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Das Rollenspiel >> Das Umland >> Das Larisgrün
(Thema begonnen von: Niniane am 28. Mai 2006, 16:59 Uhr)

Titel: Das Larisgrün
Beitrag von Niniane am 28. Mai 2006, 16:59 Uhr
Das Larisgrün

Das Larisgrün ist ein Wald voller  geheimnisvoller, grüner Tiefen, borkeumkleideten, bemoosten Riesen von gewaltigen Ausmaßen und silbrig schäumenden Wildbächen. Die Kronen der riesigen Bäume, deren Äste  ineinander greifen und  sich so selbst zu einem natürlichen Baldachin vernetzen, bilden ein dichtes Dach und oft umranken weißblühende Lianen  ihre Stämme. Das Licht der Sonne ist hier im Schatten des Larisgrüns nur ein saphirgrünes Dämmer, ab und an unterbrochen von einem vereinzelten Strahl, der durch das Dach der Bäume fällt und Inseln aus Sonnenlicht ins samtweiche Gras des Waldbodens zaubert. Die Randgebiete des Waldes sind licht, immer wieder unterbrochen von Waldweiden, Lichtungen, Gehöften oder Katen - dringt man jedoch tiefer in ihn ein so wird er düster und bedrohlich und bei Nacht sollte man sich nicht ohne Schutz hineinwagen. Dieser riesige uralte Wald erstreckt sich von den Sonnenhügeln im Norden bis an den Heideweg im Süden über den gesamten Westen der Herzlande und ist somit nach dem Dunkelwald das größte zusammenhängenden Waldgebiet der ganzen Immerlande. Das Larisgrün ist ein dichter Mischwald und reich an Unterholz, in dem zahlreiche Arten von Farnen und Moosen wachsen - auch eine Vielzahl von essbaren oder giftigen Pilzen, Heilkräutern und anderen nützlichen Pflanzen finden sich hier allerorts. Im nördlichen Larisgrün und rund um Talyra bestimmen hauptsächlich Buchen, Eichen, Fichten, Kiefern, vereinzelt Tannen, Kastanien, Ulmen, Linden, Herzbäume und Kletterpflanzen wie Efeu und wilder Hopfen das Bild des Waldes. Hohe Rotholzbäume, nicht so hoch wie die Giganten der Ostwälder, aber immer noch mächtige, imposante Riesen, werfen ihren Schatten über singende Bäche und moosigen Grund. Im Süden des Larisgrüns dagegen, wo der Boden sandiger und trockener wird, findet man hauptsächlich Lärchenpinien, Goldbirken, Lebenseichen und Akazien.  

Viele Legenden ranken sich um diesen riesigen uralten Wald und seine verschlungenen Pfade, munkeln von den Geheimnissen seiner grünen, schattenstillen Tiefen. Wundersame Orte sollen sich im Larisgrün befinden, uralte Tropfsteinhöhlen voll glitzernder Pracht, geheime Sümpfe, lange vergessene Ruinen oder heilige Stätten der Ersten Menschen, die vor Tausenden von Jahren hier lebten. Nur im Larisgrün findet man noch Blutbäume, jene heiligen Bäume alter Zeit mit ihrer milchweißen Borke und den rostroten Blättern in den mächtigen Kronen. Vereinzelt leuchtet ihr fahles Weiß durch die Reihen der anderen Baumstämme, niemals stehen mehr als drei beieinander. Bekannte "Persönlichkeiten" des nördlichen Larisgrüns rund um Talyra sind Grymauch Einauge, ein uralter, notorisch schlecht gelaunter Höhlenbär, dem man, ist man nicht gerade Waldläufer, nicht zu nahe treten sollte und Parsel, eine alte und sehr scheue Schattenkatze, von der niemand weiß, was sie einst ins Larisgrün verschlagen hat, da Schattenkatzen eigentlich nur im Nachtwald vorkommen. Die größten Raubtiere des Waldes sind Bären und Wölfe, doch Überfälle auf Reisende oder Menschen sind, ausgenommen in sehr strengen Wintern, selten und auch die Bauern haben kaum Verluste an Vieh zu beklagen, denn das Larisgrün ist reich an Beutetieren wie Rothirschen, Rehen, Wildschweinen und Niederwild. Eigenes Jagdrecht allerdings hat nur, wer direkt im und vom Wald lebt, wie etwa die Wandler, die niemals mehr von der Natur nehmen würden, als sie unbedingt brauchen, der talyrische Adel auf seinen eigenen Ländereien und einige Großgrundbesitzer... doch auch sie müssen sich an die festgelegten Schonzeiten halten. Protektorin des Larisgrüns ist Niniane, die Halbelbin, doch es gibt viele Waldläufer und Späher oder Jäger im Dienst der Steinfaust, die ein wachsames Auge auf das Geschehen rund um Talyra haben und für den Schutz des Waldes und seiner Bewohner sorgen. Mit ihnen ist nicht zu spaßen, wenn es um das Wohl des Larisgrüns geht und besonders Wilderer und Fallensteller sollten sich vor ihnen in acht nehmen, denn die Strafen für diese Vergehen sind hart.

SC's:

Niniane
Protektorin des Larisgrüns, Jägerin und Waldläuferin, lebt mit ihrer Familie im Baum am Smaragdstrand

Kaney
Hauptmann der Späher und Kundschafter bei der Stadtgarde


NSC's:

Findinmir Daumengrün
Erzdruide und Mitglied des Stadtrates von Talyra

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Diantha am 09. Apr. 2007, 15:50 Uhr
Ein sonniger Tag Ende Tauglanz

-----> Auf dem Weg vom Waldtor der Steinfaust zu den Waldweiden

Allmählich wird der Lärm der Steinfaust und der Weltenstadt hinter Olyvar, Connavar, Fianryn und Diantha leiser, dafür ertönt das Rascheln des Waldes, das Knacken von Zweigen und das leise Glucksen eines Bachs. Der kleine Pfad kann gar nicht so weit entfernt von dem Platz der Händler und den großen Handelsstraßen sein, dennoch lässt er eine Illusion von Abgeschiedenheit zu. Die Laubbäume wirken ohne ihre Blätter noch ein wenig karg, allerdings lassen sie so das Sonnenlicht durch und sowohl die blühenden Pflanzen am Wegesrand, als auch das vielfältige Gezwitscher der Vögel machen klar, dass der Frühling nun wirklich allem späten Schnee zum Trotz eingezogen ist. Ein vielstimmiges Pfeifen und Flöten ertönt, doch noch dazu die unterschiedlichsten Vögelgesänge. Nur wenige davon kann Diantha zuordnen, wie das laute „Zizidäh“ der Kohlmeisen, das „tüi-tüi-tirr“ der Kleiber oder das „zizizizjazjazoritiu-zip“ der Buchfinken. Als Kind hatte sie sich nicht besonders für Vogelgesänge interessiert, doch dass hier einige Arten leben, die es in den Wäldern Immerfrosts nicht gibt, ist kaum zu überhören. Das Rascheln im Unterholz zeugt davon, dass der Wald nicht nur von vielen Vögeln bewohnt ist, sondern zahlreichem Kleingetier Schutz bietet. Die größeren Tiere halten sich nicht so dicht in der Nähe der Stadt auf, allerdings kann Diantha auch nicht gerade behaupten, dass sie ein großes Bedürfnis hat der ersten Bache mit ihren Frischlingen über den Weg zu laufen. Außerdem müssten Wölfe, Füchse und Wildkatzen in der nächsten Zeit werfen, meint sich die Immerfrosterin zu erinnern, die in den verstaubten Erinnerungen an das kramt, was ihr Vater ihr über den Wald erzählt hatte. Das war gar nicht einmal so wenig gewesen, schließlich hatte ihr Dorf direkt an einem gelegen, doch sie hatte sich in den letzten Jahren nicht sonderlich damit beschäftigt. Allmählich kommt das Wissen stückweise wieder, so fällt ihr ein dass jetzt das meiste Wild geschont werden müsste. Wie war das noch? Erste Rotwildkitze im Grünglanz, erste Damwildkitze im Goldschein oder andersrum? Und Bärenjunge kommen zwischen Silberweiß und Eisfrost zur Welt? Hm, ich habe ganz schön viel vergessen, wenn das Vater wüsste!
Ohne weiter darüber nachzudenken harkt sich Diantha leicht bei Olyvar ein und schaut sich neugierig um. Nur einmal war sie durch das Larisgrün gereist, noch etwas früher im Jahr als es jetzt ist, doch damals hatte sie so gut wie keinen Blick für die Natur um sich herum gehabt, war mit tausend anderen Gedanken beschäftigt gewesen. Die Bäume stehen hier noch nicht so dicht wie tiefer im Wald, dennoch sind viele verschiedene Baumarten zu sehen, die Diantha zwar allesamt auch ohne Blätter benennen kann, über einige weiß sie allerdings erheblich mehr als über die anderen. Kiefern kennt sie aus Immerfrost nur zu gut, leichtes, aromatisches Holz, ebenso wie Fichten, gutes Holz für den Bau und vor allem schnell nachwachsend, und natürlich die obligatorischen Eichen. Daheim hatten sie im Winter oft mit Eichenholz geheizt, weil es so lange brennt, die Funken nicht dazu neigen weit zu fliegen und es sich lange lagern lässt. Zudem kann sie sich an Türen, Fenster, Schwellen, Waschtische und Schränke aus diesem Material erinnern, teilweise von ihrem Vater mit Schnitzereien verziert. Über die Eigenschaften des Holz von Ulmen, Kastanien, Buchen und Linden weiß sie weniger. An einer außergewöhnlich schöne aus Lindenholz geschnitzte Darstellung von Amur kann sie sich erinnern oder einen unverschämt teuren Gartenstuhl aus Edelkastanienholz, die sie auf einem Markt einmal gesehen hat, aber das war es dann auch. Andere ihr bekannte Baumarten tauchen bisher nicht auf, wie Tannen, Birken oder Edern und die höchsten Baumwipfel gehören nicht zu Sithechtannen, sondern Rotholz. Ihr Blick wandert von den Stämmen zum Wegesrand, an dem schon allerlei blüht, sattes Gelb von Sonnensternen neben dem zarten Rosa der ersten Buschwindröschen, nicht weit davon recken hellblaue Hornveilchen ihre kleinen Blüten der Sonne entgegen. Der intensive Geruch nach Frühling verheißt noch weitere Blumen tiefer im Wald, doch der kleine Pfad verläuft scheinbar nicht in diese Richtung, sondern bleibt am Waldrand.

Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen stellt Diantha mit einem Mal fest, dass sie sich seit Ewigkeiten nicht mehr so glücklich gefühlt hat wie zur Zeit. Sie ist von Menschen umgeben, die sie liebt und von denen sie geliebt wird, so hat  sie nach beinahe einem Jahrzehnt das erste Mal das Gefühl zu hause zu sein. Eine Empfindung, die weniger damit zu tun hat wo genau man ist, sondern mehr damit wie sicher und geborgen man sich fühlt, ob man so, wie man ist, von seinen Mitmenschen angenommen wird. Olyvar vermag es so gut das Gefühl zu vermitteln, dass sie vor ihm keine Maske braucht, dass sie nach und nach immer weiter ihre Deckung vernachlässig hatte. Und nun? Viele Schranken sind nicht mehr da, dafür sind diese schwerer verbarrikadiert als alle vorherigen. Wenn das so weitergeht wird er mich bald kennen lernen, mein tiefstes Ich und ich bezweifle stark, dass ihm alles daran so sonderlich gut gefallen wird! Warum sollte jemand den dunklen Teil meiner Vergangenheit, die tiefen Narben in meinem Herzen, das schwarze Stück meiner Seele kennen wollen? Ich wünschte ja, ich würde sie selbst nicht kennen, verdammt! Und warum sollte ich jemanden so viel bedeuten, dass er überhaupt erst anfängt zu graben? – Todernst sagte er. Bist du dir da wirklich sicher, Olyvar? Todernst? Er hat ihren forschenden Blick bemerkt, den sie ihm bei diesen Gedanken zugeworfen hat und hebt fragend die Augenbraue, doch sie schüttelt nur den Kopf und lächelt. „Es ist nichts. Nur …“, einen Augenblick zögert sie, schaut ihm in die Augen. Warum bist du so gut zu mir? Warum bedeute ich dir etwas, was gibt es an mir zu lieben? „Minä rakastan sinua – Ich liebe dich, Olyvar.“ Kein Versprechen, keine Verbindlichkeit, keine blumigen Floskeln, die würde er in naher Zukunft auch nicht von ihr zu hören bekommen, was ihre Augen auch nur zu deutlich zeigen. Ja, sie liebt ihn, in seiner Nähe fühlt sie sich so gut wie sonst nirgendwo, aber sie würde nicht schwören, dass sich das nie ändern wird. Dazu kennt sie ihn noch nicht gut genug und sie kann jetzt auch nicht sagen, ob sie dazu jemals bereit sein wird. In Beziehungen kann sich auch in verhältnismäßig kurzer Zeit sehr viel ändern, was sie ja in den letzten beiden Monden am eigenen Leib erfahren haben. Nur der sanfte Tonfall ihrer Stimme zeugt davon, dass ihr das Gesagte wichtig ist, ein Tonfall den sonst nur Fianryn und Connavar von ihr kennen, wenn sie von Diantha ins Bett gebracht werden. Sie will ihre Worte nicht in der Luft stehen und immer mehr an Bedeutung gewinnen lassen, deshalb wechselt sie rasch das Thema, fast als wolle sie von dem eben Gesagten ablenken. Sie ist auch noch ein wenig erstaunt über den eigenen Wagemut, schließlich hatte sie es bisher immer so gehalten gewisse Worte ungesagt zu lassen, weil nur Ausgesprochenes gegen einen verwendet werden kann. Wenn sie sich dann einmal nicht an diesen Vorsatz gehalten hatte, dann hatte das meist recht unschöne Konsequenzen gehabt, wie beispielsweise das Niedergeworfenwerden von einem riesigen, geifernden Bluthund. Olyvar hatte zwar gestern gesagt er würde nicht beißen – doch es gibt erheblich Schlimmeres als gebissen zu werden. Goldene Käfige zum Beispiel. Man kann mich noch so sehr lieben, einsperren lasse ich mich nicht noch einmal, von niemandem! Und mich zu sehr an jemanden zu binden muss eigentlich auch nicht sein… Aber was mache ich mir vor, das haben Fianryn und Connavar doch schon längst! „Was ich mich schon länger frage: Hast du eigentlich lebende Verwandte außer deinen Kindern? Habe ich sie bisher  nicht gesehen weil es keine gibt oder weil sie zu weit entfernt wohnen um die Steinfaust regelmäßig zu besuchen? Und wo wurdest du geboren, warum sprichst du Tamar, wenn Rhordri dich schon seit deiner frühen Kindheit kennt?“ Sie weiß, dass das ziemlich viele Fragen auf einmal sind, vor allem da sie mondelang nicht gefragt hat. Doch nachdem sich ihre Beziehung so geändert hat, möchte sie ein wenig mehr über ihn wissen und da kommt nach Dianthas Verständnis eben zuerst die Familie. Außerdem weiß er schon alles über ihre, was es zu wissen gibt, aber von seiner hat sie noch nichts gehört, was nach all den Monden, die sie schon im selben Haushalt lebt, doch ein wenig merkwürdig ist. Conn und Fianryn werden ja wohl irgendwelche Verwandte haben? Hat sich Kizumus Familie von den Kindern abgewendet, nachdem sie gegangen ist? Oh ja, es gibt noch viele ungestellte Fragen, viel zu viele für einen einzigen sonnenbeschienen Spaziergang.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 11. Apr. 2007, 18:40 Uhr
Der Tag ist warm und frühlingshaft, als sie die Steinfaust durch das Waldtor verlassen, die breite Ringstraße überqueren, die sich in etwa hundert Schritt Entfernung von den Stadtmauern um die ganze Westseite Talyras zieht, und dann den weichen Waldwegen folgen, die am Rand des Larisgrüns entlang zu den Weiden und Koppeln der Steinfaust führen. Bayvard kennt den Weg, doch er drängelt nicht, sondern folgt ihnen ruhig und gelassen, mit entspannt gesenktem Kopf und weichem Schritt, stets ein Ohr bei seinem Herrn und eines bei den Kindern auf seinem Rücken. Conn und Fianryn sind ganz still geworden, doch alles andere als ängstlich, eher andächtig, fast entrückt, ganz und gar erfüllt von dem Gefühl, von einem so großen Tier sicher getragen zu werden. Wann immer Olyvar einen Blick zurückwirft, um nach ihnen zu sehen, blickt er in weit geöffnete Augen und lächelnde, kleine Gesichter. Auch Diantha ist still und wirkt in sich gekehrt, schon seit sie die Steinfaust verlassen haben. Als er die Schlacht von Liam Cailidh erwähnt hatte, hatte sie ihm kurz und tröstend die Hand auf die Wange gelegt, und diesmal hatte er sich ganz bewusst erlaubt, sein Gesicht an ihre Finger zu schmiegen, doch sie hatte keine Fragen gestellt, nur leise bemerkt, es gäbe zu viel Gewalt und Mord auf dieser Welt und melancholisch gelächelt. Das hatte auch ihn lächeln lassen, wenn auch etwas trocken. "Eher zu viele Magier, die erst zaubern und dann denken," hatte er gemurmelt und die Bilder, die ungefragt in seinen Gedanken aufgetaucht waren, mit einem entschlossenen Kopfschütteln wieder vertrieben. Grünes Feuer, kalte Sterne, der Geruch nach nasser, schwarzer Erde, die tobende Schlacht, der kleine Petyr, so zerhackt, dass ihn nicht einmal seine Mutter mehr erkannt hätte, ein Blaumantel in einer Lache aus Blut, der graue Mann auf dem grauen Pferd, die Totenlichter und die lange, kalte Dunkelheit... Er weiß längst, wem Bayvard und er ihre Narben zu verdanken haben und es waren nicht die Narge gewesen, doch Diantha war nicht weiter darauf eingegangen. Hätte sie ihn irgendetwas gefragt, er hätte es ihr erzählt, er hätte ihr alles erzählt, doch sie fragt nicht - und er würde sich ihr nicht mit etwas aufdrängen, das sie gar nicht hören will. Jetzt geht sie neben ihm, hat ihre Hand unter seinen Arm geschoben und sich bei ihm eingehakt, aber sie selbst scheint meilenweit fort oder in Erinnerungen versunken zu sein. Sie lächelt zwar immer wieder, doch ihr Blick schweift dabei am Wegesrand entlang, wo sich zwischen den Wurzeln der Buchen und Birken hier und da die ersten Frühlingsblumen zeigen, bunte Tupfer auf den beigen und bronzenen Schichten des Herbstlaubes vom letzten Jahr. Er will sie gerade fragen, woran sie jetzt denkt, als sie ins Hier und Jetzt zurückkehrt und ihre Brauen sich ein wenig zusammenziehen, als beschäftigte sie innerlich etwas wichtiges... etwas, bei dem sie sich keineswegs ihrer selbst sicher scheint. Eine Weile starrt sie auf den Weg vor ihnen, den weichen Humusboden unter ihren Füßen, dann sieht sie ihn plötzlich so prüfend an, dass er unwillkürlich eine Braue hochzieht, doch sie schüttelt lächelnd den Kopf.

>Es ist nichts. Nur... < Beinahe hätte er sie leise und amüsiert gefragt, ob er vielleicht einen Fleck Ruß auf der Wange hat oder etwas ähnliches, weil sie ihn gar so abwägend ansieht, doch der fast wachsame Ausdruck in ihren Augen lässt ihn schweigen. >Minä rakastan sinua - Ich liebe dich, Olyvar.< Zuerst versteht er nur Kauderwelsch - bis auf ein paar Ausdrücke und Floskeln, die er von ihr aufgeschnappt hatte, besteht ihre Muttersprache für ihn zum großen Teil immer noch aus der sinnfreien Aneinanderreihung zu vieler Selbstlaute. Dann braucht es einen weiteren Herzschlag, bis er realisiert, was sie ihm da gerade eingestanden hat. In Pakkakieli, etwas, das sie nur tut, wenn ihr etwas ganz entscheidend wichtig ist. Ich liebe dich, Olyvar. Ihre dunkle Stimme klingt eindringlich, sanft wie der Wind und so weich wie Samt, und ist von einer Zärtlichkeit erfüllt, die sie sonst nur an die Kinder verschenkt. Ihr Tonfall und ihre Worte wärmen ihn von Kopf bis Fuß, dringen mühelos in sein Herz und nehmen es mit ebensolcher Leichtigkeit in Besitz... doch in ihrem Blick kann er auch noch etwas anderes lesen, etwas, das wie Schatten in ihren Augenwinkeln lagert und im Widerspruch zum Klang ihrer Stimme steht. Er kann es nicht ganz ergründen, doch was immer es ist, es ist kein Ja, keine Hingabe, erst recht kein Versprechen. Sie scheint ihre Worte durchaus ernst zu meinen, aber er will verdammt sein, wenn er sagen kann, was sie eigentlich für Diantha genau bedeuten. Es mag ein Anfang sein, sogar ein viel versprechender Anfang, aber es ist dennoch nicht ganz das, was er meinen würde, würde er dasselbe zu ihr sagen. Der Gedanke ist hoffnungsvoll und ernüchternd zugleich, denn im Gegensatz zu ihr, ist er sich über seine Gefühle für sie so im Klaren, wie er sich selten einer Sache sicher war. Das nützt dir alles nichts, wenn sie nicht das gleiche fühlt. Wenn es für sie nicht genug Bedeutung hat, ruft er sich mit einem Anflug von Melancholie zur Ordnung. Und es nützt euch beiden noch viel weniger, wenn du ihr das nicht auch sagst, meldet sich eine weitere, sehr viel trockenere Stimme zu Wort. Noch bevor er allerdings auch nur Luft holen kann, rettet sich Diantha schon in eine ganze Liste von Fragen, als hätte sie Angst vor einer möglichen Antwort oder als wolle sie ihm vielleicht klar machen, dass sie im Grunde überhaupt keine erwartet. >Was ich mich schon länger frage,< rattert sie entschlossen los. >Hast du eigentlich lebende Verwandte außer deinen Kindern? Habe ich sie bisher nicht gesehen weil es keine gibt oder weil sie zu weit entfernt wohnen um die Steinfaust regelmäßig zu besuchen? Und wo wurdest du geboren, warum sprichst du Tamar, wenn Rhordri dich schon seit deiner frühen Kindheit kennt?< Sie sieht ihm so inständig ins Gesicht, dass sie sich auch in schrittgroßen Lettern: 'Ich habe gerade eben ganz bestimmt nicht von Liebe gesprochen und nun lass uns bitte von etwas anderem reden!' auf die Stirn hätte malen können.

Statt auf eine ihrer Fragen zu antworten, zieht er sie an sich, bis er ihr den Arm um die Hüften legen und ihren Scheitel küssen kann. Oh, er versteht ihr Dilemma durchaus, aber er würde den Teufel tun und sie damit einfach so davonkommen lassen. "Feigling," erklärt er leise, aber das Lächeln schwingt in seiner Stimme mit. "Gib mir wenigstens Gelegenheit zu einer Antwort, bevor du vom Thema ablenkst, aye?" flüstert er dicht an ihrem Ohr, neigt den Kopf und küsst sie - was nicht so ganz einfach ist mit einem fast einen Quader schweren Pferd hinter sich am Zügel und zwei Kleinkindern darauf, jedenfalls nicht, wenn man es richtig tut - bis sie auf dem moosigen Humusboden des Waldweges lachend über ihre eigenen Füße stolpern. Dann wird er ernst, hält sie fest und sieht ihr in die Augen - sein Blick ist weit und offen und hält nichts zurück. "Sag es und mein es, conasg. Mein es ganz und gar mit allem, was du bist und allem, was du hast. Und wenn du das nicht kannst, dann lass dir Zeit, bis du dir sicher bist." Sie schlendern weiter durch das Wechselspiel von Licht und Schatten auf dem Waldweg. "Ich bin es," fährt er fort und holt tief Luft. "Mir sicher, meine ich. Ich kann dir nicht sagen, wie das in so kurzer Zeit gekommen ist, aber in meinem Inneren weiß ich es. Ich werde nicht davor davon laufen, Diantha, ich weiß, was ich fühle. Ich liebe dich. Ich liebe dich dafür, dass du meine Tochter Liebling nennst und meinen Sohn Goldkrümelchen, und es auch so meinst. Ich liebe dich dafür, dass du deine Wettschulden eingelöst und ein Kleid angezogen hast, obwohl du ausgesehen hast, als würdest du Mattis dafür am liebsten erwürgen. Ich liebe dich dafür, dass du nicht zu damenhaft für eine halbe Flasche Uisge bist. Ich liebe die Art, wie sich deine Nase kräuselt, wenn du mich so ansiehst, wie jetzt. Ich liebe dich dafür, dass du um meinetwillen Shyada ertragen hast. Ich liebe dein wirres Haar und deine Sommersprossen, vom Rest von dir ganz zu schweigen. Ich liebe dich dafür, dass du dir ernsthaft den Kopf darüber zerbrochen hast, dass du Fianryn nicht das Sticken beibringen könntest. Ich liebe dich für deinen Stolz, selbst wenn du weinst und dass du dich trotzdem von mir hast halten lassen. Ich liebe dich dafür, dass ich jedes Mal vergesse zu atmen, wenn ich in deine Augen sehe. Ich liebe dich dafür, dass du dich in Mornas Chaosküche so wohl gefühlt hast, und ich liebe dich dafür, dass du mich eine halbe Stunde lang nicht zu Wort kommen lässt und mich dann anfauchst, endlich etwas zu sagen. Mir fallen noch ein Dutzend Gründe mehr ein, aber die sind nicht für Kinderohren geeignet." Er zuckt mit den Schultern und auf seinem Gesicht breitet sich ein Lächeln aus, das man mit Fug und Recht teuflisch und zärtlich zugleich nennen könnte. "Du siehst also... mir ist einfach nicht zu helfen."

Eine ganze Weile gehen sie nur schweigend neben einander und Diantha sieht immer noch ein wenig vom Donner gerührt aus, als er schließlich beginnt, ihre Fragen nach seiner Familie zu beantworten. "Tamar ist meine Muttersprache, weil ich nicht aus den Herzlanden stamme. Ich wurde in Tarascon geboren, das ist ein Fürstentum Àrdcoilles, oder Hochwalds, wie man es hier nennt und gehört zu den Herzogslanden weit im Osten. Mein Onkel Craen ist Herr von Tarascon und ein Vasall Hochwalds, aber ich kam mit meinem Vater Gavin hierher als ich etwa vier war, und seither habe ich weder Craen, noch Tarascon mehr gesehen. Mein Vater ist Präzeptor der Shenrahtempler hier in den Herzlanden. Er lebt zwar eigentlich in Talyra, ist jedoch nur selten in der Stadt, sondern ständig auf Reisen von einer Komturei zur nächsten. Ich wuchs praktisch bei Rhordri und Morna auf, halb in der Steinfaust, halb im Shenrahtempel. Rhordris Söhne und Töchter sind für mich wie Geschwister, und mein halbes Leben habe ich Morna "Mutter" genannt. Meine eigene Mutter, Madulain, starb bei meiner Geburt, ich habe sie nie kennen gelernt. Sie war eine Rossard aus Belgrave, einem anderen der vier Herzogslande. Meine Eltern waren nicht... nicht vermählt, jedenfalls nicht offiziell. Weißt du, was ein "Handfast", eine in die Hand versprochene Ehe ist? In Hochwald, wo es keine Priester der zwölf Götter und auch nur wenige Druiden gibt, hat ein solches Versprechen vor Zeugen Gültigkeit, doch die Sippe meiner Mutter war gegen eine Verbindung, so sehr, dass sie meine Eltern mit Gewalt voneinander getrennt haben. Sie ist dennoch mit meinem Vater gegangen..." ein bitteres Lächeln begleitet seine Worte. "So weit ich weiß, behauptet ihre Familie heute noch, er hätte sie mit Gewalt genommen und entführt, aber das ist nicht wahr. Madulain... sie war wohl nie sonderlich robust. Sie war schwanger mit mir und wurde krank, noch auf ihrer Flucht nach Hochwald. Davon hat sie sich nicht mehr erholt und mich zur Welt zu bringen, hat sie schließlich nicht überlebt. Mein Vater hat ihren Tod nie verwunden. Er redet nur selten von ihr und noch seltener redet er über seine eigentliche Heimat... doch er hat immer Tamar mit mir gesprochen."

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Diantha am 13. Apr. 2007, 23:38 Uhr
Natürlich lässt Olyvar sie nicht so einfach davonkommen und gibt ihr nicht die Möglichkeit sich herauszureden. Aber eigentlich hat Diantha damit auch nicht gerechnet, so ist er eben. Sie kennt ihn jetzt lange genug um zu wissen, dass er es sich selbst normalerweise nicht leichter macht, als es ist. Etwas, was sie anfangs verwundert und nicht verstanden hatte, mittlerweile aber schätzt sie es an ihm. Denn auch wenn sie irgendwo weiß, dass man Probleme nur selten durch Weglaufen löst, ist das die Strategie, die ihr in anderen Fällen den Hals gerettet hat und es ist schwer, sich von alten Verhaltensmustern zu trennen. Doch in letzter Zeit war ihr das ein paar Mal gelungen und ihr ist sehr genau klar, wessen Einfluss dafür verantwortlich ist. Bevor er zu einer längeren Antwort ansetzt küsst er sie und am Liebsten hätte sie ihn gar nicht mehr losgelassen, Pferde und Kinder hin oder her. Das tut sie schließlich auch erst, als sie straucheln und selbst da rückt sie nur unwillig mit einem Lachen ein kleines Stück von ihm ab. Sein Blick wird jedoch rasch wieder ernst und als er sie jetzt ansieht, glaubt sie, in seinen grauen Augen ertrinken zu können. Wenn er sie so ansieht hat sie das Gefühl, dass sie die wichtigste und einzige Frau in seinem Leben ist, da ist kein Platz für jemand anderes, weder Kizumu noch irgendwen sonst. Ein unheimlich gutes Gefühl und jeder Zweifel daran ob er seiner ehemaligen Frau noch hinterher trauert, wird im Kern erstickt. Wenn dem so wäre, dann könnte Olyvar sie niemals so ansehen, so offen, so voller Liebe. Soris, hast du mich schließlich doch gefunden und es dann gleich mehr als gut mit mir gemeint? >"Sag es und mein es, conasg. Mein es ganz und gar mit allem, was du bist und allem, was du hast. Und wenn du das nicht kannst, dann lass dir Zeit, bis du dir sicher bist."< Ernst erwidert sie seinen Blick, ernst und gleichzeitig zweifelnd. Mit allem, was ich bin und allem, was ich habe? Das sagst du so leicht! Oh ja, du willst mich wirklich ganz, jedes dunkle Geheimnis, jetzt jedenfalls. Aber wird sich das auch nicht  ändern, wenn du mich dann ganz kennst? >"Ich bin es. Mir sicher, meine ich. Ich kann dir nicht sagen, wie das in so kurzer Zeit gekommen ist, aber in meinem Inneren weiß ich es. Ich werde nicht davor davon laufen, Diantha, ich weiß, was ich fühle. Ich liebe dich.“ Das trifft sie, bis ins Mark, fast noch mehr als sein Blick dabei. Die Immerfrosterin hört die Beispiele, die er daran bringt, was er alles an ihr liebt, nur mit einem halben Ohr, in ihrem Geist wiederholen sich immer die gleichen Worte: Diantha, ich weiß, was ich fühle. Ich liebe dich. >"Du siehst also... mir ist einfach nicht zu helfen."< Nein, dir ist definitiv nicht zu helfen, wenn du mich dafür liebst, dass ich nicht zu damenhaft für eine halbe Flasche Uisge bin – dir ist nicht zu helfen, wenn du dich in so eine Kratzbürste wie mich verlieben konntest und dann auch noch Gründe dafür findest! Sie weiß einfach nicht, was sie dazu sagen soll, wie sie darauf reagieren soll und ist vollauf damit beschäftigt dafür zu sorgen, dass sie nicht über ihre eigenen Füße fällt. Da fängt er an über seine Familie zu reden, über die unglückliche Beziehung seiner Eltern, den Tod seiner Mutter und darüber, dass er daraufhin fast bei Rhordri aufgewachsen ist. Das erklärt die Selbstverständlichkeit, mit der sie uns aufgenommen haben… Als Olyvar sie fragt, ob sie weiß, was ein Handfaust ist, schüttelt sie nur den Kopf. Dass sein Vater nie eine andere Frau hatte als diese Frau mit dem merkwürdigen Namen Madulain, berührt sie zutiefst und sie greift unbewusst nach seiner großen, schwieligen Hand. In der Beziehung bist du wohl wie er – es war ja Kizumu, die gegangen ist und wäre sie nicht gegangen, sondern gestorben, dann wärst du heute vielleicht wie er. Wenn du liebst, dann aus vollem Herzen, ohne jegliche Skrupel und Vorbehalte. Ach, Olyvar. Deine Kinder wachsen wie du ohne ihre leibliche Mutter auf, hoffentlich kann ich so ein guter Ersatz sein wie Morna. Vielleicht werden sie ja dann wie du.

Einige Zeit bleibt sie still und geht nur neben ihm her. Es wäre einfach darauf gar nichts zu erwidern, seine Worte stehen zu lassen oder nur mit eine scherzhaften Bemerkung zu antworten. Dumm nur, dass der einfachste Weg meistens der falsche ist. Dann fasst sie sich, nachdem er ihr nun so viel erzählt hat, ist sie an der Reihe. "Ich möchte ...", einen Moment lang gestikuliert sie fast etwas hilflos herum, ohne die Worte zu finden, die sie sucht. "Ach, verdammt! Ich konnte meine Gefühle noch nie gut in Worte fassen!" Wütend über sich selbst schüttelt sie den Kopf, fängt einen verwunderten Blick von Conn und Fianryn ein, lächelt ihnen daraufhin nur beruhigend zu und senkt ihre Stimme etwas. "Ich möchte, dass du verstehst, warum ich zweifle. Du ahnst nicht, wie Recht du damit hattest, als du mich einen Feigling nanntest. Nur weil ich mich in deiner Nähe so gut fühle und am Liebsten immer von dir so angesehen zu werden wie eben, versuche ich alle meine Befürchtungen zu verdrängen. Aber das funktioniert einfach nicht auf die Dauer." Ihre Stimme ist hart, als sie das sagt, fast als wäre sie wütend auf sich selber über diese Unfähigkeit, dann zögert sie kurz und gibt sich schließlich einen Ruck. „Ich möchte nicht von dir abhängig werden, Olyvar. Sonst stehe ich eins Tages da und alles was ich habe, habe ich von dir, alles, was ich bin, bin ich durch dich. Und wenn du mich irgendwann nicht mehr willst, habe ich nichts und bin ein Nichts!" Eine alte Angst, die sie noch nie laut beim Namen genannt hat, die aber dafür verantwortlich ist, dass sie in den letzten Jahren alleine war. Die Möglichkeit sich selbst in einer Liebe zu verlieren, wie sie es erlebt hat, sich kopfüber in sie hineinzustürzen nur um dann festzustellen, dass die geliebte Person die Liebe nicht wert ist, sie nicht ansatzweise so stark erwidert, jagt ihr noch immer einen kalten Schauer über den Rücken. „Ich habe Angst, dass ich der Stellung an deiner Seite nicht gewachsen bin. Oh, in machen Bereichen schon, aber ich glaube nicht, dass ich eine Lady sein kann und du bist nun einmal der Lord Commander. Kannst du dir vorstellen mit mir zu einem … Bankett oder so was zu gehen? Wahrscheinlich würde ich den Tisch in Brand setzen und dafür sorgen, dass eins von Talyras Nachbarländern die Stadt angreift!“ Das hat das Inarifest ja nur zu gut gezeigt. „Ernsthaft, ich komme aus einer so ganz anderen Welt als du, aus Kreisen, die so weit unter deinen liegen. Ich wurde in einem Haus geboren, das vielleicht doppelt so groß war wie dein Schlafzimmer, ich glaube mein Vater hat nie so viel Geld auf einmal besessen wie du mir für die Hilfe bei Shyadas Rettung geben wolltest und ich habe Leute meine Freunde genannt, die du in den Kerker sperren würdest!" Ein Recht dazu hättest du, das steht außer Frage! Andererseits habe auch ich nur für einen Teil meiner Taten gebüßt. „Außerdem bin ich dir in so vielem unterlegen, Olyvar, ich weiß nicht, ob wir uns ergänzen können. Ich bin ungebildet, habe keinen Sinn für … Etikette und Umgangsformen, wirke auf die meisten Menschen unfreundlich und kalt. Erinnere dich doch nur daran, wie du mich das erste Mal gesehen hast! Wirkte ich da wie ein guter Mensch? Schön, ich mag mich geändert haben, aber nur weil ich jetzt anders aussehen und vielleicht ein wenig zugänglicher geworden bin, bin ich immer noch Diantha Korhonen." Ein lange nicht ausgesprochener Name, der ihr dennoch nach einem kurzen Zögern nicht schwer über die Zunge geht. Kurz kommt die Erinnerung an den Moment hoch, in dem sie ihren vollen Namen das letzte Mal in den Mund genommen hat und wie sie dafür gescholten wurde. Eine Diebin hat keinen Nachnamen! Dass du deinen Vornamen behalten willst ist schon dumm genug – obwohl er wie ein Deckname klingt. Also wenn dein Herz daran hängt, dann behalte ihn – aber es kann dich eines Tages mindestens eine Hand kosten! Ja, es ist wirklich einige Jahresläufe her, so viel war in der Zwischenzeit geschehen. „In mir ist noch das Mädchen mit dem merkwürdigen Vornamen, das immer schlecht gelaunt zu sein scheint; das zu viel nachdenkt und nur selten mehr als nötig sagt." Kiukku in Person haben sie mich gerne hinter meinem Rücken genannt. „Und zuletzt: Du weißt, dass ich deine Kinder liebe, über alles, aber den Rest meines Lebens nur auf sie aufpassen? Noch brauchen sie mich den ganzen Tag über, aber Halbelben hin oder her, sie werden älter und das mit einer beängstigenden Geschwindigkeit! Ich möchte nicht irgendwann ... nutzlos sein, brauche immer etwas zu tun. Aber ich werde nie eine Hausfrau sein, die gut kocht und putzt. Ich kann es versuchen, aber ich glaube nicht, dass du dann wirklich essen willst, was ich da fabriziere. Das ist nicht meine Welt.“ Das ist eine Feststellung, in der aber beinahe etwas wie eine Entschuldigung mitklingt. „Verstehst du mich?“, fragt sie leise zu ihm hoch, mit einem leicht unsicheren Blick.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 15. Apr. 2007, 02:06 Uhr
Diantha schweigt so lange, dass er schon fürchtet, sie mit seinem Bekenntnis irgendwie verschreckt zu haben, aber dann nimmt sie seine Hand, verschränkt ihre Finger mit seinen und beginnt unvermittelt doch etwas zu erwidern, findet nicht gleich die richtigen Worte, redet mit Händen und Füßen, bricht wieder ab und versucht es erneut, sichtlich wütend auf sich selbst. >Ich möchte, dass du verstehst, warum ich zweifle. Du ahnst nicht, wie Recht du damit hattest, als du mich einen Feigling nanntest. Nur weil ich mich in deiner Nähe so gut fühle und am Liebsten immer von dir so angesehen zu werden wie eben, versuche ich alle meine Befürchtungen zu verdrängen. Aber das funktioniert einfach nicht auf die Dauer.< Olyvar nickt nur, auch wenn ihm das Eingeständnis, dass sie durchaus Bedenken hat, einen leisen Stich versetzt. Er hat es geahnt, aber es von ihr selbst zu hören ist noch einmal etwas anderes. Andererseits versteht er sie vollkommen, auch wenn die Sache mit den Befürchtungen bei ihm genau andersherum abgelaufen war. Es ist keine zwei Siebentage her, als er sich noch fest eingeredet hatte, eigentlich alle möglichen Zweifel haben zu müssen, nach den bitteren Erfahrungen, die er mit dieser leidigen Angelegenheit namens Liebe gemacht hatte. Er hatte sein Herz schon einmal vorbehaltlos verschenkt und was hatte es ihm gebracht? Nichts als Leid und Schmerz. Trotzdem hatten sich Bedenken seinerseits einfach nicht einstellen wollen, nicht wirklich. Er war oft genug die halbe Nacht wach gelegen und hatte sich einen hirnlosen Narren geschimpft, hatte sich vorgehalten, misstrauischer sein zu müssen, vorsichtiger und zurückhaltender, aber das hatte alles nichts an seinen Gefühlen geändert. Wenn er liebt, dann ganz und gar. Für unverbindliche Liebschaften von kurzer Dauer oder irgendwelche Bettspielereien mit ein wenig Beziehung als nettem Beiwerk ist er einfach nicht geschaffen. Dianthas Finger liegen immer noch fest und warm in seinen, als sie nach einem Moment fortfährt. >Ich möchte nicht von dir abhängig werden, Olyvar. Sonst stehe ich eins Tages da und alles was ich habe, habe ich von dir, alles, was ich bin, bin ich durch dich. Und wenn du mich irgendwann nicht mehr willst, habe ich nichts und bin ein Nichts!< Das sitzt. 'Wenn du mich irgendwann nicht mehr willst...' Sie nicht mehr wollen? Götter im Himmel! All die Gründe, sie zu lieben, die er ihr vorhin aufgezählt hatte, hatten ihm gerade einmal die vergangenen vier Wochen und eine einzige Nacht beschert. In einem Zwölfmond wäre diese Liste vermutlich unendlich, ganz zu schweigen davon, wohin sie im Laufe eines ganzen Lebens wachsen könnte. Eine Weile schweigen sie beide und Olyvars Blick folgt dem Pfad, der sich vor ihnen entlang schlängelt. Braun und Grün liegt der Wald links und rechts zu beiden Seiten, erfüllt von den Gerüchen nach Frühling, Wärme und Leben. Der Schlehdorn beginnt bereits zu blühen, in dichten Wolken kleiner, weißer Sterne am Wegesrand, dazwischen goldgelb der Stechginster. Conasg. So schöne Blüten und so viele Dornen. Nicht von mir abhängig werden... willst du das nicht, mo nighean bhan, oder kannst du es nicht oder hast du nur zuviel Angst?

