Weltenstadt.de >> Forum (http://forum.weltenstadt.de/)
Das Rollenspiel >> Das Umland >> Das kleine Häuschen am Waldesrand
(Thema begonnen von: Azra am 23. Nov. 2011, 21:03 Uhr)

Titel: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Azra am 23. Nov. 2011, 21:03 Uhr
Beschreibung folgt.  :redface:

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Calait am 23. Nov. 2011, 21:07 Uhr
~ Nebelfrost 511 ~



Beinahe eine Stunde lang streift Calait um das Häuschen herum, umkreist es in Folge dessen sicherlich zehnmal, kundschaftet ganz nebenbei auch noch den völlig verwilderten Garten aus und fühlt sich dabei wie ein kleiner Pirat auf der abenteuerlicher Schatzjagd.
Während der ersten drei Runden kleben die Hunde ihr dicht an den Fersen, dann wird ihnen das Spielchen zu dumm und sie ziehen sich in dreisamer Einigkeit in den Schatten des angrenzenden Stalles zurück, um von dort aus wachsam, aber entspannt  zu verfolgen, wie ihre Herrin ganz alleine Ringelpietz-mit-Anfassen spielt. Nur Louan bleibt an ihrer Seite. Calait kämpft sich durch Brandkraut und Disteln, schabt sich die nackten Beine an dem überwucherten, halb zerfallenen Zaun wund, entdeckt voller Freude Hexenrauch, Feenhütchen, Shenrahfeder und Wiesenzahn, stellt mit einem belustigten Kopfschütteln fest, dass keine einzige Mauer des Häuschens auch nur ansatzweise gerade ist, freundet sich mit der ansässigen Igelfamilie an und zählt während der gesamten Vorgartenodyssee ihre Schritte, um sich ein Bild über Ausmasse und Abstände machen zu können.
Es ist sehr viel grösser und sehr viel solider, als Calait es sich aufgrund von Borgils Beschreibung vorgestellt hat. Der Sockel wurde, wie bei der Harfe, aus hellgrauem Flusstein errichtet, die Mauern aus schweren, dunklen Balken, Brettern und Lehm, von dem der Kalk bröckelt, und das Dach aus Reet. Mehrere winzigkleine Fenster, die mit Holzläden und Strohmatten zugemacht werden können, lassen schmale Lichtfinger ins Innere und die Tür hängt zwar im Moment etwas schief in den Angeln, ist aber schwer und stabil – und fest verschlossen.
Unschlüssig, ob sie auf den Handwerker warten soll, den Borgil ihr schicken wollte, damit sie während einem der vielen herbstlichen Stürme nicht Nachttöpfe stapeln muss um eine Überschwemmung zu verhindern, bleibt sie vor dem Eingang stehen, die Hände gegen das wettergezeichnete Holz gelehnt. Wenn dieser Ort eine Stimme hätte, könnte er wahrscheinlich von den wundersamsten Erlebnissen berichten. Von Lachen und Tränen, von kalten Wintern und heissen Sommern, wilden Jahren und ruhigen Augenblicken, von dem Gesang vieler und den Gedanken einzelner, von Wünschen und Sehnsüchten, Ängsten und Sorgen, Hoffnungen und Wissen. Ohne es bewusst wahr zu nehmen, fördert Calait den kleinen, unscheinbaren Bronzeschlüssel aus einer ihrer unzähligen Rockfalten zutage, schiebt ihn ins Schloss und schliesst auf. Die Tür quietscht in den Angeln und schwingt einen Spaltbreit auf, als wolle sie den unbekannten Gast hereinbitten. Calait nimmt die Einladung an und schiebt zögerlich einen Fuss über die Schwelle, fühlend wie der Staub der Jahre sich unter ihren dünnen Ledersohlen zu Flocken rollt, als sie sich endgültig vom Eingang löst und ins schummrige Halbdunkel des kleinen Häuschens eintaucht. Louan bleibt hinter ihr stehen, die Augen schimmernde, goldgelbe Spiegel im Schatten.

Eine Weile lang lässt Calait den Raum einfach auf sich wirken und lauscht. Von aussen dringt gedämpft das gelegentliche Wiehern der Reninker durch die Mauern, die frostversprechende Herbstbiese wimmert hier und da in den Ritzen und Spalten im Holz, die abgetragenen Dielen knarren leise, sobald sie das Gewicht von einem Fuss auf den anderen verlagert, und über ihrem Kopf raschelt es leise im Gebälk. Es ist kalt und sie nimmt sich vor als allererstes Brennholz zu versammeln und ein Feuer in dem von Borgil beschriebenen Kamin zu entfachen, sobald sich der Handwerker um das Dach gekümmert hat und die Wärme nicht sofort wieder durch die geschätzt vierhundert Löcher entwischen kann. Sie würde Strohmatten flechten und mit Leder bespannen müssen, um die Fenster richtig abzudichten, die Spalten im Lehm wollen aufgefüllt werden und wahrscheinlich müssen auch einige der Balken ersetzt werden– aber das kann warten.
Die schweren, goldenen Amreifen an ihren schmalen Handgelenken klirren leise, als sie sich weiter vor wagt und ihre suchenden Finger die Rückenlehne eines Stuhles streifen, der Kante eines Tisches folgen, ein leeres Regal finden und schliesslich auf dem Gestell eines Bettes zu ruhen kommen. Schnitzereien ziehen sich entlang des kompletten Fussendes und als sie die geschwungenen Linien neugierig erforscht, bildet sich unter ihren Händen die Krone eines Baumes, dessen Äste ineinander verschlungen in die Bettpfosten- und Füsse übergehen. Die Details sind mit besonderer Sorgfalt ausgearbeitet und für einen Moment kommt sich Calait vor wie ein Eindringling in einem fremden Schlafgemach, obwohl das Häuschen nach Borgils Aussage bereits seit Jahren leer steht und die ehemalige Besitzerin offensichtlich keinerlei Absichten hegt jemals wieder zurückzukehren.
Warum sie wohl alles zurückgelassen hat? Borgil hatte erwähnt, dass das Häuschen früher einer Freundin gehört hätte – aber darüber hinaus hatte er nie ein Wort über besagte Frau verloren und irgendetwas in seiner Stimme hatte Calait davon abgehalten nachzufragen. Das einzige, was sie weiss: Die Frau kommt nicht wieder. Ansonsten hätte Borgil ihr das Häuschen niemals verpachtet – auch wenn geschenkt es aus der Sicht eines anderen Pächters mit Sicherheit besser getroffen hätte. Calait hingegen, typisch Resande was Handel betrifft, schert sich nicht weiter um den Preis und empfindet es als völlig normal, dass sie Borgil gerade mal ein paar Kupfermünzen in die schwieligen Pranken drücken muss, um das alles hier als ‚Ihres‘ bezeichnen zu dürfen. Immerhin würde sie in der Harfe singen und spielen und sich, wann immer nötig, als Heilkundige zur Verfügung stellen. Das sie das längst tut und dafür auch immer ein warmes Mahl und die eine oder andere Entlohnung erhält ist ihrer Meinung nach komplett irrelevant. Borgil ist ein gewiefter Händler, mit allen Wassern gewaschen und darüber hinaus nicht gerade erst aus dem Stein gehauen. Er weiss ganz genau, was er kann und was er will. Wenn ihm der Handel nicht gefallen, oder er ihn schlicht und einfach nicht gewollt hätte, hätte er ihn ihr auch nie unterbreitet. Er hat ein Herz und ein goldenes obendrein, aber ausnehmen lässt er sich mit Sicherheit nicht. Von niemandem. Einmal ganz davon abgesehen, dass niemals im Leben probieren würde jemanden übers Ohr zu hauen.
Zumindest ihn nicht.

„Es ist alt, die Wände komplett windschief, die Balken morsch, der Wind pfeift durch mindestens hundert Ritzen, das Dach ist löchriger als ein rhainländer Käse und...“ Tief holt sie Luft, atmet den Duft nach abgestandener Luft, getrockneten Kräutern, kalter Asche und feuchtem Holz und schliesst die Arme um die wohlige Wärme in ihrer Brust: „... es gehört ganz alleine mir.“ Es fühlt sich so unglaublich gut an, dass sie es prompt noch einmal wiederholt: „Es gehört ganz alleine mir.“
Ich wünschte Lía wäre hier. Der Gedanke kommt wie ein Pfeil aus der Dunkelheit und tut einen Moment lang so weh, dass sie schlucken muss. Louan, der bislang regungslos zwischen Tür und Rahmen verharrt hat, erwacht wie auf Kommando aus seiner Starre, gesellt sich an ihre Seite und drückt seinen breiten Katzenschädel gegen ihre Oberschenkel. Ich auch, sagt seine Geste, Ich auch.
Über ein Jahr ist vergangen, seit Lía Talyra verlassen hat und zu den Resande aufgebrochen ist. Seitdem hat sich vieles verändert. Nur die Sehnsucht ist die Gleiche geblieben, stellt Calait fest, geht neben dem Luchs in die Knie und zieht ihren tierischen Gefährten an sich, bis Louan halb auf ihrem Schoss liegt und seine feuchte, kalte Nase gegen den dicken Wollstoff ihrer langen Weste drückt, während ihre Finger mit den Pinselhaaren an seinen Ohren spielen. Seine Rippen drücken sich durch Haut und Pelz gegen ihre Beine und sein Fell, früher einmal glänzend und glatt wie Seide, ist trocken und borstig geworden. Und je länger Lía fort bleibt, desto schwächer wird er. Wie so oft wehrt sich Calait mit Händen und Füssen vor der ebenso schrecklichen, wie unumstösslichen Wahrheit, die Tag für Tag greifbarer wird  und sich wie ein Dorn in ihr Herz frisst. Louan ist alt. Älter als ein normaler Luchs es jemals geworden wäre, aber auch wenn in dem Tierkörper ein mächtiger und zeitloser Geist steckt, der den Tod schon vor Ewigkeiten hinter sich gelassen hat, bleibt die Hülle vergänglich und damit auch sterblich. Tief in ihrem Inneren weiss Calait, dass Louan nicht mehr lange bei ihr bleiben wird. Das er sterben wird. Und das sie überhaupt gar nichts dagegen tun kann.

Aufgebrachtes Quietschen und das Trommeln kleiner, weicher Pfötchen verrät die Ankunft der Waldhörnchengeschwister, die es nicht länger auf dem Wagen vor dem Haus hält. Das Fichtenmarderweibchen Ériu und das Jadeotterweibchen Noraya streifen bereits seit zwei Tagen im Alleingang durch das Larisgrün. Auch Vi-Vi hat das Innere von Lías alten Stiefeln schon seit langem gegen die wilden Weiten über den Baumwipfeln eingetauscht, von Skar, dem Schellenfalken, hört Calait nur dann etwas, wenn die Jagd nach fetten Karnickeln oder wieselflinken Wiesenratten nicht erfolgreich war und die Schafe hingegen tummeln sich auf den weiten Feldern von Glyn-y-Defaid und schmarotzen von den saftigen Felder ihrer herzländischen Artgenossen.
Nur das Angstkaninchen Tanguy, der unersättliche Trolde Nimmersatt, Artum der Onager, die beiden Reninker und Hiiri, der Hunajahengst, sind treu an ihrer Seite geblieben – auch wenn sie sich schon bald etwas für Hiiri ausdenken muss, denn trotz des verkrüppelten Beines ist er ein kräftiger Kerl und braucht eine Möglichkeit seine Energie loszuwerden.
Louans Ohren zucken in die Höhe weniger als einen Herzschlag, bevor die Hunde vor dem Häuschen mit lautem Gebell Besuch ankündigen. Ah, der Handwerker. Na dann, ran an die Arbeit! Ohne Hast kämpft sie sich vom Boden auf, zupft Mauersegler aus ihrem Haar, das sie der Einfachheit halber in einem schmucklosen Zopf gebändigt hat, setzt das Hörnchen auf dem Boden ab und scheucht die ganze Tierschar ins Freie.
Etwas überrascht ist sie dann allerdings schon, da sich der Handwerker als niemand anders als Borgils Ziehsohn Tiuri höchstpersönlich entpuppt. Sie ist ihm bislang nur ein paar Mal in der Steinfaust und der Harfe über den Weg gelaufen, hat ein wenig mit ihm geschäkert, oft gelacht und hin und wieder im Kreis mit anderen Blaumänteln einen Krug gehoben, aber darüber hinaus nie die Möglichkeit gefunden ihn näher kennen zu lernen, da seine Ausbildung in der Steinfaust ihn gut beschäftigt hält.
Erkennen tut sie ihn an seiner Stimme, als er seinen Karren, auf dem er das Reet gestapelt hat, bis zu ihrem Planwagen dirigiert und dort zum Anhalten bringt. Etwas ungelenk – noch kennt sie nicht jeden Stein und jeden Maulwürfshügel auf ihrem Grundstück, aber das wird sich schnell ändern – lässt sie das Häuschen und den Djungel von Vorgarten hinter sich, klettert über das Gartentörchen, das nicht mehr zu öffnen ist und ruft mit ein paar wenigen Worten in ihrer Muttersprache die Hunde zur Ruhe, bevor sie sich entlang des Ponys bis zum Kutschbock vortastet, wo Tiuri gerade hinunter klettert.

Offensichtlich war die kurze Fahrt von der Harfe bist zum Nordtor alles andere als entspannt, denn der hochgewachsene, junge Mann dampft Wärme wie eine feuchte Wolldecke, die man zum Trocknen über ein Feuer gehängt hat und sein Atem geht etwas zu hektisch. Grinsend streckt sie die Finger nach ihm aus, findet erst eine Brust, und schliesslich die Schulter, auf die sie ihm brüderlich, beziehungsweise schwesterlich klopft: „Nachdem Vareyar dich das letzte Mal fast zwanzig Runden um den Sandplatz gejagt hat dachte ich, dass dich so schnell nichts mehr aus der Puste bringt. Was ist passiert?“ Ja, sie war unter den ‚Zuschauern‘ gewesen und hatte seinem Übungskampf mit dem Waffenmeister gebannt gelauscht und zufrieden genickt, als Tiuri den Spiess nach zwanzig Runden umgedreht und seinen Lehrer rückwärts einmal quer über den ganzen inneren Zwinger geprügelt hatte. Natürlich hatte er den Kampf verloren – aber es hatte Vareyar mehr als nur eine Drehung seiner Klinge abverlangt seinen Gegner in die Knie zu zwingen.

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Tiuri am 02. Dez. 2011, 22:07 Uhr
Irgendwie kann Tiuri es fast schon nicht mehr glauben, als er endlich das Nordtor erreicht und somit auch das kleine, völlig verwahrloste Häuschen das er wieder soweit zusammen flicken soll, dass Calait dort wohnen kann. Noch immer ist ihm ganz schön warm, trotz der kalten Temperaturen und des ewigen Nebels der sich seit Tagen über die Stadt gelegt hat und sich feucht in seinen dicken Umhang frisst. Natürlich bemerkt Calait es sofort, woran auch immer… mit einem einzigen Wort bringt sie die bellenden Hunde zum Schweigen und klettert dann über das morsche Gartentor als hätte sie es schon hundertmal getan und wie immer als wäre die Fähigkeit zu sehen nur purer Luxus.
>Nachdem Vareyar dich das letzte Mal fast zwanzig Runden um den Sandplatz gejagt hat dachte ich, dass dich so schnell nichts mehr aus der Puste bringt. Was ist passiert?< sagt sie anstatt einer Begrüßung und klopft ihm dabei freundschaftlich auf die Schulter. Tiuri erwidert den Gruß indem er sie kurz mit einem Arm an sich drückt und dann hörbar ausatmet.
„Das dachte ich auch“, dachte er wirklich, denn nach diesem Kampf konnte er zwar für Tage jeden einzelnen seiner Muskeln spüren, aber gleichzeitig hatte er auch das Gefühl ein besserer Schwertkämpfer denn je zu sein. „aber scheinbar braucht es nur ein Pony, einen Wagen und ein paar Hundertschritt um mich in den Wahnsinn zu treiben.“ Er lacht leise und schon wesentlich weniger genervt auf. Jetzt wo er endlich angekommen ist, kommt ihm die ganze Odysee wie ein verrücktes Märchen vor über das man einfach nur lachen kann.
„Dabei ist das nicht mal mein Pony… oder Borgils Pony…“ er dreht sich um deutet auf das schwarz-weiß gefleckte Untier als ob Calait es sehen könnte. „das ist nicht mal unser Wagen!“ Allein als er zu erzählen beginnt, fängt er schon wieder an zu schnaufen wie ein kleiner Drache und deutet immer wieder zwischen Pony und Wagen hin und her.
„Zuerst wollte ich mit unserem Wagen und unserm Pony ganz einfach ins Handwerkerviertel fahren um das Reet abzuholen. Vielleicht hatte ich ein zu gutes Frühstück oder so, aber auf dem Weg dorthin, merke ich schon, dass der alte Karren verdächtig knarrt, aber wir waren unterwegs, der Wagen fuhr, da hab ich mir nichts weiter gedacht, außer, dass ich den daheim mal anschauen muss was zu reparieren ist. Ich komm also ins Handwerkerviertel, aber der Dachdecker bei dem Borgil das Reet bestellt hat, ist nicht da. Ich klopfe also an alle Türen, schau durch die Fenster, seine Nachbarin beschimpft mich als Spanner bis endlich seine Frau raus kommt und sagt, dass ihr Mann nicht da wäre, weil das Reet nicht gekommen ist. Er ist zum Hafen gefahren um dort seinem persönlichen Reetbauern die Hölle heiß zu machen, aber ich könne dort ja hin fahren, nicht schwer finden, den Reetbauern nennen die Leute auch nur den alten Reet.“ Er zuckt mit den Schultern ob der Kreativität der talyrischen Stadtbewohner und schiebt sich dann seine zwar frisch gestutzten, aber schon wieder völlig verstrubelten Haare aus dem leicht geröteten Gesicht. „Naja, ich fahr also mit meinem krachenden Wagen und dem dicken Pony zum Hafen, aber glaubst du dort kennt irgendeiner einen Kerl der alter Reet heißt? Nein… hat ganz schön gedauert bis ich den gefunden hatte. Aber da steht er dann, mitsamt dem Dachdecker und tratscht… jaa, das täte ihm leid, hat er ganz vergessen, dass er das heute hätte liefern sollen, aber seine Tochter ist zum gefühlten 25. Mal Mutter geworden und wir wüssten ja.. blabla und so weiter und so fort, du kannst es dir ja sicher vorstellen. Aber wenigstens konnte ich das Reet dann gleich dort aufstapeln, hatte auch zwei Helfer dabei, das ging also ziemlich flott, ich bedank mich, bezahl, schwing mich auf den Wagen und…. RUMPS!“ Er untermalt sein Rumps nicht nur mit einer ausladenden Gestik sondern auch mit sehr authentischen Krach, Grummel und Poltergeräuschen. Er hält kurz inne, schlägt die Hände vors Gesicht und schüttelt den Kopf. Schon wieder muss er bei der Erinnerung daran ein bisschen irre kichern, was besser ist als wenn er an Ort und Stelle zu Schreien und Springen begonnen hätte.
„Naja…“ er räuspert sich und unterdrückt das Lachen ehe er weiter spricht. „Die Männer wollten mir dann natürlich auch gleich ganz nett helfen, haben das Pony ausgespannt und die Reste vom Wagen auseinander gebaut, dabei ist der arme dicke Bildur… das Pony… auf einen Nagel getreten. Wir haben den Nagel gleich raus gezogen und es war nicht zu tief, aber mit sowas ist nicht zu spaßen, das muss sich jemand ansehen, der sich da auskennt. Also hat einer von Reets Enkeln den armen Bildur mitgenommen und zum Schmied gebracht, aber da war ich dann, ohne Pony und ohne Wagen und mit einer Ladung Reet. Ein Wagen hab ich dann auch vom alten Reet bekommen und ein Pony von dessen Sohn… rat mal wie der heißt, ja… Junger Reet! Aber das Pony vom jungen Reet…“ an dieser Stelle fletscht er die Zähne in Richtung des dicken Schecken „ich glaub das hat in seinem Leben noch nicht so viele Wägen gezogen. Ich sag’s dir, schneller wär ich gewesen, wenn ich das Reet selbst, büschelweise zu Fuß her getragen hätte. Auf halbem Weg ist das Mistvieh einfach stehen geblieben und ich musste es bis zum Nordtor zerren. Auf dem Rückweg setz ich das Pony hinten drauf und zieh den Wagen selbst, das ist einfacher. Oder vielleicht haben deine Hunde ja Hunger!?“

