ya bemerkt, dass der junge Mann zu einer Entgegnung ansetzen will, hebt er die Hand und gibt seinem Gegenüber damit zu verstehen, dass er schweigen solle.
„Ihr habt nach den Gründen gefragt, weshalb ich Euch in meine Dienste genommen habe, obwohl ich von Anfang an wusste, was Ihr seid“, sagt er langsam. „Und ich habe Euch bereits bei unserem ersten Gespräch gesagt, dass ich mich in Bezug auf Euch keinen falschen Illusionen hingebe. Ja... ich weiß in der Tat sehr genau, was Ihr seid, Nathan. Nehmt es mir nicht allzu übel, aber Ihr seid ein Mann mit so einigen unschönen Charakter Eigenschaften: Ihr seid unglaublich zynisch, sehr oft übermäßig mürrisch, nicht selten recht herablassend und noch so einiges andere mehr... Zudem, das muss ich zugeben, habe ich selten in meinem Leben jemanden kennen gelernt, der so zornig war wie Ihr es seid. Aber...“ Cináed runzelt nachdenklich die Stirn. „...auch das habe ich Euch schon einmal gesagt: Ich glaube nicht, dass Ihr ein schlechter Mensch seid, Nathan.“ Mit einer knappen Geste, bedeutet er dem Hexer auch abermals noch zu schweigen.

„Deshalb, und nur deshalb, jage ich Euch nicht von meinem Hof, sondern bitte Euch stattdessen... Verlasst Glyn-y-Defaid aus freien Stücken, falls die Dinge, die Ihr, wie Ihr sagt, zu regeln habt, Euch hierher zu folgen drohen und die Bewohner dieses Hofes dadurch in Gefahr bringen könnten! Wenn Ihr mir das versprecht, bin ich bereit Euch weiter in meinen Diensten zu behalten... Und wenn Ihr schließlich geregelt habt, was Ihr irgendwann unweigerlich einmal regeln müsst, dann seid Ihr jederzeit wieder unter meinem Dach willkommen. Das ist mein Angebot! ...für die Unannehmlichkeiten der vergangenen Nacht werdet Ihr selbstverständlich ein kleine Kürzung Eures Lohns hinnehmen müssen... und sicherlich wird Owyn Euch in der nächsten Zeit nicht sehr nachsichtig behandeln, aber auch das habt Ihr Euch redlich verdient...“ Cináed grinst amüsiert, vielleicht ein wenig spöttisch, aber nicht boshaft. Kurz scheinen seine Gedanken abzuschweifen, sein Blick verändert sich kaum merklich, als er über etwas nachzudenken beginnt.
Unvermittelt richtet er noch einmal das Wort an Nathan: „Habt Ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass die Leute Euch und Euren Kräften so ablehnend gegenüberstehen, weil Ihr Ihren Ängsten und Sorgen genau das gebt, was sie erwarten, Nathan?“ Fragend sieht der Shida'ya den jungen Mann an. „Was denkt Ihr, würden die Leute es wagen, jemanden wie mich einen garstigen Hexer zu schimpfen?“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 30. Aug. 2010, 14:19 Uhr
Fassungslos betrachtet Nathan Cináed, der kaum, das der junge Mann das Ende seiner konfus vorgebrachten Rede erreicht hat, in ein schallendes Gelächter ausbricht. Dem Elb fällt es schwer, sich wieder zur Ruhe zu bringen und als er schließlich den Mund öffnet, um das Wort an Nathan zu richten, ziert immer noch ein amüsiertes Lächeln sein Gesicht.
„Schön, dass ich Euch zum Lachen bringen konnte…“, brummt Nathan leise, dem alles andere als zu Lachen zumute ist. Seine massive Mauer, an der so manches ungute Wort, Spott oder Hass abprallt, hat gestern Nacht massive Risse bekommen. Die Niederlage sitzt ihm tief in den Knochen, sein Kopf schmerzt und das befreiende Gelächter Cináeds bekommt in seinem Ohren plötzlich einen herablassenden, spöttischen Unterton, der ihm einen unangenehmen Stich versetzt.
Widerwillig senkt er seinen Blick.
Pack deine Sachen und geh einfach, Nathan. Du hast hier eh nichts mehr verloren!
Bevor er jedoch aufstehen kann, beginnt Cináed auf ihn ein zu reden. Er erläuert dem verwirrten Hexer, dass er sehr wohl vorgehabt hat ihn zu entlassen, sich es nun aber doch anders überlegt hat. Bevor Nathan etwas darauf erwidern kann, setzt der Gutsherr seine Rede fort. Der Gesichtausdruck des bärtigen Elben hat sich verändert. Statt des Spotts, den Nathan ins Cináeds Gelächter hineininterpretiert hat, wirkt er jetzt eher nachdenklich. Er erzählt dem Hexer, dass er ihn nicht für einen bösen Menschen halte, trotz den in seinen Augen schlechten Eigenschaften des jungen Hexers und dass er ihn bittet, freiwillig zu gehen, wenn er durch die Dinge, die er zu Regeln habe, das Gut und seine Bewohner in Gefahr bringen könne.
Nathan verzieht bei den Worten des Elben einwenig die Lippen zu einem seltsamen, nicht recht deutbaren Lächeln.
Kaum hörbar murmelt er eher zu sich selbst:
„Ihr haltet mich also für einen Mistkerl, ein unangenehmen, aber nicht von Grund auf schlechten Mistkerl ….Ein wirklich tolles Bild, Cináed, was Ihr da von mir habt.“

Eine kurze Stille macht sich zwischen den beiden breit, in der Nathan nicht Recht weiß, was er mit sich und diesem seltsamen Elben anfangen soll. Die Worte des Gutsherrn haben ihn auf eine unangenehme Weise berührt. Das muss an dieser beschissenen Nacht liegen, dass er plötzlich so „sensibel“ ist. Normalerweise macht es ihm nicht das Geringste aus, von andern verspottet oder beschimpft zu werden. Das sind nur Worte, die an ihm abprallen, wie Steine an einer massiven Mauer.
Was andere von ihm denken, interessiert ihn nicht…
…oder etwa doch?
<„Habt Ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass die Leute Euch und Euren Kräften so ablehnend gegenüberstehen, weil Ihr Ihren Ängsten und Sorgen genau das gebt, was sie erwarten, Nathan?“>, wendet sich der Gutsherr ein weiteres am an den Hexer. „Was denkt Ihr, würden die Leute es wagen, jemanden wie mich einen schmutzigen, gemeingefährlichen Hexer zu schimpfen?“
Für einen Moment ballen sich seine Hände zu einer Faust, bevor sie wieder in ihre Ausgangsposition auf seinen Knien zurückgleiten. Noch immer ist der Blick des schwarzhaarigen Mannes auf einen imaginären Punkt mitten auf dem alten Holzboden geheftet.
„Euch einen Hexer? Was soll diese dämliche Frage….“, antwortet Nathan nach einer Weile stockend. „Ich glaube, Ihr habt noch nie Leute meines Schlages zu Gesicht bekommen... Und wenn Ihr mich schon wegen meines „unschönen“ Charakters an den Pranger stellt, dann wisst Ihr wahrlich nicht wie Hexer sein können!“ Ein trauriges Lächeln umspielt seine Lippen. „Ich habe Männer und Frauen meines Schlages gesehen, die andere töteten ohne Reue zu zeigen, deren Hirn von Mana und Wahnsinn durchflutet war und die keine Kontrolle mehr über ihre Taten hatten. Und ihr denkt, ich gebe den Leuten, das was sie erwarten? Oh nein, das tue ich nicht! Aber die einfache und schlichte Wahrheit ist, dass sich die wenigsten die Mühe machen hinzusehen und zu unterscheiden. Aber so ist das eben, wenn man einen schlechten Ruf genießt!“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 31. Aug. 2010, 08:40 Uhr
Nathans Reaktion überrascht Cináed kein bisschen, das leicht erzürnbare Gemüt des jungen Mannes tritt ganz wie erwartet sogleich auf den Plan. »Euch einen Hexer? Was soll diese dämliche Frage...?«, grollt der Tagner stockend.  Cináeds Blick verdunkelt sich angesichts dieser unverschämten Worte sichtlich. Seid vorsichtig, ...mein 'Freund'. Ihr spielt mit dem Feuer... »Ich glaube, Ihr habt noch nie Leute meines Schlages zu Gesicht bekommen... Und wenn Ihr mich schon wegen meines unschönen Charakters an den Pranger stellt, dann wisst Ihr wahrlich nicht wie Hexer sein können!« Bittere Worte fürwahr, stellt Cináed unbeeindruckt fest, verkneift sich vorerst aber jeglichen Kommentar, als er das traurige Lächeln bemerkt, welches Nathans Lippen umspielt. »Ich habe Männer und Frauen meines Schlages gesehen, die andere töteten ohne Reue zu zeigen, deren Hirn von Mana und Wahnsinn durchflutet war und die keine Kontrolle mehr über ihre Taten hatten. Und Ihr denkt, ich gebe den Leuten das, was sie erwarten?« Der Elb nickt ungerührt und Nathans Protest erfolgt umgehend. »Oh nein, das tue ich nicht!«, widerspricht er aufgebracht. »Aber die einfache und schlichte Wahrheit ist, dass sich die wenigsten die Mühe machen hinzusehen und zu unterscheiden. Aber so ist das eben, wenn man einen schlechten Ruf genießt!«

„Ihr meint also tatsächlich, Ihr gebt den Leuten nicht, was sie erwarten, ja?“, meint er lakonisch. „Weil Ihr nicht absolut wahnsinnig und vollkommen blutgierig in der Gegend umher mordet und bemüht seid eure Kräfte so gut es geht unter Kontrolle zu halten, verstehe ich Euch da richtig?“ Der Elb lacht – und dieses Mal ist es echter Spott, der in diesem Lachen mitschwingt. „Oh, wie edel und missverstanden Ihr doch seid.“ Der Gutsherr macht keinen Hell daraus, wie wenig er Nathans Ansichten teilt.
„Es interessiert mich nicht im mindesten wie viele Hexer Ihr kennen gelernt habt, die dem Wahnsinn zum Opfer fielen und jene Dinge taten, denen wilde Magier ihren schlechten Ruf verdanken, Nathan. Sehr wohl interessiert mich jedoch wie viele von Euresgleichen Ihr kennt, die – genau wie Ihr – mit Ihren Fähigkeiten leben, ohne am unmittelbaren Rand des Wahnsinns zu tanzen! Ihr wollt, dass die Leute hinsehen und unterscheiden? Dann verhaltet Euch verdammt noch einmal auch so!“ Die Stimme des Shida'ya klingt mittlerweile wirklich verärgert. „Wenn Ihr alles und jeden um Euch herum weiterhin so behandelt wie bisher, dann gebt Ihr auch niemandem einen guten Grund näher hinzuschauen! Also beklagt Euch gefälligst nicht... Ihr mögt Euch ja in Eurer selbst gewählten Rolle als missverstandener Dreckskerl gefallen... aber sagt ehrlich, wer bitteschön gibt sich schon gerne länger als nötig mit jemandem ab, der ihm bloß mit Groll, Geringschätzung und Hohn begegnet – von mir einmal abgesehen? Welchen Grund gebt Ihr den Leuten der sie irgendetwas Gutes von Euch erwarten lässt?“

Cináeds Entrüstung verpufft ebenso schnell wie sie gekommen ist. Er zwingt sich dazu mehrmals tief ein und wieder auszuatmen. Die Wut hat ihm die Zornesröte ins Gesicht getrieben und seine Hände sind zu Fäusten geballt. Langsam öffnet er die schmerzenden Finger wieder. In deutlich milderem Tonfall fragt er: „Haben Úna und Gwyn Euch jemals Ihre Lieblingsmär erzählt?“ Kaum hat der Elb die Worte ausgesprochen, da schüttelt er auch schon den Kopf. „Nein, ich vermute nicht.“ Der ironischem Unterton in seiner Stimme ist schwerlich zu überhören. „Nun, es ist die Geschichte eines Hexers – Aillén – und, das mag Euch jetzt vielleicht sehr unwahrscheinlich erscheinen, aber sie besitzt ein gutes Ende.“ Der Shida'ya lacht, wendet sich ab und schickt sich an, den Raum zu verlassen. „Kommt, ich möchte Euch etwas zeigen.“ Ohne weiter Abzuwarten, tritt er in den Flur und geht weiter auf den Hof hinaus, dabei spricht er weiter – ungeachtet dessen ob Nathan ihm folgt oder nicht. „Wisst Ihr, ich besitze nicht genug Talent, um mir völlig frei Geschichten aus den Fingern zu saugen. Aber ich denke, ich bin geschickt genug, um schlichte, graue Wahrheiten in hübsche, bunter Gewänder zu kleiden.“

Der Elb wirft einen kurzen Blick zurück über die Schulter, um zu sehen, ob Nathan ihm gefolgt ist. „In Wirklichkeit gibt es jenen heldenhaft anmutenden Hexer Aillén, den Gwyn so sehr verehrt, selbstverständlich nicht. Gab es nie. Die schnöde Wahrheit, die sich hinter meinen Geschichten verbirgt, ist meistens weitaus weniger farbenfroh und prächtig – da ist der strahlende Held zum Beispiel nichts weiter als ein gewöhnlicher, von schrecklichen Kopfschmerzen geplagter Schafzüchter, der besseres mit seiner Zeit anzufangen wüsste, als sich um einen Burschen zu kümmern, der einfach nicht erwachsen werden will.“
Ohne anzuhalten hat der Shida'ya Nathan bis in die Mitte des Hofes, zu dem altehrwürdigen Blutbaum neben dem Brunnen, geführt. „Warum ich Euch auf Glyn-y-Defaid aufgenommen habe...? Weil man mir hier, auf diesem Hof, einst vor langer, langer Zeit das selbe Vertrauen entgegen gebracht hat.“ Stumm streckt er die Hand aus und deutet damit auf eine bestimmte Stelle des knorrigen Baumstamms.
Tief in die Rinde eingeritzt befindet sich dort eines jener Herzen wie Liebende es gerne als Symbol ihrer gegenseitigen Zuneigung hinterlassen. Dieses Herz hier jedoch umschließt keine ungeschickt angebrachten Initialen, sondern einen dunklen Handabdruck der aussieht, als wäre er mit Feuer in das Holz eingebrannt worden. Immer noch schweigend legt Cináed seine Hand in den Abdruck – sie passt perfekt. „Ich weiß nicht, ob Ihr wisst, wer Ihr seid, Nathan“, meint der Shida'ya mit ernster Stimme. „Aber ich weiß, wer ich bin: Cináed von Glyn-y-Defaid, geboren als Cadian, Sohn aus dem Hause Losaî... Schafzüchter.“ Bei dem letzten Wort grinst der Elb amüsiert und lacht leise auf, bevor er wieder vollkommen ernst wird und seine Hand vom Stamm des alten Blutbaumes löst: Eine einzelne rote Flamme brennt hell und gleißend auf dem geöffneten Handteller und verströmt eine angenehme Hitze. „Und jetzt sagt mir: Wer seid Ihr?“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 01. Sept. 2010, 08:16 Uhr
Für einen Moment traut Nathan seinen Ohren nicht. Dieser aufgeblasene Kerl wagt es ihn wirklich zu beschimpfen, ihm vorzuwerfen er gefalle sich in der Rolle eines missverstandnen Dreckskerls? Nur weil dem Elb täglich die Sonne aus dem Hintern scheint, heißt das noch lange nicht, dass es auch anderen so gehen muss.
Über Nathans blasses, zu geschwollenes Gesicht legt sich ein dunkler Schatten und zum ersten Mal an diesem Morgen treffen sich die Blicke der beiden unterschiedlichen Männer voller Wut. Die Hände des schwarzhaarigen Mannes fangen leicht an zu zittern, zuerst unmerklich, doch je mehr sich Cináed in Rage redet und sein Ton schärfer wird, desto fester umklammern die Finger des Hexers seine Knie.
Ein ungutes Funkeln liegt in Nathans nicht zu geschwollenem Auge. Ein Funkeln, das dem Tanzen kleiner wilder, blauer Flammen gleicht. Ein Resultat Nathans aufbrausenden Temperaments und der steigenden Schärfe, der an ihn gerichteten Worte. Wie unsichtbare Pfeile schlagen Spott und Anschuldigungen ein.
Nathan will etwas erwidern. Er will dem wütenden Elb entgegen schleudern, dass es ihn nicht interessiert, was er oder sonst irgendjemand von ihm denken und ja…das er sich in der Rolle des missverstandenen Einzelgängers verdammt noch mal gefällt!
Doch er bekommt kein einziges Wort heraus. Zu sehr haben ihn die Beschimpfungen aufgewühlt und ihn in einen wild brodelnden Vulkan verwandelt. Sein Mund öffnet sich nur, um sich schnell wieder zu schließen. Keinen Augenblick kann er sich eine Ablenkung leisten. Sein Mana ist verbraucht, aber er weiß nur zu gut, was selbst ein kleiner verbliebener Funken Restenergie anrichten kann, wenn er sich ungezügelt seinen Weg nach draußen bahnt.
Nichts würde er lieber tun, als diesem herausgeputzten Besserwisser, der ja so gut über ihn Bescheid weiß, einen Denkzettel zu verpassen. Aber ihm die Genugtuung geben, dass Nathan zu den wahnsinnigen, unkontrollierbaren Hexern zählt, von denen er sich doch abgrenzen will, nein, das kann und will er nicht.
Also schließt er die Augen. Er seine Brust hebt und senkt sich, er atmet stockend ein und aus. So vergehen ein paar Sekunden, bis schließlich seine inzwischen weiß gewordenen Finger ein wenig ihren Druck um seine Knie lösen und er es wagen kann seine Gedanken wieder etwas anderem, als der in ihm brodelnden Magie zu widmen.

Erschöpft hebt der Hexer den Blick. Schweißperlen stehen auf seiner Stirn. Die Anstrengung, die ihm das Zügeln seiner Magie gekostet hat, ist ihm sichtbar in sein fahles Gesicht geschrieben. Noch immer schaut der Elb auf ihn herab. Jedoch glitzert diesmal ihn seinen Augen nicht mehr Wut, sondern etwas anders, das Nathan nicht richtig deuten kann.
<„Haben Úna und Gwyn Euch jemals Ihre Lieblingsmär erzählt? Nein, ich vermute nicht.“> Der spöttische Unterton in Cináeds Stimme verfehlt erneut seine Wirkung nicht. Doch Nathan ist bemüht, sich nicht mehr von dem Gutsherrn provozieren zu lassen. Unbeirrt fährt Cináed fort mit seinem Redeschall, dem Nathan eher recht als schlecht zuhört. Auf die Auforderung des Gutsherrn ihm zu folgen, reagiert der Hexer nur zögerlich. Er fühlt matt und schwach. Die Kontrolle über seine Magie und sein unbestreitbar aufbrausendes Temperament haben ihm seiner letzten Kräfte beraubt und doch kommt er dem Wunsch des bärtigen Elben widerstrebend nach.
Ich bin hier eh bald weg. Er schuldet mir noch Lohn, also höre ich mir seine Moralpredigt einfach noch eine Weile an. Ich darf mich eben nicht reizen lassen! Verdammt! Wenn das nur so einfach wäre.
Nathan seufzt, während sich langsam Resignation in ihm breit macht. Dieses morgendliche Streitgespräch zehrt an seinen strapazierten Nerven. Erst dieser verwirrende Abend und die Niederlage gegen Njucon und nun auch noch Cináed. Vorsichtig fährt er sich über die Stirn. Dann geht er zusammen dem Gutsherrn hinaus in den Hof zu einem riesigen Blutbaum mit knorriger Rinde.

Was nun folgt, bringt den sowieso schon verwirrten Hexer kurzzeitig aus der Fassung. Niemals, wirklich niemals hätte er damit gerechnet, dass der Herr von Glyn-y-Defaid ebenfalls der Magie mächtig ist. Doch nun, wo vor seinen Augen die einzelne Flamme über Cináeds Handteller tanzt und dessen Worte in Nathans Kopf wie ein Hammer nachhallen, erhalten die Handlungen des Gutsherrn, die ihm vorher so sinnlos und unerklärbar erschienen, eine neue Bedeutung. Verstört mustert der Hexer das Gesicht seines Gegenübers, der ihn weiterhin ernst anblickt.
<„Und jetzt sagt mir: Wer seid Ihr?“>, dringt Cináeds diesmal nicht wütend, sondern freundlich klingende Stimme in sein Bewusstsein. Nathan zögert. Worte bilden sich in seinem Kopf, die gleich wieder verwirft. Doch sein Gegenüber drängt ihn nicht. Geduldig wartet der bärtige Elb bis Nathan seine chaotisch durcheinander laufenden Gedanken sortiert hat.
„Ich weiß, was ich bin.“ In seiner Stimme liegt weder Hohn, noch irgendein Funken von Ironie, als er endlich das Wort an Cináed richtet. „Mein Name ist Nathanael. Sohn einer Dorfhure und irgendeines umherziehenden Magiers, den ich nie kennen gelernt habe. Ich stamme aus Frithland und habe mein bisheriges Leben auf der Straße verbracht. Also bin ich wohl so etwas wie ein Herumtreiber oder man könnte auch sagen Überlebenskünstler, so sehe ich mich lieber. Ich ziehe von Ort zu Ort, erledige kleinere Arbeiten, verdiene meinen Lohn und ziehe weiter. Ich liebe die Einsamkeit der Wälder und der Straßen. Besonders im Winter, wenn alles weiß und kalt ist und niemand außer mir unterwegs ist. Und habe magische Fähigkeiten, die ich manchmal besser, manchmal schlechter und auch manchmal gar nicht beeinflussen kann. Also bin ich wohl auch das, was man gemeinhin als Hexer bezeichnet.“
Nathan zuckt mit den Schultern und blickt nachdenklich auf die einzelne magische Flamme, die noch immer Cináeds Handfläche umtänzelt. Es dauert eine Weile bis er mit derselben Ernsthaftigkeit und ohne seinen für ihn so typischen, spitzen Zynismus in der Stimme weiter spricht.
„Ist es das, was Ihr von mir hören wollt? Ist es das, was Ihr mir mit Eurer kleinen Vorführung zeigen wollt? Das man auch als magisch begabter Mann, der ganz offensichtlich kein Magier ist, ein rechtschaffenes, zufriedenes und sesshaftes Leben führen kann? Das man beliebt, erfolgreich sein und auf Blumenbällen tanzen kann, statt mordend und wahnsinnig oder einsam und voller Zorn wie ich, durch die Straßen zu ziehen? Das bezweifele ich nicht und habe ich nie. Jedes Leben verläuft anders, jedes Wesen ist anders. Ja, und vielleicht habt Ihr Recht! Ich sehe mich gerne in der Rolle des missverstandenen und unbeliebten Außenseiters.“
Ein schwaches Lächeln huscht über Nathans ramponiertes Gesicht, während er weiter nach den richtigen Worten sucht.
„Genau aus diesem Grund befinde ich mich auf dieser Seite, als unzuverlässiger, verschrobener Knecht und Ihr auf der anderen Seite, als respektierter und angesehner Bürger Talyras!“
Der schwarzhaarige Mann zögert einen Moment, dann greift nach der ausgestreckten Hand des Elbs. Irriert will Cináed seine Hand zurückziehen, doch ohne sich beirren zu lassen umfasst Nathan vorsichtig seine Finger und schließt sie zu einer Faust, bis die einzelne, züngelnde Flamme auf Cináeds Handfläche erlischt. Bei der Berühung des Hexers beginnt die Hand des Gutsherrn leicht zu zittern.
Mit gerunzelter Stirn betrachtet der Hexer ihre beiden Hände. Die Hände zweier Männer, die nicht verschiedener sein könnten.
„Wenn es Euch hierher verschlagen hat und Ihr mit Eurem Leben zufrieden seid, Ihr einen Platz habt, den Ihr Zuhause nennt und eine Familie, Ihr Eure Magie unter Kontrolle habt und das Ansehen der Leute genießt, dann ist das sehr wohl etwas, auf das Ihr Stolz sein könnt. Aber das ist nicht mein Leben, Cináed….Ihr könnt mich verachten, meinen Charakter gering schätzen und mich und meine Ansichten verspotten, aber ich bin, was ich bin! Und ich kann gut damit leben…
Könnt Ihr das auch oder zieht Ihr es jetzt, nachdem Ihr mich besser kennengelernt habt, doch vor mich der Stadtwache zu übergeben?“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 03. Sept. 2010, 10:23 Uhr
Geduldig, ohne Nathan ein einziges Mal zu unterbrechen, hört Cináed zu, während der junge Mann spricht. »Mein Name ist Nathanael. Sohn einer Dorfhure und irgendeines umherziehenden Magiers, den ich nie kennen gelernt habe. Ich stamme aus Frithland und habe mein bisheriges Leben auf der Straße verbracht. Also bin ich wohl so etwas wie ein Herumtreiber oder man könnte auch sagen Überlebenskünstler, so sehe ich mich lieber. Ich ziehe von Ort zu Ort, erledige kleinere Arbeiten, verdiene meinen Lohn und ziehe weiter. Ich liebe die Einsamkeit der Wälder und der Straßen. Besonders im Winter, wenn alles weiß und kalt ist und niemand außer mir unterwegs ist. Und ich habe magische Fähigkeiten, die ich manchmal besser, manchmal schlechter und auch manchmal gar nicht beeinflussen kann. Also bin ich wohl auch das, was man gemeinhin als Hexer bezeichnet.« Was sein Gegenüber da von sich gibt, ist dem Elben gar nicht einmal so fremd. Sicher, wurde in den Elbenlanden geboren, entstammt einem kleinen, aber angesehenen Vasallenhaus und hat seine Kindheit und einen Teil seiner Jugendjahre – im Gegensatz zu Nathan – wohlbehütet im Kreis einer liebenden Familie zugebracht. Doch es gab auch Zeiten, die er auf der Straße zugebracht hat und während derer er sich, wie Nathan heute, mit kleinen Arbeiten – und auch Gaunereien – über Wasser halten musste. Unstet wie ein Blatt im Wind trieb er durch die Gegend, nie hielt es ihn lange an einem Ort, immer wieder zog es ihn fort...

...bis er nach Talyra gelangte und schließlich auf Glyn-y-Defaid eine Heimat fand. Das Drängen, dass ihn bis dahin von einem Ort zum nächsten getrieben hat, hat seither beständig nachgelassen. Was jedoch nicht bedeutet, dass er sein Interessiere an fernen Orten und Ländern verloren hat: Im Gegenteil, als seine Frau noch jung und voller Tatendrang war, waren sie häufig gemeinsam unterwegs gewesen – im Verdland und Draingarad, in Brioca und Sûrmera, in Ildala, auch die großen Städten am Ostufer haben sie einige Male besucht. Doch all das ist lange her. Was Nathans Sehnsucht nach Einsamkeit anbelangt, so findet sich hier eine große Gemeinsamkeit, den genau aus diesem Grund liebt Cináed Glyn-y-Defaid so sehr. Das weitläufige Tal bietet viel Raum für Einsamkeit, nicht nur die Weiden, Wiesen und Felder des Anwesens, sondern auch das angrenzende Larisgrün mit seinen alten, majestätischen Bäumen, gut verborgenen Waldichtungen und silbrig schäumenden Wildbächen. Der Herr von Glyn-y-Defaid kennt sie alle, die geheimen, versteckten, wild-romantischen Orte des Rückzugs, die diese Landschaft so freigiebig zur Verfügung stellt und die er selbst immer wieder gerne aufsucht – ob nun im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter. Der Shida'ya lächelt. Jeder Stein, jeder Baum auf seinem Land ist ihm bekannt. Ganze Tage kann er draußen auf den Weiden zubringen – nur er und seine Schafe und die Vögel am Himmel über ihnen. Dann schreitet er die Grenzen seines Landes ab, überprüft Zäune und Mauern, hält nach Anzeichen Ausschau, die auf Raubtiere wie Wölfe, Bären und Wildkatzen hindeuten, streift in den Wäldern umher und genießt die ihn umgebende Stille.

Cináeds rauchgraue Augen mustern Nathan unverwandt. »Ist es das, was Ihr von mir hören wollt? Ist es das, was Ihr mir mit Eurer kleinen Vorführung zeigen wollt? Das man auch als magisch begabter Mann, der ganz offensichtlich kein Magier ist, ein rechtschaffenes, zufriedenes und sesshaftes Leben führen kann? Das man beliebt, erfolgreich sein und auf Blumenbällen tanzen kann, statt mordend und wahnsinnig oder einsam und voller Zorn wie ich, durch die Straßen zu ziehen?«, fragt der junge Mann und der Elb deutet ein leichtes Kopfnicken an. »Das bezweifele ich nicht und habe ich nie«, entgegnet Nathan daraufhin. »Jedes Leben verläuft anders, jedes Wesen ist anders. Ja, und vielleicht habt Ihr Recht! Ich sehe mich gerne in der Rolle des missverstandenen und unbeliebten Außenseiters.« Ein kaum merkliches Lächeln huscht bei diesen Worten über das Gesicht des Tagners. Das warme Licht des Sonnenaufgangs hebt seine blau und rot schillernden Verletzungen krass hervor. »Genau aus diesem Grund befinde ich mich auf dieser Seite, als unzuverlässiger, verschrobener Knecht und Ihr auf der anderen Seite, als respektierter und angesehener Bürger Talyras!« Es schwingt keine echte Bitterkeit, kein wirkliches Bedauern in dieser nüchternen Feststellung mit.

Einen Moment lang scheint Nathan zu zögern, dann fast er einen Entschluss und streckt den Arm aus, um Cináeds Hand zu ergreifen. Ganz unwillkürlich zuckt der Shida'ya zurück. Es ist früh am morgen, er hat gerade erst gefrühstückt, kommt direkt aus der Küche und hat vergessen Handschuhe anzulegen, bevor er sich auf den Weg zum Gesindehaus gemacht hat. Ohne diesen (wenn auch schwachen) Schutz lässt der Elb es nur äußerst selten und auch dann nur überaus widerwillig zu, dass jemand seine bloßen Hände berührt. Er hat gelernt das Mana tief in seinem Inneren zu vergraben, zu wegzusperren. Doch ebenso wie Nathan kann er die Kräfte, die in ihm schlummern, nicht in jedem Augenblick seines Lebens unter Kontrolle halten. Trotz all seiner Bemühungen findet es irgendwann immer einen Weg aus ihm heraus: Wie ein dünnes Rinnsal Wasser, das sich seinen Weg durch Risse und Spalten im Felsgestein sucht, sie geduldig weitet und aushöhlt. Und dann, ganz plötzlich und ohne Vorwarnung, lässt ein heftiger Regenschauer oder ein schreckliches Gewitter jenes Wasserrinnsal, das zuvor so klein und unbedeutend wirkte, mit einem Mal immer mehr anschwellen... und schließlich bricht es mit aller Macht aus seinem zu eng gewordenen Gefängnis aus! Cináed hätte nicht so lange 'überlebt', wenn er die vielen kleinen Anzeichen nicht zu deuten gelernt hätte, wenn er sich nicht Tricks und Kniffe angeeignet hätte, um solchen Ausbrüchen so gut es eben geht vorzubeugen... aber absolute Sicherheit, dessen ist er sich bewusst, kann es für einen Hexer in dieser Hinsicht niemals geben.

Dennoch gibt er schließlich nach, unterdrückt seine Angst (die größte Angst überhaupt, die er kennt) und lässt zu, dass Nathan seine Hand berührt, seine Finger behutsam, aber bestimmt zu einer Faust schließt und die gleißende Flamme auf seinem Handteller damit zu guter Letzt zum Verlöschen bringt. Cináeds Hand beginnt zu Zittern und er kann nur mühsam verhindern, dass es sich auch auf seinen restlichen Körper überträgt. Angespannt starrt der Elb auf seine von Nathans Hand umschlossene Finger hinab.
»Wenn es Euch hierher verschlagen hat und Ihr mit Eurem Leben zufrieden seid, Ihr einen Platz habt, den Ihr Zuhause nennt und eine Familie, Ihr Eure Magie unter Kontrolle habt und das Ansehen der Leute genießt, dann ist das sehr wohl etwas, auf das Ihr Stolz sein könnt.« Die Worte des Tagners scheinen aus weiter Ferne zu kommen und dringen nur ganz allmählich bis in das Bewusstsein des Shida'ya vor. »Aber das ist nicht mein Leben, Cináed... Ihr könnt mich verachten, meinen Charakter gering schätzen und mich und meine Ansichten verspotten, aber ich bin, was ich bin! Und ich kann gut damit leben... Könnt Ihr das auch oder zieht Ihr es jetzt, nachdem Ihr mich besser kennen gelernt habt, doch vor mich der Stadtwache zu übergeben?« Gerade so, als würde er versuchen einen Tagtraum zu verscheuchen, schüttelt der Herr von Glyn-y-Defaid den Kopf. Als er Nathan schließlich in die Augen sieht, ist sein Blick ernst, seine Worte aber sind freundlich. „Ich weiß, dass meine Art zu Leben nicht die Eure ist, Nathan“, erklärt er mit ruhiger Stimme. „...und ich will sie auch nicht zu der Euren machen... Ich wollte Euch lediglich eine andere Art vermitteln, die Welt zu betrachten.“ Cináed lächelt. „Und ich biete Euch zweierlei: Einen Ort an dem Ihr jederzeit willkommen sein werdet... und einen Freund, wenn Ihr einen braucht.“

Vorsichtig löst der Gutsherr seine Finger wieder aus Nathans Hand. „Ich sage nicht, dass Ihr Euch von Grund auf ändern sollt“, meint er freundlich. „Ich rate Euch lediglich, den Leuten ab und an etwas offener zu begegnen. Ihr werdet sehen, es wird nicht zu Eurem Schaden sein. Nun...“ Der Elb lacht und seufzt leicht. „...zumindest nicht immer.“ Langsam wendet er sich dem Haupthaus zu. „Kommt, lasst uns nachsehen, ob sich noch etwas Frühstück für Euch auftreiben lässt.“ Und mit einem Seitenblick auf Nathans geschwollenes Gesicht fügt er an: „Außerdem sollten sich jemand um Eure Verletzungen kümmern. Mit einer Schwellung so nah am Auge ist nicht zu spaßen...“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 07. Sept. 2010, 13:20 Uhr
Nathan merkt sehr wohl wie die unvermutete Berührung ihrer Hände den Elb verwirrt. Das Zittern seiner Hände, das sich sogar auf den Körper des Gutsherrn überträgt, ist nicht zu übersehen. Doch der Hexer ist zu müde zu und viel zu ausgelaugt, um sich über Cináeds Reaktion Gedanken zu machen.
Viel mehr überraschen ihn die ernsten, aber dennoch freundlich an ihn gerichteten Worte und das freundschaftliche Angebot des Gutsherrn Nathan jederzeit auf Glyn-y-Defaid willkommen zu heißen und ihm ein Freund zu sein.
Irritiert legt der Hexer seinen Kopf schief und mustert den bärtigen Elb mit den rauchgrauen Augen von oben bis unten. Er schüttelt leicht den Kopf, sein Blick wandert nach unten, um gleich wieder die freundlich vor sich hin funkelnden Augen Cináeds zu suchen. Diesmal liegt ein leichtes Lächeln auf dem blassen mit Blessuren übersäten Gesicht des Tagners.
„Ihr seid wirklich unverbesserlich, Cináed! Erst wascht Ihr mir den Kopf, bringt mich fast zum Explodieren, redet mir ins Gewissen, eröffnet mir das Ihr ebenfalls ein Hexer seid und dann….“, ein spitzbübischer Glanz liegt in Nathans blauen Augen, „ bietet Ihr mir Eure Freundschaft an! Ich frage mich langsam, was heute noch so geschieht. Vielleicht vererbt Ihr mir ja auch noch Euren Hof. Oh…und gegen etwas Gold und Silber hätte ich auch nichts einzuwenden. Wie Ihr wisst, wurde ich ja von diesem Straßenbengel beraubt.“
Nathan lacht befreit auf. Er spürt, wie der Druck, der schon seid gestern schwer auf ihn lastet, einwenig abfällt. „Autsch…ich sollte nicht Lachen. Das tut meinem Rippen nicht gut!“

Cináeds Angebot nach einem Frühstück kann der Hexer nicht abschlagen. Auch wenn sich sein Appetit in Grenzen hält, die Aussicht auf ein paar Schlucke heißen Tee sind ziemlich verlockend. So folgt der schwarzhaarige Mann mit schlurfigen Schritt dem Gutsherr in Richtung Haupthaus.
Gemeinsam setzten sich an den großen Holztisch in der Küche, an dem noch immer Cináeds angebrochenes Frühstück steht. Die anderen Knechte und Mägde Glyn-y-Defaids haben die Morgenmahlzeit schon beendet und haben sich in alle Richtungen verstreut, um ihre alltäglichen Arbeiten auf dem Gut zu verrichten.
Müde angelt sich der schwarzhaarige Hexer einen Becher und fühlt ihn mit heißem Tee, der über dem Feuer in einer Kupferkanne leise vor sich hinköchelt, dann lässt er sich mit einem lauten Plumps auf die Bank neben dem Gutsherrn fallen. Den schweren Kopf auf die linke Hand aufgestützt starrt Nathan auf den Dampf, der langsam aber kontinuierlich aus dem Becher vor ihm aufsteigt.
„Wisst Ihr, es ist schon wirklich seltsam. Jetzt lebe ich schon seit einigen Zwölfmonden hier in Talyra. Taylra, die Weltenstadt…hmppf...“, angewidert verzieht der schwarzhaarige Tagner der Gesicht, „...ich, der eigentlich große Menschansammlungen überhaupt nicht leiden kann. Ich bin hier hergekommen, um mich vor…sagen wir’s mal so,… um mir ein paar Schwierigkeiten vom Hals zu schaffen, die mich wie eine Klette verfolgt haben, naja und ich dachte mir, welcher Ort ist besser geeignet, um sich zu verstecken, als die größte Stadt der Immerlande. Im Grunde genommen, war es wirklich eine gute Entscheidung.“
Nachdenklich blickt der Hexer von seinem Becher auf. Er pustet kurz, dann hebt er den Becher und trinkt laut schlürfend ein paar Schlucke bevor er wieder ansetzt, weiter zu sprechen. Es ist schon erstaunlich, wie viel der sonst recht wortkarge, undurchsichtige Mann in der letzten halben Stunden von sich Preis geben hat. Eloquenz gehört nun wahrlich nicht zu seinen Stärken.
„Ich hätte nie gedacht, dass…dass es wirklich Leute gibt, die Menschen wie mich einfach so akzeptieren, die mich nicht verurteilen oder mir Angst und Hass entgegen bringen. Ihr seid nicht der erste, der… der nachdem er fahren hat, das ich ein Hexer bin nicht sofort die Stadtwache ruft, sondern stattdessen…nunja... der…ach egal.“ Der Hexer grinst schief.
„Vielleicht ist Talyra doch gar nicht so ein schlechter Ort!“
Einen Augenblick herrscht Stille, während Nathan weiter auf den Tisch blickt und müde sein nicht zu geschwollenes Auge schließt.
„Trotzdem, werde ich Talyra verlassen. Es gibt einfach zu viel, was ich klären muss. Solange ich mit meiner Vergangenheit nicht im Reinen bin, kann ich nicht einmal daran denken, mich irgendwo fest niederzulassen. Geschweige denn, wo ich nicht einmal weiß, ob sesshaft zu sein überhaupt etwas für mich ist. Also…Ihr musst keine Sorge haben: So schnell werde ich auf Euer Angebot nicht zurückgreifen! Auch wenn mich Euer Vertrauen und Eure Gastfreundschaft ehrt."