>Ich habe Angst, dass ich der Stellung an deiner Seite nicht gewachsen bin. Oh, in machen Bereichen schon, aber ich glaube nicht, dass ich eine Lady sein kann und du bist nun einmal der Lord Commander. Kannst du dir vorstellen mit mir zu einem ... Bankett oder so was zu gehen? Wahrscheinlich würde ich den Tisch in Brand setzen und dafür sorgen, dass eins von Talyras Nachbarländern die Stadt angreift!< Olyvar unterdrückt ein Lachen, hebt ihre Finger an seinen Mund und küsst ihren Handrücken. Er will ihr gerade sagen, dass er sich das durchaus vorstellen kann, und dass sie in allem, was wirklich zählt, mehr eine Lady ist, als so manche Hochgeborene, als Diantha schon damit fortfährt, möglichst kein gutes Haar an sich zu lassen und ihr Licht fleißig unter den Scheffel zu stellen - wenigstens kommt es ihm so vor. Er lässt sie ausreden, ohne sie ein einziges Mal zu unterbrechen, allerdings wäre er vermutlich ohnehin nicht wirklich zu Wort gekommen. Für gewöhnlich macht Diantha nicht viele Worte, doch wenn sie aufgebracht ist oder ihr etwas wirklich am Herzen liegt, kann sie ziemlich ausführlich werden. Dennoch kann er nicht fassen, was für eine Flut von Bedenken und Sorgen sich da in ihrem hübschen Kopf zusammengebraut hat. >Ernsthaft, ich komme aus einer so ganz anderen Welt als du, aus Kreisen, die so weit unter deinen liegen. Ich wurde in einem Haus geboren, das vielleicht doppelt so groß war wie dein Schlafzimmer, ich glaube mein Vater hat nie so viel Geld auf einmal besessen wie du mir für die Hilfe bei Shyadas Rettung geben wolltest und ich habe Leute meine Freunde genannt, die du in den Kerker sperren würdest!< Im ersten Moment ist er wirklich perplex das zu hören, weil er einfach nicht damit gerechnet hat, dass sie ausgerechnet Standesdünkel anführen würde, dann schüttelt er den Kopf. Ihr Stand, ihre Vergangenheit, ihre Umgangsformen... du lieber Himmel! >Schön, ich mag mich geändert haben, aber nur weil ich jetzt anders aussehen und vielleicht ein wenig zugänglicher geworden bin, bin ich immer noch Diantha Korhonen. In mir ist noch das Mädchen mit dem merkwürdigen Vornamen, das immer schlecht gelaunt zu sein scheint; das zu viel nachdenkt und nur selten mehr als nötig sagt.< Fährt sie unbarmherzig fort. >Und zuletzt< fügt sie schließlich noch hinzu, >du weißt, dass ich deine Kinder liebe, über alles, aber den Rest meines Lebens nur auf sie aufpassen? Noch brauchen sie mich den ganzen Tag über, aber Halbelben hin oder her, sie werden älter und das mit einer beängstigenden Geschwindigkeit! Ich möchte nicht irgendwann ... nutzlos sein, brauche immer etwas zu tun. Aber ich werde nie eine Hausfrau sein, die gut kocht und putzt. Ich kann es versuchen, aber ich glaube nicht, dass du dann wirklich essen willst, was ich da fabriziere. Das ist nicht meine Welt.< Jetzt klingt sie ganz und gar betreten, fast zaghaft, und als sie den Kopf ein wenig in den Nacken legt, und ihn ansieht, kann er die Beklommenheit in ihren Augen sehen. >Verstehst du mich?<

"Ja und Nein," erwidert er. Am liebsten hätte er all ihre Zweifel und Ängste einfach fortgeküsst. "Ich denke, ich tue es, zumindest teilweise." Er schüttelt sacht den Kopf. "Und falls das alles gerade ein Versuch war, dich mir irgendwie auszureden, Diantha Korhonen, weil du anscheinend der Meinung bist, dass du nicht gut genug für mich wärst, dann muss ich dich enttäuschen. Es hat nicht funktioniert." Olyvar bleibt stehen, um ihr in die Augen sehen zu können. "Du hast gesagt, du wolltest nicht von mir abhängig werden, aber was ist mit mir? Wenn ich mich auf dich einlasse, wenn ich dich liebe, wenn du mein Leben teilst... bin ich dann nicht auch abhängig von dir? Brauche ich dich dann nicht ebenso? Alles, was du mir geben könntest. Und was würde aus mir werden, wenn du mich nicht mehr willst? Ich hätte und wäre ebenso Nichts." Er neigt den Kopf und küsst ihre sommersprossige Stirn, dann sucht er ihren Blick und hält ihn fest. "Du hast gesagt, du würdest so weit unter mir stehen, aber das ist weder wahr noch ist es wichtig. Ich mag der Lord Commander der Steinfaust sein, aber das bin ich, weil die Blaumäntel mich dazu gewählt haben, Diantha. Mein Blut ist genauso rot wie deines. Ich bin der Bastardsohn eines Templers aus dem Osten, ich weiß wirklich nicht, was daran so viel besser sein soll, als die Tochter eines Jägers aus Immerfrost zu sein, aye? Und ich gehe mit dir überall hin, zu jedem Bankett und zu jedem Anlass, wenn du mich begleiten willst. Du hast dich sehr verändert, ja, das ist wahr. Aber ich glaube eher, dass du inzwischen wieder Diantha Korhonen bist, nach eil?" Er legt den Kopf leicht schräg. "Erinnerst du dich an den Tag, als wir aus Blurraent zurückgekehrt sind, als du mich nach einer ehrlichen Arbeit gefragt hast? Du sagtest, du wüsstest, dass du dich meistens nicht so benehmen würdest, wie es als freundlich gelte, aber du seiest ein Mensch, du müsstest wieder lernen, dich wie einer zu verhalten... und das hast du getan. Wenn du jetzt sagst, dass du auf die meisten Menschen unfreundlich, kalt und schlecht gelaunt wirken würdest, dann war das vielleicht früher so, aber jetzt ist es einfach nicht mehr wahr. Und an deinem Namen gibt es auch nichts auszusetzen, Diantha ist schön. Mit einem allerdings hast du wirklich recht: du denkst zuviel nach. Sieh es doch einmal von der praktischen Seite - es hat auch Vorteile, dass ich der Lord Commander dieses Steinhaufens bin. Du wirst gar nicht kochen und putzen müssen," diese Logik ist unbestreitbar. "Und was das andere angeht..." Er wirft einen Blick über die Schulter auf Conn und Fianryn die in einem Keil Sonnenlicht auf Bayvards Rücken thronen wie die Herrscher Rohas persönlich, dann wendet er sich wieder zu ihr um. "Ich will dich nicht für meine Kinder und nicht um ihretwillen, Diantha. Ich will dich für mich und ich will dich an meiner Seite haben, in meinem Leben. Wenn dir das nicht genügt, dann tu was immer du tun willst, ich werde dich bestimmt nicht an... wie sagt man... an Heim und Herd fesseln oder dir verbieten, etwas zu tun, das dir wichtig ist."  

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Diantha am 17. Apr. 2007, 01:09 Uhr
>"Ja und Nein,"<, lautet die Antwort auf die Frage, die Diantha nur so zögernd gestellt hat. >"Ich denke, ich tue es, zumindest teilweise."< Das ist weit mehr, als man verlangen kann, dass er überhaupt versucht ihre wirren Gedankengänge nachzuvollziehen…Es muss ihm tatsächlich ernst sein. Aufmerksam schaut sie zu ihm hoch, als er weiter spricht: >"Und falls das alles gerade ein Versuch war, dich mir irgendwie auszureden, Diantha Korhonen, weil du anscheinend der Meinung bist, dass du nicht gut genug für mich wärst, dann muss ich dich enttäuschen. Es hat nicht funktioniert." Da muss auch Diantha lächeln und das Herz wird ihr leichter. Es hat nicht funktioniert, er lässt sich nicht einfach abweisen, wenn es schwieriger wird. Wieder bleiben sie stehen, wirklich weit sind sie bisher noch nicht gegangen, doch das ist Diantha herzlich egal. Er hat Zeit für sie, für jeden ihrer kleinen Zweifel und tut sie nicht einfach nur als unbedeutend ab. >"Du hast gesagt, du wolltest nicht von mir abhängig werden, aber was ist mit mir? Wenn ich mich auf dich einlasse, wenn ich dich liebe, wenn du mein Leben teilst... bin ich dann nicht auch abhängig von dir? Brauche ich dich dann nicht ebenso? Alles, was du mir geben könntest. Und was würde aus mir werden, wenn du mich nicht mehr willst? Ich hätte und wäre ebenso Nichts."< Nein, du hättest deine Kinder, du wärst weiterhin Connavars und Fianryns Vater, du hättest jemand, der dich liebt…  WaEinen Moment lang liegen ihr die Worte auf den Lippen, doch sie hält sie zurück. Was kann er dafür, dass sie außer seiner Familie niemanden hat, ihm das vorzuwerfen wäre dumm. Kurz küsst er sie auf die Stirn, dann schaut er sie wieder auf diese typische Olyvar-Art an, diese Sorte Blick, bei der man seine Augen nicht von denen des Gegenübers abwenden kann, stattdessen wie gebannt ist. >"Du hast gesagt, du würdest so weit unter mir stehen, aber das ist weder wahr noch ist es wichtig. Ich mag der Lord Commander der Steinfaust sein, aber das bin ich, weil die Blaumäntel mich dazu gewählt haben, Diantha. Mein Blut ist genauso rot wie deines. Ich bin der Bastardsohn eines Templers aus dem Osten, ich weiß wirklich nicht, was daran so viel besser sein soll, als die Tochter eines Jägers aus Immerfrost zu sein, aye?“< Aber deine Stellung hast du dir erarbeitet, ich hatte einfach nur unverschämtes Glück. War zur rechten Zeit am rechten Ort, erwidert sie in Gedanken, aber irgendwie hat sie das Gefühl, dass er den Einwand nicht gelten lassen würde.  >„Und ich gehe mit dir überall hin, zu jedem Bankett und zu jedem Anlass, wenn du mich begleiten willst.“< Dianthas Lächeln wird breiter, als er das sagt. Oh, es wird mir schwer fallen, im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen, aber begleiten wollen werde ich dich wohl immer, egal wohin. Sie ist fast ein wenig verwundert über die Sicherheit ihrer eigenen Gedanken, dann stellt sie mit leichter Ironie fest, dass sie wohl schon hoffnungslos verloren ist und sich nur noch einredet, jetzt alles, was zwischen ihr und Olyvar ist, noch abbrechen zu können, ohne dass es ihr etwas bedeutet. >„Du hast dich sehr verändert, ja, das ist wahr. Aber ich glaube eher, dass du inzwischen wieder Diantha Korhonen bist, nach eil?"[/i]< Da mag etwas dran sein, doch dieselbe wie vor ihrem Leben auf der Straße ist sie trotzdem nicht. Aber die diebische Kratzbürste hat sie zum Teil jetzt endlich hinter sich gelassen, da hat Olyvar schon Recht. Oft hat er ihr gegenüber den Kopf noch nicht schief gelegt, jetzt tut er es und sie muss den Impuls unterdrücken ihn  in ihre Arme zu ziehen und zu küssen. Doch ihr ist klar, wie wichtig Ehrlichkeit gerade am Beginn einer ernsthaften Beziehung ist, ohne die diese keine Chance hat. Küssen kann sie ihn auch später noch, jetzt sind zunächst einmal die Worte wichtiger. >"Erinnerst du dich an den Tag, als wir aus Blurraent zurückgekehrt sind, als du mich nach einer ehrlichen Arbeit gefragt hast?“ Oh ja, das tut sie, ein Abend der Selbsteingeständnisse, Stunden in dem sie das erste Mal jemand Fremden etwas über ihre Familie erzählt hat. Dieser Abend war der erste Schritt weg von ihrer Einsamkeit in eine neue Richtung, wie könnte sie ihn vergessen! ..und dann verliert man alles, was man liebt und fällt. Keiner ist da um einen aufzufangen und so fällt man weiter. Damals hatten auch ihn diese Worte sehr berührt, wieder sieht sie sein Gesicht vor sich, wie er durch sie hindurchschaut.
Olyvar fährt fort ihr aufzuzählen, was sie an diesem Abend genau gesagt hat, wie sie sich seitdem verändert hat und alles was sie dabei tut ist ihm zuzuhören und zu ihm aufzuschauen, während eine neue Sicherheit sich in ihr breit macht. Er meint es ehrlich mit ihr, er möchte nicht nur einen kleinen Teil von ihr, sondern alles und redet sich deshalb in dem Moment sogar ein wenig in Rage. >„Und an deinem Namen gibt es auch nichts auszusetzen, Diantha ist schön. Mit einem allerdings hast du wirklich recht: du denkst zuviel nach. Sieh es doch einmal von der praktischen Seite - es hat auch Vorteile, dass ich der Lord Commander dieses Steinhaufens bin. Du wirst gar nicht kochen und putzen müssen", das ist nun wahrlich ein riesiger Vorteil, da hat er eindeutig Recht. >"Und was das andere angeht..."< Ihr Blick folgt seinem, als er zu den ungewöhnlich ruhigen Kindern schaut, die allmählich anfangen Bayvards Ohren etwas näher in Betracht zu nehmen, was dieser ohne weitere Anstalten über sich ergehen lässt, während sein Gesichtsausdruck fast ein wenig belustigt wirkt. >"Ich will dich nicht für meine Kinder und nicht um ihretwillen, Diantha. Ich will dich für mich und ich will dich an meiner Seite haben, in meinem Leben. Wenn dir das nicht genügt, dann tu was immer du tun willst, ich werde dich bestimmt nicht an... wie sagt man... an Heim und Herd fesseln oder dir verbieten, etwas zu tun, das dir wichtig ist."<

Einen Moment blinzelt sie ungläubig über dieses Zugeständnis, noch viel weiter entgegen kommen kann er ihr wohl kaum. „Gestern habe ich dir über die Zwei etwas ähnliches gesagt, weißt du noch?“, murmelt sie und lächelt dabei liebevoll, dieses Mal erreicht das Lächeln auch ihre Augen und sie werden so weich, dass man sich kaum vorstellen kann, wie hart sie sonst manchmal sein können. Doch jetzt spiegelt sich in ihnen nur Zärtlichkeit und ein neu gewonnenes Vertrauen wider, eine lange verschwundene Zuversicht, dafür ist die alte Verschlagenheit beinahe vollständig verschwunden. „Du könntest es mit einer anderen so viel leichter haben, trotzdem bleibst du bei der conasg, obwohl du weißt, wie sie stechen kann, du hast sie ihre giftigen Samen schon verteilen sehen.“ Mit einem feinen Lächeln auf den Lippen schüttelt sie den Kopf. „Aber wenn es nicht einmal mir gelingt mich dir auszureden, dann wird es wohl niemandem gelingen, hm?“ Ihr Lächeln wird bei diesen Worten breiter und es liegt etwas vollauf Zufriedenes in ihm. Insgeheim hat sie ja gehofft, dass er es ernst meint, es sich aber dennoch zu glauben verboten um nicht in ihren Erwartungen und Hoffnungen enttäuscht zu werden. Kurz schaut sie ihn nur an, dann nimmt sie seine beiden Hände in ihre. „Es war mir ernst, als ich sagte, dass ich dich liebe. Nur bei dir habe ich das Gefühl angekommen zu sein, zuhause zu sein. Aber nach all der Zeit ist dieses Gefühl in seiner Reinheit … beängstigend und ich frage mich, ob das wirklich echt sein kann oder nur eine Illusion ist. Aber wenn ich in deine Augen sehe, mein Herz schneller schlägt und vor dem Wunsch dir nahe zu sein fast übergeht – dann ist daran nichts falsches, das ist echt. Olyvar, ich würde am liebsten jeden Abend neben dir einschlafen und jeden Morgen von deinen Kindern geweckt werden. Du bist der einzige, mit dem ich mir vorstellen könnte, mein Leben zu teilen, nicht nur mein Bett und danach vielleicht das Frühstück, sondern mehr.“ Die letzen beiden Worte haucht Diantha eher, als dass sie sie spricht. Mehr als das kann sie ihm nicht geben, konkreter kann sie nicht werden, ohne sich selbst zu belügen. Sie kann ihm nicht schwören, dass ihre Gefühle ewig halten werden, sie hat schließlich schon einmal erlebt, wie sich Liebe in Hass gewandelt hat. Wenn sie Olyvar jetzt ansieht kann sie sich kaum vorstellen, dass er irgendetwas tun könnte, was sie verletzen würde, aber das war damals nicht anders gewesen. Allerdings hat Olyvar gesagt, dass er mir nie verbieten würde etwas zu tun, was mir wichtig ist! Er lässt mir die Freiheit das zu tun, was ich für richtig halte, bei ihm muss ich mein Leben nicht ausschließlich nach dem richten, was er will. Er lässt mich ich sein, ohne Einschränkungen! Sie glaubt ihm, will es ihm aus vollem Herzen glauben, sieht aber noch dazu die Ehrlichkeit in seinen Augen. Er macht ihr nichts vor. Leise suchen sich ihre Hände den Weg hinauf zu seinem Hals, um ihn sanft zu sich hinunterzuziehen. Als Antwort spürt sie seine Hände auf ihrem Rücken, er hält sie so fest und sicher als gäbe es keine Gewalt, die ihn je aus ihrem Leben reißen könnte, versprüht die Sicherheit, die sie in ihrem Leben braucht um  sich fallen lassen zu können. Hier möchte sie sein, am besten für den Rest ihres Lebens und wenn das nicht geht ist, dann so lange wie möglich, hier in seinen Armen. Diese Gefühle sind es auch, die sich nun in ihren Kuss mischt, als sich ihre Lippen treffen, sich in den Kreis zu Leidenschaft, Begehren und Zärtlichkeit einreihen: Vertrauen und Zuversicht.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 18. Apr. 2007, 21:45 Uhr
>Gestern habe ich dir über die Zwei etwas ähnliches gesagt, weißt du noch?< Ist das erste, was sie nach einer kleinen Weile erwidert. Sie stehen immer noch auf einem von dämmrigem Grün und hellem Sonnenlicht gesprenkelten Saumpfad und sehen einander unverwandt in die Augen. Das Sonnenlicht, das durch die verschlungenen Äste der Bäume über ihnen zwinkert, glänzt in ihrem Haar und bringt es hier und dort zum glühen, gesponnenes Gold und flüssiges Silber, sie trägt ihre Sommersprossen wie Zimtstaub auf der Haut, und ihre Augen sind sehr groß und hell wie der Himmel. Dann beginnt Diantha zu lächeln, ein langsames, wundervolles Lächeln, das ihm und nur ihm allein gehört, und Olyvar stockt für einen Moment der Atem. An diesem Morgen der Offenbarungen erlebt er gerade eine weitere, nämlich die, dass nicht nur ihre Augen seine Lungen unfehlbar aus dem Takt bringen können, sondern auch ihr Mund. Das, was er gestern Abend schon in ihrem Blick zu sehen meinte, ganz kurz nur und so andeutungsweise, dass er schon geglaubt hat, sich getäuscht zu haben, zeigt sich wieder, doch diesmal steigt es ungehindert an die Oberfläche und bringt sein Herz ins Stolpern. >Du könntest es mit einer anderen so viel leichter haben, trotzdem bleibst du bei der conasg, obwohl du weißt, wie sie stechen kann, du hast sie ihre giftige Samen schon verteilen sehen.< "Aye, ich will keine andere. Conasg kann vielleicht ab und an eine stachlige Angelegenheit sein," er streckt die Hand aus und berührt ihr Haar, eine dieser rebellischen Locken, die ihr schon wieder über der Nase liegt. "Aber es ist mein conasg. Und er blüht wunderschön." Sie schüttelt den Kopf, vielleicht um die geringelte Strähne zu vertreiben, vielleicht über seine Worte, und ihr Lächeln verändert sich - doch es verliert nichts von seiner Zärtlichkeit, ebenso wenig wie ihr Blick etwas von seinem Leuchten einbüßt. >Aber wenn es nicht einmal mir gelingt mich dir auszureden, dann wird es wohl niemandem gelingen, hm?< Er lacht leise. "Nein," erwidert er ebenso schlicht wie sicher, "wohl kaum." Noch einmal wandelt sich ihr Lächeln, und plötzlich sieht sie aus wie die sprichwörtliche Katze, die gerade den Sahnekrug für sich entdeckt hat. Olyvar beobachtet fasziniert ihr wechselndes Mienenspiel, doch dann wird Diantha ernst, beinahe ein wenig feierlich, fasst nach seinen Händen und hält sie fest. Ihre Finger sind schlank und feingliedrig, ebenso wie ihre Hände, und haben immer etwas Graziöses an sich, obwohl er genau weiß, wie kräftig sie sind. Ihre Geste hat etwas seltsam eindringliches, ebenso wie ihr Blick, der ihn völlig gefangen nimmt. Ewigkeiten oder Herzschläge vergehen in einem jener seltenen, kostbaren Augenblicke, die man nie wieder vergisst, ganz gleich, wie alt man werden oder wie viel man erleben mag, während er sie nur ansieht und vollkommen still wird. Selbst der Aufruhr in seinem Inneren und sein wild schlagendes Herz halten inne. >Es war mir ernst, als ich sagte, dass ich dich liebe. Nur bei dir habe ich das Gefühl angekommen zu sein, zuhause zu sein. Aber nach all der Zeit ist dieses Gefühl in seiner Reinheit ... beängstigend und ich frage mich, ob das wirklich echt sein kann oder nur eine Illusion ist,< hört er sie nach einem Moment atemlosen Schweigens sagen.

>Aber wenn ich in deine Augen sehe, mein Herz schneller schlägt und vor dem Wunsch dir nahe zu sein fast übergeht - dann ist daran nichts falsches, das ist echt. Olyvar, ich würde am liebsten jeden Abend neben dir einschlafen und jeden Morgen von deinen Kindern geweckt werden.< Mit jedem ihrer Worte bricht etwas in seinem Inneren ein wenig mehr auf und strömt durch ihn hindurch, etwas, von dem er nicht einmal gewusst hat, dass er es vergraben und fort geschlossen hatte. Mit jedem ihrer Worte heben sich seine Schultern Stück für Stück in ihrer ganzen Breite, ebenso wie sich sein Nacken hebt, als würde Diantha die unsichtbaren Gewichte fort nehmen, die ihn bisher gebeugt hatten. >Du bist der einzige, mit dem ich mir vorstellen könnte, mein Leben zu teilen, nicht nur mein Bett und danach vielleicht das Frühstück, sondern mehr.< Ihre rauchige Stimme verebbt zu einem kaum noch hörbaren Flüstern, während sich ihm ihr Anblick und ihre Worte in Herz und Gedanken brennen. Dann löst sie ihre Hände aus seinen, aber nur, um sich auf die Zehenspitzen zu stellen, ihre Arme um seinen Nacken zu legen und ihn zu sich hinab zu ziehen. Ihr Mund findet seinen, und er hebt sie ein Stück vom Boden und hält sie fest, während die schlichte Klarheit ihrer Worte noch in seinem Inneren nachhallt. Ihr Kuss ist so sanft, wie er gierig ist, so zart wie hungrig, so berauschend süß wie Honig auf der Zunge, und er schmeckt so rein und klar nach Liebe, dass er sie bis zum Ende aller Zeiten auf diesem Waldweg hätte küssen können, weil es alles ist, was er will und alles, was er braucht. Irgendwann birgt er ihren Kopf an seiner Brust und hält sie einen Moment so fest, dass es ihr sämtliche Luft aus den Lungen pressen muss. "Dann tu es," flüstert er. "Teile dein Leben mit mir. Schlaf jeden Abend neben mir ein und wach jeden Morgen mit mir auf, und wir sind von jetzt an zu zweit." Noch während er die Worte ausspricht, weiß er, dass er nicht nur mehr will, sondern alles. "Diantha, ich..." In diesem Moment wird er mitleidlos unterbrochen und zwar von einem alarmierenden Ausruf seines Sohnes "Athair!" Sie fahren beide herum und entdecken auf Bayvards Rücken nur noch Conn, während Fianryn bereits auf halbem Weg zu zwei flauschigen Ohren irgendwo auf dem Hals des Hengstes in luftiger Höhe herumbaumelt. Olyvar pflückt sie herunter. "Das ist kein Klettergerüst, a cuisla," rügt er, muss sich aber ein Lachen verbeißen. Er hebt auch Conn von Bayvards Rücken, der nicht will und sich windet wie ein Fisch, doch die beiden Kleinen haben die Geduld des Pferdes allmählich genug strapaziert, da hilft seinem Sohn auch ein mittlerer Trotzanfall nichts. Über die Köpfe der Kinder hinweg - Conn klammert sich, da Olyvar bei ihm gerade in Ungnade gefallen ist, mit erboster Miene an Dianthas Bein - tauschen sie einen Blick der voll ist von all dem Gesagten wie dem Unausgesprochenen, und auch von allem, wofür es einfach keine Worte gibt. "Kommt," noch ganz im Bann ihrer Worte seufzt er und verschiebt das "mehr" auf einen Augenblick weit fort von allen zweijährigen Naseweisen. "Thig a seo, Fianryn. Lass den Schmetterling weiterfliegen und bleib von den Brennnesseln weg," gelingt es ihm irgendwann mit belegter Stimme zu bemerken, als seine Tochter sich in Richtung Wegesrand zur Jagd auf einen Zitronenfalter aufmacht. "Sonst schlagen wir hier wirklich noch Wurzeln und kommen nie an."

Die Kinder lassen sich das nicht zweimal sagen und eilen voraus, so schnell ihre kleinen Beine sie tragen, während Olyvar und Diantha ihnen langsamer folgen. Ihre Hand liegt wieder in seiner, manchmal federleicht, nicht mehr als die spielerische Berührung weniger Finger, dann wieder mit festem Druck, als seien sie von einem unsichtbaren Band zusammengeschmiedet. Der Weg ist nicht mehr weit jetzt, ein paar hundert Schritt noch vielleicht. Dann würde der Saumpfad, dem sie folgen, ins Nachtschattental führen, so benannt nach dem kleinen Dorf an seinem südlichen Ende, eine lang gezogene, breite Senke voll fruchtbarer Felder und Wiesenland, wo die Koppeln und Weiden der Steinfaust liegen. Am Rand des Tals befindet sich ein lichtes Kieferngehölz, wo der Boden so sandig und karg ist, dass kaum Gras wächst, dafür sind dort die Ausläufe der Jungpferde, bei denen Olyvar vorbeisehen will. "Wie viel Tamar kannst du inzwischen, Diantha?" Fragt er aus einem plötzlichen Impuls heraus. "Du verstehst fast alles, oder? Ich staune immer wieder, wie schnell und leicht du die Sprache gelernt hast. Ich weiß noch, wie ich mich als Kind abplagen musste, um überhaupt die Allgemeinsprache in meinen Kopf zu bekommen. Erzähl mir von dir... welche Spiele hast du als Kind gespielt? Was ist deine Lieblingsfarbe, hast du eine?" Angesichts der ganz offensichtlichen Tatsache, dass seine Fragenliste rasch ins unendliche wächst,  muss er selbst lachen. "Kannst du tanzen? Kannst du reiten... oder bist du noch nie auf einem Pferd gesessen? Was magst du gar nicht? Was magst du gern? Gibt es etwas, wovon du träumst? Willst du Kinder... ich meine außer den beiden?" Er nickt in Richtung der Zwillinge, die zehn Schritt voraus gerade irgendetwas Hochinteressantes in einem Fleck Waldmeister begutachten. "Kannst du schwimmen?" Für ihn, der an der zerklüfteten Steilküste Hochwalds geboren war, eine Selbstverständlichkeit, aber er kennt zahllose Leute, die noch nicht einmal auf den Gedanken kämen, auch nur einen Zeh in den Ildorel zu stecken, obwohl sie ihr ganzes Leben an seinen flachen, weißen Stränden zugebracht haben. "Sag einfach 'Halt', wenn dir der Geduldsfaden reißt, es ist nur... auf der einen Seite kenne ich dich so gut und andererseits weiß ich so wenig von dir, und du steckst voller Überraschungen."

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Diantha am 21. Apr. 2007, 00:16 Uhr
Sanft hebt Olyvar sie ein Stück vom Boden und erwidert ihren Kuss mit der gleichen Sicherheit, die Diantha gerade erst gefunden hat. Nach einigen kostbaren Momenten lässt er sie wieder auf den Boden, nur um sie so fest an sich zu ziehen, dass es ihr den Atem verschlägt. Ganz kurz hat sie das Bedürfnis ihn von sich zu schieben, sich aus dieser Nähe zu befreien, die jetzt sogar schmerzhafte Ausmaße annimmt – doch nicht zuletzt sein Flüstern lässt sie diese instinktive Geste unterdrücken: >„Dann tu es. Teile dein Leben mit mir. Schlaf jeden Abend neben mir ein und wach jeden Morgen mit mir auf, und wir sind von jetzt an zu zweit.“< „Zu zweit…“, wispert sie an seine Brust, mit der Wange an dem Stoff seines Hemdes. Leise hört sie sein Herz schlagen und schließt kurz die Augen. Erst als er wieder ansetzt etwas zu sagen, öffnet sie sie und schaut zu ihm hoch. >"Diantha, ich..." Was gibt es jetzt noch zu sagen?, fragt ihr Blick, doch da werden sie abrupt von einem Aufschrei Connavars unterbrochen, einen Moment zieht sich Dianthas Herz zu, dann wirbelt sie herum und steht schon bei dem Jungen, ohne weiter darüber nachzudenken. Olyvars Reaktion ist nicht langsamer, allerdings greift er wie die Ruhe selbst nach Fianryn und nimmt sie mit einer Rüge von Bayvars Hals herunter. „Du hast uns einen ganz schönen Schreck eingejagt!“, tadelt Diantha leise, als das Mädchen auf seinen Füßen steht, was das allerdings nur mit einem fröhlichen Kindergrinsen beantwortet. Ehe Diantha noch etwas hinzufügen kann, zieht Connavar ihre Aufmerksamkeit auf sich, dem es gar nicht passen will, dass ihn sein Vater einfach von dem Pferd hebt. „Neeein! Cha … toigh … leam!“, krakelt er – doch es hilft alles nichts, auch strampeln kann er wie er will. Wutentbrannt tritt er kaum auf dem Boden mit dem Fuß auf, schaut seinen Vater tödlich beleidigt von unten her an und klammert sich dann an Dianthas Bein, als wollte er Olyvar damit zeigen: Ha, wenigstens die hält zu mir!