Endlich hat er seine Unglücksgeschichte fertig erzählt und nimmt sich zum ersten Mal Zeit Calaits Häuschen genauer anzuschauen. Natürlich kennt er das kleine Haus, immer wenn er durchs Nordtor muss dann fällt es ihm auf. Allerdings kennt auch er es nur leer und hat es mit der Zeit immer mehr verfallen sehen. Jetzt steht es vor ihm, eine kleine Großbaustelle an der nicht nur das Dach zu reparieren ist.
„Na dann, legen wir mal los, oder?“ Mit ein bisschen  roher Gewalt hebt er das kleine Gartentor aus den rostigen Angeln und lehnt es gegen die das grundstückumgebende Steinmauer. „Milady!“ mit einer galanten Geste winkt Tiuri Calait durch die nicht so elegant geöffnete Tür auf einen gepflasterten Weg der zur Eingangstüre führt, aber vor lauter Unkraut das auf ihm wuchert, schon fast nicht mehr als solcher zu erkennen ist.

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Colevar am 15. Dez. 2011, 10:57 Uhr
In der Nacht auf den ersten Langschnee


Es ist fast Mitternacht, jedenfalls seinem Gefühl nach, als Colevar endlich die windschiefen Überreste eines uralten, ehemals schreiend bunten Zaunes und damit das alte Häuschen zwischen der Nordmauer und dem Rand des Larisgrüns erreicht. Er war Hals über Kopf aus der Harfe gestürzt, das chaotische Gefühl von Zerrissenheit im Kopf, einen kalten Stein im Magen und hämmernde Leere im Herzen. Erst hatte er das Pferd nehmen wollen, sich dann aber dagegen entschieden, schließlich war Filidh längst abgesattelt, trocken gerieben und mit einem Berg Heu beschäftigt, und war zu Fuß am Strand entlang durch den Nebel gerannt, die sanfte Brandung als Orientierung im Ohr, hatte den einsamen Nachtwächter, ein junges, unbekanntes Gesicht, an der Strandpforte mit Engelszungen beschwatzt, ihn durchzulassen und war dann dem schmalen, holprigen Saumpfad voller Kiefernnadeln und Kieselsteinchen nach Westen gefolgt. Nun steht er hier, vom immer noch dichten Nebel längst wieder durchnässt, seine Haut prickelt vor Kälte, und er fühlt sich so zerschlagen, als hätte ihn eine eisige Brandung gegen felsige Klippen geschmettert. Was tust du hier? Hier ist nur Calait. Trotzdem will er sie sehen, er muss sie sehen und mit ihr sprechen – nicht, weil sie Lías Zwilling ist oder genauso aussieht wie die Frau, die er geliebt hat, sondern weil sie der einzige Mensch auf Rohas weitem Rund ist, dem es genauso geht, wie ihm, der im selben Boot sitzt, der einzige, der verstehen kann - weil er dasselbe fühlt.

Morian... Morian war ihm ein wenig vertraut geworden in den letzten Monden, als Reisegefährtin, als Kameradin. Aber er hatte nicht mit ihr reden können, nicht über Lía, nicht über sich. Hätte sie ihm zugehört? Er weiß es nicht. Er hatte es einmal versucht, aber er war nicht sehr weit gekommen. Der Nebel ist so dick, dass er das kleine alte Häuschen in dem völlig verwilderten Garten nur als dunklen Schemen erahnen kann. Er kennt es von früher und einen Moment lang schwirren abgerissene Bildfetzen seiner Kindheit durch seine Gedanken. Früher war das winzige Haus mit seinem krummen Kamin weiß getüncht, hatte bunte Butzenglasscheiben und war das verwunschene, halb von Efeu und Kletterrosen überwucherte Heim einer Elbenhexe gewesen. Colevar erinnert sich daran, dass sie sich als Kinder und Halbwüchsige oft hierher geschlichen hatten. Neben "Wer schafft es, von Lady Ninianes Baum ein Blatt zu klauen" oder "Wem gelingt es aus Borgils Küche einen Honigfinger zu stibitzen" war "Wer beobachtet die Hexe unbemerkt beim Baden" eine allseits beliebte Mutprobe gewesen. Du schindest Zeit! Colevar holt tief Luft und betritt das Grundstück durch die traurigen Reste zweier kniehoher Türmchen, zwischen denen vor Jahren einmal so etwas wie eine Pforte angebracht gewesen sein muss.

Das Häuschen schält sich aus dem Dunst und er erkennt gemauertes Fundament, frisch verputzte Stellen an den krummen Wänden, hier und da einen neuen Fensterladen und ein mit silbrigem Reet frisch gedecktes Dach. Der Schornstein ist so schief wie er ihn in Erinnerung hat und er spuckt dunkleren Rauch in den hellgrauen Nebel. Sie scheint da zu sein. Die Hütte liegt in tiefer Dunkelheit und Stille vor ihm, aber er hat die Schwelle noch nicht einmal betreten, geschweige denn die Hand nach dem abblätternden Grün der Tür ausgestreckt, um anzuklopfen, als drinnen die Hunde anschlagen, ein dreistimmiger Chor zuerst wütenden Grollens und Knurrens, das jedoch nach einem Augenblick verdutzten Schweigens und hörbaren Schnüffelns in freundliches Gebell und aufgeregtes Jaulen übergeht. Shirin erkennt Colevar sofort an ihrem hellen, fröhlichen Japsen, Breur und Traõn kann er nicht auseinanderhalten, aber er hört sie beide und sie haben ihn offensichtlich alle drei noch gut in Erinnerung, denn irgendeiner, vermutlich die kleine Resanderhündin, kratzt inzwischen winselnd von Innen an der Tür. "Gutes Mädchen", flüstert er leise und für einen Moment hätte er fast erleichtert die Stirn an das nasskalte Holz gelehnt. Dann hört er drinnen jemanden rumoren und eine leise, wohl bekannte Stimme, die ein paar deftige Flüche unterdrückt und die Namen der Hunde nuschelt. "Calait? Ich bin es... Colevar."

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Calait am 16. Dez. 2011, 10:37 Uhr
~Irgendwann im Nebelfrost~

Als er zur Begrüssung einen Arm um sie legt ertappt sie sich selbst bei dem Versuch sich auf die Zehenspitzen zu stellen, um ihm einen Kuss zu stehlen. Es ist nicht so, als hätte sie bislang noch nie den einen oder anderen ganz offensichtlichen Schritt in eine bestimmte Richtung unternommen – und sich dabei so manchen Kommentar von den Blaumänteln und Borgil gefallen lassen müssen -, aber entweder ist Tiuri noch blinder als sie selber, aufgrund seiner harten Ausbildung bei der Stadtwache einfach zu erschöpft für derlei Spässchen, oder er interessiert sich schlicht und ergreifend einfach nicht für sie... oder er hat ein anderes Problem. Letzteres wird von mehreren Fronten, allen voran einer sehr leichtbekleideten und einmal im Jahr einträchtlich rotsohligen, vehement bestritten. Es grenzt an ein Wunder, dass Wiesenschön, eine blutjunge und sehr hübsche Inarinovizin, mit Augen so dunkel wie der Nachthimmel und goldglänzenden Locken, ihr nicht gleich keifend und zeternd an die Kehle gesprungen ist, als sie spöttelnd angemerkt hat, vielleicht habe Tiuri im Krieg mehr eingebüsst als nur seine Jugendlichkeit.
Sie ist alles andere als eine Kostverächterin und im Umgang mit dem männlichen Geschlecht sehr viel offener, als sich geziemt, aber nur weil sie gerne hin und wieder auf dem einen, oder anderen Schoss herumlümmelt und nichts dagegen hat, dass Sichelzahn, Kolbeyn, Bronzedraht und Doug sich den Türknauf in die Hand geben sie zu umgarnen und ihr mit süssen Zungen zu schmeicheln, wechseln ihre Bettgefährten noch lange nicht im Akkordtempo. Ganz im Gegenteil. Varin ist der einzige, mit dem sie mehr teilt, als eine gelegentliche Umarmung, einen anzüglichen Klapps auf den Hintern oder einen freundschaftlichen Kuss auf den Mundwinkel. Was nicht an der fehlenden Auswahl liegt, sondern... an Varin. Obwohl er keinerlei Anspruch auf sie stellt und auch keinen Hehl daraus macht, dass er nicht nur mit ihr regelmässig die Felle teilt, sondern durchaus auch immer noch ein gern gesehener Gast im Pfirsich ist, lässt er nichts auf sie kommen. Er füllt ihr Leben gerade genug aus, um keinen Platz für jemanden anderen zu lassen, ohne seine –kaum vorhanden - Grenzen zu überschreiten, oder ihre zu reizen. Für Tiuri ist sie allerdings gerne bereit besagte Grenzen ein wenig zu dehnen. Sie kann den Finger nicht drauf legen - und an peinlichem Herumgestammel ist ihr überhaupt nicht gelegen -, aber er reizt sie. Wobei es dich doch eigentlich nur reizt, ihn zu reizen, damit er dich reizt... ya. Mit einem versierten Grinsen, dass überhaupt nichts von ihren Gedanken verrät, rettet sie sich in ein unverfängliches ‚flüchtig-an-ihn -drücken‘ und fühlt, wie seine Brust sich unter einem tiefen, fast schon theatralischen Atemzug hebt. „Das dachte ich auch, aber scheinbar braucht es nur ein Pony, einen Wagen und ein paar Hundertschritt um mich in den Wahnsinn zu treiben.“ „Ein Pony, einen Wagen und ein paar Hunderschritt“, echot sie mit einem leisen Prusten, stützt die Hände auf ihre Hüfte und merkt frotzelnd an: „Das klingt wirklich ungeheuerlich anstrengend.“ Tiuri nimmts wie er muss: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.

Und dann berichtet er über sein Abenteuer der tausend Reets mit ihren Reet-Söhnen, den Ponys und den Wägen und dazwischen gibt er das komplette Repertoir an Geräuschen zum Besten, zu dem ein menschliches Wesen fähig ist – und ein paar mehr, von denen Calait gar nicht wissen will, wie er sie zwischen seinen Stimmbändern und Zähnen hindurch zwingt. Es klingt auf jeden Fall nicht gesund und sie nimmt sich vor ihm etwas verdünnten Wein anzubieten, sobald er seinen kurzen Abstecher in die Hölle und wieder zurück zu ende erzählt hat. Sie nickt nur hin und wieder, lacht da und dort, beisst sich heldenmütig auf die Unterlippe, um das gute Frühstück nicht zu kommentieren, hält sich den schwirrenden Kopf vor lauter Reets, hat kurzzeitig den Faden verloren, als es um Borgils Pony, das andere Pony, irgendein Pony und das gefleckte Pony geht, fragt sich, warum der Wagen jetzt das Tier zieht und Tiuri mit dem Reet hinterher dackeln soll und kann schlussendlich, überwältig von soviel Pech auf weniger als fünf Hunderschritt, nur noch nicken und lächeln. “Oder vielleicht haben deine Hunge ja Hunger?“
Wie auf Kommando scharwenzeln Breur, Traõn und Shirin um seine Füsse und beäugen spekulativ ihr potentielles Frühstück auf vier Beinen, in Hundegedanken bereits bei saftiger Herzpastete und zarten Nierenstückchen – allerdings ist das Pony so gar nicht mit Tiuris Vorschlag einverstanden und verpasst ihm einen kräftigen Kopfstoss gegen die Schulter. Calait hört lediglich das dumpfe Krachen von Knochen auf Knochen und ein agressives Wiehern und tritt sicherheitshalber einen Schritt zurück, um nicht zwischen die Fronten, beziehungsweise unter die Hufe zu geraten. Das würde Varin ihr bestimmt nicht danken, obwohl er als Eunuch, wie sie immer wieder gerne beteuert, ganz lieblich singen könne.
„Hunger haben sie immer. Und wenn nicht sie, dann bestimmt Nimmersatt. Aber wie wärs, wenn wir das Pony einfach hinten am Wagen festzurren und stattdessen Zhaabiz einspannen? Ich muss sowieso noch in die Stadt zu Schiefenkiefer. Dann bringen wir erst das Pony und den Wagen bei einem der Reets vorbei und danach setz ich dich bei der Harfe, oder bei der Steinfaust ab.“
Ob ihm der Vorschlag gefällt, oder er sich doch lieber noch einmal den ganzen Weg bis in den Hafen mit diesem störrischen, zähnefletschenden Monsterpony abmüht, bleibt vorerst undeutlich, denn er entdeckt das Häuschen und sagt ersteinmal gar nichts mehr. Calait, die sich einen Moment lang etwas über die Stille wundert, nickt eifrig, als er endlich die Sprache wiederfindet und dem Dach an den Kragen, beziehungsweise das Reet gehen will. „Na dann, legen wir mal los, oder?“
Das kleine Gartentörchen quietscht panisch auf, muss dann aber aber doch vor Tiuris Kraft weichen und wird an die kniehohe, aus Flusssteinen aufgestapelte Mauer angelehnt, wo sich prompt ein paar Kiesel und Splitter lösen. Stein kratzt über Stein, es rieselt leise und trocken gibt Calait zu Protokoll: „Alles sehr solide hier!“ Dann folgt sie mit einem leisen Kichern und schwingenden Röcken seiner äusserst noblen Einladung und schlängelt sich durch das wuchernde Unkraut zurück bis zum Haus, derweil die Hunde sich unter den Planwagen zurückziehen und Louan es sich nicht nehmen lässt das arme Pony mit seinem zahnlosen Greisengrinsen noch etwas mehr aus der Fassung zu bringen. "Kann ich dir irgendwie zur Hand gehen, oder steh ich dir nur im Weg herum?" Natürlich wird sie die Gelegenheit beim Schopf packen und auf dem Dach herumturnen, wenn sie ihm dadurch nicht ständig und überall in die Quere kommt- was sehr wahrscheinlich der Fall ist. Und wenn nicht sie, dann eines der hundert Tiere, die ihr kurzerhand folgen würden. "Ansonsten würde ich mich drinnen um ein wenig... Wohnlichkeit bemühen und dich hin und wieder mit warmem Met oder wahlweise auch frischem Wasser verköstigen. Übrigens: die Tür klemmt ein wenig“, lichtet Calait Tiuri in die Tücken des bezaubernden Waldhäuschens ein, die ihrer Begeisterung allerdings keinerlei Abbruch tun, tastet sich vor, bis sie wettergezeichnetes Holz unter ihren Fingern fühlt und zerrt an dem durch die Jahre glatt polierten Türknauf: „und lehn dich besser nicht an die Südmauer, da ziehen sich Risse durch den Putz. Von den Dielen rund um den Kamin solltest du dich ebenfalls fern halten, sonst darf ich dich nachher aus dem nicht vorhandenen Keller graben. Oh, und stoss dir nicht den Kopf an den Balken. Wahrscheinlich brechen die sonst und ich hab gar kein Dach mehr, nicht mal mehr ein löchriges. Und vielleicht ist es auch besser du setzt dich nicht auf einen der Stühle, ich habe noch nicht ausprobiert, wieviel die noch aushalten. Ach, und bevor ich es vergesse:“ Entschlossen streicht sie sich den langen Zopf in den Nacken, holt einmal tief Luft, ergreift den Knauf mit beiden Händen, stemmt auf gleicher Höhe einen Fuss gegen die Grundmauer und rückt der widerspenstigen Tür mit wohlplatziertem Rucken zu Leibe: „Feuer.Nesseln. Über. All! Huch...“

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Calait am 16. Dez. 2011, 19:17 Uhr
~Von der Nacht auf den ersten Langschnee~

Mit einem Laut irgendwo zwischen dem missmutigen Brummeln eines erkälteten Maulwurfs und dem Quietschen eines ganz und gar unwilligen Eichhörnchens schiebt sie Felle und Decken bis unter ihr Kinn und dreht ihr Gesicht in Erwartung eines völlig durchgefrorenen Varin verschlafen in Richtung Tür, wo Shirin vor lauter Vorfreude jaulend im Dreieck hüpft und am Spalt zwischen Tür und Schwelle schnüffelt. Breur und Traõn drängen sich gegenseitig zur Seite im Versuch Varin als erstes ihre feuchten Hundenasen in die Handinnenflächen zu drücken. Calait hingegen denkt gar nicht dran die Wärme ihres wohldrapierten Fellnests zu verlassen, nur weil die Tür mal wieder klemmt und Varin, durchgefroren und mit vor Kälte steifen Fingern, den Knauf nicht richtig drehen kann. Der Blaumantel hat die unangenehme Gewohnheit entwickelt nach einer langen Wache in einer nebelfrostigen Winternacht ganz spontan bei ihr hereinzuplatzen, die durchweichte Kleidung vor dem Feuer zum Trocknen aufzuhängen – oder, wenn er es eilig hat ins Warme zu kommen, auch einfach achtlos auf den Boden zu werfen – und nackt und kalt zu ihr ins Bett zu kriechen. Schon bei dem Gedanken, wie er seine Arme um sie schlingt und seine zehn Eiszapfen vor ihrem Bauch verschränkt, schaudert ihr, aber wie immer würde er ihr Fauchen mit einem hungrigen Kuss im Keim ersticken und dann würden sie die Kälte gemeinsam zum Namenlosen jagen.  „Breur, Traõn, Shirin...“ Winselnd lässt die Resander davon ab ein Loch in den Fussboden zu graben und die Hundebrüder machen immerhin einen ganzen halben Schritt zurück, ohne das Schwanzwedeln einzustellen oder ihre Augen von der Tür zu nehmen. Meine Güte, hat Varin etwa erst einen Abstecher in die Harfe gemacht und riecht, als hätte er sich in Wildbraten gewälzt? Und was tut er so lange da draussen? "Calait? Ich bin es..  Colevar." Mit einem sehr undamenhaften Naserümpfen dreht sie dem Eingang demonstrativ den Rücken zu und wickelt sich noch etwas fester in ihre Felle: „Wenn du glaubst, ich beweg mich auch nur einen Sekhelrin, dann liegst du...“ Irgendwo in ihrem Kopf kracht ein Gedanke frontal in ihr Bewusstsein. Ich bin es..  Colevar... Colevar.... Colevar... „Colevar!“
Mit einem Schlag ist alle Müdigkeit dahin und sie sitzt senkrecht im Bett, ihre Lungen plötzlich viel zu klein für all die Luft, die sie hineinpressen möchte. Die Augen weit aufgerissen lauscht sie angestrengt ins Halbdunkel der Hütte, sich nicht sicher, ob sie es richtig gehört, oder ihr Verstand sie genarrt hat. Wenn du noch länger hier sitzt, ist es egal, ob es ein Traum war oder nicht. Dann glaubt er, du willst ihn gar nicht sehen und geht wieder. Himmel! Das hilft und mit halsbrecherischer Geschwindigkeit strampelt sie sich unter ihrem Deckenberg hervor, schwingt die Beine über den Bettrand und rettet mit rudernden Armen ihr Gleichgewicht, als sie in aller Eile das Mobiliar vergisst und sich heftig das Schienbein an einer Tischbeinkante stösst. „Uh, au, verflixt...“ Stolpernd umrundet sie den Tisch, erinnert sich auf halbem Weg, dass sie nichts anhat, befindet es für unwichtig und versetzt der Tür einen solchen Stoss, dass die es gar nicht wagt sich zu widersetzen und widerstandslos aufschwingt.