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 09. Sept. 2010, 12:48 Uhr
Schweigend hört Cináed Nathan zu und als der junge Hexer schließlich geendet hat, nickt er bedächtig. „Ich weiß nichts über Eure Vergangenheit und welche Geister Euch folgen“, stellt der Elb langsam fest. „Und ich will darüber auch nichts wissen, solange die Meinen von Euren Schatten keine Gefahr droht... Aber ich weiß, wie es ist, Aufgaben unvollendet zu lassen, weil sie einem Unbehagen bereiten.“ Der Shida'ya seufzt. „Ich denke, ich habe selbst etwas zu tun, das ich schon viel zu lange vor mir herschiebe.“ Nachdenklich angelt er sich eine der frischen Honigschnecken aus der geflochtenen Weidenschale, die in der Tischmitte steht. „Was ich sagen will, ich verstehe sehr gut, warum Ihr gehen wollt. Tut was Ihr tun müsst. Aber ich habe wirklich gemeint, was ich gesagt habe – Ihr werdet auf Glyn-y-Defaid stets willkommen sein...“ Unnötig zu erwähnen, dass dieses Angebot endet, sobald Cináed seine Duldsamkeit ausgenutzt sieht.

Der Shida'ya beißt ein Stück von der Honigschnecke ab, lässt das weiße Milchgebäck dann allerdings auf dem flachen Holzbrett, welches sich vor ihm auf dem Tisch befindet, liegen und erhebt sich stattdessen. „Beendet Euer Frühstück in aller Ruhe“, erklärt er, während auf die Hintertür zugeht. „Ich hole nur eben ein paar Sachen mit denen Ihr Eure Wunden behandeln könnt.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, verlässt er das Haus und begibt sich hinüber in seine kleine Werkstatt, in der er neben etlichen Färberpflanzen auch einige nützliche Heilsalben und Tinkturen aufbewahrt. Cináed ist gewiss kein Heiler, aber im Laufe der Zwölfmonde hat ihn die pure Notwendigkeit dennoch so manches hilfreiche Wissen gelehrt. Es erregt schlichtweg weniger Aufmerksamkeit, wenn man in der Lage ist Hitzepickel, Brandblasen, leichte Brandwunden und ähnliches selbst zu versorgen – zumindest dann, wenn man ein Hexer ist, der gelegentlich mit dem Feuer spielt.

Ein paar geübte Griffe und der Herr von Glyn-y-Defaid hat gefunden, weshalb er gekommen ist. Zufrieden verlässt er die Werkstatt wieder und begibt sich zurück in die Küche, wo Nathan sein Morgenmahl gerade beendet. Cináed stellt die Tiegel und Tinkturen, die er mitgebracht hat, auf dem Tisch ab. „Sie werden Euch einigermaßen helfen“, erklärt er an Nathan gewandt und deute auf die schmalen Gefäße. „Haben mir selbst schon oft gute Dienste erwiesen.“ Er grinst, dann wird er wieder ernst. „Wann werdet Ihr aufbrechen?“, erkundigt er sich. „Ich werde Rhona und Owyn Bescheid geben, damit sie, wenn es an der Zeit ist, etwas Proviant packen und Euren Lohn bereithalten.“ Er mustert den jungen Mann von oben bis unten. „Vielleicht lässt sich auch noch das eine oder andere nützliche Kleidungsstück auftreiben“, entscheidet er schließlich, nachdem er die Gewänder des Tagners einer gründlichen Prüfung unterzogen hat.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Nathan am 09. Sept. 2010, 16:27 Uhr
Nachdenklich blickt er auf die Tiegel und Tinkturen, die der Herr von Glyn-y-Defaid vor ihm auf den Tisch abstellt. Auch Nathan ist in der Kunst der Heilkräuter einwenig bewandert, zumindest was einfache Tränke gegen Fieber und Husten oder Salben zur Verbesserung der Wundheilung angeht. Aber es ist nur das notwenige Überlebenswissen eines Laien, der die meiste Zeit seines Lebens in der Wildnis, auf den Straßen oder in kleinen Dörfern verbracht hat. Doch im Gegensatz zu Cináed hat Nathan die letzten Monde seine Kenntnisse sträflich vernachlässigt. Ihm fehlte einfach die Zeit im Larisgrün, die nötigen Heilpflanzen und Kräuter zu sammeln, geschweige denn die gefundenen Pflanzen zu verarbeiten. Aus diesem Grund nickt er Cináed kurz dankbar zu.
„Wann ich aufbrechen werde? Hmm…“, vorsichtig reibt der Tagner sein zerknautschtes Kinn, „...gestern Nacht spielte ich noch mit dem Gedanken, sofort aufzubrechen. Nunja…ich bin davon ausgegangen, dass Ihr mich so wieso vor die Türe setzt. Aber wenn ich jetzt so nachdenke, die Aussicht auf ein paar zusätzliche Tage ein festes Dach über den Kopf und die Möglichkeit meine Verletzungen…", Nathan verzieht einwenig den Mund bei den Gedanken an die Ursache für sein ramponiertes Aussehen, „...auszukurieren, ist wirklich verlockend. Wenn Ihr einverstanden seid, bleibe ich noch einen Siebentag. Dann kann ich mich auch noch von ein paar Leuten verabschieden und noch einige Dinge Regeln. Im Gegenzug werde ich mich am Riemen reißen, versuche mal ausnahmsweise die Anweisungen Eures Gesindes zu befolgen und mache mich dann vom Acker!“
Der schwarzhaarige Mann schaut von seinem Becker auf und schenkt seinem Gegenüber sein typisches, verschmitztes Lächeln.
„Ihr könnt auch gerne den gestrigen und den heutigen Tag von meinem Lohn abziehen. Ich glaube nicht, dass ich im Laufe der nächsten Stunden noch zu irgendetwas anderem als Schlafen und einwenig Teetrinken fähig bin.“
Nathan verfolgt den Blick des Gutsherrn, der die Gewänder des Hexers einer gründlichen Prüfung unterzieht. Mist da war ja was, fällt Nathan siedend heiß sein.
„Hemd und Hose habe ich mir von Owyn geliehen…tja…in diesem Zustand wird er sie nicht mehr zurück wollen. Zieht sie mir einfach auch von meinem Lohn ab.“
Mühsam erhebt sich der schwarzhaarige Mann von der Bank. Langsam verlangen die Anstrengung der Nacht und das nervenaufreibende Gespräch mit dem Herrn von Glyn-y-Defaid ihren Tribut. Nathan spürt wie er kaum noch sein unverletztes Auge offen halten kann. Mit beiden Händen sich am Tisch abstützend, wartet der Hexer, bis die Welle aus Schwindel und Übelkeit vorüberzieht. Dann hebt er den Kopf und blickt den bärtigen rotblonden Elb noch einmal an.
Schließlich zuckt mit den Schultern, ein Zeichen das er selber nicht Recht weiß, was er nun sagen soll. Er entschließt sich für ein kurzes, aber deshalb nicht weniger ehrlich gemeintes „Danke….“, dem er noch ein: „..für Alles…“ anfügt. Dann hebt er die Hand und streckt sie dem Gutsbesitzer entgegen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 24. Sept. 2010, 14:03 Uhr
Als Nathan sich erhebt, steht Cináed ebenfalls auf. »Danke... für alles«, erklärt der dunkelhaarige Mann und streckt dem Gutsbesitzer die Hand entgegen. „Schon gut“, winkt der Elb ab und nickt Nathan zu, ohne jedoch die dargebotene Hand zu ergreifen. „Versteht mich bitte nicht falsch, Nathan“, meint er entschuldigend, als sein Gegenüber schließlich die Hand wieder sinken lässt. „Es ist einfach so, dass ich ungern jemanden mit bloßen Händen berühre...“ Ein verlegenes Lächeln huscht über das Gesicht des Shida'ya. „Was den Rest betrifft... ich werde mit Owyn sprechen und alles Nötige veranlassen, auch was Euren Lohn betrifft. ...also dann, ruht Euch aus. Rhona wird Euch später gewiss etwas zu essen und zu trinken bringen, aber morgen erwarte ich von Euch, dass Ihr wieder wie gewohnt Eurer Arbeit Arbeit nachgeht.“ Cináed schenkt dem jungen Mann noch einen letzten Blick und damit ist Nathan vorerst entlassen.

Während sich der Tagner ins Gesindehaus zurückbegibt, wendet sich der Gutsbesitzer seinen eigenen Aufgaben und Pflichten zu, jedoch nicht ohne sich zuvor ein ledernes Handschuhpaar über die blanken Finger gestreift zu haben. Bevor der Elb den Hof verlässt, um nach Schädelwacht zu reiten und ein paar Besorgungen zu erledigen, sucht er Owyn auf und informiert den Großknecht über alles, was er mit Nathan besprochen hat. Der Gutsbesitzer und der Großknecht sprechen kurz ab, was dem Tagner vom Lohn abgezogen wird und was nicht und was man dem jungen Mann an Proviant und Reisekleidung überlassen kann, dann verabschiedet Cináed sich und macht sich auf den Weg.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 29. Sept. 2010, 10:14 Uhr
Irgendwann nach dem Blumenball


„Heute ist ein wunderschöner Tag, Uio, nicht wahr?“
Freudestrahlend schnappt sich Zoe seine Hand, legt ihre Finger zwischen die Seinen und schwingt ihre beiden Arme hin und her. Die Sonne kitzelt ihr angenehm auf der Nase. Gerade mogeln sich die ersten warmen Strahlen durch das dicke Laub der Bäume und werfen lustige, helle Flecken auf den schmalen Bauernpfad der in Richtung Glyn-y-Defaid durch den Wald ins Tal der Schafe führt.

Die beiden sind heute schon extra früh aus ihrem Bett gesprungen. Draußen war es noch finster und dunkel gewesen und selbst Lyall und Avila haben noch tief und fest in ihren Kammern geschlummert. Doch wer den weiten Weg zu Cináed zurücklegen will, der muss noch bevor der Tag anbricht aus den Federn kriechen und die kleine Fee kannte, was das angeht, keine Gnade. Wie schon am Vorabend im Bett verabredet, hat das Feenmädchen ihren großen Freund, der überhaupt nicht aufstehen und eigentlich auch gar nicht so doll zu diesem Cináed wollte, geweckt. Auch wenn Uio mehrmals versucht hat, die kleine Fee auf seinem Gesicht, die an Nase, Ohren, Haaren und schließlich auch an seinen Lippen gezogen hat, zu ignorieren, musste er sich schließlich doch dem Willen seiner schon mächtig aufgeregten Freundin beugen. Gemeinsam schlichen sich die beiden Freunde aus dem noch völlig verschlafenen Anwesen, sie wollten die anderen Bewohner ja nicht wecken, und machten sich auf den Weg durch die Stadt Richtung Südtor. Uios gute Kenntnisse der Straßen und Gassen der Stadt kamen den Beiden in der noch dunklen Stadt zu gute, so dass sie ohne sich groß zu verlaufen und auch unbehelligt das Südtor und den großen Platz der Händler erreichten. Selbst zu der frühen Stunde waren schon die ersten Händler und Bauern versammelt. Stände wurden aufgestellt, Wagen voller Waren in die richtige Position geschoben. Von einer recht netten Bauersfrau mit großen Brüsten und breiten Hüften erfragten die Zwei den Weg nach Glyn-y-Defaid und damit zu Cináed. Die Strecke war auch gar nicht schwer zu merken gewesen: Einfach die Südstraße runter bis zur ersten Wegkreuzung, aber nicht die kleine Straße zum alten Pferdehof, sondern den kleinen Pfad in die entgegen gesetzte Richtung folgen.

Nun da es nicht mehr weit bis zum Gutshof ist, hat sich die kleine Fee "groß" gemacht. Sie möchte mit Cináed und Uio spielen und ein wenig herumtollen können und das geht einfach besser, wenn man Groß ist. Große neigen dazu, die Kleinen zu behandeln wie rohe Vogeleier, dabei sind Feen ganz stabile Wesen. So leicht kann man da nix kaputt machen. Aber erzähl so was mal den Großen…
Lächelnd kuschelt sich die „große“, kleine Fee an Uios Schulter, während sie über eine kleine Brücke marschieren.
„Heute wird ein toller Tag….“
„Meinste?“, schmitzt blickt der Junge auf die glückselig dreinschauende Zoe. Ihre braun-grünen Augen leuchten vor Freude.
„Ja! Natürlich! Das wird ein Spaß. Cináed ist ein richtig netter Großer und er wird uns bestimmt alles zeigen: die Tiere und das ganze Land hier und….“ Zoe lacht und streicht sich ein paar ihrer vorwitzigen Haarsträhnen, die sie an der Nase kitzeln, hinters Ohr. „Das wird auch dir gefallen!“
„Hmmmmm…..“ Uio will gerade etwas erwidern, da entdeckt er vor ihnen die große Toranlage mit brüllenden Löwen auf den Säulen. Überrascht bleibt er stehen und deutet mit seiner freien Hand auf das Tor und den dahinter liegenden Hof mit gepflastertem Platz mit großem Baum in der Mitte, Brunnen und mehreren Gebäuden. „So wie’s aufsieht sind wir da!“
„Uiii ja!“ Begeistert hüpft das Feenmädchen auf und ab und flattert mit ihren wunderschönen blauen Schmetterlingsflügeln. „Los komm! wir schauen, ob schon jemand auf ist!“
Ehe Uio sich versieht, zieht ihn Zoe auch schon durch das Tor. Mitten auf dem Hof unter den großen Ästen des Blutbaumes bleiben die beiden stehen. Neugierig schaut sich Zoe um. Draußen im Freien ist gerade niemand zu sehen, aber aus einem der Häuser aus Stein, sind leise Stimmen zu hören.
Kurz entschlossen erhebt das Mädchen ihre helle Stimme und ruft:
„Halloooooooo Cináed. Uio und Zoe sind dich besuchen gekommen!“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 04. Okt. 2010, 10:58 Uhr
Einige Siebentage nach dem Blumenball

Nathan hat sich vor gut einem Siebentag verabschiedet und ist – ausgestattet mit reichlich Proviant, ein paar gebrauchten, aber ordentlichen Reisegewändern, seinem Lohn und etlichen gut gemeinten Ratschlägen – von dannen gezogen. Der Abschied des Tagners hat die verschiedenen Bewohner von Glyn-y-Defaid mit gemischten Gefühlen zurückgelassen, denn einerseits hat Nathan es vorgezogen für sich zu bleiben und außerdem Anlass für so manchen Verdruss geboten, andererseits ist er trotz allem ein Bestandteil ihrer kleinen Gemeinschaft geworden von dem sie sich nur schwer trennen können, zumal der junge Mann sich vor allem in den letzten Tagen sehr umgänglich gezeigt hat. Doch dann ist er fort und die Zeit dreht sich trotzdem weiter. Die alltäglichen Arbeiten wollen auch weiterhin erledigt werden und nun, wo Nathan fehlt, gibt es viele Aufgaben, die wieder von anderen Schultern getragen werden müssen.

Als Uio und Zoe auf den Hof marschiert kommen, ist Gwyn, der Sohn von Owyn und Rhona, daher gerade damit beschäftigt eine große Karre Pferdemist durch das Tor der Pferdestallungen zu schieben, um den duftenden Unrat zum Misthaufen hinter dem Kuh- und Schweinestall zu schaffen. Als er Zoes Ruf vernimmt, bleibt der Junge jedoch abrupt stehen und stellt die Karre überrascht ab. »Halloooooooo Cináed. Uio und Zoe sind dich besuchen gekommen!« Gwyn grinst. Er kennt Uio und Zoe aus Apfelgriebs Erzählungen und von seinen eigenen Besuchen im Anwesen de Winter. Lächelnd nimmt er die Mistkarre wieder auf und schiebt sie eilends auf den Hof und hinüber zu dem Großen Baum, wo er die beiden Gäste stehen sieht.
Aus Richtung Haupthaus kommen derweil Mair und die neugierige Úna, Gwyns kleine Schwester, herbeigeeilt, um nachzusehen, wer dort so laut nach ihrem Herrn ruft. Mair trägt einen großen Korb voller Schmutzwäsche auf dem Arm, denn sie ist offenbar gerade auf dem Weg zur Waschküche gewesen, als Zoes Ruf über den Hof geschallt ist. Auch Úna hält einen Korb in den Händen, allerdings ist dieser deutlich kleiner – und leer. Vermutlich hat seine Mutter sie soeben losgeschickt, um frische Eier zu holen. Zumindest nimmt Gwyn dass an, den er weiß, dass Rhona an diesem Morgen Mandelnuszdorttem – kleine Mandelküchlein – backen will.

„Guten Morgen“, grüßt Úna Zoe und Uio fröhlich und strahlt vor Freude über das ganze Gesicht, den die Ankunft der beiden unerwarteten Besucher verheißt nicht nur Abwechslung, sondern auch jede Menge Spaß. „Guten Morgen“, erklärt auch Mair, jedoch deutlich zurückhaltender. „Guten Morgen“, meint schließlich auch Gwyn und streicht sich eine vorwitzige strohblonde Haarsträhne mit dem Handrücken aus dem Gesicht, wobei er einen schmutzigen Streifen auf seiner Stirn hinterlässt. „Cináed ist mit Emrys drunten am Drych und repariert den alten Steg.“ Úna nickt zustimmend. „Aber ich kann euch hinbringen, sobald ich die Eier geholt habe“, kommt das Mädchen seinem Bruder hastig zuvor. Gwyn verzieht spöttisch den Mund. „Vergiss nicht, dass Mutter auf die Eier wartet, also beeilt dich lieber“, entgegnet er. Und an Zoe und Uio gewandt, fügt er hinzu: „Ihr könnt mit mir kommen, ich muss ohnehin in die Richtung.“ Wütend streckt Úna ihrem Bruder die Zunge heraus. „Wir werden ja sehen, wer eher am Weiher ist“, ruft sie herausfordernd, dann rennt sie, so schnell ihre Füße sie zu tragen vermögen, zum Hühnerstall davon, während Gwyn der Fee und dem Jungen zunickt und den beiden bedeutet ihm zu folgen. Mair lächelt. „Geht ruhig“, erklärt sie zustimmend. „Ich werde im Haus Bescheid geben, dass ihr da seid.“

Gemeinsam machen sich die drei auf den Weg. Hinterm Schweinestall angelangt, entledigt sich Gwyn rasch der Fuhre Pferdemist und lässt die Karre achtlos neben der Jauchegrube stehen, dann führt er Zoe und Uio über eine große Wiese hinaus zum Drych Cymylau, dem Weiher von Glyn-y-Defaid. „Ihr seid schon ziemlich früh los, was?“, meint der Junge. „Wie lange habt ihr für den Weg gebraucht? Habt ihr euch vielleicht ein Stück von einem Händler auf seinem Karren mitnehmen lassen?“ Pure Abenteuerlust funkelt in den rehbraunen Augen des Hofjungen. Obwohl er und Uio etwa gleich alt sein dürften, wirkt Gwyn um einiges älter und reifer, was an der täglichen Arbeit liegen mag, die er zu erfüllen hat. Dennoch, was hochfliegende Träume und Wünsche angeht, steht die Phantasie des Hofjungen hinter der des schmächtigen Straßenjungen gewiss kein bisschen zurück.
Neugierig mustert er Zoe. „Können das alle Feen?“, fragt er interessiert. „Sich groß machen, meine ich?“ Er runzelt leicht die Stirn. „Wie machst du das mit deinen Gewändern?“, hakt er nach. „Wachsen die mit oder hast du immer irgendwo ein Paar Wechselsachen versteckt?“ Der Junge kichert erheitert, als er sich vorstellt, wie das Feenmädchen nach seinen Kleidern sucht, diese aber nicht findet, weil jemand das Versteck entdeckt und die Sachen mitgenommen hat.

Emyrs und Cináed sind tatsächlich gerade damit beschäftigt den alten Steg zu reparieren, so wie Gwyn gesagt hat. Als die beiden Männer die kleine Gruppe näher kommen sehen, halte sie jedoch in ihrem Tun inne. Der Knecht entdeckt die Kinder zuerst und macht seinen Herrn mit ausgestrecktem Arm auf sie aufmerksam. Cináeds Blick folgt der Handbewegung. „Zoe. Uio. Was macht ihr Zwei denn hier?“, ruft er überrascht. Er legt das Werkzeug, welches er in Händen hält, vorsichtig beiseite und geht den drei Kindern kopfschüttelnd entgegen. „Ihr seid doch nicht etwa allein den ganzen weiten Weg hier herausgelaufen?“, erkundigt er sich und sieht die beiden fragend an.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Uio am 04. Okt. 2010, 12:44 Uhr
Es geht ganz plötzlich da stehen Zoe und Uio nicht mehr allein auf dem Hof. Aus allen Ecken tauchen sie auf und begrüßen beide freundlich. Auch wenn Uio einige von ihnen schon mal gesehen hat, weiß er nicht recht, was er sagen soll, ganz im Gegensatz zu Zoe, die ohne weitere Umschweife gleich drauflos plappert. So belässt es Uio mit einem freundlichen nach außen und innerlich unsicherem Lächeln und Kopfnicken. Gwyn scheint Uios Anflug von Schüchternheit zu bemerken und verwickelt Zoe gleich in ein Gespräch über Feenkram.
Auch Uio muss kichern bei dem Gedanken Zoe würde nackig sein und …natürlich er hätte ihre Kleidung versteckt.

>„Zoe. Uio. Was macht ihr zwei den hier?“<
Uio sieht in die Richtung aus der die Worte von Cinaed zu ihnen herüber schallen. Schon kommt er ihnen entgegen und fragt wie sie beide hierher gefunden haben.
„Ach, das war nicht schwer!“, sagt Uio frei heraus. Es scheint als wolle er weiterreden, doch bringt er weiter nichts heraus, weicht wieder etwas zurück und lächelt unsicher. Doch gleich ist Zoe zur Stelle und begrüßt den großen Elb überschwänglich mit eine Umarmung und lautem Gekichere. „Das ist ja soooo schön hier!“, quietscht Zoe und flattert mit ihren schillernden Flügeln. „So schön hab ich mir das gar nicht vorgestellt, gut dass wir da so Früh zu dir gekommen sind. Da haben wir ganz viel Zeit uns alles anzusehen, nicht war Uio!“
„Ähm…ja.“, sagt Uio etwas überrumpelt und nickt. Sicher findet es hier schön…na ja, viel Grünzeug und so Bäume, das Wasser, Häuser wie auf dem Anwesen…eben. Ja es ist alles schön und gut, alle sind bestimmt auch nett, wie Zoe es gesagt hat. Warum aber fühlt sich Uio dann so unsicher und merkwürdig?  
Während Uio kurz darüber nachdenkt und zu dem Schluss kommt, dass man egal wo man ist, immer vorsichtig sein sollte, denn man weiß nie was passiert und er eben jetzt nicht nur auf sich, sondern auch auf Zoe aufpassen muss, verpasst er das sprudelnde Gespräch zwischen seiner Freundin und dem Herrn von Glyn-y-Defaid.

Uio schaut sich derzeit um. Zoe hat schon recht, es ist ein schöner Ort und Uio würde jetzt nichts lieber tun, als in den Weiher zu springen. Wobei ihm bei dem Gedanken auffällt, dass er nicht schwimmen kann und er nicht weiß, wie tief das Wasser ist. Also keine gute Idee. Plötzlich knarrt und ächzt es hinter ihm und Úna kommt zu ihnen angerannt. Gwyn lächelt seine kleine Schwester an, die nun die Unterlippe vorschiebt, wohl wissend das sie das rennen verloren hat.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 05. Okt. 2010, 14:10 Uhr
So viele Gesichter die sich da plötzlich unter dem schönen großen Baum versammelt haben. Mal unverhohlen neugierig, mal zurückhaltend, mal frech und überschwänglich werden die beiden Gäste von allen Seiten begrüßt. Auch wenn Zoe die meisten der Großen, die plötzlich aus allen Ecken auf den Hof geströmt kommen, vom Sehen kennt, so ist ihr doch der Auflauf um sie herum unheimlich. Schüchtern blickt das Feenmädchen zu Boden, ihr Gesicht ist fast komplett von ihren braun glänzenden, flauschigen Haaren verdeckt, und greift völlig unbewusst nach Uios Hand. Sie fühlt sich so warm und unglaublich sicher an. Sein fester Händedruck beruhigt ihr schnell schlagendes Herz wieder ein bisschen, auch wenn sie sich noch immer nicht traut in die vielen fremden Gesichter zu schauen. Einwenig enttäuscht stellt Zoe fest, das ihr Freund Cináed leider nicht unter all Versammelten Bewohnern von Glyn-y-Defaid ist. Doch der Große mit den blonden Haaren namens Gwyn schlägt zur Freude der kleinen Fee gleich darauf vor, sie beide zu Cináed zu bringen. Die Aussicht bald den großen bärtigen Mann zu treffen, lässt das ihr kleines Feenherz einwenig höher hüpfen und zaubert ein breites Lächeln über ihr Gesicht. So machen sich die drei gemeinsam auf den Weg.

Das Gespräch zwischen den beiden Jungen und der jungen Fee, will am Anfang nicht so recht in Fahrt kommen. Es dauert einwenig bis die Fee, die immer noch Uios Hand hält, auftaut. Uio belässt es meist bei einem freundlichen Lächeln und einem vagen Kopfnicken.
<„Können das alle Feen?“>, fragt plötzlich Gwyn interessiert. <„Sich groß machen, meine ich?“>
Überrascht blickt das Mädchen auf und schaut den Jungen mit großen Augen an.
„Öhm….ich…“, Hilfe suchend wendet sich die kleine Fee an ihrem besten Freund, doch der zuckt nur die Schultern.
„Ich…ich glaube schon!“, antwortet sie schließlich etwas zögerlich.
Gwyn runzelt leicht die Stirn. <„Wie machst du das mit deinen Gewändern?“>, fragt er nach. <„Wachsen die mit oder hast du immer irgendwo ein Paar Wechselsachen versteckt?“>
Bei der Frage muss nun selbst die kleine Fee leise Kichern.
„Nein! Das wäre ja doof!“, mit ihren grün-braunen Augen strahlt sie den Jungen an und deutet auf ihre hellbraune Hose und ihr strahlend weißes Hemdchen, auf dem kein Schmutz und kein Fleck sich zu halten vermag. „Ne, ne…jedes Mal wenn ich mich groß…“ ,bei dem Wort „groß“ lässt sie Uios Hand los, stellt sich auf ihre unbeschuhten Zehenspitzen und streckt beide Arme in Höhe, “…mache, wird alles an mir groß. Auch das, was ich anhabe. Und wenn ich mich ganz klein mache…“ ,Zoe runzelt einwenig die Nase, kneift die Augen zusammen und deutet mit ihren Fingern die Größe eines Schmetterlings an, “…also, so klein ungefähr,…dann wird auch alles klein. Ansonsten würde mich die Hose, die ich anhab, doch erdrücken!“
Verschmitzt blickt die kleine Fee den blonden Jungen an. Langsam bricht das unsichtbare Eis zwischen ihnen beiden. Bevor sie allerdings weiter gehen, schnappt sich Zoe wieder Uios Hand. Sicher ist sicher!

Es dauert ein bisschen bis die Dreiergruppe einen alten Steg erreicht und dort – uiiii, wie schön – entdeckt die kleine Fee auch ihren großen bärtigen Freund. Kaum hat Zoe den großen Elb ausgemacht gibt es kein Halten mehr. Sie lässt Uios Hand los und rennt, so schnell sie ihre Beine tragen, auf den Gutsbesitzer zu.
„Cináed…“, ruft sie voller Freude. „…wir kommen dich besuchen!“
Kaum hat sie den Elben erreicht, umarmt sie ihn auch schon stürmisch. Ganz eng schmiegt sie sich an den Großen, den sie wirklich, wirklich gern mag.
„Das war eine tolle Reise zu dir“, ergänzt das Mädchen begeistert Uios kurze Antwort auf die Frage nach dem Grund ihres plötzlichen Hierseins. Breit lächelnd hebt sie ihren Kopf, die Arme hat sie immer noch um Cináeds Bauch geschlungen und blickt ihn mit vor Freude nur so funkelnden Kinderaugen an. „Wir sind ganz früh aufgestanden, da haben alle in Aurians Haus noch geschlafen und dann sind wir durch die Stadt gelaufen. Da war dann schon mehr los. Obwohl noch alles dunkel war und noch die Sterne am Himmel geglitzert haben, warn schon einige Große wach und haben Sachen von hier nach dort getragen und sind rum gelaufen. Ich glaube manche Große schlafen nie…!Ja und dann sind wir in den Wald gekommen. Ach quatsch, vorher haben wir noch eine liebe Große gefragt, wie wir zu dir kommen. Die hat uns alles ganz genau erklärt…Ja und dann sind wir der Straße gefolgt und haben dich gefunden. Das war total schön, so durch den Wald zu laufen. Die ganzen Tiere sind gerade erst aufgestanden oder haben sich schlafen gelegt…und toll gerochen hat es, nach nassen Moos und Gräsern, nach frischen Blättern und feuchter Erde…“
Die Kleine strahlt Cináed glücklich an.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 06. Okt. 2010, 16:28 Uhr
»Cináed, wir kommen dich besuchen«, schallt es dem Gutsbesitzer voller Begeisterung entgegen und er kann gar nicht so schnell reagieren, wie ihm das zierliche Feenmädchen ihm entgegen stürmt und ihn freudig umarmt. »Das war eine tolle Reise zu dir. Wir sind ganz früh aufgestanden, da haben alle in Aurians Haus noch geschlafen und dann sind wir durch die Stadt gelaufen. Da war dann schon mehr los. Obwohl noch alles dunkel war und noch die Sterne am Himmel geglitzert haben, waren schon einige Große wach und haben Sachen von hier nach dort getragen und sind rum gelaufen. Ich glaube manche Große schlafen nie...«, sprudelt es atemlos aus Zoe hervor. »Ja und dann sind wir in den Wald gekommen. Ach Quatsch, vorher haben wir noch eine liebe Große gefragt, wie wir zu dir kommen. Die hat uns alles ganz genau erklärt... Ja und dann sind wir der Straße gefolgt und haben dich gefunden. Das war total schön, so durch den Wald zu laufen. Die ganzen Tiere sind gerade erst aufgestanden oder haben sich schlafen gelegt... und toll gerochen hat es, nach nassem Moos und Gräsern, nach frischen Blättern und feuchter Erde...« Die kleine Fee sieht Cináed mit großen, strahlenden Augen an und der Elb kann nicht anders – er muss einfach lächeln.

Der Gutsbesitzer freut sich ehrlich die beiden Uio und Zoe zu sehen, doch obwohl er sich vor den beiden nichts davon anmerken lässt, um die Begeisterung des Feenmädchens nicht zu trüben, so ist er auch ein wenig besorgt – und verärgert. Der Weg von Talyra bis hinaus nach Glyn-y-Defaid ist kein gemütlicher Morgenspaziergang und das sich die beiden Kinder in aller Shenrahfrühe einfach so unbemerkt aus dem  Anwesen schlüpfen konnten, gefällt ihm ganz und gar nicht. Jemand – Zoe würde sagen 'ein Großer oder eine Große – hätte Uio und seine Feenfreundin begleiten müssen. Für die beiden mag der weite Weg hinaus bis zu Cináeds Hof ein zwar ein einziges, aufregendes Abenteuer gewesen sein, der Shida'ya hingegen sieht die ganze Geschichte hingegen mit etwas ernsterem Blick und weiß um die Gefahren, die am Wegesrand lauern können. Im Vergleich zu anderen Gegenden mag das talyrische Umland zwar ruhig und ungefährlich wirken, aber es sind zum Beispiel nicht alle Landstreicher so nett und freundlich wie Jocke Kis und Gute Güte. All diese Bedenken spricht Cináed in Gegenwart der Kinder nicht aus, doch er nimmt sich vor bei nächster Gelegenheit in dieser Sache ein ernstes Wort mit Aurian zu wechseln.

An Zoe gewandt erklärt der Herr von Glyn-y-Defaid: „Es freut mich auch, euch zu sehen.“ Der Elb lächelt. „Und wie ich höre, habt ihr Unterwegs schon viel erlebt. Schön dass dir der Weg durch den Wald so gut gefallen hat.“ Cináeds Blick wandert zu Uio und Gwyn hinüber, die gerade Úna entgegen sehen, welche atemlos angestolpert kommt. „Guckt nicht so“, faucht das Mädchen die beiden Jungen an. „Ich bin gestolpert... und der Korb mit den Eiern ist zu Boden gefallen... und ein paar sind zu Bruch gegangen...“ „...und Mutter hat fürchterlich geschimpft“, beendet Gywn den Satz seiner Schwester feiksend. Wütend streckt Úna ihm die Zunge heraus.
„Genug“, schreitet Cináed schließlich ein. „Wir haben Gäste.“ Lächelnd schiebt er Zoe behutsam in Únas Richtung und deutet anschließend zu dem kaputten Steg hinüber, wo Emrys wartend am Ufer steht. „Kümmert euch um Uio und Zoe“, trägt er den Geschwistern auf. „Zeigt ihnen schon einmal den Hof – die Ställe zum Beispiel... und den Garten. Ich komme nach, sobald Emrys und ich hier mit dem Steg fertig sind.“ Entschuldigend sieht er zu Zoe hinüber. „Dauert auch nicht lange, versprochen.“ Cináed zwinkert dem Feenmädchen verschwörerisch zu. „Danach erkunden wir gemeinsam den Rest von Glyn-y-Defaid, verspricht er den vier Kindern.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Uio am 08. Okt. 2010, 14:08 Uhr
Gesagt getan.
Die beiden Geschwister schauen sich kurz an und es ist beschlossene Sache den Gästen zuerst den Stall und dann den Garten zu zeigen. Zoe, die sich sogleich wieder Uios Hand schnappt und hüpfend neben ihm her schlendert, seufzt zufrieden, bevor sie noch einmal sagt wie schön es hier ist und wie gut die Idee war, hierher zu kommen.
Úna lächelt zufrieden und übernimmt einfach mal die Führung der Gruppe. Ihr Bruder bleibt kurz stehen, läßt sie gewähren  und schaut grinsend auf die Hände von Uio und Zoe, die sich festhalten als wären sie verliebte. Aber eine Fee und ein Mensch? Nein, das geht gewiss nicht, denkt er sich, schüttelt den Kopf und muss sich ein Kichern verkneifen. Oder doch?