Nach einem langen Blick in seine dunkelgraue Augen hört die Immerfrosterin Olyvar schließlich sagen: >„Kommt“< Einen Moment lang scheint es, als wollte Conn sich weiter festklammern, sodass Diantha ruhig, aber bestimmt sagt: „Kullanmuru, hör auf!“ Kurz wandert der Blick aus blaugrauen Kinderaugen hoch zu ihr, als er sieht, dass sie es ernst meint – und er weiß sehr genau, wann nicht mit ihr zu scherzen ist – lässt er zögernd die Hände sinken. Den Ausschlag dafür, dass er auf einmal seinen Ärger vergisst, gibt dann Fianryns Lachen, die mit blitzenden Augen einem Schmetterling nachläuft. Prompt ist der kleine Halbelb bei ihr und bewundert das gelbe Flatterwesen, sein erster Reflex wie der seiner Schwester ist danach zu greifen um es mit den Händen zu erkunden, doch das lässt sich der Falter nicht so einfach gefallen und entwischt den kleinen Patschehänden mühelos. Ein wenig verspätet kommt Olyvars Kommentar, den Schmetterling in Ruhe zu lassen und von den Brennnesseln wegzubleiben, dann gehen sie weiter den schmalen Weg entlang, die Kinder vor sich herlaufend. An jeder Ecke finden die beiden etwas neues Aufregendes, das begeistert begutachtet wird. Lächelnd schaut Diantha auf die Kinder, während sie mit ihrer Hand immer wieder nach der Nähe von Olyvars sucht, sanfte Berührungen, die ihre ganz eigene Sprache sprechen. Doch dann plötzlich fragt er: >"Wie viel Tamar kannst du inzwischen, Diantha?"< Kurz schaut sie ihn verwundert an, dann murmelt sie ein wenig verhalten:  „Schon so einiges…“ >"Du verstehst fast alles, oder? Ich staune immer wieder, wie schnell und leicht du die Sprache gelernt hast. Ich weiß noch, wie ich mich als Kind abplagen musste, um überhaupt die Allgemeinsprache in meinen Kopf zu bekommen.“< Vor ihrem geistigen Auge erscheint ein Junge, der Connavar ähnelt, schon etwas älter, mit geraden Augen und blasserer Haut, sonst aber ein Ebenbild von Olyvars Sohn. Oh doch, sie kann sich schon vorstellen, dass Olyvar die Allgemeinsprache nicht gut gelernt hat, vielleicht aber auch, weil er es nicht wollte. „Also die Allgemeinsprache zu lernen war für mich viel härter“, antwortet sie ohne weiter nachzudenken. „Vater mochte sie nicht, zuhause haben wir immer nur Pakkakieli gesprochen. Aufgeschnappt und verstanden habe ich natürlich trotzdem einiges, ich war ein neugieriges Kind. In Nachtschimmer musste ich die Allgemeinsprache dann aber auf einmal sprechen können – das war hart, fiel mir aber nicht so schwer wie einigen anderen.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Trotzdem finde ich es manchmal schwer, in ihr die richtigen Worte zu finden, manche drücken einfach das, was ich sagen will, nicht so aus, wie ich es möchte.“ Vor allem was Gefühle angeht… Vergleiche man doch Liebe mit rakkaus – es reicht doch schon, dass Liebe sich auf Hiebe reimt! Wie kann eine Sprache diese beiden Begriffe so ähnlich klingen lassen? Oder Wut und Mut! Hat sich da jemand einen Spaß daraus gemacht? Wie gebe ich möglichst gegensätzlichen Begriffen eine ähnlichen Wortlaut? Mit dieser Antwort ist Olyvars Interesse noch lange nicht abgeebbt. >„Erzähl mir von dir... welche Spiele hast du als Kind gespielt?“[i]< Von sich erzählen - was gibt es da, was Olyvar interessieren könnte? [i]Vermutlich würde ihn im Moment jede noch so kleine Nichtigkeit interessieren! Dass seine erste Frage sich dann gerade auf ihre Kindheitsspiele richtet, lässt Diantha einen Moment überrascht blinzeln, damit hätte sie jetzt nicht gerechnet. „Na ja, zum Beispiel Kirkko rotta, das ist so was wie Versteckspielen, oder Saaripallo, wenn wir gerade einen Ball hatten - was nicht so oft war, die waren immer schnell kaputt. Sukklaviesti ist ein Gruppenspiel, in dem es darum geht schneller als die andere Mannschaft zu sein, Staffelspiel oder so ähnlich heißt das glaube ich in der Allgemeinsprache... Oh, es gab so viele.“ Bei dem Gedanken an ihre Kindheit schleicht sich ein Lächeln auf ihr Gesicht, dass sie jünger und fröhlicher als sonst wirken lässt. „Bei allen Streichen war ich dabei, auch wenn sie mich erst nicht mitmachen lassen wollten. Ich war immer … pieni. Kleiner und dünner als die anderen, aber dann haben sie festgestellt, dass sie mit mir seltener erwischt wurden. Und wenn, dann konnte ich uns meistens mit meinen großen blauen Augen rausreden. Das kann man sich jetzt kaum noch vorstellen, hm? Ich und große, unschuldige Augen?“ Sie schüttelt lachend den Kopf, was mal wieder eine der Locken dazu bringt, ihr ins Gesicht zu fallen. Mit einer ungeduldigen Handbewegung schiebt sie die Haare hinters Ohr. Ich brauche unbedingt ein Haarband, gleich wenn wir zurückkommen besorg ich mir eins. Prompt folgt die nächste Frage, als hätte Olyvar sich irgendwann hingesetzt und sich eine Liste gemacht mit allem, was er noch nicht über sie weiß. >„Was ist deine Lieblingsfarbe, hast du eine?“< „Meine Lieblingsfarbe… hm“, nachdenklich schaut sie einen Moment ins Gras, über so etwas hat sie sich ganz offensichtlich schon lange keine Gedanken mehr gemacht. „Blau … dunkles Blau wie die meisten Seen in Immerfrost. So ein ähnlicher Farbton wie der Stoff am Kopfende von deinem Bett, auf den der Hirsch gestickt ist, vielleicht ein wenig heller.“

In seinen Augen kann sie sehen, dass er am liebsten immer weiter fragen würde, nach dieser Antwort lacht er selbst, vielleicht darüber, dass er so einen Spaß an diesem Fragespiel hat, vielleicht über das, was sie sagt. Einen Moment lang fühlt sich Diantha ein wenig unwohl bei dem Gedanken ihn möglicherweise so zu amüsieren. Doch dann folgt eine ganze Reihe von Fragen an einem Stück, sodass ihr kurz der Mund offen stehen bleibt: >"Kannst du tanzen? Kannst du reiten... oder bist du noch nie auf einem Pferd gesessen? Was magst du gar nicht? Was magst du gern? Gibt es etwas, wovon du träumst? Willst du Kinder... ich meine außer den beiden?“<, dabei nickt er zu den Zwillingen, nur um kurz darauf fortzufahren: >„Kannst du schwimmen?“< Nun fühlt sich Diantha doch ein wenig überfordert – wie soll sie auf einmal auf so viele Fragen antworten? Das liest Olyvar scheinbar auch in ihren Augen, denn kurz darauf setzt er hinzu: >"Sag einfach Halt, wenn dir der Geduldsfaden reißt, es ist nur... auf der einen Seite kenne ich dich so gut und andererseits weiß ich so wenig von dir, und du steckst voller Überraschungen."< Einen Moment lang schaut sie nur zu ihm hoch, lächelt und antwortet: „Du hast mir auch so viel von deiner Familie erzählt, von deinen Eltern... Ich verstehe ja, dass du mehr über mich wissen willst, es gibt auch noch so vieles, was ich nicht von dir weiß, was ich an dir nicht kenne.“ Nachdenklich schaut sie zur Seite, dann fragt sie leise: „Glaubst du nicht, dass es manchmal ganz gut ist, nicht alles über einen Menschen zu wissen, den man liebt? Obwohl, sag nichts, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich deine Antwort kenne.“ Der Herr von Tarascon möchte natürlich alles wissen, puh, das kann noch was werden. Dafür bin ich eigentlich nicht wirklich die richtige Frau, aber er will ja nicht von seinem conasg lassen und ich kann nicht weiter so tun, als wäre er mir egal, das wäre Selbstbetrug.
„Also, dann mal immer schön der Reihe nach. Erst mal tanzen, richtig? Das kann ich nicht wirklich. Ich habe wohl etwas wie ein Gespür für Rhythmen, aber als mir gezeigt wurde, wie man mit einem Partner tanzt, hatte mein Lehrer nicht besonders viel Geduld dafür, mir wirklich zu erklären wann man welchen Fuß wo hinsetzen soll. Später hatte ich bei Festen meist anderes zu tun als zu tanzen.“ Und ich wette du weißt, was. „Dann kam … reiten. Damit kann ich gar nicht dienen.“ Hilflos zuckt sie mit den Schultern. „Ich weiß, dass ein Reitpferd mindestens fünf Goldstücke kostet und das es schön blöd wäre eins zu klauen. Und Pferde wie Bayvar haben nur Leute, die nicht ganz arm sind. Das einzige Pferd, das ich aus meiner Kindheit kenne ist Aatu und der hat auf dem Feld geholfen, aber nicht bei uns, sondern beim reichsten Bauer des Dorfs und glaub mir – ich wäre eine der Letzten gewesen, die auf ihm hätte sitzen dürfen.“ Wie um sich selbst zu bestätigen nickt sie, damit wären diese beiden Fragen abgeschlossen. „Dann kommen wir zu den schwierigeren Fragen. Was ich  mag, was ich nicht mag, wovon ich träume. Hm. Fangen wir mit dem Negativem an: Ich hasse das Gefühl eingesperrt zu sein. Die dicken Steinmauern der Steinfaust werde ich wohl nie mögen, mich an sie gewöhnt habe ich ja mittlerweile – aber manchmal habe ich auch heute noch das Gefühl, dass sie mich erdrücken wollen.“ Kurz hält sie inne, dann fährt sie fort: „Ich mag es nicht, wenn jemand über meinen Kopf hinweg für mich etwas entscheidet und ich hoffe doch mal, dass du das nicht vorhast, dann kann ich nämlich ziemlich unfreundlich werden. Das ist mein Leben und ich entscheide, was ich damit mache, es gibt schon zu vieles auf das man keinen Einfluss nehmen kann.“ Bei diesen Worten werden Dianthas Augen wieder etwas kälter. Krankheiten, Schicksalsschläge... „Das bisschen, was ich habe, lasse ich mir dann sicher nicht von irgendjemandem wegnehmen.“ Sie schüttelt den Kopf und schon ist die Wärme wieder in ihren Augen, als sie zu Olyvar hochguckt. „Oh, und ich vertrage es nicht gut, wenn es richtig heiß ist. Also im Sommer mit mir Sonnenbaden – das wird wohl nichts.“ In ihrem Grinsen liegt jetzt unverwechselbar Schalk. „Aber ich glaube deinen Kindern macht das erheblich weniger aus als mir. So und was ich mag – hm, dich und Connavar und Fianryn…“ Sie weiß genau, dass er das nicht so gemeint hat, sonst hätte er schließlich danach gefragt wen sie mag, aber es verschafft ihr ein wenig Zeit. „Also ich war schon immer gerne draußen, deshalb schleife ich die Zwei auch bei jedem Wetter raus, egal was die Frauen in der Küche sagen. Und ich mag Musik, jedenfalls die meiste. Essen tue ich auch gerne viel und gut, dem ein oder anderen Gläschen bin ich selten abgeneigt – aber das weißt du ja. Ich mag den Winter, ich liebe Schnee! Aber bitte kein zu kalter Winter, sonst ist das nicht mehr ganz so schön. Und wovon ich träume, hm. In den letzten Jahren wollte ich immer nur insgeheim einen Ort finden, an dem ich mich zuhause fühle, Menschen die mich lieben, wie ich bin.“ Conasg wächst zwar fast überall, aber nicht überall blüht er gleich schön. „Wie es scheint, habe ich das jetzt wohl getan“, liebevoll schaut sie zu ihm hoch. „Als junges Mädchen wollte ich immer mal eine große Familie haben.“ Daraufhin wird der Zug um ihren Mund unvermittelt hart, fast schon bitter. „Aber … lass uns jetzt nicht darüber sprechen“, ihre Stimme zittert immerhin fast gar nicht und sie sieht starr zur Seite, bloß nicht in seine Augen. Ich weiß nicht, was sie damals mit mir gemacht haben. Ich weiß nicht, ob ich noch Mutter werden kann! Keinem kannst du trauen – auch keiner Heilfrau. Und wenn ich es nicht mehr werden kann – möchte ich das wirklich wissen? Bisher habe ich sehr gut damit gelebt, dass ich es nicht so genau wusste! Einmal atmet sie ruhig durch, dann entspannt sie sich wieder und schaut zurück zu ihm. „Außerdem haben wir ja auch noch ein wenig Zeit damit, oder?“ Sie gibt den Worten nur wenig Zeit um zu wirken, dann beantwortet sie seine letzte Frage: „Ob ich schwimmen kann? Was für eine Frage! Das konnte ich schon als kleines Kind besser als die meisten! Das muss noch in die Reihe der Dinge, die ich mag: Wasser, eigentlich in jeder Form.“

Erst jetzt bemerkt Diantha, dass sie das Ende des Pfads erreicht haben und am Eingang eines Tals angekommen sind. Es ist ein schöner Anblick, die Felder, aus denen die ersten grünen Hälmchen schon herausschauen, daneben die grünen Wiesen, auf denen keine Pferde stehen – das Gras ist wohl noch zu jung – dafür tummeln sich am Rand des Tals so einige. Sofort ist ihr klar, wo es Connavar als erstes hinziehen würde, nachdem er sich so abrupt von Bayvard trennen musste. „Conn!“, ruft sie, doch es ist schon zu spät, in seiner Begeisterung über die vielen Pferde war der Junge losgelaufen, hatte nicht darauf geachtet wo er hingetreten war, woraufhin er natürlich gleich einmal über die eigenen Füße gefallen war. Nach der ersten Schrecksekunde bricht der Junge augenblicklich in lautes Wehgeschrei aus, was Diantha ihre Hand von Olyvars lösen lässt. Mit raschen Schritten tritt sie zu ihm, als er gerade das rasch rot angelaufene Gesicht vom Boden hebt. Schon laufen ihm Tränen über die Wangen, fallen von den langen Kinderwimpern und lassen ihn aussehen, als würde gerade die Welt untergehen. „Na, na, alles nicht so schlimm, Kullanmuru“, sagt Diantha beruhigend und vergewissert sich rasch, dass er sich nirgendwo etwas getan hat. Doch außer einem Schreck und ein wenig Dreck an den Kleidern ist dem Jungen nichts geschehen, was er selbst aber erst gar nicht wahr haben will. Dann aber ganz plötzlich wird er still, als Fianryn laut und deutlich sagt: „O, nach is thu!“ Ein wenig verwundert schaut Diantha das Mädchen an, lächelt dann aber und zieht das unabdingbare Taschentuch beim Umgang mit zwei Kindern aus ihrer Hosentasche. „Sie hat recht. So, jetzt erst mal Nase putzen und dann ist alles wieder in Ordnung, ja?“ So ist es dann auch, allerdings lässt Diantha Connavar nicht sofort wieder loslaufen, sondern nimmt ihn erst mal an die Hand. „Sonst läufst du noch zwischen die Pferde“, erklärt sie, was der Junge nur mit einem verdrießlichen Blick beantwortet.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 22. Apr. 2007, 11:46 Uhr
Olyvar stellt all die Fragen ohne groß nachzudenken, einfach spontan aus dem Verlangen heraus, mehr von ihr zu erfahren, und spricht aus, was ihm gerade in den Sinn kommt. Diantha dagegen scheint nicht so leicht und zwanglos darauf eingehen zu können. Oh, sie antwortet ihm, sie gibt ihm auch bereitwillig und ausführlich Auskunft, und manchmal bringen seine Wissbegierde und die Erinnerungen, die ihr dabei durch den Kopf gehen, sie sogar zum lächeln und Lachen, aber sie scheint sich über sein Interesse an ihr nicht immer - oder zumindest nicht nur -, zu freuen. Manchmal wirkt sie eher sogar so, als sei ihr dabei ein wenig unbehaglich zumute. Er kann sich zwar täuschen, aber der Eindruck drängt sich ihm irgendwie auf. Doch sie antwortet ihm und Olyvar lässt sie erzählen, lauscht dem Klang ihrer dunklen, stets leicht rauchigen Stimme und ihrer Art, manche Wörter auszusprechen, beobachtet die feinen Nuancen ihres Mienenspiels, nimmt all die neuen Eindrücke von ihr in sich auf, die er erhält, und hört unzerstreut zu, was sie zu sagen hat. All die merkwürdigen Pakkakielinamen der Kinderspiele, die sie aufzählt, reizen ihn zu lachen, doch Kirkko rotta, Saaripallo und Sukklaviesti klingen einfach zu niedlich. Ihre Kindheit zumindest scheint unbeschwert gewesen zu sein. >Ich war immer ... pieni. Kleiner und dünner als die anderen, aber dann haben sie festgestellt, dass sie mit mir seltener erwischt wurden. Und wenn, dann konnte ich uns meistens mit meinen großen blauen Augen rausreden. Das kann man sich jetzt kaum noch vorstellen, hm? Ich und große, unschuldige Augen?< Olyvar denkt an ihre Rehkitzblicke beim Würfelspielen, wenn er oder Mattis sie beim Versuch zu schwindeln erwischt hatten, und auch an jene Nacht in der Laube, als ihn der Ausdruck in diesen großen, blauen, tränenverschleierten Augen zielsicher und tödlich mitten ins Herz getroffen hatte, und nickt mit einem sardonischen Lächeln. "Oh doch, das kann ich mir durchaus vorstellen. Sie funktionieren immer noch, weißt du?" Dianthas Augen fallen ganz zweifellos unter das, was man gemeinhin als die "Waffen einer Frau" bezeichnen mag, und er kann ihr versichern, dass sie sich seit ihrer Kindheit kein bisschen abgenutzt haben. Sie schlendern weiter und Diantha erzählt von ihrer Lieblingsfarbe, dem Blau der Seen Immerfrosts. >So ein ähnlicher Farbton wie der Stoff am Kopfende von deinem Bett, auf den der Hirsch gestickt ist, vielleicht ein wenig heller.< "Das ist das Wappen Tarascons," erwidert er mit einem Lächeln und die Tatsache, dass es immerhin fast ihre Lieblingsfarbe ist, stimmt ihn albernerweise froh. "Der weiße Hirsch des Fionncoille und das Blau des stillen Ozeans." Der Wald ringsum lichtet sich noch mehr, bis nur noch vereinzelte Bäume ihren Weg säumen, und nicht weit vor ihnen das Land sanft ins Nachtschattental abfällt, während er seine Fragen stellt und Diantha sich bemüht, sie der Reihe nach abzuarbeiten. >Du hast mir auch so viel von deiner Familie erzählt, von deinen Eltern... Ich verstehe ja, dass du mehr über mich wissen willst, es gibt auch noch so vieles, was ich nicht von dir weiß, was ich an dir nicht kenne,< erwidert sie irgendwann ernst. >Glaubst du nicht, dass es manchmal ganz gut ist, nicht alles über einen Menschen zu wissen, den man liebt? Obwohl, sag nichts, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich deine Antwort kenne.<

"Meinst du?" Fragt er zurück, nun ebenfalls ernst geworden. "Diantha, hör mir zu... ich weiß, es gibt Dinge, die du mir vielleicht nicht sagen willst oder nicht sagen kannst. Ich will dich mit meinen Fragen nicht bedrängen oder von dir verlangen, mir etwas zu erzählen, das nur dich allein etwas angeht. Ich muss nicht jedes deiner Geheimnisse kennen und ich werde nichts von dir fordern, dass du mir nicht geben kannst. Aber... ich... weiß wie es ist, jemanden zu lieben und sein Leben mit ihm zu teilen, ihn zu heiraten und Kinder zu haben - und dann irgendwann feststellen zu müssen, dass man den anderen im Grunde überhaupt nicht kennt. Nicht in den Dingen, auf die es ankommt, verstehst du? Dass man gar nicht wirklich ihn geliebt hat, sondern nur die eigene Vorstellung von ihm. Ich habe einmal den unverzeihlichen Fehler begangen, mir eine Liebe aus Wunschdenken und Eindrücken zusammenzuflicken, Diantha, das passiert mir nicht noch einmal. Und ich glaube, es gibt einige Dinge, die grundlegenden, elementaren Dinge, das man einfach vom anderen wissen muss, weil sonst keine Liebe der Welt lange bestand hat. Ich bitte dich also nur um Ehrlichkeit. Wenn du mir etwas erzählst, dann lass es die Wahrheit sein und ich verspreche dir dasselbe."
>Also, dann mal immer schön der Reihe nach. Erst mal tanzen, richtig? Das kann ich nicht wirklich. Ich habe wohl etwas wie ein Gespür für Rhythmen, aber als mir gezeigt wurde, wie man mit einem Partner tanzt, hatte mein Lehrer nicht besonders viel Geduld dafür, mir wirklich zu erklären wann man welchen Fuß wo hinsetzen soll. Später hatte ich bei Festen meist anderes zu tun als zu tanzen.< Ihr Blick wird ein wenig abschätzend und auch wenn sie es nicht ausspricht, so weiß er doch, wovon sie redet, er weiß ja, womit sie in ihrem früheren Leben den Unterhalt desselben bestritten hat. >Dann kam ... reiten. Damit kann ich gar nicht dienen. Ich weiß, dass ein Reitpferd mindestens fünf Goldstücke kostet und dass es schön blöd wäre eins zu klauen. Und Pferde wie Bayvard haben nur Leute, die nicht ganz arm sind. Das einzige Pferd, das ich aus meiner Kindheit kenne ist Aatu und der hat auf dem Feld geholfen, aber nicht bei uns, sondern beim reichsten Bauer des Dorfs und glaub mir - ich wäre eine der Letzten gewesen, die auf ihm hätte sitzen dürfen.< "Hmmja." Nicht ganz arm. Das wäre auch noch ein Punkt, über den sie würden reden müssen und plötzlich ist es Olyvar, der sich ein wenig unbehaglich windet. Sei nicht albern, sie weiß, dass du nicht arm bist. Ja, aber zu wissen, dass man nicht arm ist und zu wissen, dass man wohlhabend ist, sind zwei verschiedene paar Stiefel. Was würde sie wohl sagen, wenn sie wüsste, was Bayvard wirklich gekostet hat? Er hat immer mehr als genug Gold und Silber besessen, es war ihm nie zu Kopf gestiegen, er hatte nie damit geprahlt, er hatte es nie geizig gehortet und er hatte es auch nie verschleudert. Er öffnet schon den Mund, um etwas zu erwidern, entscheidet sich dann aber anders und meint nur: "Tanzen und reiten... wenn du's lernen willst, kann ich dir beides zeigen."

Als sie über die Steinfaust spricht und das Gefühl der Beklommenheit in ihren Mauern, kann er den Gedanken zwar nachvollziehen, aber nicht wirklich nachempfinden. Vielleicht weil er schon in einer - zwar wesentlich kleineren, aber nicht weniger trutzigen -, Festung geboren worden und dann in der weitläufigen, alten Burg Talyras aufgewachsen war. Schon als Kind war ihm die Steinfaust mit ihren zahllosen Gängen, gepflasterten Zwingern und efeuüberwucherten Höfen, mit ihrem himmelhohen Türmen und schattendunklen Wehrgängen, mit ihren Kämmererverstecken und geheimen Räumen wie der wundervollste Ort Rohas erschienen, ein verworrener Kaninchenbau voller Geheimnisse, die es immer wieder neu zu entdecken galt. Wie ein Gebirge ragt sie massig über Stadt und Umland auf, weitläufig, alt, fest und sicher wie die Knochen der Erde selbst. Es versetzt ihm einen leisen Stich, dass sie sich im Inneren der Steinfaust nicht wirklich wohl fühlt, schließlich ist die Festung schon seit Monden auch ihr zu Hause. Er kommt allerdings nicht dazu, etwas darauf zu erwidern, denn sie fährt schon fort und nun ist sie plötzlich auch ihm gegenüber so stachlig wie der Conasg, der ihr ihren Kosenamen eingebracht hat: >Ich mag es nicht, wenn jemand über meinen Kopf hinweg für mich etwas entscheidet und ich hoffe doch mal, dass du das nicht vorhast, dann kann ich nämlich ziemlich unfreundlich werden.< Ihre Worte klingen wie eine Warnung in seinen Ohren, so nachdrücklich, als gäbe es tatsächlich einen Anlass, nach wie vor an seinen Motiven zu zweifeln. >Das ist mein Leben und ich entscheide, was ich damit mache, es gibt schon zu vieles auf das man keinen Einfluss nehmen kann. Das bisschen, was ich habe, lasse ich mir dann sicher nicht von irgendjemandem wegnehmen.< Olyvar unterdrückt ein ungehaltenes Schnauben. Über sie entscheiden? Ihr etwas wegnehmen? Ah dhia! Hat diese Frau in ihrem bisherigen Leben eigentlich nur tyrannische Despoten gekannt und hält mich am Ende insgeheim auch für einen? "Vielleicht klingt es ja anmaßend," erwidert er würdevoll, "aber ich denke doch, dass ich nicht 'irgendjemand' bin. In einer Beziehung trifft man wichtige Entscheidungen für gewöhnlich gemeinsam, Diantha, nach eil? Jedenfalls habe ich das irgendwann einmal so gelernt." Ihre Augen werden wieder weicher, als sie seinem Blick begegnet und leise fortfährt, ihm zu erzählen, was sie nicht mag, was sie mag und wovon sie träumt, und ihre Worte, sie habe endlich das Zuhause gefunden, nachdem sie sich gesehnt hatte, erdrückende Festungsmauern hin oder her, wärmen ihn wie die Frühlingssonne. Doch als die Sprache auf Kinder kommt, weicht sie ihm plötzlich wieder aus. Er hatte sie bestimmt nicht bedrängen wollen und sich eigentlich nur ganz allgemein danach erkundigt, schließlich ist das eine ziemlich grundsätzliche Frage, wenn man sich gerade gegenseitig erklärt hat, dass man sein Leben gern miteinander teilen würde, jedenfalls nach seinem Verständnis. Zuerst erwidert sie, dass sie sich als junges Mädchen immer eine große Familie gewünscht hätte, und er lächelt leicht. Er war in Mornas und Rhordris Haushalt aufgewachsen und kommt damit praktisch aus dem so heillosen, wie liebenswürdigen Durcheinander einer zehnköpfigen Großfamilie, doch dann gerinnt ihre freundliche Miene zu einer bitteren Grimasse, und sie hält für einen Moment krampfhaft ihren Blick abgewandt, ehe sie ihn wieder ansieht und hinzufügt: >Aber ... lass uns jetzt nicht darüber sprechen.<

Um zu bemerken, dass ihr dieses Thema ganz offensichtlich unangenehm ist, muss man wirklich kein Hellseher sein, doch ob sie nun in seine Frage mehr hineininterpretiert hat, als tatsächlich gemeint war oder ob sie ganz andere Gründe hat, sich jetzt möglichst rasch um eine Antwort herum zu winden, kann er nicht sagen. >Außerdem haben wir ja auch noch ein wenig Zeit damit, oder?< Gibt sie zu bedenken. Das kann er nicht bestreiten, auch wenn ihm kurz und vage der Gedanke durch den Kopf geistert, dass sie unter Umständen bereits schwanger sein könnte. Er hält es zwar kaum für sehr wahrscheinlich, aber möglich ist es durchaus - sie hatten sich die halbe Nacht hindurch geliebt und keinerlei Vorkehrungen gegen eine Schwangerschaft getroffen. Genau genommen hatten sie beide nicht einen Gedanken daran verschwendet. Was, wenn sie keine Kinder will, nicht jetzt und nicht in absehbarer Zukunft oder vielleicht überhaupt nie oder einfach nicht von... mir? Einen Moment lang sieht er nachdenklich auf sie hinunter und weiß, er wird mit ihr reden müssen, auch darüber. Nicht jetzt, mahnt er sich selbst. Sie konnte dir gerade nicht einmal in die Augen sehen... - und diesmal lässt er sie davonkommen. >Ob ich schwimmen kann? Was für eine Frage!< Erklärt sie gerade selbstsicher und heilfroh, doch noch etwas unverfängliches gefunden zu haben, die sie ihm berichten kann. >Das konnte ich schon als kleines Kind besser als die meisten! Das muss noch in die Reihe der Dinge, die ich mag: Wasser, eigentlich in jeder Form.< Er lächelt nur, doch fürs erste wird ihre Unterhaltung dann von Conn unterbrochen, der, kaum dass sie das Nachtschattental endlich erreicht haben, davon schießt, so schnell ihn seine kurzen Beinchen nur tragen. >Conn!< Ruft Diantha ihm noch nach, doch vergebens, der Junge hört nicht, stolpert prompt und schlägt der Länge nach auf dem Weg auf, der hier wesentlich sandiger und härter ist, als noch im Wald. Noch bevor Olyvar irgendetwas sagen oder tun kann und sogar noch bevor Conn zu weinen beginnt, ist Diantha schon auf halbem Weg zu ihm. Sie hat ihn gerade wieder auf die Füße gestellt, als Olyvar mit Fianryn an der Hand bei ihnen ankommt. >Na, na, alles nicht so schlimm, Kullanmuru< hört er Diantha beruhigend auf den Jungen einsprechen, und auch Olyvar wird mit einem Blick und einem Kopfschütteln beschieden, dass alles in Ordnung ist und sein Sohn sich nichts getan hat, doch erst Fianryns rigoroses >O, nach is thu!< zeigt Wirkung und lässt Conns Jammern abrupt verstummen.

Vor ihnen auf der Waldkoppel heben achtzig Jährlinge und Jungpferde synchron die Köpfe, um alarmiert und neugierig zugleich zu ihnen herüberzuspähen und herauszufinden, was die Quelle für das infernale Geschrei in ihrem friedlichen Tal ist, doch nachdem sie einen skeptischen Blick auf die kleine Gruppe Zweibeiner geworfen haben, beschließen sie ebenso einstimmig, dass ihnen wohl keine Gefahr droht. Doch dann wird Bayvard, der die ganze Zeit über absolut lammfromm hinter Olyvar hergetrottet war, plötzlich lebendig, wirft den Kopf hoch, bläht die Nüstern, mustert die jungen Pferde herrisch und wiehert ihnen demonstrativ seine Überlegenheit zu, was die Herde in der Koppel doch noch nervös aufscheucht. Sie wenden und galoppieren den langen Hang weiter hinab ins Tal, eine einzige, fließende Bewegung, die am Kopf der Herde beginnt und sich wie Wellen auf einem Teich auf alle glänzenden Pferdeleiber ausbreitet - um sich mit einem Rivalen von Bayvards Kaliber anzulegen, sind die Jungspunde innerhalb des Zauns noch nicht mutig genug. Ihr Hufschlag verklingt und die Staubwolke, die sie aufgewirbelt haben, legt sich wieder. Diantha putzt Conn das laufende Näschen, und Olyvar streicht seinem Sohn mit der Hand über das glänzend kastanienrote Haar. "Ciamar a tha thu, mo ghille? Alles in Ordnung?" Conn nickt schniefend, noch ganz gebannt von der Flucht der Pferde. "Aye? Glé mhath. Komm, wir gehen zu der kleinen Quelle, ihr müsst doch Durst haben inzwischen, hm?" Nicht weit vom Wegesrand zwischen verkrüppelten Kiefern und windzerzausten Föhren plätschert unter einem mannshohen Findling ein kleiner Wasserlauf hervor und sucht sich gurgelnd seinen Weg ins Tal hinunter, wo er sich schließlich zu einem Bach auswächst, dort halten sie an. Er bindet Bayvard an den niedrigen Ästen einer Kiefer fest und lässt ihn dort grasen, während Diantha den Kindern mit den hohlen Händen Wasser aus dem kleinen, steinernen Quellbecken schöpft. Olyvar setzt sich im Schatten des Findlings zu ihnen ins Gras, zieht die Beine an und stützt seine Arme auf die Knie. Von hier aus ist die ganze kleine Lichtung zu überblicken und die Kinder können spielen, im Moment benutzt Conn ihn jedoch als Klettergerüst und Fianryn sammelt Schnecken in der Nähe auf. "Was du vorhin gesagt hast, über die Steinfaust..." er pflückt seinen kichernden Sohn von seiner Schulter, hebt ihn hoch, lässt ihn fallen und fängt ihn wieder. "Ein Heim sollte mehr sein als ein Ort, an den man sich nur gewöhnt hat." Er stellt Conn zurück auf die Füße, doch der Junge hat für den Moment genug vom Herumtoben und rollt sich zufrieden in seinen Armen zusammen. "Also wenn du dich im Westflügel wirklich nicht wohl fühlst," wendet Olyvar sich wieder an Diantha und holt tief Luft, "können wir uns auch nach einem anderen Haus umsehen."

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Diantha am 24. Apr. 2007, 00:19 Uhr
Diantha hat sich gerade die von der Quelle nassen Hände an ihrer Hose abgewischt und ist im Begriff sich zu Olyvar zu setzen, als er sie schon anspricht: >"Was du vorhin gesagt hast, über die Steinfaust..."< Verwundert schaut sie ihn an, sie hatte eigentlich nicht mehr damit bezwecken wollen, als ihm zu erklären, warum sie von Zeit zu Zeit etwas zurückhaltend sein könnte, damit er das nicht auf sich selbst bezieht. Sie könnte sich bei Olyvar nämlich wirklich gut vorstellen, dass er ihre Stimmungsschwankungen falsch versteht und wollte ein Missverständnis von Anfang an verhindern. >"Ein Heim sollte mehr sein als ein Ort, an den man sich nur gewöhnt hat."< Aber das wichtige an einem Heim ist doch nicht der Ort an sich, sondern die Lebensumstände, dass man diesen Ort überhaupt als Heim bezeichnen kann und möchte! Da ist es egal ob es eine gigantische Steinburg oder ein kleines Haus in einem Dorf ist..., denkt sie, während sie ihm dabei zuschaut, wie er den begeisterten Conn in die Luft wirft und wieder auffängt. Dann wandert ihr Blick zurück zu Olyvars Gesicht. >"Also wenn du dich im Westflügel wirklich nicht wohl fühlst", sagt er schließlich, schaut sie an und holt tief Luft. >"können wir uns auch nach einem anderen Haus umsehen."< Einen Moment lang schaut sie ihn nur perplex an, dann fängt sie an zu lächeln und rückt so nah, dass sie ihren Kopf an sein Knie legen und ihn anschauen kann. „Hm, das würdest du also. Nur wegen mir." Diese Bereitwilligkeit den Westflügel nur wegen ihr zu verlassen, erfüllt sie mit einer Mischung aus merkwürdigem Stolz und seltsamer Zufriedenheit. „So wichtig ist es dir, dass ich mich wohl fühle. Dabei ist es für dich doch so viel praktischer und das einzige Zuhause, das deine Kinder kennen und lieben." Sanft streicht sie über Connavars Wange, der sich dicht an Olyvar gekuschelt hat und nun kurz zu ihr schaut und ihr Lächeln erwidert, auch wenn er gar nicht wirklich verstehen kann, worum es bei dem Gespräch eigentlich geht. „So sehr stört mich die Steinfaust an sich eigentlich gar nicht. Gut, die dicken Steinmauern erinnern mich von Zeit zu Zeit an ähnliche, in denen ich einen nicht besonders angenehmen Zwölfmond verbracht habe... Deshalb auch das Gefühl des Eingesperrtseins, obwohl ich doch weiß, dass du mich nicht einschließen würdest." Ihre Augen verraten, dass sie sich sicher dabei ist, keine felsenfeste Sicherheit, aber doch mehr als sie gedacht hätte wieder empfinden zu können. „Aber da ist noch etwas... Ach, es ist so albern." Für einen Moment schaut sie auf den Boden, dann vergräbt sie die Nase in den Stoff seiner Hose und murmelt an sein Bein, gerade laut genug, damit er es verstehen kann: „Ich habe einfach manchmal das Gefühl, dass mir jeder dieser verdammten elbischen Sessel hinterher schreit, dass ich nur ein Gast bin, dass hier eine andere Frau hingehört, die zu all dem Orange, Rot und Gold passt. Vielleicht bilde ich mir das ja auch ein, aber ich habe das Gefühl, dass Kizumu den Westflügel eingerichtet hat und nicht irgendeine andere Ehefrau eines vorherigen Lord Commanders. Kann das sein? Ständig habe ich das Gefühl in etwas zu wohnen, dass sie für dich und sich geschaffen hat und ich gehöre da nicht rein." Hilflos zuckt sie mit den Schultern. „Ich weiß, dass das albern ist, albern und kindisch. Ich verstehe auch gar nicht, warum es eigentlich so ist, aber ich kann einfach nichts gegen dieses Gefühl tun!"
Nach einem Moment des Schweigens taucht Fianryn plötzlich an Dianthas Seite auf und führt ihr stolz die Schnecken vor, die sie gefunden hat. Nachsichtig löst die Immerfrosterin ihren Blick von Olyvars, lässt sich jede kleine Tier einzeln vorführen und beglückwünscht das Mädchen zu seinem Fund. Als sie genug Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, setzt Fianryn schließlich die Weichtiere wieder auf den Boden, nachdem ihr Diantha ausführlich erklärt hat, dass sie nicht als neue Haustiere geeignet sind und Häuser sogar ziemlich schrecklich finden. Einen Moment lang schaut die kleine Halbelbin auf ihren Bruder hinab, der immer noch in Olyvars Arm liegt, dann sitzt sie plötzlich auf Dianthas Schoß, frei nach dem Motto: Wenn ihr hier schon alle so zusammen seid, dann will ich auch! Grinsend schließt die Immerfrosterin sie in ihre Arme und vergräbt ihre Nase in dem Haar des Mädchens, das wie immer unverwechselbar und wundervoll nach Kind riecht, noch dazu aber eine ganz eigene Note hat. Beinahe wie eine kleine Blume, die sich nur durch eine winzige Nuance vom Rest abhebt, doch individuell genug um sie nicht zu verwechseln. Mit dem uneingeschränkten Vertrauen, dass nur Kinder ihrer Umwelt entgegen bringen, lehnt sich Fianryn an Diantha und gähnt ein wenig. Es ist zwar noch nicht wirklich Zeit für ihren Mittagsschlaf, aber die ganzen neuen Eindrücke und der für Kinderverhältnisse auch nicht  kurze Spaziergang sorgen zumindest kurzzeitig dafür, dass die quietsch fidelen Zwillinge mal nicht ganz so überdreht wie sonst sind. Es ist ein ungewöhnlich ruhiger Moment, fern von jeder Hektik, noch dazu einer der zerbrechlichen Augenblicke zu viert, der dieses Mal aber von niemandem unterbrochen werden kann, weil kein Blaumantel in der Nähe ist, der nur mal für einen Moment die Aufmerksamkeit seines Lord Commanders braucht. Etwas Schöneres als das hier und jetzt kann es wohl kaum geben und da fällt Diantha plötzlich ein Spruch aus ihrer Kindheit ein, ohne weiter darüber nachzudenken kommt er ihr über die Lippen, während sie Olyvar unverwandt ansieht:

„ Tahdon istua
vastapäätä sinua
vuosisatoja –
piittaamatta laisinkaan "

"Was heißt das?", fragt Conn prompt und schaut sie aus seinen großen grauen Augen erwartungsvoll an. „Das war der Lieblingsspruch meiner Großmutter, aber die letzte Zeile fällt mir nicht mehr ein. Er heißt so ungefähr ... hm. Ich will dir für Jahrhunderte gegenüber sitzen – ohne mich um irgendetwas anderes zu kümmern. Früher habe ich nie so ganz verstanden, was damit gemeint sein sollte, weil das doch unendlich langweilig sein müsste, sich so lange nur gegenüber zu sitzen und sonst nichts zu tun. Aber jetzt weiß ich, was damit gemeint war, nämlich sich zu wünschen, dass ein Moment würde nie vergehen.“ Liebevoll lässt sie ihren Blick von Fianryn, über Connavar zu Olyvar wandern. „So wie jetzt.“ Die Kinder lassen sich von ihren Worten wenig beeindrucken, wie ja auch zu erwarten war und beenden das ruhige Beisammensein doch sehr abrupt, als sie scheinbar den gleichen gelben Schmetterling von vorhin wieder sehen und kurz nacheinander aufstehen, um erneut auf Abenteuersuche gehen. Mit einem Seufzen schaut ihnen Diantha hinterher und nimmt dann die Gelegenheit wahr um Connavars Platz in Olyvars Arm einzunehmen. Sanft lehnt sie ihren Kopf an seine Schulter und schaut lächelnd hinter den Kindern her. „Sie sind so groß geworden, seitdem ich bei euch wohne… in zwei Monden müsste es ein Zwölfmond sein, oder?“ Nachdenklich wandert ihr Blick zu dem Dorf hinunter und über den Wald. Die Sonne steht mittlerweile recht hoch, es muss wohl bald Mittag sein und sie hat nicht wirklich viel zu essen mit, nur eine Kleinigkeit aus alter Gewohnheit. Als ob ich immer noch nicht sicher wüsste, wann ich wohl das nächste Mal was zu essen kriege! Schließlich schaut die Immerfrosterin Olyvar wieder an und zwar so offen und arglos, wie sie es kann. „Du hast gesagt, dass es grundlegende Dinge gibt, die man vom anderen wissen muss um eine Liebe aufzubauen, die nicht zerbricht.“ Sie macht eine kurze Pause, schaut ihn aber weiterhin an und fährt dann fort: „Was sind das für Dinge?“ Sie hat da schon so einige Ideen, doch es würde sie wirklich sehr interessieren, wie Olyvar das genau sieht.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 25. Apr. 2007, 00:07 Uhr
Diantha blinzelt verblüfft, doch dann breitet sich ein Lächeln über ihr Gesicht aus. Sie rutscht ein Stück näher an ihn heran und stützt ihr Kinn auf seine Knie. >Hm, das würdest du also. Nur wegen mir.<
Olyvar streckt die Hand aus, legt sie an ihr Gesicht und fährt sacht mit dem Daumen über ihren Mund. "Aye das würde ich."
>So wichtig ist es dir, dass ich mich wohl fühle. Dabei ist es für dich doch so viel praktischer und das einzige Zuhause, das deine Kinder kennen und lieben.< Er kann ihr nicht widersprechen, denn sie hat mit jedem ihrer Worte recht. Und sie weiß, dass es ihm schwer fallen würde, nicht einmal wegen dem Westflügel an sich, sondern weil er die Burg, die sein ganzes Leben lang sein Zuhause war, verlassen müsste. Aber er würde es tun und er würde es nicht bereuen. >So sehr stört mich die Steinfaust an sich eigentlich gar nicht. Gut, die dicken Steinmauern erinnern mich von Zeit zu Zeit an ähnliche, in denen ich einen nicht besonders angenehmen Zwölfmond verbracht habe... Deshalb auch das Gefühl des Eingesperrtseins, obwohl ich doch weiß, dass du mich nicht einschließen würdest.< "Dich einschließen?" Wiederholt er verwundert, dann lächelt er ein wenig spöttisch und zugleich erleichtert, dass sie doch nichts dagegen zu haben scheint, im Westflügel zu wohnen. "Armselig der Mann, der seine Frau einsperren muss, weil sie nicht aus freien Stücken bei ihm bleibt." Er erinnert sich an die vergangene Nacht, an alles was sie gesagt und getan hatten, an seinen Hunger und ihren, und an Dianthas erstaunliche Leidenschaft hinter ihrem rebellischen Wesen. Sein Lächeln verliert jede Ironie. Hätte er nicht seinen Sohn in den Armen, dem sie gerade noch über sein kleines, rundes Kindergesicht gestreichelt hat, ein solider, warmer Keil zwischen ihnen, hätte er sie in diesem Augenblick geküsst und zwar gründlich. Stattdessen atmet er tief ein und aus und versucht gar nicht erst, das Verlangen aus seinen Augen oder seiner Stimme fernzuhalten, es wäre ihm ohnehin nicht gelungen. Der Hunger nach ihr simmert schon seit jener Nacht in der Laube ständig in seinem Blut, das einzige, was die vergangenen Stunden daran geändert haben, ist ihn noch zu verstärken. "Ich sorge schon dafür, dass du bei mir bleiben willst, a rùn," erklärt er selbstsicher und sanft zugleich. "Und wenn dir die letzte Nacht noch nicht genug Anreiz bietet, ich bin auch noch gut im Füße wärmen. Und ich kann kochen," aus seinem Lächeln wird ein leichtes Grinsen. Das hat sie jetzt vermutlich nicht erwartet, aber es ist wahr. Er hatte sich schon als Junge gern in Mornas Küche herumgetrieben, wo man zwangsläufig einiges aufschnappt und war in den Jahren später immer wieder - und nicht einmal selten - am Herd gestanden. Er sieht, wie sich die Haut auf ihrem Nasenrücken in winzige Fältchen legt und ihre Miene nach einem Moment ernst wird, also wird er es ebenfalls. > Aber da ist noch etwas... Ach, es ist so albern,< hört er sie sagen, dann senkt sie den Blick und verbirgt ihr Gesicht halb an seinem Bein. "Was ist los, conasg?" Als sie weiter spricht, tut sie es so leise, dass er sich vorbeugen muss, um ihre Worte überhaupt zu hören. >Ich habe einfach manchmal das Gefühl, dass mir jeder dieser verdammten elbischen Sessel hinterher schreit, dass ich nur ein Gast bin, dass hier eine andere Frau hingehört, die zu all dem Orange, Rot und Gold passt. Vielleicht bilde ich mir das ja auch ein, aber ich habe das Gefühl, dass Kizumu den Westflügel eingerichtet hat und nicht irgendeine andere Ehefrau eines vorherigen Lord Commanders. Kann das sein? Ständig habe ich das Gefühl in etwas zu wohnen, dass sie für dich und sich geschaffen hat und ich gehöre da nicht rein.< Ihre kleine, hilflose Geste lässt ihn schlucken und lächeln zugleich.