Die Hunde stürzen dem unerwarteten aber seit langem herbeigesehnten Gast bellend und wispelnd entgegen und Calait muss an sich halten, es ihnen nicht einfach gleich zu tun. Den Frost, der ins Haus drängt und ihre nackten Arme und Beine mit Gänsehaut überzieht, bemerkt sie nur am Rande. Ihre gesamten Sinne konzentrieren sich auf den Mann, der gross und kräftig vor ihr aus der silbernen Nebelnacht ragt und auf dessen Rückkehr halb Talyra über drei Jahre lang gewartet hat. Varin hatte brav Bericht erstattet, wann immer man irgendetwas von Colevar gehört haben wollte – aber dass er heute Nacht zurückkehren würde, darüber hat der Blaumantel kein Wort verloren. Wahrscheinlich hat er es gar nicht gewusst. Und es ist auch gar nicht mehr wichtig. Er ist hier. Jetzt.
„Colevar“, wiederholt sie sehr leise, sehr sanft und sehr erleichtert, streckt die Hände nach ihm aus, bekommt feuchte Wolle und dreckiges Linnen zu fassen und zieht ihn an sich. Fest schlingen sich ihre Arme um seinen Nacken und sie verliert den Bodenkontakt, als er sie hochhebt und an sich drückt, als wöge sie nicht mehr als ein kleines Kind. Das er sie gleichzeitig auch ins warme und trockene Innere und die Tür hinter sich mit einem Tritt ins Schloss befördert, fällt ihr erst auf, als sie ihn nach einer ganzen Weile wieder freigibt und er sie vorsichtig zurück auf ihre Füsse stellt. Flink gleiten ihre Finger über sein Gesicht, seinen Hals, tasten sich über Schultern, Arme und Hüfte und machen eine vorsorgliche Bestandsaufnahme, falls er sich mal wieder von irgendwelchen Bolzen hat spicken lassen, finden am Ende aber unweigerlich wieder zu seinem Gesicht zurück. Vor vielen Monden hat sie irgendwo in den Wäldern von Immerfrost an den südlichen Ausläufern des Ostwalls festgestellt, dass Colevar ein äusserst ansprechender und verteufelt gut aussehender Mann ist – jetzt findet sie davon nur noch Schatten unter einem stoppeligen Kinn, eingefallenen Wangen und strähnigem Haar. Die Zeit dort draussen hat ihn schonungslos gezeichnet und seine Züge sind scharf und kantig geworden. Nein. Sei ehrlich. Es waren nicht die Jahre. Es war Lía. Aber das ist es nicht, was Calait erschreckt, sondern seine Präsenz – oder das Fehlen eben dieser. Dort wo er war, klafft ein riesiges Loch, die Ränder notdürftig zusammengehalten durch Reste dessen, was ihre Schwester und ihr gebrochenes Versprechen von ihm übrig gelassen haben. Unsinnigerweise spreizt sie ihre Finger, als könnte sie diese Leere schützend umfassen und in der Wärme ihrer Hände bergen, aber das kann sie nicht. Du wusstest, es würde schwer werden – und übrigens ist es auch deine Schuld! Egal! Er stinkt wie eine ganze Jochgrube, starrt vor Dreck, ist von Kopf bis Fuss durchweicht, wahrscheinlich hungrig wie ein Bär und todmüde... aber er ist hier. Er hat sich nicht in irgendeinem Fluss ertränkt oder an irgendeinem Baum aufgeknüpft. Er steht noch. Er redet. Er ist zurück gekommen.
„Setz dich“, weist sie ihn an und lächelt ein kleines Lächeln: „Und gib mir deinen Umhang. Ich hänge ihn vors Feuer, damit er ein wenig trocknen kann... und dann, wenn es dir nichts ausmacht, ziehe ich mir etwas an, bevor ich uns beiden einen Becher... oder zwei mit Feuerkehl fülle. Seit wann bist du wieder da? Oh, sieh mal, da freut sich noch jemand dich zu sehen.“
Es ist Louan, der sich  mit der langsamen, würdevollen Eleganz eines greisen Katers inzwischen ebenfalls von seinem Schlafplatz ganz in der Nähe des Feuers erhoben hat und nun neben ihnen steht und aus wissenden Augen zu Colevar aufschaut. Ah, du, scheint er sagen zu wollen, es wurde Zeit. Schön dich zu sehen. Calait streichelt dem Luchs liebevoll über den breiten Schädel und erspart es sich selbst und Colevar das Offensichtliche auch noch auszusprechen.

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Colevar am 19. Dez. 2011, 16:14 Uhr
Die Tür vor seiner Nase ruckt, als reiße jemand von innen mit aller Kraft daran, dann gibt das rostige Schloss nach und sie springt knarrend auf. Colevar kann im ersten Moment nicht viel sehen, denn er geht augenblicklich im Freudentanz einer kleinen Lawine aus drei mehr oder minder großen, wild durcheinander hüpfenden Fellbergen unter, die ihn fast unter sich begräbt. Breur und Traõn sind groß genug, um ihm die Pfoten auf die Brust zu legen, wenn sie an ihm hoch springen - und zusammen auf jeden Fall schwer genug, um ihn erfolgreich aus dem Gleichgewicht zu bringen -, aber es ist Shirin mit ihren begeisterten Hopsern, die sein Gesicht tatsächlich hin und wieder mit ihrer nassen Nase erreicht, weil sie in ihrer Freude einfach auf die beiden Hütehunde springt und sich von dort aus dann an ihm hoch arbeitet soweit es nur irgend geht. Colevar tut nichts, um die Hunde von sich abzuhalten, er breitet einfach die Arme aus und drückt alle drei an sich.
>Colevar.<
Ihre Stimme ist nicht laut, aber sie übertönt mühelos den Tumult der Hunde und Colevar erstarrt mitten in der Bewegung. Sie steht im Türrahmen mit nichts als Gänsehaut am Leib, die weichen, dunklen Haare noch wirr vom Schlaf und für einen Moment, nur einen Herzschlag vielleicht, sieht sie ihn an, als könne sie sich nicht entscheiden, ob sie sich ihm in die Arme werfen oder ihn nicht doch lieber ohrfeigen solle. Dann streckt sie die Hände nach ihm aus, tastend, fragend, fordernd, bekommt den Rand seines Umhangs und ein Stück seines Hemdes zu fassen und im nächsten Moment hat er sie hochgehoben und hält sie fest, und überwältigende Wärme lässt auf der Stelle alles andere verblassen. Er weiß nicht, wie lange sie so stehen und einander einfach umarmen, er hat gerade noch genug Geistesgegenwart, mit ihr in seinen Armen und den Hunden zu seinen Füßen ins Innere ihres Hauses zu stolpern, und die Nachtkälte hinter ihnen allen auszusperren. Es spielt keine Rolle, dass sie keinen Fetzen am Leib trägt, es ist auch nicht wichtig, dass sie sich drei Jahresläufe nicht gesehen und nichts voneinander gehört haben. Es spielt keine Rolle, dass sie nun einmal Calait und nicht Lía ist, auch wenn er bei ihrem Anblick etwas empfindet, das schlimmer ist als Schmerz – wer hätte gedacht, wie bittersüß das wäre. Es ist auch nicht wichtig, dass er nicht sagen kann, wohin all sein Atem verschwunden ist, der seine Lungen bis auf das letzte Quäntchen verlassen hat oder woher das Brennen in seinen Augen und in seiner Kehle kommt. Irgendwann stellt er sie widerstrebend auf die Füße zurück und sie beginnt eine hastige Bestandsaufnahme seines Äußeren, sieht ihn, liest ihn mit ihren Händen wie sie es schon einmal getan hat – vor langer Zeit am anderen Ende der Welt und in einem ganz anderen Leben... und schreckt fast zurück. Er weiß genau, warum. Als er ihre zögernden, schaudernden Finger einfängt, fest in seine nimmt und das Schweigen bricht, ist seine Stimme so rau wie Sandpapier. "Ihr Lied ist schon lange verstummt, Calait."

>Setz dich,< erwidert sie leise. >Und gib mir deinen Umhang. Ich hänge ihn vors Feuer, damit er ein wenig trocknen kann... und dann, wenn es dir nichts ausmacht, ziehe ich mir etwas an, bevor ich uns beiden einen Becher... oder zwei mit Feuerkehl fülle.<
"Danke. Das mit dem Umhang erledige ich schon, zieh dir du etwas an, aye? So warm ist es hier drinnen auch nicht." Ehrlich gesagt zieht es sogar noch an ein oder zwei Stellen durch die Wände, wo der Putz erneuert wurde... offenbar sind die Arbeiten, das uralte Hexenhaus wieder bewohnbar und winterfest zu machen, noch nicht ganz abgeschlossen. Colevar hängt den schweren, nasskalten Wollstoff über eine Stuhllehne und legt Holz nach, während Calait irgendwo in den Schatten im hinteren Teil ihres Häuschens verschwindet. Er kann sie nicht mehr sehen, aber er hört sie rumoren, mit Stoff rascheln, mit Tongeschirr klappern - und Fragen stellen. >Seit wann bist du wieder da?<
"Noch keine Stunde. Ich bin hergekommen sobald Borgil mir gesagt hat, dass du hier bist. Ich wusste es nicht. Dass du in Talyra geblieben bist, meine ich."
In den Schatten regt sich etwas – Calaits Umriss, die mit einem Krug und zwei Bechern zum Tisch zurückkehrt und hinter ihr...
> Oh, sieh mal, da freut sich noch jemand dich zu sehen.<
Er hätte nicht gedacht, dass er noch so etwas wie ein Herz unter diesem kalten Mühlstein in seiner Brust hätte, das brechen könnte, aber Louans Anblick beweist ihm das Gegenteil. Er kann es hören, als es geschieht, ein leises, sauberes Geräusch, nicht lauter als das Knacken eines frosterstarrten Zweiges irgendwo in einem winterlichen Wald. Nein... nein... "Pelzgesicht..."
Von dem einst so schönen und stolzen Valkoinen Ilves ist nicht viel mehr als ein Schatten seiner Selbst geblieben. Er ist furchtbar dünn, so ausgemergelt, dass die Knochen selbst durch den dichten Winterpelz hervorstehen, ein milchiger Schleier liegt über den einst goldenen Augen und er bewegt sich so behutsam, als fürchte er seine morschen Beine könnten jeden Moment unter ihm nachgeben. Trotzdem rammt er Colevar seinen breiten Kopf gegen das Knie, wie er es auch früher getan hat, und schnurrt kurz. Während Calait sich zum Tisch tastet, dabei Louan beiläufig über den Pelz streicht, den Krug mit dem Feuerkehl und die Becher abstellt und ihnen einschenkt, kniet Colevar sich zu dem Luchs auf den Boden. Louans Anblick erschüttert ihn mehr als alles andere. Calait sagt kein Wort, aber das ist auch nicht nötig, denn er erkennt den Tod, wenn er ihn sieht, er vor allen anderen.

Colevar ist ihm oft genug von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden – und erinnert sich an all diese Begegnungen – um ebenso gut zu wissen, dass es in der Tat schlimmeres gibt. Wie viel besser zu sterben, als trauernd zurückzubleiben. Er breitet die Arme aus und Louan schmiegt sich hinein, klettert halb auf ihn und legt den Kopf mit den langen Pinselohren an seine Brust, wo er seufzt und dann still liegt, die Augen halb geschlossen. Nur einmal dreht er den Kopf und blinzelt ihn an, mit einem seltsam eindringlichen Blick, der lange auf ihm ruht. "Schon gut, Pelzgesicht. Du hast mein Wort - ich werde gut auf sie aufpassen." Calait drückt ihm einen Becher in die Hand und setzt sich zu ihm, lehnt den Kopf an seine Schulter und streicht Louan über die braune Nase, blind, aber zielsicher wie eine Fledermaus, die in völliger Dunkelheit nach Insekten schnappt und sie nie verfehlt. "Noch vor dem Morgengrauen. Wenn die dunkelste Stunde kommt, bevor die Dämmerung beginnt", ist alles, was er sagt - Calait wird wissen, was er meint. Es wird ihr so das Herz brechen... ist das, was er denkt und er meint nicht die Frau neben ihm. Eine Weile schweigen sie beide, nur ihre Finger berühren sich hin und wieder im weichen Fell des Luchses, der leise schnarcht. "Wie ist es dir hier ergangen in Talyra, Calait? Kommst du zurecht?"

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Calait am 25. Dez. 2011, 16:32 Uhr
Sie schlüpft in das Erstbeste, was ihr zwischen die Finger kommt – eine knielange Tunika aus besonders weicher Wolle, die ihr viel zu weit um die Knie schlackert und ihr halb über die Schultern rutscht – und kramt aus einer wuchtigen Holztruhe neben ihrem Bett eine gut verkorkte Tonflasche, in deren Innern es leise gluckert. Hinter sich hört sie die alten Dielen unter Colevars Stiefel knarren, als er zum Feuer tritt und seinen Umhang aufhängt. Ihr fehlen die Worte zu beschreiben, wie gut es tut ihn – wieder – um sich zu wissen. Zu ihrem Glück ergeht es Colevar ebenso und sie kann sich etwaiges holpriges Herumgestammel ersparen. Holpern tut sie, beziehungsweise ihr Herz, trotzdem, als er leichthin erklärt: "Noch keine Stunde. Ich bin hergekommen sobald Borgil mir gesagt hat, dass du hier bist. Ich wusste es nicht. Dass du in Talyra geblieben bist, meine ich." Es hätte nichts geändert, wenn du es gewusst hättest. In einer Hand die Tonbecher, in der anderen den Krug tritt sie aus den Schatten, an ihrer Seite Louan, dessen Anblick Colevar mitten in seiner Bewegung innehalten lässt. Er spürt den Tod einen Herzschlag bevor er ihn sieht.
“Pelzgesicht...“ Plötzlich hat sie einen Kloss im Hals, so gross und sperrig wie ein Heukarren, und muss die Becher abstellen, weil ihre zitternden Hände sie nicht länger festhalten können. Colevars Stimme, dunkel und rau vor Trauer, dringt mühelos durch die Fassade aus immerwährender Fröhlichkeit und stoischer Zuversicht, die sie seit dem späten Herbst zur Schau stellt, um über die allabendlichen Tränen hinwegzutäuschen. Einzig Borgil und Varin hatte sie nichts vorgemacht – und das nicht nur, weil das Vorhaben bei beiden aus erschiedenen Gründen zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Sie hatte das Wissen um den bevorstehenden Verlust einfach nicht alleine ertragen. Aber keiner von beiden war fähig gewesen zu verstehen, was Louans Tod für sie wirklich bedeutet. Wie schwerwiegend die Folgen sind und wie sehr sich alles in ihr alleine bei dem Gedanken an ein Dasein ohne Lía und ohne Louan sträubt. Colevar begreift es, ohne dass sie ein einzelnes Wort in den Mund nehmen muss, es ergeht ihm nämlich keinen Deut besser. Ihre Finger huschen über den breiten Katzenschädel und von dort über Colevars Schultern, als dieser sich niederkniet, um Louan wie einen alten, lang vermissten Freund in die Arme zu schliessen.  Geschickt füllt Calait die Becher mit dem Hochprozentigen. Von dem Selbstgebrannten ihres Onkels ist schon lange nichts mehr übrig, aber mit Borgils Hilfe war es ihr gelungen das Familienrezept zu rekonstruieren und neu zu brauen. Leider ist das Gebräu, dank zwergischer Verfeinerung, jetzt dermassen voll und vor allem stark im Geschmack, dass mehr als zwei Becher sogar sie aus den nicht vorhandenen Socken hauen.
"Schon gut, Pelzgesicht. Du hast mein Wort - ich werde gut auf sie aufpassen." Das Versprechen ringt ihr ihrem Kummer zum Trotz ein erheitertes Lächeln ab. Darauf hast du also gewartet. Auf Colevars Rückkehr, damit du mich hier nicht alleine zurücklassen musst. Louan hätte schon vor langer Zeit gehen oder auch sterben müssen, aber er war geblieben. Jetzt weiss sie warum und das Wissen, dass Lía selbst über diese weite Distanz noch versucht auf sie aufzupassen, wärmt sie bis in den hintersten Winkel ihrer Seele.
Mit einer fliessenden Bewegung lässt sie sich neben Colevar auf den feuergewärmten Dielen nieder, überreicht ihm einen Becher und fühlt den schweren Katzenleib neben sich im Halbschlaf zufrieden schnurren. Seit Lías Verschwinden hat sie dieses Geräusch mehr als alles andere zu lieben gelernt und auch jetzt legt sie ihre Finger auf die trockene Luchsnase, um zu spüren, wie es gegen ihre Fingerkuppen pocht. Der Becher mit dem Feuerkehl, den sie an ihre Lippen heben will, bleibt allerdings mitten in der Luft hängen, als Colevar leise spricht: "Noch vor dem Morgengrauen. Wenn die dunkelste Stunde kommt, bevor die Dämmerung beginnt.“ Und hätte er es hundertmal sanfter gesagt, es wäre nicht weniger grausam gewesen.