Bei den Ställen angekommen überlässt Gwyn es seiner Schwester, etwas zu erzählen. Dann würde sie bestimmt den Rest des Tages Ruhe geben und wäre stolz wie eine Tänzerin, die ihre Tanzschritte in Perfektion aufgeführt hat. Außerdem hat Cinaed recht, sie haben Gäste und Streit ist da unangebracht! Also erzählt Úna von den Tieren und ihrer Arbeit und alles was ihr einfällt. Schließlich muss Gwyn sie bremsen, sonst würde sie vermutlich noch Stunden von ihrem Lieblingsschaf erzählen.

Dann ist der Garten dran und es dauert nicht lang da rennen vier lachende Kinder über die Wiese.
Jegliche Zurückhaltung ist von Uio abgefallen. Über Büsche und Sträucher vorbei an Blumen und Kräutern geht die wilde Jagd. Zoe ist dran und muss jemanden fangen. Uio verlangsamt seine Schritte unbewusst und lässt sich von ihr packen. Juchzend hüpft die kleine Fee um ihn herum und flieht sogleich wieder vor dem neuen Fänger. Doch Uio hat sich wen ganz anderes ausgesucht. Gwyn! Der rothaarige Junge sprintet  hinter der flüchtenden Beute her.
„Mir entkommst du nicht!“
„Ha, das wollen wir aber mal sehen!“, entgegnet Gwyn und beginnt nun auch schneller zu rennen, als noch vorhin. Auch ihn hat die Lust gepackt, die Herausforderung anzunehmen und zu sehen wer schneller ist.

Úna und Zoe stehen da und schauen lachend den beiden Jungen zu, die sich eine rasante Hetzjagd durch den Garten liefern. Erst feuert Úna ihren Bruder an und Zoe ihren Freund und Retter Uio, doch irgendwann tauschen beide die Namen beim Rufen und machen sich einen Spaß daraus.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 14. Okt. 2010, 09:04 Uhr
Die kleine, große Fee beteiligt sich voller Glück an dem quietsch vergnügten Fangspiel. Lachend steht sie neben dem Mädchen namens Úna und feuert mit ihr zusammen die sich gegenseitig wie wild gewordene Wiesel hetzenden Jungen an. Ab und zu hüpft das Feenmädchen in die Höhe, klatscht begeistert in Hände und flattert vor Entzücken mit den Flügeln.
Úna ist nett und auch Gwyn ist für einen Großen ausgesprochenen lieb, denkt die kleine Fee versonnen vor sich hin und ihre anfängliche Schüchternheit verschwindet von Herzschlag zu Herzschlag. Doch plötzlich wird das Feenmädchen von dem wirklich spannenden Spiel der vier Kinder abgelenkt. Ein schöner Schmetterling mit rotbraun beschuppten Flügeln und zwei schwarzen Punkten darauf flattert direkt an ihrem Gesicht vorbei. Überrascht reißt das Mädchen ihre Augen und den Mund auf und läuft ihm, ohne groß nach zu denken, hinterher. Die kleine Fee ist so von dem schönen Schmetterling fasziniert, dass sie sogar die anderen Kinder aus den Augen verliert.

Ein leises, uiiiiii wie toll, entfährt ihr, als sie den Schmetterling in Richtung eines wunderschön in allen Schattierungen von rot, gelb und lila Farben blühendes Blumenfeldes folgt. Mit vor Verzückung weit aufgerissenen Augen beobachtet Zoe, wie er erst einmal, dann zweimal seine Kreise, um sie dreht und sich dann elegant auf ihrer Nasespitze niederlässt und wie als wolle er ein Gespräch mit ihr anfangen andächtig seine schönen Flügel auf und zu klappt. Um das Tier richtig beobachten zu können, muss die kleine Fee fast ein wenig schielen. Es summt und brummt um sie herum, denn neben dem Schmetterling sind noch eine Vielzahl von Bienen, Hummeln, Käfern und ganz vielen anderen Insekten zwischen all den herrlich duftenden Blumen unterwegs
„Das fühlt sich kitzelig auf meiner Nase an!“, sagt sie mit fröhlicher Stimme. Sie hebt ihre rechte Hand in Augen Höhe und bietet sie dem Schmetterling als Sitzfläche an. Fast scheint es so, als würde ihr neuer geflügelter Freund zögern. Erst verlagert er sein Gewicht auf die rechten Beine, dann auf die linken Beine, dann wieder auf die Rechten.
„Na komm schon…auf meiner Hand ist es auch schön“, sagt das Mädchen lachend. Und tatsächlich, als ob der Schmetterling das Mädchen hören könnte, folgt er ihrer Aufforderung und verlässt mit ein paar vornehmen Flügelschlägen seine Position auf der Nase zu Gunsten der ihm angebotenen Handfläche.

Glückselig sinkt sich das Mädchen zwischen all den Blumen auf den Boden auf ihre Knie. Wie schön es hier ist, stellt sie versonnen fest, als ein paar vorwitzige Sonnenstrahlen eine dunkelviolett leuchtende Blume neben ihr in einen fast überirdisch schönen Glanz taucht. Kaum hat sich Zoe zwischen alle den Blumen nieder gelassen weckt ihre Anwesenheit auch das Interesse der anderen in der Luft herumschwirrenden kleinen Wesen und es dauert nicht lange und die junge Fee ist von einem Schwarm aus vielen unterschiedlichen Käfer und Insekten umgeben, die sich zum größten Teil auch auf dem ganz ruhig und still kniendem Mädchen setzen.
Zoe ist so in Gedanken und ihrer Bewunderung versunken, dass sie gar nicht merkt, wie sich ihr Freund Cináed den nicht weit entfernt spielenden Kindern nähert und sie anspricht.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 18. Okt. 2010, 12:03 Uhr
Es dauert eine Weile bis Emrys und Cináed den Steg am Weiher repariert haben, doch als der Elb sich schließlich auf den Weg macht, um nach Zoe, Uio, Úna und Gwyn zu suchen, stellt er erfreut fest, dass die Vier während dieser Zeit auch ohne ihn sehr viel Spaß gehabt haben. Ausgelassen toben die Kinder über die große Wiese des Obst- und Gemüsegartens und spielen zwischen den Stämmen der zahlreichen Obstbäumen lachend und jauchzend Fangen.
Als Cináed den Garten schließlich erreicht, bleibt er unter einem der Apfelbäume stehen und sieht dem munteren Treiben amüsiert zu. Úna hechtet gerade hinter Uio her, der ihr jedoch immer wieder flink wie ein Wiesel entwischt, bevor sie ihn zu packen bekommt, während Gwyn den vergeblichen Bemühungen seiner Schwester aus sicherer Entfernung feixend zuschaut. Zoe hat sich derweil etwas abseits am Rand eines Gemüsebeetes niedergelassen und sitzt inmitten eines weichen Polsters aus Gänseblümchen und Pusteblumen, während sie von einem kleinen Schwarm verschiedenster Käfer und Schmetterlinge umschwirrt wird. Fasziniert beobachtet Cináed das Feenmädchen eine Weile, bevor er sich den übrigen Kindern zuwendet.

„Na, wie ich sehe, habt ihr auch ohne mich sehr viel Spaß“, erklärt er lachend, als Uio und Gwyn an ihm vorübereilen, dicht gefolgt von Úna, deren Kleid an den Knien verdächtig grüne Flecken aufweist. Atemlos bleibt das Mädchen vor dem Shida'ya stehen und auch die beiden Jungen kommen noch einigen Schritten zu dem Elben zurückgelaufen. „Was haltet ihr davon, wenn wir jetzt ins Haus gehen und Rhona bitten, uns einen großen Picknickkorb zu packen?“, schlägt Cináed gut gelaunt vor und schaut fragend in die Runde. „Zoe und Uio haben bestimmt noch nicht gefrühstückt, oder?“, fährt der Gutsbesitzer mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen fort. „Und wenn Úna, Gwyn und ich euch den Rest von Glyn-y-Defaid zeigen, können wir uns ein gemütliches Plätzchen im Freien suchen, wo wir den Picknickkorb plündern können.“

Der Vorschlag stößt auf allgemeine Zustimmung und so macht sich die kleine Gruppe lachend und schwatzend auf den Weg, wobei Zoe immer noch von mehreren Schmetterlingen umflattert wird, die sich offenbar partout nicht von dem zierlichen Feenmädchen trennen wollen.
Rhona ist zunächst sichtlich überrascht von diesem Überfall, doch die resolute Großmagd hat die Situation sogleich im Griff. Während sie Úna wegen ihres schmutzige Kleides rügt und sowohl ihre Tochter als auch ihren Sohn ermahnt sich zu benehmen, während sie mit Cináed, Zoe und Uio unterwegs sind, stellt die Magd den Abenteurern einen großzügiges Proviantpaket zusammen, in dem auch ein paar frisch gebackene, warme Mandelnuszdorttem nicht fehlen. Sorgsam wird alles statt in einem Korb auf einem sauberen Leinentuch aufgeschichtet, welches zu guter Letzt zu einem festen Bündel verschnürt wird, dass Cináed anschließend in einem großen Rucksack unterbringt, welcher sich bequem auf dem Rücken tragen lässt.

Derart gut ausgerüstet verlässt das kleine Trüppchen die Küche schließlich wieder, holt aus den Stallungen noch ein paar alte Pferdedecken, auf denen man es sich später gemütlich machen kann, und zieht gut gelaunt ins Abenteuer. Die Ländereien rund um den Hof sind weitläufig und es gibt einiges zu sehen. Die Schafe befinden sich gerade auf den Weiden und auch im nahen Wald gibt es ein paar schöne Plätze, die einen Besuch wert sind. „Also“, fragend schaut Cináed in die Runde. „Wo sollt es hingehen?“ Lächelnd schaut er auf die Kinder hinab. „Wollt ihr es gleich mit wilden, zottigen Bestien aufnehmen... oder sollen wir uns erst einmal ins dunkle Unterholz schlagen und die verborgenen Geheimnisse des Larisgrüns erkunden?“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Uio am 28. Okt. 2010, 11:02 Uhr

>„Also“, beginnt der blonde Elb lächelnd. „Wo sollt es hingehen? Wollt ihr es gleich mit wilden, zottigen Bestien aufnehmen... oder sollen wir uns erst einmal ins dunkle Unterholz schlagen und die verborgenen Geheimnisse des Larisgrüns erkunden?“<
Uio winkt ab und sagt protzig: „ Ach mit den Bestien haben wie es schon lange aufgenommen und sie vertrieben….“
„Genau!“, springt Zoe an Cinaed heran, „Wir wollen das Unterholz und die Geheimnisse!“
Uio beginnt zu kichern. Wie gut das er mit Zoe so oft einer Meinung ist.
Cinaed übernimmt die Führung und es dauert nicht lang bis die kleine Gruppe sich auf einem kleinen Pfad im Larisgrün befindet.
„Wer zuletzt bei dem riesigen Baum dort hinten ist, den fressen die Blutsauger!“, ruf Uio und rennt los. Fast zeitgleich sprintet Gwyn los und beide jungen bieten sich ein Kopf an Kopf rennen. Úna zögert und rennt schließlich hinterher. „Wartet, wartet!“, ruft sie den beiden nach. „ Ich will nicht gefressen werden!“ Doch Uio und ihr Bruder hören sie nicht und beide erreichen keuchend den großen Baum, der die Anderen um einiges überragt.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 02. Nov. 2010, 09:27 Uhr
Die erste Zeit auf ihrem gemeinsamen Weg in den Wald geht Zoe freudestrahlend neben Uio her. Der Junge grinst seine Feenfreundin mit einem wissenden Lächeln an. Er hebt verschwörerisch die Augenbrauen und zwinkert ihr zu.
„Weißt du noch…“, sanft boxt er ihr in die Seite, „..von wegen Sandmonster. Die hatten wir voll im Griff, die ekligen Viecher!“
„Natürlich hatten wir das! Prinzessin Zsuzlpztirrp und Ritter Uio kann so leicht nichts erschrecken, schon gar nicht eine wilde Horde Sandmonster!“
„Allerdings!“, bestätigend nickt der Junge dreimal mit dem Kopf, dann springt er schon mit lautem Geschrei davon, während Gwyn  und Úna ihm hinterherlaufen.

Zoe dagegen bleibt bei Cináed. Um die kleine Fee schwirrt immer noch ein kleiner Schwarm Schmetterlinge, die sich auf ihren Schultern und in ihren Haaren niederlassen, kräftig mit den Flügeln schlagen und dann wieder davon fliegen. Es sieht fast so aus als könnte das Mädchen auf unsichtbare Weise mit den kleinen Tieren kommunizieren. Ein besonders vorwitziges Exemplar sucht sich wiederholt Zoes Nase als Sitzplatz aus, was ein leises Kichern bei dem Feenmädchen auslöst.
Irgendwann nimmt Zoe die Hand des großen Elben und drückt sie ganz fest. Ihre Blicke treffen sich und die kleine Fee lächelt den Mann mit einer Mischung aus Zuneigung und absolutem Kinderglück im Gesicht an.
„Ich finds toll hier...“, sagt sie leise. „Bei Aurian ist es auch schön, aber hier ist alles so grün. Du hast es total schön hier. Du wohnt direkt neben dem Wald und alles ist bunt und richt so angenehm und es gibt sooooo viele Tierfreunde hier.“
Lächelnd schubst das Mädchen den großen Schmetterling von ihrer Nase und setzt ihn, nachdem er es sich als Zwischenlösung auf ihrem Finger bequem gemacht hat, auf Cináed behandschuhte Handflächen.
„Schau  mal...“, sagt sie versonnen lächelnd und mit schief gelegtem Kopf, „... sie mag dich auch!“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 08. Nov. 2010, 12:54 Uhr
Gwyn und Úna nehmen Uios Herausforderung zu einem Wettrennen gerne an und so stürmen die drei Kinder begeistert durchs den schmalen, gewundenen, während Cináed ihnen schmunzelnd hinterherblickt. Zoe ist an der Seite des Elben geblieben und tut es ihm gleich – sie sieht den anderen lächelnd nach und kichert amüsiert, als ein bunter Schmetterling auf ihrer Nasenspitze zu landen versucht. Die munteren Wesen umflattern die Fee begeistert und Cináed kann nicht anders, als das Schauspiel abermals staunend zu bewundern. Er weiß um die große Naturverbundenheit der Feen, dennoch ist es faszinierend zu beobachten, dass diese auf einer gewissen – man könnte sagen – Gegenseitigkeit beruht, ob zuvor die Käfer und nun die Schmetterlinge, sie alle scheinen sich magisch zu Zoe hingezogen zu fühlen und sich förmlich in der Gegenwart ihres fröhlichen Gemüts zu sonnen.

„Es freut mich, dass es dir gefällt“, erklärt Cináed lächelnd, als Zoe ihm mit strahlenden Augen bekundet, wie gut es ihr in seinem kleinen Reich gefällt. „Dort wo du herkommst, ist es sicherlich ähnlich gewesen, oder?“ Während er die Frage ausspricht, wird ihm erstmals so richtig bewusst, dass er überhaupt nicht weiß, woher Zoe kommt und was sie ausgerechnet nach Talyra verschlagen hat. Sie ist noch sehr jung – sicherlich sowohl nach menschlichen, elbischen als als auch fee'ischen Maßstäben – und so drängt sich förmlich die Frage auf, was das Feenmädchen veranlasst hat, den heimischen Kobel zu verlassen. Noch dazu ganz auf sich allein gestellt.
Behutsam streckt er eine behandschuhte Hand flach aus und lässt den Schmetterling, den Zoe soeben freundlich von ihrer Nasenspitze verscheucht hat, darauf Platz nehmen. Elegant lässt sich das bunte Flatterwesen auf dem dunklen Leder nieder und verharrt dort reglos und ohne Scheu. „Sie...? So sooo...“ Der Gutsbesitzer lächelt und mustert den Schmetterling gutmütig.

Gemütlichen Schrittes schlendern die Fee und der Shida'ya den Pfad entlang und folgen ihren drei vorausgeeilten Gefährten. Mit geröteten Wangen und vom Wind zerzausten Haar blicken Uio, Gwyn und Úna ihnen entgegen und lachen und winken dabei. Als Zoe und Cináed die kleine Gruppe schließlich erreichen, deutet Gwyn auf einen schmalen Weg, der vor lauter Farnbüscheln, Gräsern und kleinen Sträuchern kaum als solcher zu erkennen ist. „Wollen wir dort entlang?“, fragt er und seine Augen funkeln erwartungsvoll. Sowohl er als auch Úna wissen natürlich, wohin dieser versteckte Waldpfad führt – weit ins Larisgrün hinein bis hin zu den alten Ruinen im Rabenbruch.
Der Gutsbesitzer zögert. „Der Weg ist weit...“, stellt er langsam fest, sein Blick wandert hinauf zum Wipfel der Baumkronen – es ist noch früh am Tag, die Scheint warm und angenehm und es sieht nicht so aus, als wäre in den nächsten Stunden (oder Tagen) mit einem Unwetter zu rechnen, aber sie müssen den Weg nicht nur hin, sondern auch zurück bewältigen, und Cináed weiß nicht genau zu sagen, wie gut sowohl Uios als auch Zoes Ausdauer ist... Nachdenklich blickt der Elb von einem Gesicht zum anderen. „Wie gesagt, bis zu den Ruinen ist es noch ein gutes Stück zu laufen“, erklärt er schließlich. „Ich denke wir haben ausreichend Proviant dabei...“ Lachend deutet er über die Schulter auf den Rucksack auf seinem Rücken. „...und wir können immer mal wieder eine Pause machen, wenn ihr wollt... aber denkt daran, dass wir den ganzen Weg auch wieder zurücklaufen müssen...“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 11. Nov. 2010, 10:44 Uhr
Mit schief gelegtem Kopf betrachtet die junge Fee ihren großen Freund.
<„Es freut mich, dass es dir gefällt. Dort wo du herkommst, ist es sicherlich ähnlich gewesen, oder?“>, fragt Cináed, während die Beiden gemeinsam weiter schlendern.
„Hmmmmmm…“, macht das Feenmädchen. Eine Weile ist es still, nur ab und zucken ihren schönen blau schillernden Schmetterlingsflügel einwenig hin und her, dann folgt ein weiteres lang gezogenes “...hmmmmm...“.
Sie runzelt einwenig ihre Stupsnase und nachdenklich verzieht sie den Mund. Erst durch Cináeds Frage, fällt dem Mädchen auf, das sie schon ganz, ganz lang nicht mehr an ihr zuhause und ihre Eltern gedacht hat. Ist das jetzt gemein von ihr? So eine rechte Antwort weiß die kleine Fee darauf selber nicht. Auf jeden Fall versetzt ihr die Erinnerung an ihre Familie und an all ihre Freunde einen dicken Stich in der Brust.
Ein wenig traurig senkt sie ihren Kopf, so das ihre braunen flauschigen Haarsträhnen ihr ins Gesicht fallen und ein bisschen vor den Blicken den netten Großen verbergen.
„Doch…“, antwortet sie leise. „..ein bisschen schon. Aber…bei uns war das schon anders. Da gibt’s kaum Große, nur Bäume, Moose, Farne, Blumen und Büsche und viele, viele kleine und große Tierfreunde. Keine Steinhöhlen, ähm..Häuser  wie ihr die nennt, keine Steinwege. Und alles leuchtet in ganz vielen Grüns und Brauns und Blaus. In unserer Sprache haben wir für jeden Grünton einen eigenen Namen. Nicht nur Hellgrün oder dunkelgrün, sondern bei uns gibt’s soooooooooooooooooooooo viele Grüns...“ Nun lächelt das Mädchen wieder und streckt die Arme ganz weit über den Kopf, um ihren Freund zu zeigen wie viele verschiedene Begriffe es für die Farbe Grün in der Sprache der Feen gibt.
„ Sarrrritriilptz…Flatterblattgrün oder Tarrralzrrilpstrillltschilp, das heißt das, hmmm…“, Zoe fällt kurz inne und denkt angestrengt nach. Dann lacht sie und klatscht kurz vor Freude in die Hände, als ihr ein paar passende Wörter in der Allgemeinsprache einfallen, die ungefähr die vogelgezwischterartige Sprache der Feen übersetzten könnten.
„Glockenschillersonnenlichtgrün! Das ist so schön, Cináed. Das ist ein ganz kräftiges Grün, das wenn die Sonne darauf fällt, so doll leuchtet, das dir vor Glück fast das Herz stehen bleibt.“
Versonnen blickt die kleine Fee nach oben. Die Blätter der Bäume rascheln ganz leise im Wind und die Sonne malt wunderschöne Muster auf das Blätterdach des Larisgrüns.

Gemütlichen Schrittes schlendert die kleine Gruppe weiter, bis sie an einen schmalen Weg, der vor lauter Farnbüscheln, Gräsern und kleinen Sträuchern kaum als solcher zu erkennen ist, erreichen. Natürlich wollen alle Kinder den verwunschenen Pfad zu den alten Ruinen entlang gehen. Keine Frage!
„Das schaffen wir schon..“, lacht Zoe. Die Fee grinst frech, dreht sich einmal um die eigene Achse, während auf einmal die zierliche Mädchengestalt von einem in Regenbogenfarben schillernden Lichtschein umhüllt wird. Es glitzert und funkelt und plötzlich macht es ein leises „Plöp“. Siehe da, statt der großen Fee, flattertet nun eine kleine Fee zwischen den Kindern und Cináed fröhlich in der Luft hin und her. Mit der ihr angeboren Leichtigkeit und Eleganz lässt sie sich mit ein paar schnellen Flügelschlägen auf Cináeds Schulter nieder. „Ich kann so ganz lang fliegen. Und wenn ich müde bin, dann setz ich mich einfach eine einer von euren Schultern!“
Um sich festzuhalten, gräbt sie ihr kleinen Finger in die lHaare des Großen, dann folgen die Beiden den drei Kindern, die schon wieder laut lachend ein gutes Stück den schmalen Pfad vorgelaufen sind.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Uio am 11. Nov. 2010, 11:33 Uhr
Die Entscheidung welchen Weg die kleine Gruppe nimmt, fällt nicht schwer. Gwyn und Úna´s Augen leuchten und es ist klar, dass sie genau diesen Weg nehmen wollen, den Weg ins Larisgrün zu den Ruinen.  
„Ruinen klingen toll!“, sagt Uio und grinst breit.  
> „Wie gesagt, bis zu den Ruinen ist es noch ein gutes Stück zu laufen. Ich denke wir haben ausreichend Proviant dabei... und wir können immer mal wieder eine Pause machen, wenn ihr wollt... aber denkt daran, dass wir den ganzen Weg auch wieder zurücklaufen müssen...“<
Den letzten Teil von Cineads Ausführung hat Uio schon nicht mehr gehört und er läuft, zwar nicht mehr ganz so schnell, vor und fordert die beiden anderen auf, ihm zu folgen.
„Ja wir machen viele Pausen und schlagen uns auf den geheimen Weg zu den Ruinen! Los kommt!“  
Ein kurzes Stück rennen sie auf dem Weg entlang, werden dann aber langsamer und schlendern mal hintereinander mal nebeneinander her. Uio erzählt Gwyn und Úna mit abenteuerlichen Ausführungen von der Unterstadt, in der es auch viele alte Gebäude und Ruinen gibt.  
„Und deine Eltern?“, fragt Una schließlich und drückt sich an ihren Bruder. “Die wohnen in dieser Unterstadt und nicht auf dem Anwesen?“  
„Ich hab keine Eltern“, antwortet Uio schnell und zuckt mit den Schultern.  
„Jeder hat Eltern!“, setzt das Mädchen nach.  
„Ich nicht, ich komm allein zurecht!“, sagt Uio grinsend und schlendert einfach den Weg weiter. „Da kann ich tun wonach mir ist.“  
Natürlich ist das nicht die Wahrheit und auch sonst ist mindestens die Hälfte, von dem was Uio erzählt über sein abenteuerliches Leben in der Unterstadt, gelogen und verschönt, doch das können die beiden ja nicht wissen.  
„…und meine Freunde, ich hab viele Freunde, die treffe ich immer wieder und wir gehen auf den Wolfsmarkt. Dort gibt es Dinge, die gibt es in Talyra oben auf dem Markt nicht, ach…da gibt es Dinge, die habt ihr noch nie gesehen….“
Und er erzählt weiter davon, dass er nie arbeiten müsse, denn er kennt viele Leute, die ihm gern was geben und einigen Leuten, die zu viel haben, denen es nicht aus macht, wenn man ihnen den Geldbeutel etwas leichter macht, von seinen angeblichen Freunden, wie sie zusammenhalten und so manches Abenteuer erlebt haben, davon wie er Zoe vor einem bösen Elben gerettet hat, indem er, der ja viel schlauer ist als dieser böse Elb, listig in über seine langen Ohren gehauen hat.
Schließlich bleibt Uio stehen, setzt sich grinsend auf einen umgestürzten Baumstamm und wartet mit Gwyn und Úna auf Zoe und Cinaed.
"Ich wär für eine Pause was meint ihr?"


Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Lyall am 02. Dez. 2010, 22:14 Uhr
12. Goldschein 510



Mit gesenktem Kopf überquert Lyall den Platz der Händler. Ihre Augen sind immer noch gerötet und tränen, als hätte sie einen ganzen Sack Zwiebeln schälen müssen und ihre Nase hat die Farbe eines reifen roten Apfels angenommen. Beschämt senkt sie den Kopf immer weiter und versucht ihre Haare vor ihrem Gesicht zu drapieren. Mit eher mäßigem Erfolg...
Doch so unauffällig die Wargin versucht zu erscheinen und auch im ersten Augenblick wirklich keinem auffällt, so eilt ihr „spezieller“ Geruch jedoch allem voraus.
Mehr als einmal erntet sie schiefe Seitenblicke und das Getuschel der Leute verfolgt sie zischend in  ihren Ohren. Ja sie stank wirklich erbärmlich... als hätte sie sich nicht entscheiden können in welchem Duft sie als nächstes baden würde. Eigentlich waren es Wohlgerüche die sie benetzt hatten, doch sie vermischten sich zu einem schweren Vorhang aus klebrigem  Mief. Schlimmer noch als die Blicke und Kommentare sind aber die dicken roten Flecken auf ihren Armen und ihrem Hals. Überall wo sie Spritzer des konzentrierten Duftes getroffen haben, breitet sich nun ein roter und zu allem Übel auch noch juckender Ausschlag aus. Sie unterdrückt das fordernde Gefühl sich hemmungslos zu kratzen und beschleunigt ihren Schritt abermals. Ihre Waden fühlen sich mittlerweile durch den ungewohnten Dauerlauf an, wie zu fest gespannte Saiten einer Laute.
Mürrisch schiebt sie einen Hemdärmel zum Handgelenk herunter, als es wieder hinter ihr zu tuscheln beginnt.
Jaja...eine Hure... hat sich bestimmt was eingefangen. Ob das ansteckend ist? Meine Güte! Haben die Leute hier keine eigenen Probleme?
Erst als sie Talyra hinter sich gelassen hat und die Abzweigung nach Nachtschatten nimmt, beruhigt sie sich etwas. Hier sind nicht mehr so viele Personen unterwegs, im Gegenteil sie ist vollkommen alleine. Nun drosselt sie ihre Geschwindigkeit etwas und genießt die frische Luft des Waldes. Hier lästerte niemand, es quasselte und quakte nicht aus jeder Ecke wie in der Stadt und ...war der Himmel hier nicht sogar blauer? Auch die Dunstglocke um sie herum schien ihr nicht mehr so penetrant. Merklich hebt sich ihre Stimmung.
In letzter Zeit war sie nur sehr selten dazu gekommen in den angrenzenden Wald zu gehen und die Stille sowie die Natur zu genießen. Sie wollte ihre Herrin und Avila nicht zu oft und zu lange alleine mit der Arbeit lassen. Sicher hätten sie die Wargin gehen lassen, doch sie wollte nicht mit dem schlechten Gewissen im Wald herumturnen, dass Avila nun all die Arbeit alleine machen musste.

Vor ihr taucht die schmale Wegkreuzung zum Schafhof auf und hätte sie Uio und Zoe nicht schon vor ein paar Siebentagen auf dem Anwesen abholen müssen, hätte sie zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst wohin sie sich wenden soll.
Doch sicheren Schrittes wendet sie sich dem schmalen Pfad zu und überquert einige Zeit später die kleine Brücke vor dem Anwesen. Unsicher steht sie vor dem Tor. Schmerzhaft wird sie sich bewusst, dass sie nur alte zerschlissene Hosen anhat und ebenso ein fadenscheiniges Leinenhemd. Es war ihr mindestens eine Nummer zu groß und hatte wohl auch irgendwann einem recht beleibten Knecht gehört, denn um den Bauch herum war es sehr weit. Ebenso fehlten einige Knöpfe und erschwerend kam ihr widerwärtiger Geruch dazu. Der Herr von Glyn-y-Defaid hatte sie zwar schon des öfteren in Arbeitskleidung gesehen, jedoch nie außerhalb des Anwesens.
Was mache ich mir da vor? Ich bin nur eine Magd. Ich arbeite hart und gut. Und ja das sieht man! Äh... der Geruch allerdings.... Sie versucht diese Gedanken weg zu schieben und nähert sich dem Tor. Sie versucht ihr Aussehen noch etwas zu retten, indem sie ihre Haare mit den Fingern durchkämmt und ihre Kleidung zurechtrückt. Das Ergebnis überzeugt nicht mal sie selbst und sie hat schon geringe Ansprüche. Aber schließlich ist sie auch mitten in ihrer Arbeit losgestürmt um diesen kleinen, unnützen... wie dem aus sei... zu suchen.
So strafft sie ihre Schultern und geht die letzten Schritte bis sie mitten auf dem Hof steht. Die Äste des Blutbaumes überschatten sie und knarren bedächtig im sachten Wind. Zu ihrer Rechten befindet sich ein alter Brunnen auf dessen Rand ein leerer Eimer steht. Dieser ist an ein langes Seil geknüpft, welches lose neben dem Brunnen auf dem Boden liegt. Langsam streckt sie ihren Kopf über den Rand und schaut vorsichtig nach unten. Irgendwo verliert sich der Schacht im Dunkel der Tiefe. Sie kann ein Schaudern nicht unterdrücken und wendet sich wieder ab. Krümeliger Mörtel bleibt an ihrer Handfläche kleben, welchen sie gedankenverloren abwischt.

Keiner ist bei den Gebäuden zu sehen. Auch die Vorhänge hinter den Fenstern bleiben unbewegt und hängen still da. Nur ab und zu hört sie ein „Mäh“, doch dieser Umstand wunderte sie auf einem Schafhof nicht im Geringsten.
Alle Scheunen scheinen verlassen. Vielleicht sind alle Mägde und Knechte zum gemeinschaftlichen Essen gegangen oder...ja oder was? Mit den Gepflogenheiten von Tierhöfen war sie überfragt. Schließlich kannte sie nur den Tagesablauf im Anwesen. Mit vielen Tieren sah er wahrscheinlich vollkommen anders aus.
„Ha...Hallo?“ Zögerlich versucht sie sich Gehör zu verschaffen. Ungern will sie so unhöflich erscheinen und hinter jeder Tür und jedem Verschlag suchen bis sie jemanden findet, der ihr Auskunft über den Verbleib von Cináed oder Uio geben kann.
Also versucht sie es noch mal etwas lauter: „Hallo? Ist hier jemand? Ich... ich suche Uio!“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 17. Dez. 2010, 12:39 Uhr
~ Auf den Ländereien von Glyn-y-Defaid ~
Einige Siebentage nach dem Blumenball


Die Kinder nehmen Cináeds Einwand gelassen auf und sprechen sich voller Begeisterung für eine Wanderng zu den Ruinen im Rabenbruch aus. »Ja, wir machen viele Pausen und schlagen uns auf den geheimen Weg zu den Ruinen!«, verkündet Uio eifrig und rennt auch schon voran. »Los kommt!« Gwyn und Úna lassen sich das selbstverständlich nicht zweimal sagen und so laufen sie Zoe und Cináed einmal mehr davon. Auch die kleine Fee sieht dem Abenteuer zuversichtlich entgegen. »Das schaffen wir schon«, meint sie lachend und dreht sich mit einem kecken Grinsen auf den Lippen geschwind einmal um die eigene Achse. Mit einem mal ist ein leises 'Plöp' zu hören. Das zierliche Mädchen mit den Schmetterlingsflügeln, welches eben noch vor Cináed auf dem Waldweg gestanden hat, ist urplötzlich verschwunden und stattdessen flattert nun eine kichernde Fee vor seiner Nase auf und ab. »Ich kann so ganz lang fliegen«, verkündet Zoe ihm stolz. Und mit einem Lachen fügt sie hinzu: »Und wenn ich müde bin, dann setz' ich mich einfach auf eine von euren Schultern!« Der Elb schmunzelt. „Na, dem kann ich natürlich nichts entgegen setzen“, meint er amüsiert und lässt die Fee auf seiner Schulter Platz nehmen. „Also dann, auf geht's.“

Uio, Gwyn und Úna sind bereits ein gutes Stück vorangelaufen, schlendern nun aber langsam plaudernd über den Waldweg, sodass es Cináed keine Mühe macht, den dreien zu folgen. Die beiden Jungen und das Mädchen scheinen sich auf jeden Fall gut zu verstehen, denn auch wenn der Gutsbesitzer nicht mitbekommt, worüber sie sich unterhalten, so scheinen sie sich doch vieles zu erzählen zu haben...

»Ich nicht, ich komme allein zurecht«, erklärt Uio Úna keck, als diese auf seine Behauptung hin keine Eltern zu haben, stirnrunzelnd einwendet, dass schließlich jeder Eltern habe. Das Mädchen legt abermals die Stirn in Falten, während der schmächtige Junge weiter spricht. Uios Geschichten sind lustig und spannend, aber mittlerweile dämmert Úna doch, dass vieles davon vermutlich nicht unbedingt der Wahrheit entspricht. Sie ist bereits drauf und dran mit dem Jungen zu schimpfen, denn ihre Eltern sehen es ganz und gar nicht gerne, wenn jemand lügt, aber hält das Mädchen doch den Mund. Es ist viel zu schön, um die herrschende gute Laune wegen so etwas mit einem dummen Streit zu verderben, schließlich schadet Uio mit seinen Lügengeschichten ja niemandem, oder?
Und außerdem tut er Úna Leid – sehr so gar. Ohne Eltern auskommen zu müssen, kann Úna sich beim besten Willen nicht besonders schön vorstellen. Sicher. Wenn Uio von all den Dingen erzählt, die er angeblich tun und lassen kann, die ihr ihre eigenen Eltern verbieten, ist Úna schon ein wenig neidisch... aber nicht lange. Ihre Mutter und ihr Vater können ganz schön anstrengend sein. Und sie sind meistens viel zu streng, wie Úna findet, aber sie hat die beiden trotzdem ganz doll lieb.  Und wer würde im Winter sonst all die leckeren Plätzchen backen? Oder Honigmilch kochen, wenn jemand krank ist? Und wer sähe sonst auf Glyn-y-Defaid nach dem Rechten, während Cináed in Talyra etwas erledigen muss? Úna schüttelt bedächtig den Kopf. Nein, nein. Sie kann sich den Hof beim besten Willen nicht ohne ihre Eltern vorstellen.

Das Mädchen ist so in Gedanken versunken, dass sie Gwyn beinahe über den Haufen rennt, weil sie nicht rechtzeitig bemerkt, wie ihr Bruder und Uio stehen bleiben. Gwyn wirft seiner Schwester einen ärgerlichen Blick zu und schlendert dann hinter Ui her, der gerade zu einem umgestürzten Baumstamm hinüber gegangen ist, der am Wegesrand liegt. Gemeinsam machen es sich die beiden Jungen darauf gemütlich, um in aller Ruhe auf Zoe und Cináed zu warten. „Ich wär' für eine Pause, was meint ihr?“, meint Uio grinsend, als die beiden Nachzügler sich schließlich zu ihnen gesellen. Grinsend schaut er in die Runde und erntet dabei allgemeine Zustimmung. „Pause“, verkündet Gwyn zustimmend und auch Úna nickt. Alle Blicke sind auf Cináed gerichtet. „Der Hochelb nickt. „Gut“, entgegnet er und lässt den Rucksack von seinem Rücken zu Boden gleiten.
Ein wenig später macht ein mit frischem Quellwasser gefüllter Trinkschlauch die Runde und ein wenig Brot und Käse wird herumgereicht mit dem sich die Abenteurer zufrieden stärken. Die Mandelnuszdorttem werden derweil jedoch nicht angerührt und lieber für die Ankunft in den Ruinen aufgespart. Während Zoe, Úna, Uio und Gwyn zufrieden kauend auf dem Baumstamm hocken, beobachtet Cináed die kleine Runde. Die Kinder lachen und scherzen und haben viel Spaß miteinander, wie es scheint. Eigentlich hatte der Elb vorgehabt, Uios Besuch auf Glyn-y-Defaid für ein kleines, ungezwungenes Gespräch zu nutzen, doch nun wo er die muntere Truppe so vor sich sitzen sieht, ahnt er bereits, dass daraus an diesem Tag wieder einmal nichts werden wird. Nachdenklich legt er die Stirn in Falten. Er möchte den Vieren unter keinen Umständen den schönen Ausflug verderben, aber er bedauert auch, dass er dadurch wieder keine Gelegenheit hat, in Ruhe mit Uio zu sprechen, denn – das ahnt er insgeheim – dies wäre eigentlich dringend nötig...