"Diantha, sieh mich an."
>Ich weiß, dass das albern ist, albern und kindisch. Ich verstehe auch gar nicht, warum es eigentlich so ist, aber ich kann einfach nichts gegen dieses Gefühl tun!<
"Sieh mich an." Er umfasst ihr Kinn und hebt ihr Gesicht an. "Nimm das ganze vermaledeite Zeug und wirf es hinaus. Ich hätte es längst tun sollen, aber ich kam nie wirklich dazu und irgendwann war es mir dann einfach egal. Bis jetzt war es auch nicht wichtig. Kizumus persönliche Sachen... ich meine die Dinge, die sie zurückgelassen hat, sind ohnehin schon lange fort. Und was du fühlst ist überhaupt nicht albern, Diantha... mir an deiner Stelle ginge es vermutlich auch nicht anders." Er zuckt leicht mit den Schultern. "Wir können den Westflügel jederzeit neu einrichten. Ich fürchte nur, dass ich dafür überhaupt kein Händchen habe," fügt er mit einem ein wenig schiefen Grinsen hinzu. "Also wirst du es tun müssen."
Fianryn kommt angestapft, beide Hände voller Weinbergschnecken, die sie stolz und überschwänglich Diantha präsentiert. Die Immerfrosterin muss jede einzeln bewundern und braucht lachend eine Weile, ehe sie seiner Tochter ausreden kann, die Tiere alle mit nach Hause und am besten noch mit in ihr Zimmer schleppen zu wollen. Dann erobert sich Fianryn Dianthas Schoß, kuschelt sich in ihre Arme, gähnt herzhaft und wird für eine kostbare, kleine Weile so still wie Conn, der schwer und warm in seinen liegt. Diantha sitzt neben ihm, immer noch so nah, dass sie sich an seine Beine lehnt und sie sehen sich über die Köpfe beider Kinder hinweg einfach nur an. Der Wind kommt von Osten, wie so oft im Frühling, und sie sitzen im Schatten des moosigen Steines neben einer Quelle in vollkommener Stille und perfektem Frieden. Er kann das Gefühl, das sich in seinem Inneren ausbreitet, nicht in Worte fassen, aber Diantha kann es. >Tahdon istua... vastapäätä sinua... vuosisatoja - piittaamatta laisinkaan,< flüstert sie und die Worte im weichen Singsang ihrer Muttersprache legen sich direkt auf sein Herz, auch wenn er keine Ahnung hat, was sie bedeuten, bis Conn mit schläfriger Stimme danach fragt und Diantha, plötzlich wieder wacher, anblinzelt. >Das war der Lieblingsspruch meiner Großmutter, aber die letzte Zeile fällt mir nicht mehr ein,< erklärt sie geduldig. >Er heißt so ungefähr... hm. Ich will dir für Jahrhunderte gegenüber sitzen - ohne mich um irgendetwas anderes zu kümmern. Früher habe ich nie so ganz verstanden, was damit gemeint sein sollte, weil das doch unendlich langweilig sein müsste, sich so lange nur gegenüber zu sitzen und sonst nichts zu tun. Aber jetzt weiß ich, was damit gemeint war, nämlich sich zu wünschen, dass ein Moment würde nie vergehen.< Sie lächelt wieder dieses warme, weiche Lächeln, das ihr Gesicht so verwandelt, aber diesmal teilt sie es nicht nur mit ihm, bis sie ihren Blick hebt und ihn ansieht. >So wie jetzt.<
"Ah so," nuschelt sein Sohn ungerührt, dann zappelt er sich plötzlich frei. "Dealan-dé!" Sein Ausruf reißt auch Fianryn mit, und ehe sie sich versehen, ist der Augenblick des Friedens vorbei und sie finden sich kinderlos allein neben der Quelle wieder, während die Zwillinge schon dem Zitronenfalter nachjagen.  

Dianthas Blick folgt ihnen kurz, wie um sich zu vergewissern, dass sie auch nicht zu weit davonlaufen, dann dreht sie sich um und rutscht rückwärts, bis sie dort sitzt, wo Conn eben noch war. Sie lehnt ihren Rücken an seine Brust und legt ihren Kopf an seine Schulter und er hält sie fest. >Sie sind so groß geworden, seitdem ich bei euch wohne... in zwei Monden müsste es ein Zwölfmond sein, oder?<
"Aye, erwidert er, streicht ihr Haar zur Seite und küsst ihren Nacken. Selbst hier hat sie Sommersprossen, wenn auch nur wenige, weil ihr Haar früher so kurz war. Diantha wendet Kopf um ihn anzusehen, fragend, aber offen und Olyvar verschränkt seine Finger mit ihren. >Du hast gesagt, dass es grundlegende Dinge gibt, die man vom anderen wissen muss um eine Liebe aufzubauen, die nicht zerbricht.< Einen Moment lang schweigt sie, aber sie blickt ihm unverwandt in die Augen. Olyvar holt tief Luft. Ich will dir für Jahrhunderte gegenüber sitzen - ohne mich um irgendetwas anderes zu kümmern. "Ja."
>Was sind das für Dinge?<
"Du weißt schon einiges," erwidert er leise und sein Blick schweift ins Tal hinunter, streift kurz die Zwillinge, die immer noch den Schmetterling beobachten, aber nicht weit entfernt sind und kehrt dann auf ihre so viel kleineren, helleren Hände in seinen zurück. "Du warst in Blurraent dabei und du lebst seit fast einem Jahr bei uns. Du kennst mich als Lord Commander und du kennst mich als Vater der Zwillinge... und du hast gesehen, wie ich auf dem Waldweg Jamar und den Schwachsinnigen umgebracht habe. Ich war immer ein Mann des Schwertes, Diantha. Ich bin..." er drückt ihre Hände leicht und streicht mit dem Daumen über ihr Handgelenk, dort, wo unter der dünnen, zarten Haut der Puls schlägt. "Normalerweise bin ich nicht grausam, aber ich kann brutal sein. Und rücksichtslos. Als ich sechzehn Jahre alt war ging ich mit dreihundert anderen Freiwilligen als Söldner in die Räuberkriege an den sûrmerischen Grenzen, doch das waren nur wenige Scharmützel, ein, zwei Schlachten in der Wüste, und sie waren bald vorbei. Als ich zwei Jahre später nach Talyra zurückkehrte, schwor ich der Stadtgarde meinen Eid und wurde zum Lord Commander gewählt, das bin ich jetzt seit sieben Jahren. Conn und Fianryn... sie haben noch einen Halbbruder. Kizumu hatte bereits einen Sohn von einem ihrer früheren Gefährten, sein Name ist Ieras. Eigentlich lebt er hier in Talyra, aber er ist seiner Mutter wohl nachgereist. Und er ist... oh, nur ein wenig jünger als ich vielleicht." Olyvar verstummt für einen Moment und hält sich verärgert vor, dass er ihr hier gerade wahrscheinlich nur lauter Dinge erzählt, die ihr Mattis oder Feorna ohnehin schon lange auf die Nase gebunden haben. Du schindest Zeit! "Ich halte mir keinen Henker," fährt er schließlich leise fort und diesmal ist seine Stimme rau. "Früher gab es einen in Talyra, aber ich... " Er strafft sich. "Ich habe ihn abgeschafft. Ich glaube, dass ein Mann, der ein Urteil spricht, auch das Schwert führen soll." Wenn sie das nicht verstehen würde, dann weiß er nicht, wie er es ihr begreiflich machen kann. "Also richte ich die Verurteilten selbst. Das bin ich ihnen schuldig. Das bin ich mir schuldig. Wenn ich jemandem das Leben nehmen muss, dann bin ich es ihm schuldig, ihm dabei in die Augen zu sehen und seine letzten Worte zu hören. Wenn ich das nicht kann, dann verdient er es vielleicht auch nicht zu sterben. Ich wollte nur, dass du... das weißt."

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Diantha am 26. Apr. 2007, 01:26 Uhr
In Diantha klingen noch seine Worte darüber nach, dass er sie schon rein aus Stolz nicht einsperren würde und sie den Westflügel umgestalten kann, wie sie will. In ihrem Nacken prickelt die Haut, auf die er sie geküsst hat, als hätte er ein Feuer gelegt, das unaufhörlich knistert. Kurz muss sie sich auf die Lippen beißen um auf andere Gedanken zu kommen, sonst hätte sie ihm noch den Mund mit ihrem verschlossen, bevor er antworten kann, doch so bleibt sie ruhig in seinem Arm und wartet auf die Antwort.  >"Du weißt schon einiges"<, beginnt er und sie hört aufmerksam zu. >"Du warst in Blurraent dabei und du lebst seit fast einem Jahr bei uns. Du kennst mich als Lord Commander und du kennst mich als Vater der Zwillinge... und du hast gesehen, wie ich auf dem Waldweg Jamar und den Schwachsinnigen umgebracht habe.“< Bei diesen Worten kommen ihr die wilde Verfolgungsjagd in Blurraent in den Sinn, bei der sie ohne große Worte gut zusammen gearbeitet hatten und der Grundstein für das Vertrauen ineinander gelegt wurde. Nur zu gut kann sie sich daran erinnern, wie sie sich mit den störrischen Schnallen seines Kettenhemdes abgequält hatte, wie er ihr die Ochsenzunge gegeben und sie gewarnt hatte – was sie natürlich nicht ernst genug genommen hatte. Als wäre es gestern gewesen sieht sie Jamars zorniges Gesicht vor sich und hört das Kreischen im Hintergrund, als Olyvar den Schwachsinnigen getötet hatte. Oh und sie weiß noch sehr genau, wie es Olyvar nicht viel später gelungen war, Jamar dazu zu bringen, Shyada loszulassen und sich auf einen Zweikampf einzulassen – der für den Südländer tödlich geendet hatte. Ja, sie kennt beide Seiten von Olyvar, von Anfang an. >„Ich war immer ein Mann des Schwertes, Diantha. Ich bin..."< Als er ihre sanft mit dem Daumen über ihr Handgelenk streicht, schaut sie nachdenklich auf seine großen Hände hinab, die wer weiß wie vielen Leben ein Ende bereitet haben. . >„Normalerweise bin ich nicht grausam, aber ich kann brutal sein. Und rücksichtslos.“< Rücksichtslos? Für einen Moment schlägt Dianthas Herz schneller. Brutalität hat sie mehr gesehen als ihr lieb gewesen war, doch damit war leichter umzugehen als mit Rücksichtslosigkeit. Rohe Gewalt ist das eine doch mit gepaart mit dem Desinteresse für jegliche Form von Moral ist es eine nicht nur tödliche, sondern auch giftige Mischung. >„Als ich sechzehn Jahre alt war ging ich mit dreihundert anderen Freiwilligen als Söldner in die Räuberkriege an den sûrmerischen Grenzen, doch das waren nur wenige Scharmützel, ein, zwei Schlachten in der Wüste, und sie waren bald vorbei. Als ich zwei Jahre später nach Talyra zurückkehrte, schwor ich der Stadtgarde meinen Eid und wurde zum Lord Commander gewählt, das bin ich jetzt seit sieben Jahren.“ So lange ist er das schon…, denkt sie verwundert und fragt sich dann, wie alt Olyvar wohl ist. Nach dieser Rechnung mindestens fünfundzwanzig, allerdings wird er wohl nicht im selben Jahr den Eid geschworen und zum Oberhaupt der Steinfaust gewählt worden sein. Ihre Gedanken werden unterbrochen, als er abrupt das Thema wechselt. >„Conn und Fianryn... sie haben noch einen Halbbruder. Kizumu hatte bereits einen Sohn von einem ihrer früheren Gefährten, sein Name ist Ieras. Eigentlich lebt er hier in Talyra, aber er ist seiner Mutter wohl nachgereist. Und er ist... oh, nur ein wenig jünger als ich vielleicht."< Es ist nichts Neues, was Diantha da erfährt, nur dass Ieras so alt wie Olyvar ist, hätte sie nicht unbedingt erwartet. Dummkopf, die Mutter ist eine Elbin und damit wer weiß wie alt! Ihr Sohn könnte problemlos doppelt so alt wie Olyvar sein… Aber würde sich eine Unsterbliche, die schon ein paar Jahrhunderte erlebt hat, einen Sterblichen suchen? Wir sterben doch nach ihrem Verständnis wie Fliegen – nach Elbenmaßstäben werden Fianryn und Connavar noch jung sein, wenn Olyvar und ich sterben werden… Ganz offensichtlich hat dieser etwas auf dem Herzen, denn er verstummt in ein unangenehmes Schweigen, bis er endlich fortfährt: >„Ich halte mir keinen Henker. Früher gab es einen in Talyra, aber ich... Ich habe ihn abgeschafft. Ich glaube, dass ein Mann, der ein Urteil spricht, auch das Schwert führen soll. Also richte ich die Verurteilten selbst. Das bin ich ihnen schuldig. Das bin ich mir schuldig. Wenn ich jemandem das Leben nehmen muss, dann bin ich es ihm schuldig, ihm dabei in die Augen zu sehen und seine letzten Worte zu hören. Wenn ich das nicht kann, dann verdient er es vielleicht auch nicht zu sterben. Ich wollte nur, dass du... das weißt."<

Das ist schwere Kost, dennoch überrascht es Diantha nicht wirklich, wie sie verwundert feststellt. Wahrscheinlich wäre es normal für eine junge Frau sich davor zu ekeln, wenn sie herausfinden würde, dass ihr Geliebter in regelmäßigen Abständen Menschen das Leben nimmt. Aber die Immerfrosterin wird nur ganz still, denkt über das nach, was er gesagt hat und versucht sich ihre Antwort zurechtzulegen. „Keinen Henker“, wiederholt sie schließlich. „Weißt du, auf dem Weg nach Blurraent habe ich mich manchmal gefragt, wie jemand nur so perfekt wie du sein kann. Dann habe ich diese andere Seite an dir kennen gelernt, die, die ans Tageslicht kommt, wenn Siaíl Blut schmeckt. Es war merkwürdig, das hätte ich so nicht erwartet, es wirkte, als wärst du nicht mehr der Gleiche.“ Nachdenklich hält sie einen Augenblick inne und schaut nur vor sich hin. „Aber ich glaube diese Seite an dir war es, die mich dazu gebracht hat, dich nach einer Anstellung zu fragen. Ich weiß, das klingt jetzt merkwürdig, aber bei mir ist es doch letzten Endes auch so, dass es zwei Dianthas gibt. Ich habe auch getötet, zwar weil ich angegriffen wurde, dennoch habe ich dem Leben von$ Fremden ein Ende gesetzt und zwar ohne darüber nachzudenken, nur mit dem Gedanken zu überleben im Kopf.“ Wieder wandert ihr Blick zu Olyvars Händen, in denen ihre so viel kleineren liegen. „Meine Einstellung was Gewalt angeht mag … nicht so weit verbreitet sein und ich weiß auch nicht, ob du sie verstehen wirst. Ich habe unnötige Gewalt nie verstanden und daran wird sich auch nichts ändern, da ist es mir egal, ob das irgendwelche Schaukämpfe oder Tierkämpfe sind. Du weißt schon, so etwas wo Hunde oder andere Tiere scharf gemacht werden, man sie dann aufeinander hetzt und die Leute darum wetten, welcher gewinnen wird.“ Verständnislos schüttelt sie den Kopf bei dem Gedanken daran. „Aber in einigen Fällen kommt man mit freundlichem Gerede nicht weiter. Wenn ein Mensch einem anderen etwas antut, dann muss es Strafen geben und zwar welche, die er am eigenen Leib erfährt. Diesen einen Zwölfmond, den ich im Kerker verbracht habe, hatte ich auch verdient und ich habe ihn abgesessen.“ Ein Bekenntnis, das sie gehofft hatte nicht so plump machen zu müssen, doch er hatte ihre Andeutungen falsch verstanden, kein Wunder. „Wer sich gegen die Gesetze stellt weiß von Anfang an, was er tut und welches Risiko er eingeht, deshalb tun es die meisten Menschen ja auch nicht. Dafür um durchzusetzen, dass die Gesetze gehalten werden ist in Talyra die Steinfaust da und du bist der Lord Commander, also ist es eigentlich nur logisch, dass du die Beschlüsse auch durchführst.“ Diantha schaut ihm fest in die Augen als sie das sagt, auch wenn sie sich dafür aus der bequemen Umarmung lösen und halb umdrehen muss. Dann beißt sie sich auf die Unterlippe. „Übernimmst du auch die Auspeitschungen?“, fragt sie und sieht die Antwort in seinen grauen Augen, noch bevor er etwas sagt. „Gut, es mag durchaus seinen Sinn und Zweck haben und ist eine gute Abschreckung. Dennoch: Bei den Hinrichtungen kann der Verurteilte immer noch im gewissen Maß seine Ehre aufrechterhalten während bei einer Auspeitschung…“ Ein Hauch von Ekel steigt ihr ins Gesicht, verschwindet dann aber wieder. „Weißt du, das ist das gleiche wie in Blurraent. Ich würde dir nie einen Vorwurf wegen dem machen, was du mit Jamar getan hast, er hat sein Los verdient.“ Ihre Stimme ist bei diesen Worten vollkommen sicher, dann wird sie zögernd. „Aber was du dem … du nanntest ihn Schwachsinnigen … angetan hast… Ich weiß ja nicht, ob er sich gewehrt hat, ich habe ihn nur kreischen gehört. Wenn du ihn töten musstest, gut, aber warum dann so? Warum nicht möglichst kurz und schmerzlos?“ Eine Frage, die sie sich schon das ein oder andere Mal gestellt hat und mit der sie nie zu einem Ergebnis gekommen war. Es mag so gar nicht zu Olyvar passen, jemanden zu töten, der es nicht auch tatsächlich verdient hat, dennoch kann sie sich nicht vorstellen, dass ein Mann, der so schreit eine ernsthafte Gefahr sein kann. Es hatte damals fast wie das Schreien eines Kindes geklungen, was sie sofort ausgeblendet hatte und vergessen wollte, doch so ganz war es nicht gelungen. Wenn jetzt nicht die Gelegenheit ist um eine Antwort zu erfahren, dann wir sie wohl nie kommen, auch wenn eine solche Frage an einem so strahlenden Tag leicht grotesk wirkt.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 26. Apr. 2007, 22:54 Uhr
Er kann spüren, wie ihr Herz schneller schlägt, denn ihr Puls pocht unter seinen Fingern, doch sie bleibt äußerlich ruhig und hört ihm zu, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen, ohne zu erschauern, ohne sich abzuwenden. >Keinen Henker,< erwidert sie schließlich leise. >Weißt du, auf dem Weg nach Blurraent habe ich mich manchmal gefragt, wie jemand nur so perfekt wie du sein kann.< Das macht ihn für einen Herzschlag lang völlig sprachlos... perfekt?... und er blinzelt überrumpelt. >Dann habe ich diese andere Seite an dir kennen gelernt, die, die ans Tageslicht kommt, wenn Siaíl Blut schmeckt. Es war merkwürdig, das hätte ich so nicht erwartet, es wirkte, als wärst du nicht mehr der Gleiche.< Olyvar hält den Atem an und irgendwo in seinem Magen schlingt sich ein kleiner, kalter Knoten zusammen, auch wenn er jedes ihrer Worte nachvollziehen kann. Es ist wahr, er ist nicht mehr der Gleiche, wenn er Siaíl führt... und genauso ist es falsch, denn auch das ist ein Teil von ihm. Sogar ein wichtiger Teil, ohne den er einfach nicht der wäre, der er ist. Er versteht vollkommen, was sie meint und doch erfasst ihn die unbestimmte Angst, sie könnte diesen Teil von ihm nicht akzeptieren, sie könnte ihn vielleicht nicht lieben, wenn sie wirklich weiß, was er ist... oder wie er sein kann. >Aber ich glaube diese Seite an dir war es, die mich dazu gebracht hat, dich nach einer Anstellung zu fragen,< fährt sie fort. >Ich weiß, das klingt jetzt merkwürdig, aber bei mir ist es doch letzten Endes auch so, dass es zwei Dianthas gibt. Ich habe auch getötet, zwar weil ich angegriffen wurde, dennoch habe ich dem Leben von Fremden ein Ende gesetzt und zwar ohne darüber nachzudenken, nur mit dem Gedanken zu überleben im Kopf.< Olyvar nickt langsam und weiß im selben Moment, dass es für ihn keinen Unterschied macht. Er weiß, dass sie in ihrer Vergangenheit ein Leben auf der Straße und als Diebin geführt hat. Dass sie auch getötet hat, wusste er bis jetzt nicht, aber was seine Gefühle für sie angeht spielt es auch keine Rolle. Diantha ist eine Kämpfernatur, auch wenn sie in ihrem Inneren verletzlich sein mag, und sie ist stark... stark genug, um das zu tun, was notwendig ist, um zu überleben. >Meine Einstellung was Gewalt angeht mag ... nicht so weit verbreitet sein und ich weiß auch nicht, ob du sie verstehen wirst. Ich habe unnötige Gewalt nie verstanden und daran wird sich auch nichts ändern, da ist es mir egal, ob das irgendwelche Schaukämpfe oder Tierkämpfe sind. Du weißt schon, so etwas wo Hunde oder andere Tiere scharf gemacht werden, man sie dann aufeinander hetzt und die Leute darum wetten, welcher gewinnen wird.< Sie schüttelt leicht den Kopf und ihre blonden Locken ringeln sich auf ihre Schultern wie goldene Schlangen, einmal hierhin, einmal dorthin. "Nein, das verstehe ich wirklich nicht ganz, mo nighean bhan," antwortet er, aber in seiner Stimme schwingt ein Lächeln mit. Vielleicht ist das aber einer der entscheidenden Unterschiede zwischen Männern und Frauen. "Ich rede nicht von Tierkämpfen und auch nicht von den blutigen Spektakeln in einer Gladiatorenarena oder einer Kampfgrube. Aber wenn Männer... oder auch Frauen... freiwillig gegeneinander antreten und dabei ihre Kräfte messen, dann kann ich daran nichts Schlimmes finden. Es dient der Übung, der Achtung voreinander, dem fairen Wettstreit, es schult die Sinne und es macht Spaß. Man lernt sehr viel über sich und die eigenen Grenzen, und über die der anderen. Abgesehen von all dem, tut es manchmal schlicht und einfach gut, sich mit jemandem zu schlagen, selbst wenn es mit stumpfen Waffen und Holzschwertern geschieht, und es dabei um nichts anderes geht, als Wut loszuwerden."

>Aber in einigen Fällen kommt man mit freundlichem Gerede nicht weiter,< fährt Diantha unbeirrbar fort. > Wenn ein Mensch einem anderen etwas antut, dann muss es Strafen geben und zwar welche, die er am eigenen Leib erfährt. Diesen einen Zwölfmond, den ich im Kerker verbracht habe, hatte ich auch verdient und ich habe ihn abgesessen.< "Im Kerker?" Echot er leise und ihre Worte über das Eingesperrtsein bekommen plötzlich eine sehr viel komplexere Bedeutung. "Carson... warum?" Sie schüttelt nur sacht den Kopf, kein kategorisches "Nein", sondern schlicht die Erinnerung, dass es jetzt und hier gerade um ihn geht, nicht um sie. Ihre Aussage, sie hätte es verdient und die Konsequenzen auch getragen, engen ihm gleichzeitig die Brust ein und lassen ihn einen merkwürdigen Stolz auf sie empfinden. Diantha beschönigt nichts. Die meisten anderen hätten wohl versucht, eine Entschuldigung anzuführen, sich herauszureden oder die Tatsache gar nicht erst erwähnt, erst recht keinem Lord Commander einer Stadtgarde gegenüber, doch nicht sie. >Wer sich gegen die Gesetze stellt weiß von Anfang an, was er tut und welches Risiko er eingeht, deshalb tun es die meisten Menschen ja auch nicht. Dafür um durchzusetzen, dass die Gesetze gehalten werden ist in Talyra die Steinfaust da und du bist der Lord Commander, also ist es eigentlich nur logisch, dass du die Beschlüsse auch durchführst.< Sie windet sich kurz, aber nur, um sich zu ihm umzudrehen und entschlossen seinen Blick zu suchen. Er kann nicht glauben, was er da hört, aber sie scheint jedes Wort ernst zu meinen. Sie wirft es ihm nicht vor, im Gegenteil sie scheint ihn sogar sehr gut zu verstehen. Plötzlich verändert sich jedoch ihr Blick und ihr mit einem Mal seltsam wachsamer Gesichtsausdruck sollte ihn eigentlich vorwarnen, doch sie gräbt dabei ihre Zähne so bezaubernd in ihre Unterlippe, dass er nur noch auf ihren Mund starren kann und sehr versucht ist, ihr anzubieten, dass sie - wenn sie schon an jemandes Lippen saugen muss, um Mut zu schöpfen oder aus welchem Grund auch immer - herzlich gern seine nehmen darf. Ihre Frage holt ihn allerdings schlagartig auf den Boden der Tatsachen zurück. >Übernimmst du auch die Auspeitschungen?< Er sieht sie nur an, doch es genügt. "Aye." Auspeitschungen... Für einen Moment schließt er die Augen und seine Kiefer pressen sich so fest aufeinander, dass sich die Haut über seinen Wangenknochen spannt. In sieben Jahren hatte er allen Göttern sei Dank nur elf Auspeitschungen vornehmen müssen, doch er hatte keine einzige davon vergessen. >Gut, es mag durchaus seinen Sinn und Zweck haben und ist eine gute Abschreckung. Dennoch: Bei den Hinrichtungen kann der Verurteilte immer noch im gewissen Maß seine Ehre aufrechterhalten während bei einer Auspeitschung...< Die Abscheu in ihren Augen trifft ihn wie Kübel Eiswasser und sein Herz krampft sich schmerzhaft zusammen. Gleich würde sie sich von ihm abwenden. Gleich würde sie sich aus seinen Armen winden, aufstehen, ihn nur noch mit Widerwillen ansehen und ihm sagen, dass sie sich geirrt hat. Ah dhia... nicht... bitte nicht... Diantha wendet sich nicht ab. Sie steht auch nicht auf, sie bewegt sich überhaupt nicht. Sie bleibt in seinen Armen sitzen und sieht ihn nur an. Der Widerwille ist aus ihrem Blick verschwunden, der Ernst nicht. Es ist ihr wichtig. Du warst derjenige, der darauf bestanden hat, dass es grundlegende Dinge gibt, die einer vom anderen wissen sollte... erinnert er sich, und das hier ist zweifellos grundlegend. Grundlegender kann es gar nicht mehr werden.

>Weißt du, das ist das gleiche wie in Blurraent. Ich würde dir nie einen Vorwurf wegen dem machen, was du mit Jamar getan hast, er hat sein Los verdient.< Er kann das "Aber" schon in ihrer Stimme mitklingen hören, noch bevor sie es ausspricht, dennoch zögert sie ein, zwei Herzschläge lang. >Aber was du dem ... du nanntest ihn Schwachsinnigen... angetan hast... Ich weiß ja nicht, ob er sich gewehrt hat, ich habe ihn nur kreischen gehört. Wenn du ihn töten musstest, gut, aber warum dann so? Warum nicht möglichst kurz und schmerzlos?< Olyvar holt tief Luft und sieht eine ganze Weile nur auf ihre ineinander verflochtenen Finger. Er hatte ihr Ehrlichkeit versprochen, und ehrlich würde er sein. "Auspeitschung ist eine schwere Strafe. In Talyra wird sie nur verhängt, wenn der Schuldige etwas wirklich Niederträchtiges getan hat." Das ist ein schwacher Trost, aber immerhin, es ist einer. "Vergewaltigung einer Frau oder eines Kindes. Misshandlung, brutaler Raub... solche Dinge." Er schließt die Augen, als könne er so die Bilder aus seinen Gedanken vertreiben, aber natürlich gelingt es ihm nicht. Seine Worte klingen selbst in seinen eigenen Ohren wie eine Rechtfertigung, aber das ist gar nicht seine Absicht. Er hat seine Gründe. Er hat sogar gute Gründe, so abwegig das auch klingen mag. "Ich nehme die Auspeitschungen aus dem gleichen Grund selbst vor, aus dem ich mich auch nicht hinter einem bezahlten Henker verstecke, Diantha, weil ich muss. Wenn ich es nicht tun würde, dann täte es jemand anderes. Jemand, der vielleicht Spaß daran hat und das kann ich nicht zulassen. Wenn ich einen Mann auspeitsche, ganz gleich, wessen er sich schuldig gemacht hat, dann tue ich was ich tun muss, nicht weniger... aber auch nie mehr." Er öffnet die Augen und sucht ihren Blick, hält sich an diesem himmeltiefen Blau fest und kann nur beten, dass sie ihn versteht. "Ich habe keine Freude daran." Er holt tief Luft. "Aber ich kenne genug bezahlte Schinder, die damit prahlen, einem Verurteilten mit jedem Schlag das Fleisch von den Knochen zu fetzen, die Nägel in die Schnüre ihrer Katzen einflechten, die in die Nieren schlagen oder mit Absicht die ohnehin schon aufgeplatzten Stellen prügeln. Das ist keine Strafe, sondern Grausamkeit. Wenn ich sicher sein will, dass ein Verurteilter bekommt, was er verdient, aber nur das, dann muss ich es selbst tun. Ich fühle mich vor einer Auspeitschung jedes Mal erbärmlich. Ich fühle mich währenddessen erbärmlich und danach noch mehr, falls das überhaupt möglich ist. Glaub mir, ich würde mir das liebend gern ersparen, aber ich kann nicht, denn in diesem Punkt kann ich nur mir selbst über den Weg trauen. Ein Schinder kann mir hundert Mal erzählen, dass er nur sein Handwerk tut und nichts dabei empfindet, aber ich könnte mir nie sicher sein. Und bei den wenigen, von denen ich wüsste, dass sie es ebenso verabscheuen würden, wie ich es tue... Vareyar, Colevar oder auch Rhordri..." er zuckt vage mit den Schultern, eine hilflose, kleine Geste. "Sie alle haben mir schon angeboten, die Peitsche für mich zu übernehmen, wenigstens hin und wieder. Sie wissen genau, wie es mir damit... geht. Aber gerade, weil ich weiß, dass sie sich dabei ganz genauso fühlen würden, wie ich... wie könnte ich ihnen das antun?" Sein Blick irrt durch ihren auf der Suche nach... ja, nach was? Verständnis ist schon viel verlangt, Absolution geradezu vermessen, aber dennoch wünscht er sie sich. Genau genommen wünscht er sich in diesem Augenblick nichts mehr, als dass sie ihn in ihre Arme ziehen und halten würde wie ein Kind. Er braucht ihren Trost, aber noch mehr braucht er ihr Verständnis.  


"Der Mann in Blurraent..." Ihre Frage hallt wieder durch seinen Kopf. Wenn du ihn töten musstest, gut, aber warum dann so? Warum nicht möglichst kurz und schmerzlos? "Ich habe ihn kurz und schmerzlos getötet, Diantha... so kurz und schmerzlos wie es ging. Er hat nicht deswegen so geschrieen, sondern..." er fährt sich mit der Hand über Augen, Stirn und Haar. Dann erzählt er ihr, was während des Kampfes auf dem Waldweg geschehen war. Er erzählt ihr alles, er verschweigt ihr nichts und lässt nichts aus. Er hatte in den letzten Monden immer wieder über diesen Kampf und den Tod des Mannes nachgedacht, hatte es mit sich selbst abgehandelt und irgendwann gelernt, damit umzugehen. Doch es geht ihm nach wie vor nahe und das würde es vermutlich immer tun, solange er lebt. Darüber gesprochen hatte er bisher mit niemandem, nicht einmal mit Rhordri, und es jetzt zu tun ist schwierig, aber auch erleichternd. Seine Stimme ist ruhig und sehr beherrscht, doch in seinem Inneren gerät etwas in Bewegung... und welche Worte er auch findet, sie klingen alle unzureichend. "Ich wusste nicht, dass er schwachsinnig war, bis es zu spät war. Ich wusste es einfach nicht. Es ging alles so schnell... zu schnell vielleicht. Aber in einem Kampf kannst du nicht darauf warten, dass dir dein Gegner erst artig die Hände zeigt, bevor du etwas tust, sonst bist du tot. Er - der Mann - war gerade dabei, sich aufzurappeln, als der Oger und ich aus dem Wald gestürzt kamen. Jamar griff euch am Wagen an, der andere Südländer war sofort mit Achim in einen Kampf verwickelt, also kümmerte ich mich um... Ich riss mein Schwert hoch, als er den Arm hob, aus reinem Reflex, weil ich dachte, er würde mich angreifen, etwas nach mir werfen oder einen Dolch von unten nach oben führen. Ich war schneller als er, ich traf ihn und... Siaíl ist aus Drachenstahl, Diantha, hundertmal schärfer als die schärfste Klinge, die du dir vorstellen kannst. Ich schlug ihm die Hand ab, deshalb hat er so geschrieen." Olyvars Blick geht ins Leere, als würde er wieder den schattigen Waldweg vor sich haben, das entsetzte Gesicht von Jamars Handlanger, das Blut, das in Fontänen aus dem Stumpf geschossen war. "Erst dann habe ich gesehen, dass er überhaupt keine Waffe in den Händen hielt, und einen Moment später dann auch, dass er... zurückgeblieben war. Ihr habt am Wagen mit Jamar gerungen, Achim mit dem anderen Südländer. Ich musste zu euch, ich hatte keine Zeit zu verlieren und ich wusste, dass wir nicht mehr das Geringste für ihn hätten tun können, also habe ich ihn getötet. Hätte ich es nicht getan, wäre er verblutet oder am Schock gestorben und wir hätten die ganze Zeit das Risiko eines weiteren Gegners in unserem Rücken gehabt, schwachsinnig oder nicht. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich habe ihn nicht gern getötet, aber wenn ich noch einmal in einer solchen Lage vor derselben Entscheidung stünde, würde ich es wieder tun. Das ist es, was ich mit rücksichtslos gemeint habe, Diantha. Manchmal muss man grausame Entscheidungen treffen, weil einem einfach keine andere Wahl bleibt."