Sie hat gewusst, dass es geschehen muss und wird. Sie hat gesehen, gefühlt, gespürt, dass Louans Geist sich langsam aber sicher von dem verbrauchten Tierkörper löst. Sie hat sogar gedacht, vorbereitet zu sein.
Aber als Colevar die Befürchtung zur unumstösslichen Wahrheit macht, trifft es sie genauso hart, als hätte sie nie auch nur das Geringste geahnt. Der Schmerz ist ein lange, stumpfer Dolch, den man durch ihr Herz rammt und einmal komplett dreht und erst als ihre Lungen heftig rebellieren, merkt sie, dass sie den Atem angehalten hat. Geräuschvoll schnappt sie nach Luft, macht den Mund auf, verschliesst ihn unverrichteter Dinge wieder und nickt einfach nur. Es gibt nichts zu sagen. Nicht dazu. Kein Wort Rohas kann verhindern und erst recht nicht verschönern, was bevorsteht. Und wenn du ehrlich bist, wusstest du es in dem Moment, als Colevar durch deine Tür getreten ist. Wissen die Ahnen, das macht es nicht besser. Noch etwas näher rutscht sie an Colevar heran und lehnt ihren Kopf gegen seine Schulter. Sie spart es sich ihn zu fragen, ob er hier bleiben wird, bis es vorbei ist. Er wird. Seine Stimme, der Kummer, der in seinem Körper vibriert, und seine Hände, grob und rissig von seinem Tagwerk, die den Luchs ganz sanft hinter den Pinselohren kraulen, verraten es ihr. Und sie ist ihm unendlich dankbar dafür.
Einen Moment lang schweigen sie in trauter Zweisamkeit, das einzige Geräusch das Knistern des neu auflodernden Feuers, das Schnarchen der Tiere und ihr beider Atem. Dann ist es an Colevar Fragen zu stellen. "Wie ist es dir hier ergangen in Talyra, Calait? Kommst du zurecht?" Wieder nickt sie, ohne den Kopf von seiner Schulter zu nehmen, und beginnt, froh die Stille füllen zu können, ungezwungen zu erzählen, was ihr alles widerfahren ist, seit ihrer Ankunft an jenem unsäglichen Abend im Beerenreif vor mehr als einem Jahr.
“Die ersten drei Monde habe ich auf Llwyfanen Llawr zugebracht, darauf wartend, dass Lía dich findet und mit dir zusammen nach Talyra zurückkehrt.  Varin hat mir zwar die Schlüssel zu deinem Anwesen... ächm... aufgedrängt, aber ich habe es nie betreten. Vor dem Haus war genug Platz für den Wagen samt Konsorte und ausserdem...“ Ihre Finger streifen seine, verweilen kurz und gleiten weiter durch den struppigen Luchspelz. „... Ausserdem fand ich, dass ich nicht diejenige sein sollte, die es als erstes betritt.“ Das wäre Lías Recht gewesen, denkt sie, spricht es aber nicht aus.
„Varin und Borgil haben mir dabei geholfen mich im Alltag zurecht zu finden und sie haben mich mit den Bewohnern Talyras bekannt gemacht. Inzwischen kenne ich die gesamte Steinfaust beim Vornamen – Ich habe sogar den Lord Commander mit meinem roten Wollfaden eingefangen. Den habe ich von Borgil bekommen, damit ich mich nicht ständig in der Tausendwinkelgasse verirre. Mir hat es geholfen, nur manchmal hat sich ein anderer Besucher, ein Karren oder eben  ein Lord Commander der Steinfaust darin verheddert. Er hat Glück, dass ich es nicht mehr brauche... Wie auch immer. Allem voran Borgil hat mich mit seinem kleinen Fingern über Wasser gehalten, indem er meine gelegentlichen Gesangseinlagen in der Harfe und meine mittelklassige Heilversuche bei seinen Weibern mit sehr viel mehr vergütet hat, als nötig gewesen wäre.“ An dieser Stelle ist deutlich zu hören, dass Calait sich über die Freigiebigkeit des Zwergen überhaupt keine Gedanken und erst recht kein schlechtes Gewissen macht. Er wird schon wissen was er tut und für wen. Gerade er.

„Aber als Lía mich wissen liess, dass sie zu unserer Familie zurückkehren würde, da konnte ich nicht länger auf Llwyfanen Llawr bleiben.“ Schwach zuckt sie mit den Schultern und dreht den Becher in ihren Fingern. WederBorgil noch Varin haben je begriffen, warum sie sich auf Dämon komm raus nicht davon hat abbringen lassen Llwyfanen Llawr zu verlassen. ‚Colevar wird das schon verstehen‘, ‚Colevar macht sich da nichts draus‘, ‚Colevar würde dich eigenhändig festbinden, wenn er hier wäre‘... Sie hatte sich nicht beirren lassen und war gegangen. Ob Colevar es nachvollziehen kann ist ihr in diesem Fall relativ egal, denn ihr  hatte die Vorstellung, bei seiner Rückkehr noch immer dort zu verweilen, wo er vor langer Zeit auf jemand anderen gehofft hatte, der dummerweise ganz genauso aussieht wie sie, überhaupt nicht behagt. „Ich wollte nicht, dass du zurückkommst und mich anstelle von Lía dort findes“, fasst sie all ihre Gedanken schnörkellos zusammen und schiebt das leidige Thema damit vom Tisch. „Mistress Grau allerdings war nicht mal durch zehn Pferde wieder aus diesem Stall herauszukriegen. Sie hat es sich in einer der Boxen gemütlich gemacht, die ich für sie mit ein wenig Stroh ausgelegt habe. Und damit sie nicht ständig die armen Hühner von deinem Nachbar Zottelhaar erlegt  füttere ich sie regelmässig.“
Es ensteht eine Pause, während welcher sie die herumfliegenden Satzfetzen in ihrem Kopf soweit sortiert, dass sie nicht in alle Richtungen gleichzeitig davongallopieren. Es gibt so vieles, dass sie ihm erzählen möchte – aber nur weniges davon ist wirklich wichtig. Im Grunde genommen sogar nur ein paar einzelne Dinge, die sich fast alle um den gleichen Mittelpunkt drehen. Lía.
„Erst wollte ich ihr hinterher, blind und allein wie ich war“, nimmt sie den Faden wieder auf: „Varin hat es mir mit Seharimzunge ausgeredet – wahrscheinlich hätte er mich wenn nötig auch ans Bett gefesselt, bis ich wieder zur Vernunft gekommen wäre.“ Dass er sie in anderem Kontext durchaus hin und wieder gefesselt hat, verschweigt sie Colevar gnädigerweise. Stattdessen lacht sie kurz auf und zupft etwas an der Tunika herum: „Bin ich, wie du sehen kannst. Aber damals dachte ich noch nicht an ein Bleiben. Zuerst habe ich davon gesprochen mich sobald wie möglich einer Reisegruppe anzuschliessen, die in Richtung Norden unterwegs ist. Irgendwann habe ich mich dabei ertappt, wie ich mit Borgil über das bevorstehende Inarifest scherzte und spätestens als ich mitten im Sommer mit Varin vereinbarte in der Julnacht mit einem Krug Feuerkehl bei ihm aufzukreuzen, sollte er denn dann Dienst schieben müssen...“ Der Satz bleibt unbeendet zwischen ihnen hängen und die Art und Weise, wie sie ihre Schultern anhebt und wieder sinken lässt ist fast schon achtlos, ginge es nicht einher mit einem leisen Schnauben, das noch genauso überrascht klingt wie damals, als sie irgendwann festgestellt hat, dass sie gar nicht mehr weg wollte.
„Auf jeden Fall war es, so Borgil, dringend an der Zeit für mich eine anständige und vor allem sichere Behausung zu beziehen. Seine arme Geldkatze krümme sich bereits bei dem Gedanken an eine hilflose, blinde Calait in langen, kalten Winternächten draussen vor der Stadtmauer, mit nichts weiter als einem Rudel alter Hunde, einem sauertöpfigen, nicht weniger alten Onager, fast schon greisen Pferden und einem zahnlosen Stubentieger. Dass ich, wenns zu kalt wurde, hin und wieder beim... alten Schiefenkiefer übernachten durfte, beruhigte ihn, beziehungsweise seine Geldkatze überhaupt nicht. So bin ich hier gelandet. Tiuri, Borgils Sohn, hat mir geholfen das Häuschen so weit herzurichten, damit es bewohnbar ist. Und irgendwie fühlt sich das hier:“, sie holt mit einem Arm weit aus, wodurch deutlich wird, dass sie nicht nur die Hütte, sondern auch das Land samt Stadt drumherum in ihr ‚das hier‘ einbezieht: „... schon ganz arg nach Zuhause an.“

„Du siehst, es geht mir gut.“ Noch vor Ende des Satzes bricht ihre Stimme und wo eben noch aufrechte Erheiterung und eine gesunde Portion Selbstironie in ihren Worten mitgeschwungen haben, bleibt nichts ausser einer ungewohnten Bitterkeit, die den Feuerkehl in ihrem Mund in Essig verwandelt.
„Nur manchmal...“ Drei Herzschläge lang bemüht sie sich um einen festen Ton, dann schluckt sie leer und redet einfach. Sagt, was sie niemandem sagen konnte, weil es niemanden gab, der auch nur ansatzweise Verständnis für ihre Gefühle hätte aufbringen können. Niemanden... ausser Colevar.
“Manchmal ist die Welt viel zu gross für mich. Manchmal atme ich und ersticke trotzdem. Manchmal rede ich mit jemandem, obwohl niemand da ist. Manchmal vergesse ich wie man lacht. Manchmal schmecke ich mein Essen vor lauter Tränen nicht mehr. Und manchmal...“ Ihr Mund ist so trocken, dass sie nicht weiter sprechen kann und rasch spült sie ihre Kehle mit einem grossen Schluck Feuerkehl. Das Gebräu füllt ihren Mund mit Hitze und schiesst in ihren Magen und von dort aus direkt in ihr Blut. Der Alkohol löst den Knoten in ihren Stimmbändern und als sie ihren Kopf leicht dreht und ihr Gesicht halb an seiner Brust, halb in Louans Fell vergräbt rinnen stumme Tränen über ihre Wangen.  „... Manchmal fehlt sie mir einfach nur schrecklich.“
Fest drückt sie sich an Colevar, schlingt die Arme um ihre angewinkelten Knie und krümmt sich um den Fleck in ihrem Inneren, wo Lías Abwesenheit ein faustgrosses Loch hinein genagt hat.
Colevar tut genau das Richtige: Nichts. Er hält sie und ihren Schmerz einfach nur fest und weiss.
‚Ma kalon‘ hat sie Lía immer liebevoll genannt – und es auch genauso gemeint.
Sekunden, Minuten, Calait vergisst die Zeit und als sie sich irgendwann von ihm löst, ist ihr Mund wund gescheuert durch die vielen Schluchzer und ihre geschlossenen Augen rot und ausfgeschwollen von den geweinten Tränen. „Lad mih lod, ich mud meine Nade budden...“

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Colevar am 14. Feb. 2012, 17:51 Uhr
>Manchmal ist die Welt viel zu groß für mich. Manchmal atme ich und ersticke trotzdem. Manchmal rede ich mit jemandem, obwohl niemand da ist. Manchmal vergesse ich wie man lacht. Manchmal schmecke ich mein Essen vor lauter Tränen nicht mehr. < Colevar sagt nichts. Es gibt auch nichts zu sagen. Er weiß genau, wie sie sich fühlt, denn ihm ist es ganz genauso ergangen. >Manchmal fehlt sie mir einfach nur schrecklich.<
"Aye", murmelt er irgendwann und leert leichtsinnigerweise seinen Becher mit dem, was Calait vorhin in einem Anfall von Schönrednerei als 'Feuerkehl oder so etwas ähnliches' bezeichnet hatte. Rohalkohol träfe es wohl besser, denn es treibt ihm augenblicklich das Wasser in die Augen, ätzt eine feurige Spur seinen Hals hinunter in den Magen und lässt ihn lautlos nach Luft schnappen. Götter im Himmel, sie hat Feenfeuer gebraut! Calait schmiegt sich an seine Seite, überwältigt von ihrem Schmerz, und er vergisst das eisige Brennen in seinem Inneren auf der Stelle. Colevar kann spüren, wie die Trauer sie packt und unbarmherzig durchschüttelt, einen Herzschlag, bevor er ihr erstes, raues Schluchzen hört, und so hält er sie einfach fest und lässt sie Weinen. Er kann ihr Leid nicht lindern, das vermag niemand außer Lía. Aber er kann es mit ihr teilen, so wie Calait die einzige ist, die ihn wirklich verstehen kann. Zum ersten Mal seit Lías Verschwinden ist keiner von ihnen beiden mehr allein mit seinem Schmerz... das ist vielleicht nicht viel, aber es ist immerhin etwas. Er weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, während er sie schlicht nur im Arm hält, eine Weile, eine Stunde - vielleicht mehr. Irgendwann hat Calait einfach keine Tränen mehr in sich und ihr Atem wird allmählich wieder ruhiger. Sein Hemd ist längst nass von ihren Tränen, als sie irgendwann den Kopf hebt und mit verweinten Wangen und ganz ausgewrungen vor lauter Kummer etwas von "loslassen" und "Naseputzen" hickst. Er selbst hat schon sehr lange keine Tränen und keine Trauer mehr – dort, wo vor langer Zeit einmal Lías Melodie in seinem Inneren widergehallt war, ist längst nur noch Leere, ein klaffendes Loch, als habe jemand ein Stück von ihm herausgeschnitten und weggeworfen. 'Du kannst sie genauso wenig verlieren, wie ich.' Das waren Calaits Worte gewesen an jenem Morgen im "Schwappenden Krug". Aber alles ist ganz anders gekommen und was wir uns nicht vorstellen wollten, nicht einmal konnten, ist geschehen. Wir haben sie beide verloren. Während Calait auf dem Tisch nach einem Stück Leinen tastet und geräuschvoll hineinschnüffelt, die letzten Schluchzer hinunterschluckt und sich wieder sammelt, hat er Zeit, all das andere Gehörte zu verdauen.

Louan liegt immer noch halb auf ihm, hat die Augen geschlossen und atmet allmählich sehr langsam und flach. Der Luchs ist dabei in die Andernwelt hinüberzudämmern, das wissen sie beide. Aber er scheint leichten Herzens zu gehen und vielleicht auch erleichtert, den alten, schmerzenden Körper und die Last der Jahre zurücklassen zu können. Er schnurrt jedenfalls beständig, schon seit Colevar sich mit ihm auf den Boden vor den Kamin gesetzt hat, aber mittlerweile so leise, dass es kaum noch zu hören und eigentlich nur noch als sanftes Vibrieren an seiner Haut zu spüren ist. Dass Mistress Grau es mit den Mädchen bis nach Talyra geschafft hat, freut ihn sehr. Und als Calait vorhin erzählt hatte, dass die Rotatkissa auf Llwyfanen Llawr wartet, hatte er sich gefühlt, als habe er ein etwas seltsames und unerwartetes Geschenk erhalten. Wenn ihm schon kein Mensch die Treue hält, ein ausgemusterter Grubenhund mit vernarbtem Gesicht und nur noch einem halben Ohrstummel, und eine ebenso narbengesichtige Rattenkatze tun es anscheinend mit unbeirrbarer Hingabe. Da ist auch noch Morian. Der Gedanke an die junge Frau beschwört ihr Bild herauf, ihr Gesicht mit den hellen Quecksilberaugen unter diesen unverschämt langen Wimpern und diesem breiten, beweglichen Mund, der so selten still steht, das tiefe Grübchen auf ihrem Kinn, wenn sie lacht... was sie in letzter Zeit ziemlich selten getan hat. Morian war völlig außer sich gewesen, als sie die Spur der Söldner verloren hatten, weil sie sich vom Wirt des Grünen Drachen ins Bockshorn jagen und auf eine falsche Fährte hatte locken lassen. Colevar hatte ihr noch so oft versichern können, dass es nicht ihre Schuld gewesen war, sie hatte sie sich trotzdem gegeben und irgendwann resigniert. Vielleicht weiß Borgil ja irgendetwas... oder kann etwas in Erfahrung bringen, das ihr wieder ein bisschen Hoffnung gibt. Wie auch immer, Morian ist ihm eine gute Weggefährtin geworden in den langen Monden auf dem Frostweg und sicher eine Vertraute. Er wird sie nicht im Stich lassen, was ihren Bruder angeht und das weiß sie, er hatte ihr sein Wort gegeben. So wenig ein gegebenes Wort in diesen Tagen allgemein auch wert zu sein scheint, für ihn ist ein Versprechen ein Versprechen, und daran ist er gebunden. Aber ob sich wirklich so etwas wie eine Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, die vielleicht irgendwann über Zweckgemeinschaft, gewisse Abhängigkeiten, einen Eid, gegebene Ehrenworte und das Wissen um Verluste und Leid auf beiden Seiten hinausgeht, wird nur die Zeit zeigen. Das ändert aber nichts daran, dass er tief in seinem Inneren, an einem Ort, von dessen Existenz er nichts gewusst, noch nicht einmal etwas geahnt hatte, bevor er auf Lía getroffen war, zutiefst einsam ist. Abgesehen davon liegt dieser Ort noch immer in ruinösen Trümmern, aber das spielt keine Rolle. Er ist allein, ganz gleich wie viele Calaits und Morians, Olyvars, Varins, Vareyars, Rhordris, Borgils oder Rattenkatzen, Grubenhunde, verfressene Ziegen und sterbende Luchse oder treue Pferde um ihn sein mögen - an diesem Ort ist er ganz allein. Früher hat ihn das nicht im Geringsten gestört, jetzt ist es ziemlich unerträglich.

"Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Irgendwie müssen wir wohl lernen ein halbes Leben zu leben... diese Straße entlangzugehen, auch wenn sie nirgendwo hin führt. Aber wir geben nicht auf, oder? Aufgeben kommt nicht in Frage, Calait." Für dich gibt es vielleicht irgendwann ein gutes Ende. Denn es gibt nichts, was du ihr nicht verzeihen könntest, noch nicht einmal, dass sie dich hier hat sitzen lassen, nicht wahr? Calait schüttelt auch tapfer und pflichtschuldig den Kopf, schnäuzt sich noch einmal ziemlich geräuschvoll und schenkt ihnen nach. Dann will sie wissen, was er jetzt hier vorhabe - in Talyra, seinem Zuhause. Colevar zuckt mit den Schultern, dreht den Becher in seiner Hand hin und her, während die scharfen Alkoholdämpfe in seine Nase steigen und ringt sich ein Lächeln ab, ehe er einen kleinen Schluck nimmt. "Fürs erste ankommen, schätze ich", er zuckt mit den Schultern und sein Lächeln wird eine Spur wärmer. "Irgendwo anzukommen klingt gar nicht schlecht." 'Es fühlt sich schon verdammt wie zu Hause an...' "Ich bin nicht alleine zurückgekehrt, Calait. Auf der Suche nach euch ist mir auf dem Frostweg jemand... hm... zugelaufen. Jetzt muss ich drei Ziegen – von denen eine mit Nimmersatt verwandt sein muss -, drei Pferde, einen Hund und..." - er zögert kurz, aber er wird Calait nicht anlügen, also sagt er ihr die Wahrheit über seinen 'Knappen' - "...eine vorlaute Schildmaid durch den Winter bringen. Und die Katze. Morian gibt sich aber als Junge aus und nennt sich Morren, also falls du ihr irgendwann über den Weg läufst, rede nicht gleich mit ihr über Strumpfbänder oder Seidenröcke, ja?" Jetzt ist sein Lächeln wirklich echt. Morian mag sich als Junge verkleiden, sich verstellen und bei den allermeisten damit auch durchkommen, aber Calait sieht mit anderen Sinnen... ihr in dieser Hinsicht etwas vormachen zu wollen ist wohl ungefähr so aussichtsreich, wie auf die beiden Monde zu fliegen. "Es ist eine lange Geschichte. Und es steht mir nicht zu, dir die Gründe zu erzählen, sonst würde ich es tun. Es könnte aber sein, dass ich im Frühjahr deine Hilfe brauche, Calait – wenn du noch nicht zu häuslich für ein Abenteuer geworden bist. Aber erst einmal müssen wir durch den Winter kommen und ich muss das Haus in Stand setzen." Er nimmt einen weiteren Schluck von ihrem dämonischen Gebräu. Wenn man den ersten Becher überlebt hat, der einem sämtliche Mundschleimhäute und die gesamte Kehle verätzt, ist es gar nicht einmal so übel... vielleicht weil man vermutlich ohnehin nie wieder irgendetwas schmecken wird. "Wenn ich jemals wieder nüchtern werde, heißt das." Colevar stupst Calait neben sich leicht an. "Also du und Varin, aye?"

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Calait am 27. Feb. 2012, 17:01 Uhr
"Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Irgendwie müssen wir wohl lernen ein halbes Leben zu leben... diese Straße entlangzugehen, auch wenn sie nirgendwo hin führt. Aber wir geben nicht auf, oder? Aufgeben kommt nicht in Frage, Calait." Sie steht noch immer mit dem Rücken zu ihm – und ist froh darüber, denn so kann er nicht sehen wie sich ihre Finger einen Augenblick lang etwas fester um das Tuch schlingen. Es ist meine Schuld. Ich habe mich narren lassen von meiner eigenen Überzeugung und ihm ein Versprechen gegeben... ein sehr dummes und einfältiges Versprechen.  'Du kannst sie genauso wenig verlieren, wie ich.' Das waren meine Worte vor beinahe drei Jahren. Viel Zeit ist vergangen seit jenem Morgen, aber in ihrer Erinnerung ist er so lebendig, als wäre es erst gestern gewesen. Und inzwischen sieht sie die damaligen Geschehnissen in einem völlig anderen Licht. Nichts ist wie es war – und sie weiss mit absoluter Gewissheit, dass es auch nie wieder so sein wird. Lía ist fort. Und selbst sollte sie sich für eine Rückkehr entscheiden – und Calait will die Hoffnung nicht aufgeben, dass ihre Schwester irgenwann wieder vor ihrer Tür steht und sie fest in die Arme schliesst – werden die Jahre, die sie getrennt verbracht haben, einen unsichtbaren Stempel hinterlassen. Und Colevar trägt den Beweis als unsichtbare Narbe tief in seinem Inneren. Wir werden beide nicht mehr die Gleichen sein. Egal ob Lía zurückkommt oder nicht. Für ihn spielt es keine Rolle... und für mich auch nicht. Die Erkenntnis tut weh, aber ihr ist nie in den Sinn gekommen die Gegenwart aufzugeben, nur weil sie der Vergangenheit im gewissen Sinn nicht mehr das Wasser reicht. Es ist nicht schlechter. Nur anders.
Geräuschvoll schnäuzt sie sich in das gefundene Tuch, dann wischt sie entschlossen die Tränen von ihren Wangen, dreht sich um und nickt. „Nein, aufgeben kommt nicht in Frage.“ Das zwergische Äquivalent zum Feuerkehl gluckert leise, als sie die beiden Becher auffüllt und sich wieder neben Colevar auf den Boden setzt. Der warme Luchs liegt halb auf Colevars Beinen, halb an dessen Brust und sein Atem ist nur noch ein gedämpftes Rasseln unter dem struppigen Fell. Nachdem sie mit einem grossen Schluck den Kloss in ihrer Kehle losgebrannt hat rutscht sie ein Stück weiter hinunter und legt sich seitlich daneben, damit sie ihren Kopf neben Louans breiten Katzenschädel in Colevars Schoss legen kann. Seine Kleidung ist noch immer feucht und klamm und wahrscheinlich bräuchte er jetzt erst einmal ein heisses, aber vor allem gründliches Bad und viele Stunden Schlaf – aber er sitzt hier und wartet mit ihr gemeinsam auf das Unvermeidliche.
Vorsichtig, um Louan in seinem Schlaf nicht zu stören, rollt sie den Kopf, bis Colevar ihr ins Gesicht sehen kann, und hebt, genau wie damals, ihre Hand tastend über seine Brust ohne ihn wirklich zu berühren, bis das Klopfen seines Herzens gegen ihre Fingerkuppen vibriert. Es schlägt fest, es schlägt beständig – und ohne jegliche Liebe. Der Rythmus gleicht dem eines mechanischen Uhrwerks, simpel und schnell vergessen, weil es nur noch arbeitet um des Arbeitens Willen. Dahinter liegt nichts. Nichts mehr.
„Verzeih mir irgendwann“, bittet Calait rauh aber bestimmt und krümmt ihre Finger, als ob sie diesen traurigen Ort in seinem Inneren, den sie so leichtsinnig ihrer Schwester anvertraut hatte, schützend umfassen könnte. „Dafür, dass ich dir ein Versprechen gegeben habe, dass ich niemals halten konnte.“ Sie fragt keine Vergebung, weil sie das Versprechen nicht halten konnte - denn sie wissen beide es lag nie in ihrer Macht -, sondern weil sie es in erster Instanz überhaupt gegeben hat. Weil es dumm und naiv gewesen war Colvar mit ein paar wenigen Worten an etwas zu binden, das er nie vermisst hätte, hätte sie ihn nicht mit der Nase darauf gestossen.
Sie muss sich strecken, um seinen Hals und seine Wange berühren zu können, ein kurzes Eingeständnis, dass sie sich Sorgen macht und machen wird, so lange wie er in diesem Zustand verkehrt, dann holt sie geräuschvoll Luft und nestelt sich unter seinen Arm, bis sie ihre Nase in seinem stinkenden Hemd und unter Louans Schnauze vergraben kann. „Und was hast du jetzt vor?“

Das Zucken seiner Muskeln verrät ihr, dass er unentschlossen seine Schultern hebt. "Fürs erste ankommen, schätze ich." „Das klingt gut“, nuschelt sie mit einem halben Grinsen zwischen die Stofffalten und nickt bestätigend, als er ihre Worte bejaht. Und dann spitzt sie, ganz schwesterliche Neugierde, ihre von Natur aus bereits hellhörigen Öhrchen und horcht auf, als er ihr berichtet, dass er nicht alleine nach Talyra zurückgekehrt ist. „Oh?“ Sie bemerkt sein Zögern, nachdem er Hunde, Schafe und Pferde aufgezählt hat, und weiss sofort, dass seine neue Begleitung nicht nur eine Frau ist, sondern er auch auf irgendeine ihr noch unbekannte Art und Weise Verantwortung für sie übernommen hat. "...eine vorlaute Schildmaid durch den Winter bringen. Und die Katze. Morian gibt sich aber als Junge aus und nennt sich Morren, also falls du ihr irgendwann über den Weg läufst, rede nicht gleich mit ihr über Strumpfbänder oder Seidenröcke, ja?" „Nicht? Gute Güte, über was soll ich dann mit ihr reden?“, empört sie sich und kräuselt ganz damenhaft ihre Nase, aber das schelmische Grinsen in ihren Mundwinkeln straft ihr Benehmen Lügen. Sie würde tun, worum Colevar sie bittet, aus dem einfachen Grund weil er die Scharade offensichtlich für wichtig genug hält, um selber mitzuspielen. Wie es dazu gekommen ist, dass aus Morian Morren wurde, kann er ihr nicht erklären und sie nimmt es hin mit einem wissenden Nicken. Wäre er frei zu sprechen, würde er es tun, aber wahrscheinlich hat er Morian versprochen kein Wort darüber zu verlieren, so lange sie es nicht möchte oder er es nicht für absolut nötig hält. “Es könnte aber sein, dass ich im Frühjahr deine Hilfe brauche, Calait – wenn du noch nicht zu häuslich für ein Abenteuer geworden bist. Aber erst einmal müssen wir durch den Winter kommen und ich muss das Haus in Stand setzen." Auf die Neckerei mit der Häuslichkeit geht sie gar nicht erst ein. Wer, wenn nicht Colevar, kennt den wilden Streuner, der in ihr steckt – und dem es nach so lange Zeit hinter heimischer Kaminfeuer mehr als alles andere nach einer langen, ausgedehnten und vor allem abenteuerlichen Wanderschaft verlangt. Daher ist alles was sie sagt: „Ich freue mich darauf Morian kennen zu lernen.“
Etwas umständlich hebt sie kurz ihren Kopf, um sich ebenfalls einen Schluck Feuerkehl zu gönnen  - schon wieder ist ihr Becher leer – und verschluckt sich prompt, als Colevar etwas von „Wenn ich jemals wieder nüchtern werde, heißt das“, murmelt. Keuchend ringt sie um Sauerstoff, sisst zwischen zwei atemlosen Jappsern „Nüchtern?!“ und tätschelt ihm gönnerisch den Arm. „Ehrlich gesagt hatte ich nicht vor dich hier auch nur halbwegs nüchtern hinausspazieren zu lassen“, gesteht sie ein, nachdem sie mit seiner Hilfe in die Senkrechte gelangt ist und ihre Lungen ihre Arbeit wieder aufnehmen, und wischt sich zum zweiten Mal in dieser Nacht die Tränen von den Wangen. Ein sinnloses Unterfangen, denn Colevar setzt prompt noch einen oben drauf.

"Also du und Varin, aye?" „Ich und...“ Einen ganzen Moment hängt ihr der Mund auf Halbmast, dann wirft sie lauthals lachend den Kopf in den Nacken, kippt zurück und bleibt glucksend und kichernd rücklings auf den alten Holzdielen liegen, bis ihr Zwerchfell zwickt und sie, wäre sie nicht sowieso schon blind, vor lauter weinen die Hand vor Augen nicht mehr sehen kann. „Beim Geist meiner Grossmutter... Ich und Varin... Borgil ist doch die Königin aller Tratschtanten! Du bist keine Stunde in der Stadt und das erste, worüber er mit dir klatscht ist die Wahl meines Bettgefährten. Die Spatzen auf den Dächern könnten noch was von ihm lernen.“ Irgendwie schafft sie es auf alle Viere ohne sich mit den Knien im Saum der Tunika zu verheddern und krabbelt bis zum Tisch, wo sie nach der Flasche angelt. Derweil sie ihren eigenen Becher wieder füllt wird der unverhohlen lüsterne Ausdruck auf ihren Zügen weicher: „Ja, ich und Varin. Ich musste mich schliesslich dafür bedanken, dass er mir das Leben gerettet hat... und mich dafür entschuldigen, dass ich ihn daraufhin beinahe kastriert habe.“ Sie hätte viel darum gegeben jetzt sehen zu können, wie Colevars Stirn sich in völliger Verwirrung auflöst und räuspernd streckt sie ihm die Hand entgegen: „Deinen Becher, bitte.“ Erst als sie den warmen Ton zwischen ihren Fingern fühlt fährt sie fort und schildert ihm ihre erste, zugegeben etwas bizarre, auf jeden Fall aber leidenschaftliche Begegnung mit Varin – und verzieht ehrlich mitfühlend das Gesicht, als sie zu dem Part mit ihrem Knie in Verbindung mit seiner Männlichkeit kommt. Etwas weniger anmutig als noch vor zwei Minuten robbt sie wieder an Colevars Seite zurück, gibt ihm sein Getränk, lehnt sich an ihn und krault Louan mit der freien Hand sanft hinter seinen Pinselohren.
„Seither besucht er mich hin und wieder und manchmal bleibt er und manchmal nicht. Auf jeden Fall passt er gut auf mich auf“, schliesst sie ihre Geschichte ab. Das ist eine Untertreibung und Colevar weiss es. Ich wäre wahrscheinlich wahnsinnig geworden hätte ich alle Nächte alleine durchbringen müssen. Der Gedanke macht ihr bewusst, dass sie sich niemals... direkt bei Varin bedankt hat. Nicht mit Worten. Nicht dafür. Für einen Moment lang verblasst ihr Lächeln und stumm hebt sie den Feuerkehl an ihre Lippen. Kann ich auch nicht. Er würde nicht verstehen, worum es geht. Varin weiss viel von ihr. Aber nicht genug. Vor allem aber kennt er Lía nicht und ihm von dem Band, das sie beide verbindet, zu erzählen, würde der Wahrheit nicht einmal annähernd gerecht werden.

Ein kalter Luftzug streicht über ihre nackten Beine und fröstelnd zieht sie ihre Schultern höher, einen Moment bevor sie bemerkt, wie eine ganz andere Kälte Einzug hält. Wie ein sanfter Schleier senkt sie sich über den Raum, verwandelt ihrer beider Atem in grauen Dunst und kriecht zwischen die knisternden Scheite, bis von dem Feuer nur noch schwach glimmende Glut übrig ist. Calait fühlt ihr Herz stolpern und Feuerkehl spritzt in alle Richtungen, als der Becher ihr aus den Fingern gleitet und klappernd über den Boden davonrollt.  
„Louan.“ Ihr Wispern mischt sich unter das Winseln des Windes und Calait fühlt die Welt um sich herum zu einem endlosen Nichts verblassen, als der Tod in ihr Haus einkehrt. Ihm nach folgt das Wehklagen der Geister, die sich eingefunden haben, um ihren Bruder in ihren Reihen Willkommen zu heissen. Ihre Stimmen sind warm und schön und trotzdem wird das Verlangen sie zum Schweigen zu bringen für einen Moment lang nahezu unerträglich gross, dann umschliesst Colevar ihre Hand sanft mit der seinen und schiebt sie zur Seite. “Lass los, Calait“, hört sie seine Worte wie ein fernes Echo hinter ihrer Stirn widerhallen und merkt, dass ihre vernarbten Finger sich in Louans Fell zu einer Faust geschlossen haben. Lass los, sagt auch der Tod und seine Stimme bringt Trauer und spendet Trost gleichermassen, aber es ist Lías trauriges Lächeln, das plötzlich all ihre Sinne ausfüllt, welches ihr die Kraft gibt Louan gehen zu lassen.
Finger für Finger gibt sie ihn frei und als der Tierkörper unter ihrer zitternden Hand geräuschlos in sich zusammensinkt flüstert sie kaum hörbar: „Auf bald, mein Freund.“ Sie könnte schwören, dass der greise Luchs als Antwort grinst, bevor er sich umdreht und endlich dorthin zurück kehrt, wo er hingehört: In die Ewigen Lande, um von dort aus über seinen Schützling, ihre Schwester, zu wachen.
Lía ist tausende Schritt entfernt, doch als der Abschied ihr Herz mit einem hohlen Knacken splittern lässt und Schmerz und Trauer ihr den Atem nehmen und sie in die Knie zwingen krümmt auch Calait sich zusammen und vergräbt ihr Gesicht an Colevars Brust. Sie kann absolut nichts für ihre Schwester tun – ausser die Tränen mit ihr teilen und stark sein. Für sie, für sich selbst... und für Colevar. Auf bald, mein Freund. Pass auf sie auf.