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 17. Dez. 2010, 14:01 Uhr

~ Auf dem Hof ~
Mitte Goldschein

Auf Glyn-y-Defaid ist Waschtag und so haben Rhona, Nara und Mair alle Hände voll in der Waschküche zu tun, während die Männer draußen auf den Weiden und Feldern beschäftigt sind und Gwyn und Úna die Schweine hüten. Die drei Frauen befinden sich daher gerade in beziehungsweise hinter besagtem Gebäude, um die frisch gewaschene Wäsche in großen Körben ins Freie zu tragen und zum Trocknen in den warmen Wind zu hängen, als Lyalls Stimme über den Hof halt. »Ha... Hallo?« Erstaunt hebt Rhona den Kopf. „Nanu, wer kann das den sein?“ Fragend zieht sie eine Augenbraue in die Höhe. „Nara, gehst du bitte mal nachschauen?“
Die junge Magd nickt und stellt den Korb, den sie eben aus der Waschküche herausgetragen hat, behutsam auf der Wiese unter den Wäscheleinen ab. „Ist gut“, entgegnet sie, streicht ihre vom Wind aufgebauschte Schürze glatt und macht sich auf den Weg, um nach dem unerwarteten Besucher zu sehen.

»Hallo? Ist hier jemand? Ich... ich suche Uio!« Als Nara die Mitten auf dem Platz stehende Besucherin erkennt, kommt sie lächelnd näher. „Lyall, wie schön dich zu sehen“, ruft sie erfreut, bleibt dann jedoch abrupt stehen und rümpft unwillkürlich die Nase, als ihr der penetrante Parfümgeruch in die Nase steigt, den die Wargin trotz der langen Wanderung durch die angenehme Landluft noch immer verströmt. „Du liebe Güte, was ist denn mit dir geschehen?“, entfährt es ihr überrascht. Erschrocken schlägt sie die Hand vor den Mund. „Oh, entschuldige“, murmelt sie hastig. „Ich wollte dich nicht beleidigen... es ist nur... äh, diese Geruch. Wie ist das denn passiert?“ Fragend sieht sie Lyall an. Dass sich die Wargin nach Uio erkundigt, bekommt Nara gar nicht mit, so abgelenkt ist sie in diesem Moment. „Komm“, sie winkt Lyall heran und bedeutet ihr, ihr zu folgen. „Dagegen muss unbedingt etwas unternommen werden“, meint sie eifrig. „Wir sind gerade mit dem Wäschewaschen fertig und im Waschhaus befindet sich noch reichlich heißes Wasser, da lässt sich bestimmt was machen...“ Geschäftig eilt sie voran, als sie plötzlich noch einmal stehen bleibt. Überrascht sieht sie sich zu ihrer Begleiterin um. „Aber sag, weshalb bist du eigentlich gekommen?“, erkundigt sie sich, als sie gewahr werdend, dass sie den Grund für Lyalls Besuch überhaupt nicht mitbekommen hat.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Lyall am 19. Dez. 2010, 17:52 Uhr
12. Goldschein 510

Zuerst bleibt alles still auf dem Hof, doch dann hört sie leichtfüßige Schritte auf sie zukommen. Es ist Nana, eine der Mägde auf dem Schafhof. Ihre blauen Augen fangen Lyalls Blick ein und beginnen zu strahlen, als ein Lächeln sich auf Nanas Gesicht abzeichnet. >>„Lyall, wie schön dich zu sehen“<< ruft sie der Wargin schon von weitem zu, doch dann verziehen sich ihre ebenmäßigen Gesichtszüge zu einer Grimasse und sie schlägt theatralisch ihre Hand vor den Mund. Ich wusste, ich hätte mich nicht gegen den Wind hinstellen sollen... , denkt Lyall sarkastisch.
>>„Du liebe Güte, was ist denn mit dir geschehen?“<<
Errötend legt die Gestaltwandlerin beschämt ihr Wolfsohren an. So recht weiß sie nicht wo sie hinschauen soll. Nicht in Nanas Gesicht jedenfalls, die sie immer noch verwirrt anblickt. Ihre eigenen Stiefelspitzen scheinen weniger angeekelt auszusehen. Also fixiert sie ihren Blick darauf.
Hastig versucht die Magd Lyall zu beruhigen. >>„Oh, entschuldige. Ich wollte dich nicht beleidigen... es ist nur... äh, diese Geruch. Wie ist das denn passiert?“<<
Langsam sieht die Wargin wieder auf. Fragend schaut die hübsche Magd sie an. „Ja also ich... ich hatte einen kleinen Zwischenfall bei den Badehäusern....“ Knapp erzählt sie, wie sie den Mann mit den Duftölen und -wässerchen übersehen hatte und er sie ebenso, und natürlich warum sie deswegen so stank. Immerhin hatten ihre geröteten Augen aufgehört beständig zu tränen.
Verstehend nickt die Magd. >>„Komm... Dagegen muss unbedingt etwas unternommen werden. Wir sind gerade mit dem Wäschewaschen fertig und im Waschhaus befindet sich noch reichlich heißes Wasser, da lässt sich bestimmt was machen...“<< Bestimmend winkt sie Lyall zu sich heran und wendet sich schon zum gehen um. Gehorsam folgt Lyall, jedoch etwas schamhaft als sie an das bevorstehende Bad denkt. Ich muss ja wirklich zum Himmel stinken...
Kopfschüttelnd über sich selbst folgt sie der Magd über den Hof, und schließt bald zu ihr auf.

Als beide auf gleicher Höhe sind fragt Nana sie jedoch: >>„Aber sag, weshalb bist du eigentlich gekommen?“<< Hatte sie den Grund nicht erwähnt? Kurz überlegt sie. Nein... zumindest nicht in den letzten Sätzen. „Nun... ich suche Uio. Ich habe seine Spur verloren durch mein „Bad“ in Ölen, für die andere wohl sehr viel Geld springen lassen würden.“ Schief lächelt sie der Magd zu. „Er... ist geflohen nachdem plötzlich im Anwesen Feuerherde ausgebrochen sind. Ich bin so...frei … und behaupte dies ist seine Schuld gewesen. Warum sollte er sonst einfach so seine kleinen garstigen Beinchen in die Hand nehmen und abhauen wie ein gemeiner Dieb, der er schon immer gewesen ist...“ Ihre Stimme wird immer leiser, fast zu einem Knurren. Es wird mehr als deutlich, was sie von dem Jungen hält. „Jedenfalls scheint der Herrin etwas an ihm gelegen. Und ich wurde geschickt, um ihn zu suchen. Da dies der letzte Ort ist, zu dem er unterwegs gewesen sein könnte, bin ich nun hier.“Zumindest hoffe ich, dass er hier ist... um meiner Herrin Willen... doch bei Ea's grünem Blut.... wenn ich ihn finden sollte... Ihre Fingernägel bohren sich tief in ihre Handballen, als sie die Fäuste ballt.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 10. Jan. 2011, 11:36 Uhr
~ Auf dem Hof ~
Mitte Goldschein

Der Grund für Lyalls Besuch auf dem Hof kommt überraschend. „Uio?“, echot Nara. „Den habe ich zuletzt gesehen, als
du das letzte Mal hier warst, um ihn und Zoe einzusammeln...“ Entschuldigend zuckt die Magd mit den Achseln und sieht ihre Begleiterin über die Schulter hinweg zweifelnd an. „Bist du sicher, dass er für das Feuer im Anwesen verantwortlich ist?“, erkundigt sie sich leise. „Ich meine, Uio ist ein waschechter Tunichtgut und ich denke, Rhona hat sicher nicht ganz Unrecht, wenn sie meint, dass der Herr viel zu freundlich und nachsichtig mit dem Jungen umspringt... aber dass Uio so etwas Garstiges getan haben soll, kann ich mir kaum vorstellen.“ Die junge Magd runzelt leicht die Stirn. Lyalls Worte haben sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, was die Wargin von dem Straßenjungen hält. „Aber du kennst den Burschen sicher besser als ich...“, setzt Nara schließlich hinzu. „Wenn du meinst, dass das Feuer seine Schuld ist...“ Der Rest des Satzes hängt unausgesprochen in der Luft.

Schweigend erreichen die beiden jungen Frauen die Waschküche. „Lyall.“ Erfreut kommt Mair den beiden entgegen. „Wie schön.“ Verlegen errötet das Mädchen. Mittlerweile kennen sich die Mägde von Glyn-y-Defaid und Haus de Winter ausgesprochen gut, dennoch ist es Mair noch immer nicht gelungen, ihre Zurückhaltung gänzlich abzulegen.  Langsam kommt sie näher und bleibt schließlich irritiert stehen, als sie den Parfümgeruch wahrnimmt, den auch die frische Landluft außerhalb der Stadt nicht völlig zu vertreiben vermochte. „Es gab ein kleines Unglück in der Stadt“, erklärt Nara beinahe beiläufig, bevor Lyall dazu kommt, etwas zu erklären. „Ein Zusammenstoß mit einem Händler für Duftwässerchen und so. Dagegen können wir sicher etwas unternehmen, oder was meinst du?“ Gut gelaunt zwinkert Nara Mair und Lyall zu. „Ach, bevor ich es vergesse... Lyall sucht Uio. Hast du ihn vielleicht gesehen?“ Fragend schaut Nara Mair an, doch diese schüttelt nur den Kopf. „Nein“, murmelt sie entschuldigend, dann hellt sich ihre Miene auf. „Aber vielleicht wissen Gwyn und Úna etwas“, schlägt sie vor. „Die beiden verstehen sich gut mit Uio und Zoe. Wenn, dann ist er bestimmt zu den beiden gelaufen...“ Nachdenklich legt Nara den Kopf schief. „Hm, dass kann gut sein“, stimmt sie zu. „Also gut, lauf und frag die beiden. Und sag auch Herrn Cináed Bescheid“, fordert sie Mair auf. „Ich kümmere mich derweil um Lyall. Mair nickt. „Gut“, lächend huscht sie hinaus, um Rhona zu informieren, die draußen noch immer Wäsche aufhängt, bevor sie sich auf den Weg zu Gwyn und Úna macht.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Lyall am 18. Jan. 2011, 14:19 Uhr
12. Goldschein 510


Uio ist also nicht auf dem Hof... doch wo konnte er dann sein? Nun, er war ein Straßenjunge und alte Gewohnheiten ließen sich nur schwer ablegen. Vielleicht war er zu seinen Rüpelkollegen ins Dunkel der Gassen zurückgekehrt? Oder versteckte sich nun irgendwo um der Strafe zu entgehen, die ihm wohl oder übel blühen würde, weil er im Haus gezündelt hatte?
Dieser Bursche ist ihr mehr als suspekt und etwas ist an ihm, das ihr die Nackenhaare sträubt. Und sein Verhalten ließ sich trotz der Zeit auf dem Anwesen nicht umerziehen.
Er und Lyall hatten nie zueinander gefunden und gingen sich wenn möglich aus dem Weg. Selbst jetzt kümmerte sie der Verbleib des Jungen nicht sehr - dafür benahm er sich in den Augen der Wargin einfach zu undankbar, selbstsüchtig und uneinsichtig – doch sie wollte ihre Herrin nicht enttäuschen. Diese schien sich wiederum viel aus dem Jungen zu machen und ihre Herrin traurig zu sehen oder schlimmer noch ihr Kummer zu bereiten mit Lyalls fehlgeschlagenem Versuch den Bengel zu finden... es riss ihr schier das Herz aus dem Leib.

Auch die Magd von Glyn-y-Defaid scheint mehr als überzeugt davon zu sein, dass dieser „arme kleine Junge“ nichts für die verkohlten Dachsparren und Türrahmen kann.
>>„Ich meine, Uio ist ein waschechter Tunichtgut und ich denke, Rhona hat sicher nicht ganz Unrecht, wenn sie meint, dass der Herr viel zu freundlich und nachsichtig mit dem Jungen umspringt... aber dass Uio so etwas Garstiges getan haben soll, kann ich mir kaum vorstellen.“<< Lyall blickt gerade zu Boden und sieht daher nicht, dass Nara ihre Stirn in Falten legt und zweifelt. >>Aber du kennst den Burschen sicher besser als ich... Wenn du meinst, dass das Feuer seine Schuld ist...“<< Als wären Lyalls Worte unglaubwürdig schließt sich eine bedrückende Stille an den Satz der Magd an.
Ja stimmt. Du hast Recht, ich kenne ihn sicher besser als du. Zumindest was seine Schandtaten im Anwesen angeht. Vielleicht sollte ich ihn bei euch hier vorbeischicken, sodass er hier auch ein bisschen zündeln kann... mal sehen in welchem Licht du ihn dann siehst! Dunkle Gedanken hängen über Lyalls Gemüt. Die Wargin ist eigentlich keine nachtragende oder sehr boshafte Person, schadhafte Gedanken liegen ihr sonst eher fern. Doch Undankbarkeit und Zerstörungswut kann sie nicht gutheißen. Wer zündete schon selber das Dach an unter dem er wohnte? Von einem Haus in das man so freundlich und zuvorkommend aufgenommen wurde? Wie konnte man Avila und Lady Aurian nur absichtlich so verärgern?!
Doch trotz allem sahen die meisten wie immer nur das Gute. Hier ein kleiner Tadel, dort ein zurechtweisendes Wort... das blies durch die Ohren des Jungen wie warmer Wind!
Ungehorsamen Hunden versetzten die Leute ohne Gewissensbisse einen Tritt, wenn sie nicht spurten, doch bei ihrer eigenen ungehorsamen Brut wurden die meisten Leute weich und nachsichtig.
Dieser Junge hatte es sicherlich auf den Straßen schwerer als im Anwesen... er hatte doch fast wie ein König gelebt! Eigentlich mag sie die Magd mit den Augen wie ein klarer Sommerhimmel sehr, doch ihre Worte versetzen ihr und ihrer Glaubwürdigkeit einen Stich.
Verstimmt zuckt die Gestaltwandlerin nur desinteressiert mit den Schultern und beide Mägde gehen ein kleines Stück schweigend nebeneinander weiter.

An der Waschküche angekommen tritt Mair gerade aus der Tür, ihnen entgegen. Ihr rotblondes Haar weht im warmen Wind hinter ihr und ihre grünen Augen strahlen der Wargin entgegen.
>>Lyall. Wie schön.“<< Errötend blickt sie zu Lyall auf, die ihren Ärger herunterschluckt und zu Lächeln versucht. Doch dann bleibt die hellhäutige Magd wie vom Donner gerührt stehen und rümpft angewidert die Nase. Lyalls Stimmung sinkt wieder in den Keller... Bevor sie sich und den Zustand des Duftes um sie herum erklären kann, kommt ihr Nara jedoch zuvor. Ungläubig ob des erheiterten Tons blickt die Wargin die schöne Magd aus den Augenwinkeln skeptisch an.
>>„Es gab ein kleines Unglück in der Stadt. Ein Zusammenstoß mit einem Händler für Duftwässerchen und so. Dagegen können wir sicher etwas unternehmen, oder was meinst du?“<< Freudig zwinkert Nara ihren Zuhörerinnen zu.
>>„Ach, bevor ich es vergesse... Lyall sucht Uio. Hast du ihn vielleicht gesehen?“<<
Zum bestehenden Unmut addiert sich der Umstand, dass auch Mair Uio seit ihrem letzten Besuch nicht gesehen hat. Ein kleiner Hoffnungsschimmer zeigt sich als Mair der Gestaltwandlerin eröffnet, dass die Kinder Úna und Gwyn vielleicht etwas von dem Straßenjungen wissen könnten.
Dankbar nickt sie der Magd zu, welche errötend ihren Blick senkt.

Als Mair sich aufmacht um Úna und Gwyn zu suchen sowie ihrem Herren Bescheid zu sagen, folgt Lyall der herzländischen Magd in das Halbdunkel der Waschküche.
Eigentlich ist sie im Innersten dankbar ihren Gestank wenigstens zum Teil los zu werden, doch das Zweifeln der Magd an Lyalls Worten lässt sie fehl am Platz erscheinen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 12. Juli 2011, 20:49 Uhr
~ Auf den Ländereien von Glyn-y-Defaid ~
Einige Siebentage nach dem Blumenball (510 d5Z)

Die Zeit vergeht wie im Fluge. Die Kinder und Cináed scherzen und lachen miteinander auf ihrem Weg zum Rabenbruch und als sie endlich wieder nach Glyn-y-Defaid zurückkehren, ist es bereits später Nachmittag.
Auf dem Hof werden sie bereits ungeduldig erfahren. In der Stadt, im Anwesen de Winter, hat man Uio und Zoe bereits vermisst und so hat jemand den weiten Weg auf sich genommen, um nachzusehen, ob die beiden vielleicht auf Glyn-y-Defaid sind.

Cináed ist die Situation ausgesprochen peinlich und entschuldigt sich in aller Form dafür, dass er es versäumt hat, jemanden nach Talyra zu schicken, um Lady Aurian Bescheid zu geben. "Wie nachlässig von mir", erklärt er. "Bitte entschuldigt mein Versäumnis vielmals."
Anschließend verabschieden Gwyn, Úna und er sich von Zoe und Uio und begleiten die beiden sowie ihre Begleitung bis zum Tor, um ihnen noch eine ganze Weile hinterher zu winken, bis sie vollständig in der Ferne verschwunden sind.


~ Auf dem Hof ~
Mitte Goldschein (510 d5Z)

Als Mair ihn findet, ist Cináed gerade mit der begonnen Arbeit fertig und als er hört, dass Lyall auf dem Anwesen ist, huscht ein freundiges Lächeln über sein Gesicht. Allerdings verschwindet dieses Lächeln ebenso schnell wieder, wie es gekommen ist, als Mair dem Gutsbesitzer von dem Grund für Lyalls Besuch berichtet. "Uio ist verschwunden", erklärt das zierliche Mädchen ihm. "Es gab offenbar ein Feuer... und seither ist er fort." Mair sieht ihren Herrn nachdenklich an und fügt leise hinzu: "Lyall behauptet, dass das Feuer Uios Schuld ist." Bei jedem neuen Wort verfinstert sich Cináeds Miene mehr und mehr.

Eilends begibt sich der Gutsbesitzer zu Lyall, um sich ihre Version der Geschichte anzuhören, aber das ändert letztlich auch nichts daran, dass er nichts tun kann. Rein gar nichts. Wütend über seine eigene Dummheit, ballt der Elb die Hände zu Fäusten. Erst vor kurzem war Uio auf Glyn-y-Defaid zu Besuch. Ich hätte mit ihm reden können. Reden müssen!, gibt sich Cináed selbst Schuld. Und macht sich Vorwürfe, weil er sich nicht häufiger bei Aurian erkundigt hat, wie sie mit Uio vorankommt, ob und was sie den Jungen lehrt... und überhaupt. Der Elb verzieht das Gesicht. Dafür ist es nun zu spät. Das Kind ist in den Brunnen gefallen, wie man so sagt. Er verspricht Lyall sein möglichstes, um bei der Suche nach Uio zu helfen, doch mehr kann er im Augenblick auch nicht für die Wargin tun.

"Vielleicht treibt er sich in der Unterstadt herum", überlegt er zweifelnd. "Wenn nur ein Bruchteil von dem, was er Gwyn und Úna erzählt, wahr ist, dann kennt er sich dort aus..." Cináed seufzt. Er weiß selbst, wie gering die Wahrscheinlichkeit ist, Uio in jenem düsteren Teil der Stadt aufzutreiben. Aber vielleicht hat Lyall ja eine Chance, immerhin ist sie eine Wargin. Ja, der Elb mustert die junge Frau von oben bis unten, wenn jemand Uio in der Unterstadt auftreiben kann, solange es noch eine Spur gibt, dann sie.

Und so bleibt dem Gutsbesitzr letztlich nichts anderes übrig, als Lyall wieder zu verabschieden und ihr bei der weiteren Suche nach Uio viel Glück zu wünschen. "Falls wir hier auf Glyn-y-Dafaid von dem Jungen hören, werde ich es Lady Aurian sofort wissen lassen", verspricht er. "Und wegen des Feuers... Falls ihr bei den Reperaturen Hilfe braucht, lasst es mich wissen. Ich kann Emrys vorbeischicken, wenn dies nötig sein sollte." Er nickt der Wargin aufmunternd zu. " Tas khelan Glyres hjir ti - guten Heimweg."

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Calait am 21. Nov. 2011, 19:34 Uhr
~ Erntemond 511 des 5 ZA ~


„Nur noch ein paar hundert Schritt, Mädel.“ Mit einem leisen Keuchen schiebt Calait erst vorsichtig ihr rechtes Bein über die niedrige Steinmauer, „Alles gerade aus, Mädel“, und zieht ihr Linkes nach, als sie festen Boden unter ihren Ledersohlen fühlt. „Mach dir keine Sorgen, Mädel.“ So langsam aber sicher ziemlich ausser Atem wischt sich mit dem Handrücken den Schweiss von der Stirn und dreht den Kopf erst auf die eine und schliesslich auf die andere Seite, in der Hoffnung irgendetwas zu hören, ausser dem Summen tausender, blutgieriger Mücken, dem Surren und Zirpen von Rotkehlchen und Ammern, dem Rascheln von Gras und dem Hecheln ihrer Hunde... „Wirklich Mädel, sogar du KANNST es nicht verfehlen!“ Aber da ist Nichts. Überhaupt nichts. Weniger als Nichts! „Ah, verdammter Scheissendreck, und OB ich kann!“ Hitzig schüttelt sie ihre geschlossenen Fäuste dem Himmel entgegen und verflucht den klapprigen, alten Eselstreiber, der sie bis an den Anfang des Hofwegs kutschiert und ihr mit väterlicher Zuversicht immer und immer wieder versichert hatte, von hier aus könne gar nichts mehr schief gehen. Die Stunden, die sie sich nun schon heroisch durch das undurchdringliche Nirgendwo des wilden Weidehinterlands kämpft, beweist eindrucksvoll das Gegenteil.
Schnaufend wartet sie einen Moment ab, in der vagen Hoffnung, jemand könnte ihre lautstarke Schimpftirade vielleicht gehört haben, aber den Gefallen tut man ihr nicht.
„Määh?“
„Pssscht! Siehst du nicht, dass ich lausche?“
“Mäh?“
Seufzend lässt Calait die Schultern sinken. „Danke, sehr hilfreich. Und jetzt kommt, bevor die Nacht anbricht und Borgil bei den Blaumänteln Sturm bläst, weil ich mal wieder irgendwo verloren gegangen bin. Rechts oder links?“
„MÄH!“
„Finde ich auch.“ Fest entschlossen spätestens fürs Abendessen wieder in der Harfe zu sitzen und sich von Sigruns herzhaftem, aber federweichem Rehbraten verwöhnen zu lassen rafft sie ihre Röcke unterm Gürtel, schiebt die Ärmel ihrer Bluse bis über ihre Ellbogen, wirft sich den Zopf in den Nacken und stampft geradeaus weiter. Die Karjakoiras, die sich sofort in den Halbschatten der Steinmauer zurückgezogen hatten, kämpfen sich hechelnd zurück auf die Pfoten und sorgen ohne weiteren Befehl dafür, dass auch die Schafe samt Lämmchen brav ihrer blinden Schäferin hinterher traben. Die Einzige, die diese ungeplante Wanderung sichtlich geniesst, ist Shirin, die rotweissgefleckte Resanderhündin.

Wie ein übermütiges Bambi hüpft sie durch das hohe, sonnengebleichte Gras, jagt von einer Wiesenmaus zur anderen, spielt „Schnappich“ mit dem Grünzeug und versteht gar nicht, warum weder ihre dickfelligeren Verwandten aus dem Norden, noch die komischen Wolldinger auf vier Beinen auf ihre vielfältigen Spielangebote eingehen wollen.
Calait jagt auch, und zwar Mücken. Der schwüle, drückende Spätsommertag, der wie eine Glocke über dem Land hängt und ihnen den Schweiss ins Gesicht treibt, hat die fiesen, kleinen Blutsauger in Horden aus ihren Verstecken gelockt und ihr unangenehmes Sirren ist ein höchst unangenehmer aber hartnäckiger Begleiter. Nicht auf eine dergleiche Odyssee vorbereitet, hatte Calait sich weder um passende Kleidung bemüht – was würde sie in diesem Moment für ein Paar Hosen geben –, noch Wasser in einen Schlauch abgefüllt und sich auch nicht mit Nimöl eingeschmiert. Was die Dämonenstecher natürlich riechen und in Scharen über ihre nackten Beine und Arme und die weiche Haut an ihrem Hals herfallen.
RAH! So langsam müsste ich die Dinger doch ausgerottet haben. Doch wann immer sie klatschend eines der Viecher zu Gehirnmatsch verarbeitet, rücken sofort gefühlt hundert neue nach. Murrend kratzt Calait sich unterm Kinn. Ich werde heute Abend aussehen wie eine frische Pockenleiche. Oder ein wandelnder Mückenfriedhof.
Die Hunde und Schafe stören sich zum Glück nicht an den winzigkleinen Blutsaugern, aber die feuchte Hitze macht auch ihnen zu schaffen.
Umso lauter macht Calait ihrer Erleichterung Luft, als sie fast zweitausend Schritt, sechs Distelnestellöcher, einen Brombeerstrauch und zwei Steinmauern weiter einen Weiher erreichen, der von den Kronen uralter Weiden überdacht wird. Sorgfältig sucht Calait sich ein schattiges Plätzchen direkt unterhalb der mächtigen Baumkronen, in einer Nische zwischen den Wurzeln, wo das Ufer seicht abfällt und kein Schilf wächst, um erst etwas zu trinken, ihr Gesicht und ihren Nacken mit Wasser zu bespritzen, dann ihre Stiefel auszuziehen und ihren geschwollenen Füssen etwas Abkühlung zu gönnen. Die Hunde sind weniger vorsichtig. Es platscht dreimal laut und die Entenfamilie, die eben noch friedlich ihrer Bahnen zog, sucht schnatternd und quäkend ihr Heil in der Flucht, als drei halb verdurstete Hunde jaulend und blaffend ins Wasser stürzen und ein ausgiebiges Bad nehmen. Die Schafe schenken dem bunten Treiben lediglich einen verständnislosen Blick, trinken etwas und grasen sich dann quer durch das saftige Grün am Uferrand.

Calait hingegen lässt sich mit einem wohligen Seufzen zurück sinken, bis sie den rauen Stamm in ihrem Rücken spürt und streckt entspannt alle Glieder von sich. Die von den Hunden provozierten Wellen streicheln sanft über ihre vernarbten Fussknöchel, der Schatten spendet lindernde Kühle und obwohl die Mücken noch immer ihren Blutzoll fordern, fühlt Calait sich geneigt einem erholsamen Nickerchen nachzugeben. Nur der Gedanke, dass sie dann wohl niemals nie nach Talyra zurückfinden würde, hält sie davon ab – immerhin hat sie keine Ahnung wie weit sie noch laufen muss, um irgendjemandem, oder irgendetwas entgegen zu kommen, was ihr weiterhelfen wird. Ich laufe auf jeden Fall in die richtige Richtung. Es ist halt nur die Frage, wie lange ich in die falsche Richtung gelaufen bin. Und in welche Richtung ich überhaupt gelaufen bin. Aber wenn Talyra im…
Für ein paar Augenblicke ist sie dermassen in ihre Überlegungen vertieft, dass ihr das sich entfernende, aber nichtsdestotrotz aufgeregte Blöken ihrer Schafe erst auffällt, als Shirin heulend das Signal zur Verfolgung gibt. „Bei Ealaras Lachen, was ist denn jetzt schon wieder los? Breur, Traõn, Shirin, hierher!“ Die Karjakoiras gehorchen auf der Stelle und stehen weniger als einen Herzschlag später triefend nass neben ihr. Die Resanderhündin hingegen hält nur ganz flüchtig inne, wirft einen spekulativen Blick zu ihrer Herrin, befindet sie für in Sicherheit und saust wie der Wind den davongallopierenden Wollknäueln hinterher, die schon fast hinter der nächsten Erhöhung verschwunden sind. Das sich entfernende Bellen verrät Calait, dass der Fellbratz nicht gehorcht.
„Bei der Warze meiner Urgrossmutter, was fällt dir ein?! Komm auf der Stelle zurück!“ Aber die Resander hört sie längst nicht mehr. „Na warte, dir bringe ich Gehorsam bei!!“ Aber dazu musst du sie erstmal wieder einfangen, merkt eine leise Stimme spöttelnd an. Und natürlich keine Lía weit und breit. Die hätte nur einmal mit der Zunge schnalzen brauchen, und Shirin samt Wollpack wären ihr mit treuherzigen Glubschaugen zu Füssen gekrochen. Mir tanzen sie höchstens auf der Nase herum. Schnaubend und wild entschlossen diesem Tierpack Benimm zu lehren, bis ihm Hören und Sehen vergeht, erhebt sich Calait, langt nach ihren Stiefeln und stampft barfüssig, wie sie ist, den nicht sehr hohen, aber dafür umso weitläufigeren Hügel hinauf.

Auf halbem Wege hört auch sie endlich, was ihre Tiere dermassen in Aufruhr versetzt hat. Ganz leise noch, aber deutlich zu erkennen dringt das jammernde und aufgebrachte Blöken von mindestens einem Dutzend Schafen an ihr Ohr und für einen Augenblick erlaubt sie sich so etwas wie Hoffnung zu schöpfen, schliesslich hat eine Schafsherde auch einen Hirten, doch dann wird das Willkommensgeschrei der fremden Wollknäuel abrupt durch scharfes Gebell unterbrochen. Und einen Hirtenhund! Ah, verfluchte Geister!  „SHIRIN!“
Ohne auf Disteln oder Stechkränze zu achten hetzt Calait, so schnell es ihre Blindheit erlaubt, der Hügelkuppe entgegen – und wird von Breurs warnendem Blaffen gerade noch rechtzeitig gestoppt, bevor sie sich an einer weiteren Steinmauer, die sich wie ewiglange, graue Fäden durch dieses Land ziehen, sehr wahrscheinlich mehr als nur ein paar blutig aufgerissene Zehen geholt hätte. Noch immer fluchend gibt sie den Hunden zu verstehen hier auf sie zu warten – nicht, weil die Karjakoiras Schwierigkeiten haben ein solches Hindernis zu überwinden, sondern weil Calaits Sinne schätzen, dass zwischen ihr und Shirin und damit auch den anderen Hunden nur noch ungefähr zwanzig Schritt liegen und die Karjakoiras absolut unerbittlich sind, wenn es um den Schutz ihrer Herrin geht. Leise winselnd tun sie nun auch ihren Unmut kund, bleiben aber brav wo sie sind, während Calait hastig über die Steinmauer kraxelt und sich dabei Beine wie Finger gleichermassen wund schürft. Doch die Sorge, dass ihre schafsüchtige Resanderhündin in ihrem Grössenwahn einen Fehler machen könnte – zum Beispiel zum Angriff übergehen -, lässt Calait das feine Brennen einfach ignorieren. „Shirin!“ Ruft sie noch einmal, sehr viel sanfter und lässt bewusst einen gelassenen Unterton in ihrer Stimme mitschwingen, damit auch die anderen Hunde spüren können, dass sie keinerlei böse Absichten hegt. „Shirin, komm her.“
Dieses Mal gehorcht die Hündin und das tiefe, feindselige Grollen der Wachhunde wird hörbar leiser, wenn es auch nicht gänzlich verschwindet. Natürlich nicht. Wir befinden uns immer noch auf ihrer Weide in der Nähe ihrer Schafe. Und ich schätze sie haben meine Schafe auch kurzerhand zu ihrer Herde hinzugefügt. Wollknäuel ist schliesslich Wollknäuel.

Beruhigend streichelt sie der Resander über den schmalen Rücken, bis deren Haare nicht länger wie Stachelschweinborsten senkrecht in die Höhe stehen, und überlegt, was für Möglichkeiten ihr bleiben. Nicht viele, lautet das unzufriedenstellende Ergebnis. Ich kann versuchen meine Schafe zurückzuholen. Hallo Hund, wie geht’s dir? Mir geht’s gut. Ahm, ich glaube du hast da etwas, was mir gehört. Schon die Vorstellung ist lächerlich – auch wenn es in Lías Beisein wahrscheinlich genau SO abgelaufen wäre. Aber Lía ist nicht da und sie selbst pflegt zwar ein gesundes Verhältnis zu ihrem persönlichen Zoo, hat aber einfach nicht dieses natürliche und absolut wundersame Band zur Fauna wie ihre Zwillingsschwester.
Also bleibt nur… Flucht. Nein! Taktischer Rückzug. Und dann warten und hoffen, dass der Schäfer schon bald nach seinen Schafen sieht. Es ist heiss. Sie werden sich wohl in der Nähe der Tränke aufhalten. Und die Tränke befindet sich meistens neben dem Tor.
Schulterzuckend stimmt Calait ein leises Lied an und hält Shirin im Nacken fest, derweil sie den Rückwärtsgang einlegt. Die schafsverliebten Knurrbanken verfolgen jede von Calaits Bewegungen mit wachsam aufgerichteten Ohren und argwöhnischem Blick, während diese erst die Resander mit ein paar wenigen tamartuachschen Worten dazu bringt sich zu den Karjakoiras zu gesellen und gleich darauf selbst auf die Mauer klettert, um singend der schmalen Kante entlang zu balancieren – ihre eigenen Hunde auf ihrer rechten, die fremden Hunde auf ihrer linken Seite. Obwohl noch immer eine angespannte Stimmung herrscht, wird den Schäfern wohl langsam deutlich, dass von der komischen Frau und der kunterbunten Artgenossin keinerlei Gefahr ausgehen und als die Fremde sich, nachdem sie das Tor gefunden hat, auch noch einfach hinsetzt und die Beine baumeln lässt, ohne weitere Anstalten zu machen in die Nähe der Herde zu gelangen, sehen sie die Bedrohung für gebannt an.
Als der Himmel sich langsam altrosa verfärbt hockt Calait nicht länger auf der Mauer, sondern neben dem kleinen Tor auf dem Boden, gegen einen Pfosten gelehnt, und krault geistesabwesend mit ihrer Linken einen der beiden Wachhunde, der sich in den Schatten des Gatters direkt neben sie gepflanzt hat, ohne dabei seine geliebten Milchhüpfer ausser Acht zu lassen, und mit der Rechten streichelt sie Breurs Rücken, den er ihr demonstrativ entgegen streckt. Shirins schmale, lange Schnauze ruht auf ihrem Schoss und Traõn hat seinen Querschädel unter ihren Knien vergraben.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 21. Nov. 2011, 19:38 Uhr
~ Auf dem Hof ~
Irgendwann im Erntemond (511 d5Z)

Cináed sitzt an seinem Schreibpult im Arbeitszimmer. Auf der hölzernen Platte stapeln sich Karten und Pergamente, sodass von dem Gutsbesitzer selbst kaum etwas zu sehen ist. Seit Stunden schon kämpft sich der Elb gewissenhaft durch die zahlreichen Dokumente, macht Notizen, notiert Einkünfte und Ausgaben, vergleicht Liste um Liste, prüft Karten und Urkunden, sortiert Rechnungen und schreibt diverse Briefe.
Cináed arbeitet konzentriert und gewissenhaft, obschon es sich um größtenteils eher langweilige, staubtrockene Geschäfte handelt, die der Gutsbesitzer nicht gerade mit Begeisterung erledigt. Aber was getan werden muss, muss getan werden. Und da es ihm obliegt, diese Dinge zu regeln, seit Tara für derlei Aufgaben zu alt geworden war, tut der Shida'ya dies mit jener Sorgfalt, mit der er all seine Pflichten und Aufgaben erfüllt – obwohl draußen das schönste Sonnenscheinwetter lockt.

Kurz schweift Cináeds Blick hinüber zum Fenster und wandert in die Ferne. Die Sonne steht hoch am Himmel und verwöhnt die Bewohner von Glyn-y-Defaid bereits seit Siebentagen mit schöne Wetter. Oder sollte es besser heißen 'straft'? Die Weiden sind trocken, ebenso schlecht ist es um die Felder und Wiesen bestellt. Regenwetter wäre allen auf dem Hof jetzt sehr willkommen. Cináed richtet seinen Blick wieder auf das vor ihm liegende Dokument. Zu viel Sonne, zu wenig Regen. Jetzt klagen wir über die Hitze und später beschweren wir uns, wenn es in Strömen regnet, weil die Arbeit dann auch nicht angenehmer ist... Der Elb lächelt still in sich hinein.
Von den Weiden her kann Cináed das Gebell der Hunde vernehmen, laut und eindringlich, offenbar haben sie etwas aufgespürt. Der Gutsbesitzer schenkt dem im Augenblick jedoch wenig Beachtung und hebt nicht einmal den Kopf, um nochmals zum Fenster hinaus zu blicken. Owyn und Emrys sind draußen auf den Feldern und somit viel eher geeignet, um nach dem Rechten zu sehen. Bevor Cináed selbst auf den Weiden ankäme, wäre längst alles vorüber.