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Diantha am 27. Apr. 2007, 21:33 Uhr
Olyvar reagiert erstaunlich ruhig auf das Eingeständnis, dass sie getötet hat und sie kann in seinen Augen sehen, dass es ihm zwar nicht egal ist, aber keinen Einfluss auf seine Gefühle für sie hat. So ganz selbstverständlich ist das nicht, schließlich ist er der Lord Commander Talyras und stellt gerade fest, dass er eine potentielle Mörderin liebt. Auf ihre Erklärung, was für eine Einstellung sie gegenüber Gewalt und Spaß hat, antwortet er mit einer erstaunlich warmen Stimme: >"Nein, das verstehe ich wirklich nicht ganz, mo nighean bhan. Ich rede nicht von Tierkämpfen und auch nicht von den blutigen Spektakeln in einer Gladiatorenarena oder einer Kampfgrube. Aber wenn Männer... oder auch Frauen... freiwillig gegeneinander antreten und dabei ihre Kräfte messen, dann kann ich daran nichts Schlimmes finden. Es dient der Übung, der Achtung voreinander, dem fairen Wettstreit, es schult die Sinne und es macht Spaß. Man lernt sehr viel über sich und die eigenen Grenzen, und über die der anderen. Abgesehen von all dem, tut es manchmal schlicht und einfach gut, sich mit jemandem zu schlagen, selbst wenn es mit stumpfen Waffen und Holzschwertern geschieht, und es dabei um nichts anderes geht, als Wut loszuwerden."< Diantha nickt und fährt sacht mit der Hand über seine. „Einerseits weiß ich das, andererseits … Manchmal ist die Grenze fließend. In dem Dorf, in dem ich lebte gab es ein Brüderpaar, sie gehörten zu unseren besten Jägern, konnten aber auch mit Schwertern für einfache Dörfler recht gut umgehen, zu Festen haben sie öfters Schaukämpfe veranstaltet. Eines Morgens hat man sie beide in ihrem Blut gefunden, sie haben sich gegenseitig mit besoffenem Kopf umgebracht. Auf der Straße habe ich so etwas auch wieder gesehen, eben war es noch ein Kräftemessen unter Freunden, plötzlich ist es tödlicher Ernst. Sogar unter Kindern gibt es so etwas, stundenlang haben sie miteinander Ritter gespielt und auf einmal fängt der eine an auf den anderen einzuschlagen, bis der sich nicht mehr regt. Wenn man das Kind dann später fragt warum, weiß es das selber nicht, es ist als ob sich der menschliche Verstand in manchen Situationen einfach ausschaltet und man kann sich nie sicher sein, wann so ein Zeitpunkt kommt. Das ist mein Problem bei solchen Kämpfen, mit diesem Hintergrund kann ich so etwas einfach nicht lustig finden. Vielleicht ist das bei gelehrten Kämpfern anders, das kann ich nicht beurteilen, vielleicht lernen sie, diese Schwelle zu kontrollieren, aber deshalb ist für mich das Kräftemessen unter Laien immer nicht so ganz risikolos, verstehst du das?“ Diantha will, dass er es nachvollziehen kann, denn in Immerfrost hatte man sie die wenigen Male ausgelacht, die sie versucht hatte, es zu erklären. Das waren doch nur unglückliche Zufälle, so etwas passiert normalerweise nicht. Verweichlichst du uns noch oder was?, hatte man zu ihr gesagt und sie hatte gelernt den Mund zu halten, wie in so vielen Fällen. Besser man sagt nichts, als dass man später als Schwächling dasteht, da hat man selbst als Diebin auf gewisse Art und Weise noch einen besseren gesellschaftlichen Stand.
Auch auf ihr recht plumpes Bekenntnis, dass sie im Gefängnis war, reagiert er unerwartet gelassen und seine Frage nach dem Warum lässt er glücklicherweise zunächst fallen, Diantha weiß aber sehr genau, worauf sie sich da eingelassen hat. Irgendwann wird sie ihm ihre Geschichte erzählen müssen und zwar nicht nur einen Teil, sondern alles. Erstaunlicherweise findet sie in seinem Blick keine Herablassung, er scheint wirklich zu akzeptieren, dass sie nicht nur eine kleine Diebin war, die dann und wann mal ein Stück Obst auf dem Markt hat mitgehen lassen. Etwas, das sie bei seinem Rang immer noch verwundert. Als sie ihm erklärt, warum es ihrer Meinung nach logisch ist, dass er die Todesstrafe durchführt, bemerkt sie etwas wie Verwunderung in seinem Blick, was sie ein wenig die Augenbraue hochziehen lässt. Eine Diebin darüber reden zu hören, dass Gesetze durchaus ihren Sinn haben mag ja auf den ersten Blick komisch erscheinen. Auf den Zweiten ist es aber mehr als logisch, denn gerade ich habe doch gelernt, was Menschen im Untergrund miteinander machen, wenn das Gesetz des Stärkeren über allem anderen steht und ich habe es nie gut oder richtig gefunden. Mit dem Thema Auspeitschungen scheint sie einen Schwachpunkt getroffen zu haben, denn für einen Moment schließt er die Augen und beißt die Zähne so fest aufeinander, dass sie sie leise knirschen hören kann. Auch der Vorfall in Blurraent scheint nichts zu sein, über das es ihm leicht fällt zu reden, denn er bleibt zunächst still, was sie bisher bei einem Gespräch mit ihm nur sehr selten erlebt hat. Schließlich beginnt er doch zu reden: >"Auspeitschung ist eine schwere Strafe. In Talyra wird sie nur verhängt, wenn der Schuldige etwas wirklich Niederträchtiges getan hat. Vergewaltigung einer Frau oder eines Kindes. Misshandlung, brutaler Raub... solche Dinge."< Diese Worte aus Olyvars Mund verwundern Diantha. Es ist schon klar, dass niemand ausgepeitscht wird, ohne dass er etwas wirklich Schreckliches getan hat und hoffentlich auch nur dann, wenn seine Schuld bewiesen ist. Muss er sich das selbst ins Bewusstsein rufen um damit zurecht zu kommen? Mein Problem bei der ganzen Sache ist, dass Mördern erlaubt wird zumindest vor der breiten Masse einen Rest von Ehre zu behalten, während Räubern oder Vergewaltigern diese Möglichkeit genommen wird. Jedenfalls kenne ich einige Leute, die lieber ehrenvoll sterben als ohne Ehre weiterzuleben. Für die ist dann eine Bestrafung als Mörder nicht so schlimm wie die als … Räuber oder … Oh Gott, Kindervergewaltiger? Wie kann nur ein Mensch so etwas tun? Sofort wird Dianthas Blick zu den Zwillingen gezogen, die nicht allzu weit weg im Gras sitzen und leise miteinander plappern. Wenn jemand ihnen so etwas antun würde…… dann würdest du wollen, dass er dafür leidet und zwar am Beste in aller Öffentlichkeit, genauso wie du Riku dafür umbringen wolltest, was er mit deinem Kind getan hat. Diese Erkenntnis ist wie ein Faustschlag in die Magengrube. Wie war das eben noch mit meiner Einstellung zu Gewalt? Aber bei Menschen, die ich liebe und beim Schutz meines Lebens hört meine Abneigung ihr gegenüber auf, ganz besonders wenn es um Kinder geht. Wie kann ich irgendeiner Mutter verwehren, dass sie sehen will, wie der Peiniger ihres Kinds leidet? Sie schaut zurück zu Olyvar, der noch immer die Augen geschlossen hält.

Als er sich gesammelt hat, beginnt er zu erzählen. >"Ich nehme die Auspeitschungen aus dem gleichen Grund selbst vor, aus dem ich mich auch nicht hinter einem bezahlten Henker verstecke, Diantha, weil ich muss. Wenn ich es nicht tun würde, dann täte es jemand anderes.“< Wäre das nicht besser für dich?, fragen ihre Augen und er redet weiter: >„Jemand, der vielleicht Spaß daran hat und das kann ich nicht zulassen. Wenn ich einen Mann auspeitsche, ganz gleich, wessen er sich schuldig gemacht hat, dann tue ich was ich tun muss, nicht weniger... aber auch nie mehr."< Jemand, der vielleicht Spaß daran hat? Was sollen das für Menschen sein? Dass man voller Groll und Hass will, dass jemand, der einem selbst oder jemandem, den man liebt etwas angetan hat, dafür bestraft wird, verstehe ich, aber das hat nicht das Geringste mit Spaß zu tun! Es ist doch merkwürdig, kein Tier dieser Welt würde sich daran erfreuen einen Artgenossen, der ihm selbst nichts getan hat, leiden zu sehen. Was ist da nur in der menschlichen Natur, das Spaß an der Qual Anderer überhaupt zulässt? Vorsichtshalber setzt sie die häufig benutzte gefühlsstarre Maske aus Vergangenheit auf, da er noch längst nicht fertig zu sein scheint und ganz sicher kein Gegenüber mit einem vor Ekel verzerrten Gesicht gebrauchen kann. >"Ich habe keine Freude daran."<, fährt er kurz darauf fort. Das hatte sie gehofft, wenn es nicht so gewesen wäre, dann hätte sie nicht gewusst, ob sie ihr Leben mit ihm teilen könnte. >"Aber ich kenne genug bezahlte Schinder, die damit prahlen, einem Verurteilten mit jedem Schlag das Fleisch von den Knochen zu fetzen, die Nägel in die Schnüre ihrer Katzen einflechten, die in die Nieren schlagen oder mit Absicht die ohnehin schon aufgeplatzten Stellen prügeln.“< Jetzt kann sie ihre Maske gebrauchen, die ihr hilft nicht aufzuspringen und ihn zu bitten, aufzuhören darüber zu reden oder sich die Ohren zuzuhalten. Eigentlich will sie es so detailliert gar nicht wichtig, innerlich windet sie sich unter seinen Worten, aber es ist ihm wichtig und so hört sie einigermaßen gefasst zu. >„Das ist keine Strafe, sondern Grausamkeit.“< Ohne weiter darüber nachzudenken nickt sie, das ist wirklich pure Grausamkeit, Spaß am Leid Anderer. >„Wenn ich sicher sein will, dass ein Verurteilter bekommt, was er verdient, aber nur das, dann muss ich es selbst tun. Ich fühle mich vor einer Auspeitschung jedes Mal erbärmlich. Ich fühle mich währenddessen erbärmlich und danach noch mehr, falls das überhaupt möglich ist. Glaub mir, ich würde mir das liebend gern ersparen, aber ich kann nicht, denn in diesem Punkt kann ich nur mir selbst über den Weg trauen. Ein Schinder kann mir hundert Mal erzählen, dass er nur sein Handwerk tut und nichts dabei empfindet, aber ich könnte mir nie sicher sein.“[/i]< Diese Erklärung wirft natürlich ein ganz anderes Licht auf die Situation und stellt sie auf eine Art und Weise da, die Diantha gar nicht erst in den Sinn gekommen wäre. >„Und bei den wenigen, von denen ich wüsste, dass sie es ebenso verabscheuen würden, wie ich es tue... Vareyar, Colevar oder auch Rhordri..."< Sein hilfloses Schulterzucken schnürt ihr das Herz zu. >"Sie alle haben mir schon angeboten, die Peitsche für mich zu übernehmen, wenigstens hin und wieder. Sie wissen genau, wie es mir damit... geht. Aber gerade, weil ich weiß, dass sie sich dabei ganz genauso fühlen würden, wie ich... wie könnte ich ihnen das antun?"< Bei seinem nach Hilfe suchenden Blick nach diesen Worten füllt sich Dianthas Herz mit Zärtlichkeit. Sie versteht ihn, oh ja, aus ganzem Herzen. Es ist eine riesige Last, die er sich da auf den Rücken lädt, die sein Inneres zerfrisst, die er aber auch nicht an jemanden abgeben will, weil er weiß, dass es die einzigen geeigneten Personen genauso belasten würde wie ihn. Das ist der Olyvar, den sie kennen und lieben gelernt hat und der so gar nicht zu dem Mörder des wie ein Kind Kreischenden in Blurraent passen will. Einerseits will sie ihn einfach in ihre Arme ziehen, das Verständnis geben, das er zu brauchen scheint, andererseits brennt es ihr unter den Fingernägeln zu erfahren, wieso er bei dem Schwachsinnigen so anders gehandelt hat.

Eben dieses Bedürfnis scheint er in ihren Augen zu lesen, denn kurz darauf fährt er fort: >"Der Mann in Blurraent... Ich habe ihn kurz und schmerzlos getötet, Diantha... so kurz und schmerzlos wie es ging. Er hat nicht deswegen so geschrieen, sondern..."< Leise erzählt er ihr all das, was damals geschehen ist, wie er dem Schwachsinnigen die Hand abgeschlagen hat, weil er dachte, dass dieser bewaffnet wäre. Auch wenn seine Stimme sehr ruhig ist, so ist doch leicht in seinem Gesicht zu sehen, wie nah es ihm nach wie vor geht. >„Ich musste zu euch, ich hatte keine Zeit zu verlieren und ich wusste, dass wir nicht mehr das Geringste für ihn hätten tun können, also habe ich ihn getötet. Hätte ich es nicht getan, wäre er verblutet oder am Schock gestorben und wir hätten die ganze Zeit das Risiko eines weiteren Gegners in unserem Rücken gehabt, schwachsinnig oder nicht. Ich habe lange darüber nachgedacht. Ich habe ihn nicht gern getötet, aber wenn ich noch einmal in einer solchen Lage vor derselben Entscheidung stünde, würde ich es wieder tun.“<, schließt er seine Erzählung und Diantha fällt ein Stein vom Herzen. Dies Erklärung räumt all die Zweifel aus, die sie in dieser Beziehung gehabt hat, er ist wirklich nicht grausam. >„Das ist es, was ich mit rücksichtslos gemeint habe, Diantha. Manchmal muss man grausame Entscheidungen treffen, weil einem einfach keine andere Wahl bleibt."< Für einen Moment erstarrt sie, sein letzter Satz lässt etwas in ihr anklingen, woran sie sich nun wirklich nicht erinnern will. Es gibt einfach keinen anderen Ausweg, das musst du verstehen, nun schau nicht so, du weißt, dass es stimmt! Kurz sieht sie durch Olyvar hindurch, dann wandert ihr Blick zu ihm zurück und sie zieht ihn endlich sanft in ihre Arme. „Jetzt versehe ich, dass du die Peitsche nimmst“, flüstert sie leise. „Es ist das einzig richtige, auch wenn es mir weh tut zu sehen, wie du darunter leidest.“ Liebevoll streicht sie ihm über den Rücken, als sie fortfährt: „Und jetzt ergibt es auch einen Sinn, warum der Schwachsinnige so geschrieen hat. Ich hatte ein wenig Angst, dass du doch irgendwo etwas in dir hast, das sich am Leid anderer erfreut, aber jetzt weiß ich, dass es nicht so ist. Du bist der Mann, in den ich mich verliebt habe und nicht nur eine Wunschgestalt, hinter der in Wahrheit Abgründe stecken, die ich nicht sehen wollte.“ Ihre Stimme ist voller Liebe und einer Art Zufriedenheit, als sie das sagt, dann wird sie aber etwas kälter. „Nur dein letzter Satz… Grundsätzlich stimmt er“, versichert sie. „Aber damit kann man sich auch aus Schwierigkeiten herausreden und Sachen rechtfertigen, bei denen das einfach nicht richtig ist, das habe ich am eigenen Leib erfahren.“ Es ist kein Vorwurf, sondern eine Feststellung, was sie sagt und kurz lässt sie ihn los um ihm in die Augen zu sehen, während sie versucht nicht zu viel von dem alten Schmerz in ihnen liegen zu lassen. „Meistens gibt es einen anderen Ausweg als Grausamkeit. So wie du es erzählt hast, verstehe ich, was du in Blurraent getan hast und dass du es wieder tun würdest. Aber in anderen Fällen ist das nicht so, besonders was Kinder angeht.“ Sie bezweifelt, dass er den plötzlichen Sprung verstehen wird und so setzt sie zögernd noch hinzu: „Manchmal muss man grausame Entscheidungen treffen, das ist richtig, aber man darf nie vergessen, dass es Dinge gibt, die man unbedingt beschützen muss und das sind vor allem Kinder. Selbst bei Alten und Kranken wie dem Schwachsinnigen kann man Einschränkungen machen, aber wäre an seiner Stelle tatsächlich ein Kind gewesen…“ Sie führt den Satz nicht zu Ende, sondern hält kurz inne. „Du musst wissen… Nur Kinder sind es, die ich unvoreingenommen lieben kann und es war ein Kind, um dessen Willen ich am meisten gehasst habe, auch wenn ich es nie in meinen Armen halten konnte. Ich … irgendwann erzähle ich dir … die ganze Geschichte, aber dazu brauche ich mehr Ruhe, mehr Zeit und vor allem Uisge.“ Bei ihren letzten Worten ringt sie sich ein kleines Lächeln ab, doch es mag nicht so ganz gelingen und in ihren Augen liegt die Bitte, es vorläufig dabei zu belassen, auch wenn sie sich nicht sicher ist, ob er das kann.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 28. Apr. 2007, 10:08 Uhr
Als er endet, zuckt Diantha zusammen, als hätte er doch noch etwas gesagt oder getan, dass sie entsetzt, und für ein, zwei Herzschläge sieht sie direkt durch ihn hindurch, als sei er Luft oder aus Glas. Doch dann schärft sich ihr Blick wieder und sucht seinen, im selben Moment, als sie die Arme nach ihm ausstreckt und ihn an sich zieht. Olyvar hält sie fest und lässt sich von ihr halten und spürt die Anspannung, die die ganze Zeit über in ihm gefangen war, aus seinen verkrampften Muskeln rinnen wie Wasser aus einem Krug. Sie hatte ihm mit einem so unergründlichen Gesichtsausdruck gelauscht, dass er beim besten Willen nicht hatte sagen können, was sie von seinen Worten hält, während er seine Maske ihr gegenüber längst abgelegt hat. Aber sie war nicht davongelaufen. Sie hatte sich nicht vor ihm zurückgezogen und sie hatte ihn nicht verdammt. Er hatte ihr alles erzählt und sie ist immer noch hier, kniet vor ihm im weichen Frühlingsgras und hält ihn fest an sich gedrückt. A cuisla mo cridhe. Das, wonach er sich sein ganzes Leben lang gesehnt hatte, was er mit Kizumu jedoch einfach nicht finden konnte, weil sie in jeder Beziehung die Falschen füreinander gewesen waren und auch mit keiner Frau vor ihr... Diantha könnte es sein. >Jetzt verstehe ich, dass du die Peitsche nimmst. Es ist das einzig richtige, auch wenn es mir weh tut zu sehen, wie du darunter leidest.< Ihre Worte lassen ihn wieder freier atmen und er spürt ungeheure Erleichterung in sich aufsteigen. >Und jetzt ergibt es auch einen Sinn, warum der Schwachsinnige so geschrieen hat. Ich hatte ein wenig Angst, dass du doch irgendwo etwas in dir hast, das sich am Leid anderer erfreut, aber jetzt weiß ich, dass es nicht so ist. Du bist der Mann, in den ich mich verliebt habe und nicht nur eine Wunschgestalt, hinter der in Wahrheit Abgründe stecken, die ich nicht sehen wollte.< Sie spricht mit großer Überzeugung und ihre Worte sind Balsam für sein Herz, aber sie schrecken ihn auch auf. "Diantha... nein, hör mir zu. Ich bin nicht perfekt, mo nighean bhan... mo nighean mhaiseach bhan..." Olyvar legt seine Hand an ihr Gesicht und streicht mit dem Daumen über ihren Mund. "Ich will nicht, dass du irgendwelche Zweifel über mich hast. Ich bin nur ein Mensch und ich habe mit Sicherheit Abgründe... so wie jeder, aye?" Fährt er leise fort. Ich empfinde keine Freude daran, andere leiden zu sehen oder leiden zu lassen und ich bin auch nicht unnötig grausam, aber ich bin ein Krieger." Und der Daseinszweck eines Kriegers ist das Töten. "Ich töte weder wahllos, noch wenn es sich vermeiden lässt, aber ich würde lügen, wenn ich behauptete, das Kämpfen oder das Töten zu verabscheuen. Wenn es so wäre, dann wäre ich ein Gelehrter geworden. Ich bin durchaus manchmal blutrünstig. Und du bist es auch... oder du kannst es sein." Sie hatte getötet. Er weiß, dass sie Gründe dafür gehabt haben muss, aber sie hatte es getan, sie ist dazu fähig. Und er hatte sie beim Kampf gegen Jamar erlebt... warum auch immer Aswhang den Südländer letztlich nicht erschossen hatte, so wie sie es eigentlich hätte tun sollen, der einzige Grund, warum Diantha Jamar nicht ein paar Wurfsterne verpasst hatte, war der, dass er im Weg gestanden war.  "Und ich sage dir noch etwas..." er legt den Kopf leicht schräg und sieht sie an. "Du würdest mich gar nicht wollen, wenn ich ein zahmes Schoßhündchen wäre, nach eil?" >Nur dein letzter Satz... Grundsätzlich stimmt er...< versichert sie und gibt ihrem Gespräch eine neue Richtung. >Aber damit kann man sich auch aus Schwierigkeiten herausreden und Sachen rechtfertigen, bei denen das einfach nicht richtig ist, das habe ich am eigenen Leib erfahren.<

Sie rückt ein Stück von ihm ab, um ihm in die Augen zu sehen und er sieht, wie sie um Beherrschung ringt. >Meistens gibt es einen anderen Ausweg als Grausamkeit. So wie du es erzählt hast, verstehe ich, was du in Blurraent getan hast und dass du es wieder tun würdest. Aber in anderen Fällen ist das nicht so, besonders was Kinder angeht.< "Was Kinder... natürlich nicht," erwidert er schlicht und sein Blick wird fragend. Einen Moment lang weiß er wirklich nicht, worauf sie hinaus will. Der Mann den er getötet hatte, mag geistig zurückgeblieben gewesen sein, aber er war kein Kind. >Manchmal muss man grausame Entscheidungen treffen, das ist richtig, aber man darf nie vergessen, dass es Dinge gibt, die man unbedingt beschützen muss und das sind vor allem Kinder. Selbst bei Alten und Kranken wie dem Schwachsinnigen kann man Einschränkungen machen, aber wäre an seiner Stelle tatsächlich ein Kind gewesen...< sie bricht ab und er schluckt hart. "Du glaubst doch nicht, dass ich ein Kind getötet hätte? Diantha, wenn es ein Kind gewesen wäre, hätte ich das gesehen. Der einzige Grund, dass ich den Mann überhaupt angegriffen habe, war, dass ich nicht wusste und es ihm auch nicht auf den ersten Blick anzumerken war, dass er... schwachsinnig war." Sie schüttelt hastig und heftig den Kopf, als hätte er sie vollkommen missverstanden. >Du musst wissen... Nur Kinder sind es, die ich unvoreingenommen lieben kann und es war ein Kind, um dessen Willen ich am meisten gehasst habe, auch wenn ich es nie in meinen Armen halten konnte. Ich ... irgendwann erzähle ich dir ... die ganze Geschichte, aber dazu brauche ich mehr Ruhe, mehr Zeit und vor allem Uisge.< "Ah dhia..." Er hatte sie falsch verstanden, sie hatte eben überhaupt nicht von ihm gesprochen, sondern über sich. Es war ein Kind... um dessen Willen ich am meisten gehasst habe... es war ein Kind... nur Kinder sind es, die ich unvoreingenommen lieben kann... es war ein Kind... es nie in meinen Armen halten konnte... es war ein Kind. All die kleinen Puzzlestückchen, ihre Worte und die wenigen, versteckten Andeutungen, die sie schon in diese Richtung gemacht hatte, setzen sich in seinem Kopf zu einem Gedanken zusammen, der sich ihm sämtliche Nackenhaare sträuben lässt. Sie hatte ein Kind und sie hat es verloren... oder... Diantha versucht sich tapfer an einem Lächeln, doch es gerät bestenfalls zur schalen Karikatur eines solchen. "Psst. Komm her." Diesmal ist er es, der sie an sich zieht, sie festhält und sie wiegt wie ein Kind, das Trost und Nähe braucht. "Schsch... tàlaidh, tàlaidh, mo cridhe... Schon gut, du musst jetzt nicht darüber sprechen, wenn du nicht willst oder kannst." Sie hatte ein Kind... ein Kind... Eine ganze Weile hält er sie einfach nur fest, stützt sein Kinn auf ihr weiches Haar und sieht gedankenverloren ins Tal hinab. Die Zwillinge sind ein Stückchen weiter unten am Ufer des kleinen Rinnsals immer noch mit sich selbst beschäftigt und Bayvard grast friedlich in der Nähe, Olyvar kann das rhythmische Rupfen und Kauen des Hengstes hören. Dann fällt ihm etwas ein, ein Gedanke, der ihm heute schon einmal durch den Kopf gegangen war, gerade, als sie sich in seinen Armen ein wenig entspannt. Sie hat sich an seinem Körper zusammengerollt wie vorhin sein Sohn, den Kopf an seine Brust gelegt und die Beine angezogen.

"Diantha... ich will bestimmt nicht an alten Wunden rühren, aber... Math dh' fhaodteadh..." einen Moment lang sucht er nach den richtigen Worten. "Eines muss ich dir sagen. Wir hatten nicht vor, miteinander im Bett zu landen..." jetzt schleicht sich doch ein Lächeln auf sein Gesicht, "ahm... in Ordnung, das war eine Lüge, wir hatten vor, miteinander im Bett zu landen. Ich wollte dich in meinem Bett haben, ich will es nach wie vor und du wolltest es auch. Was ich meine ist, es war nicht... nicht geplant. Wir haben nichts getan, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Ich will es nicht beschreien, aber es wäre möglich, dass du ein Kind erwartest." Er drückt einen Kuss in ihr Haar, atmet den Geruch nach Sommer und versucht ziemlich erfolglos, von dieser Vorstellung nicht allzu entzückt zu sein. Ifrinn, das darf doch wohl nicht wahr sein... komm wieder auf die Erde zurück! Sie stehen erst am Anfang, er kann kaum nach einer einzigen Nacht von ihr erwarten, dass sie auf der Stelle ein Dutzend Babys von ihm haben will. Die Vorstellung erweist sich allerdings als ziemlich unwiderstehlich. "Ich wollte immer Kinder, Diantha. Ich weiß, es ist früh, aber es wäre nun einmal möglich und wenn es so ist, dann ist es eben jetzt so. Wenn du feststellst, dass du schwanger bist, dann musst du es mir sagen, aye? Versprich es mir."





Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Diantha am 29. Apr. 2007, 03:29 Uhr
Statt eine genau Erklärung zu fordern, zieht Olyvar sie nur in seine Arme und murmelt in ihr Haar, dass sie jetzt nicht darüber reden muss. Diantha vergräbt das Gesicht an seiner Brust, krallt sich an seinem Hemd fest und kostet das lange gewünschte Gefühl von Halt, Halt in jeder Gemütslage und nicht nur, wenn man glücklich ist. Miteinander das teilen, was einen am meisten schmerzt, was wie gärende Wunden auf dem eigenen Herzen liegt und es von dem Geliebten zumindest mit Verständnis verbinden lassen. Tja, wer hätte gedacht, dass gerade ich unausstehliches Biest genau das kriege? Verdient habe ich es mir wohl kaum… Trotzdem breitet sich in ihr eine Wärme aus, die sie so schon lange nicht mehr kennt. Bedingungsloses Vertrauen? Kann ich das noch? Der Wärme in ihr nach zu urteilen schon. Mach dir doch nichts vor, Liebe ohne Vertrauen ist unmöglich und da du ihn liebst, musst du ihm vertrauen und wirst es auch, egal wie sehr du dich im Moment dagegen zu sträuben versuchst. Eine merkwürdige Erkenntnis, von der Diantha nicht so ganz weiß, ob sie sich nun darüber freuen soll oder nicht.
Es ist Olyvars zögernde Stimme, die ihre Gedanken unterbricht. >"Diantha... ich will bestimmt nicht an alten Wunden rühren, aber... Math dh' fhaodteadh..."< Es wäre gut möglich, dass was? Diantha ist verwirrt und hat nicht den Hauch einer Ahnung, was jetzt wohl kommen könnte, was er ihr jetzt wohl sagen könnte. Trotzdem löst sie den Kopf nicht von seiner Brust, will diese Nähe nicht unterbrechen, solange es nicht unbedingt sein muss. >"Eines muss ich dir sagen.“< Bei allen zwölf Göttern, was? Kommt jetzt die große Enthüllung? Das große Eingeständnis? „Wir hatten nicht vor, miteinander im Bett zu landen..." Dianthas Gesichtsausdruck nachdem er das gesagt hat hätte wohl jeden Wettbewerb im Perplex-aus-der-Wäsche-Schauen gewonnen. >"ahm... in Ordnung, das war eine Lüge, wir hatten vor, miteinander im Bett zu landen. Ich wollte dich in meinem Bett haben, ich will es nach wie vor und du wolltest es auch.“< Na, das kannst du aber laut sagen! >„Was ich meine ist, es war nicht... nicht geplant.“< Ach tatsächlich? Sollte mir das neu sein? >„Wir haben nichts getan, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Ich will es nicht beschreien, aber es wäre möglich, dass du ein Kind erwartest"<, sagt er also endlich und küsst ihr Haar. Darauf also wollte er hinaus, na wunderbar, wie genau erkläre ich ihm jetzt, dass ich keine Ahnung habe, ob ich überhaupt noch Kinder kriegen kann? Wie erklärt man so was einem Mann? Gut, er war verheiratet, gut er hat mit dieser Frau zwei Kinder, also so ganz neu kann ihm das nicht sein aber … wie ist so was überhaupt bei Elben? Unbeirrt schließt Olyvar seine kleine Ansprache mit den Worten: >„Ich wollte immer Kinder, Diantha. Ich weiß, es ist früh, aber es wäre nun einmal möglich und wenn es so ist, dann ist es eben jetzt so. Wenn du feststellst, dass du schwanger bist, dann musst du es mir sagen, aye? Versprich es mir."< Einen Moment lang herrscht Stille. Kein entrüstetes „Selbstverständlich!“ wie man es erwarten sollte, kein „Was ist das denn für eine Frage, natürlich bist du der erste, der es erfährt!“, sie sagt zunächst gar nichts. „Du wolltest immer Kinder, dann sollst du es auch erfahren, wenn ich eins von dir erwarte. Ich hoffe doch sehr, dass du davon mehr angetan sein wirst, als der Mann vor dir, zu dem ich das gesagt habe.“ Ein freudloses Lächeln zieht bei diesen Worten über ihre Lippen um nur kurz darauf einem ganz weich zu werden. „Ich hätte furchtbar gerne ein eigenes Kind - dein Kind. Ich würde Fianryn und Connavar nicht weniger lieben oder anders behandeln, das weißt du. Aber ich hab dir ja schon erzählt – ich wollte als junges Mädchen immer eine große Familie, daran hat sich auch nie wirklich etwas geändert. Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, ob ich diese große Familie jemals werde haben können.“ Punkt. Jetzt ist es raus. Und nun zur näheren Erklärung. „Nach damals … hatte ich meine Blutungen erst gar nicht mehr, dann nur sehr unregelmäßig. Auf der Straße hat mich das nicht weiter gestört, außerdem hatte ich da nicht immer genug zu essen, da kann so was schon vorkommen.“ Über was für Frauengeschichten redest du da eigentlich mit ihm, erwartest du, dass ihn das großartig interessieren könnte? „Na ja, jedenfalls … seit ich jeden Tag genug zu essen habe, hat es sich ein wenig eingependelt, aber normal ist es nach wie vor nicht. Ich weiß, ich hätte zu einer Hebamme oder Kräuterfrau gehen sollen und sie fragen sollen, genug von denen gibt es schließlich. Aber was hätte ich denn machen sollen, wenn sie gesagt hätten, dass ich keine Kinder werde haben können? Nie? Kein kleines Wunder von meinem Fleisch und Blut? Also habe ich es vorgezogen die genaue Antwort nicht zu kennen und wenigstens noch hoffen zu können. Feige, nicht wahr? Aber nicht nur das, auch eine Art Selbstschutz. Es würde mir das Herz brechen das zu erfahren und letztes Mal als es mir gebrochen wurde, bin ich danach vollkommen durchgedreht, das muss nicht noch einmal sein.“ Oh, sie erinnert sich noch an diese kalte Leere in sich, die vollkommene Skrupellosigkeit des Tags, an dem die Diantha zum Vorschein gekommen ist, die die Straßen überlebt und auf ihre Art gemocht hat, weil der ganze Rest ihres Ichs seine Wunden geleckt hatte. Sie hatte in den Augen ihrer Gegenüber gesehen, dass keiner auch nur im Entferntesten in Betracht gezogen hätte, dass die kleine, dünne Diantha mit den großen blauen Augen und ihrem langen Zopf sich so unbarmherzig ihren Weg hätte bahnen können, ohne auch nur einen Funken Angst im Blick, die Augen voll Hass. Tritt zur Seite, ich habe nichts zu verlieren. Wenn das bei dir anders ist, dann geh mir aus dem Weg. Ich scherze nicht und ich werde heute keine noch so kleinen Konfrontationen scheuen, hatte man in ihren Augen lesen können und die instinktiven Reaktionen darauf waren erstaunlich gewesen. Kleines, dünnes Mädchen hin oder her, wer so schaut ist potentiell gefährlich.
„Ja, du hast recht, ich kann durchaus blutrünstig sein und damit noch einmal zurück zu dem, was du über dich und mich gesagt hast.“ Ihre Stimme ist ruhig, sie möchte etwas klarstellen, was ihr bisher scheinbar nicht so ganz gelungen ist. „Vielleicht ist der Hundevergleich gar nicht so schlecht. Ich will keinen Schoßhund, mit dem kann ich nichts anfangen. Ich erwarte von einem Wachhund, dass er das Haus bewacht und wenn es anders nicht geht, den Einbrecher beißt, genauso gehe ich davon aus, dass ein Hütehund seine Herde mit allen Mitteln verteidigt. Ein Kriegshund spürt Feinde auf und beschützt seinen Herrn, etwas anderes zu erwarten von ihnen zu erwarten wäre wider ihrer Natur. Das Entscheidende ist: Ich muss meinem Hund so weit vertrauen kann, dass ich meine Hand dafür ins Feuer legen würde, dass er keine Unschuldigen angreift und dass er mich“, sie schaut ihm fest in die Augen. „Dass er mich niemals beißen würde, mich nicht, meine Familie nicht. Kein Schoßhund, aber ein Hund, der nicht eines schönen Tages mein Kind anfällt um es tot zu beißt und keiner weiß warum. Solche Abgründe kann ich nicht gebrauchen, dass du auch nur ein Mensch bist, weiß ich. Aber manchen Menschen fehlt einfach eine gewisse Grenze, sie kennen keine Skrupel und ich will verdammt sein, wenn ich noch einmal auf so einen reinfalle, ihm mein Herz schenke und dann dabei zusehen darf, wie es zerrissen wird.“ Sie atmet tief durch, was sie während des Redens vergessen hat. „Das meinte ich damit, dass du der Mann bist, in den ich mich verliebt habe, weil du mir so etwas nicht antun würdest, du würdest mich oder meine Kinder im übertragenden Sinne nicht beißen. Deine Schwächen gehören natürlich trotzdem zu dir, du bist auch keine Perfektion in Person, das steht mittlerweile außer Frage.“

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 30. Apr. 2007, 17:22 Uhr
Diantha hebt weder ihren Kopf noch ihren Blick, sie sieht ihn kein einziges Mal an, während er spricht, und als er endet, schweigt sie zunächst eine ganze Weile. Aber sie klebt immer noch an seiner Brust und klammert sich an ihn wie eine Ertrinkende, also streicht er über ihr Haar und ihren Rücken und hält sie einfach nur fest. Ihre Antwort lässt ihn dann allerdings erst einmal nach Luft schnappen und der Preis für den entgeistertsten Gesichtsausdruck wäre jetzt wohl ebenfalls an ihn gegangen. >Du wolltest immer Kinder, dann sollst du es auch erfahren, wenn ich eins von dir erwarte. Ich hoffe doch sehr, dass du davon mehr angetan sein wirst, als der Mann vor dir, zu dem ich das gesagt habe.< Das klingt beinahe zynisch, zynisch und fingierend genug jedenfalls, um ihn empört schnauben zu lassen. Er weiß zwar, dass das ein heikles Thema für sie ist, aber ihre Kaltschnäuzigkeit hat er bestimmt nicht verdient - und weitere Vergleiche mit diesem Ungeheuer aus ihrer Vergangenheit auch nicht. "Mmpf! Wie nett, dass du es mir wenigstens sagen würdest," erwidert er indigniert. "Ich fürchte allerdings, ich wäre mehr als nur ein wenig angetan. Es könnte sogar sein, dass ich mich furchtbar darüber freuen würde. Ganz sicher sogar." Ihre nächsten Worte versöhnen ihn schlagartig wieder mit der Welt, auch wenn er ihr Lächeln dabei nicht sehen kann. >Ich hätte furchtbar gerne ein eigenes Kind - dein Kind.< Ifrinn, er wird einfach nicht schlau aus dieser Frau. Eben noch war sie spröde, fast abweisend, nun klingt sie selbst so entzückt, wie er es allein bei dem Gedanken daran schon gewesen war. >Ich würde Fianryn und Connavar nicht weniger lieben oder anders behandeln, das weißt du.< Sie löst sich doch ein wenig von ihm, um ihn ansehen zu können und er küsst sie lächelnd. "Ich weiß." >Aber ich habe dir ja schon erzählt - ich wollte als junges Mädchen immer eine große Familie, daran hat sich auch nie wirklich etwas geändert. Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, ob ich diese große Familie jemals werde haben können.< "Oh. Was... warum?" Er ahnt vage was kommt, noch bevor sie es ausspricht und er weiß, dass es ihm nicht gefallen wird. >Nach damals ... hatte ich meine Blutungen erst gar nicht mehr, dann nur sehr unregelmäßig. Auf der Straße hat mich das nicht weiter gestört, außerdem hatte ich da nicht immer genug zu essen, da kann so was schon vorkommen.< "Aye, ich verstehe." Sie blinzelt ein wenig überrascht, als könne sie nicht so ganz glauben, dass ein Mann überhaupt Ahnung von all diesem Frauenkram und dem weiblichen Zyklus an sich haben könnte, aber er ist schließlich schon eine ganze Weile kein unwissender Junge mehr. >Na ja, jedenfalls ... seit ich jeden Tag genug zu essen habe, hat es sich ein wenig eingependelt, aber normal ist es nach wie vor nicht. Ich weiß, ich hätte zu einer Hebamme oder Kräuterfrau gehen sollen und sie fragen sollen, genug von denen gibt es schließlich.< Sie klingt immer noch merkwürdig beherrscht, fast tonlos, aber er hört die leise Verzweiflung hinter ihren Worten trotzdem. >Aber was hätte ich denn machen sollen, wenn sie gesagt hätten, dass ich keine Kinder werde haben können? Nie? Kein kleines Wunder von meinem Fleisch und Blut? Also habe ich es vorgezogen die genaue Antwort nicht zu kennen und wenigstens noch hoffen zu können. Feige, nicht wahr? Aber nicht nur das, auch eine Art Selbstschutz. Es würde mir das Herz brechen das zu erfahren und letztes Mal als es mir gebrochen wurde, bin ich danach vollkommen durchgedreht, das muss nicht noch einmal sein.<