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Colevar am 24. März 2012, 09:36 Uhr
Kaum hat er seine Frage gestellt, zuckt Calaits Mund einmal, zweimal... dann löst sich ihr Gesicht auf und sie beginnt, kleine, hysterische Jauchzer auszustoßen, die unmissverständlich in Gelächter übergehen. Schließlich lacht sie hemmungslos, etwas, das Colevar ebenso amüsiert wie vollkommen verwundert grinsen lässt, denn er versteht wirklich nicht, was daran nur so komisch sein soll... aber Calait findet es anscheinend sehr erheiternd. Hatte er sich getäuscht? Ist der Gedanke so abwegig? Es dauert eine Weile, bis sie nicht mehr bei jedem Luftholen in Kichern ausbricht, doch was sie dann atemlos und japsend von sich gibt, damit hat er nicht gerechnet. >Beim Geist meiner Großmutter... Ich und Varin... Borgil ist doch die Königin aller Tratschtanten! Du bist keine Stunde in der Stadt und das erste, worüber er mit dir klatscht ist die Wahl meines Bettgefährten. Die Spatzen auf den Dächern könnten noch was von ihm lernen.< Jetzt ist es an Colevar leise zu lachen, auch wenn es nicht halb so fröhlich klingt, wie Calaits Ausbruch eben. "Nein, Borgil hat dich nicht verraten, das warst du schon selbst." Er hebt seinen Becher, prostet ihr zu, um dieser grandiosen Leistung die verdiente Ehre zuteilwerden zu lassen und hebt mit sanftem Spott eine Braue. "Du hast seinen Namen einfach ein bisschen zu oft genannt, und jedes Mal, wenn du "Varin" sagst, grinst du dabei über beide Ohren – ich musste nur noch raten." Sie bittet ihn um seinen Becher und er reicht in ihr nach einem kurzen Zögern mit einem ergebenen Seufzen. Ehe sie ihm von ihr und Varin erzählt, schenkt sie ein und scharfer Alkoholdunst erfüllt die warme Luft. Anscheinend hat sie tatsächlich nicht vor, ihn nüchtern wieder von hier fortgehen zu lassen, doch das ist er ohnehin längst nicht mehr - nicht nach zwei vollen Ladungen von diesem dämonischen Branntwein. Was soll's, dann kriechst du eben zurück in die Harfe. Betrinken ist gut. Betrinken ist ganz ausgezeichnet. War ohnehin dringend nötig und längst überfällig. Er hatte alles Mögliche und Unmögliche getan, nachdem er von Lías Entscheidung erfahren hatte, um dem Schmerz irgendwie zu entkommen oder ihn wenigstens zu betäuben, aber betrunken hatte er sich nie. Erstens war Alkohol in ausreichenden Mengen in der Wildnis der rhaínländischen Ostlande schwer zu bekommen und zweitens will er lieber nicht wissen, was er angestellt hätte, hätte er damals ein Fass Uisge oder Feuerwein gehabt, um sich darin zu ertränken. Wer weiß, ob es den Hof der Hyrdmans mit ihren verdammten Schafen und Jungfrauen dann jetzt noch gäbe...

Calait erzählt glucksend von Varins Beinahe-Entmannung und das reißt ihn aus seinen Gedanken – allerdings ist der Ausdruck des Mitgefühls auf seinem Gesicht aller Erheiterung zum Trotz noch sehr viel ehrlicher als der auf ihrem. >Seither besucht er mich hin und wieder und manchmal bleibt er und manchmal nicht. Auf jeden Fall passt er gut auf mich auf.< Colevar muss kein Hellseher sein, um zu wissen, wie dieses 'aufpassen' genau aussieht, aber er gönnt es ihr von Herzen. Ein wenig menschliche Wärme und Nähe, und wenn es nur der Trost zweier Körper zwischen weichen Fellen ist, sind seltene Geschenke in einer Welt wie der ihren, die man teilen sollte, wann immer man sie bekommt. "Du bist bestimmt nicht die erste, die versucht hat, ihn zu kastrieren, aber mit Sicherheit die Einzige, mit der er danach noch ins Bett gestiegen ist." Sie kichert ein bisschen, aber König Lachen scheint nicht gleich wieder die Herrschaft über sie an sich reißen zu wollen – und gleich darauf bleibt ihnen beiden ohnehin jede Erheiterung im Hals stecken, denn der Tod kommt in Calaits kleines Haus. Während sie ihn vermutlich wahrnimmt wie die meisten anderen Menschen auch und sich ihr sämtliche Nackenhaare aufstellen, spürt Colevar nur ein warmes, wissendes Dunkel, das ihm sehr vertraut ist. Das Feuer im Kamin flackert sacht und die dicke Stundenkerze auf dem Tisch erlischt in der plötzlichen Kälte, die aufsteigt und sich ausbreitet wie silbergrauer Nebel. Louan in seinen Armen zuckt kurz und der einst mächtige Brustkorb unter dem seidenweichen Fell hebt sich noch ein letztes Mal, dann liegt er still. Calaits Becher rollt dumpf über die glatten Bodendielen davon und eine Feuerkehlpfütze breitet sich um ihre nackten Füße aus, doch sie bemerkt es nicht einmal. >Louan...< Ihre Stimme ist ein Jammern, ein einziger Laut des Kummers und ihre Finger graben sich in den Pelz des sterbenden Luchses, als könne sie ihn so irgendwie am Leben und fest bei sich behalten. Colevar nimmt ihre narbigen Finger in seine und löst sanft ihren Griff. "Du musst ihn gehen lassen", flüstert er. "Lass los, Calait." Es scheint sie ungeheure Anstrengung zu kosten, aber schließlich lässt sie ihn doch ihre Hand nehmen und gibt Louan frei, dessen Körper so substanzlos wird wie ein schlaffer Weinschlauch, als er zusammensinkt und das Leben seinen Leib verlässt. Ja. Ich kenne dich. Ich weiß, ihr müsst gehen. Die Kälte verschwindet so plötzlich wie sie in das kleine Häuschen gekrochen war - zurück bleiben ein toter Valkoinen Ilves und eine weinende Calait, aber alles, was Colevar empfindet, ist Frieden, warm wie goldener Regen.

Als die Dämmerung am fahlen Winterhimmel aufzieht und ihm die ungesunde Farbe einer frischen Prellung verleiht, bestatten sie den Luchs. Colevar hat draußen im Schnee einen etwa kniehohen, quadratischen Holzstoß aufgeschichtet und die Scheite mit Öl getränkt, während Calait Louan ein letztes Mal den struppig gewordenen Pelz gebürstet und ihn in eine weiche Decke gehüllt hat. Sie benehmen sich nicht anders, als würden sie einen Menschen zu Grabe tragen und es spielt dabei auch überhaupt keine Rolle, dass Louan vier Beine und ein Fell hatte... sie erweisen beide einem Freund die letzte Ehre. Calait hatte darauf bestanden, den Luchs zu verbrennen, aber das hätte Colevar ohnehin getan - Louan war ein Schneeluchs aus dem hohen Norden, und dort bestatten sie ihre Toten nicht in der kalten, dunklen Erde. Als alles bereit ist und er in die Hütte zurückkehrt, um Louan nach draußen zu tragen, ist Colevar längst wieder stocknüchtern -  das jüngste Ereignis und die Arbeit in der winterlichen Kälte haben ihn gründlich ausgenüchtert. Einen Schwertkampf würde er vielleicht noch nicht wieder überstehen, aber immerhin hat seine Welt nicht länger Schlagseite und sein Verstand fühlt sich auch nicht mehr an, als würde sein Gehirn in zähem Schlamm feststecken. Er trägt den toten Luchs so behutsam wie etwas Zerbrechliches, das von unschätzbarem Wert ist, bettet ihn auf den Scheiterhaufen und wendet sich dann zu Calait um, die flankiert von beiden Hunden hinter ihm steht. "Gib mir die Kerze." Die Winterdämmerung ist still und sanft, das Licht noch nicht mehr als ein schwaches, graues Schimmern am östlichen Himmel. Mit der Klarheit, die allen Tragödien anhaftet, nehmen seine Augen jedes Detail war... der halb eingefallene Zaun, die verschneiten Blätter der wuchernden Brombeerranken, die Spuren der Hunde im Schnee, das tropfende Öl zwischen den aufgeschichteten Holzscheiten und Reisigbündeln, die Tränen auf Calaits Wangen, deren Herz zu Wasser geworden zu sein scheint und davon fließt. Sie schüttelt sacht den Kopf und flüstert nur ein einziges Wort: "Zusammen" - also tun sie es gemeinsam. Sie hält die Kerze, er führt ihre Hand – und nur einen Moment später geht das ölgetränkte Holz mit einem zischenden Fffffuuumm! in lodernde Flammen auf. Reisig und Kienspäne fangen sofort Feuer und kleine, leckende Flammenzungen huschen wie rote Schlangen durch das Holz, springen von Ast zu Ast und schlagen dann hoch. Glühende Hitze strömt ihnen weich und unvermittelt entgegen, als sich der Rest des aufgeschichteten Holzstoßes in Feuer hüllt, das jetzt prasselnd empor tanzt, hierhin und dorthin leckt, sich vereint und schließlich über Louan zu einem einzigen Brand wird. Colevar legt Calait einen Arm um die Schulter und tritt einen Schritt mit ihr zurück. Der Morgen ist erfüllt vom Lied des Feuers, dem Bersten des Holzes und dem Prasseln der Flammen, ansonsten ist es still. Irgendwann beginnen die Hunde zu heulen, erst Breur, dann Traõn und schließlich fällt auch Shirin ein - eine schaurig schöne Totenklage für einen alten Freund, der seine letzte Reise antritt.  

Als die Sonne sich hell und golden aus dem Winterdunst über dem Ildorel erhebt, ist Louans Totenfeuer fast heruntergebrannt. Es ist kalt, aber weder Colevar noch Calait hatten sich abwenden können, ehe der Leichnam des Luchses nicht zu weißer Asche verbrannt war, ehe nicht auch die letzten kleinen Flammenherde verblasst und nur noch Glut zwischen schwarzverkohlten Knochenresten zurückgeblieben war. Erst dann kehren sie in Calaits kleines Häuschen zurück, wo das Feuer im Kamin längst heruntergebrannt ist und beinahe ebenso klamme Kälte herrscht, wie draußen. "Ich muss gehen, Calait. Die Sonne ist bereits aufgegangen und in der Harfe warten sie auf mich. Ich muss zu Olyvar und in den Sithechtempel... und ich sollte mich wohl bei meinem Vater blicken lassen." Mit einem schiefen Lächeln holt er aus einer Tasche seines längst wieder trockenen, wenn auch allmählich dreckstarrenden Umhangs ein kleines, fest in Leder eingeschnürtes Päckchen hervor. Es ist flach, schmal und etwa so lang wie ein Finger. Eine Weile wiegt er es nachdenklich auf seiner Handfläche, wo es viel kleiner aussieht, als es eigentlich ist, dann gibt er es Calait und legt es ihr in die wartend ausgestreckten Finger. "Hier. Das hat Lía mir gegeben, bevor ich euch verlassen musste. Wenn du in Kontakt mit ihr stehst, wenn du es ihr irgendwie zukommen lassen kannst... dann schick es ihr, bitte. Ansonsten bewahre es für sie auf, aye? Es gehört ihr und sie soll es zurückbekommen." Er verabschiedet sich von den Hunden und umarmt Calait dann lange und fest. "Wenn du irgendetwas brauchst, dann lass es mich wissen. Ich weiß noch nicht, wo wir den Winter verbringen werden – ob im Haus oder in der Steinfaust, oder vielleicht auch im Sarthetal. Es kommt darauf an, in welchem Zustand das Haus ist, schätze ich - und ob ich genügend Heu für die Pferde und die Ziegen auftreiben kann. Borgil und Varin werden wissen, wo ich zu finden bin. Slan lead, Calait. Wir sehen uns bald."

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Calait am 01. Apr. 2012, 14:12 Uhr
~ Langschnee bis Sturmmond ~


"Hier. Das hat Lía mir gegeben, bevor ich euch verlassen musste. Wenn du in Kontakt mit ihr stehst, wenn du es ihr irgendwie zukommen lassen kannst... dann schick es ihr, bitte. Ansonsten bewahre es für sie auf, aye? Es gehört ihr und sie soll es zurückbekommen." Behutsam öffnet er ihre Finger und drückt ein kleines Paket hinein, dessen Form wenig über den Inhalt verrät – und trotzdem weiss Calait sofort was er ihr soeben ausgehändigt hat. Als hätte er ihr glühendes Eisen überreicht, zuckt ihre Hand zurück und kopfschüttelnd weicht sie einen Schritt zurück, die Fäuste sicherheitshalber hinter ihrem Rücken verschränkt. „Das... es... ich will es nicht, Colevar. Sie hat es dir gegeben. Als Geschenk, nicht als Leihgabe.“ Weisst du eigentlich was es ist? Wovor es schützen soll? Du tätest gut daran es zu tragen, du dummer Mann. Nimm es und frag nicht. Ich kann es ni... Ihre Gedanken kreisen durch ihren Kopf wie Hunde, die ihren eigenen Schwanz jagen, und es liegt ihr auf der Zunge zu erklären, wie sehr sie diese Amulett verabscheut und wie wichtig es ist, dass er es trägt, als sie hört, wie er leise schluckt und dann mit reibeisener Stimme sagt: „Ich will es nicht mehr haben, Calait. Ich kann nicht.“ Die Bitterkeit, die mitschwingt und die Wunde, die in seinem Herzen klafft so weit offen legt, dass es ihr sofort leid tut, lässt sie alles ungesagt hinunterschlucken und nach einem flüchtigen Moment der Stille streckt sie fordernd ihre Hand aus. „In Ordnung. Ich nehme es.“ Sie hat keine Ahnung, was sie damit soll. Vorerst kann ich es aufbewahren. Und vielleicht gibt es eine Möglichkeit es Lía zurück zu geben. Irgendwie. Schnell.
Die klare Morgenkälte hat sämtliche ihrer Sinne ausgenüchtert und als Colevar sie zum Abschied umarmt schlingt sie die Arme fest um seinen Nacken, vergräbt ihr Gesicht an seinem Hals und krallt ihre Finger in die Wolle seines Umhangs, als habe sie Angst es sei ihr letztes Treffen. Du hast Angst, muss sie eingestehen und drückt sich noch etwas fester an Colevar. Angst, dass auch er geht und nicht wieder kommt.
"Wenn du irgendetwas brauchst, dann lass es mich wissen. Ich weiß noch nicht, wo wir den Winter verbringen werden – ob im Haus oder in der Steinfaust, oder vielleicht auch im Sarthetal. Es kommt darauf an, in welchem Zustand das Haus ist, schätze ich - und ob ich genügend Heu für die Pferde und die Ziegen auftreiben kann. Borgil und Varin werden wissen, wo ich zu finden bin.“

„Ich bin gut versorgt, Colevar. Mach dir um mich keine Gedanken. Versprich mich nur, dass es nicht wieder fast drei Zwölfmonde dauert, bevor ich dich wiedersehe. Nicht ohne, dass du mich wissen lässt, wohin du gehst und wie es um dich steht.“
“Aye, versprochen.“
Ohne ihn frei zu geben stellt sie sich noch ein wenig mehr auf die Zehenspitzen, streicht ihm das wirre Haar aus der Stirn und küsst ihn sanft auf die Schläfe: „Mögen die Geister über dich wachen ma mignon.“
Slan lead, Calait. Wir sehen uns bald."

Die Tage nach Louans Tod sind leer und lang, obwohl sie, danksei einer heftigen Grippewelle, die halb Talyra ans Bett fesselt, alle Hände voll zu tun hat. Die Steinfaust quillt über vor fieberkranken Patienten und Calait kommt zu Ohren, dass Ballabar, der Heilkundige, und Mealla, die Heilerin, abwechselnd Tag- und Nachtschichten schieben, um den anhaltenden Strom Genesungssuchender aufzufangen. Weder dem blinden Maester, noch der jungen Magiekundigen ist sie jemals persönlich begegnet, aber alle beide stehen im Ruf ausgezeichnete Arbeit zu leisten. Calait besitzt nicht halb so viel Wissen, oder gar das technische Können, aber sie gibt ihr Bestes – sehr zu Sigruns Unwillen, deren Küche einen ganzen Tag lang impertinent nach Arum und Goldblume stinkt, weil Borgil Calait erlaubt sie zur Herstellung von fiebersenkendem Sud, schmerzlindernden Pasten und hustenschwächenden Tinkturen zu verwenden. Von morgens bis abends, oder sogar nachts, legt sie Wickel, verordnet Ruhe, kühlt heisse Gesichter mit feuchten Tüchern, verabreicht Kräuterdämpfe gegen Hustenreiz und Lungenschwäche und lindert Wahn und Fieberträume mit Goldblumentee. Manchmal ist nicht mehr gefragt, als ihre beruhigende Gesellschaft und ein Lied. Vor allem besorgte Eltern reicht ab und zu bereits die blosse Anwesenheit eines – mehr oder weniger – Heilkundigen, um der eigenen Angst Herr zu werden. In wenigen Fällen ist es das Einzige, was Calait übrig bleibt, weil kein Kraut, kein Sud und kein Tee der Immerlande noch helfen können. Marued, eine von Borgils Schankmaiden, verliert ihre jüngste Tochter, Miesepeter Frumpel seine Zankgefährtin die zahnlose Schachtel Magrimm, der Korbflechter Schiefenkiefer seinen Bruder und auch unter den Blaumänteln, mit denen Calait gerne einen oder zwei Bier hebt, gibt es einen Verlust zu beklagen: Küken, der jüngste Zuwachs der Harfenrunde, den man im Grunde genommen nie ohne eine verschnupfte Nase oder eine heisere Kehle angetroffen hat, stirbt kurz vor der Julnacht. Vor allem im Fliegengrund und dem Lumpenmarkt haben viele Menschen nicht die Mittel sich versorgen zu lassen und eine Weile lang droht der Anblick der Schweigenden Schwestern in ihren trübsalverbreitenden grauen Gewändern und den zarten Schleiern in den Strassen Talyras zur Gewohnheit zu werden. Zum Glück hält Kenen sich zurück und obwohl es ein kalter Langschnee wird, blinzelt an vielen Tagen die Sonne durch die Wolkenmatte und spendet Hoffnung. Calait gönnt sich keine Pause. Einfach, weil sie die Ruhe und das Nichtstun nicht ertragen würde.
Aber es hilft alles nichts. Irgendwann ist auch der letzte Patient versorgt und die Kräuter aufgebraucht und ihr bleibt nichts anders übrigs, als in ihr kleines Häuschen am Waldrand zurückzukehren. Und obwohl sie weiss, dass er nicht da ist und auch nicht zurückkehren wird, muss sie jedes Mal aufs Neue gegen die Tränen ankämpfen, wenn sie über die Schwelle tritt,
in der Hoffnung auf das leise Schaben grosser, weicher Katzenpfoten auf dem Holzflur in den Wohnraum lauscht und der Moment in vollkommener Stille verstreicht. Den Hunden geht es ähnlich. Es dauert mehr als einen Siebentag, bevor Shirin damit aufhört in sehnüchtiger Erwartung ihres alten Gefährten mit zwischen Vorderpfoten abgelegter Schnauze vor der Tür Wache zu halten und mindestens dreimal so lang bevor die Hundebrüder nicht mehr winselnd die Nähe ihres Frauchens suchen, wenn diese etwas verloren auf ihrem Bett sitzt und nicht genau weiss wohin mit ihren Tränen.