Der Gutsbesitzer in seiner Kammer, an der drückenden, schwülen-warmen Luft im Zimmer leidend, soll Recht behalten. In der Tat entgeht das laute Hundegebell den Männern auf den Feldern ebenso wenig wie ihm. Kurz sehen sie einander an und nicken einander stumm zu. Schweigend legt Emrys seine Arbeit nieder und marschiert in Richtung Weiden davon, während Owyn seine vorherige Tätigkeit wieder aufnimmt und fortfährt, als wäre nichts geschehen. Er sieht dem jungen Mann mit dem gelockten, kastanienbraunen Haar nicht einmal nach, während dieser eilends über das Feld stapft und sich anschließend mit einer geschmeidigen Bewegung über die nächste Steinmauer schwingt, hinter welcher er schon bald nicht mehr zu sehen ist.
Emrys für seinen Teil ist dankbar für die unerwartete Abwechslung. Feldarbeit, während das goldene Shenrahrund unerbittlich über einem am Himmel steht, ist wahrlich kein Vergnügen, vor allem dann, wenn das nächste Schatten spendende etliche Schritt entfernt ist. Über die Weiden zu wandern ist unter diesen Umständen zwar auch kein besonders Vergnügen, aber immerhin kommt man häufiger mal in den Genuss eines schattigen Wegstücks.

Das Gebell der Hunde wird allmählich leiser und wird immer stärker von unruhigem Geblöcke überlagert. Emrys bleibt einen Moment lang stehen und lauscht angestrengt, um die ungefähre Richtung zu bestimmen, in die er weiterlaufen muss, dann setzt er wieder einen Fuß vor den anderen. Da die Hund ruhiger werden, verlangsamt er seine Schritte etwas, weil er annimmt, dass keine unmittelbare Bedrohung mehr besteht, die Anlass zu Eile böte.
Als die laue Sommerbrise plötzlich Gesang zu ihm herüber trägt, runzelt der junge Mann jedoch verwirrt die Stirn. Womit auch immer er gerechnet hat – streunende Hunde vielleicht oder ähnliches –, hier draußen in der Einsamkeit der Weiden Gesang zu hören, gehört definitiv nicht dazu. Noch dazu so lieblichen, wie Emrys angenehm überrascht feststellt. Was die Hunde da wohl eingefangen haben, fragt sich der junge Mann verwundert und beschleunigt seine Schritte wieder ein wenig. Die Stimme der Sängerin, denn es handelt sich ganz eindeutig um eine Frau, die er hört, klingt ungewöhnlich tief, ist aber voll und wohltönend und zieht Emrys sogleich in ihren Bann. Mehr neugierig als vorsichtig nähert er sich dem Gesang.

Die unbekannte Sängerin hat sich im Schatten der Steinmauer niedergelassen, nahe Gatter und Wassertränke, wobei ihr Rücken gegen den Hölzernen Türposten gelehnt ist. So wie sie dasitzt, kann der Knecht ihr Gesicht daher nicht erkennen, sehr wohl aber ihr schönes, dunkelschwarzes Haar bewundern, welches ihr in wilden, langen Locken den Rücken hinabfällt.
Scheinbar völlig entspannt und gelassen sitzt die Unbekannte da, offenbar vollkommen unbeeindruckt von Cadfan, der sich direkt neben ihr aufgebaut hat und seinen wachsamen Blick abwechselnd über die Weide und die die dunkelhaarige Sängerin wandern lässt. Als Emrys sich etwas umsieht, kann er auch die übrigen Hunde von Glyn-y-Defaid erkennen: Idris und Eira halten die Schafe in einiger Entfernung zusammen, wobei ihre wachsamen Blicke ebenfalls immer wieder zu der unbekannten Frau hinüber wandern. Auch Blair hält sich etwas abseits, aber ebenso wie die anderen Hunde lässt sie äußerste Wachsamkeit erkennen, jederzeit bereit an Cadfans Seite zurückzukehren, falls dies nötig sein sollte.

Sogleich wird Emrysy auch gewahr, was die Herdenhunde so aufgeregt hat – die Unbekannte ist nicht allein unterwegs. An ihrer Seite, Cadfan direkt gegenüber, sitzt ein kräftiger Karjakoira. Ein zweiter 'weißer Riese', bemerkt der junge Mann sogleich, liegt neben ihm – die Schnauze unter den angewinkelten Knien seiner Herrin vergraben. Als Knecht auf einem Gutshof, der sich fast ausschließlich mit der Schafzucht befasst, weiß Emrys selbstverständlich, dass diese aus Immerfrost stammenden Hunde in ihrer Heimat im Gebirge gerne als Herdenschutzhunde eingesetzt werden. Vielleicht haben sie sogar eine vergleichbare Ausbildung bekommen wie Cadfan und Blair, überlegt der junge Mann, und zuckt erschrocken zusammen, als ganz urplötzlich der dritte Hund in Runde seinen Kopf hebt und mit lautem – freudigem? – Gebell Emrys Anwesenheit verrät.
Sogleich herrscht für einen Moment das reinste Chaos. Bellen, knurren, blöcken... sämtliche anwesenden Vierbeiner scheinen sich dazu veranlasst zu sehen, die gesamte Bandbreite der ihnen zur Verfügung stehenden Lautpalette zum Besten zu geben.

„Cadnfan, Blair. AUS!“, versucht Emrys sich so laut er kann Gehör zu verschaffen und wenigstens für etwas Ruhe zu sorgen. „Idris, Eira. AUS!“ Zu seiner eigenen Überraschung gehorchen die Vier aufs Wort und verstummen augenblicklich. Normalerweise tun sie ihm diesen Gefallen selten beim ersten Versuch. Im Gegensatz zu Cináed und Owyn, die die Hunde immer und zu jeder Zeit, egal in welcher Situation vollkommen im Griff zu haben scheinen. Emrys seufzt und hebt beschwichtigend die Hände.
„Erklärt Euch“, fordert er mit so viel Nachdruck und ernst in der Stimme, wie er angesichts dieser sehr sonderbar anmutenden Situation aufbringen kann. 'Wer seid Ihr?', will er noch hinzufügen, bringt aber nur etwa die Hälfte der Frage heraus, bevor er seinen Mund wieder schließt. Aus der Nähe und von Angesicht zu Angesicht betrachtet, fehlen ihm beim Anblick der dunkelhaarigen Sängerin schlicht und ergreifend die Worte. Hübsch ist sie, soviel ist schon einmal sicher. Auf jeden Fall an den richtigen Stellen wohlgerundet...
...und exotisch wie ein Göttervogel. Nicht wegen der für die Herzlande eher ungewohnten, dunklen Tönung ihrer Haut, sondern in erster Linie aufgrund ihrer farbenfrohen Gewandung und dem halben Dutzend Arm- und Fußbändern an ihren schmalen Hand- und Fußgelenken. Was Emrys jedoch wirklich verwirrt, ist das Band, welches die Augen der Frau bedeckt. Was soll den das?, fragt er sich verwundert. Sonnenschutz vor der Sonne? Er runzelt nachdenklich die Stirn. Wie sieht sie damit den was? Verständnislos starrt er der Frau ins Gesicht, unfähig den Blick abzuwenden.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Calait am 21. Nov. 2011, 19:39 Uhr
~Erntemond - noch abseits des Hofes~


Calaits Gedanken kreisen gerade um Borgils Wollknäuel, als Shirin den herannahenden Knecht von Glyn-y-Defaid entdeckt und so schnell auf ihre Pfoten springt, dass sie sich glatt fast noch einmal auf die Schnauze legt, weil sie sich in ihrem Übereifer den Neuankömmling anzukündigen mit ihren Vorderpfoten zwischen den Beinen ihrer Herrin verheddert.
Die Karjakoiras stimmen sofort in das wilde Bellen der buntgefleckten Resander ein, was auch die fremden Hunde als Anlass sehen auf sich aufmerksam zu machen. Beschwichtigend legt Calait Breur und Traõn jeweils eine Hand in den Nacken, die augenblicklich verstummen, und erhebt sich. Shirin bricht ihre lautstarke Begrüssung ebenfalls ab, als Emrys seinen Tieren Befehl gibt zu schweigen, hüpft aber noch zwei Schritt nach vorne, um den unverhofften Gast mit aufgeregtem Schwanzwedeln zu begrüssen.
Die Stimme, die die Hüte- und Wachhunde zur Ruhe gerufen hat, stammt eindeutig von einem Mann, der sich nun bestimmten Schrittes nähert, bis er – wahrscheinlich von Breur und Traõn mit einem geräuschlosen Zähneblecken auf Abstand gehalten – ungefähr drei Armlängen von ihr entfernt innehält. Es ist nicht Cinéad. Die Stimme des Hochelben ist dunkler, wärmer und sehr viel voller. Sie hat sich bereits mehrmals mit dem Schafszüchter unterhalten. Nicht nur über ihr Schafproblem, sondern auch über seine Geschichten, die er hin und wieder zum Besten gibt. Vielleicht ist es einer seiner Knechte. Oder ich bin so weit von seinem Land abgekommen, dass ich schon auf einem anderen Gut gestrandet bin. Sie sieht nicht, wie der Mann vorsichtig die Hände hebt, um die Situation zu entspannen, aber ihr Gefühl sagt ihr, dass er zwar überrascht ist und auch nicht unbedingt glücklich mit der unerwarteten Situation, doch weit entfernt von erbost oder gar erzürnt. “Erklärt euch!“ Es klingt, als wäre er Herr des Moments, doch das feine Zittern, das in seinen Worten untergründig mitschwingt, verrät deutlich wie sehr ihre Erscheinung ihn verwirrt und das er unsicher ist, wie er damit umgehen soll. Was soll er auch denken: Eine kunterbunte Blinde, mit drei Hunden im Schlepptau, die es sich mal so eben dir nichts, mir nichts vor seinem Weidegatter bequem macht – sehr vertrauenserweckend.
Mit einem knappen Handwink gibt sie den Hunden zu verstehen, dass sie sich zurückhalten sollen, überbrückt dann beschwingten Schrittes die Distanz, die noch zwischen ihr und dem Mann liegt, und nickt ihm lächelnd zu, wobei ihr blinder Blick auf Höhe seiner Brust hängen bleibt. Dass er sich ungemein an dem Tuch über ihren Augen irritiert merkt sie nicht, und selbst wenn, wäre sie nicht näher darauf eingegangen. Er würde schnell genug merken, dass sie blind ist. „Mein Name ist Calait. Ich bin eigentlich auf der Suche nach Glyn-y-Defaid und seinem Herr Cinéad, aber auf dem Weg zum Hof habe ich mich verirrt und nach einer ziemlich langen Wanderung bin ich schliesslich hier gelandet… wo bin ich eigentlich?“ Ihr Grinsen verzerrt sich ein Stück, als sie anfängt hilflos auf der Unterlippe herumzukauen. Jaaaa, sehr vertrauenserweckend. Und unglaublich intelligent. Und dann fällt ihr noch etwas ein, wobei sie sich leicht zur Seite wegdreht und mit klimpernden Armreifen in die ungefähre Richtung der Schafsherde winkt, die sich beim Anblick des Knechts laut blökend um das Weidentor schart: „Oh, und könntet ihr eure Hunde fragen, ob ich meine Schafe wieder haben dürfte? Es sind vier Schneeschafe. Zwei Mutterschafe und zwei Lämmchen.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 21. Nov. 2011, 19:40 Uhr
Calaits Worte tragen nicht unbedingt dazu bei, Emrys Verwirrung zu beseitigen. Er hat schon von ihr gehört, jetzt, wo sie ihm ihren Namen genannt hat, fällt es ihm wieder ein. Persönlich begegnet ist er der jungen Frau noch nicht. „Ah“, entgegnet Emrys daher eher lahm auf Calaits Worte und weiß nicht so recht, was sein Gegenüber genau von ihm erwartet. „Na, dann mal herzlich willkommen“, erklärt der junge Knecht daher nach einer kurzen Denkpause. „Glyn-y-Defaid habt Ihr jedenfalls gefunden...“ Und in Gedanken fügt er hinzu: ...auch wenn ich mir nicht erklären kann, wie Ihr ausgerechnet HIERHER finden konntet...?! Sein Blick schweift umher. Er kann es sich wirklich nicht erklären. Wenn es stimmt, was man sich in Talyra erzählt, dann ist diese Calait blind – das würde zumindest auch das sonderbare Tuch über ihren Augen erklären. Wie sie unter diesen Umständen querfeldein durch das Umland streifen konnte, ist Emrys ein Rätsel. Weit und breit befindet sich kein einziger, ordentlicher Weg, von ausgetretenen Schafspfaden einmal abgesehen. Stattdessen wird das gesamte, umliegende Land von Steinmauern und Hecken durchzogen, die dazu dienen Weiden, Wiesen und Felder von einander abzugrenzen. Emrys schüttelt bloß den Kopf, er will eigentlich gar nicht erst darüber nachdenken, wie Calaits buntes Trüppchen seinen Weg bis ins Hinterland von Glyn-y-Defaid gesucht hat...

...stattdessen wendet er sich lieber Calaits Schafproblem zu, damit kennt er sich wenigstens aus. Schneeschafe hat sie gesagt – zwei Muttertiere und zwei Lämmer – keine besonders große Herausforderung angesichts der Tatsache, dass alle übrigen Tiere auf der Weide Moorschnucken sein sollten. Suchend lässt der Knecht seinen Blick umherschweifen und wird auch schon bald fündig. An Calaits Geschichte scheint tatsächlich etwas dran zu sein, denn die Schneeschafe sind nicht schwer auszumachen. Pflichtbewusst wie es ihre Art ist, haben die Hunde von Glen-y-Defaid sich bereits ihrer angenommen und sie offenkundig sofort in die übrige Herde integriert. „Ja, eure Schafe sind da“, brummt der Knecht. „Moment, ich kümmere mich darum... und dann bringe ich euch zu meinem Herrn.“ Er wird ganz verlegen und die Röte steigt ihm ins Gesicht, als ihm aufgeht, dass er bisher noch gar nicht den Anstand besessen hat, um sich vorzustellen. „Ich bin übrigens Emrys“, fügt er daher nach einem peinlichen Moment des Schweigens hinzu und ist froh, dass Calait sein feuerrot gewordenes Gesicht nicht sehen kann. „Äh, bin gleich zurück... wartet hier einfach...“

Es dauert nicht lange und der junge Mann kommt mit einem zufriedenen Lächeln auf dem Gesicht zurück. Calaits Schafe trotten gemächlich neben ihm her und blöken leise. „So, das wäre geschafft.“ Immer noch lächelnd bleibt er neben Calaits stehen. „Wenn Ihr wollt, dann können wir uns jetzt auf den Weg machen...“, fügt er einfallslos hinzu und ärgert sich ein wenig über sich selbst. Was ist bloß los?, denkt er mürrisch. Ich bin doch sonst nicht so... Verstohlen wandert sein Blick über Calaits Rundungen und er wird abermals etwas rot, als sich die junge Frau – gerade so als könnte sie seine bewundernden Blicke ganz genau spüren – zu ihm wendet. Ertappt schaut Emrys zu Boden. „Kommt Ihr zurecht?“, brummt er. „Kann ich Euch irgendwie helfen?“ Die Antwort der jungen Frau fällt direkt und ehrlich aus und gibt dem Selbstbewusstsein des Herzländers neuen Antrieb. Selbstredend kennt er sich auf dem Grund und Boden von Glyn-y-Defaid bestens aus, weshalb er sich nur zu gerne an Calaits Seite begibt, um sie durch das unwegsame Gelände zu führen. Breur, der größere der beiden Karjakoirarüden begibt sich derweil schützend an die andere Seite seiner Herrin, und trottet wachsam neben ihr her.

Emrys ist nicht unbedingt dafür bekannt, einfach drauflos zu schätzen und wie ein Wasserfall zu reden, doch das macht in diesem Fall überhaupt nichts, da Calait den Großteil ihrer Unterhaltung bestreitet, indem sie in einem Fort redet und den Knecht mit Fragen überhäuft. Es schmeichelt dem jungen Mann, dass sie sich scheinbar ehrlich interessiert nach seiner Arbeit und dem Alltag auf Cináeds Hof erkundigt und ständig neue Fragen hat. Ihre natürliche, lebenslustige Art, die sich so völlig von Avilas ruhigem und eher sanftmütigem Wesen unterscheidet, gefällt ihm. Die Unbefangenheit mit der sie ihm von ihrem Weg von Talyra nach Glyn-y-Defaid erzählt, ist überraschend und sehr angenehm und Emrys kann nicht umhin, Calait insgeheim mehr und mehr zu bewundern. Er kann sich nur schwer vorstellen, wie es sein muss, blind zu sein. Auf jeden Fall schwierig. Trotzdem erweckt Calait bei ihm nicht den Eindruck hilflos zu sein. Und das sie ihn – einen Fremden – begleitet, sich sogar von ihm führen lässt, wertet er keineswegs als naiv oder allzu vertrauensselig. Mit den Hunden, die sich in ihrer Begleitung befinden, muss die junge Frau sich gewiss nicht vor einem einfachen Mann wie ihm fürchten. Denn obwohl sich die massigen Karjakoirarüden völlig gelassen und gutmütig geben, so zweifelt Emrys nicht einen Augenblick an ihrer Entschlossenheit, wenn ihre Herrin in Gefahr ist.

Auf dem Hof hat Cináed derweil die Segel gestrichen und entschieden, den leidigen Schreibkram fürs erste beiseite zu legen. In der Kammer ist es schwül und stickig, während draußen eine laue sommerliche Brise durch die Baumwipfel streift. Der Gutsbesitzer entschließt sich deshalb dazu hinab in den Obst- und Gemüsegarten zu gehen und Nara und Mair zu helfen, die dort damit beschäftigt sind, die Obstbäume von ihrer Last zu befreien.
Das Frühjahr war angenehm mild, weshalb die Bäume reichlich Früchte tragen, obschon es den Sommer über viel zu häufig geregnet hat und es weniger warme Sonnentage gab, als dies üblicherweise der Fall ist. Die geernteten Äpfel sind entsprechend klein und säuerlich und eignen sich – so Rhona – bestenfalls für Kompott und Kuchen, aber kaum für etwas anderes. Cináed stört das nicht weiter. Die Ernte fällt reichlich genug aus, sodass, seiner Meinung nach, alle etwas davon haben. Sie haben mehr als genug, Keller und Kammern werden im Winter gut gefüllt sein, und was nicht gut genug für die Bewohner von Glyn-y-Defaid ist, wird für die Tiere gewiss eine willkommene Abwechslung auf dem winterlichen Speiseplan sein.

Gut gelaunt greift der Elb nach einem Obstpflücker, klettert damit auf die Leiter am nächstbesten Apfelbaum und macht sich munter an die Arbeit. Das Pflücken geht ihm rasch von der Hand und die schweren Äste des Baumes leeren sich zusehends. Da Mair alle Hände voll zu tun hat, die Äpfel, die Cináed vom Baum holt, in ihren Körben zu verstauen, legt der Elb schließlich eine Pause ein und lässt seinen Blick umher schweifen. Von seiner erhöhten Position auf der Leiter kann er das angrenzende Weideland gut übersehen und so erspät er recht bald die sonderbare Prozession aus Mensch und Tier, die sich den Wirtschaftsgebäuden langsam nähert. Calait, Breur und Emrys führen die Truppe an. Die beiden Lämmer und ihre Mutterschafe trotten und springen gelegentlich vor ihnen her, fallen aber immer wieder ein Stück zurück, wobei sie von den übrigen Hunden stets wieder voran getrieben werden. Der Anblick der kleinen Schar ist wirklich bemerkenswert und Cináed kann nicht anders, er muss einfach laut und herzlich lachen...

...unglücklicherweise kommt sein Gelächter für die am Fuß der Leiter stehende Mair so überraschend, dass sie vor lauter Schreck einen Schritt zu weit zurückstolpert, dabei dummerweise gegen die Leiter poltert und diese mit einem Stoß zum Umstürzen bringt. Bevor Cináed recht weiß, wie ihm geschieht, fliegt er rücklings durch die Luft und landet mit einem dumpfen „Plumps“ im weichen Gras. Mair wird kalkbleich im Gesicht und hält sich eine Hand vor den Mund, um einen leisen Aufschrei zu unterdrücken. Hastig lässt sie die Schürze los, die sie eben noch mit der anderen Hand gehalten hat und die darin gesammelten Äpfel kullern achtlos zu Boden. „Entschuldigt bitte, min Herr“, ruft sie ängstlich und läuft besorgt zu dem Gutsbesitzer, welcher noch etwas benommen im Gras liegt und verblüfft die vorüberziehenden Wolken am Himmel über ihm beobachtet. „Hm?“, brummt der Elb und setzt sich langsam auf. Benommen schüttelt er den Kopf und meint schließlich ein wenig verdattert „Ich glaube, ich habe mir etwas gebrochen...“ Augenblicklich weiten sich Mairs Augen noch etwas mehr vor Schrecken und die ersten Tränen beginnen schon darin zu glitzern, als sie den matschigen Apfelrest bemerkt, den Cináed unter seinem Rücken hervorzieht. Erleichtert bricht das Mädchen in nervöses Gelächter aus, in welches auch der Elb einstimmt.

Als Emrys seine Begleiterin und ihre Tiere schließlich in der Obstgarten führt, nachdem die über den Hof eilende Rhona ihm erklärt hat, wo Cináed zu finden ist, ist der Elb gerade dabei mit Mairs Hilfe die Überreste der unschuldigen Apfelopfer von seiner Rückenpartie zu entfernen und ein paar Grasflecken so gut es geht aus seinen Kleidern zu wischen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Calait am 21. Nov. 2011, 19:40 Uhr
“Ah...”,  wird ihr ganz selbstbewusst  beschieden und mit einem raschen Nicken verschleiert sie das amüsierte Grinsen auf ihren Lippen. Der Mann ist offensichtlich etwas überfordert mit der Situation – ein Umstand den Calait ihm nicht übel nehmen kann. Wer wird schon tagtäglich im Nirgendwo mit einer blinden Singdrossel und ihrem Kleinvieh konfrontiert, die dann auch noch so ungeschickt ist und sich ihre Wollknäuel abspenstig machen lässt.
”Na dann, herzlich Willkommen.” Eine ihrer schmalen Augenbrauen wandert langsam nach oben und sie  will schon nachhaken, wo sie denn jetzt eigentlich genau willkommen ist, als der Mann hilfreich hinzufügt: „Glyn-y-Defaid habt Ihr jedenfalls gefunden...“ Sichtbar erleichtert atmete Calait aus und die Anstrengungen der letzten Stunden weichen flüchtig der Freude irgendwie – wie dann auch immer – das Ziel erreicht zu haben. Vielleicht bin ich doch noch rechtzeitig in der Harfe für den Braten, schiesst es ihr durch den Kopf.  In solchen Momenten weiss sie, warum sie bei der Harfenküche als verfressen gilt – aber wer würde Sigruns Essen schon nicht zu schätzen wissen? Höchstens irgendein hinterwäldlerischer Banause oder ein armer Kerl, dem die Zunge fehlt.
Ihr Gegenüber hat inzwischen ihr schafiges Problem erkannt und bietet sofort an es zu lösen. „Das wäre sehr nett“, begrüsst Calait das Angebot des Mannes sich auf die Suche nach ihren Schafen zu machen und das wollige Pack zu ihrer (Noch)-Besitzerin zurück zu bringen.  Anstatt sich aber auf der Stelle umzudrehen, fällt dem jungen Mann ein, dass er sich noch gar nicht vorgestellt hat – und fast schon verärgert, eindeutig aber verlegen schiebt er hinterher: „Ich bin übrigens Emrys.“
“Emrys”, wiederholt sie leise, als wolle sie den Namen prüfen und der Zug um ihre Lippen wird eine Spur weicher: “Das klingt sehr schön.” Sie kann den Finger nicht drauf legen, aber aus irgendeinem Grund erinnert der Name sie an goldgekrönte Hügel, die sich wie ein weicher Teppich bis zum Horizont ergiessen, überdacht von einem perlmuttschillernden Abendhimmel und erfüllt von dem schweren Duft nach Tunichtgut und Schlehkraut. Er hat etwas Warmes und gleichzeitig Starkes und obwohl ihr partout nicht einfallen will, womit genau sie den Namen in Verbindung bringt, fühlt es sich gut an ihn auszusprechen.

Während sie darüber nachdenkt, wo sie den Namen möglicherweise schon einmal gehört haben könnte, verschwindet Emrys auf der Wiese und sammelt die zwei Mutterschafe samt ihrer rosanasigen Anhängsel ein. Es dauert keine zehn Augenblicke, da steht er schon wieder neben ihr. MIT den Schafen, die so unschuldig blöken, als hätten sie sich nie auch nur einen Sekhel von der Stelle bewegt. Breur und Traõn werfen dem Wollpack sofort einen warnenden Blick zu, als wollten sie sagen: Versucht das noch einmal, ihr Fleischsäcke auf vier Beinen, und dann gibts Lämmchen am Spiess. Shirin hingegen hüpft im Dreieck vor Freude über die Rückkehr ihrer Schützlinge und bedankt sich bei dem Knecht mit leisem Gewinsel und wildem Schwanzwedeln.
„So, das wäre geschafft. Wenn Ihr wollt, dann können wir uns jetzt auf den Weg machen...“ „Können wir gerne“, bestätigt Calait mit einem entschlossenen Kopfnicken... und wartet ab, damit Emrys ihr den Weg weisen kann. Ihre Odyssee durch die weiten Felder von Glyn-y-Defaid hatte zwar durchaus auch seine schönen Seiten, aber nach einer Wiederholung ist ihr gerade überhaupt nicht zumute. Viel eher nach kaltem Wasser, Schatten und einem weichen Felllager, wo ich die Füsse hochlegen kann. Ich könnte ja einfach die verflixten Schafe ausstopfen und sie als Höcker verwenden, dann würden sie mir wenigstens nicht die Haare vom Kopf fressen. Der Gedanke hat genauso so lange etwas für sich, bis sie sich vorstellt, wie sie Lía beibringen muss, was es mit dem Fusshocker auf sich hat.
Erst dann fällt ihr auf, dass Emrys sich noch immer nicht von der Stelle gerührt hat und sie will schon fragen, ob etwas nicht stimme, als der Knecht sich erkundigt: „Kommt Ihr zurecht?  Kann ich Euch irgendwie helfen?“ Erfreut und dankbar zugleich nickt Calait, wobei sie einfach überhört, dass er sie noch immer Ihrzt. Da er sich ihr mit Namen vorgestellt hat, hält sie es nicht mehr für nötig weiterhin an der steifen Formel festzuhalten. Immerhin hat der Mann ihre Schafe gerettet! „Würdest du mich vielleicht zum Hof führe? Also dürfte ich mich an deinem Arm festhalten? Du kennst die Wege hier bestimmt gut und kannst mir dabei helfen mich nicht ganz unelegant auf dem Boden lang zu machen.“ Bittend, aber nicht fordernd streckt sie Emrys ihre Hand entgegen, was von dem silberhellen Klingeln ihrer Armreifen begleitet wird. Gleich darauf spürt sie seine kräftigen Finger an ihrem Handgelenk, die sie lenken, bis sie sich bei ihm unterhaken kann.  Jetzt erst merkt Calait, dass er nicht nur gross wirkt, sondern auch gross ist. Und kräftig. Gemeinsam laufen sie los.

Breur, der ältere der Hundebrüder, gesellt sich an ihre freie Seite und wirft dann und wann einen wachsamen Blick auf den neuen Führer seiner Herrin, derweil Traõn wenige Schritt voraus trottet, immer darauf achtend nicht zuviel Abstand zwischen sich und Calait zu schaffen, und Shirin, überglücklich ihre Wollknäuel wieder zurück zu haben, um die Schafe herumspringt und sie vorantreibt.
Ob bewusst, oder unbewusst, Emrys passt sich ihrer Geschwindigkeit an und, ohne dass sie ihn darum bitten muss, macht er sie auf Kuhlen und Unebenheiten auf dem Weg aufmerksam, was sie ihm hoch anrechnet. Munter erzählt sie ihm von ihrer abenteuerlichen Reise durch das talyrische Hinterland, fragt ihn nach seinem Tagwerk, nach der Ernte, nach den Schafen, nach seiner Schwester und hat auch überhaupt keine Scheu sich nach Avila zu erkundigen, mit der er angeblich anbandeln soll. Die Spatzen pfeifen es inzwischen von dem hinterletzten Dach, das der hübsche und anständige Knecht von Glyn-y-Defaid etwas mit der strengen, aber zauberhaften kleinen Magd vom Anwesen de Winter zu tun haben soll – und wo, wenn nicht in der Harfe, zwitschern die Vögelchen am lautesten und obendrein auch noch kreuz und quer. Würd man der alten Magda alles abkaufen, was sie dann und wann zwischen zwei grossen Humpen Verder Dunkel lallt, wären Emrys und Avila schon seit Jahren ein Paar, trieben es wild miteinander und hätten obendrein drei Bastard. Zwei Mädchen, einen Jungen, die Namen wüsste sie leider noch nicht, aber sie sei dem Geheimnis auf der Spur.
Emrys, der bei der Frage nach Avila ersteinmal ein leicht genervtes Schnauben von sich gibt, da ihm der kunterbunte Gerüchtemischmasch mittlerweile aus den Ohren hinaus quillt, erkennt rasch, dass Calaits Interesse aufrecht ist und nicht nur dem Zweck dient die neugewonnenen Informationen so schnell wie möglich an das höchstbietende Waschweib zu verschachern.
Er möge Avila, wird ihr beschieden. Sehr sogar. Sehr... sehr... aber der Sommer wäre arbeitsreich gewesen und sie wären sich leider nur selten über den Weg gelaufen.
Anzüglich wackelt Calait mit den Augenbrauen und meint neckend: „Na, dann freust du dich bestimmt auf den Winter.“  Sie kann hören, wie er lacht und muss sein Gesicht nicht sehen können, um zu wissen, dass er bei der Aussicht, Avila öfters zu sehen, breit grinst. Calait gönnt es ihm. Er scheint ein aufrechter, hart arbeitender Mann zu sein, der eine gute, liebende Frau verdient hat.
Kurz darauf wird die Erde unter ihren Sohlen fester, der Boden ebener und sie tauchen in die Schatten mehrer Bäume ein, als plötzlich von irgendwoher heiteres und ausgelassenes Gelächter ertönt. Neugierig spitzt Calait ihre Ohren und erkennt die bernsteinwarme Stimme des Hofbesitzers, Cináed .  Er klingt äusserst... fröhlich. Zumindest für die Dauer eines Moments. Dann bricht er abrupt ab und stattdessen schreit eine Frau entsetzt auf. Wie vom Donner gerührt erstarren sowohl Calait als auch Emrys an Ort und Stelle und Calait ist bereits im Begriff ihre Hand zurück zu ziehen, damit der Knecht wem oder was auch immer schnell zu Hilfe eilen kann, als ein reichlich zittriges, reichlich albernes, aber nichtsdestotrotz hörbar vergnügtes Kichern seitens der Frau, die eben gerade noch jeden mit ihrem Schrei in Panik versetzte, den ersten Schreck vertreibt.

Auch Emrys, dessen Muskeln sich unter ihren Fingern eben noch krampfartig zusammengezogen hatten, entspannt sich langsam wieder, wenn er die letzten Schritte bis zu seinem Herren doch eindeutig schneller hinter sich bringt. Auf dem Hof kommen sie Rhona, Emrys Schwester, entgegen, die ihnen kurzerhand den Weg in den Obstgarten weist, wo sich Cináed  und eine Magd, Mair, aufhalten sollen. Als sie den Ort des Geschehens erreichen hat auch Cináed  zu seinem Lachen zurückgefunden – und es ist so ansteckend, dass Calait sich nur schwer dagegen wehren kann einzustimmen. Ungeachtet aller Anstrengungen zucken ihre Mundwinkel verräterisch in die Höhe. „Es klingt als hättest du Spass“, begrüsst sie Cináed , der seltsamerweise riecht, als hätte man ihn in Apfelsaft getaucht, löst sich mit einem „Danke“ von Emrys Seite und tritt noch einen Schritt näher. Freundlich nickt sie auch in die ungefähre Richtung der Frau, bevor sie sich mit einer Hand das Haar, das ihr an Hals und im Nacken klebt aus dem Gesicht streicht und entschuldigend zu Cináed  hinauf grinst: „Es tut mir leid, dass ich so spät bin.“ Zufriedenes Mampfen und Schmatzen verrät, dass die Schafe die Äpfel gefunden haben, die Mair sorgfältig in ihrer Schürze gesammelt hatte und die jetzt weit verstreut um den Baum herum im Gras liegen. „Ich habe einen kleinen, unfreiwilligen Umweg über deine Felder eingeschlagen... und deine Schafe gefunden. Genauer gesagt haben deine Hunde meine Schafe kurzerhand eingesackt und wollten sich auf Dämon komm raus nicht dazu überreden lassen, sie wieder herauszurücken. Zum Glück kam Emrys vorbei.“ Bei diesen Worten dreht sie das Gesicht leicht in die Richtung des Knechts und nickt noch einmal zum Zeichen ihrer Dankbarkeit. Wer weiss, wie lange sie dort hätte ausharren müssen, wenn der Mann nicht sofort auf das Bellen der Hunde reagiert hätte. Dann hätten die Mücken einen Leichenschmaus gefeiert und mich hätte man morgen als Pockenleiche kurzerhand irgendwo verbuddelt. Sie macht sich nichts draus, dass ihr der Schweiss den Rücken hinab rinnt, Dreck und Gras an ihren Beinen und Knien kleben und ihr das Haar wirr über die Schultern hängt – aber gegen etwas frisches Wasser hätte sie trotzdem nichts einzuwenden.
„Gibt es vielleicht irgendwo eine Quelle, einen Bach oder einen mit Wasser gefüllten Trog? Deine Felder sind bezaubernd, ehrlich, die Mücken... nicht so sehr. Ich könnte mir die Haut vom Gesicht kratzen, so sehr juckt es!“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 20. Jan. 2012, 16:00 Uhr
Als Emrys mit Calait und deren Schafen schließlich den Schauplatz des Apfelmassakers betritt, sind die meisten Spuren des Ereignisses bereits wieder verwischt. Ein Großteil der unbeschadet gebliebenen Apfel befinden sich wieder in Mairs Schürze und die meisten der beschädigten sind in einem Korb gelandet, über dessen Inhalt sich später die Pferde freuen werden.

»Es klingt, als hättest du Spaß«, wird der Gutsbesitzer von Calait begrüßt, die an Emrys Seite geht und von ihren Hunden flankiert wird. Dankend löst sie sich von Cináeds Knecht und triit noch ein paar Schritte näher heran. Ganz intuitiv nickt die junge Frau Mair grüßend zu, bevor sie das Wort wieder an den Elben richtet. »Es tut mir leid, dass ich so spät bin«, entschuldigt sie sich, auf die langsam aber stetig nahenden Abendstunden anspielend, »aber ich habe einen kleinen, unfreiwilligen Umweg über deine Felder eingeschlagen... und deine Schafe gefunden. Genauer gesagt haben deine Hunde meine Schafe kurzerhand eingesackt und wollten sich auf Dämon komm raus nicht dazu überreden lassen, sie wieder herauszurücken. Zum Glück kam Emrys vorbei.« Bei diesen Worten wendet sie sich kurz dem Knecht zu, der ihre Geste des Dankes mit knappen Handbewegung abtut, zu spät daran denkend, dass Calait diese einfache Reaktion gar nicht sehen kann. „Ich gehe dann mal wieder“, brummt er, verabschiedet sich und tritt dann rasch den Rückzug an.