"Götter..." er nimmt ihr Gesicht in beide Hände und streicht mit den Daumen über ihre Wangen. "Es tut mir so leid, mo cridhe. Es tut mir so leid, dass du dein Kind verloren hast." Er weiß, dass seine Worte kein Trost sind, kein Wort kann ein gebrochenes Herz heilen, nur die Zeit und andere Erfahrungen, aber er hat dennoch das Bedürfnis, es ihr zu sagen. Der Gedanke, dass sie so gelitten hat, dreht ihm den Magen um. Er kann sie verstehen, ihre Angst, sich Gewissheit zu verschaffen und ihren Wunsch, die Hoffnung nicht ganz aufzugeben, aber zu hören, dass er vielleicht nie Kinder von ihr haben wird, ist ein ziemlicher Schlag. Das muss er erst einmal verdauen. Eine große Familie zu haben, war immer einer seiner Träume gewesen, ihn jetzt möglicherweise begraben zu müssen, trifft ihn härter, als er es sich selbst eingestehen will. Vielleicht, mahnt augenblicklich ein leises, aber hartnäckiges Flüstern in seinen Gedanken. Du weißt es doch gar nicht sicher und sie auch nicht. "Ich verstehe, dass du Angst hast, zu einer Heilerin zu gehen," erwidert er irgendwann schließlich leise und kann nicht verhindern, dass seine Stimme belegt klingt. "Mir ginge es vermutlich auch nicht anders. Aber..." Es würde ihr das Herz brechen, das zu erfahren... und dir dazu. Er holt tief Luft und für einen Moment ist die Versuchung, sich an die Hoffnung der Ungewissheit zu klammern so groß, dass er um ein Haar geschwiegen hätte. "Aber wenn du über kurz oder lang nicht schwanger wirst, Diantha, dann würden wir es doch ebenso wissen, nach eil? Und es könnte genauso gut sein, wenn du von damals innere Verletzungen davongetragen hast oder etwas in der Art, dass eine Heilerin dir helfen kann." Er sieht in ein Paar aquamarinblaue Augen, in denen die Schatten des alten Schmerzes umherhuschen wie kleine, aufgescheuchte Geister und legt seine Stirn an ihre. "Es ist deine Entscheidung. Was immer du tust, ich bin bei dir. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es keine Rolle spielt, denn es macht mir etwas aus, aber ob du mir nun Kinder schenkst oder nicht, ich liebe dich." Eine ganze Weile verharren sie so, Stirn an Stirn, hängen ihren eigenen Gedanken nach und versuchen, ihre Gemüter zu beruhigen, bis er nach den Kindern sieht, ein rascher Blick über ihre Schulter, der ihm zeigt, dass Conn und Fianryn in der Nähe über die Wiese stapfen und Löwenzahn pflücken. >Ja, du hast recht, ich kann durchaus blutrünstig sein und damit noch einmal zurück zu dem, was du über dich und mich gesagt hast.< Bricht Diantha das Schweigen und klingt wieder sehr gefasst. >Vielleicht ist der Hundevergleich gar nicht so schlecht,< hört er sie sagen und beinahe hätte er gelächelt. Mit einem Hund hat in noch keine gleichgesetzt, aber er war es schließlich, der davon angefangen hat... und sie hat Recht. Es ist kein schlechter Vergleich, denn er verdeutlicht sehr genau, was sie meint. >Ich will keinen Schoßhund, mit dem kann ich nichts anfangen. Ich erwarte von einem Wachhund, dass er das Haus bewacht und wenn es anders nicht geht, den Einbrecher beißt, genauso gehe ich davon aus, dass ein Hütehund seine Herde mit allen Mitteln verteidigt. Ein Kriegshund spürt Feinde auf und beschützt seinen Herrn, etwas anderes von ihnen zu erwarten wäre wider ihre Natur. Das Entscheidende ist: Ich muss meinem Hund so weit vertrauen können, dass ich meine Hand dafür ins Feuer legen würde, dass er keine Unschuldigen angreift und dass er mich, dass er mich niemals beißen würde, mich nicht, meine Familie nicht.< Ihr Blick ruht fest und eindringlich in seinem. >Kein Schoßhund, aber ein Hund, der nicht eines schönen Tages mein Kind anfällt, um es tot zu beißen und keiner weiß warum. Solche Abgründe kann ich nicht gebrauchen, dass du auch nur ein Mensch bist, weiß ich. Aber manchen Menschen fehlt einfach eine gewisse Grenze, sie kennen keine Skrupel und ich will verdammt sein, wenn ich noch einmal auf so einen reinfalle, ihm mein Herz schenke und dann dabei zusehen darf, wie es zerrissen wird.<

All die kleinen Puzzlestückchen, das wenige, das sie ihm über dieses dunkle Mal in ihrer Vergangenheit verraten hat, verändern erneut ihre Lage, schieben sich schmerzhaft hierhin und dort hin - und plötzlich ergibt sich ein Bild, das ihn heftig einatmen lässt, im selben Moment, in dem auch sie hörbar Luft holt. Er war es. Was hatte sie gesagt? 'Ein Hund, der nicht eines schönen Tages mein Kind anfällt, um es tot zu beißen und keiner weiß, warum. Ich will verdammt sein, wenn ich noch einmal auf so einen reinfalle, ihm mein Herz schenke, und dann dabei zusehen darf, wie es zerrissen wird.' Er war es... dieses Ungeheuer ihrer Vergangenheit, dem ein Kind wohl nicht in den Kram gepasst hat. Er hat dafür gesorgt, dass... Diantha liebt Kinder über alles, sie wäre niemals von sich aus zu einer Kräuterhexe oder einem Heiler gegangen, um ein noch ungeborenes Kind loszuwerden, ganz gleich, was sie dafür auf sich hätte nehmen müssen, ganz gleich, wie schwierig ihr Leben zu dieser Zeit gewesen war. "Ah dhia bheannaichte..." Wut steigt in ihm auf, schwarze, kalte, gallige Wut auf ein gesichtsloses Gespenst ihres früheren Lebens. Jetzt weiß er auch, für wen sie ihn gehalten hat, als sie heute morgen aus seinem Bett geflohen war, so voller Angst, dass sie sogar splitterfasernackt in die Halle gerannt wäre, nur um von ihm fort zu kommen. Du musst wissen, mir hat einmal jemand sehr wehgetan... Auch das hatte sie gesagt, am Abend zuvor, als er sie geküsst hatte. Vergangenheit hin oder her, Diantha ist sein. Sie ist sein, und er würde nicht dulden, dass irgendjemand auf Roha wandelt und atmet, der seiner Frau das angetan hat. Die einzigen klaren Gedanken, die er in diesem Moment fassen kann, sind: Wo ist der Mann? Wie ist sein Name? und Ist er noch am Leben?, das ist auch das einzige, das ihn interessiert. Nachtschimmer. Es muss in Nachtschimmer gewesen sein. Sie hatte gesagt, sie hätte getötet. Ja, weil sie angegriffen wurde... und sie hat nur von Fremden gesprochen... Das würde bedeuten, der Mistkerl ist noch am Leben. Irgendwie hat er Schwierigkeiten, das zu glauben... würde Diantha hier sein, wenn es so wäre? Wenn in Nachtschimmer der Mann, der ihr Kind und ihr Herz und einen Teil ihrer Seele auf dem Gewissen hat, fröhlich sein Leben lebt? Wohl kaum. Also wahrscheinlich tot. Gut so, soll er verrotten. Sicher ist er sich nicht, aber er glaubt es zumindest. Olyvar würgt die in ihm gärende Mischung aus Zorn, Beschützerinstinkt, Verachtung und handfester Rachsucht mit einiger Mühe halbwegs hinunter, doch die Trauer um das, was sie - und damit auch er - vielleicht verloren haben, füllt seine Brust und seine Kehle wie ein Klumpen kalter, nasser, schwarzer Erde, und es schmerzt zu atmen. Erst ihre nächsten Worte, besänftigen ihn wieder und bringen ihn zu sich und ins Hier und Jetzt zurück. >Das meinte ich damit, dass du der Mann bist, in den ich mich verliebt habe, weil du mir so etwas nicht antun würdest, du würdest mich oder meine Kinder im übertragenden Sinne nicht beißen. Deine Schwächen gehören natürlich trotzdem zu dir, du bist auch keine Perfektion in Person, das steht mittlerweile außer Frage.<

"Aye, perfekt bin ich nicht. Ich will es ehrlich gesagt auch gar nicht sein. Ich wollte nur absolut sicher gehen, dass du dir... nun ja, dass du dir kein falsches Bild von mir machst. Wenn du mein Leben teilst, dann hast du auch ein Recht darauf zu wissen, wer ich bin, was ich bin und wie ich sein kann... oder manchmal sein muss. Aber ich würde weder dich, noch die Kinder, noch sonst jemanden, der mir etwas bedeutet, mit Absicht verletzen. Vor allem dich und meine Kinder nicht, und so schon gar nicht." Es geht schon über seinen Horizont, wie ein Mann sein eigen Fleisch und Blut nur im Stich lassen kann, aber das eigene Kind, ob ungeboren oder nicht, umzubringen um es loszuwerden ist ihm vollkommen unbegreiflich. "Ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen. Ich wünschte, ich könnte dir dein Kind zurückgeben... doch das kann ich nicht. Aber ich kann dir etwas versprechen." Er nimmt ihre beiden Hände in seine und sieht sie an. "Du bist in Sicherheit und du bist nicht mehr allein. Na gabh eagal mo fiamh, tha mis' an-seo sian. So lange ich lebe, wird nie wieder jemand Hand an dich legen oder dir Leid zu fügen. Ich bin..." aller schmerzlichen Offenbarungen und aller Rachsucht zum Trotz verzieht sich sein Gesicht zu einem warmen, spöttischen Lächeln. "Ein guter Hund. Und jetzt komm, Frauchen." Er steht auf und zieht sie mit sich hoch. "Gehen wir nach Hause. Conn und Fianryn sind schon ganz grün vor lauter Grasflecken und ich gebe ihnen noch, oh... sagen wir ein paar Minuten, ehe sie in Hungergeschrei ausbrechen. Es ist längst Mittagszeit." Er pfeift nach Bayvard und der Hengst kommt augenblicklich zu ihnen. "Genug Gras für heute, alter Junge." Olyvar klopft den seidigen Hals und kramt in seinen Hosentaschen nach einem Stückchen Brot, das Bayvard so huldvoll entgegennimmt wie eine ältere Dame ihren Teekeks. Olyvars Blick wandert von Diantha, die die Zwillinge ruft, zu dem Pferd und wieder zurück. "Willst du's probieren? Bayvard trägt uns auch alle vier und es würde schneller gehen, wenn wir nach Hause reiten. Conn und Fianryn wiegen ja nichts und brauchen mit ihren winzigen Hintern kaum Platz." Sie will, auch wenn sie im ersten Moment ein bisschen beunruhigt dreinblickt, also wirft er die Zügel über Bayvards Hals und tritt hinter sie. "Stell dich hierhin, direkt neben ihn. Nimm mit der Linken seine Mähne und halt dich fest, die Rechte legst du auf seinen Rücken, ja genau so. Jetzt gib mir dein linkes Bein, winkle es im Knie an... genau. Hol ein bisschen Schwung, ich zähle bis drei, dann hebe ich dich hoch. Wenn du oben bist, legst du dein rechtes Bein über seinen Rücken und rutscht so weit nach vorn, wie es geht... Conn, hör auf, herumzuhampeln, du bist gleich dran. Wir lassen erst Diantha aufsteigen." Bayvard, der genau zu wissen scheint, worauf es ankommt, steht still wie eine Bronzestatue, während Dianthas Hand langsam in seine Mähne greift.

"Bereit? Eins, zwei... hoch mit dir." Der Hengst ist so groß, dass sie nicht über seinen Rücken sehen kann und Diantha ist keine kleine Frau, trotzdem kommt sie dafür, dass sie das noch nie getan hat, überraschend elegant auf seinen Rücken. Olyvar grinst zu ihr empor. "Und? Wie ist die Luft dort oben?" Sie blickt um sich, als könne sie selbst noch nicht ganz glauben, dass sie wirklich oben sitzt, aber sie lächelt. Er hebt ihr erst Fianryn, dann den kichernden Conn nach oben, die sie beide vor sich setzt und die sich fachmännisch sofort an der Mähne festhalten - das heißt, Fianryn hält sich an der Mähne fest, Conn an seiner Schwester und Dianthas Arme umfangen beide. Dann steigt er selbst auf, rutscht dicht an sie heran, nimmt die Zügel auf und lenkt den Hengst mit sachtem Druck auf den Weg zurück. Bayvard fällt in einen weichen, entspannten Schritt und sie tauchen wieder in die grünen Schatten des Waldrandes ein, wo sich die tief hängenden Äste der Buchen und Föhren wie ein Dach über den Weg wölben. Es dauert tatsächlich keine Viertelstunde, ehe Conn in das prophezeite Hungernörgeln ausbricht.


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Arglin am 30. Mai 2007, 13:52 Uhr
Arglin war vor etlichen Wochen aufgebrochen um der Bitte eines Juweliers namens Dirmad zu folgen, welcher ihn durch einen berittenen Boten nach Talyra rufen lies.

Doch nun steht er hier, am nördlichen Rand des Larisgrün zwischen den Sonnenhügeln und dem Ildorel, und blickt dem Boten erneut ins Angesicht. Nur diesesmal scheint der Bote verunsichert und sich seiner unangenehmen Aufgabe bewusst.

"Ver...  verzeiht meine erneute Aufdringlichkeit werter Herr Arglin. A...aber es gibt Neuigkeiten von Meister Dirmad." Stottert der Bote.

"So? Nun dann sprecht frei heraus. Und keine Angst. Was es auch ist, so werde ich euch schon nichts tun." Antwortet Arglin mit leicht spöttischem Unterton und einem lächeln auf den Lippen.

"Der Sachverhalt, wegen dem Meister Dirmad euch sprechen wollte hat sich vorerst von selbst gelöst. Ihr müsst also nicht mehr nach Talyra reisen. Er entschuldigt sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten und hofft dass dies keine Auswirkungen auf die Geschäftsbeziehungen haben wird." Sagt der Bote nun wesentlich selbstsicherer und sichtlich erleichtert diese Nachricht endlich loszuwerden.

"Nun wenn dass so ist, so werde ich mich zu den Sonnenhügeln begeben und dort meiner Arbeit nachgehen. Richtet Meister Dirmad aus, dass er mich dort findet wenn er meine Unterstützung benötigt." Mit diesen Worten verabschiedet sich Arglin von dem Boten und schlägt auch sofort den neuen Weg ein um noch vor Einbruch der Dunkelheit an dem Fuß der Berge anzukommen.
Dort soll es sogar reiche Silbervorkommen geben, wenn ihn der Händler nicht belogen hat.

Mit der Hoffnung auf baldigen Erfolg macht sich der Faun auf den Weg um sein Glück zu finden.

-> Die Sonnenhügel

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 14. Aug. 2007, 01:37 Uhr
<- Marktplatz


Auf den Straßen der Stadt / Im Larisgrün/ Im Westflügel der Steinfaust



Vom Marktplatz weg- und aus der feiernden Menschenmenge herauszukommen, erweist sich nicht so schwer, wie befürchtet, auch wenn sie sich ein wenig beeilen müssen. Jenseits der überfüllten Stadtmitte herrscht eine fast gespenstische Stille in der Stadt - die Nacht ist längst hereingebrochen, und alles über sechzehn und unter sechzig feiert und tanzt noch um das große Festfeuer, oder ist längst am Strand oder sonst wo damit beschäftigt, Inari zu huldigen. Die einzigen anderen Wesen, denen sie also begegnen, sind vier volltrunkene Feen, die sich an einen hölzernen  Hauserker klammern, ihre zerknautschten Flügel bedauern und eine grausige Version des "Alten Bär und der Jungfer hehr" zum Besten geben - vierstimmig falsch und quietschend wie rostige Wagenräder. Olyvar lenkt Borgils braune Stute nicht zur Steinfaust, sondern in Richtung Westen und Verder Tor. Diantha hatte ihn nur fragend angesehen, als er nicht den Weg nach Hause eingeschlagen hatte, doch er hatte nur mit dem Kopf geschüttelt. Heute Nacht will er nicht in die alte Festung, wo die Nachricht von ihrer Hochzeit ganz sicher schon die Runde macht und sie ihre Rückkehr - und den Weg in ihr Bett - garantiert erst einmal mit Geselligkeit bezahlen müssten, sondern an einen anderen Ort. An einen Ort, wo Moos und Feenfarn ihr Lager wären und das Versprechen der Verzauberung zwischen uralten Bäumen wartet, einen stillen, abgeschiedenen Ort, wo niemand außer dem Mondlicht sie finden würde... und vielleicht Götter, die älter sind als jene, denen man Tempel errichtet. Als die Trommeln, die Musik, das Prasseln der Festfeuer und das Lachen und Lärmen der feiernden Menge hinter ihnen zurückbleiben, reiten sie in fast völliger Stille dahin. Nicht einmal Branas Hufe klappern über das Kopfsteinpflaster, sondern versinken zwei Handbreit tief in einem Meer weißer Blütenblätter, deren Duft süß und schwer die Nacht erfüllt. Diantha sitzt vor Olyvar im Sattel, schmiegt sich an ihn und ihr leises "Ich will" hallt immer noch in ihm nach. Ihre Stimme war kaum lauter gewesen als das Klopfen seines Herzens, doch er hatte jedes Wort gehört und es erfüllt ihn auch jetzt noch mit grenzenlosem Staunen. Sie hatte tatsächlich 'Ja' gesagt, über alle unerwartete Plötzlichkeit, alle Bedenken und Ängste hinweg, mit derselben blinden, unbeirrbaren Sicherheit, die auch er tief in seinem Inneren empfindet. Sie zu heiraten, auf der Stelle, ohne sich vorher erst wochen- oder mondelang den Kopf über ein "Ob überhaupt" und wenn ja, dann auch noch über ein "Wann", "Wo" und "Wie" zu zerbrechen, war das einzig richtige gewesen. Ein Windhauch durchweht die Straßen, wirbelt zarte Blätter in dichten, weißen Schleiern vor sich her und spielt mit Dianthas Haar. Ein paar weiche, goldglänzende Locken berühren Olyvars Schultern, seinen Hals, sein Kinn, seinen Mund. Er fängt ihren Geruch nach Sommer ein und fühlt sich berauscht, allerdings nicht vom Alkohol, und Inariwein hatten sie überhaupt nicht getrunken. Bis dass der Tod euch scheidet... Diese schlichten Worte bedeuten ihm weit mehr, als er ihr je erklären könnte. Sie ist ein Mensch wie er selbst, und wenn die Götter gnädig sind, dann würde sie auch mit ihm alt werden. Er würde sehen und erleben, wie die Jahre sie verändern... wie ihr Körper weicher, ihr Haar von Gold zu Silber bleichen und feine Fältchen um ihre Augen und ihren Mund erscheinen würden, sichtbare Zeugen ihres Lächelns. Mein, klopft sein Herz. Mein, flüstert seine Haut, die ihre berührt, sanft und warm, wo seine Arme sie umschließen. Mein, verlangt sein Blut, ein wildes Pochen dicht unter der Haut, das ihn seit er sie zum ersten Mal berührt hatte, nie wieder ganz losgelassen hat, und er kann sein Glück immer noch nicht wirklich fassen.

Olyvar hält Diantha noch ein wenig fester, nimmt die Zügel in eine Hand und legt die andere auf ihr Herz. In gewisser Weise ist sie wirklicher, als Kizumu es je war oder hätte sein können, und das liegt nicht daran, dass sie sterblich ist, wie er. Die Feuerelbin hatte eine Weile an seiner Seite gelebt, aber nie mit ihm. Sie hatte ihm zwei Kinder geboren, aber sie war nie wirklich sein gewesen. Sie hatte ihm ihr Herz gegeben, aber es ihm nie geöffnet - wann immer er versucht hatte, zu ihrem Inneren vorzudringen, hatte sie sich ihm entzogen, wann immer er versucht hatte, sie festzuhalten, war sie ihm zwischen den Finger zerronnen wie eine Handvoll Wasser, ganz gleich, was er getan oder nicht getan, gesagt oder nicht gesagt hatte. Ihrer beider Verständnis füreinander war nie sehr groß gewesen. Diantha dagegen ist wirklich bei ihm, immer, fest verankert in seinem Inneren und sie versteht ihn oft ebenso  blind, wie er sie. Oh, sie kann wechselhaft sein und sie hat sicher ihre Geheimnisse, aber nichtsdestotrotz kennt er sie nach fünf Wochen bereits besser, als er Kizumu in drei Jahren je kennen gelernt hat, und sie weiß mehr von ihm, als er der Elbin je von sich offenbart hatte. Sie verlassen die Stadt durch das Verder Tor, wo ihnen ein paar müde, aber aufmerksame Wachen nur mit wissendem Lächeln zunicken - offenbar hatten sich die Gerüchte noch nicht bis hierher herumgesprochen, was Olyvar nur recht ist - und folgen dann einem schmalen Pfad, der nach Nordwesten über offenes Wiesenland in Richtung Larisgrün führt. Auf einem flachen Hügel zu ihrer Linken erhebt sich ein Kreis verwitterter, uralter Steine aus dem hohen Gras, seltsam fern und nah zugleich, dann tauchen sie in die tieferen Schatten des Waldes ein. Es ist eine monddurchtränkte Nacht und sie können ihre Umgebung fast ebenso gut wie bei Tageslicht erkennen, nur dass die Welt jetzt farblos wirkt und alles dahinzutreiben scheint, durch das silbergoldene Licht substanzlos geworden. Es ist ein Roter Mond, wie so oft in der Inarinacht, der groß und golden über den Bäumen schwebt, so nahe, als bräuchte man nur die Hand ausstrecken, um ihn mit den Fingerspitzen zu streifen. Sein Schein dringt durch das dichte Dach des verschlungenen Laubes und der hochgewölbten Äste über ihnen und taucht den schmalen Saumpfad, dem sie folgen, in Säulen goldenen Lichts und Lachen tiefer, blauer Schatten. Dianthas Frage, wohin sie reiten, ist so leise, dass sie die Worte ebenso gut nur gedacht haben könnte, anstatt sie wirklich auszusprechen, doch er hört sie. "Is leanaidh sinn a'gheallaich." Wir folgen dem Mond. Er hebt ihre Hand an seinen Mund und küsst sie auf den Knöchel des vierten Fingers. Morgen würde sie seinen Ring dort tragen. "Es ist nicht weit." Das ist es wirklich nicht - inmitten der Randbezirke des Larisgrüns, irgendwo am Rand eines halb verborgenen Pfades zwischen Kreuzweg und Llarelon, steigt das Land leicht an und schließlich kommen sie an einen verwunschenen Steilhang mit mannshohen, uralten Felsen, die von Moos und Flechten überzogen sind, als trügen sie einen dichten, grünen Pelz. Zwischen den gigantischen Felsbrocken hindurch schlängelt sich ein Weg, kaum zu erkennen, aber da. Hier, zwischen den Steinen, stehen die Bäume weniger dicht und ihre Wurzeln bilden knorrige, verschlungene Netze über dem Boden, so dass Olyvar die Stute vorsichtig den Hang hinauf lenkt.

Auf dieser Anhöhe, keine zwei Tausendschritt von Talyra entfernt, so nahe an der Stadt, dass sie hinter sich noch schwach den Schein der Nachtfeuer sehen können und der leichte Wind ihnen vereinzelt Musikfetzen zuträgt, wirkt der Wald dennoch alt - alt und urwüchsig, und durchdrungen von einer Aura, die von Verzauberung flüstert. Auf der Kuppe des Hügels ist eine von Findlingen gesäumte Lichtung, wo sie schließlich halten und Borgils Stute mit gefesselten Vorderbeinen zum Grasen zurück lassen. "Sieh dich um, conasg." Einen Moment lang halten sie inne und blicken hinter sich: unter ihnen breiten sich die sanften, bewaldeten Hügel und Täler des Larisgrüns aus, farblos und dunkel im Mondlicht und so voller Nebel, dass es aussieht, als brodele Rauch durch die Tiefe. "Hier entlang." Olyvar reißt sich von dem Schauspiel los, nimmt Dianthas Hand und führt sie an einem Dickicht weiß blühenden Schlehdorns vorbei zu einem schmalen Durchgang zwischen zwei Felsen. Dahinter verbirgt sich eine kleine, flache Senke, umgeben von verwitternden Steinwänden. In ihrer Mitte liegt ein dunkler Teich und an dessen Rand ragt hoch ein einzelner Herzbaum mit milchweißer Rinde und blutroten Blättern auf. Er trägt kein Gesicht wie nahezu alle anderen seiner Art im Larisgrün, aber er ist alt - so alt, dass er vielleicht schon gesehen hatte, wie die Drachenkönige ihr Imperium einst in Feuer und Blut schmiedeten und wieder verloren. Bei den Waldkindern heißt es, dass diese Bäume Augen hätten und dass eine verborgene Macht in ihnen ruhen würde - Olyvar weiß nur wenig, über die Mysterien der Druiden, aber selbst er kann hier eine seltsame Kraft spüren, älter als alles andere, und er glaubt zumindest, dass Diantha ebenso fühlt. Der Boden um die knorrigen, Moos bewachsenen Wurzeln, ist mit einer tiefen, jahrhundertealten Laubschicht bedeckt, die weich unter ihren Füßen federt, als sie näher treten, die Nachtluft ist mit den Gerüchen von Waldgras und Wasser durchsetzt, und die aufragenden Steine ringsum atmen erdige Kühle. "Als Kind," murmelt Olyvar und zieht seine Frau im Schatten des Herzbaumes an sich, "war ich oft hier." Er vergräbt seine Finger in ihrem Haar und löst die Spangen, die es aufgesteckt halten, eine nach der anderen. Haarnadeln purzeln ins weiche Moos, bis die gelösten Locken ihr wieder weich und schwer über die Schultern fallen. "Und in den Jahren seither immer wieder, um allein zu sein oder nachzudenken." Er fährt mit den Händen durch ihr Haar - nichts ist so weich, noch nicht einmal Feenseide. "Es ist ein..." er zuckt vage mit den Schultern "...ein irgendwie besonderer Ort für mich, conasg, obwohl ich dir nicht einmal sagen könnte, warum eigentlich, abgesehen von dem Herzbaum. Ich weiß nicht, ob es in Immerfrost je welche gegeben hat, aber selbst im Larisgrün, wo sie nie abgeholzt wurden, sind sie inzwischen sehr selten geworden." Er fährt mit den Fingern die Umrisse ihres Gesichtes nach. Über ihnen rascheln die dunklen, roten Blätter, fünffingrig wie Hände, die ihr Laubdach hoch wie eine Kuppel wölben, als hätten sie seine Worte gehört. "Es ist ein guter Ort für eine Hochzeitsnacht," murmelt er und neigt den Kopf, um Diantha zu küssen, während seine Hände über ihren Rücken wandern und die Bänder ihres Kleides öffnen. "Und ganz weit weg von allen neugierigen Klatschmäulern. Mo bhean. Aber... das hier musst du loswerden." Sie sagt nichts, aber sie hebt die Schultern an und lässt sich den Stoff vom Körper gleiten. Ihr Gewand und seine eigenen Kleider landen als unordentliches Knäuel irgendwo zwischen den Baumwurzeln, und dann bleibt zwischen ihnen überhaupt kein Platz mehr für Worte - für nichts mehr, außer dem Verlangen, das sie erfasst, kaum dass sie miteinander im weichen Moos landen, augenblicklich verschmolzen im Takt der Lust, der unerträglichen Freude, so heftig zu begehren, was sie tun, und dem ewig unersättlichen Lied von Fleisch und Bewegung.

Es gibt keine Schranken, weil es nie welche zwischen ihnen gegeben hat. Nicht mit nichts als Haut zwischen ihnen und auch sonst nie, trotz aller Unterschiede und der ungewöhnlichen Art, wie ihrer beider Leben übereinander gestolpert waren, nur um sich rettungslos ineinander zu verfangen, so wie ihre Körper es jetzt tun. Er kann unmöglich sagen, wo ihre Haut beginnt und seine endet, während er von ihrem Mund trinkt, ihr Inneres ausfüllt, ihr Herz an seinem schlägt und das reine Begehren sich mit der Liebe und allen anderen Gefühlen vereint, die sie füreinander empfinden, ohne dass man sie noch voneinander unterscheiden könnte - oder wählen zwischen Anfangen und Aufhören. Irgendwann landen sie im Wasser des Teichs, rollen im Eifer des Gefechts einfach über den Rand, lassen sich von der seidigen, kühlen, und leicht nach Zinn schmeckenden Nässe und dem fehlenden Boden unter den Füßen allerdings nicht groß beeindrucken - und unterbrechen schon gar nicht. Genau genommen denken sie noch nicht einmal daran, das zu tun, was man für gewöhnlich tut, wenn man unerwarteterweise in einen Teich fällt, sondern teilen sich lachend und liebend die dunkle Schwerelosigkeit des Wassers und danach die Wärme des Nachtwindes auf ihrer Haut. Olyvar weiß nicht, wie viel Zeit vergeht, bis die reine Erschöpfung ihnen schließlich Einhalt gebietet, aber der Mond ist längst untergegangen und die Nacht ist bis auf den fernen Glanz kalter Sterne pechschwarz. Sie liegen Haut an Haut in einem Bett aus Farn und Gras zwischen zwei moosigen Baumwurzeln, die Gesichter einander zugewandt, unfähig, auch nur noch einen Finger zu rühren, und vergessen, zumindest für eine Weile, dass es jenseits des Herzbaumes noch eine Welt gibt. Irgendwann, als rings um den Teich zarte, hellgrüne Lichter aufglühen - erst eines, dann noch eines und noch eines, bis die ganze Senke davon erfüllt ist, als wären die Sterne vom Himmel gefallen, um über dem Wasser zu tanzen, bricht Olyvar das Schweigen. Glühwürmchen, zwei, drei Dutzend oder mehr, leuchten wie winzige Smaragdsplitter in der Nacht und er spricht leise, eindringlich und in  Tamar, weil es einfach keine Worte in der Allgemeinsprache gibt, die wirklich ausdrücken würden, was er ihr zu sagen hat, was er ihr sagen will, hier an diesem Ort, in dieser Nacht, im Angesicht eines Herzbaumes, der seine Worte hören würde. Niniane mag sie vor den Gesetzen der Götter und Menschen verheiratet haben, das hier ist elementarer. "'S ann dhut-sa, mo leannan, tha mi a'toirt mo chridhe 's mo bheatha. Is leatsa m'anam gus an criochnaich ar saoghal. Tha thu m'oidhche, mo mhaidainn 's mo làtha, anail mo bhithe..." er nimmt ihre Hand und legt sie auf die Narben auf seiner Brust, direkt über seinem Herzen. Diantha krümmt die Finger, ganz leicht nur, aber so, als wolle sie festhalten, was unter seiner Haut gegen ihre Handfläche pocht. Ihre Geste lässt ihn lächeln, trotz seines Ernstes. "'S a cuishle mo cridhe." Dir, meine Geliebte, gebe ich mein Herz und mein Leben. Solange die Welt besteht, gehört meine Seele dir. Du bist meine Nacht, mein Morgen und mein Tag, der Atem meines Seins... und der Schlag meines Herzens. Sie wechseln kein Wort mehr, aber sie schlafen eng aneinandergeschmiegt ein, bis sie Stunden später starr vor Kälte, übersät mit Blättern und kleinen Zweigen, grünfleckig vom Moos und zerstochen von blutrünstigen Mücken erwachen. Die Dunkelheit beginnt bereits zu verblassen, und der östliche Himmel überzieht sich mit einem vagen, grauen Schimmer, als sie sich, noch immer wortlos, aber grinsend gegenseitig in ihre klammen Kleider helfen. Dann verlassen sie die Mulde zwischen den Felsen, stolpern halb blind durch den noch dunklen Wald zurück zu der Lichtung, auf der sie das Pferd gelassen hatten, rutschen und schliddern lachend den steilen, taufeuchten Abhang hinunter und kehren erst kurz vor der Dämmerung mit dem Morgennebel in die Steinfaust zurück.

Sie schaffen es sogar halbwegs unbemerkt in die alte Festung, da die Nachtwachen gerade gähnend ihren Dienst beenden, zu müde, um sie länger als für ein paar grinsende Glückwünsche aufzuhalten. Olyvar lässt Borgils Stute in der Obhut eines verschlafenen Pferdeknechts und sie huschen verstohlen wie zwei Diebe in den Westflügel hinauf, darauf bedacht, niemandem zu begegnen, um wenigstens noch ein paar Stunden Schlaf in einem richtigen Bett zu bekommen. Als sie ihre feuchte Kleidung losgeworden sind und sich dann notdürftig die Spuren ihres Herumwälzens auf dem Waldboden - Laub, Moosfäden, ein paar Grashalme und ähnliches - aus den Haaren gepflückt haben, holt Olyvar etwas aus seiner Kommode und kriecht dann zu seiner Frau unter die weichen Decken, die sich schon in die paradiesische Wärme ihres Bettes geflüchtet hat. "Gib mir deine Hand, conasg." Sie sieht ihn fragend und vielleicht auch ein wenig verwundert an, überlässt ihm aber bereitwillig ihre Rechte, auch wenn ihr im ersten Augenblick nicht so ganz klar scheint, was er damit vorhat. Ihre Haut ist kühl, ihre Füße sind die reinsten Eisklumpen, und so zieht er sie fest an sich, um sie zu wärmen, ehe er ihr behutsam den Ring auf den vierten Finger schiebt. Es ist ein einfacher Reif aus Gold, schlicht, aber schön, mit einem verschlungenen Muster aus stilisierten Stechginsterblüten. "Er wartet schon eine kleine Weile auf dich, mo cridhe," murmelt er und legt einen Moment seine Wange an ihre Schläfe. Sie murmelt irgendetwas an seinem Hals, das er nicht versteht und er küsst ihre Stirn, ihre Nasenspitze, den kühnen Schwung ihrer Brauen und die hohen, runden Wangenknochen. "Schlaf, mo bhean. Ich wärme dich."


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 30. Aug. 2007, 17:38 Uhr
Endlich erreicht Al Hawa den westlichen Rand des Larisgrüns. Tagelang war er schon durch diesen Wald gelaufen. Nun kann er endlich die Stadt Talyra in der Ferne sehen. Hier ist es zwar wesentlich kälter als in der Wüste, in der er aufgewachsen ist, aber immerhin gibt es genügend Wasser, welches in seiner Heimat doch so selten und wertvoll ist.

Doch hier wird er trotz der Witterung sein Lager aufschlagen. Die Händler sind reichlich und so nahe an der Stadt noch unvorsichtig. Es wird viel leichte Beute für ihn geben und der Wald gibt ihm ausreichend Schutz um nicht erwischt zu werden.

Aber zuerst muss er hier das Lager errichten. Die dichten Brombeersträucher dort zwischen den Bäumen scheinen einen optimalen Grundstein für seinen zukünftigen Rückzugspunkt zu bieten.
Es wird zwar nichts Großes aber immerhin wird es ihm Schutz vor dem Wetter und vor allem vor neugierigen Blicken bieten.
Ein angenehmer Schauder läuft ihm bei dem Gedanken an die fette Beute, die sich ihm hier bieten wird, über den Rücken.

So motiviert beginnt er geeignetes Gehölz, Laub und Moos zu suchen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 24. Sept. 2007, 09:26 Uhr
Zufrieden lässt Al Hawa seinen Blick über seine zukünftige Lagerstätte schweifen. Endlich hat er es geschafft. 2 ganze Tage hat er mit dem Bau verbracht aber nun ist sie fertig.

Zuerst hatte er ein Grundgerüst aus einer Astgabel und einem weiteren Ast errichtet. Diese müssen so dick wie der Arm eines 12-Jährigen sein, denn immerhin ruht auf ihnen die gesamte Last der Konstruktion. Es hatte ihn viel Zeit gekostet eine Astgabel zu finden die hoch und stabil genug war.
Er rammte die Astgabel in der Nähe der Brombeersträucher in den Boden und legte den dicken Ast in die Gabel. Die beiden Hölzer wurden mit mehreren Bändern, die er aus Gräsern geflochten hatte, aneinander gebunden.
Als nächstes kamen hunderte fingerdicke Zweige an die Reihe, wobei er darauf achtete keinen allzu auffälligen Kahlschlag zu produzieren. Diese wurden eng aneinander schräg an den "Dachbalken" angelehnt. Schon jetzt konnte man die Endgültige Form erkennen und Al Hawa war es nun möglich zu testen, ob er richtig gearbeitet hat. Penibel überprüfte er noch einmal die Stabilität des Bauwerks und als er zufrieden war, begann er eine Schicht von einem halben Fuß, bestehend aus Laub, Moos und kleinem Gehölze, auf das Dach zu legen.