Die Julnacht verbringt sie, wie versprochen, zusammen mit Varin und einem grossen Krug Feuerkehl am Westtor, wo er, als ungebundener und kinderloser Junggeselle, die undankbare Abend- und Nachtschicht aufs Auge gedrückt bekommen hat. Ihn stört es nicht sonderlich, immerhin wüsste er an diesem Tag, wo alle anderen sich in familiärem Kreis um ein heimisches Herdfeuer scharen, Lieder singen, saftigen Braten und deftige Kartoffeln schmausen und sich in verwandschaftlichen Rührseligkeiten verlieren, nichts mit seiner freien Zeit anzufangen. „Ich hätte da ein paar Ideen“, flötet sie ihm wenig zurückhaltend in den Nacken und kann seinen Unmut unter ihrem Hintern spontan wachsen fühlen. Später, nach Dienstende, zahlt er es ihr heim. Mit Zinsen und Zinseszinsen, bis sie vor Lust beinahe die Wände hochgeht und ihm ein langes, qualvolles Ende verspricht, wenn er sie jetzt nicht sofort und auf der Stelle nimmt.
Am nächsten Mittag erwacht sie fröstelnd zwischen zerwühlten Jäähirvipelz und Decken aus Schneeschafwolle in Varins Armen vor den kalten Überresten des nächtlichen Herdfeuers, ohne genaue Erinnerungen daran, wie sie genau hierher gekommen ist. Irgendwann war sie einfach erschöpft und zitternd wie Espenlaub, aber mit einem überaus zufriedenen Grinsen ,wie ein Kätzchen, das sich den Bauch mit süsser Sahne vollgeschlagen hatte, an Varins Brust zusammengesunken und eingeschlafen. Halb aufgerichtet und den Kopf auf eine Hand gestützt lässt sie ihre Finger über die kräftige Linie seiner Oberarmmuskeln gleiten, hinauf zu seinem Hals und ganz vorsichtig über den markanten Bogen seiner Augenbrauen, bis zu der kleinen Kuhle zwischen seinen Augen, wo er als kleines Kind die – erstaunlicherweise unnachgiebige – Härte einer Tischecke ausgetestet hatte. Und während sie sein Gesicht erkundet, wie sie es schon so viele Male davor gemacht hat, summt sie leise vor sich hin und aus einem Ton wird eine Klangfolge und aus einer Klangfolge wird eine Melodie und aus dieser Melodie formen sich Worte, bis sie leise singt: „Diese Melodie ist ein Lied für dich, du bist wie Musik für mich, ein Lied, welches ewig währt, ein Lied, das nur dir gehört...“ *
“Das kannte ich noch gar nicht.“
Sie zuckt zusammen, als ob er sie mit ihrer Hand ganz woanders ertappt hätte, dann schüttelt sie lächelnd den Kopf, rollte sich von ihm weg und beginnt auf allen Vieren nach ihrem Hemd zu suchen, das hier irgendwo herumfliegen muss: „Ist mir auch gerade eben erst eingefallen... sieh es als dein Julgeschenk... ansonsten habe ich nämlich nur noch ein paar ausgeleierte Hosen von meinem Bruder zur Auswahl... wo ist mein Hemd?“
“Du meinst das Hemd, das du dir gestern in einem Anfall unerklärlicher Begierde vom Leib gerissen hast?“
„Soweit ich mich erinnere, war ich zu dem Zeitpunkt, wo ich mein Hemd verlor, mit deinen Hosenschnüren beschäftigt.“
“Du warst vielbeschäftigt...“
„Ich gebe zu, ich hatte zeitweise beide Hände voll... und den Mund... verflixt, wo ist es denn?! Ich bin mir sicher, das es irgendwo hier gelandet ist...“ Leise vor sich hinfluchend rutscht sie weiter auf Knien über die kalten Dielen, sieht unter dem Tisch und auf dem Bett nach, kriecht halb hinter die kleine, rustikale Kommode und hegt bereits den unguten Verdacht, dass sie das Hemd treffsicher ins Feuer gepfeffert hat, als sie es hinter sich dumpf glucksen hört und ihr klar wird, wer hier wen zum Narren hält. „Aye“, schnaubt sie nur halb so entrüstet, wie er es verdient hätte, erhebt sich besonders würdevoll – und ganz schrecklich o-beinig – und stolziert mit geblähten Nasenflügeln an ihm vorbei: „Geniess den Anblick, solange du noch kannst, du fliegst nämlich gleich raus. Borgil will heute die Pferde von der Weide holen und ich habe ihm versprochen zu helfen.“
“Ohne Frühstück?“
„Ohne Frühstück.“
“Grausames Weib!“
„‘Du Seharim mit den brennenden Schenkeln‘ gefiel mir besser...“
“Apropos Schenkel, ich hab noch etwas für dich.“
Und selbst wäre sie nicht nur blind, sondern auch noch taub und absolut uninteressiert obendrein – den frivolen Unterton kann sie gar nicht ignorieren.
Er drückt ihr eine in Leder gebundene Rolle in die Finger, beugt sich nach vorne, bis sein Atem hauchzart über ihren Nacken tanzt und die Wärme seines Körpers sie umgarnt, und schnurrt anstössig: “Ein frohes Julfest, Wildkatze.“ Neugierig tastet sie über das Lederstück und versucht dessen Inhalt zu erraten, was ihr aber nicht gelingen will, woraufhin sie das Raten sein lässt und einfach die Schnürung auffrimelt. „Es ist...“ ein langes, sorgfältig glatt geschliffenes und mit Wachs abgearbeitetes Stück Holz mit einem etwas breiteren, kegelförmigen Kopf.
Einen Moment lang zieht Calait nachdenklich die Stirne kraus, dann trifft die Erkenntnis sie aus heiterem Himmel und eine Mischung aus hingerissener Begeisterung und verruchter Erheiterung breitet sich schlagartig auf ihrem Gesicht aus. „Ah! Endlich etwas richtig Hartes.“ Lachend schlingt sie ihre Arme um Varins Hals und plündert ungeniert seinen Mund, bis ihr schwindelt und er atemlos nach Luft schnappt.
Als Ninio nur wenig später auf der Schwelle steht, ist Varin bereits fort und sie eingepackt in dicken Pelz und weiches Leder. Der Junge wartet geduldig, bis sie einen Happen für unterwegs in ihre Tasche gepackt hat und erst als sie hinter ihm auf dem gutmütigen Markur, dem ältesten von Borgils Pferden, einem ausgedienten Ackergaul, aufsitzt, räuspert er sich leise.
„Hm?“
“Das Ding auf dem Tisch... war das...“
Mütterlich tätschelt Calait dem jungen Mann die Locken und unterbricht ihn mit einem Katzengrinsen: „Ein Sockenständer. Ganz genau, Ninio. Ein Sockenständer.“
Und damit tauchen Krüppel, Blinde und pensioniertes Lastpferd in die winterliche Stille des Larisgrüns ein.

Kurz nach dem Jahreswechsel überbringt ihr ein bis auf die Knochen durchgefrorener Bote zähneklappernd einen Brief von ihrer Schwester aus Rhydychen, wo er bei einem Brand in den Hafenhallen beinahe dem Feuer zum Opfer gefallen wäre. Eine Ecke des Pergaments ist verkohlt und bei zwei Linien, die sich schmal und fein über die komplette Breite ziehen, muss Varin, der wie immer zum Vorlesen verdonnert wird, raten, was Lía gemeint haben könnte. Calait lauscht, derweil sie am Fenster steht und die Wintersonne auf ihrer Haut prickelt, aber als Varin fertig ist und sich im Stuhl zurücklehnt, bleibt ein Hauch von Enttäuschung in ihrer Brust hängen. Sie kann nicht einmal genau sagen, warum das Gefühl da ist, aber mit jeder Nachricht, die ihr ihre Schwester aus dem Osten zukommen lässt, wird der Inhalt schaler und dadurch weniger... aufrichtig. Lía schreibt über das Wetter, die ausgelassene Herbststimmung, Savvas Namenstag, ein Streit mit einer Familie der Blauen Resande, eine Begegnung mit einem Khan der Tharndrakhi und dessen Blutschwerter – die glücklicherweise friedlich verlaufen ist -, einen gefundenes Grasfuchswelpen, die Geburt ihrer Nichte Rezara und sogar darüber, dass Chrochd, ein Sandnarg und Plage der Wispergrasebenen, sich zur Ruhe gesetzt hätte. Über sich selbst, ihre Vision oder ihre Fortschritte verliert verliert sie ganze vier Sätze, als ob es nicht wichtig wäre, oder es in diesem Sinne nichts zu sagen gäbe. Am liebsten würde Calait ihre Siebensachen packen, schnurstracks ins Thunderland marschieren und ihre Schwester ausquetschen wie eine Zitrone, bis auch ihre letzte Frage beantwortet, ihre brennende Neugierde gestillt und ihre Sorge besänftigt wurde.
Was hält mich auf?... einmal abgesehen von König Winter. ‚Es fühlt sich schon fast wie Zuhause an‘ hatte sie an jenem vermaledeiten Langschneeabend zu Colevar gesagt, als Louan gestorben war, und es war auch nicht gelogen. Aber eine Heimat rennt nicht weg. Es ist also kein berechtigter Grund Lía nicht zu aufzusuchen, zu besuchen oder überhaupt zu suchen. Eine Rückkehr ist schliesslich immer möglich. Fast immer. Grossmutter wartet wahrscheinlich nur darauf, dass die Sehnsucht mich in Lías Arme treibt. Ob sie das Urteil genauso leicht vollstrecken könnte, wie sie damals den Fluch gesprochen hat? Die Wahrheit tut weh. Ja. Mit einem leisen Seufzen verwirft sie die dumme Idee ganz allein zu ihrer Familie zu spazieren, die sie alles andere als mit offenen Armen empfangen würde, nimmt den Brief an sich, faltet ihn so vorsichtig zusammen, als handele es sich um knisterdünnes Reispapier, begiebt sich in ihren Schlafraum und legt ihn zu den anderen in die grosse, eisenbeschlagene Holztruhe am Fussende ihres Bettes, in welcher sie, dick eingewickelt in ein altes Hemd, auch Lías Schutzamulett verwahrt. Seit Colevar es ihr mit den Worten: „Ich will es nicht mehr haben, Calait. Ich kann nicht“, zur Aufbewahrung anvertraut hat, bis sich eine Möglichkeit ergibt es Lía zukommen zu lassen, hat Calait das Ding nicht mehr angerührt. Sie hat immer gewusst, was Lía an einem unauffälligen Lederband um ihren Hals getragen hat – und nie etwas gesagt, weil sie genauso gut wusste, wie sehr Lía ihre Grossmutter, aus deren Händen das Schmuckstück stammt, vermisste. Das der Jett, der in der Mitte kunstvoll geschnitzter Tierknochen in einer Fassung aus Silberflecken prangt als Schutz gegen den bösen Blickihren Blick – dient, hat sie einfach ignoriert, in der festen Überzeugung, dass ihre Schwester ihn nicht seiner Wirkung halber trug. Jetzt streifen ihre Finger den Stoff und ihr Herz stolpert. Dann sieht es sich krampfartig zusammen und wo eben nur leichter Missmut ihre Laune trübte, beginnt Verärgerung zu wachsen, die so schnell in rasenden Zorn umschlägt, dass Calait um Atem ringen und sich am Rand der Truhe festkrallen muss, weil sich alles in ihr zu einem faustgrossen, eisernen Klumpen windet– und dann bricht es einfach aus ihr heraus und dieses Mal tut sie gar nichts dagegen.

„Ich hasse dich... ich hasse dich...“ Unwirsch schmeisst sie Kleidung, Lederbeutel, Pelze und Lederwerk aus der Truhe, bis sie das Knochenamulett findet, schliesst die Faust um das kunstvolle Schnitz- und Schmiedewerk, tastet nach ihren Stiefeln, findet sie nicht, befindet ein wenig Schnee für kein Hindernis, erhebt sich, läuft zur Tür und an einem ziemlich perplexen Varin vorbei einfach in den Schnee hinaus – nichts weiter als Röcke und ein Lederhemd am Leib. Aber die Kälte macht ihr wenig aus. Sie hat zehn Jahren in den frostklirrenden, schroffen Höhen des Ostwalls gelebt. Gegen die schneidend scharfe Biese, die dort oben sogar den harten Fels abträgt, ist der herzländische Nordwind eine laue Sommerbriese. Nur der Schnee ist hier unten genauso kalt, wie dort oben, und sind die ersten Schritt noch von schmelzender Wärme, beisst die Kälte sie nach knapp einem Hundertschritt in Knöchel und Waden.
Entschlossen umrundet sie ihr Häuschen, bis sie fast in die Stadtmauer hineinrennt und hangelt sich entlang der grossen Quader zum Smaragdstrand, wohin auch der Wind zieht. Varin und die Hunde kleben ihr an den Fersen, wobei Ersterer sie fragt, ob sie ihren Verstand verloren hätte, sie solle sofort wieder zurück in die Wärme, und Letztere einfach nur verwirrt wuffend um sie herum springen. Aber nicht einmal als ihre Füsse im teilweise gefrorenen Sand einsinken und das Rauschen der weissgekrönten Wellen unmittelbar vor ihr liegt, wird sie langsamer. Entschieden und ohne Rücksicht auf Varin läuft sie weiter und watet in die Fluten, bis das Wasser, das dermassen kalt ist, das ihr das Blut augenblicklich in den Adern gefriert, an ihren Röcken zerrt und sie beinahe das Gleichgewicht verliert.
Sie zögert nicht. Noch während dem letzten Schritt holt sie weit aus und dann segelt das Schutzamulett in hohem Bogen davon, wird vom Wind erst in eine, dann in die andere Richtung gezerrt und verschwindet im nächsten Herzschlag auf Nimmerwiedersehen in den kristallblauen Tiefen des Ildorel. „M‘ AZ ARGAS!“, brüllt Calait ihm hinterher, als ob das Schmuckstück die Ursache für ihr Gefühlschaos wäre. Flüche und böse Worte in ihrer Vatersprache branden in ihr auf wie ein Sturmfeuer und alles wirft sie der Weite des Sees entgegen, zusammen mit ihrer Trauer um Louan, ihrer Wut, dass Lía sich an den einzigen, für sie unerreichbaren Ort zurückgezogen hat, ihrer Sehnsucht nach der Nähe und Wärme ihrer Schwester und einem Hass, der so gross und übermächtig ist, dass es Calait beinahe zerreisst: “Du verfluchte, geisterverdammte Hexe! Hast du endlich, was du wolltest? Reicht es dir jetzt? Ist sie weit genug weg?! Ich hasse dich so sehr, du erbärmliche, dreiäugige Schlangenhure! Mögen deine Eingeweide dir bei lebendigem Leibe verrotten, dich das Wundfleisch plagen, bis du noch zahnloser bist, als jetzt schon! Deine Knochen sollen schmerzen bei jedwegem Wetter, deine Augen dir aus den Höhlen fallen und dein schwarzes, böses Herz von Maden zerfressen werden! Du hast alles getan um mich los zu werden... aber egal, was für hässliche Pläne du noch schmiedest, am Ende werde ich vor dir stehen und DU wirst entweder um Gnade flehen, oder an deiner eigenen Zunge ersticken!! Und ich werde dir dabei in die Augen sehen!!!
Sie schüttelt dem nieselgrauen Himmel ihre Fäuste entgegen und wünscht ihrer Grossmutter alles Leid Rohas an den Hals – und meint es auch genau so, wie sie es sagt, bis ihr irgendwann die Kraft ausgeht und sie müde und erschöpft und mit blauen Lippen zurück ins Trockene wankt, wo Varin, der ihrem Toben schweigend zugesehen hat, ihr seinen blauen Mantel um die Schultern legt und sie zum Haus zurück begleitet.

Ihre Schimpftiraden und Verfluchungen haben nichts an der momentanen Gesamtsituation verändert und trotzdem fällt es ihr leichter zu atmen, als hätte sie nicht nur ihr Schweigen, sondern auch die unsichtbare eiserne Riemen, die sich immer enger um ihre Brust geschlugen hatten, gebrochen. An Stelle der gärenden Wut, der sie nach so langer Zeit endlich Luft gemacht hat, tritt ein bronzenes Summen, schwer und unheilvoll, und als Calait bewusst wird, was sie fühlt, zwingt sie sich tief durch zu atmen. Wenn Lía ihr eines gelehrt hat, dann das Blutrache niemals ein Ende findet. Einmal begonnen, zieht es sich durch die Generationen wie eine Krankheit und verlangt Opfer um Opfer, selbst dann, wenn eigentlich niemand mehr weiss, wann und wo die Fehde ihren Anfang fand. Nein. Keine Rache, so süss sie mir jetzt auch erscheinen mag. Aber ich werde sie zur Rede stellen. Und sie wird antworten. Varin bleibt in dieser Nacht bei ihr und auch den ganzen nächsten Tag, den er dienstfrei hat, und geht ihr mit den Tieren, dem Stall und dem Wickeln von Linnenmulden, dem Spinnen von Wolle und dem Kochen eines deftigen Eintopfs zur Hand – der rauchend zum Dunklen geht, weil sie im Eifer des Gefechts leider vergessen ihn rechtzeitig vom Feuer zu holen.  Ihre knurrenden Mägen treiben sie zur Goldenen Harfe, wo sie sich an gepökeltem Hasen in Kräutersauce und deftigen Kartoffeln laben und Calait von Borgil hört, dass sich ein Barde aus den geheimnisumwobenen Tiefen des Damaresamrun, des Reichs der Windelben,  eingefunden hätte. Er sei ein ehemaliger Wächter eines Mondtores, die vor vielen Jahrhunderten auf Befehl des Hochkönigs für alle nicht Elbenblütigen verschlossen wurden, und seine Geschichten und Gesänge seien von solcher Schönheit, dass selbst hartgesottene Zwe... Männer die eine oder andere Träne nicht rechtzeitig wegplinkern könnten. Neugierig geworden bittet Calait Borgil dem Elben eine Nachricht zu überbringen – Geschichten sind nicht nur da, um gehört zu werden, sondern sollen auch weitergetragen werden und nicht jeder wird jeden Winkel der Immerlande bereisen, weswegen das Teilen dieses unbezahlbaren Wissens genauso wichtig ist, wie das Erzählen an sich.
Zu ihrer grossen Freude sucht Ara’rian Tausendlied sie nur drei Tage später auf und bringt einen ganzen Seesack voller wunderlicher Geschichten und abenteuerreicher Sagen und Legenden aus den weitesgehendst unbekannten Tälern, Hügeln und Bergen der Elbenlande mit sich.
Zu schade, dass Cináed nicht hier ist, geht es ihr dabei durch den Kopf, Er hätte sich über eine neue Geschichte bestimmt gefreut. Wobei... ich könnte ja...
Ara’rian bleibt ihr Gast für fast drei Siebentage und hilft ihr ihre Idee zu verwirklichen, mit er sie Cináed zu überraschen gedenkt. Glücklicherweise lernt sie, wie viele Kinders des Wolkenvolks, fremde Sprachen fliessend leicht und obwohl sie nach dem halben Mond dem Shidar noch lange nicht mächtig ist, weiss sie doch wovon sie singt und worüber sie redet.
Im Gegenzug für seine Hilfe bittet er sie um ein Lied aus ihrer Heimat, und während sie mit den Fingern sanft den Rythmus auf das glatt polierte Tischholz trommelt singt sie ihm die Weise der Eiswinde, eine Ballade geboren zu einer Zeit, als der Erste ihres Volkes die Wolken erreichte und den Himmel berührte. Als sie später in der Nacht nach Hause zurückkehrt, gibt Sigrun ihr noch etwas altes, steinhartes Brot vom Vortag mit für Nimmersatt, der Calait gerade jetzt, wo sie nicht einfach im Wald nach Beeren, Wurzeln und Knollen suchen kann, alles andere als metaphorisch die Haare vom Kopf frisst. Und dabei immer dicker und runder wird. Fasten würde ihm vielleicht einmal ganz gut tun... Es spart mich Nerven und Münzen und er endet nicht irgendwann als Spielball für die Kinder.