Derweil haben Calaits Schafe längst die letzten Äpfel gefunden, die noch unter dem Apfelbaum neben der Leiter im Gras liegen. Zufriedenes Schmatzen verrät, dass die Tiere mit ihrem Fund mehr als zufrieden sind. Scheinbar betrachten sie die Fruchte als angemessene Entschädigung für die durchgestandenen Strapazen und so lässt Cináed sie gewähren. Während den Schafen der kleine Umweg nicht weiter anzusehen ist, ist Calait die unfreiwillige Wanderung querfeldein deutlich anzusehen.
Die Bitte der jungen Frau (»Gibt es vielleicht irgendwo eine Quelle, einen Bach oder einen mit Wasser gefüllten Trog? Deine Felder sind bezaubernd, ehrlich, die Mücken... nicht so sehr. Ich könnte mir die Haut vom Gesicht kratzen, so sehr juckt es!«) überrascht daher wenig und es ist Mair, die höflich antwortet. „Es gibt einen Ziehbrunnen. Oder ihr könnt euch im Badehaus frisch machen, wenn Euch das lieber ist“, erklärt sie. „Ich führe Euch hin, wenn Ihr wollt.“

„Gut“, schaltet sich nun auch Cináed in die Unterhaltung ein. „Tut das. Während ihr fort seid, werde ich mich um Calaits Schafe kümmern. Und die Hunde, sofern Ihr sie nicht lieber mitnehmen wollt. Gegen frisches Wasser hätten sie sicherlich ebenfalls nichts einzuwenden.“ Der Elb mustert die Hunde, die keinen Milimeter von der Seite ihrer Herrin weichen, eingehend. „Anschließend treffen wir uns im Färbergarten wieder. Ich lasse eine Kleinigkeit zu essen richten und etwas zu trinken bereitstellen. Dann könnt Ihr mir in aller Ruhe berichten, was Euch nach Glyn-y-Defaid führt, Calait.“
Lächelnd sieht der Elb Mair und Calait nach, als die beiden sich schließlich entfernen, dann wendet er selbst seine Schritte dem Haus zu, um Rhona in der Küche aufzusuchen und sie über den unerwarteten Besuch zu informieren. Nachdem dies geschehen ist,  macht er sich selbst daran, ein kleines Gartentischlein zu organisieren und in den Färbergarten zu bringen, wo er es neben der Bank im schützenden Schatten zweier Bäume aufstellt.

Gerade als Rhona, die einen Krug mit kalter Milch und eine Platte mit frischem Brot, Butter und etwas Käse herausgebracht hat, wieder in Richtung des Herrenhauses verschwindet, hört man auch Mair und Calait zurückkehren. Die Schafe hat Cináed derweil sicher in der Nähe untergebracht, wo sie es sich an einem angenehm schattigen Plätzchen bequem machen können ohne eine gefräßige Gefahr für seine sorgsam angelegten Beete und Rabatten darzustellen.  

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 01. März 2012, 17:34 Uhr
~ Rückblick  ~
Etwa einen Viertelzwölfmond nach Nathanaels Verhaftung (Silberweiß 511)

Das, was man in Talyra über die Ereignisse am Strand, die zu Nathanales Verhaftung, Uios Verschwinden und Lyalls Verwundung geführt haben, weiß, hat selbstverständlich auch Glyn-y-Defaid irgendwann erreicht. Klatsch und Tratsch verbreitet sich schnell und weit, besonders wenn es um die Verhaftung eines Hexers geht. Auch hat die talyrische Bevölkerung die verheerende Heimsuchung ihrer geliebten Stadt durch einen Dämon sowie die Umtriebe eines wahnsinnigen Nekromanten nicht vergessen. Die Gerüchte fallen daher auf sehr nahrhaften Boden und treiben immer mehr Blüten.
Vieles davon ist selbstverständlich blanker Unsinn, doch die Sorge der Bevölkerung ist echt und das Klima in der Stadt angespannt. Cináed zieht es unter diesen umständen vor seinen Hof nur zu verlassen, wenn es wirklich notwendig ist. Abgesehen von Aurian und Nathanael kennt in Talyra niemand sein Geheimnis, dennoch hält sich der Elb lieber von der Stadt fern.  Alles, was er wissen muss, erfährt er vom Anwesen de Winter. Emrys bringt gelegentlich ein Schreiben von Aurian mit zurück zum Hof, wenn er bei Avila war oder aus anderen Gründen nach Talyra geschickt wurde. Und auch vorüberkommende Reisende oder Händler überbringen ab und an Nachrichten aus der Stadt, wenn ihr Weg sie an dem weitläufigen Gehöft vorüberführt.

Seid den Geschehnissen im Herbst des Jahres 510 wird Cináed von schweren Selbstvorwürfen und Zweifeln geplagt. Nathanael ist ein erwachsener Mann und seines eigenes Schicksals Herr, was ihn anbelangt, hat Cináed ein reines Gewissen. Und er kennt den Codex Magica. Hexerei an sich ist kein Vergehen. Solange ein Hexer sich nicht eines im Codex Magica verzeichneten Verbrechens schuldig macht, kann er nicht belangt werden. Ob Nathanael den Codex kennt, ist Cináed nicht bekannt. Es wäre jedenfalls besser für ihn, wenn dem so wäre, denn wissentlich gegen den Codex Magica zu verstoßen, macht die Dinge auf jedem Fall schlimmer. Und Cináed kann wirklich nur hoffen, dass sein  Freund nichts von dem Codex weiß. Der Gutsbesitzer hat ihm darüber zumindest nichts erzählt. Aber auf diesen Gedanken haben Cináeds Gewissensbisse nur gewartet – und sie schlagen gnadenlos zu. Hat er sich Nathanael gegenüber vielleicht auch nicht ganz richtig verhalten? Ständen die Dinge jetzt anders, wenn er mit dem dunkelhaarigen Hexer über den Codex Magica gesprochen hätte?
Nach allem was Cináed gehört hat, hat Nathanael Uio unter seine Fittiche genommen. Und, so befürchtet der Gutsbesitzer, ihn zu seinem Schüler gemacht – was einem Hexer per Magiergesetz verboten ist. Genau aus diesem Grund hat Cináed Uio damals, als er ihn zum ersten Mal getroffen hat, ins Aurians Obhut gegeben, anstatt sich selbst um ihn zu kümmern. Und wohin hat das geführt? Aufgrund ihrer eigenen Lebensgeschichte hat die Magierin den Jungen mit der Begabung für Feuermagie zu nachsichtig und rücksichtsvoll und zu wenig konsequent behandelt. Wir haben alle Fehler gemacht, stellt der Elb seufzend fest und blickt vom Fenster seiner Kammer in die sternklare Nacht hinaus.

Am Abend hat Emrys Neuigkeiten aus der Stadt mit zurück gebracht. Angeblick ist in der Steinfaust vor ein oder zwei Tagen ein Vertreter des magischen Rates eingetroffen. Was das bedeutet, ist klar: Nathanaels Prozess wird vermutlich in Kürze beginnen.
Der Gedanke daran erfüllt Cináed mit Unbehagen. Nachdem er sich, alleingelassen mit seiner Begabung, durchs Leben schlagen musste, hatte er sich nicht gescheut, seine Gabe auch einzusetzen. Er hatte sie regelmäßig verwendet, wann immer sie ihm von Nutzen sein konnte, nachdem er erst einmal seine Furcht vor ihr überwunden und ihren Nutzen erkannt hatte. Nie musste er ohne ein wärmendes Lagerfeuer oder ein Licht im Dunkel auskommen, selbst an den ungemütlichsten Orten. Aber einem Hexer, vor allem einem blutjungen, ungeschulten Burschen, gehorcht die Magie nicht immer. Cináed hat bisher Glück gehabt, stets ist er der einzig Leidtragende seiner fehlgeschlagenen Zauberversuche gewesen.
Aber man wurde auf ihn aufmerksam und daran denkt der Elb nicht gerne zurück, obschon er noch einmal ungeschorren davon gekommen ist. Man bläute ihm den Codex Magica bis zum Erbrechen ein, ließ ihn dann aber auf seinen eigenen Wunsch hin wieder laufen, da er sich keines Verbrechens schuldig gemacht hatte. Deshalb ist der Gutsbesitzer auch nicht gezeichnet. Dennoch ist er sich sicher, dass in irgendeinem staubigen Wälzer der Magier sein Name steht... und dahinter das Wort Hexer. Damit kann Cináed leben, aber aufgrund persönlicher Erfahrungen bevorzugt er es, einen möglichst großen Abstand zwischen sich und dem nächsten Vertreter des magischen Rates zu wahren. Er hat einen Hof um den er sich kümmern muss, Menschen für die er Verantwortung trägt.

Der Gutsbesitzer wendet sich vom Fenster ab. Er wird den Prozess nur aus der Ferne verfolgen, die Stadt weiterhin meiden. Ein kalter Schauder läuft ihm den Rücken hinab. Ich habe nichts zu befürchten. Ich habe nichts getan. Das Mana in ihm ist nicht sehr stark. Er kann es kontrollieren – meistens. Sein ruhiges, ausgeglichenes Temperament, seine Selbstdiziplin und Willensstärke kommen ihm dabei sehr zugute.
Völlig aufgeben kann er seine Begabung aber auch nicht. Keine Magie mehr anwenden, dass wäre für ihn ein ebenso schlimmer Zustand, wie er es für einen Jongleur wäre, dem man beide Arme abgehackt hat. Also nutzt er seine Kraft: Die Kerzen, die seine Kammer erhellen, entzündet mit Magie. Feuer in einem Kamin, entzündet mit Magie. Die Hitze, die er beim Filzen benötigt, erzeugt durch Magie. Feuer, in einer Brandgrube entfacht, um Unrat oder Herbstlaub zu verbrennen, entzündet mit Magie.
Das Feuer ist ein Teil seines Lebens, den Cináed nicht aufgeben kann und will. Aber auch sein Dasein als Gutsbesitzer und Schafzüchter will er nicht zugunsten einer Ausbildung zum einfachen Zauberer vernachlässigen oder für den Weg zum vollwertigen Magier vollständig aufgeben. Er hat sich dieses normale Leben zu hart erkämpft, um letztlich doch darauf zu verzichten. Also hofft er, dass sein Name im Zusammenhang mit Nathanaels Verhandlung ungenannt bleibt. Und solange der Abgesandte des Hohen Rates nicht zu tief in der Vergangenheit gräbt, sollte es auch dabei bleiben. Sollte jedoch jemand darauf zu sprechen kommen, wie Uio und Nathanael sich kennen gelernt haben und wie Uio in Aurians Obhut gelangt ist... Cináed ignoriert den Gedanken. Das ist nicht von Bedeutung. Sie brauchen meine Aussage nicht für die Bestättigung dieser Hergänge. Das ist nebensächlich. Völlig unerheblich, versucht er sich beruhigend einzureden.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Calait am 04. März 2012, 02:33 Uhr
Erntemond 511



Calait zieht einen Abstecher ins Badehaus immerhin für geschlagene drei Sekunden in Erwägung, entscheidet sich dann aber zu Cineads Gunsten für den Ziehbrunnen, denn einmal im Genuss einer Wanne mit Wasser würde er bis in die Nacht hinein in seinem Färbergarten auf sie warten können – und wahrscheinlich noch länger, weil sie sich danach so entspannt und knochenlos fühlen würde, dass sie das Laufen erst wieder lernen müsste. Mair zuckt kurz überrascht zusammen, als Calait ganz selbstverständlich nach ihrem Arm tastet, nur um sich gleich darauf ganz bedröppelt für ihre instinktive Reaktion zu entschuldigen. „Nicht doch“, protestiert Calait und wedelt mit ihren Fingern abwehrend vor Mairs Nase herum – oder zumindest dort, wo sie Mairs Nase in ungefähr vermutet: „Ich bin diejenige die sich entschuldigen muss. Ich sollte fragen, bevor ich mich einfach an jemanden klette. Oh, ich bin übrigens Calait, freut mich dich kennen du lernen.“ Mair, etwas überrumpelt durch soviel geballte Extrovertiertheit auf gerade mal fünfeinhalb Fuss, braucht einen Moment um sich zu fangen, dann kriecht ihr die Röte in die Wangen und mit einem Lächeln, so unschuldig wie ein frisch geschlüpftes Täubchen, erwidert sie ganz zaghaft: “Mair. Mein Name ist Mair. Freut mich auch Euch... dich kennen zu lernen.“ Viel mehr weiss Calait ihr nicht zu entlocken, aber das macht auch nichts, denn sie hat genug zu erzählen und als sie bei ihren zwar unglaublich überzeugenden, leider nur bedingt erfolgreichen Verhandlung mit einem der Weidehunde angekommen ist kann sie das junge Mädchen leise im Hintergrund kichern hören. Derweil hat sie ihre Röcke gehoben und an den Zipfeln unter ihrem Gürtel festgesteckt und ist aus Stiefeln, Weste und Hemd geschlüpft – was Mair vernehmlich nach Luft schnappen lässt, bevor sie hastig den Mund zumacht und ganz verlegen zu Boden blinzelt. „Du warnst mich, wenn einer der Männer sich nähert, aye?“, hakt Calait mit verschwörerischer Stimme nach und muss lachen, als Mair fast schon panisch in alle Richtungen schielt und ihr dann atemlos und ziemlich verschüchtert versichert, es wäre gerade niemand zugegen. Aye, ich sollte aufhören, sonst darf Cinead das arme Ding nachher vom Heuboden holen... Sie ist nicht völlig frei von Schamgefühl – nur fast. Und peinlich ist ihr im Grunde genommen überhaupt nichts. Na gut. Als Borgil mit aus dem Pferdetrog fischen musste war mir das schon ein klitzekleinesbisschen peinlich.
Das kalte Wasser ist eine wahre Wohltat und lindert das fürchterliche Jucken an ihren Beinen und Armen, bis sie nicht länger das Gefühl hat ein Wespennest unter ihrer Haut zu tragen. Schweiss und Mückenleichen und kleine Blutflecken dort, wo die blutsaugenden Monster sie gestochen haben, werden gleichermassen abgewaschen und der Zopf wird erst von Blättern, Gras und Moos befreit, danach ausgiebig in den Eimer getaucht, bis er sich mit Wasser vollgesogen hat, und schliesslich entflochten, damit ihr das Haar wie ein kühlender Schleier schwer und glänzend um den Oberkörper und die Hüfte fällt. Auch die Hunde freuen sich über die kleine Erfrischung,  drängeln sich jappsend und hechelnd um ihre Beine und schnappen nach jedem Tropfen, als sie den Rest des Wassers einfach über ihren Schnauzen ausleert.

Als sie schliesslich, von Mair geführt, das kleine, verträumte Plätzchen im Schatten zweier ehrwürdiger Baumgreise erreicht, ist ihr von der anstrengenden Reise quer durch Talyras Hinterland nicht mehr viel anzumerken. Mit klimpernden Armreifen und leichtfüssig wie ein Rehkitz läuft sie an Mairs Seite und der sonnenhelle Kies begleitet jeden ihrer Schritte mit einem leisen Knirschen, bis sie die gemütliche Bank unter den mächtigen, altersschweren Kronen erreicht und sich von Mair widerstandslos neben Cinaed platzieren lässt. Ihre Röcke sind noch immer hochgesteckt und sie trägt nur noch das dünne, weisse Leinenhemd -  das aufgrund ihres  tropfendnassen Haares inzwischen feucht an ihrer Haut klebt, aber sie hat es wieder angezogen. Die Hunde zotteln ihr brav hinterher und lassen sich, als es nicht weitergeht, zwischen den mächtigen Wurzeln der Kastanie ins knöchelhöhe Gras sinken und rollen zufrieden ihre langen, rosa Zungen raus. „Danke dir, Mair.“ Sie kann sehen, wie das Mädchen ganz kurz lächelt und sich dann, nachdem sie sich mit einem letzten Blick bei ihrem Gutsherren versichert hat, dass im Moment alles zu seiner Zufriedenheit ist, zurückzieht. Calait lauscht den davoneilenden Schritten, bis das kleine Gartentörchen ins Schloss fällt, dann nistet sich ein sehr sanftes und sehr warmes Lächeln in ihren Mundwinkeln ein: „Sie erinnert mich an meine Schwester. Genauso... lieb. Nur noch etwas ängstlicher. Sofern das überhaupt möglich ist.“ An Lía zu denken versetzt ihr einen ganz feinen Stich, dort, wo ein Teil von ihr die Schwester noch immer genauso sehr vermisst, wie in der ersten Stunde nach ihrem Abschied, aber mit jedem Tag der vergeht wird der Schmerz weniger – und nimmt die Sehnsucht zu. Fasziniert von all den herrlichen Düften, welche die feine Spätsommerbriese mit sich trägt, reckt sie die Nase etwas höher und atmet tief ein. „Mhhh... Feenhütchen. Ihr habt sie noch nicht geschnitten. Kannst du mir sagen, welche Farbe sie haben? Sind sie noch immer ganz leicht rosa, wie ein nachglühender Frühlingsabendhimmel, oder schon dunkelviolett?“ Aye, Blümchen und Bienchen nur ohne die Bienchen, hm? Schafe. Es ging um Schafe! Da war was. „Ach verflixt, ich rede und rede und eigentlich möchtest du bestimmt erfahren, warum ich hier bin.“ Wie selbstverständlich dreht sie sich zur Seite, ohne auch nur im Geringsten so auszusehen, als täten ihr die blumigen Ausschweifungen leid, und winkelt ein Bein an, um sich einfacher mit dem Herren über Glyn-y-Defaid unterhalten zu können. „Es geht um meine Schafe“, beginnt sie, ringt einen Moment mit Worten und Gesten und erinnert sich an Lías Ausbruch in den wilden Wäldern Savos, als Colevar die Schafe auf sich allein gestellt in der Wildnis zurücklassen wollte. ‘Sie gehören zur Familie!‘... Aye, das tun sie auch, aber sie verdienen besseres, als eine blinde Schäferin, die kaum auf ihren eigenen Beinen stehen kann. Verzeih mir, ma kalon.
„Ich möchte sie nicht verkaufen. Nicht wirklich. Aber ich kann auch nicht für sie sorgen. Vor allem nicht, wenn sie sich weiterhin als so _fürchterlich_ fruchtbar erweisen.“ Mit einem dramatischen Seufzen schüttelt sie den Kopf, als ob die zwei Lämmchen Schwerstarbeit wären, und wäre sie nicht blind gewesen, hätte sie dazu ganz damenhaft die Augen verdreht. „Daher bin ich auf der Suche nach jemandem, der sich ihrer annehmen würde, bis meine Schwester zurückkommt. Ich weiss nicht, wie lange es dauern wird...“ Oder ob sie überhaupt jemals wieder zurückkehrt. Aber diesen Gedanken verdrängt sie erfolgreich, noch bevor er sich wirklich in ihrem Kopf festsetzen kann. „Borgil hat vorgeschlagen, dass ich mit dir rede. Er meinte, du wüsstest vielleicht eine Lösung. “  

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 07. März 2012, 19:02 Uhr
~ Auf dem Hof ~
Irgendwann im Erntemond (511 d5Z)

Cináed sieht Mair nach, während sie den Färbergarten verlässt und ihn mit Calait allein lässt. Die Stimme der Resande holt ihn aus deinen Gedanken in die gegenwart zurück. »Sie erinnert mich an meine Schwester. Genauso... lieb. Nur noch etwas ängstlicher. Sofern das überhaupt möglich ist.« Ein warmes Lächeln umspielt Calaits Lippen, dennoch hält irgendetwas Cináed davon ab zu fragen: 'Ihr habt eine Schwester?' Stattdessen betrachtet er die junge Frau stumm, während sie den Kopf leicht anhebt, um den süß-herben Duft der umgebenden Blumen und Kräuter einzuatmen, den eine laue Herbstbrise ihnen entgegen trägt. »Mhhh... Feenhütchen. Ihr habt sie noch nicht geschnitten. Kannst du mir sagen, welche Farbe sie haben? Sind sie noch immer ganz leicht rosa, wie ein nachglühender Frühlingsabendhimmel, oder schon dunkelviolett?« Verwunderung schleicht sich in Cináeds Blick. Calait ist blind, was versteht sie von den Farben eines Abendhimmels? Vielleicht war sie nicht immer blind...? „Die Blüten sind noch nicht dunkelviolett“, antwortet der Elb schlicht. „aber sie verfärben sich bereits, schon bald werden sie so dunkelviolett sein... wie Ihr sagt.“ Die junge Frau nickt, bevor sie lachend verkündet: »Ach verflixt, ich rede und rede und eigentlich möchtest du bestimmt erfahren, warum ich hier bin.« Unweigerlich entlockt sie dem Gutsbesitzer damit ein amüsiertes Schmunzeln.

»Es geht um meine Schafe«, leitet sie ohne Umschweife zum Naheliegenden über. »Ich möchte sie nicht verkaufen. Nicht wirklich. Aber ich kann auch nicht für sie sorgen. Vor allem nicht, wenn sie sich weiterhin als so _fürchterlich_ fruchtbar erweisen.« Calait seufzt theatralisch und Cináed ahnt bereits, was folgen wird. »Daher bin ich auf der Suche nach jemandem, der sich ihrer annehmen würde, bis meine Schwester zurückkommt. Ich weiss nicht, wie lange es dauern wird... Borgil hat vorgeschlagen, dass ich mit dir rede. Er meinte, du wüsstest vielleicht eine Lösung.« Der Gutsbesitzer lacht erheitert. „Sehr diplomatisch fomuliert“, erklärt er grinsend. „Borgil ist wirklich ein ausgekochtes Schlitzohr, was ich dir vorschlagen kann, hätte er dir auch selbst sagen können“ Der Elb lacht erneut. „Ich bin Schafzüchter. Sicher weiß ich eine Lösung. Überlasst mir die Schafe.“ Er greift nach der Platte mit frischem Brot, Butter und Käse, die auf dem nahen Gartentisch steht, bietet Clatait davon an und nimmt sich anschließend selbst etwas von dem duftenden, noch warmen Brot.
„Ihr sagt, Ihr wollt sie nicht verkaufen, Calait?“ Eine rhetotische Frage. „Schneeschafwolle gibt robuste, warme Kleidung. Nicht das sich mit der Wolle von zwei Mutterschafen und zwei Lämmern irgendein Gewinn machen ließe... aber es wäre interessant damit zu arbeiten...“, überlegt Cináed laut. „Hm, ja, wie wäre es damit: Überlasst mir die Wolle der Tiere, gestattet mir mit ihnen zu arbeiten und im Gegenzug kümmere ich mich um Eure Schafe, solange wie es Euch nötig erscheint.“ Er zuckt mit den Schultern. „Einen besseren Vorschlag kann ich Euch nicht machen.“

Cináed nimmt sich noch etwas von dem Brot, bestreicht es bedächtig mit etwas Butter und wartet währenddessen Calaits Antwort ab. Die junge Frau ist ein Rätsel mit sieben Siegeln. Die unumstößliche Tatsache das sie nicht sehen kann, meistert sie mit einer Selbstverständlichkeit, die bewundernswert ist. Allein, nur von ihren Tieren begeleitet, ist sie von Talyra bis nach Glyn-y-Defaid gewandert. Die Große Südstraße ist sicher nicht sonderlich gefährlich, nicht wo Talyra so nahe ist. Aber das junge Frauen allein, ohne Begleitung oder Schutz durch die Weltgeschichte spazieren, ist auch nicht unbedingt alltäglich, ganz besonders wenn sie blind sind. Und das alles nur wegen einiger Schafe. Was genau er davon hält, hat Cináed bisher noch nicht entgültig entschieden. Vermutlich bin ich einfach viel zu altmodisch, sagt er sich und runzelt leicht die Stirn. Plötzlich erscheinen ihm Naras empörte Beschwerden („Ich bin alt genug um selbst auf mich aufpassen zu können!“), wenn er wieder einmal darauf bestanden hat, dass jemand sie auf dem Weg in die Stadt begleitet, in einem völlig anderen Licht. Verlegen streicht er sich eine vorwitzige Haarsträhne aus dem Gesicht und ist froh, dass Calait den leicht bedripsten Ausdruck auf seinem Gesicht in diesem Augenblick nicht sehen kann.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Calait am 11. März 2012, 21:13 Uhr
Erntemond 510


Sie geniesst den Klang seines Lachens, das dunkel und voll ist und rein gar nichts Affektiertes an sich hat und in welchem ein besonderes Timbre mitschwingt, wie der leise Nachhall einer alten, schweren Bronzeglocke. Inzwischen hat sie ihn mehr als einmal genötigt die Harfe mit einer Geschichte zu erheitern und sie weiss, dass er seiner Stimme genausoviele Töne und Emotionenen entlocken kann, wie ein Lyraspieler seinen Saiten, wenn nicht sogar mehr, allerdings tut er es nur dann, wenn man darum bittet. Viel lieber sitzt er lauschend in geselliger Runde und lässt sich von den Alltagsberichten anderer treiben. Manch einer beschreibt ihn als einfachen, hart arbeitenden Mann mit einem stillen Gemüt und einer regen Fantasie. Frauen, sowohl ältere, aber vor allem jüngere und sehr viele heiratsfähige, fügen für gewöhnlich ‚attraktiv‘, ‚tragisch‘ und ‚zuvorkommend‘ hinzu. Über den ‚attraktiven‘ Teil kann Calait keine Aussage machen, immerhin hat sie ihm noch nicht – wie Varin so schmeichelhaft umschreibt – ‚im Gesicht herumgepatscht‘ und über das ‚zuvorkommend‘ und das ‚hart arbeitend‘ fällt nichts zu diskutieren, aber sie verbindet mit ihm weder ‚tragisch‘, noch ‚einfach‘ und erst recht kein ‚stilles Gemüt‘. Irgendwo unter dieser Schale aus höflicher Zurückhaltung, weltgewandten Manieren und unverfälschter und gerade dadurch begehrenswerter Galanterie schlägt sein Herz in einem Takt, den sie nicht versteht – der aber weit entfernt von bedacht und gleichmässig ist. Und der Teil ist es, der an die Oberfläche driftet, wenn er in seinen fabelhaften Geschichten aufgeht. Im Augenblick hält er seine Worte allerdings ziemlich schlicht und als sie nach den Blüten fragt antwortet er: „Die Blüten sind noch nicht dunkelviolett, aber sie verfärben sich bereits, schon bald werden sie so dunkelviolett sein... wie Ihr sagt.“
Als sie ihr Problem und Borgils Rat vorträgt, lacht Cinaed amüsiert auf:  „Sehr diplomatisch fomuliert.“ „Wie immer“, bestätigt Calait breit grinsend und wackelt mit den Augenbrauen, die über dem roten, mit kleinen Flusssteinchen bestickten Band gerade noch sichtbar sind. „Borgil ist wirklich ein ausgekochtes Schlitzohr, was ich dir vorschlagen kann, hätte er dir auch selbst sagen können. Ich bin Schafzüchter. Sicher weiß ich eine Lösung. Überlasst mir die Schafe.“ Ehrlich wie sie ist, gesteht sie unverblümt: „Oh, er hat es mir auch selber gesagt, aber ich wollte hören, ob dir die gleiche Lösung vorschwebt und wie du über die Tiere sprichst.“ Borgil hatte ihn mehrfach versichert, dass Cinaed sich gut um seine Schafe kümmere, und wenn sie den Hochelben über seine Farm ausgefragt hatte, war er ihr immer gewissenhaft erschienen – und glücklich -, aber sie hatte sich vergewissern wollen, dass sie sich nicht durch die in der Harfe allgegenwärtige freudige Atmosphäre hatte täuschen lassen.

Bevor er fortfährt, bietet er ihr eine kleine Verköstigung und etwas Wein an und dankend tastet sie nach Käse, Brot und Becher. Sittliche Zurückhaltung hat sie noch nie geübt und es kommt ihr auch nicht in den Sinn jetzt damit anzufangen, weswegen sie sich, nachdem Cinaed ihr die ersten Stücke reicht, einfach selbstständig zugreift und ganz ungeniert reichlich Butter und auf ihren süss duftenden Brotkanten schmiert. Um genau zu sein hat sie seit dem frühen Morgengrauen nichts mehr gegessen – ausser ein paar Sauerampfen, die sie am Wegesrand gefunden hat – und da, wo ihr Magen sein sollte, ist ein riesiges, schwarzes Loch. „Köstlich“, schwärmt sie zwischen zwei Bissen und schiebt noch etwas weichen, salzigen Käse in den Mund: „Himmel... so gut. Pass bloss auf deine Bäckerin auf, sonst heuert Borgil sie an.“ Cinaed, der weiss was Manieren sind und wie man sie benutzt, nimmt sich die Zeit erst zu schlucken, bevor er zum eigentlichen Thema zurückkehrt. „Ihr sagt, Ihr wollt sie nicht verkaufen, Calait? Schneeschafwolle gibt robuste, warme Kleidung. Nicht das sich mit der Wolle von zwei Mutterschafen und zwei Lämmern irgendein Gewinn machen ließe... aber es wäre interessant damit zu arbeiten... Hm, ja, wie wäre es damit: Überlasst mir die Wolle der Tiere, gestattet mir mit ihnen zu arbeiten und im Gegenzug kümmere ich mich um Eure Schafe, solange wie es Euch nötig erscheint. Einen besseren Vorschlag kann ich Euch nicht machen.“
„Wenn du auch die zwei bockigen Widder nimmst, die ich nicht mitgenommen habe, weil sie mir noch weniger gehorchen, als die zickigen Weiber, dann bin ich einverstanden. Ich kann dir auch gerne zeigen, wie sich die Wolle am einfachsten verarbeiten lässt.“ Wie es sich bei einem anständigen Geschäft gehört – das hat sie von Borgil gelernt – hebt sie den Becher, um auf die gegenseitige Zufriedenheit anzustossen, lässt ihn aber gleich darauf wieder sinken und fordert: „Aye, noch was: Hör auf mich zu ihrzen.“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 16. März 2012, 20:32 Uhr
~ Auf dem Hof ~
Irgendwann im Erntemond (511 d5Z)

Das Wohlergehen ihrer Tiere liegt Calait offensichtlich am Herzen, ein Anliegen, das Cináed nur zu gut verstehen kann. Es ist selbstverständlich das auf Glyn-y-Defaid in regelmäßigen Abständen auch Tiere des Fleisches wegen für den Eigenbedarf geschlachtet werden, doch in erster Linie ist man an der Schafwolle interessiert und die Zucht Und Veredelung guter Wollschafe ist Cináed äußerst wichtig. Das Calaits Schafe die Schlachtbank nicht im mindesten zu fürchten brauchen, betont der Gutsbesitzer daher mit Nachdruck, während er amüsiert den gesunden Appetit seines Gates bewundert, der ohne Zögern zugreift und die schlichten, aber einfachen Speisen hungrig vertilgt. »Himmel... so gut. Pass bloss auf deine Bäckerin auf, sonst heuert Borgil sie an.« Cináed lacht. „Danke für den Hinweis, ich werde mich in Acht nehmen“, verspricht er grinsend, bevor das Gespräch zum eigentlichen Thema zurückkehrt.

»Wenn du auch die zwei bockigen Widder nimmst, die ich nicht mitgenommen habe, weil sie mir noch weniger gehorchen, als die zickigen Weiber, dann bin ich einverstanden«, willigt Calait in den Vorschlag des Gutsbesitzers ein. »Ich kann dir auch gerne zeigen, wie sich die Wolle am einfachsten verarbeiten lässt.« Cináed nickt, um sein Einverständnis zu Ausdruck zu bringen, realisiert anschließend, dass sein gegenüber diese Bewegung ja gar nicht sehen kann und entgegent: „Abgemacht.“ Zufrieden hebt Calait ihren Becher, um mit ihm anzustoßen und den Handel zu besiegeln und Cinaéd tut es ihm gleich. Allerdings muss er irritiert feststellen, dass die junge Frau ihren Becher wieder sinken lässt. Mit einem leisen Klonk setzt sie das Gefäss auf dem Holztischchen ab, hält es aber weiterhin umschlossen. »Aye, noch was: Hör auf mich zu ihrzen.« „Oh“, entfährt es Cináed ganz perplex. „Einferstanden, wenn Ihr... du“, korrigiert er sich hastig. „meinst...“ Er bricht in herzhaftes Lachen aus. „Tut mir leid“, entgegnet er erheitert. „Alte Gewohnheiten wird man nur schwer los...“ Der Elb hebt hebt seinen eigenen Becher, den er ebenfalls wieder hat sinken lassen, erneut. „Also dann, stoßen wir an.“

Sein Blick wandert empor zum Himmel, der sich mittlerweile glutrot zu ververäben beginnt. „Es ist spät geworden“, stellt er fest. „Ich werde veranlassen, dass Emrys... dich... mit dem Wagen in die Stadt zurück bringt, wenn dir das Recht ist. Dann kann er... dir... auch gleich die beiden Widder abnehmen, wenn... du... magst“, schlägt er vor und streicht sich verlegen das Haar aus dem Gesicht, das Du, das Calait so selbstverständlich ausspricht, kommt ihm noch etwas ungewohnt und unbeholfen über die Lippen. Ein verschmitztes Lächeln huscht über sein Gesicht, als er eine kaum merkliche Bewegung am Rand des Gartens bemerkt. Obschon er kaum etwas gesehen hat, kann er sich denken, wer ihr heimlicher Beobachter gewesen ist. Úna. Der Gedanke an das Mädchen erinnert ihn an etwas. „Haben die Tiere eigentlich auch Namen?“, erkundigt er sich und schaut Calait fragend an, weil er sich sicher ist, dass Úna dies garantiert als erstes von ihm wissen will, wenn er und sie mit den Schneeschafen alleine sind.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 28. März 2012, 22:26 Uhr
~ Rückblick  ~
14. Silberweiß 511 d5Z

Eine dünne Eisschicht bedeckt die Oberfläche des Drych Cymylau und spiegelt die Sterne, die hoch oben am fernen Firmament funkeln, wieder. Cináed starrt regungslos auf die fragile Eisfläche und lässt den Tag noch einmal vor seinem inneren Auge Revue passieren.

Natürlich hatte er sich getäuscht. Der Gesandte des Hohen Rates nimmt seine Aufgabe in Hinblick auf den bevorstehenden Hexerprozess offenbar sehr ernst, denn er hat den Gutsbesitzer ohne Umschweife in die Steinfaust zitiert, um seine Aussage in Bezug auf Uio zu Protokoll nehmen zu lassen. Cináed geht davon aus, dass Meister Rayyan seinen Namen und die Umstände seiner Beteiligung in dieser traurigen Angelegenheit von Aurian erfahren hat. Aus diesem Grund war er der Aufforderung des Magiers unverzüglich in der Steinfaust zu erscheinen, auch ohne zu zögern gefolgt. Die Vorstellung mit einem Abgesandten des Hohen Rates sprechen zu müssen, hatte Cináed alles andere als behagt, aber er käme nie auf die Idee sich deshalb aus der Verantwortung zu stehlen – immerhin geht es nicht nur um ihn, er muss auch an die Menschen denken die ihm wichtig sind. Und die Menschen von Glyn-y-Defaid sind dem Elben sehr wichtig.

An diesem Nachmittag also war er daher in der Steinfaust erschienen, um sich bei Meister Rayyan zu melden. Der große Südländer mit dem markanten, kantigen Gesicht eines Habichts hat Cináed überrascht. Der Gutsbesitzer hatte einen alten Mann mit greisem Haupt erwartet. Jemanden der das Tageslicht scheut und sich vorzugsweise in düsteren Bibliotheken hinter Bergen aus Folianten und Dokumenten vergräbt, um seine magischen Studien zu betreiben. Vielleicht jemand vergleichbar mit dem Erzmagier der Stadt, Aberthol Silberbart.
Nun, er hatte sich getäuscht. Meister Rayyan hatte ihn gleichermaßen überrascht wie beeindruckt. Der Azurianer hatte sich als vor Kraft strotzender, sehniger Mann mittleren Alters herausgestellt – mit vom Wetter gegerbtem Gesicht und zahlreichen Narben am Körper. Ein Mann, der sich nicht hinter irgendwelchen Büchern versteckt, sondern einer, der in der Welt herumgekommen ist. Jemand, der schon so manches wirklich gesehen und nicht nur darüber gelesen hat.