Jetzt da er sich sicher war, dass sein Lager dem Wetter dieser Region standhalten würde, begann er seine Feuerstelle zu planen, wie man es ihm auf den ausgedehnten Raubzügen in der Wüste beigebracht hatte.
Er würde eine Grube ausheben die ungefähr einen Fuß tief sein würde und einen großen, flachen aber schweren Stein darauf legen. Dann nur noch einen faustgroßen Zugang neben den Stein graben und schon würde er Feuer machen können ohne sich durch den Feuerschein zu verraten.

"Das hier ist die richtige Stelle. Hier wird es gehen." Denkt sich Al Hawa und macht sich an die Arbeit.

--> Platz der Händler

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 28. Sept. 2007, 22:29 Uhr
<--- Der Platz der Händler

Er schlägt zuerst mehrere Haken um potentielle Verfolger abzuschütteln. Doch er hat Glück im Unglück. Der Nebel der langsam im Larisgrün aufzieht lässt ihn trotz seiner Last fast unsichtbar erscheinen und das herbstliche Laub verwischt seine Spuren.

Schon nach wenigen Minuten erreicht er sein Lager. Fast hätte er es übersehen und wäre selbst daran vorbei gelaufen. Doch der Stolz bleibt nur für kurze Dauer und verfliegt als er sich seines Balasts bewusst wird. Damit wird Al Hawa auf seine jetzige, nicht gerade vorteilhafte Situation erinnert.
Unsanft lässt er sein Opfer zu Boden fallen und stellt fest dass sie scheinbar ohnmächtig geworden ist.

"Eindeutig ein Stadtkind." lacht Al Hawa leise. "Jeder Bauerntölpel hat mehr Nerven als dieses Weibsstück."

Doch diese Reaktion hat auch seine Vorteile. So kann er in Ruhe seine "Beute" begutachten ohne dessen ehemalige Besitzerin unter Kontrolle halten zu müssen.
Er lehnt die unbekannte Schönheit an einen Baum entzündet das Holz in seiner Feuergrube und setzt sich seinem Opfer gegenüber.
Als erstes möchte er das Amulett begutachten. Immerhin hat wegen diesem Schmuckstück der ganze Ärger ja überhaupt erst begonnen. Doch als er seinen Blick im Feuerschein darauf fallen lässt, stockt ihm der Atem.
Durch das tragen der Frau ist das Amulett verdreht worden und steht nun mit der Rückseite zu ihm. Er traut seinen Augen kaum doch er erkennt das Zeichen sofort, welches die Rückseite ziert und verflucht den heutigen Tag der so vielversprechend begann.

Sie ist eine von den seinigen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 29. Sept. 2007, 19:42 Uhr
Plötzlich scheint ihr Peiniger etwas zu bemerken, denn durch ihren Schleier aus Panik und Verzweiflung hört sie ihn leise etwas vor sich hinmurmeln, dass sich nicht unbedingt nett anhört. Bevor sie sich versieht, hat er Aingeal auch schon plötzlich geschultert und macht sich auf den Weg, wohin weiß Aingeal nicht, da der Gedanke von ihm irgendwohin verschleppt zu werden sie aus Angst fast das Bewusstsein verlieren lässt und sie die Augen schließt – sich zu wehren wäre einerseits fruchtlos gewesen, da er ihr mehr als nur Überlegen ist und andererseits kommt ihr dieser Gedanke erst gar nicht, denn in ihrem Kopf läuft immer noch ein und das selbe Programm ab – er wird sich über sie hermachen, und sie darf sich nicht wehren, denn sonst tötet er sie. Dieser Gedanke macht es ihr unmöglich sich auch nur irgendwie zu bewegen.

Nach einiger Zeit wird Aingeal relativ unsanft zu Boden geworfen, was sie in ihrem Delirium aber kaum wahrnimmt. Erst als er sie gegen einen Baumstamm lehnt und ihr Kopf etwas unsanft dagegen schlägt beginnt sich der Nebel in ihrem Kopf ein wenig zu lichten. Bisher hat er sie noch nicht angefasst, was aber die Lage für Aingeal nicht im geringsten entspannt, eher im Gegenteil, denn sie leidet jede Minute mehr und wünscht sich, es wäre schon vorbei.

Ein leises Lachen dringt an ihr Ohr, die Bedeutung seiner dazu gesprochenen Worte dringen aber nicht bis zu Aingeals Verstand vor, obwohl er in Gemeinsprache redet.
Als Aingeals verwirrter Geist das prasseln von Feuer wahrnimmt, beginnt sie langsam wieder ihrer Augen aufzuschlagen und merkt, dass ihr der dunkelhäutige Mann gegenüber sitzt und sie anstarrt. Er scheint jedoch sie nicht im ganzen anzustarren, denn es ist kein Lüsternes anstarren, wie sie es erwartet hat, eher scheinen seine Augen sich in dem Moment vor Überraschung zu weiten.
Obwohl Aingeal wenige Augenblicke vorher noch gestammelt hatte er solle doch das Amulett nehmen, schließt sie instinktiv ihre Hand herum. Zitternd sitzt sie an den Baum gelehnt da und traut sich kaum ihren Entführer anzusehen. Stattdessen blickt sie verstohlen in die Umgebung, denn schön langsam kommt ihr der Gedanke an Flucht. Sie scheint im Larisgrün gelandet zu sein.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 29. Sept. 2007, 21:26 Uhr
Als sein Opfer wieder langsam zu Bewusstsein kommt und die Hand fest um das Amulett schließt, kann Al Hawa seine neu gewonnene Erkenntnis immer noch nicht begreifen. Diese hellhäutige Frau dort am Baum soll eine von ihnen sein? Wie kann das sein? Das ist einfach unmöglich.

"Wer in Sithech´s Namen bist du?" Sagt er leise, fast flüsternd, zu der Unbekannten die nun erschrocken zusammenzuckt.
"Wie kommst du an dieses Medallion? Und erzähl mir nicht du hättest es gekauft. Ein Targa gibt ein solches Schmuckstück nicht freiwillig in die Hände Ungläubiger. Eher würde er sterben." Fuhr er sie scharf an während er erneut seinen Dolch aus dessen Scheide zog, der nun im schwachen Feuerschein bedrohlich funkelte.

Er wird sehr wütend, seine Muskeln spannen sich an und er verengt die Augen zu Schlitzen. Wie kann sie es wagen, den Namen einer der seinen um den Hals zu tragen? Die Familie ist jedem seines Volkes heilig, und sie ist töricht genug sie zu entweihen indem sie sie behandelt wie billigen Schmuck.
Gespannt wartet er auf ihre Antwort obwohl er überzeugt ist, dass sie ihn eh nur anlügen wird um ihre Haut zu retten.

Ihre Blicke verraten ihm ihre Absicht zur Flucht. Und er muss unwillkürlich lächeln. In einem ruhigeren aber nicht minder drohendem Ton wendet er sich erneut an sie:
"Denk nicht einmal an eine Flucht. Du wärst tot bevor du auch nur den Baum dort drüben erreichen würdest."

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 29. Sept. 2007, 22:57 Uhr
Ungläubig sieht der dunkelhäutige Mann Aingeal an und plötzlich spricht er sie leise an: >> Wer in Sithech´s Namen bist du?"<< Aingeal zuckt zusammen, so erschrocken ist sie davon. >> Wie kommst du an dieses Medallion? Und erzähl mir nicht du hättest es gekauft. Ein Targa gibt ein solches Schmuckstück nicht freiwillig in die Hände Ungläubiger. Eher würde er sterben.<<
Aingeal öffnet den Mund, wie um etwas zu sagen, schließt ihn aber gleich wieder, als er seinen Dolch zückt. Seine Augen werden zu schmalen Schlitzen und funkeln Aingeal bösartig an, sein ganzer Körper scheint eine einzige Spannung zu sein und Aingeal bekommt es noch mehr mit der Angst zu tun – was gibt es schlimmeres als einen wütenden Entführer?
Als Aingeal stumm bleibt und die Umgebung nach Fluchtmöglichkeiten absucht lächelt ihr Gegenüber leicht. >>Denk nicht einmal an eine Flucht. Du wärst tot bevor du auch nur den Baum dort drüben erreichen würdest.<<
Mädchen, reiß dich am Riemen....komm wieder zu dir...antworte ihm, sonst wird er dir gleich etwas tun..., mischt sich schön langsam wieder Aingeals Verstand in ihre wirren Gedanken ein.
"Ich....mein Name ist Aingeal. Aingeal Ghaniyah Kherith.", antwort Aingeal langsam. Es ist mehr ein flüstern, aber so nah wie er bei ihr sitzt, sollte er es trotzdem hören. Er ist ein Targa...Rashid...., schießt es Aingeal durch den Kopf.
Aingeal zieht ihre Beine an sich heran und schlingt ihre Arme um sich. Der Nebel und der anbrechende Abend haben es bereits empfindlich kühl gemacht im Larisgrün. Sollte sie ihm die Wahrheit sagen? Wieso auch nicht? Ihn anzulügen würde auch nichts bringen. Aber ob er ihr glauben würde? "Das Amulett", Aingeal schluckt und schaut ihm flüchtig ins Gesicht. "Es ist von meinem Vater. Er stammt von der Rubinküste..." Tränen steigen ihr in die Augen. "Bitte...lasst mich gehen. Nehmt mein Geld, auch wenn es nicht viel ist..." Die Mädchen in der Schneiderei würden sich wohl bereits Sorgen um sie machen. Aber ob sie sie im Larisgrün vermuten würden? Sie glaubt es kaum.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 30. Sept. 2007, 01:29 Uhr
Er ist sich nicht sicher ob er glauben soll, was er da hört. Sie, dieses hellhäutige Weibsbild soll eine von ihnen sein?
Al Hawa mustert sie vorsichtig und streng, den Dolch immer noch angriffsbereit in der Hand haltend.
Doch plötzlich und ohne erkennbaren Grund muss er leise lachen. Sie könnte ihn nicht anlügen selbst wenn sie es wollte. So wie sie vor ihm sitzt, zitternd vor Angst und Kälte. Kaum fähig einen vernünftigen zusammenhängenden Satz zu bilden. Sie wäre wohl schlecht in der Lage ihn in dieser Verfassung anzulügen, dessen ist sich Al Hawa sicher. Es stimmt also. Sie ist eine von den seinigen. Mit einem Lächeln schiebt er den Dolch zurück in seine Halterung.

Er greift hinter sich in seine Lagerstätte und zieht eine Decke sowie einen kleinen Trinkschlauch mit klarem Wasser hervor die er der sichtlich überraschten Aingeal herüberreicht.

"Deine Geschichte ist zu verrückt, als dass du sie erfunden haben könntest. Selbst Barden können sich soetwas nicht einfallen lassen. Hier du scheinst mehr zu frieren als ich es tue. Und dabei lebst du sicherlich schon länger in dieser Frosthölle als ich. Setz dich zu mir ans Feuer und trink etwas. Es wird dir Kraft spenden. Und glaub mir die wirst du brauchen, denn du hast mir einiges zu erklären meine Schwester."

Die Anspannung ist von ihm gewichen und nun machen sich auch bei ihm die kälteren Nachtwinde bemerkbar. Während er sich näher an den Feuerstein setzt, der durch das Feuer erhitzt angenehm viel Wärme abstrahlt, lässt er sie dennoch nicht aus den Augen.

"Nun erzähl schon. Wer ist dein Vater, dass er sich hier oben eine Frau sucht und keine aus dem Stamm zum Weibe nimmt? Du solltest übrigens heute nicht mehr zurück in die Stadt gehen. Wer weiß was noch für Gesinde bei Nacht in den Wäldern lauern. Glaub mir, beim nächsten Mal hättest du nicht so viel Glück mit demjenigen verwandt zu sein."

Al Hawa unternimmt nicht einmal den Versuch sich für den Überfall zu entschuldigen. Wenn sie eine echte Schwester seines Volkes ist wird sie es verstehen. Doch immerhin versucht er so gut es geht einen freundlichen Tonfall zu treffen, was ihm aus seiner Sicht der Dinge für seine Verhältnisse recht gut gelingt.
Er versucht angestrengt in ihren Augen zu lesen was sie genau fühlt, denn trotz der plötzlichen Wendung scheint sie fast wie traumatisiert. Selbst wenn sie nur eine halbe Targa sein sollte. So verweichlicht kann man doch nicht sein. Irgendetwas stimmt mit ihr nicht und Al Hawa hat beschlossen herauszufinden was es ist.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 30. Sept. 2007, 17:44 Uhr
Mit Überraschung stellt Aingeal fest, dass dieser Mann scheinbar gar nicht die Absicht hat, ihr nahe zu kommen, zumindest scheint es im Augenblick so. Jedoch, er mustert sie streng und Aingeal schaut an seinem Gesicht vorbei, denn seinem Blick kann sie nicht standhalten.
Plötzlich und ohne ersichtlichen Grund lacht er leise auf und verstaut seinen Dolch wieder. Als er dann nach hinten greift, befürchtet Aingeal schon irgendwelche schlimmeren Waffen, doch zu ihrem Erstaunen holt er eine Decke und einen kleinen Trinkschlauch hervor, die er Aingeal reicht. Überrascht schaut sie ihn an, und nimmt zaghaft die Decke und den Trinkschlauch. Sorgfältig hüllt sie sich ein, aber den mit scheinbar klarem Wasser gefüllten Trinkschlauch rührt sie nicht an, schließlich weiß sie nicht was wirklich dort drinnen ist.

>>Deine Geschichte ist zu verrückt, als dass du sie erfunden haben könntest. Selbst Barden können sich soetwas nicht einfallen lassen. Hier du scheinst mehr zu frieren als ich es tue. Und dabei lebst du sicherlich schon länger in dieser Frosthölle als ich. Setz dich zu mir ans Feuer und trink etwas. Es wird dir Kraft spenden. Und glaub mir die wirst du brauchen, denn du hast mir einiges zu erklären meine Schwester.<< Als er diese Worte spricht, scheint er sich zu entspannen. Aingeal ist über dieses plötzliche, fast vertraute "Schwester", mehr als nur erstaunt, aber trotzdem wagt sie es nicht auf nur einen Schluck der Flüssigkeit zu trinken, denn vielleicht will er ja nur ihr Vertrauen erlangen.

>>Nun erzähl schon. Wer ist dein Vater, dass er sich hier oben eine Frau sucht und keine aus dem Stamm zum Weibe nimmt?<<

Verwandt?
, durchzuckt es Aingeal ungläubig und sie sieht ihn mit großen Augen an. "Mein Vater, er ist wohl als Reisender durch die Herzlande gezogen...er hat sich meine Mutter nicht zur Frau gesucht...", Aingeals Wangen nehmen trotz der Kälte eine leichte Röte an, "ich wahr wohl eher ein Unfall. Das Amulett hat mein Vater bei meiner Mutter gelassen. Bis vor einem Jahr kannte ich ihn auch nicht und er wusste auch nichts von mir..." Aingeal versucht halbwegs verständlich ihre Worte in Sätze zu zwingen, aber wirklich gut gelingt es ihr nicht. Ihr Verhalten muss ihm wahrscheinlich mehr als nur seltsam vorkommen, denn selbst in einer solchen Situation hätte jedes normales Dorfmädchen versucht ihren Entführer wohl mit ihren Reizen versucht davon zu überzeugen sie gehen zu lassen.

>>Du solltest übrigens heute nicht mehr zurück in die Stadt gehen. Wer weiß was noch für Gesinde bei Nacht in den Wäldern lauern. Glaub mir, beim nächsten Mal hättest du nicht so viel Glück mit demjenigen verwandt zu sein.<<, spricht er weiter. "Man wird sich aber Sorgen um mich machen...und nach mir suchen," antwortet ihm Aingeal schon fast mutig für ihre Verhältnisse.
Ihr Zittern lässt durch die Decke und das Feuer auch schon ein wenig nach, aber trotzdem presst sie sich an den Baumstamm, selbst wenn dieser feucht und kalt ist, denn sie will dem Unbekannten auf keinen Fall zu nahe kommen. Will er zuerst wissen was er später unter sich haben will?, schießt es Aingeal wieder durch den Kopf und ein Teil von ihr will wieder in Panik verfallen. In ihrem Kopf entsteht schön langsam wieder ein Kampf zwischen ihrem Verstand und der jüngeren Aingeal die immer wieder Sequenzen ihrer Vergewaltigung durchlebt. Im Moment aber gelingt es Aingeal sich zum Glück doch besser auf ihr Gegenüber zu konzentrieren als gedacht und sie driftet immer weniger wieder in diese schauerlichen Gedanken ab.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 30. Sept. 2007, 22:10 Uhr
Al Hawa bemerkt dass sich die Frau die sich als Aingeal vorgestellt hat trotz der Offenheit seiner Art nicht im geringsten Entspannt. Sie scheint immer noch der Auffassung zu sein, er stelle eine Gefahr dar. Doch sollte er die Gefahr bannen wollen, dass sie ihn an die Wachen verrät so musste er sie beruhigen und zumindest ein wenig auf seine Seite ziehen.

"Du musst wirklich keine Angst mehr haben. Auch wenn du etwas blass bist, du bist von meinem Volk und hast nichts von mir zu befürchten. Und das Wasser ist auch nicht vergiftet oder ähnliches. Du hast mein Wort als Targa. Du solltest wissen was das heist."

Mit diesen Worten und einem gutmütigen Lächeln legt er noch etwas Holz in die Feuergrube. Ein leises Knacken durchbricht die Stille welche sich nun über den Wald gelegt hat, als das vom Nebel befeuchtete Holz langsam anfängt Feuer zu fangen.
Aus den Augenwinkeln heraus beobachtet er Aingeal weiterhin. So wie sie da sitzt. An den kalten Baum gepresst, die Beine an sich gezogen und total verängstigt.
Plötzlich durchfährt ihn ein Schaudern und abgrundtiefer Hass steigt ihn ihm auf. Er hat ein solches Verhalten, bei den vielen Überfällen, schon mehrmals beobachtet. Vor allem wenn die Männer nach einiger Zeit eine Karawane ein zweites Mal überfallen hatten. Wieder spannte sich sein gesamter Körper, seine Muskeln zitterten und unbewusst griff er zu seinem Dolch.

"Wer hat dir das angetan?"

Seine Stimme war erfüllt von Hass, Wut, Verabscheuung aber vor allem von Trauer und Mitleid. Erst jetzt erkannte Al Hawa die vollen Auswirkungen seines Handelns. Kein Wunder dass sie so eigenartig reagiert hatte wenn seine Vermutung zutrifft.
Schweigen hüllt sich über die beiden, während das Lagerfeuer leise knackend vor sich hin brennt und Al Hawa Aingeal nicht mehr aus den Augen lässt.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 01. Okt. 2007, 11:58 Uhr
>>Du musst wirklich keine Angst mehr haben. Auch wenn du etwas blass bist, du bist von meinem Volk und hast nichts von mir zu befürchten. Und das Wasser ist auch nicht vergiftet oder ähnliches. Du hast mein Wort als Targa. Du solltest wissen was das heist.<<
Sein Wort als Targa...Rashid hatte immer gemeint auf sein Wort als Wüstenkrieger könnte sie sich verlassen, denn das wäre mehr wert als alles andere. Vorsichtig nimmt Aingeal also den Trinkschlauch und kostet einen kleinen Schluck, denn wenn sie ehrlich ist, ist sie inzwischen doch schon recht durstig geworden.
Er lächelt sie an und legt noch etwas Holz in des Feuer. Aingeal schafft es schön langsam sich ein wenig zu entspannen, obwohl sie sich noch nicht getraut näher an das wärmende Feuer heranzurücken.

Plötzlich scheint es den Mann zu schütteln und irgendwie verändert sich sein Gesichtsausdruck, Aingeal kann ihn nicht deuten, merkt aber, dass es nichts gutes sein kann. Hat er es sich doch anders überlegt?
Er durchbricht die Stille mit einem einzigen Satz, der Aingeal wieder aus der Fassung bringt:
>>Wer hat dir das angetan?<< Nun endlich kullern Tränen über Aingeals Wangen, die manchmal Erlösung von der unerträglichen Anspannung in ihr bringen. Seine Stimme ist hart, aber trotzdem schwingt ein Unterton mit, der für Aingeal nach Trauer klingt. Fester zieht Aingeal die Decke um sich und gräbt ihr Gesicht in ihre Hände. Ein leises "Händler..." murmelt sie, so leise, dass er sehr genau hinhören muss um es verstehen zu können. "Zwei...", murmelt Aingeal weiter und linst ein wenig mit geröteten Augen zu ihrem Entführer hinüber, dessen Namen sie noch gar nicht weiß. Es kommt ihr mehr als nur seltsam vor einem Mann zu erwähnen, was ihr passiert ist, aber er hat es scheinbar von selbst aus ihrer Reaktion ablesen können, scheinbar muss er so etwas schön öfter gesehen haben.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 01. Okt. 2007, 12:23 Uhr
Ihre Worte hallen immer noch in seinem Kopf als er versucht die in ihm aufkeimende Wut zu unterdrücken.

"Händler..." "Zwei..."

Mehr hatte sie nicht über die Lippen gebracht und selbst das nur sehr leise. Er musste sich anstrengen ihre Worte nicht zu überhören. Doch diese Worte reichten aus um ihn verstehen zu lassen, welchen Schock er ihr versetzt hatte. Im Normalfall würde es ihn nicht weiter interessieren, doch hier handelt es sich nicht um irgendjemanden sondern um eine der seinen.
Diese Tat hatte das Schicksal der beiden Händler besiegelt ohne dass sie etwas davon wussten. Hätten sie gewusst welchem Volk Aingeal entspringt so wäre sie vielleicht verschont geblieben.
Bevor er handeln kann muss Al Hawa mehr über ihre Peiniger erfahren um sie aufspüren zu können. Doch in ihrem jetzigen Zustand konnte sie nicht weitersprechen. Sie war nach den vergangenen Geschehnissen kurz vor dem Zusammenbruch, dass stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. Er nahm sich vor den entstandenen Schaden zumindest teilweise zu entschädigen, bevor er nach weiteren Details fragen würde.

"Nun komm schon näher ans Feuer. Du frierst und hier wird dir nichts geschehen."

"Das werde ich nicht zulassen."

Letzteres flüstert er ihr leise ins Ohr als er sich neben sie setzt und vorsichtig den Arm um sie legt. Zwar zittere sie noch immer wie Esbenlaub aber immerhin scheint sie sich zu entspannen.

Erneut wendet er das Wort an Aingeal:
"Morgen bei Tagesanbruch werde ich dich zu dir nach Hause bringen. Ich brauche nur Gewissheit, dass die Geschehnisse von heute nicht bekannt werden. Es ist schon schlimm genug, dass ich ein Mitglied unseres Volkes überfalle und ihm nichts abnehme. Da muss ich nicht noch Ärger mit den Wachen haben wenn ich in die Stadt gehe."

Nach diesen Worten lächelt er Aingeal an welche ihn immer noch vorsichtig mit geröteten Augen anstarrt.
Al Hawa konnte nur hoffen, dass sie sich rasch erholt denn er wollte noch vor Tagesanbruch erfahren wer ihr diese Grausamkeit angetan hatte.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 01. Okt. 2007, 20:16 Uhr
Zu Aingeals Überraschung tritt ein eigenartig entschlossener Ausdruck auf das Gesicht des Mannes und wenig später spricht er sie wieder an: >> Nun komm schon näher ans Feuer. Du frierst und hier wird dir nichts geschehen.<< Aingeal hat inzwischen wirklich das Gefühl bekommen, dass von diesem Mann keine Gefahr ausgeht. Selbst wenn es ein Teil ihrer Selbst noch nicht ganz glauben möchte, spätestens nach seinem in ihr Ohr geflüsterten Zusatz >>Das werde ich nicht zulasse<<, will Aingeal diesem Mann glauben und rückt zaghaft ein wenig ans Feuer heran. Dieser geflüsterte Satz hat ihr irgendwie ein wenig Gänsehaut beschert, die sie aber gleich wieder verdrängt, denn sie kann nicht sagen ob diese Angst als Grund hatte. Sie breitet die Decke auch unter sich um nicht mehr direkt am feuchten Laubboden zu sitzen, obwohl es eigentlich umsonst ist, denn ihr Kleid hat bereits die Feuchtigkeit des Bodens unter ihr aufgenommen. Als er seinen Arm um sie legt zuckt sie kurz zusammen, aber als sie merkt, dass er nicht versucht sie dadurch irgendwie zu betatschen, entspannt sie sich ein wenig.
>> Morgen bei Tagesanbruch werde ich dich zu dir nach Hause bringen. Ich brauche nur Gewissheit, dass die Geschehnisse von heute nicht bekannt werden. Es ist schon schlimm genug, dass ich ein Mitglied unseres Volkes überfalle und ihm nichts abnehme. Da muss ich nicht noch Ärger mit den Wachen haben wenn ich in die Stadt gehe.<<

Ihre Augen sind noch rot von den Tränen, sie spürt aber, wie sie langsam wieder trockener werden, als sie dem Mann antwortet: "Ich weiß nicht, wie ich es erklären kann, wo ich gewesen bin...ich lebe in einer Schneiderei...man wird sich schreckliche Sorgen machen...denn...ich bin vor zwei Jahren am Strand in eine Art Fiebertraum-Ohnmacht gefallen...meine Lehrherrin wird Angst haben, dass mir so etwas wieder passiert...oder eben etwas anderes..." Gerade wurde es Aingeal bewusst, dass sie von Madam Pileh immer noch als ihre Lehrherrin sprach, obwohl sie eigentlich nicht mehr Lehrmädchen war, sondern inzwischen ausgebildete Schneiderin. "Wieso habt ihr gerade mich überfallen und wer seid Ihr überhaupt?", entfährt es Aingeal und sie hätte sich am liebsten den Mund zugehalten. Kaum wahr sie nicht mehr einer Ohnmacht nahe, war ihr Mundwerk schon wieder lose.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 01. Okt. 2007, 21:31 Uhr
"Verzeiht meine Unhöflichkeit liebe Schwester. Mein Name ist Al Hawa und wie mein Name schon sagt ein ehemaliger Jäger und Kundschafter der sich nun als Söldner oder gar Räuber verdingt."

Mit diesen Worten deutet er eine Verbeugung an, so gut es ihm eben im Sitzen gelingt.

"Der Überfall hatte keinen persönlichen Hintergrund. Betrachtet die Situation doch mal aus meiner Sicht der Dinge. Eine Frau alleine, unbewaffnet, auf einem Seitenpfad und dann trägt sie auch noch ein teuer anmutendes Amulett um den Hals. Seid ehrlich. Würdet ihr euch als Dieb eine solche Gelegenheit entgehen lassen? Ihr solltet euch besser einen Begleitschutz organisieren wenn ihr solche Wanderungen zu unternehmen gedenkt. Manch einer würde euch schon für ein wenig Essen und ein Dach über dem Kopf folgen."

In seinem Unterton kann man ohne Schwierigkeiten das Angebot heraushören welches er ihr gerade unterbreitet. Doch genau so soll es sein, denn Al Hawa möcht ihn ihrer Nähe sein und mehr über diese Händler erfahren um eines Tages die Beschmutzung der Ehre seines Volkes zu rächen.

"Und das Problem mit eurer Lehrherrin überlasst mir. Ich werde mich als reisender Söldner ausgeben, welcher euch aus den Händen eines Entführers befreit hat der die Schneiderei erpressen wollte."

Die Ironie dabei bringt ihn zum Lachen. Er nutzt seine eigene Geschicht als Vorwand. Selbst Aingeal schien bei dem Gedanken daran etwas aufzuheitern.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 01. Okt. 2007, 22:17 Uhr
Über das "Schwester" muss Aingeal fast ein wenig schmunzeln, auch wenn ihr nicht unbedingt danach ist.

>>Der Überfall hatte keinen persönlichen Hintergrund. Betrachtet die Situation doch mal aus meiner Sicht der Dinge. Eine Frau alleine, unbewaffnet, auf einem Seitenpfad und dann trägt sie auch noch ein teuer anmutendes Amulett um den Hals. Seid ehrlich. Würdet ihr euch als Dieb eine solche Gelegenheit entgehen lassen? Ihr solltet euch besser einen Begleitschutz organisieren wenn ihr solche Wanderungen zu unternehmen gedenkt. Manch einer würde euch schon für ein wenig Essen und ein Dach über dem Kopf folgen.<<

"Ihr habt ja recht, es war ziemlich unvorsichtig von mir und ich glaube auch nicht, dass ich jemals wieder abgelegene Wege benutzen werde, denn noch mal werde ich wohl kaum so viel Glück haben auf einen Räuber zu treffen, der einen gewissen Ehrenkodex zu haben scheint. Einen Begleitschutz? Denkt Ihr da an Euch? Ich werde euch enttäuschen müssen, ich bin zwar Schneiderin und dadurch gut gekleidet, aber ich bin trotzdem alles andere als reich. Ich könnte es mir nicht leisten, Euch als meinen Begleitschutz zu bezahlen, oder irgend einen anderen Mann.", antwortet Aingeal Al Hawa.

>>Und das Problem mit eurer Lehrherrin überlasst mir. Ich werde mich als reisender Söldner ausgeben, welcher euch aus den Händen eines Entführers befreit hat der die Schneiderei erpressen wollte.<<
Wenn Aingeal nicht mehr in einer etwas instabilen Verfassung wäre, hätte sie über diese Aussage wohl herzlich lachen können, aber so entkommt ihr nur ein leichtes Schmunzeln und ihre Stimme findet wieder etwas mehr zu ihrer Festigkeit zurück, als sie ihm antwortet: "Dann wird sie Euch ja für einen Helden halten und ihr könnt wahrscheinlich mit neuen Kleidern rechnen, denn Madam Pileh wird sich wohl freuen, dass ihr nicht noch eine Schneiderin abhanden kommt..."

Der Gedanke daran die Nacht hier draußen, gemeinsam mit einem ihr wildfremden Mann zu verbringen behagt Aingeal immer noch ganz und gar nicht, aber immerhin beginnt sie zumindest so etwas wie ein wenig Vertrauen zu ihm zu finden, zumindest ihr Schock lässt schön langsam nach und ihr Verstand klärt sich wieder soweit, dass die nicht mehr zwischen Realität und Erinnerungen hin und her schwimmt.



Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 01. Okt. 2007, 22:58 Uhr
Mit übertrieben spöttischem Gesichtsausdruck blickt Al Hawa an sich herunter und sagt dann:

"Ist meine Kleidung wirklich schon so zerschlissen, dass ich um neue nicht herumkomme?"


An Aingeals Lächeln erkannte er, dass seine kleine Einlage als Hofnarr ihre Wirkung nicht verfehlt hat und sie sich immer mehr entspannt. Jetzt muss er sie nur noch davon überzeugen nicht mehr von seiner Seite zu weichen, dann wäre es ihm möglich die Ehre wieder herzustellen.

"Und um die Bezahlung meiner Dienste macht euch keine Gedanken. Wie schon gesagt würde es mir genügen, wenn ihr mir regelmäßig etwas Essen, eine Schlafmöglichkeit und vielleicht Winterbekleidung besorgen könntet. Ihr wisst besser als ich wie kalt die Winter hier werden und ich bin beim besten Willen kein Mensch der für den Schnee geschaffen wurde. Zudem hätte es den Vorteil, dass ich euch nicht nocheinmal überfallen könnte."

Bei seiner letzten Bemerkung mussten sie beide herzlich lachen. Die Atmosphäre zwischen Al Hawa und Aingeal entspannt sich zusehens. Nach und nach werden aus den abgehackten Sätzen seines Gegenübers tatsächlich vernünftige Gespräche. Zwar nur zaghafte aber immerhin ein Anfang, wenn man ihre gemeinsame Situation betrachtet.

"Zudem kann ich euch vielleicht helfen die Schatten der Vergangenheit zu besiegen."

Dieser Satz wurde von ihm mehr geflüstert als wirklich gesagt und er war sich nicht sicher ob sie ihn verstanden hatte. Mit sanftem aber ernstem Blick sieht er Aingeal an.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 02. Okt. 2007, 09:34 Uhr
Aingeal muss unwillkürlich lächeln, als er sie spöttisch fragt, ob seine Kleidung denn so zerschlissen aussähe, dass er um neue nicht herumkommen würde. Aingeal schüttelt den Kopf und wird merklich entspannter.

>>Und um die Bezahlung meiner Dienste macht euch keine Gedanken. Wie schon gesagt würde es mir genügen, wenn ihr mir regelmäßig etwas Essen, eine Schlafmöglichkeit und vielleicht Winterbekleidung besorgen könntet. Ihr wisst besser als ich wie kalt die Winter hier werden und ich bin beim besten Willen kein Mensch der für den Schnee geschaffen wurde. Zudem hätte es den Vorteil, dass ich euch nicht nocheinmal überfallen könnte.<<

Aingeal lacht herzlich über seine letzte Bemerkung und antwortet ihm: "Es wäre mir sehr angenehm, wenn ihr mich nicht noch einmal überfallen würdet, so etwas ist doch nicht unbedingt ein Erlebnis das man wiederholen möchte. Kleidung und Essen sollte kein Problem sein, in der Schneiderei wird ohnehin immer gekocht und Euch ordentliche Winterkleidung herzustellen versteht sich von selbst. Das mit dem Dach über dem Kopf wird problematischer, auch wenn ich glaube, die goldene Harfe bietet Gästezimmer an. Im Moment ist in der Schneiderei nämlich auch kein Zimmer frei und ohnehin würde Madam Pileh keinen Herren in ihrer Schneiderei dulden." Die Unterhaltung beginnt flüssiger zu werden, und Aingeal hat den Schrecken von vorhin schon wieder fast gänzlich verdrängt.

>>Zudem kann ich euch vielleicht helfen die Schatten der Vergangenheit zu besiegen.<<, flüstert Al Hawa plötzlich ganz leise und sie muss genau hinhören um überhaupt zu verstehen was er gesagt hat. "Meine Schatten...hm...ich glaube nicht sie jemals los zu werden...", antwortet Aingeal ihm gedankenverloren und starrt ins Feuer.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 02. Okt. 2007, 11:13 Uhr
Als sie so neben ihm sitzt und ins Feuer starrt als wäre es das Fenster zu einer anderen Welt, scheint sie gerade wieder in ihre Vergangenheit abzudriften. Doch Al Hawa hat immerhin die unsichtbare Grenze überwunden, die sie gerade eben noch getrennt hatte. Er musste diese Situation nur noch richtig angehen und schon bald wäre die Ehre wieder hergestellt.

"Jetzt nachdem wir geklärt hätten, dass ich auf dich aufpasse hätte ich noch eine Frage. Was weist du über uns Targa?" Fragte er Aingeal unvermittelt mit einem freundlichen Ton. Die Frage wo er schlafen sollte würde er noch früh genug klären. Jetzt wollte er ersteinmal herausfinden was sie über die Kultur und Lebensweise der Targa wusste.

Was würde wohl passieren, wenn sie gemeinsam ihre Peiniger ausfindig und unschädlich machen würden? Er würde ein Mahnmal an ihnen statuieren und die Gründe für diese Strafe als Gerücht in Umlauf bringen. Niemand soll es mehr wagen sein Volk zu beleidigen.
Al Hawa muss lächeln. Sein Volk. Er ist ein Verstoßener und musste sogar aus seiner Heimat flüchten. Doch tief in ihm ist er immer noch ein Targa auch wenn sein Stamm das wohl verleugnen würde.

Irgendwann würde er zurückkehren und seine Schmach vergessen können. Irgendwann....

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 02. Okt. 2007, 17:35 Uhr
>>Was weist du über uns Targa?<<, fragt Al Hawa sie unvermittelt und mit freundlicher Stimme. "Oh...", Aingeals Wangen wurden ein wenig rot, denn es war ihr peinlich. "Ich weiß eigentlich so gut wie gar nichts. Ich habe meinen Vater erst vor einem Jahr kennengelernt und ihn selbst da nicht lange gesehen. Nicht lange genug um etwas über...unser...Volk zu erfahren, er hat mir nur von seinen Reisen erzählt." Die Targa ihr Volk zu nennen kommt ihr seltsam vor, aber sie sein Volk zu nennen genauso. Sie steht irgendwo dazwischen, weder das eine noch das andere. "Vielleicht könnt Ihr mir etwas erzählen?", schlägt Aingeal ein wenig schüchtern vor.

Gerade eben hatte sie vor Al Hawa noch Todesangst. Angst davor, dass ihr wieder Gewalt angetan werden würde und jetzt sitzt sie mit dem Mann am Feuer, er hat den Arm um sie gelegt und irgendwie fühlt sich Aingeal fast wohl, so paradox es in dieser Situation auch klingen mag, besonders mit ihrer Vorgeschichte.

"Was macht Ihr eigentlich hier? Habt Ihr in Eurer Heimat denn nicht Euer Glück gefunden? Selbst wenn Ihr ein Söldner seit, da gibt es doch sicher genug Arbeit für Euch in den wärmeren Gefilden.", fragt ihn Aingeal mit ungetarnter Neugierde.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 02. Okt. 2007, 17:53 Uhr
"Nun da wir noch längere Zeit miteinander verbringen werden, wird sich sicherlich die Gelegenheit ergeben euch ein wenig mehr über unser Volk zu erzählen. Ihr mögt euch vielleicht nicht dazugehörig fühlen weil ihr nur eine halbe Targa seit, doch das Blut unseres Volkes ist stark und macht euch zu einer von uns."

Antwortet Al Hawa aufmunternd auf Aingeals Frage. Er hat bemerkt, dass sie sich unwohl dabei fühlte die Targe IHR Volk zu nennen. Aber ob gewollt oder nicht sie war eine der seinigen.