Gesagt, getan, dem Trolden werden die täglichen Rationen gekürzt – woraufhin er ihr fast zwei ganze Siebentage lang die Ohren volljammert und könnte er weinen, hätte er sich wahrscheinlich mit glänzenden Augen vor ihre Füsse geschmissen und um Gnade gewinselt. Aber Calait lässt sich weder durch herzzerreissend hungrige Troldeknopfaugen, noch durch ganz fürchterlich erbärmliches Magenknurren erweichen.
Umso mehr wundert es sie, als von einem Tag auf den anderen plötzlich Stille einkehrt und Nimmersatt nicht nur ganz artig verschlingt, was sie ihm gibt, sondern darüber hinaus nicht um Zugaben bettelt. Das untypische Verhalten lässt Calaits innere Alarmglocken Sturm schlagen und eine Weile lang bemüht sie sich ganz dezent darum in Nimmersatts Nähe zu bleiben, um herauszufinden was es mit diesem plötzlichen Wechsel auf sich hat. Möglicherweise hat er endlich erkannt, dass er ein Trolde und kein fett gefüttertes Vorzimmerkissen ist. Oder er geht jammernd von Tür zu Tür und bettelt um Essen... oder... oh nein... Flugs durchsucht sie das komplette Haus, um herauszufinden, ob Nimmersatt sich möglicherweise irgendwo einen persönlichen Vorratskeller angelegt hat – und wenn ja, was er dort lagert. Es könnten Wurzeln und Blätter sein... aber genausogut ist es möglich, dass er die Vorratskammern der armen Talyrer für sich entdeckt hat und sich gerade schmausend in Humperknies Sauerampfer wälzt.
Ganz unauffällig – was heisst, dass der Zwerg immerhin ganze drei Sekunden braucht, bevor er den Braten riecht – erkundigt sie sich am nächsten Tag bei Borgil, ob in letzter Zeit irgendwelche Leute über ausgeräumte Vorratskammern geklagt hätten, malt mit ihrem Finger Kreise in den nicht vorhandenen Staub auf dem Tresen, als dieser sich daraufhin einen Spass macht sich nach dem Grund ihres plötzlichen Interesses an fremden Kellern zu erkundigen, und palavert etwas von  „Njoa...“, „Diät“ und „Verfresseneselendesmistvieh“ in die Luft, woraufhin der Zwerg sardonisch auflacht. „Gnoa, hör auf dich über mein unsagbares Leid zu amüsieren, sonst erzähl ich ihm von den Köstlichkeiten, die duuff...“ Um ihrer rechtschaffenen Empörung angemessen Ausdruck zu verleihen, lehnt sie sich so weit über den Tressen, bis ihre Beine in der Luft baumeln und sie ihm, nach kurzem Tasten, einen kräftigen Schulterklopfer versetzen kann – und vergisst dabei, dass der Zwerg ein fünfeinhalb Fuss grosses Paket geballter Eisenmuskeln und Steinknochen ist. „Uh, musst du so hart sein?... Ahähm... Vergiss die Frage.“ Sie weiss, wie hart er sein kann – Azras erschrockenes Aufquieken und verlegenes Gestammel, als sie sich ganz nonchalant nach den bettechnischen Fähigkeiten des werten Göttergatten erkundigt hat, haben ihr ein ziemlich genaues Bild vermittelt.
Soris, die Glücksmaid, ist ihr hold. Borgil hat bislang nichts vernommen, was daraufh hindeuten könnte, dass der Trolde sich aus lauter Verzweiflung auf heimauswärtige Nahrungsquellen verlegt hat. Und trotzdem wird er nicht dünner.
Vi-Vi und Skar haben ebenfalls kein Problem, was die Futtersuche betrifft, nur die Waldhörnchen, sich den Luxus übriggebliebener Essensreste gewöhnt, sind regelmässige Gäste im kleinen Häuschen. Rouva, die Zwergsau, die sich bei der Kälte gar nicht mehr aus ihrer Nische neben dem offenen Feuer traut, tut sowieso nichts anderes, als sich den Bauch mit allem vollschlagen, was Calait findet, und auch Tanguy bedient sich lieber seiner Grünzeugundkornlieferantin auf zwei Beinen, als selber im gefrorenen Boden nach Wurzeln und Grassamen graben zu müssen. Eríu und Noraya bewahren in diesem Sinne einen wackeligen Scheinfrieden und machen sich gemeinsam auf die Suche nach etwas Essbarem. Ein Umstand, den Calait sehr begrüsst, der aber wahrscheinlich nur bis zum ersten Frühlingssonnenstrahl anhält. Artum, Zhaabiz, Adnan und Hirii tummeln sich den grössten Teil der Zeit auf Borgils Weide, wo sie von Ninio mit kostbarem Heu und gutem Hafer gefüttert werden. Dafür müssen sie als Lasttiere Güter und Waren vom Hafen zur Harfe schaffen, oder im Wald Holz schleppen.

Nälkäkuu und Kylmyyskuu geben sich mild und einen ganzen Siebentag bevor der Kevätkuu einkehrt, trägt der Wind den Duft von Wärme, süssem Frühlingsgras und lieblichem Krokuss mit sich. Mit einem kleinen Opfer an die Geister – eine Handvoll Winterzahn, etwas Stroh und Myrrhe – bittet Calait ihre Ahnen um einen hellen Blick und Zuversicht für das anstehende Jahr und gedenkt dabei des Totems ihrer Schwester, ihrem ehemaligen Weggefährten Louan. Die Abwesenheit des greisen Luchs klafft noch immer wie ein riesiges Loch in ihrem Leben, aber der Schmerz wird von Tag zu Tag erträglicher, vor allem durch das Wissen, dass Colevar, mit dem sie ihr Leid teilt, nicht weit weg ist – und sich auch nicht mehr einfach so verziehen wird, wie er ihr hoch und heilig beim Grab seiner ihm nicht weiter bekannten Urgrosstante geschworen hat... schwören musste, notgedrungen, weil sie ihm eine Abreise sonst einfach verboten hätte. Colevar hat nur wenige Tage ihres Lebens geteilt, aber inzwischen ist ihr, als wäre er schon immer dagewesen, hätte schon immer dazugehört und würde es keinen Sinn mehr machen, wenn er es wieder verlassen würde.
Kaum ist der Schnee weg und taut der Boden auf deckt sich Calait mit Sämlingen ein und geht ihrem verwilderten Garten ans Unkraut. Bewaffnet mit Zinken, Schaufel und einer überdimensionalen Gabel, die Borgil ihr in die Finger gedrückt hat, wütet sie wie ein wildgewordener Troll, bis sich neben ihrem Häuschen sieben Bahnen fetter, schwarzer Erde entlang ziehen, wo sie mithilfe der Kräuterhanna Salbei, Druidenstab, Hexenmehl, Fingerhut, Siankärsämö, Sonnenfeder, Koiruoho und,  entlang der schattigen Flussteinmauer, Natternwurz pflanzt. Desweiteren weiss sie sich von Halla ein paar Kerne ihrer begehrten Sommertomaten zu ergattern und auch Karotten, Kelchkraut, Kohl, Rote Bete, Rettich, Sellerie, Zwiebeln, Bärlauch und Radieschen sollen ihr helfen ein wenig unabhängiger von Sigruns viel zu guter Küche zu werden. Die letzten Schäden am Häuschen und der Mauer werden repariert, das kleine Törchen wieder Instand gesetzt, der Putz kriegt einen neuen Anstrich, das hölzerne Rahmenwerk wird fröhlich rot, die Hunde und Pferde von ihrem Winterfell befreit, der Stall gründlich ausgemistet und der Wohn- und Schlafraum bis unter die Giebel abgestaubt und die alten Dielen gewienert, bis sie glänzen wie Ardainner Marmorplatten. Nur Louans Plätzchen, eine weiche Wolldecke neben dem Kopfende ihres Bettes, rührt sie nicht an. Sein Körper mag fort sein, aber sein Geist soll immer einen Platz in ihrem Heim haben.


* Schandmaul – Diese Melodie

Titel: Re: Das kleine Häuschen am Waldesrand
Beitrag von Colevar am 03. Apr. 2012, 07:35 Uhr
Burg Lyness, Sarthetal, 12. Langschnee  des Jahres 511 der Götter



(Borgil, Varin, wer auch immer, der sein Augenlicht besitzt und des Lesens mächtig ist, lest ihr den Brief einfach vor, aye?)



Liebe Calait,


wie du sehen wirst, wenn dich dieser Brief erreicht, bin ich auf Burg Lyness im Sarthetal, im Haus meines Vaters – und wünschte, ich wäre überall, aber nicht hier, obwohl ich gleichzeitig den Göttern danke, dass ich es bin und nichts schöner war, als nach so langer Zeit endlich wieder nach Hause zu kommen. Doch lass mich der Reihe nach berichten. Am Morgen nach Louans Tod ging ich zuerst zu Olyvar, wo ich mich eigentlich nur zurückmelden wollte, aber obwohl er trotz aller Ungläubigkeit, mich wiederzusehen, doch froh schien, mich noch in einem Stück zu finden (ich schreibe nicht wohlbehalten oder unversehrt, denn das bin ich nicht, wie wir beide wissen), schickte er mich gleich und mit einiger Sorge wieder fort und hierher. Mein Vater, Aneirin, ist nicht mehr der Jüngste, weit über sechzig, und er war im Herbst auf den alljährlichen Büffeljagden verwundet worden und seither ans Bett gefesselt. (Wovon ich natürlich nicht die leiseste Ahnung hatte, bis Olyvar mich ins Bild gesetzt hat.) Also ging ich von der Steinfaust nach Llywfanen, aber nur, um die Katze zu holen. Ich habe das Haus nun schon so lange ignoriert, dass ein paar weitere Wochen oder Monde auch keine Rolle mehr spielen. Sie war tatsächlich dort, saß im Nebel auf den Stufen zum Haus wie eine Wächterin. Ich schwöre dir, sie hat mich ungefähr zehn lange Minuten so vorwurfsvoll angesehen, dass ich nahe daran war, auf die Knie zu fallen und um Verzeihung zu bitten. Aber dann ist sie doch auf meine Schulter gesprungen, so wie sie es früher schon immer getan hat, hat mir einen Kinnhaken mit ihrem Schädel verpasst, sich um meinen Hals gelegt wie ein Fellkragen mit Krallen und mich angeblinzelt als wolle sie sagen: 'Gehen wir endlich?' Sie ist außerdem, ich kann es nicht anders sagen, fett geworden... entweder es gibt im Llarelon keine einzige Bisamratte mehr, oder du hast ihr viel zu viel Futter gebracht. Das ich dir im Übrigen auf Heller und Kupferling bezahlen werde, es reicht schon, wenn der Trold und deine eigene Menagerie dir die Haare vom Kopf fressen.

Zurück in der Harfe war Reykir – mein Hund, von dem ich dir erzählt habe, ich berichte dir alles über ihn, wenn wir uns wiedersehen, was, denke ich, im Taumond oder Sturmwind sein wird – verständlicherweise wenig begeistert von meiner neuen, alten Begleiterin. Dummerweise haben die Beiden sich prompt ein heftiges Duell in meinem Zimmer geliefert, das nicht nur quer durch eine Kupferwanne mit erkaltetem (und bis dahin auch vollkommen unberührtem) Badewasser stattfand, sondern auch unter dem Bett hindurch, über die Strohmatratzen, die Reykirs Krallen nicht standhielten, hinweg, über den Tisch und die Stühle, und unter einem dem Flickenteppich, der es auch nicht überlebt hat. Kurz gesagt: ich schulde Borgil nun nicht nur ewigen Dank für sein beherztes Eingreifen und seine Hilfe, ich denke, du kannst dir das Spektakel in etwa vorstellen, sondern auch eine halbe Zimmereinrichtung, eine neue Matratzenfüllung und die Kosten eines erheblichen Wasserschadens im Raum darunter. Allen Göttern sei Dank ist der Zwerg nicht nachtragend oder er kann mich einfach nur aus irgendwelchen Gründen recht gut leiden, ich weiß es nicht. Er hat mir zwar alles fein säuberlich in Rechnung gestellt, aber er hat mich nicht gleich hinausgeworfen, was ich gut verstanden hätte. Außerdem hat er beim Versuch, die beiden Streithähne zu trennen, Mistress Grau erwischt, während ich mich auf Reykir geworfen habe, um ihn daran zu hindern, die Rotatkissa aufzufressen - und damit hatte Borgil eindeutig die schlechtere Wahl getroffen. Bitte sieh dir seinen Arm an, sobald du es einrichten kannst, ja? Und stell mir die Behandlung in Rechnung. Wenn du mich jetzt vor deinem inneren Auge gerade gequält Seufzen siehst, ist das im Übrigen eine absolut zutreffende Vision und kein heraufbeschworenes Bild deiner frechen Gedanken. Kurz nachdem sich die Lage einigermaßen beruhigt hatte, ist Morian aufgekreuzt, tanzend, lachend und singend wie ein Derwisch in Ekstase. Sie war zum Sithechtempel gegangen, wohin uns ein gemeinsamer Bekannter und Advokat aus den Rhaínlanden eine Nachricht gesandt hatte, und, wie es sich herausgestellt hat, erwartet ihr lang vermisster und verschollener Bruder sie wohlbehalten und guten Mutes wieder in ihrer Heimat.

Es ist eine lange und verworrene Geschichte, und auch die werde ich dir erzählen, wenn wir uns im Frühjahr sehen, aye? Sie wird den Winter über noch hier bleiben, da der kommende Schnee jede längere Reise unmöglich macht, aber sobald das Tauwetter einsetzt, will sie sich der ersten Karawane oder Reisegruppe, die nach Norden aufbricht, anschließen – du wirst sie also leider nicht mehr kennenlernen.

Wie auch immer, wir sind hier auf Burg Lyness und ich tue all das, wofür man mich irgendwann einmal erzogen hat: ich spiele den Gutsherren so gut ich kann, während Morian sich ihr Reisegeld verdient, indem sie dankenswerterweise die Führung der Bücher übernommen hat, etwas, von dem ich noch so viel Ahnung habe wie ein Büffel vom Fliegen. Aber sie lehrt mich einiges im Austausch für ein wenig Unterricht in Messerarbeit, so dass wir beide jeden Abend todmüde in unsere Betten fallen. Ich, weil mir Zahlen und Aufstellungen, Abschreibungen und Salden im Kopf herumschwirren wie aufgebrachte Fliegenschwärme, und Morian weil ihr jeder Muskel im Leib weh tut. Außerdem ertrage die täglichen, gutgemeinten Ratschläge meines alten Herrn, der zwar an seine Bettstatt gefesselt sein mag und das ganze rechte Bein von den Zehen bis zur Lende fest in Birkenrinde einzementiert hat, aber nach wie vor einen elenden Sturkopf sein Eigen nennt und seine Zunge auch fleißig gebraucht. (Nein, Calait, du musst dir keine Sorgen machen. Wenn er nicht gut versorgt worden wäre, hätte ich dich sofort holen lassen). Du kannst dir auch bestimmt denken, dass die Rekonvaleszenz ihn nicht gerade sehr sanftmütig macht. Aber eigentlich darf ich mich nicht beklagen. Er liebt mich und ich liebe ihn ebenso. Er ist mein Vater und er will bestimmt nur mein Bestes, nur leider haben wir davon unterschiedliche Vorstellungen. Immerhin hat er noch nicht wieder versucht, mir eine Frau zu suchen. Ich fürchte nur, dieses Lied wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. (Ja, du siehst richtig, jetzt gerade greife ich verzweifelt zum Branntweinkrug und wünsche mir, ich hätte etwas von dem Gift, das du Feuerkehl nennst. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben, du schuldest mir also ein Besäufnis, Calait.) Hier auf der Burg stecken alle in den Vorbereitungen für das Julfest, wie in Talyra auch, schätze ich. Wenn du Varin überreden kannst, dann besuch mit ihm irgendwann in den nächsten Tagen die Tausendwinkelgassen, dort ist es um Mittwinter ganz besonders schön. Und falls der alte Feigling sich ziert und etwas davon murmelt, das sei nur für Weiber und Kinder, albern und nichts für ihn, dann sag ihm einen schönen Gruß von mir und er soll sich gefälligst nicht so vor Frumpels Weib fürchten. Er weiß dann schon Bescheid.


Slan lead, Calait, ich wünsche Dir ein schönes Julfest und komm gut durch die Raunächte ins neue Jahr. Wir sehen uns im Frühling, wenn ich nach Talyra zurückkehre.


Colevar


Nachtrag:
Ich hatte den Brief schon beendet und war beim Nachtmahl, als der Maester meines Vaters eine Botschaft aus dem Rabenschlag gebracht hat, in der es hieß, in Talyra grassiere heftig die Grippe, ich habe also eben erst davon erfahren. Ich ahne zwar, dass du nicht auf mich hören wirst, aber ich sage es dennoch: Pass auf dich auf, Calait! Ich weiß, dass du alles in deiner Macht stehende tun wirst, den Erkrankten zu helfen und das sollst du natürlich auch, aber achte auch auf dich, aye? Iss genug, schlaf genug, du hilfst niemandem, wenn du zusammenbrichst. Lass Varin und Borgil auf dich aufpassen, ich weiß, sie werden es versuchen. Und, bei den Göttern, wag es ja nicht, dich anzustecken, hörst du? Wag es nicht!




Powered by YaBB 1 Gold - SP 1.3.2!
Forum software copyright © 2000-2004 Yet another Bulletin Board