Cináed reibt sich die Hände. Trotz der dicken Handschuhe und der schweren Winterkleidung, die er trägt, beginnt ihm nun doch allmählich kalt zu werden, während er so im Schnee am Ufer des Weihers steht.
Er hatte Meister Rayyans Fragen ehrlich und aufrichtig beantwortet. Hatte seine erste Begegnung mit Nathanael und Uio geschildert und seine Beweggründe Uio in Aurians Obhut zu geben ruhig und nüchtern dargelegt. Rayyan hatte sich dabei als ausgesprochen höflich, sachlich und überlegt herausgestellt und dem Gutsbesitzer die eigene Vergangenheit in keiner Weise zum Vorwurf gemacht. Was Cináed jetzt Sorgen bereitet, hat daher andere Gründe: Meister Rayyan hatte ihn gebeten, seine Aussage zu wiederholen – dieses Mal unter Eid und in Anwesenheit des Lord Commanders und des Erzmagiers. Warum hat er das von mir verlagt?, grübelt der Elb. Er kann sich einfach nicht vorstellen, dass seine Aussage in Hinblick auf das gesamte Ausmaß von Nathanaels Prozess von allzu großer Bedeutung ist. Cináed ist sich fast sicher, dass es Meister Rayyan um etwas anderes gegangen ist, etwas dem er selbst nicht genug Beachtung geschenkt hat. Aber was? Was ist mir entgangen? Der Gutsbesitzer runzelt die Stirn. Tief in Gedanken versunken stapft er langsam zum Haupthaus von Glyn-y-Defaid zurück. Die Zukunft allein würde zeigen, was er mit seiner Aussage möglicherweise ins Rollen gebracht hat... oder auch nicht.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Calait am 29. März 2012, 23:29 Uhr
Erntemond 511


Cináeds natürliche Höflichkeit ist erfrischend, aber auch arg anstrengend auf die Dauer, weswegen Calait glücklich nickt, als er sich mit dem weniger formellen ‚Du‘ einverstanden erklärt. Als die Becherränder klirrend gegeneinander stossen fühlt Calait einerseits ihr Gewissen an ihr nagen, andererseits eine ungeheure Erleichterung in sich aufsteigen, weil sie endlich einen Platz für die Wollknäuel auf vier Beinen gefunden hat. Lía hätte niemals zugelassen, dass sie in fremde Hände kommen. Aber Lía ist nicht hier und ich schaffe es einfach nicht. Tagelang hat sie hin und herüberlegt, Varin mit ihrem Zooproblem fast in den Wahnsinn getrieben und sich dabei grottenschlecht gefühlt. Hier wird es ihnen gut gehen. Cináed kümmert sich vorbildlich um seine Tiere – und ich kann immer vorbeikommen und mich versichern, dass er auf sie acht gibt und sie gut versorgt. Und sollte das nicht der Fall sein, dann gnade ihm der Geist meiner Tante! Der süsse Wein füllt ihren Mund mit Samt und Schwere und geniesserisch lässt sie ihn ihren Rachen hinab rinnen.  „Es ist spät geworden. Ich werde veranlassen, dass Emrys... dich... mit dem Wagen in die Stadt zurück bringt, wenn dir das Recht ist. Dann kann er... dir... auch gleich die beiden Widder abnehmen, wenn... du... magst.“ Nach dem dritten Mal, dass er sich fast an dem du verschluckt, kräuseln sich ihre Lippen zu einem verschmitzten Lächeln und sie muss sich zurückhalten nicht jedesmal helfend zu soufflieren. Aber da Cináed oft genug Mittelpunkt ihres neckenden Spottes ist, verhält sie sich in diesem einen Fall mustergütig und reitet nicht auch noch auf seinen vorbildlichen Manieren herum. „Aye, das wäre sehr nett. Danke dir.“
„Haben die Tiere eigentlich auch Namen?“
„Haben sie“, antwortet Calait, stellt den Becher ab und bricht sich noch einen dicken Kanten von dem köstlichen Brot ab: „Die etwas kleinere Zicke heisst passenderweise Eiskönigin, die andere mit dem halben Ohr Einhorn. Der Widder mit dem weissen Punkt auf der Nase lässt sich Weissnase rufen und sein Wollbruder Herzbube. Die Lämmer haben noch keine Namen, aber ich bin mir absolut sicher es gibt auf deinem Hof jemanden, der kreativ genug ist den armen Dingern zu helfen.“ Sie durfte zu ihrem grossen Vergnügen bereits Bekanntschaft machen und sogar Freundschaft schliessen mit der kleinen Gänsemagd von Glyn-y-Defaid, als Cináed Úna einmal auf den Marktplatz mitgenommen hat um Weidekörbe beim alten Schiefenkiefer zu bestellen. Kieselstein und Haselnuss, Únas ständige Begleiter und beste Freunde, haben sich eine Weile lang mit den drei Waldhörnchen, die Calait in die Stadt begleitet haben, ein spannendes Rennen um Schiefenkiefers Waren geliefert und im Versuch die fünf flinken Tierchen wieder einzufangen waren Calait und das Mädchen ins Gespräch geraten.
Einen Becher Wein und ein paar belanglose Floskeln über die Ernte, den Hof und den kommenden Winter später tut Cináed, was er versprochen hat, und lässt Emrys die beiden Kaltblütern Cymidei und Llasar einspannen. Calait nimmt stummt Abschied von den Schafen, die nicht wirklich verstehen, warum sie nicht mit dürfen und aufgebracht das Blöken anfangen, als ihre Herrin sie kurz an sich drückt und ihnen die langen, schlanken Schädel krault und sich danach abwendet, um fortzugehen. Auch die Hunde sind einigermassen verwirrt und blicken mehrmals zurück, nicht sicher, ob sie nicht vielleicht doch besser kehrtum machen und die verlorene Meute einfangen sollen. „Shirin, Traõn, Breur, troad!“ Dreh dich bloss nicht um, sonst kommst du noch auf den dummen Gedanken sie doch wieder mitzunehmen, mahnt Calait sich selbst und zwingt sich stur gerade aus zu laufen. Kurz bevor sie mithilfe von Emrys auf den Kutschbock klettert, dreht sie sich noch einmal zu Cináed um: „Die Widder bringe ich dir morgen. Ohne Umweg. Pass mir gut auf die Weiber auf. Und sag Úna, dass Mauersegler, Schlafmütze und Schnappsdrossel sich freuen würde Haselnuss und Kieselstein wieder zu sehen.“
Wenig später sitzt sie auf dem ruckelnden Karren, derweil die Hunde mit ausgerollten Zungen daneben her trotten, dreht den Kopf über die Schulter in Richtung des Hofes und wundert sich mit einem Anflug von Sehnsucht, wie Glyn-y-Defaid im warmen Abendgold wohl aussehen mag. Bestimmt wunderschön.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 03. Apr. 2012, 00:22 Uhr
~ Auf dem Hof ~
3. Voshor (Sturmwind) 512 d5Z

Dass das Frühjahr begonnen hat, merkt man auf Glyn-y-Defaid dieser Tage trotz des launischen Wetters, welches nur schwer Frühlingsstimmung aufkommen lässt. Cináed und sein Gesinde haben dieser Tage alle Hände voll zu tun, denn es ist die Zeit der Frühjahrslämmer. Daher gibt es auf dem Hof viel zu erledigen und es bleibt kaum Zeit abends mit dem Wagen nach Talyra zu fahren, um dort ein paar gemütliche Stunden in der Harfe zu zubringen. Vor allem für Emrys ist dies hart. Seine Beziehung zu Avila steht nicht zum Besten und der junge Mann würde es vorziehen die hübsche Magd vom Anwesen de Winter häufiger zu sehen, um ihre Bedenken in Bezug auf eine Heirat zu zerstreuen. Weshalb sich Avila so sehr sträubt, kann Emrys nur schwer nachvollziehen. Die meisten jungen Frauen in ihrem Alter sind längst seit Jahren verheiratet und haben Kinder. Er sieht nicht, was daran falsch sein soll. Und im Gegensatz zu Avila, durch deren Adern nicht nur das Blut der Menschen, sondern auch das der Elben fließt, läuft die Zeit für ihn schließlich nicht langsamer – wie es das Schicksal jedes gewöhnlichen Menschen ist. In diesem Jahr zählt er ganze 26 Zwölfmonde, dass er immer öfter darüber nachdenkt eine eigene Familie zu gründen, erscheint ihm daher nur natürlich.
Owyn und Rhona versuchen den jungen Mann so gut es geht bei seinem Werben um Avila zu unterstützen und auch Cináed bemüht sich redlich, bisher jedoch mit mäßigem Erfolg, denn zur Zeit hat man, wie bereist gesagt, auf Glyn-y-Defaid genug andere Dinge um die Ohren, die nuneinmal Vorrang haben.

Als Cináed an diesem Tag gegen Mittag von den Weiden zurückkehrt, liegen bereits ein paar sehr anstrengende Stunden hinter ihm. Er ist erschöpft, von Kopf bis Fuß schmutzig und ziemlich hungrig, weshalb ihn sein laut knurrender Magen ohne Umwege in die Küche führt, wo Rhona zu seiner großen Freude bereits einen deftigen Eintopf auf dem Feuer stehen hat, obwohl eigentlich noch nicht ganz Essenszeit ist. Catriona sitzt derweil wie immer in ihrem Sessel und das gleichmäßige Surren ihres Spinnrades erfüllt den Raum mit seinem allgegenwärtigen, vertrauten Klang.
Rhona zieht missbilligend eine Augenbraue in die Höhe, als Cináed sich, drecking wie er ist, einfach so auf einen Stuhl plumpsen lässt, sagt aber nichts. Stattdessen füllt sie ihm schweigend eine Schüssel und gleich darauf löffelt der Gutsbesitzer zufrieden den heißen Eintopf in sich hinein. „Ah, dass hat gut getan“, verkündet er schließlich, nachdem er noch eine zweite Schüssel gelehrt hat, und lehnt sich zufrieden zurück. Nachdem er so eine Weile mit geschlossenen Augen da gesessen hat, richtet er sich wieder auf. „Ich ziehe mich besser um“, erklärt er, was sowohl Rhona, als auch die Alte Cath sehr begrüßen. Also macht Cináed sich auf den Weg zum Badehaus, nachdem er zuvor ein paar saubere Kleider organisiert hat, die er später anzuziehen gedenkt. Als er das Haus verlässt, lässt ihn der Anblick der im Nordwesten am Horizont aufziehenden, pechschwarzen Regenwolken sein Vorhaben jedoch noch einmal überdenken. Er hat mit Calait vereinbart, dass sie an diesem Nachmittag nach Glyn-y-Defaid herauskommt, und wenn sie nicht gerade großartig aufgehalten würde, dann sollte sie mittlerweile unterwegs sein...

...Cináed runzelt die Stirn. Die Wolken sind noch weit entfernt, verheißen aber nichts Gutes. Außerdem frischt es auf und wenn der Wind weiterhin so stark blässt und nicht unerwartet die Richtung ändert, treibt er die Regenwolken rasch näher heran. Vielleicht hat jemand Calait auf das nahende Unweter aufmerksam gemacht und sie davon überzeugt in der Stadt zu bleiben, überlegt der Elb, schüttelt dann aber den Kopf. Und selbst wenn..., denkt er. So wie ich Calait kenne, tut sie die Angelegenheit mit einem Lächeln und einem Schulterzucken ab und macht sich trotzdem auf den Weg. Er seufzt. Das würde in der Tat gut zu der temperamentvollen Resande passen. Nur ein Zuckerpüppchen würde sich wegen ein paar Regentropfen im Haus verstecken, bis die Sonne wieder herauskommt. Calait würde für solch ein Verhalten gewiss nur ein spöttisches Lachen übrig haben, ihrem eigenen Volk, welches mit seinen bunten Wagen kreuz und quer durch die Weite der Ostlande zieht, ist eine derartige Scheu vor schlechtem Wetter vermutlich eher nicht zu eigen.
Also fällt Cináed eine Entscheidung und kehrt auf dem Absatz um, um seine Sachen zurück ins Haus zu bringen. Er legt seine Kleider nur schnell achtlos auf einem Küchenstuhl ab und verkundet, bereits wieder halb am Hinausgehen: „Ein Unwetter zieht auf. Calait wollte herkommen. Ich spanne den Wagen an und fahre ihr bis zur Abzweigung nach Nachtschatten entgegen, für den Fall dass sie nicht in Talyra geblieben oder nicht rechtzeitig dorthin umgekehrt ist.“ Mit diesen Worte ist er auch schon zur Tür hinaus, bevor Rhona und Catriona in aufhalten können. Kopfschüttelnd und leicht besorgt sehen die beiden Frauen ihrem Herrn nach.

Cymidei und Llasar, die beiden Verder Kaltblüter des Hofes, sind nicht in ihren Boxen, da Owyn und Emrys die Kraft der beiden Tiere anderweitig benötigen, deshalb spannt Cináed kurzerhand Áed, die Arloner Bernsteinfuchsstute seiner verstorbenen Frau vor den Wagen. Da es nicht gilt, schwere Lasten zu transportieren, sieht der Gutsbesitzer darin auch kein Problem. In der Vergangenheit hat Áed schon häufiger als elegantes Wagenpferd gute Dienste geleistet. An ein paar Hacken an der Scheunenwand hängen ein paar gewöhnliche Mäntel aus grobem, wasserabweisendem Filz, die die Bewohner von Glyn-y-Defaid dort Schlecht-Wetter-Tage aufbewaren und Cináed greift danach. Einen Mantel streift er sich über, einen zweiten wirft er hastig auf die Ladefläche des Wagens, bevor er sich schließlich auf den Weg macht.
Als das Gespann rumpelnd durch die Toreinfahrt fährt, wirft er noch einmal einen Blick zum Himmel empor. Die Regenwolken in der Ferne rücken beständig näher und scheinen von mal zu mal dichter und schwärzer zu werden. Es wird nicht mehr lange dauern, bis auch hier ein paar erste Regentropfen fallen werden. Cináed lässt Áed ein wenig schneller laufen. Bleibt nur zu hoffen, dass ich zurück bin, bevor die Wolken Glyn-y-Defaid erreicht haben und das Unwetter richtig über uns hereinbricht, denkt der Elb bei sich.

Die Große Südstraße »

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 03. Apr. 2012, 23:41 Uhr
« Die Große Südstraße
~ Auf dem Bauernpfad zum Hof ~
Irgendwo im Larisgrün
3. Voshor (Sturmwind) 512 d5Z

Auch ohne das Cináed etwas sagen muss, erkennt Calait rasch an der Art seiner Bewegungen, dass etwas mit seinem Bein, genauer gesagt mit dem Knöchel seines linken Fußes, nicht stimmt. Sagen oder tun kann sie in dieser Situation allerdings wenig. Sie müssen voran, raus aus dem Sturm, irgendwohin wo sie sich in relativer Sicherheit befinden. Dieses Ziel immer vor Augen, stellt Cináed sich, trotz seiner Schmerzen, entschlossen Vendis Gewalten entgegen. Das Calait ihn dabei stützt macht es ihm etwas leichter und erfüllt ihn mit Dankbarkeit. Er ist froh, dass sie einander in dieser Situation auf diese Weise gegenseitig helfen können. Der eine mit seinen Augen, die andere mit ihrem sicheren Schritt.
Irgendwie schaffen sie es so die Große Südstraße hinab bis zur Abzweigung zum alten Bauernpfad, der nach Gly-y-Defaid führt. Von besagtem Pfad ist, als sie endlich dort ankommen, jedoch kaum mehr als eine schlammige, matschige Spur übrig, die sich, einer braunen Wolfsnatter gleich, durchs Unterholz schlängelt. Die alten Eichen und Tannen am Wegesrand, die sonst willkommenen Schutz vor Sonne und Regen bieten, lassen Cináeds anfängliche Befürchtungen nun nur noch schlimmer werden. Wenn wir es durch den Wald sicher bis zum Hof schaffen, wäre das das größte Wunder, das wir uns erhoffen können, denkt er besorgt und ist froh, dass Calait den Anblick der mächtigen Bäume, die sich trotzig dem Sturm entgegen stellen anstatt sich ihm zu beugen, nicht sehen kann. Das Knacken der Äste und das Ächzen der Baumstämme wirkt auch so schon bedrohlich genug. Er weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Sturm die Bäume brechen und ihre Wurzeln aus dem Erdreich reißen wird. Der Shida'ya schluckt beklommen, als er den ersten Schritt auf den matschigen Bauernpfad wagt.

Als das Unglück schließlich ein weiteres Mal über Calait und Cináed hereinbricht, geschieht dies ohne die geringste Vorwarnung. Als der Shida'ya das Bersten der nahen Bäume vernimmt und ruckartig den Kopf hebt, um den bisher starr auf den matschigen Pfad vor sich geheften Blick in die Höhe zu richten, erfasst ihn die Kraft der heranstürmenden Windhose bereits und reißt ihn einmal mehr von den Füßen. Ebenso wie einer der zahlreichen vom Wind gefällten Bäume stützt er zu Boden. Obwohl der Untergrund nass und schlammig ist, ist der Aufschlag hart und unangenehm. Der Ast eines einwurzelten Baumes streift den Gutsbesitzer an der rechten Schläfe, als er gerade benommen den Kopf schüttelt und mit einem Mal wird es vollkommen schwarz vor Cináeds Augen.
Als er wieder zu sich kommt, kann er nicht genau sagen, ob er nur für den Bruchteil weniger Augenblicke oder für längere Zeit bewusstlos gewesen ist. Sein Kopf dröhnt fürchterlich und der Schmerz in seinem Bein ist schlimmer als zuvor. Mein Bein! Von irgendwoher nimmt er die Kraft um sich aufzusetzen und danach zu tasten. Der Elb stöhnt freundlos auf, es ist unter dem Stamm eines jungen, umgestürzten Baumes begraben. Glück im Unglück, versucht Cináed sich kläglich zu trösten und hat damit durchaus Recht. Der Baum hätte auch sein gesundes Bein erwischen oder ihn vollständig unter sich begraben, wenn nicht sogar erschlagen können. Außerdem handelt es sich  zumindest nicht um eine der uralten, knorrigen, mehrere Klafter dicken Eichen, die ihn garantiert auf direktem Weg in Sithechs düstere Hallen befördert hätten.

Aêyoliria... Einen wirren Moment lang ist Cináed völlig in dem Gedanken an die Ewige Stille wie das Totenreich bei seinem Volk genannt wird, gefangen. Er erinnert sich, dass jemand bei ihm gewesen ist. Tara! Ihr Gesicht taucht aus der Erinnerung auf, klar und deutlich kann er sie vor sich sehen...
...doch plötzlich verändern sich ihre Gesichtszüge und werden immer mehr von einem anderen Anlitz überlagert: Die helle, sommersprossige Haut mit dem sanften Goldschimmer nimmt auf einmal einen dunklen, satten olivfarbenen Ton an, das rotbraune,  wild gelockte Haar wird Nachtschwarz und die leuchtenden, grasgrünen Augen verschwinden hinter einem schön bestickten Tuch, dass um ihren Kopf gewunden ist... Calait. Verwirrt schüttelt Cináed den Kopf und Schuld steigt in ihm auf, weil er seine Begleiterin für einen Augenblick völlig vergessen und stattdessen an seine Frau gedacht hat. „Calait...?“ Krächzend kommt ihm ihr Name über die Lippen. Er lauscht kurz. Nichts, nur das fortwährende Topsen des Sturms... doch halt, da ist etwas: »Shirin...«
Calaits Stimme ist kaum zu verstehen, dennoch ist Cináed sich sicher, sie gehört zu haben. Erleichtert atmet er auf. Sie lebt. Mühsam rappelt er sich auf. Versucht sich bemerkbar zu machen. Vergebens, das Heulen des Sturms ist einfach zu laut. Nur das Bellen eines Hundes, vermutlich Shirin, lässt sich ab und an in dem ganzen Getöse erahnen. Cináed müht sich, windet sich, keucht vor anstrengung und schmerzen. Das Bein des Gutsbesitzers ist schlimmer unter dem Baumstamm eingekeilt, als er angenommen hat und zudem mit aller Wahrscheinlichkeit gebrochen. »Breur!... Traõn!« Der Shida'ya horcht abermals auf. Calait muss regelrecht brüllen, wenn da er ihre Stimme dieses Mal etwas deutlicher höhren kann und wahrscheinlich ist sie auch nicht allzu weit entfernt. Cináed verdoppelt seine Anstrenungen frei zu kommen... und irgendwie gelingt es ihm schließlich auch.

Der damit verbundene Schmerz ist allerdings infernalisch. Ihm entfährt ein heiserer Aufschrei, was ihm allerdings herzlich egal ist, bei diesem Sturm hört ihn sowieso bestenfalls Calait, was in dieser Lage ja sogar durchaus wünschenswert wäre. Als er versucht sich zu erheben, versagt ihm sein verletztes Bein den Dienst. Hastig lässt Cináed seinen Blick umherschweifen. Sie verlieren kostbare Zeit. Immerhin, bei den zahlreichen, umgestürzten und genickten Bäumen und Ästen die ihn umgeben, hat er schnell gefunden, wonach er sucht. Er reisst sein ohnehin schon arg zerfetztes linkes Hosenbein in mehrere Streifen und schient damit unter Zuhilfenahme zweier geeigneter Stöcke sein gebrochenes Bein. Erneut versucht der Gutsbesitzer sich aufzurappeln und steht schließlich wieder wackelig auf beiden Beinen. Die Schmerzen sind nach wie vor höllisch, doch er beginnt sich allmählich daran zu gewöhnen. Was bleibt mir auch anderes übrig, denkt er spöttisch und verzieht den Mund.
Shirins Gebell klingt mittlerweile näher und scheint sich mit dem Gebell eines weiteren Hundes zu vermischen. Waren es nicht drei Hunde? So gut er kann humpelt Cináed in die Richtung, in der er die Hunde vermutet. Kurz nachdem Calait und Shin Breur gefunden haben, erreicht auch er den Karjakoira, der wie besessen Furchen in einen breiten, schlammigen Kiefernstamm gräbt. Der Shida'ya ahnt sogleich, dass dies nichts Gutes zu bedeuten hat. Traõn, der andere Karjakoira... vermutlich haben umgestürzten Baumstämme ihn unter sich begraben! Es braucht nicht lange, um die Lage zu überblicken. Mehrere schwere Bäume, besagte Kiefer und zwei oder drei Eichen türmen sich vor ihnen auf. Was auch immer sich darunter befinden mag, eine Chance dort jetzt heranzukommen besteht nicht. „Calait!“ Cináed stolpert unbeholfen zu der jungen Frau hinüber. „Beruhige Breur, wir müssen hier weg!“ Für Sentimantalitäten haben sie jetzt keine Zeit. Der Gutsbesitzer weiß, dass ihre Tiere Calait viel bedeuten, aber sie können im Augenblick nichts für Traõn, ob er nun Tod unter den Baumstämmen begraben ist, nur irgendwo verletzt liegt oder verwundet durch den Wald irrt. Sie müssen sich in Sicherheit bringen. Falls Traõn noch leben sollte, würde er sie möglicherweise finden. Und wenn er ohnehin tot ist, würden sie ihre Kräfte bei dem Versuch ihn zu suchen oder zu retten, nur unnötig vergeuden.


~ In der Zwischenzeit auf Glyn-y-Defaid~


Als das Unwetter immer schneller näher kommt, der Himmel sich immer mehr verdunkelt und der Herr von Glyn-y-Defaid immer noch nicht zurück ist, als der Sturm losbricht, beginnt sich auf dem Hof Angst und Sorge breit zu machen. Als schließlich auch noch Àed, allein und verletzt durch den Torbogen galoppiert kommt, ist die Unruhe perfekt. Als Owyn und Emrys sich zu der Stute in den Sturm hinauswagen, steht Rhona Todesängste aus. Die sonst so ruhige und überlegte Frau schreit panisch auf, als ein gleißend heller Blitz aus den Wolken niederzuckt, mit lautem Krachen in den uralten Blutbaum in der Platzmitte einschlägt und ihn in zwei schmauchende Hälften spaltet. Mit klopfendem Herzen und weit aufgerissenen Augen beobachtet Rhonna wie ihr Mann und ihr Bruder dem Blitz entkommen, während die verängstigte Stute wiehernd in die Höhe steigt und von einem schweren, abgerissenen Ast des Blutbaumes getroffen wird. Die Kraft des Sturmes verwandelt die spitzen, zersplitterten Enden des Astes zu einer schrecklichen Waffe und verwunden die Stute tödlich. Áeds spitzer, schriller Schrei ist unerträglich, verklingt aber abrupt, als Emrys blitzschnelle Reaktion dem Leiden des Tieres ein gnädiges Ende bereitet.

Erleichtert atmet Rhona auf, als Owyn und Emrys schließlich wieder ins Haus zurückkehren. Ihr Bruder schüttelt sich den Regen aus dem Haar. „Wir müssen etwas unternehmen“, bricht es aus ihm heraus. „Herr Cináed ist dort draußen!“  Der junge Mann sieht aus, als wolle er gleich wieder in den Sturm hinausrennen. Doch Owyn hält ihn kopfschüttelnd zurück. „Wir können nichts tun“, erklärt er und blickt in die ängstlichen, besorgten Gesichter, die ihn umgeben. Gwyn und Úna haben ausnahmsweise einmal ihren üblichen Zank vergessen. Sie haben einander in den Arm genommen, zitternd und eng umschlungen stehen sie in der Tür zur Küche. Únas Mäuse Haselnuss und Kieselstein quietken leise vor Angst. Auch Nara und Mair stehen nahe bei den Geschwistern und halten einander ängstlich an den Händen, mit großen Augen starren sie Owyn und Emrys an.
Emrys versucht zu protestieren. „Aber wir...“, setzt er an, wird jedoch sogleich von seiner Schwester unterbrochen. „Nichts kannst du tun!“, faucht sie ihn mit bebender Stimme an. „Wenn du jetzt dort rausrennst, bringst du dich nur selbst um. Das nützt niemandem!“ Owyn stimmt ihr nickend zu. „Zur Zeit bleibt uns nur zu hoffen und die Götter um Beistand zu bitten. Mit etwas Glück ist der Sturm bald vorüber, dann, sofern wir alles gut überstanden haben, können wir nach Herr Cináed und Frau Calait suchen. Alles andere wäre dumm und törricht!“ Die Stimme des Großknechts kling hart und bestimmt. Emrys senkt beschämt den Blick – ihn quält nicht nur die Sorge um seinen Herrn und dessen Begleitung, nein, wenn er ehrlich ist, mehr noch als das umklammert die Sorge um Avila sein Herz mit eisernem Griff.

Beklommen ziehen sich die Bewohner des Hofes in die Küche zurück, wobei sie sich soweit es geht von allen Fenstern und Türen fernhalten, die ins Freie führen. Besser noch wäre es, wenn sie im Keller Schutz suchen könnten, doch der starke Regen macht dies unmöglich. Längst haben sie festgestellt, dass durch die wenigen, schmalen Luftschächte, die in den Kellergewölben für Frischluft sorgen, unaufhörlich Regenwasser fließt, welches den Keller stetig füllt.
Schweigend sitzen sie da nachdem Líam, Emrys und Owyn das Haus so gut dies eben möglich ist gesichert haben. Nun können sie nur noch abwarten. Das Heulen und Brausen des Sturmes ist fürchterlich. Im ganzen Haus ächzt und knarrt, knirscht und stöhnt es. Die Schindeln auf dem Drach klappern zornig, während der Sturm sie eine nach der anderen fortreißt, während sich immer wieder ohrenbetäubende Donnerschläge in das Rauschen des sturmgepeinigten Waldes mischen.
Entsetzt schreien Úna, Mair und Nara auf als mit einem Mal eines der Fenster dem Ansturm der Naturgewalten nicht mehr standhält. Splitternd bricht der Holzrahmen aus seiner Fassung und die Fensterläden schlagen immer wieder gegen das Gemäuer und erzeugen ein unheimliches Geklapper. Hastig springen Owyn und Emrys auf, um die Öffnung rasch wieder behelfsmäßig zu verschließen. Als sie fertig sind atmen alle Anwesenden erleichtert auf. Noch hat keiner von ihnen bemerkt dass soeben, zusammen mit dem Wind, der Tod zu ihnen hereingeschlüpft ist und einen der ihren aus ihrer Mitte mit sich genommen hat.


~ Auf dem Bauernpfad zum Hof ~


Calait und Cináed kämpfen sich derweil durch die breite Schneise, die der Sturm in den Wald gerissen hat. Beide sehen wahrlich füchterlich aus. Ihre Kleider hängen nass und schwer an ihren Leibern, die über und über mit Schlamm und Matsch bedeckt sind. Calait hat den Filzmantel, den Cináed ihr gegeben hat, irgendwann in dem ganzen Durcheinander verloren und Cináeds eigener Mantel, der normalerweise ziemlich viel aushält, ist so durchgeweicht wie der übrige Rest seiner Gewänder. Kleine Zweige und Blätter haben sich in ihren Haaren verfangen und ihnen etliche Kratzer und Schnitte an Händen und Gesicht zugefügt. Das Calaits schöner Zopf aus irgendeinem Grund ihrem Munddolch zum Opfer gefallen ist, hat der Shida'ya noch gar nicht richtig realisiert. Ihm sind zur Zeit andere Dinge wichtiger: Ein Blick in Calaits Gesicht hat dem Gutsbesitzer verraten, dass die Nase der jungen Frau vermutlich gebrochen ist. Außerdem ziert ein hässlicher Bluterguss ihre Stirn. Auch ihre Hände sehen arg mitgenommen aus und der Elb geht davon aus, dass sie auch sonst etlichen Schürfwunden und Verletzungen, z.B. Prellungen, davon getragen hat.
Cináed selbst sieht keinen Deut besser aus. Die Reste seines zerrissenen Hosenbeins hängen in Fetzen an der provisorischen Schiene herab, die sein gebrochenes Bein stützt, und lassen den Blick auf zahlreiche Kratzer, Schnitte, Schürfwunden und blaue Flecken zu. Selbiges gilt für Gesicht und Finger es Elben, die etliche Blessuren davon getragen haben. Das Atmen fällt ihm schwer und jeder Schritt ist eine Qual, aber weder er noch Calait beklagen sich, den mit jedem Stück, welches sie vorankommen, rückt Glyn-y-Defaid näher. Hoffentlich geht es allen gut. Die Sorge krallt sich fest in Cináeds Herz. So sehr er wie er sich wünscht, dass sie den Hof bald erreichen mögen, so sehr fürchtet er sich auch vor dem was sie dort möglicherweise erwartet. Glyn-y-Defaid ist zum größten Teil aus solidem Stein gebaut, nichts, was sich so schnell verwüsten lässt wie beispielsweise eine gewöhnliche Holzhütte. Aber das Unwetter ist stark, so stark. Wenn es nur die Dächer von den Gebäuden reißt, hat der Hof noch Glück im Unglück. Und seine Schafe. Die Schafe, denkt der Shida'ya betroffen. Er kann sich ihre Panik regelrecht ausmalen und vermag nicht vorherzusagen wie viele Tiere ihn dieser Sturm womöglich kosten wird.

Der Anblick, der sich Calait und dem Gutsbesitzer schließlich bietet als sie Glyn-y-Defaid nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen, ist beklemmend. Zwei wuchtige, umgestürzte Eichen versperren den Weg durch den Torbogen, der auf den Hof führt. Einer der Bäume hat zudem einen der brüllenden Löwen, die den Torbogen auf beiden Seiten flankieren, von seiner Pilastersäule gerissen, sodass die Statue nun in mehrere Einzelteile zertrümmert im Schlamm liegt.
Verletzt und zerschunden wie sie sind, Cináed zudem noch mit einem gebrochenen Bein, gelingt es ihnen nur mühsam in dem Sturm über die umgestürzten Bäume zu klettern und auf den Platz hinter dem Torbogen zu gelangen. Als Erstes fällt Cináeds blick auf den gespaltenen Stamm des Blutbaums... dann bemerkt er den regungslosen Leib der entflohenen Stute: Er taumelt und greift blindlings Halt suchend nach Calaits Arm. Der Anblick des toten Tieres erfüllt ihn mit großer Traurigkeit, denn mit der Stute, so scheint es ihm jedenfalls, ist auch das letzte Stück von Taras Traum dahin. Der Elb wendet den Blick ab. Wie betäubt steht er da.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Calait am 04. Apr. 2012, 00:08 Uhr
~ Auf dem Bauernpfad zum Hof - auf dem Hof~
Irgendwo im Larisgrün
3. Voshor (Sturmwind) 512 d5Z


„Calait!“ Erst bleibt ihr fast das Herz stehen, dann weiss es vor Erleichterung kaum wie schnell es schlagen soll... und dann heult es leise auf. Wenn Cináed nicht dort unten liegt, dann sucht Breur nach... „Nein... neinneinnein...“ Verzweiflung rieselt wie ein feiner Schauer über ihren Rücken und obwohl rundherum ein Inferno tobt, wie es im siebten Reich der Hölle, wo die Winde miteinander und gegeneinander kämpfen und alles zerreissen, was sich ihnen in den Weg stellt, nicht arger zu finden ist, ist Calait, als würde die Welt für einen Moment lang still stehen. Das Brüllen und Heulen des Orkans wird zu einem dumpfen Zischen irgendwo weit weg und das Winseln und Jaulen von Breur und Shirin dafür schmerzhaft laut und dann ist Cináed bei ihr und die schwerelose Stille in ihrem Kopf zerbricht in tausend feine Splitter. „Beruhige Breur”, weist er sie an,“Wir müssen hier weg!“ Er hat Recht. Sie stehen mitten im Chaos und nur wenige Schritt hinter ihnen türmen sich halb zerfallene Baumriesen zu einem tödlichen Wall, der es jederzeit unter der Kraft der Winde begeben und sie verschütten könnte und jeder Muskel in ihrem Körper drängt zum Aufbruch – nur nicht diejenigen, die nötig gewesen wären, den ersten Schritt zu machen. Traõn... Aber Cináed packt sie unnachgiebig an den Schultern und schiebt sie vor sich her, und der Schmerz, den er dadurch verursacht, treibt den Schock aus ihren Knochen und zähmt die Trauer soweit, das sie nicht Calaits komplette Sinne ausfüllt. „Breur, Shirin, hierher.“ Als der Karjakoira nicht gehorcht, packt sie ihn mit beiden Händen im Nacken und schleift ihn mit sich, bis er aufgibt und mit eingezogenem Schwanz und hängender Schnauze völlig niedergeschlagen neben ihr herschleicht. Es tut mir so leid, ma breur bihan, so leid... oh Lía... Schwester...
Ob Cináed Verletzung sich verschlimmert hat, oder er der Pein lediglich nicht mehr so viel entgegen zu setzen hat, kann Calait nicht sagen, aber er braucht ihre Unterstützung deutlich mehr als vor ihrer frontalen Auseinandersetzung mit den Elementen. Sie tut, was sie kann, damit er sein Bein zumindest bei jedem dritten Schritt halbwegs anständig entlasten kann, müht sich allerdings immer schwerer mit ihren eigenen Beinen. Ihr Arm, den sie fest um Cináeds Mitte geschlungen hat zittert vor Anstrengung und obwohl ihre Haut stellenweise in Flammen steht vor Hitze und der Regen fast schon angenehm kühl erscheint, ist ihr innerlich kalt und klappern ihre Zähne in einem ungesunden Stakkato.
Ihr bleibt der traurige und erschütternde Zustand des Torbogens und des dahinterliegenden Hofes glücklicherweise erspart, aber als der Elb plötzlich wie angewurzelt stehen bleibt und dann rückwärts wankt, als wäre der Anblick einfach zu viel für ihn, sinkt ihr das Herz zwischen die Eingeweide und ein Alptraum jagt den nächsten. Die Angst sitzt ihr so klamm in der Kehle, dass sie nicht einmal einen schmerzerfüllten Protestlaut herausbringt, als der Shida’ya Halt suchend nach ihr greift und den falschen Arm erwischt. Allerdings sackt sie fast durch die Knie und muss keuchend um ihr Gleichgewicht kämpfen. Bei den Ersten und Letzten... wir können nicht stehen bleiben. Nach Luft schnappend beugt sie Cináeds Finger, die sich wie eine Schraubstock um ihren Oberarm geschlungen haben, auf und windet sich an seine Seite, bis sie beide wieder trügerishen Halt gefunden haben. „Cináed, komm jetzt. Beweg dich.“ Dieses Mal ist sie es, die den gnädigen Trauerschleier umbarmherzig lüftet, indem sie ihre Finger in die traurigen Überreste seines Hemds krallt, ihre Füsse in den Boden stemmt und ihn einfach mit sich zieht, wie sie es eben schon bei Breur getan hat. Shirin schiesst ihr winselnd zu Hilfe und bohrt ihren zierlichen Schädel in Cináeds Kniekehlen, bis der hochgewachsene Elb sich endlich rührt und mechanisch weiterstolpert.

Emrys! Liam! Owyn!” Sie schreit so laut sie kann und noch lauter, weil sie fühlt, wie Cináed in ihrem Griff langsam aber sicher knochenlos wird und sie immer öfters auszurutschen und einzubrechen droht. Er ist gross und er ist stark – und jetzt, wo ihm seine Beine fast den Dienst quittieren, verdammt plump und unhandlich. Der Wind trägt ihre Hilferufe lachend davon und der prasselnde Regen zersiebt sie zwischen zwei tosendern Heulern wie das mickrige Fiepsen eines Mäuschens. Gurgelnd spuckt sie den Regen aus ihrem Mund und holt noch einmal tief Atem - und dieses Mal spürt sie, wie die Luft über ihre Stimmbänder streicht und ein Zittern, erst fein und klar, dann schwer und kräftig, aus ihrer Brust in ihre Kehle aufsteigt. Der Ton vibriert gegen ihre Zähne, drängt hinaus und als sie den Mund zum zweiten Schrei öffnet kommt nicht mehr als ein leises Wispern über ihre Lippen. „Emrys, Hilfe...“ Doch es verfängt sich nicht im wirbelnden Wind, sondern tanzt auf seinen Schwingen wie ein Vogel auf den Böen und erreicht das Anwesen mühelos.
Ein paar Sekunden später spuckt die Vordertürm Emrys, Owyn, Liam und auch Rhona aus, die kurzzeitig wie erstarrt in Richtung ihres ziemlich mitgenommenen Herrens und seiner nicht weniger zerfledderten Begleitung starren, dann scheucht die Grossmagd die Männer kreischend die Veranda hinunter – erwischt Gwyn gerade noch am Kragen, bevor er seinen grossen Vorbildern hinterhersausen kann - und gibt gleichzeitig Anweisungen an die Mädchen und Frauen, die sich wie eine Schar ängstlicher Gänse hinter ihr im Türrahmen verschanzt haben. Schindeln, Kiesel, Äste, Stroh, Laub und sogar vereinzeltes Federvieh fliegt ihnen um die Ohren und Calait, davon ausgegangen, dass ihre Stimme gebrochen ist und niemand sie gehört hat, weicht vor Schreck zurück, als grosse, raue Hände nach ihre greifen. “Calait!“ „Liam? Cináed, er braucht...“ “Lass los, sie haben ihn.“ Ihre Arme werden zur Seite geschoben und an ihrer Statt flankieren nun Owyn und Emrys den Elben und stützen ihn auf den letzten paar Zehnschritt bis zum Haus, dessen solider Stein sich hartnäckig gegen den Sturm stemmt. Liam, stark für seine gerade mal achtzehn Sommer, verschwendet keine Zeit mit Fragen, sondern hebt Calait einfach hoch und trägt sie sicher bis in die Eingangshalle. Der Sturm folgt ihnen ins Innere, trägt Staub und Grünzeug mit sich, reisst einen der kunstvolle geknüpften Teppiche von der Decke und lässt sowohl die Tür zur Küche, als auch jene zum Kaminzimmer gegen die Wände knallen. Emrys und Liam müssen sich gemeinsam gegen den Eingang stemmen, um ihn schliessen zu können, derweil Owyn geistesgegenwärtig seine Frau zu sich ruft und die beiden einen der wuchtigen Ohrsessel verschieben, damit er verhindert, dass das Schloss der Eingangstür irgendwann einfach bricht und nichts mehr Wind und Regen draussen hält.

“Was ist passiert?“
„Ihr seht fürchterlich aus!“
„Ihr... ihr blutet, Herr.“
„Calait, deine Stirn, du...“
„Rhona, räum den Tisch im Kaminzimmer frei, Nara, bringt zwei Eimer frisches Wasser, Schüsseln und Tücher, Maire, hol Decken, Gwyn, nimm deine Schwester an die Hand...“
„Himmel, euer Bein!“
„Dein Haar... was ist mit deinem Haar passiert?“
„Wollt ihr etwas trinken, trockene Kleidung, habt ihr Hunger?“

Calait schwankt, gedrängt, getrieben und gezogen von Liam und Rhona in den grossen Raum, wo man sie auf einen Stuhl bugsiert und mindestens ein halbes Dutzend besorgte Hände über ihr Gesicht, ihre Arme und ihre Schultern gleiten.  „Es geht mir gut“, wispert sie, was nicht ganz der Wahrheit entspricht aber im Grossen und Ganzen durchaus stimmt, und bringt immerhin ein halbes Lächeln zustande, obwohl ihre rechte Schulter inzwischen so sehr weh tut, dass Übelkeit in ihr hochkriecht. “Du siehst fürchterlich aus, Mädchen!“ Bescheidet ihr Rhona mit gelindem Entsetzen und erntet dafür ein schiefes Grinsen von Calait: „Ich habe schlecht geschlafen.“ Widerstandslos lässt sie sich von der üppigen Herzländerin, die ihre Furcht aller bisherigen Ereignisse zum Trotz gut im Griff hat, etwas Wasser einflösen, den gröbsten Dreck aus dem Gesicht wischen und sich in eine warme Decke einwickeln. Sie fühlt sich wie gerädert, von einem Mühlstein geplättet und danach kräftig durch den Fleischwolf gedreht und am liebesten würde sie sich einfach hinlegen und tagelang schlafen. Cináeds unterdrückter Schmerzensschrei, als er von Liam und Emrys auf den langen Eichenholztisch gehieft wird verbietet ihr allerdings unter Rhonas mütterlicher Umsorgung wie ein Schluck Wasser in der Kurve zusammenzusinken. „Das Bein...“
“Was?“
„Cináeds Bein. Emrys, wie sieht sein Bein aus?“, kommt es mühsam und ziemlich heiser über ihre blutig aufgerissenen Lippen, woraufhin sich alle Blicke auf den jungen Mann richten, der etwas unbeholfen ein paar Stoffetzen zur Seite schiebt und leer schluckt: “Ich weiss es nicht. Es ist blau und stark geschwollen. Und es...“ Der Elb stöhnt auf, als sein Knecht versucht einen bessere Diagnose zu stellen und dabei an den Ästen, welche die Knochen festhalten, herumdrückt. „Aye... schon gut. Hilf mir auf, Rhona. Ich sehe es mir an.“ Rhona setzt zum Protest an: “Ab...“, verstummt aber abrupt, als Calait nach ihrem Arm tastet und sich daran ohne Vorwarnung in die Höhe zieht: „Wenn einer von euch weiss, was zu tun ist, soll er machen.“ Niemand sagt etwas und mit einem grimmigen Nicken schleppt Calait sich zum Tisch und schafft es irgendwie auch den zweiten Stiefel noch von ihren Füssen zu strampeln: „Das dachte ich mir. Nara, wo bleibt das Wasser? Owyn, ich brauche deinen stärksten Gebrannten. Oh, und Gwyn, Úna, würdet ihr mir einen Gefallen tun und euch um die Hunde kümmern? Gebt ihnen etwas zu trinken und reibt sie trocken, aye? Und dann leistet ihnen Gesellschaft, wärt ihr so lieb?“ Spendet ihnen Trost und gebt mir Kraft auf meinen Füssen stehen zu bleiben. Die Kinder, froh um etwas Ablenkung, nicken eifrig und ziehen sich mit den tropfenden Tieren in eine dunkere Ecke zurück – und fragen allen Geistern zum Dank nicht, wo Traõn ist.

Ihre Finger sind dreckig und schlammbedeckt und alles andere als geschickt um in möglichen offenen Wunden herumzubohren, aber da sein Bein mit Sicherheit nicht besser aussieht, wartet sie nicht ab, bis Nara mit dem Wasser und Owyn mit dem Alkohol zurück sind, sondern untersucht Cináeds Bein sofort.
„Leg... Leg dich hin, Cináed“, stammelt sie, derweil sie ihre Linke behutsam, aber fachmännisch von seiner Stiefelspitze über das Schienbein hinauf bis zum Knie gleiten lässt, ohne ihn wirklich zu berühren. Er zittert am ganzen Leib, vor Anstrengung, Schmerz und Kälte und das Blut pumpt rauschend durch seine Adern. „Emrys, deck ihn zu, Rhona, schieb ihm ein Kissen unter den Kopf, Liam, halt sein unverletztes Bein fest, Mair, hol mir eine Schere.“ Ihre Befehle sind höchstens genuschelt und kurzzeitig entsteht ein heilloses Durcheinander, bis die Grossmagd Calaits Anweisungen laut wiederholt und zur Eile antreibt.
Das Bein ist spürbar gebrochen und leider alles andere als glatt. Es ist nicht komplett zertrümmert, aber da sind Splitter. Möglicherweise haben sie ein Blutgefäss erwischt. Es ist ihr unmöglich Genaueres zu sagen, ohne den Bruch offen zu legen – und entweder wird ihm der Eingriff das Leben retten, oder er wird damit bezahlen. In diesem Moment drückt das feine Laiginiermädchen mit der glockenhellen Stimme ihr die Schere in die Finger und zusammen mit Rhona, die ihren Herren zwingt das Bein still zu halten, indem sie sich einfach mit ihren Unterarmen auf seinen Oberschenkel stützt, schneidet Calait dem Elben die Hosen bis knapp übers Knie auf und den guten Lederschuh vom Fuss. Es muss ihm höllische Schmerzen bereiten, denn kaum ist das klamme Leder weg, geht der Knöchel auf wie ein Hefeteigbrötchen im Ofen. Aber Cináed beisst die Zähne zusammen und gibt keinen Laut von sich. Damit kann ich gerade nichts anfangen. Erst muss die Schwellung schwinden. „Kühle Wickel. Mair, nimm zwei Tücher, tunk sie abwechselnd ins kalte Wasser und bereite kühle Umschläge für den geschwollenen Fuss. Emrys, finde mir das kleinste und schärfste Messer, das ihr habt. Säubere es grosszügig mit dem Gebrannten. Oh, und Mair, wenn ihr noch habt: Schafgarbe, Mondlilie und Mohn... viel Mohn, ausserdem sauberes Verbandslinnen, Nadel und Faden.“ Vergebens versucht sie die Knoten zu lösen, welche die provisorischen Schienen an Ort und Stelle halten, flucht leise und nimmt schliesslich ihren Munddolch zu Hilfe. Im Gebälk über ihren Köpfen knarrt und ächzt es unheilvoll, aber noch halten die schwarzen Balken stand und der Stein gibt keinen Sekhelrin nach – das noch bereitet Calait mehr Kopfschmerzen als das Hörnchen, dass in allen Farben des Regenbogens auf ihrer Stirn schillert. Als sie schliesslich nach einem Tuch greift, um sich erst Hände und Arme und anschliessend Cináeds Bein zu waschen, bevor sie es richtet, hält sie verwirrt inne: „Wo bleibt Nara mit dem Wasser?“

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 04. Apr. 2012, 01:32 Uhr
Als Cináed, flankiert von Owyn und Emrys, endlich in die Eingangshalle des Anwesens stolpert, kann er Calaits und sein Glück kaum fassen. Allem Anschein nach hat Soris doch noch etwas für ihn übrig.

Kaum befinden sich der Gutsbesitzer und die Resande in der relativen Sicherheit des Hauses prasseln von allen Seiten Fragen wie Hagelkröner auf sie ein:

„Was ist passiert?“
„Geht es Euch gut?“
„Wollt ihr etwas trinken, trockene Kleidung, habt ihr Hunger?“
„Calait, dein Haar... was ist mit deinem Haar passiert?“

Der Ansturm der Fragen scheint kein Ende nehmen zu wollen und Cináed schließt für einen Moment erschöpft die Augen. Er fühlt sich unendlich müde. Wenn er könnte, er würde sich an Ort und Stelle ausstrecken und die nächsten drei Monde einfach durchschlafen. Nach dem harten morgendlichen Tagwerk auf dem Hof und den Strapazen des Sturms befindet er sich mittlerweile beinahe am Rand seiner Kräfte. Ein beunruhigender Zustand. Ich darf die Kontrolle nicht verlieren! Ich darf die Kontrolle nicht verlieren! Wie ein Mantra wiederholt er diese Anweisung immer wieder still im Geiste. Aber er ist so müde, so unendlich müde...  Konzentrier' dich!!!, ermahnt er sich scharf und beißt die Zehne zusammen. Dazu auch nur eine einzige Frage zu beantworten, fehlt ihm in diesem Augenblick die nötige Kraft.

Widerstandslos lässt Cináed zu, dass man ihn ins Kaminzimmer verfrachtet und auf den schweren Speisetisch hieft, damit Calait sein gebrochenes Bein untersuchen kann. Eigentlich möchte er sie davon abhalten, möchte ihr sagen, dass sie ihn in Ruhe lassen soll, dass er einfach nur schlafen will und dass sie selbst erst einmal etwas essen, sich vielleicht auch ein wenig waschen und von Rhona saubere Kleider geben lassen soll, aber er bringt kaum ein verständliches Wort heraus.
Stattdessen lässt er einfach zu, dass Calait in Bezug auf seine Person das Komando an sich reißt und seine Knechte und Mägde geradezu in bester Hausherrinenmanier durch die Gegend scheut, als sei dies das Selbstverständlichste von der Welt. Irgendjemand schiebt ihm ein Kissen unter den Kopf, ein anderer lässt ihn halb unter einem Berg aus Decken verschwinden, der nächste flösst ihm einen Schluck Uisge Beatha ein, bevor der Rest des edlen Tropfens kuzerhand zusammen mit dem stärksten Selbstgebrannten, den Owyn herbeigeschafft hat, zum Desinfizieren jener Folterwerkzeuge aufgewendet wird, die Calait an dem Shida'ya auszuprobieren gedenkt. Wäre dem Elben nicht ohnehin schon längst alles völlig egal, er täte gewiss lautstark gegen eine derartige Verschwendung des schönen Uisge Beatha protestieren.

»Wo bleibt Nara mit dem Wasser?«, fordert Calait zu wissen und der Gutsbesitzer findet sich seufzend mit seinem weiteren Schicksal ab. Dass die Magd mit dem gewünschten Wasser noch nicht zurück ist, stört ihn selbst nicht im mindesten, immerhin verlängert diese Verzögerung seine kurze Gnadenfrist noch ein wenig, bevor er unters Messer kommt. Das leise, nervöse Getuschel an der Tür zur Küche, das kurz darauf entsteht, nachdem Rhona auf der Suche nach Nara mit raschelnden Röcken davon geeilt ist, nimmt der Gutsbesitzer kaum zur Kennntnis.

„Warum hat das so lange gedauert“, herrscht die Oberste Magd das Mädchen an, als es gerade noch rechtzeitig im Türrahmen erscheint, bevor Rhona die Küche stürmen kann. „Catriona...“, flüstert Nara kaum hörbar und sofort wechselt der Ausdruck auf dem Gesicht der Großmagd von aufgebracht zu besorgt. „Was ist mit Ihr?“, entgegnet sie nur noch wenig lauter als die junge Frau, die mit bleichem Gesicht dasteht und und beinahe hilflos Wasserkrug und Schüssel in Händen hält. „Ich glaube... sie ist... tot...“, wispert Nara fassungslos und schluckt. „Sie sitzt in ihrem Sessel... es... sieht aus... als würde sie schlafen...“ Tränen steigen ihr in die Augen. „Wie kann sie bei diesem Sturm bloß schlafen?“ Ihre Schultern beginnen sich rhythmisch zu heben und zu senken, als sie von einem Weinkrampf geschüttelt zu werden droht. „Schhh!“, zischt Rhona erschrocken und schiebt das Mädchen kurzentschlossen rückwärts zurück in die Küche. „Beruhige dich“, ermahnt sie Nara, nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen und sich vergewissert hat, dass sie allein sind.
„Gib mir das.“ Die Großmagd nimmt Nara die Schüssel und den Krug mit Wasser ab. „Wisch dir die Tränen aus dem Gesicht. Ich gebe Owyn Bescheid!“, weist sie die junge Frau an. „Emrys und er sollen sich vergewissern... und... Cath in ihre Kammer bringen, bevor sie zurück ins Kaminzimmer gehen und Herr Cináed festhalten, während Frau Calait sein Bein richtet.“ Nara nickt stumm und schluckt hastig ein paar neue Tränen hinunter. Rhona wirbelt auf dem Absatz herum, um zurück ins Kaminzimmer zu eilen. „Und schärf ihnen ja ein, dass sie dem Herrn nicht ein Wort davon sagen, hörst! Und auch zu Mair, Gwyn und Úna kein Sterbenswörtchen, verstanden?!“, fordert die Großmagd noch schnell, bevor sie den Raum verlässt. Ihr ist klar, dass die Nachricht vom Tod der alten Frau Cináed in seinem gegenwärtigen Zustand zu sehr Aufregen würde. Rhona weis wie nahe Catriona ihrem Herrn stand. Seine Reaktion auf ihren Tod kann die Oberste Magd zwar nur schwer abschätzen, sie ist sich aber sicher, dass es ein ziemlich harter Schlag für ihn sein wird.

Mit einer einzigen dezenten Kopfbewegung in Richtung Küchentür bedeutet Rhona ihrem Mann und ihrem Bruder sofort in die Küche zu gehen, als sie wieder im Kaminzimer angelangt ist. Die beiden wechseln fragende Blicke mit ihr (die Cináed glücklicherweise nicht erkennen kann, da alle drei ausserhalb seines Blickfeldes stehen) tun aber sogleich, was sie von ihnen verlangt. Mit langen Schritten entfernen sich die beiden Männer und verschwinden kurz darauf durch die Küchentür.
„Hier ist das Wasser.“ Rhona tritt an Calaits Seite und stellt Krug und Schale auf dem Tisch ab, während sie versucht Ruhe zu bewahren. Catrionas Tod macht sie nicht weniger betroffen als Nara, aber im Augenblick ist nicht der rechte Zeitpunkt, um sich von Trauer überwältigen zu lassen. Später, wenn der Sturm und alles andere überstanden ist, wird noch genügend Zeit dafür sein.
Sie wirft einen besorgten Blick auf Calait. „Halt durch Mädchen“, murmelt sie, während sie Nadel, Faden und sauberes Verbandslinnen bereitlegt. Der Blick der Großmagd wandert weiter zu Cináed. „Was macht Ihr nur für Sachen, Herr“, brummt sie halb tadelnd halb liebevoll. „Uns solch einen Schrecken einzujagen...!“ Sie seufzt und schaut erleichtert auf, als Owyn und Emrys zurück ins Zimmer kommen und ihr schweigend zu verstehen geben, dass sie alles für Catriona getan haben, was im Augenblick möglich ist. Sie nickt den beiden zu, dann macht sie sich daran noch mehr Wasser und Tücher herbeizuschaffen.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Calait am 16. Apr. 2012, 12:44 Uhr
Calait zittert am ganzen Leib, das feuchte, schmutzige Tuch zwischen ihren Fingern und im Kopf die grosse Frage, wie bei all ihren Ahnen sie Cináed helfen soll. Eine Grippe zu heilen ist das eine, einen Splitterbruch zu richten, etwas ganz, ganz anderers. Nur noch selten empfindet sie ihre blinden Augen als wirkliche Last. Die meisten Hürden hat sie inzwischen zu meistern gelernt und ihre anderen Sinne machen den Verlust ihrer Sehkraft beinahe wett. Aber nur beinahe, wird ihr durch Cináeds Verletzung gnadenlos ins Gedächtnis gerufen. Du kannst Kräuter an Geruch und Form unterscheiden, du kannst sie zu Sud, Pasten und Tränken verarbeiten, du weisst, wie man eine Schulter einrenkt, einen gebrochenen Knöchel von einem verstauchten unterscheidet und sogar wie man einen glatten Bruch schient. Du könntest sogar feststellen, ob über den Knochen hinaus noch anderes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wurde... aber du hast noch nie in deinem Leben eine derartige Verletzung behandelt. Ausserdem siehst du nicht, was für Schaden die Splitter angerichtet haben und wenn du ihn richtest, ihn schienst und heilen lässt und danach erst bemerkst, dass... Hör auf! Hör auf der Stelle auf! Leer schluckend stützt sie sich auf dem Tischrand ab und zwingt sich ein paar Mal tief durchzuatmen, bis die Angst, die wild in ihr wütet und es nahezu unmöglich macht die Ruhe zu bewahren, sich wie ein knurrender Hund in die Ecke zurückzieht, darauf lauernd zuschlagen zu können. Du hast es noch nie getan. Lía hat. Und sie hat dir alles Wort für Wort erklärt. Sie hat dich spüren lassen, was sie tut und wie sie es tut. Du weisst was du tun musst. Diese Worte wie ein Mantra zu wiederholen hilft nicht gegen die Übelkeit, aber es bestärkt ihren Entschluss nicht zu warten, bis der Sturm vorüber ist, um Cináed dann nach Talyra zu kutschieren, wo ein gelernter Heilkundiger sich seiner hätte annehmen können. Ich habe keine Ahnung wie lange dieser Sturm andauern wird. Vielleicht nur ein paar Stunden. Möglicherweise, mögen die Geister uns beschützen, Tage.
Endlich bringt Rhona das Wasser und mit einem halben Ohr hört Calait, wie sie Nara anweist noch mehr aufzusetzen. Keuchend beginnt Calait sich Hände, Arme und ganz vorsichtig auch das Gesicht zu waschen. Die Grossmagd bemerkt, wieviel Mühe es ihr bereitet den rechten Arm zu heben und hilft ihr ohne Protest über das Fehlen gewisser Manieren sich aus Weste und Hemd zu schälen, was Calait mit einem dankbaren Lächeln quittiert. “Bei den Göttern, Mädchen, deine Schulter!“ „Aye, sag mir... sag was damit ist.“ Sie muss ihre Forderung wiederholen, weil ihr atemloses Gebrabbel für Rhona keinen Sinn ergibt, dann aber erhält sie eine ziemlich genaue Beschreibung von dem Riss, der sich von ihrem Nacken, entlang ihres rechten Schulterblattes bis zu ihrem untersten Rippenbogen zieht. “Holzsplitter und Schlamm überall, aber die Wunde ist nicht tief und wenn du dich auf meine Mutterinstinkte verlassen möchtest, dann glaube ich auch nicht, dass du dir etwas gebrochen hast.“ Alles was Calait als verständliche Antwort zustande bringt, ist ein kurzes Nicken. Gebrochen ist nichts. Sonst würde mein Arm herunterhängen wie eine tote Schlange. Und auswaschen kann  man sie später noch. Die Wunde wird vorerst mit einem Leinentuch bedeckt, dann hilft Rhona ihr in ein frisches Hemd und rollt ihre Ärmel hoch.

Wäre der Schmerz nicht allgegenwärtig, die Sorge um Cináeds Wohlergehen fast greifbar und die Erschöpfung nicht nur eine Armlänge entfernt, wäre ihr er allgemeine Gemütsumschwung nicht entgangen, aber sie muss viel zu sehr darum kämpfen sich auf die vor ihr liegende Aufgabe zu konzentrieren und bekommt überhaupt nichts von dem Tumult in der Küche mit. Glücklicherweise Cináed auch nicht. Der Selbstgebrannte, den der Knecht bringt, riecht so scharf, dass sogar Calait mit ihrer gebrochenen Nase die Augen zu tränen beginnen, was noch viel schlimmer wird, als sie ein wenig des guten Uisges in eine Schüssel mit sauberem Wasser kippt und, ohne weiter darüber nachzudenken, ihre Finger hineintaucht. Einen ganzen Herzschlag lang lindert das Dämonengebräu die Hitze, die unter der aufgerissenen Haut und in dem aufgeschwollenen Fleisch schwelt, dann frisst sich der Alkohol in die unzähligen kleinen Risse, Schnitte, Blasen und Kratzer und füllt sie mit flüssigem Feuer.
Ein heiserer Aufschreu kommt über ihre Lippen und gerade noch rechtzeitig kann Liam verhindern, dass sie durch ihre Knie sackt. Keuchend und nach Luft schnappend, wie ein sterbender Fisch auf dem Trockenen, lehnt sie sich an die kräftige Brust des Jungen, das Gesicht bleich wie Fischhaut und glänzend vor Anstrengung nicht zusammenzuklappen. Der Schmerz ist fies und so überwältigend, dass sie erst gar nicht merkt, wie Rhona ihre Hände, die zittern wie Espenlaub, aus dem desinfizierenden Sud hebt und sie ganz leicht mit Kamillepaste einschmiert und mit etwas Mulden umwickelt. Gerade genug, um die Salbe zu bedecken, ohne dabei ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Dankbar krümmt Calait ihre Finger ganz leicht um die der Magd, dann lässt sie sich von Liam bis an den Tisch führen, wo Emrys den guten Uisge grosszügig über sämtlichen Instrumenten, die er irgendwie für möglicherweise nötig befunden hat, gegossen hat. Wortlos reicht er ihr die bauchige Flasche, als sie danach verlangt und sagt auch kein Wort, als sie den Gebrannten einfach nur an ihre aufgeschlagenen Lippen setzt und einen grossen Schluck nimmt. Gepeinigt verzieht sie das Gesicht, zwingt sich zu schlucken und den guten Alkohol nicht wieder nach oben zu würgen und fragt sich, wie sie einen Saufabend mit Colevar überstehen soll, wenn sie schon an einem Tropfen scheitert.

Um sicher zu gehen, dass sie alles hat, was sie brauchen wird, kontrolliert sie, was Emrys ihr alles gebracht hat und grinst schief, als sie nebst dem geforderten Messer auch noch eine spitze Zange und eine kleine Feile findet. Nadel und Faden und zwei neue hölzerne Schienen, die irgendwie an flache Stuhlbeine erinnern, liegen daneben. Kluger Mann. Und als Mair mit den Kräutern angehetzt kommt, bittet Calait Rhona Cináed genug Mohn zu verabreichen, um die gröbsten Schmerzen du lindern, ihn aber nicht bewusstlos zu machen. „Ich... brauche ihn wach.“
Ohne, dass sie die zwei Burschen dazu auffordern muss, positionieren sich Liam und Emrys an Kopf- und Fussende, um ihren Herren, falls nötig, festhalten zu können, derweil Owyn Mair leicht zur Seite schiebt und Rhona und Nara sich um das Bein scharen, um Calait zur Hand zu gehen. Sie heben es gemeinsam an und drapieren ein sauberes Ledertuch darunter, dann halten sie es auf Calaits Anweisungen hin mit Mulden, die sie halb darunter schieben, in Position.
Der Stein und das Holz um sie herum geben allerlei ungesunde Geräusche von sich, derweil das Treiben ausserhalb des Hauses immer wildere Zustände annimmt. Gerne würde Calait jetzt singen, um der allgemeinen Anspannung etwas entgegen zu wirken, aber ihre Zunge klebt ihr am Gaumen und ihre Kehle ist so trocken wie die Sacaleynda im Sommer.
Als sie die Spitze des rasiermesserscharfen Küchenmessers etwas oberhalb der Bruchstellen ansetzt, ihre Fingerkuppe direkt daneben, um genau fühlen zu können, wo sie sich befindet und wieviel Blut fliesst, gibt Cináed keinen Mucks von sich. Die Klinge schneidet durch Haut und das wenige Fleisch, das sich an dieser Stelle über den Knochen spannt, wie durch sonnengewärmte Butter und hinterlässt saubere Ränder, die man später problemlos wieder vernähen können wird. Wenn du soweit kommst. Blut, dass sich um den Bruch herum angesammelt hat, quillt aus der offenen Wunde, aber es fliesst regelmässig und nicht im Rythmus seines Herzschlags, was Calait erleichtert aufatmen lässt. Die grosse Ader ist intakt. Die Geister haben meine Gebete erhört. Ausgenommen der grossen Ader scheint das Schienbein allerdings aus einer Ansammlung grösserer Knochenstücke und gerissenem Fleisch zu sein und Rhoan muss tatkräftig mithelfen, um die einzelnen Stücke wieder an Ort und Stelle zu schieben. Nara, die kleinen Hände unbeholfen, aber behutsam direkt oberhal des Knöchels um Cináeds Bein geschlungen, übt einen gleichmässigen Zug auf das Bein aus, damit die Knochensplitter durch die Kraft der Muskeln nicht sofort wieder weggedrückt werden.

Irgendwann sind Calaits Hände rot bis zum Ellbogen. Das Messer ist rot. Die Zange ist rot. Die Feile ist rot. Rhonas Hände sind rot und auch das Leder unter dem Bein ist vollgesogen mit Blut und Cináed wahrscheinlich so heiser wie eine Krähe, weil er Calait ständig mitteilen musste, was er fühlt, wie kalt ihm ist und ob die Schmerzen noch zu ertragen seien, aber der Knochen hat seine ursprüngliche Form wieder und wird durch ein festes Gerüst aus Schienen und Lederbändern gerade gehalten, die glitschigen Muskelenden, die gerissen sind, wurden von den Frauen unter leisem Fluchen so weit gedehnt, bis man sie anständig nähen konnte, der Rest der Wunde wurde gesäubert, das Blut abgewaschen, und Rhona, die, wie jede anständige Hausfrau und Mutter mit wild tollenden Kindern, nicht nur das Nähen von Stoffen beherrscht, macht sich mit Nadel und Faden daran den von Calait angelegten Schnitt zu verschliessen.
Calait selbst taumelt einen Schritt zurück, lehnt sich leicht nach vorne und stützt sich mit den Handballen auf ihren Oberschenkeln ab. Ihr ist kalt, jeder einzelne Muskel in ihrem Körper bebt vor Überanstrengung, alles tut weh und sie ist so unendlich müde, dass sie sich an Ort und Stelle hätte hinlegen und einschlafen können. Plötzlich ist Owyn an ihrer Seite, der sie sanft zum nächsten Sessel bugsiert, einem wuchtigen Monstrum aus Leder und Stoff, und sie, sobald sie sich eingekringelt hatte, wie eine kleine Katze, behutsam zudeckt. Sie spürt gerade noch, wie die Wolldecke über ihre Wange kratzt, und fragt sich, wie lange der Sturm wohl dauern wird, dann fordert die Erschöpfung ihren Tribut und zieht sie mit sich in einen tiefen Schlaf. Und als sie wieder erwacht, herrscht absolute Stille, bis auf das häusliche Knistern eines Feuers irgendwo, und ihr Körper badet in Hitze, als ob sie in Flammen stehen würde. Keuchend versucht sie sich aufzurichten, aber ihr Kopf, eine glühender Ball aus kochendem Fleisch und garen Knochen, ist viel zu schwer um angehoben zu werden und sie schafft es nicht auch nur einen klaren Gedanken zusammenzustückeln. Durst... heiss... Cináed... Traõn... Wortfetzen schwirren in dem Mus, das von ihrem Bewusstsein noch übrig ist, hin und her, nichts davon ergibt wirklich Sinn, gleichzeitig scheint alles wichtig und irgendwo dazwischen versteckt sich die vage Ahnung, dass etwas nicht stimmt.

Titel: Re: Glyn-y-Defaid
Beitrag von Cinaed am 23. Apr. 2012, 21:12 Uhr
Während Calait und Cináed vorerst außer Gefecht gesetzt sind, können sich die Knechte und Mägde von Glyn-y-Defaid noch lange keine Pause gönnen. Das soldide Mauerwerk des Anwesens hält dem Sturm trotzig stand, weshalb dieser seine gesamte Wut an den Schindeln auf dem Dach auslässt, die ihm eine deutlich bessere Angriffsfläche bieten. An allen Ecken und Enden hat es mittlerweile begonnen durchzuregnen und Rhona, Nara und Mair verteilen sämtliche leere Schüssel, Schalen, Eimer und Fässer, die Gwyn und Úna für sie auftreiben können an strategisch günstigen Stellen im Obergeschoss des Hauses.
Owyn, Emrys und Liam fällt derweil die Aufgabe zu Fenster erneut zu sichern, wo immer dies nötig ist, und die gröbsten Öffnungen im Dachgebälk so gut es geht behelfsmäßig zu verschließen. Nachdem dies geschehen ist, macht man sich daran, all die Dinge von Wert, die nur wenig bzw. kein Wasser vertragen, so gut es geht mit Tüchern und Decken zu schützen oder sie, falls möglich, an irgendeinem trockenen Ort in Sicherheit zu bringen. So vergehen die Stunden...

Als Cináed wieder erwacht, scheint der Sturm bereits etwas nachgelassen zu haben und im Haus ist es still und dunkel. Nur das Feuer im Kamin knistert leise und spendet ein wenig Licht und Wärme. Als sich der Elb umblickt, bemerkt er, dass irgendjemand in weiser Voraussicht zwei Achselstützen in Griffweite neben seinem Sessel abgelegt hat. Der Shida'ya bringt ein unbeholfenes Schmunzeln zustande – die Krücken sind Überbleibsel des letzten, kleineren _Unglücks_ auf Glyn-y-Defaid; Stürze von Leitern und Scheunendächern kömmen auf einem Anwesen wie diesem nun einmal häufiger mal.
Der Blick des Gutsbesitzers wandert hinüber zu Calait, die junge Frau schläft noch, doch scheint ihr Schlaf recht unruhig und wenig erholsam. Ihre Wangen sind leicht gerötet und ein dünner Schweißfilm glänzt auf ihrer Stirn. Ein Grund dafür könnte schlicht und ergreifend die Wärme des nahen Kaminfeuers sein, ein anderer Grund scheint Cináed jedoch wahrscheinlicher: Fieber. Auch er selbst spürt, dass sein Körper mit einem beginnenden Fieber zu kämpfen hat, was nicht weiter verwundert, wenn man bedenkt, dass der Sturm ihn ganz schon übel zugerichtet hat.

Mühsam tastet Cináed nach den Achselstützen, wobei er versucht so leise wie möglich zu sein, um Calait nicht zu wecken. In der Küche werden immer ein paar Kräuter für einfache Beschwerden aller Art aufbewahrt und auch Catriona hat in ihrer Kammer immer ein paar Mischungen für kleinere Beschwerden für Notfälle parat.
Es scheint Ewigkeiten zu dauern, bis sich der Shida'ya endlich in die Küche gequält hat. Auch dort ist es still und düster. Wie im Kaminzimmer brennt auch hier nur in der Herdstelle ein Feuerchen, weitere Lichtqullen gibt es nicht. Angestrengt späht Cináed ins Dunkel. Úna und Gwyn sitzen aneinandergekuschelt auf der Essbank und schlafen tief und fest. Auch in Caths Sessel scheint jemand zu schlafen, aber als er sich langsam nähert, erkennt er, dass es sich um Rhona handelt.
So leise wie möglich macht er sich daran in den Küchenschränken nach den Kräutern zu suchen, die er zu finden hofft. Ein paar Mal befürchtet er fast, die Schlafenden zu wecken, aber er hat Glück. Offenbar trägt die allgegenwärtige Erschöpfung dazu bei, dass alle fester als üblich eingeschlafe sind. Cináed schnaubt miss mutig. Rhonas Ordnungssystem lässt einfach nicht zu, dass er irgendetwas findet. Er will schon aufgebe, denn sein Vorhaben, das ihm Anfangs noch so logisch und nützlich erschienen ist, beginnt von Minute zu Minute unsinniger zu wirken, als er sich daran erinnert, dass Catriona ihren Vorrat an Kräutern immer in einem kleinen Holzkästchen verwahrt, dass auf dem Tisch in ihrer Kammer steht. Mit neuer Entschlossenheit humpelt der Shida'ya los.

Auf das, was ihn schließlich in der kleinen Gesindekammer erwartet, ist er allerdings in keiner Weise vorbereitet. Als er die alte Dame regungslos und still auf ihrem Lager ruhen sieht, nimmt er zunächst einfach an, dass sie nur, wie alle anderen auch, schläft. So behutsam wie möglich, um sie nicht zu stören, nähert er sich daher dem Tisch, auf dem er bereits das gesuchte Holzkästchen erpäht hat. Unglücklicherweise bleibt er mit einer seiner Krücken ungeschickt an einem Stuhlbein hängen, als er sich daran vorbei bewegen will, und stürzt. Der Schmerz kommt zu unerwartet, als dass er einen lauten Aufschrei unterdrücken könnte und das Poltern des umstürzenden Stuhles sowie der zu Boden fallenden Krücken ist ebenfalls alles andere als leise – doch als Cináed schuldbewusst zu Catriona hinüberschaut, liegt sie immer regungslos und unverändert da.
Für den Bruchteil einer Sekunde scheint das Herz des Gutsbesitzers auszusetzen, als er begreift was los ist. Mit einem Mal bemerkt er die unnatürliche Blässe, die sich auf den runzeligen Gesichtszügen der alten Frau auszubreiten beginnt. Seine Augen werden gewahr, dass sich ihr Brustkorb nicht vom Atmen hebt und senkt und seine Ohren können keinen einzigen Laut vernehmen. Das hinter ihm in der Küche mittlerweile Stimmen und Schritte erklingen, bemerkt er gar nicht.

Irgendwie gelingt es ihm sich unbeholfen bis zu Catrionas Bett zu bewegen. Heiße Tränen rinnen ihm übers Gesicht und verschleiern ihm die Sicht. „Nein, nein, nein!“, stemmelt der Shida'ya immer wieder, fassungslos, angesichts der toten Körpers der alten Dame. Der Schmerz über ihren Verlust ist so groß und überwältigend, dass er die Schmerzen in seinem Bein gar nicht mehr wahrnimmt. Für ihn, dem keine Kinder mit seiner verstorbenen Frau vergönnt waren, ist die Frau, die dort vor ihm liegt, dass, was einer Tochter am nächsten kommt. Als er und Tara Catriona in ihre Dienste nahmen, war die alte Frau gerade einmal ein kleines Mädchen. Ein lebenslustiges Ding voller Tatendrang und Wissensdurst, dass mit solch kindlicher Unschuld zu dem Gutsbesitzer und seiner Frau aufsah, wie eine Tochter zu ihren Eltern.
Mühsam zieht Cináed sich an der Kante zu Catrionas Lager in die Höhe und nimmt den bereits erkaltenden Leichnahm weinend in die Arme. „Nicht auch noch du...“, murmelt er und seine Stimme beginnt ihm den Dienst zu versagen. Seit jenem Tag, als er über den Codex Magica aufgeklärt wurde und man ihn in über die möglichen Konsequenzen unterweisen hat, die das Schicksal eines Hexers bewiegeln können, wenn er sich nicht dazu entscheidet, dem Pfad der Magier oder Zauberer zu folgen, hat er in der stetten Gewissheit gelebt niemals so lange zu leben, wie dies bei Angehörigen seines Volkes üblich ist. Er hatte akzeptiert, dass die Unsterblichkeit der Elben nicht für ihn bestimmt ist und dies als von den Göttern gegeben hingenommen. Ja, im Laufe der Jahre war er sogar zu der Überzeugung gelangt, dass er seine Frau vermutlich nicht oder wenn dann nicht sehr lange überleben würde. Die jahrelange Selbsttäuschung sitzt tief und macht Cináeds Kummer nur noch unerträglicher.
Als nacheinander Rhona und Owyn die kleine Gesindekammer betreten und beklommen und ratlos auf ihren trauernden Herrn herabschauen, nimmt der Gutsbesitzer ihre Anwesenheit nicht einmal zur Kenntnis.



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