<<"Was macht Ihr eigentlich hier? Habt Ihr in Eurer Heimat denn nicht Euer Glück gefunden? Selbst wenn Ihr ein Söldner seit, da gibt es doch sicher genug Arbeit für Euch in den wärmeren Gefilden.">>

Einen tieferen Schlag konnte sie ihm gar nicht versetzen. Doch sie hat dies nicht beabsichtigt und er versucht seine Verzweiflung über seine Vergangenheit zu überspielen.

"Eine berechtigte Frage die du mir da stellst. Und ich denke du hast nach all den Geschehnissen das Recht es zu erfahren. Ich bin ein Geächteter unseres Volkes. Mein Fehler war es einen der unsrigen im Streit zu töten. Nunja es wäre wohl nicht zur Verbannung gekommen, wenn es nicht der Sohn des Stammesführers gewesen wäre..."

Unsicherheit ergreift von seiner Stimme Besitz und so bricht Al Hawa hier den Satz ab. Vor seinen Augen spielt sich alles noch einmal ab. Es ist so als könnte er das Blut, den Staub und die heisse Luft fast erneut schmecken. Damals hatte er seine Klinge vergiftet um auf keinen Fall zu verlieren. Und wozu? Alles wegen einer Frau die jetzt wohl die Söhne eines anderen austrägt. Schmach stieg in ihm auf doch er hatte jetzt die Möglichkeit mit ihrer Hilfe seinen Ruf wieder herzustellen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 03. Okt. 2007, 19:50 Uhr
>>Ihr mögt euch vielleicht nicht dazugehörig fühlen weil ihr nur eine halbe Targa seit, doch das Blut unseres Volkes ist stark und macht euch zu einer von uns.<<, antwortet ihr Al Hawa. Das Blut des Volkes ist stark..., denkt Aingeal über seine Worte nach. Sie war ja schon ein seltsamer Mischling – denn so helle Haut mit so dunklen Augen und Haaren gibt es wirklich kaum. Da war das Blut des Volkes wohl wirklich stark, auch wenn sich die Haut ihrer Mutter durchgesetzt hatte.

Mit Aingeals Frage, wieso Al Hawa denn hier ist, löst sie etwas aus, das sie nie beabsichtigt hatte. Sein Gesicht bekommt plötzlich einen Ausdruck den Aingeal nicht deuten kann und er antwortet ihr, mit immer unsicherer werdender Stimme: >>Eine berechtigte Frage die du mir da stellst. Und ich denke du hast nach all den Geschehnissen das Recht es zu erfahren. Ich bin ein Geächteter unseres Volkes. Mein Fehler war es einen der unsrigen im Streit zu töten. Nunja es wäre wohl nicht zur Verbannung gekommen, wenn es nicht der Sohn des Stammesführers gewesen wäre...<<

Aingeal wird wieder blasser als er ihr das erzählt, einerseits dass sie gerade auf einen Ausgestoßenen ihres gemeinsamen Volkes trifft und andererseits dass er einen der ihren im Streit getötet hat. Ihr kommt es barbarisch vor, auch wenn sie weiß, dass im Streit manchmal alles mit einem durchgehen kann – trotzdem. Sie weiß wie viel Gewalt selbst in den Straßen von Talyra herrscht, trotzdem erschreckt es sie. Zaghaft fragt Aingeal weiter, denn ins Fettnäpfchen war sie ohnehin schon getreten: "Was war denn der Grund für den Streit? Werdet Ihr denn jemals wieder zurückkehren können, oder wollt Ihr das denn überhaupt?"

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 03. Okt. 2007, 20:08 Uhr
Mit einem mehr als leidvollen Lächeln sieht Al Hawa ihr ins Gesicht und blickt ihr tief in die Augen als könnte er so in ihr inneres Blicken um zu erfahren, was sie nun von ihm denkt. Sie kann es nicht verstehen. Niemand kann das, und genau deswegen wurde er ja verstoßen. Niemand hatte sich damals auf der Stammessitzung für ihn eingesetzt. Weder Freunde noch Familie hatten zu ihm gestanden. Es kommt ihm äusserst unwahrscheinlich vor, dass gerade eine aussenstehende ihn verstehen soll. Dennoch sieht er darin seine Chance. Betreten blickt er ins Feuer bevor er leise beginnt:

"Lasst uns ein Geschäft machen. Ich erzähle euch mehr über meine Verbannung und ihr helft mir eure Schänder ausfindig zu machen, einverstanden?"

Er weiß was er da von Aingeal verlangt, doch er ist nicht bereit über seine Schande zu sprechen ohne dafür auch etwas von ihr zu bekommen. Immerhin würde er ihr gestehen müssen ein Giftmischer zu sein und dies auch noch gegen sein eigenes Volk eingesetzt zu haben.
Wer weiß ob nach diesem Geständnis überhaupt noch ein Gespräch stattfinden würde. Vielleicht würde sie auch nur aufspringen und weglaufen. Jetzt da er weiß,
dass sie eine von seinem Volk ist würde er sie nicht mal mehr effektiv daran hindern können, denn noch einen Mord an einem seines Volkes wollte er nicht auf sich nehmen.
Damit schwänden auch seine Chancen seinen Ruf wieder herzustellen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 04. Okt. 2007, 19:35 Uhr
Als Al Hawa so leidvoll lächelt bereut Aingeal es fasst nachgefragt zu haben. Er blickt ihr so tief in die Augen, dass sie fast den Blick abwenden will, aber sie hält ihm stand, bis er betreten ins Feuer blickt.
>>Lasst uns ein Geschäft machen. Ich erzähle euch mehr über meine Verbannung und ihr helft mir eure Schänder ausfindig zu machen, einverstanden?<<

Aingeal überlegt einen Moment und antwortet ihm dann unsicher: "Ich weiß nicht ob ich Euch da helfen kann...ich kann mich kaum an die Gesichter erinnern. Sie waren nur Gäste in einer Pension..." Fast ist ein bisschen Verzweiflung in Aingeals Stimme auszumachen, nicht weil ihr Al Hawa vielleicht nichts erzählen wird, sondern eher, weil sie ihre Peiniger wohl vielleicht nicht einmal mehr erkennen würde wenn sie ihnen über den Weg laufen würde. Oder würde sie das intuitiv spüren? Sie weiß es nicht. "Gerne würde ich ihnen ihre gerechte Strafe zukommen lassen, nur weiß ich nicht wie man sie ausfindig machen sollte, sie waren doch nur Reisende..."

Gedankenverloren und bedrückt schaut Aingeal ins Feuer, obwohl sie es gar nicht wirklich wahrnimmt, sondern nur irgendwo hin starrt, so als ob sie in eine andere Welt schauen würde. Dann, ganz unvermittelt setzt sie noch nach: "Ich wollte Euch nicht zu nahe treten...es tut mir leid."

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 04. Okt. 2007, 22:28 Uhr
Sanft blickt Al Hawa sie an, legt ihr einen Finger auf den Mund und lächelt.

"Ihr müsst euch nicht entschuldigen. Denkt daran, dass ich derjenige war der euch überfiel."

Mit einem Zwinkern schließt er diesen Satz und wendet sich wieder dem Feuer zu. Es ist fast als würde er seine Vergangenheit vor sich ablaufen sehen.

"Ich war damals in eine Frau aus unserem Stamm verliebt und machte ihr den Hof. Doch der Sohn unseres Stammesführers hatte die selbigen Absichten und machte mir das Recht auf sie streitig. Ich war jung und nicht gewillt meine Liebe wegen dem Stammesrecht einfach so aufzugeben. Also wählte ich meine letzte Möglichkeit und forderte ihn zum Duell. All das wäre noch nicht so schlimm gewesen wie du dir sicher denken kannst, denn so sind die Gesetze.
Nur.... es ist so, dass ich ihm körperlich sowie kämpferisch unterlegen war aber um keinen Preis auf der Welt verlieren wollte. So kam es dass ich mein gesamtes Wissen in diesen Kampf steckte und meine Klinge vergiftete. Es sollte ihn nur ermüden, doch ich hatte die Zutaten verwechselt und so war es eine tödliche Verletzung. Danach wurde ich verurteilt und verbannt."


Er beschließt seine Möglichkeit zurückzukehren nicht zu erwähnen, denn wer weiß wie sie reagieren würde. Al Hawa will nicht, dass Aingeal sich wie ein Werkzeug vorkommt. Denn das war sie schon seit Gesprächsbeginn nicht mehr.

"Das Auffinden der Schuldigen überlasst ruhig mir. Es gibt Gerüchte über eine gewisse Unterstadt in Talyra. Wisst ihr davon? Dort soll man angeblich alles kaufen können wenn man nur genug Geld hat oder eine scharfe Klinge. Wenn ich mich nicht täusche hat dort auch ein Händler seinen Stand den ich vor langer Zeit einmal getroffen hatte. Er wird uns mit den nötigen Informationen versorgen."

Das Wort "getroffen" betont Al Hawa absichtlich stark, um hervorzuheben, dass dieser Händler bereits einmal ein Opfer von ihm war. Er ist optimistisch schon bald mehr über den Verbleib der Reisenden zu erfahren. Und wer weiß was man auf diesem Markt noch alles erstehen kann.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 07. Okt. 2007, 11:16 Uhr
Aingeal zuckt zusammen, als Al Hawa ihr plötzlich einen Finger auf den Mund legt, um sie zum Verstummen zu bringen.
>> Ihr müsst euch nicht entschuldigen. Denkt daran, dass ich derjenige war der euch überfiel.<<
Aingeal muss fast ein wenig lächeln über diesen Satz, aber es verschwindet augenblicklich als er sich wieder dem Feuer zuwendet, ernst wird und zu erzählen beginnt, was passiert war.
Er hatte die Zutaten verwechselt, also noch dazu ein Giftmischer, dachte Aingeal und rückt ungewollt ein wenig weg von ihm, als es ihr jedoch klar wird ,was sie gerade getan hat, rückt sie schnell wieder zurück und hofft, dass es ihm entgangen ist.
>>Das Auffinden der Schuldigen überlasst ruhig mir. Es gibt Gerüchte über eine gewisse Unterstadt in Talyra. Wisst ihr davon?<<

"Ja, ich habe von dieser Unterstadt schon Gerüchte gehört, aber ich habe keine Ahnung ob sie wahr sind, oder wie man dort hinkommt, das ist alles andere als mein gewohntes Umfeld.", Aingeal lächelt leicht und fährt dann fort als Al Hawa meint, er kenne einen Händler der scheinbar dort wäre. "Ihr kennt einen Händler dort?", Aingeal beäugt ihn misstrauisch und überlegt, was er ihr mit der starken Betonung auf dem "getroffen" sagen wollte. "Also Ihr habt ihn einmal überfallen, meint Ihr das? Aber trotzdem, wie wollt Ihr sie ausfindig machen? Ich kann mich so gut wie gar nicht an ihr Äußeres erinnern, nur mehr wo sie genächtigt haben und dass es vor ungefähr 4 Zwölfmonden, irgendwann zwischen Blätterfall und Langschnee war." Der Gedanke ihre Peiniger ausfindig zu machen und ihnen ihre gerechte Strafe zukommen zu lassen, behagt Aingeal einerseits, andererseits macht es auch Angst, diesen Männern vielleicht wieder zu begegnen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 07. Okt. 2007, 11:40 Uhr
Ein breites Grinsen legt sich auf Al Hawas Gesicht als Aingeal ihre Zweifel äussert, ob man ihre Peiniger finden würde. Sie war wirklich absolut unbedarft in solchen Sachen. Aber das kann man ihr auch nicht verübeln, denn warum sollte sie in den Untergrund gehen. Er wird den Zugang zur Unterstadt finden und alles andere erledigt das Geld bzw. seine Klinge.

"Ihr glaubt gar nicht an was sich ein Mensch alles erinnern kann, wenn sein Leben davon abhängt. Und dieser Händler kennt meine Angewohnheit Fragen nur ein einziges Mal zu stellen."

Mit einem Lächeln muss er an diesen jämmerlichen Feigling denken, den er damals überfallen hat. Wäre er nicht halb verdurstet durch die Wüste gezogen hätte er sich bei dem Anblick von Al Hawas Klinge wohl in die Hose gemacht. Er hatte Al Hawa und seinem Stamm damals ohne Zögern die Route einer großen Karawane verraten, so verängstigt war er allein durch den Anblick des Überfallkommandos.

Wieder zurück in der Gegenwart fährt Al Hawa fort:

"Ich frage nur ungern, da ich weiß was ich von euch verlange, aber ich werde eure Anwesenheit brauchen wenn ich den Zugang zur Unterstadt und den Kerl gefunden habe. Ihr müsst ihm alles sagen woran ihr euch bei den Zweien erinnern könnt. Kleidung, Zimmer, Dialekt und so weiter. Je mehr er weiß desto schneller werden wir sie finden. Was meint ihr? Schafft ihr das?"

Al Hawa ist bewusst, dass er viel von Aingeal verlangt aber es ist die einzige Chance die er hat diese Perversen zu finden.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 11. Okt. 2007, 19:25 Uhr
>>Ihr glaubt gar nicht an was sich ein Mensch alles erinnern kann, wenn sein Leben davon abhängt. Und dieser Händler kennt meine Angewohnheit Fragen nur ein einziges Mal zu stellen.<<, lächelt Al Hawa sie an. "Und was ist, wenn er gar nichts weiß?", fragt Aingeal kleinlaut zurück, ein wenig eingeschüchtert von dieser Aussage.

Aingeal muss schlucken um Al Hawas nächste Frage zu beantworten, und zwar danach ob sie dem Händler etwas erzählen könnte. "Ja, auch wenn es nicht unbedingt angenehm ist darüber so genau nachdenken zu müssen – da kann es Euch passieren das ich einfach umfalle, manchmal schaltet mein Kopf nämlich ab, wenn es ihm zu viel wird..."

Kurz darauf merkt Aingeal eigentlich wie müde sie schon ist und kann ein gähnen kaum mehr unterdrücken. "Nun, wollt Ihr mich die ganze Nacht wach halten?", fragt sie Al Hawa und blickt sich um, wo sie denn etwas Schlaf finden könnte, ohne morgen todkrank zu sein.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Al_Hawa am 11. Okt. 2007, 20:45 Uhr
"Oh verzeiht mir bitte. Selbstverständlich müsst ihr schlafen bevor wir morgen nach Talyra aufbrechen."

Erst jetzt bemerkt Al Hawa wie müde Aingeal scheinbar ist, denn ein leichtes Gähnen zeichnet sich auf ihrem zarten Gesicht ab. Es ist ihm schon fast peinlich, dass er als ehemaliger Kundschafter und Jäger nicht achtsamer war.

"Nehmt mein Lager als Schlafstätte, es ist zwar nicht gerade eine Villa aber es bietet Schutz und keine Widerrede."

Mit einem Zwinkern beendet er den Satz und deutet auf den kleinen Unterstand den er erst vor kurzem fertiggestellt hatte. Es würde ihr zumindest einen einigermaßen ruhigen Schlaf ermöglichen.

Als Aingeal mit leisem Murren aber offensichtlich sehr müde in sein Lager gekrochen war, war sie auch sogleich tief eingeschlafen.
Al Hawa selbst denkt nicht an Schlaf. Zu viel war passiert und zu viele Gedanken schwirrten durch seinen Kopf. Er kannte das Familienzeichen welches sie um den Hals trug.
Die restliche Nacht verbringt er mit dem Versuch seine Gedanken zu ordnen. Er wird sie irgendwann darauf ansprechen.

Doch jetzt muss er zuerst einmal alles für die baldige Abreise vorbereiten. Kurz vor Tagesanbruch beginnt er einige Ampullen mit verschiedenen Giften in den Lederbeuteln unter seiner Kleidung zu verstauen. Ein eisiges Lächeln überzieht sein Gesicht als er die einzelnen Flaschen und Ampullen nocheinmal betrachtet. Da wäre unter anderem der Saft des Mioya-Baums, eine Essenz aus Shenrahfackel und das Gift der Rosenviper.
Die Gifte hat er noch aus seiner Zeit bei seinem Stamm. Sie hatten es regelmäßig von zwielichtigen Händlern zu überteuerten Preisen bekommen. Aber sie waren einfach zu nützlich, als das man darauf verzichten wollte.
Mit leisem Klimpern lässt er die einzelnen Gifte vorsichtig in die dafür vorgesehenen Beutel gleiten, und verstaut diese sicher unter seiner Kleidung.
Für einen kurzen Moment war es ihm so als hätte sich Aingeal bewegt. Doch wahrscheinlich war es nur Einbildung.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aingeal am 21. Okt. 2007, 11:44 Uhr
>>Nehmt mein Lager als Schlafstätte, es ist zwar nicht gerade eine Villa aber es bietet Schutz und keine Widerrede<<, bietet Al Hawa Aingeal an, dem es scheinbar fast peinlich ist, dass er nicht früher daran gedacht hat, dass die junge Frau trotz des Schocks ein bisschen Schlaf brauchen würde.

Es ist schon weit nach Mitternacht, als Aingeal in das Lager kriecht und dort trotz dem Umstand, dass es unbequem ist und ein fremder Mann am Lagerfeuer sitzt, sofort einschläft.

In einem Traum von Aingeal schleicht sich plötzlich ein klimpern, dass sie wenig aus der Traumwelt hervorholt und Schlaftrunken blinzelt Aingeal ein wenig und sieht im grau des Morgens wie Al Hawa scheinbar gerade kleine Fläschchen in Beutel verstaut, irgendwo in ihrem vom Schlaf benebelten Kopf will sich Verwunderung breit machen, aber der Schlaf übermannt sie zu schnell wieder.

Ihr scheint es, als sei keine Minute vergangen, seitdem sie eingeschlafen ist, als sie auch schon wieder geweckt wird. Zuerst steigt in Aingeal wieder Panik auf, als sie den dunkelhäutigen Mann vor sich sieht, aber dann beginnt sie sich langsam wieder an die gestrigen Ereignisse zu erinnern.

Aingeals Glieder schmerzen, und ihr Kleid ist unangenehm feucht und kalt, denn der Nebel im Larisgrün hat sich die ganze Nacht gehalten und selbst die vereinzelten Sonnenstrahlen, die inzwischen schon schüchtern durchs Blattwerk dringen, können die Kälte in ihr nicht vertreiben.

Aingeal trinkt noch einen Schluck von Al Hawas Wasser, bevor sich die beiden wieder in Richtung Stadt aufmachen, wenn diesmal Aingeal den Weg auch selbst zurücklegt, nicht wie am Tag zuvor von Al Hawa geschultert.


->Platz der Händler

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Sensidia am 12. Nov. 2007, 17:37 Uhr
Mit scheppern und klappern rollt der kleine von einem Rind gezogene Holzkarren über den vom Regen weichen leicht matschigen Weg. Bei jeder intensiveren Erschütterung mischt sich unter das knarren des altersbetagten Rädergestells ein aufgeregtes Schnattern.
„Ruhig da hintn..“ schnauzt mit rauher Stimme die Bäuerin. Natürlich kümmern die Worte die Gänse in den derben Holzkäfigen, welche gut befestigt auf dem Karren, inmitten von allerhand Gerümpel bestehend aus Hacken, Schaufel, Kochgeschirr und sonstigem für Haus und Gartenpflege, aufgestapelt sind und über die eine grob gewobene dreckige Decke geworfen wurde um die Tiere vor Wind und Wetter zu schützen, nicht im geringsten und das lärmen hält weiter an.

„Immer das Selbe mit dem Federviech, kaum liegt a kleins Steinle am Weg und rumpelts a bisschen, geht’s gemecker los..“
Die betagte Frau wartet nicht auf eine Antwort und seufzt resignierend während ihr Blick langsam zum graugemalten Himmel schweift. „Uh! Das sieht richtig bös aus. Schirch wird’s. I glaub wir sollten uns a bisschen beeiln, bevor‘s zum schütten anfängt wie aus Kübeln beim feuerlöschn. Was meisnt du Tilde?“
Wieder keine Antwort, was auch wenig verwunderlich war, wenn man berücksichtigt, dass der Bäuerin Gesprächspartnerin, Mathilde kurz Tilde, eine braunfellige Kuh mit großen dunklen dümmlich gutherzig blickenden Augen war.

Die Bäuerin wendet den Blick vom Himmel ab und nimmt die zahme Milchkuh am Kopfgeschirr, beschleunigt ihre Schritte und treibt die Kuh schneller voran. Augenblicklich nimmt das Geschnatter am Zuggerät an Intensität zu und Tilde lässt ein protestierendes langgezogendes MUUH! verlauten und fällt sofort ins gemächlichere Tempo zurück, sodass die Bäuerin ohne Wirkung ziehen und zerrt kann wie sie möchte.
„Tilde, lass die Gäns zetern, du willst doch auch nicht in den kalten Regen kommen, oder?“
Sie tätschelt die Braune aufmunternd an der Flanke. „Komm schon, es ist auch nicht mehr weit“.

So rollt der kleine Karren mit beharrlichem ächzen und rattern, scheppern und klappern begleitet vom aufgeregten Schnattern und dem klingeln der kleinen Kuhglocke an Mathildes Halsschmuck weiter den aufgeweichten Weg entlang in Richtung Talyra.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Arwen am 17. Nov. 2007, 09:27 Uhr
~ Ende des Blätterfall ~



Aus einem langen Schritt sind die Pferde wie von alleine recht bald in einen leichten, kräftesparenden Trab gewechselt, und der Weg führt sie von der Stadt weg immer tiefer in das Larisgrün hinein. Auf der Straße und später zwischen den teils noch licht stehenden Bäumen können sie die Gangart problemlos halten. Neben mächtigen Tannen, Kiefern und Fichten, viele Menschenalter haben ihre Stämme wachsen lassen, stehen Buchen und anderen Laubbäumen, die im Sommer das helle, grüne Laub ihrer Jugend unter den dunklen Baumriesen ausbreiten. Doch jetzt im Spätherbst ist davon nicht mehr viel geblieben, nur vereinzelt haben Blätter ihren Platz an den Zweigen noch nicht verlassen, sind ihren Geschwistern noch nicht auf den Boden gefolgt. Die meisten Zweige jedoch greifen wie knöcherne Skeletthände hinaus in den bleigrauen Himmel. Immer tiefer führt ihr Weg hinein in den Wald, der Pfad dem sie gefolgt sind, hat sich längst unter Moos, rotgoldenem Laub und Baumwurzeln verloren. Und so suchen sie sich ihren Weg abseits der ausgetretenen Pfade. Je tiefer sie in den Wald vordringen, desto dichter stehen die Bäume. Die Pferde fallen in einen langsameren Trab zurück ohne von ihren Reiter gezügelt werden zu müssen. Alle Tiere sind trittsicher, und ihre Reiter überlassen ihnen die Wahl von Weg und Gangart, geben ihnen nur die Richtung vor. Zielstrebig reiten sie durch den Wald, über knorrige Wurzeln hinweg, unter hängenden Zweigen hindurch. Eine friedliche Stille liegt über dem Wald, und sie wechseln anfangs nur wenige Worte.

An einem kleinen Bachlauf, der zwischen moosbewachsenen Steinen fröhlich dahin plätschert, zügeln sie schließlich die Pferde und lassen sie zum Saufen an das Wasser. Sie selber sitzen auch ab und gehen einige Schritte bachaufwärts um ebenfalls etwas zu trinken und sich die Zeit für eine kurze rast und etwas zu Essen zu nehmen. Doch lange währt die Pause nicht, es reicht gerade für ein paar Schluck kalten Wassers, etwas Dörrobst und gebutterte Brote mit Käse. Dann schwingen sie sich schon wieder in die Sättel ihrer Pferde und setzen ihren Weg fort. Im Gegensatz zu ihrer letzten Jagd haben sie dieses Mal drei Hunde bei sich, sicherlich ein Vorteil, auch wenn sie bei den Büffeln nicht vorhaben, es auf eine Hetzjagd ankommen zu lassen, dazu ist das Larisgrün denkbar schlecht geeignet. Aber um einen der Büffel von der Herde zu trennen und auf die wartenden Jäger mit schweren Armbrüsten zuzutreiben, dazu wären sie sicher gut zu gebrauchen. Kaney hat unterdessen die Führung ihrer kleinen Gruppe übernommen, da er den Weg zu einer Lichtung kennt, die seiner Meinung nach sehr gut als Lagerplatz geeignet wäre. Auris und Nevis, die beiden Hündinnen Arúens sind mal einige Dutzend Schritt voraus, stöbern im toten Laub, schlagen einen Bogen und kehren an die Seiten ihrer Herrin zurück und lassen sich einmal sogar von Garok zu einem kurzen Wettrennen bis zur nächsten Wegbiegung überreden, das Auris gewinnt. Dem Hund scheint es wirklich erheblich besser zu gehen mit seinem verletzten Lauf... Und er scheint sich auf diese Jagd regelrecht zu freuen, so wie er seinen Herrn immerwieder ansieht.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 28. Nov. 2007, 19:24 Uhr
Es regnet, es nieselt, die Erde wird nass.
Ein Kinderreim kommt dem Wargenmischling in den Sinn, während sie sich in nördlicher Richtung bewegen. Er ist froh um seine wasserabweisende Kleidung, die ihn ziemlich trocken und warm hält.
Die Bäume mit ihren kahlen Ästen halten nur etwas von dem Nieselregen zurück, aber so ein bisschen Wasser von oben hält die Jagdgruppe nicht auf.
Kaney hat keinerlei Probleme sich auf dem Pferd zu halten, auch sein Hintern tut kaum weh. Vor zwei Zwölfmonden, da war das noch anders, da hatte er sich das Hinterteil leicht wund geritten, einfach weil er es nicht gewohnt war, so lange in einem Sattel auf einem PferdeRücken zu sitzen… Aber das war lange her. Seitdem er Hauptmann der Späher war, und immer überall im Larisgrün etwas zu tun hatte, war er häufig zu Pferd unterwegs gewesen, so dass sein Allerwertester sich gut daran gewöhnt hatte.
Gut, sein junger Wallach – den Kaney in Gedanken „Mistvieh“ getauft hat – hat eine völlig andere Gangweise als der alte Gurp, aber nichts, was den Reiter zu sehr beeinflusst.
Während sie immer weiter Richtung Norden vordringen, unterhält sich Kaney mit seinen Weggefährten. Gerion scheint recht aufgeregt zu sein, weil sie auf Büffeljagd gehen, er hat noch nie so große Tiere gejagt, und das ganze ist ja so aufregend..
Ein böser Blick von Ullmar lässt den jüngeren Burschen kurzzeitig verstummen, aber wirklich nur kurzzeitig… das ganze ist doch viel zu aufregend.
Eine Wegmarkierung nach dem taucht auf. Dort eine Lebenseiche mit einem irgendwie auffälligen Spechtloch, dort zwei sehr dicht beieinanderstehende Buchen, dort zwei riesige Felsen die aus der Erde herausragen, als hätten Riesen ihr Spielzeug fallen und liegen gelassen… von einer Wegmarkierung zur nächsten.

Am Fluss machen sie eine kurze Pause. Zeit etwas zu Essen, die Pferde zu tränken. Die Hunde spielen. Ein schönes Bild, wenn Kaney sich nicht teilweise Sorgen um seinen Hund machen würde. Überanstrengt er sich? Nicht dass es wieder eine Verschlechterung gibt… Kaney hat sowas schon manchmal mitbekommen. Es ging Tieren wieder gut, eine zeitlang zumindest… dann ein unerwarteter Abbau.
Aber bisher geht es Garok so gut wie schon lange nicht mehr, und warum soll er dem schwarzfelligen Vierbeiner nicht diesen Spaß gönnen.
Sie reiten den ganzen Tag lang durch, immer weiter Richtung Norden. Büffel sind im Sommer Graslandbewohner, die in riesigen Herden umherziehen, im Winter hingegen leben die Tiere in kleinen Herden im Larisgrün.
Und genau eine solche kleine Herde suchen die Jäger.
Sie reiten den gesamten Tag hindurch, und erst gegen Abend schlagen sie auf einer Lichtung ihr Lager auf. Schlaffelle werden ausgebreitet, Brennholz wird gesammelt und aufgeschichtet, die Pferde grasen an Pflöcken angebunden, während Garok schnuppernder Weise die Umgebung erkundet.
Später sitzen sie bei heißem Tee und Vorräten aus den Satteltaschen am Feuer, besprechen, wie sie morgen weitermachen sollen.
„Ich denke, dass wir noch einen halben Tag nach Norden reiten sollen, dann sollten wir ein Lager aufschlagen, und nach Büffeln suchen. Wenn wir schnell Spuren finden, können wir morgen vielleicht noch erfolgreich auf Jagd gehen…“

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Arwen am 05. Dez. 2007, 21:04 Uhr
Die Hoffnungen vom Vorabend haben sich leider nur zum Teil erfüllt. Der Nieselregen hatte sich mit dem Sonnenaufgang verzogen, was ihnen allen ein mehr als erleichtertes Lächeln entlockt hatte. Kaney war ein sehr sicherer Führer gewesen, und den von ihm vorgeschlagenen Lagerplatz hatten sie schon vor der Mittagsstunde erreicht gehabt. So gut, wie es bisher läuft, scheinen die Götter uns hold zu sein. Arúen kann sich noch daran erinnern, wie sie das gedacht hat, als Ullmar und Gerion auf der kleinen Lichtung zurückgeblieben waren um das Lager einzurichten, während Kaney und Arúen sich zusammen mit den Hunden einen ersten Überblick über die Umgebung verschaffen würden. Sie hatten gehofft, zumindest den einen oder anderen Hinweis auf durchziehende Büffelgruppen zu finden. Aber lange Stunden waren sie vollkommen vergeblich durch das Larisgrün gestreift. Es ist nahezu unmöglich, sich lautlos durch die regennassen Laubverwehungen zu bewegen, auch wenn sich Warg, Elbin, Pferde und Hunde die größte Mühe geben. Immerwieder verharren sie kurz und richten ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Geräusche des Waldes. Doch nichts als das schwache Rauschen des Windes über ihnen im Geäst der entlaubten Bäume und das ferne Murmeln eines kleinen Baches sind zu hören.

Sie umrunden gerade einen Sumachstrauch, als Garrok und die beiden Goldhündinnen einmal kurz anschlagen. Sie stehen am flachen Ufer eines Baches, der hier in einer breiten, flachen Senke mäandert. Das Einzige, das sich zu bewegen scheint, sind die aufgeregt herumspürenden Hunde. Aber es ist nicht zu übersehen, dass Büffel hier gewesen sind: Das Bachufer ist von trocknenden Klauenspuren zerfurcht und an einer Stelle sind die welkenden Pflanzen beiseite gescharrt worden, so dass ein langer, schlammiger Trog entstanden ist, in dem sich etwas ziemlich Großes gewälzt haben muss. Beide, Kaney und Arúen sitzen von ihren Pferden ab, um die Spuren näher in Augenschein zu nehmen und dann einem Pfad aus zertrampeltem Laub in den Wald zu folgen. All zu nah können die Büffel nicht sein, dazu sind die Spuren nicht mehr frisch genug gewesen,. Und im Wald rings um sie herum herrscht herbstliches Schweigen, und die Stille wird nur vom fernen Echo eines rufenden Eichelhähers unterbrochen.

Die Sonne steht schon tief am Himmel und die Luft hier im Wald ist wie erfüllt mit goldenem Dunst. Es wird merklich kälter, und als sie einen alten,  von alten Nadelbäumen überschatteten Wildwechsel kreuzen zieht Arúen ihren Mantel fester um sich. Sie würden bald zu Ullmar und Gerion zurückkehren müssen, zu dem Lager, das die beiden unterdessen errichtet haben würden, und wo ein flackerndes und vor allem warmes Feuer auf sie warten würde. Die Dämmerung ist zu dieser Jahreszeit nur kurz, und der Gedanke an ein Feuer hat etwas höchst Verlockendes. Sie reiten in eine kleine Senke, in der Herbstnebelschwaden von der abkühlenden Erde aufsteigen. Kaney geht eine knappe Pferdelänge vor ihr, das Pferd ebenso am Zügel führend wie die Elbin es tut und bewegt sich so zielstrebig, wie es der unregelmäßige Boden erlaubt. Trotz des dichten Pflanzenwuchses ist der Pfad für sie noch zu erkennen. Nevis gibt erneut Laut und verharrt dann still und abwartend neben einem großen Brombeerbusch. Wortlos schiebt Arúen sich an dem jungen Wargen vorbei, hält den Busch zur Seite und legt so den Stamm eines uralten Baumes frei, dessen Rinde zum Teil abgeschält ist. An ihrer Stelle ist ein nässender weißlicher Fleck auf der dunklen Haut des Baumes zurückgeblieben. Skeptisch wandert ihr Blick über die Stelle, dann zupft sie ein Bündel dunkler Wollhaare heraus, die in der groben Rinde hängen geblieben sind, und dann noch andere, hellere Haare. "Ist das Fell von ausgewachsenen Branbüffeln auch noch so hell?" Der Blick ihres Begleiters ist nicht weniger fragend als ihr eigener.

Neben Arúen bewegt sich etwas, und als sie sich umdreht, blickt ihr ein massiger, milchheller Kopf über die Schulter. Ein vergleichsweise winziges, feuerrotes Auge erwidert ihren Blick, und mit einem erschreckten Aufschrei weicht die Elbin zurück. Ein weißer Büffel! Anukis! Hüterin der Wälder steh uns bei... Vor ihnen steht tatsächlich einer jener seltenen Büffel, die das helle Kälberfell nicht ablegen, und von denen es heißt, dass sie nur einmal alle tausend Jahresläufe geboren werden. Es geht kaum Wind, und das laue Lüftchen, das hier geht, steht so, dass keiner der Hunde die Witterung des Büffels aufgenommen hat. Erst jetzt, als die Anukispriesterin hektisch Abstand zwischen sich und den weißen Büffel zu bringen versucht, fahren die Hunde herum und besinnen sich ihrer Aufgabe. Mit lautem Gebell schießen sie auf den Hufträger zu. Doch die Wirkung ist alles andere als die erwartete - oder erhoffte. Ein Rascheln, dann ein dumpfer Schlag... und Arúen findet sich um Fuße eines Baumstammes wieder, der eben noch einige Schritte von ihr entfernt gewesen ist. Sie bekommt kaum Luft, und da ist nicht mehr als die flüchtige Erinnerung an einen massigen, haarigen Körper, dessen Kraft sie wie ein Blatt durch die Luft gewirbelt hat. Ein Gefühl, als sei sie um den Baumstamm gewickelt worden, lässt sie dabei zögern, ehe sie sich vorsichtig zu bewegen versucht, während sie in sich hinein lauscht, ob ihre Knochen noch alle dort sind, wo sie hingehören und nicht zersplittert sind. Mühsam setzt sie sich auf und versucht nach Luft zu schnappen und gleichzeitig die buntern Kringel zu ignorieren, die bei jedem Atemzug vor ihren Augen zu flirren beginnen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 11. Dez. 2007, 18:53 Uhr
Regen und Nebel… Seit Tagen immer wieder Regen und Nebel. Für keinen einzigen Sonnenstrahl hat sich der Himmel in den letzten Tagen geöffnet, nur für den Regen und Schnee, der schon matschig und grau aus den Wolken zu fallen scheint.
Der Weg dem sie folgt windet sich zwischen den Stämmen uralter, hoch aufragender Bäume hindurch. Durch die verflochtenen Zweige hindurch kann sie kaum den schmalen Pfad erkennen, zu dem sich der ehemals breite Weg nun verjüngt. Ihre Augen sind halb geschlossen um sie vor dem Wind und dem prasselnden Regen zu schützen aber auch durch die Müdigkeit, welche sich schon seit Stunden des rastlosen Laufens unweigerlich an sie herangepirscht hat.
Mit saugenden und schlürfenden Geräuschen gibt der aufgeweichte, morastartige Boden widerwillig ihre erschöpften Pfoten frei, nur um sie beim nächsten Schritt wieder gierig zu empfangen. Nasses Fell, schwer und klamm, hängt triefend an ihr herab und behindert ihr Vorankommen zusätzlich. Kleine Sturzbäche füllen wieder und wieder ihre zurückgelassenen Pfotenabdrücke im Morast mit braunem Wasser auf dem kleine Blattstückchen und anderes kleines Treibgut schwimmen.
Stetig trabend bringen sie ihre treuen Pfoten voran, vorbei an kleinen Gehöften und Siedlungen von denen sie immer genügend Abstand hält. Nur die Gerüche, durch den Wind getragen, verraten ihr, dass sie an solchen vorbei gekommen ist.
Immerfrost… Ich bin zu weit südlich meiner Route. Vielleicht finde ich einen Hinweis wo ich mich genau befinde, ich habe schon seit zwei Tagen keinen von meiner Mutter genannten Ort mehr gefunden. Ich sollte umdrehen, aber ich bin schon so weit gegangen! Bei dem Regen kann ich meinen eigenen Spuren nicht einmal mehr folgen… Alles aufgeweicht…
Ein Knirschen unter ihren Pfoten sowie der Wechsel von weichem zu hartem Untergrund lässt sie aus ihren Gedanken aufschrecken. Vor ihr breitet sich eine Straße aus, gekiest und gepflastert, sowie einige Schlaglöcher enthaltend.
Nach links und rechts blickend versucht sie das Ende der Straße oder eine Gabelung zu erspähen, dies wird jedoch von der Gischt des auf die Pflastersteine prasselnden Regens und den vereinzelten Nebelbänken erschwert, zum Teil sogar verhindert.
Langsam und vorsichtig läuft sie ein paar Schritte zur Straßenmitte hin. Die Straße hat vom Rand aus schmaler gewirkt. Sie entpuppt sich als wohl oft und regelmässig benutzte Handelsroute, wie die Wagenrad- und Hufspuren ihr mitteilen. In der Mitte ist sie etwas aufgewölbt durch die schweren Karren und Gespanne, welche die Seiten abgesenkt haben.
Sich heftig schüttelnd versucht sie die Nässe aus ihrem Fell zu vertreiben was ihr jedoch nicht wirklich gelingt. Tropfen fliegen, wie kleine Perlen im fahlen grau des Tages schimmernd, in einem hohen Bogen davon um sich mit dem Wasser in den Pfützen und Schlaglöchern zu vereinen.
Nun auf die andere Seite spähend, erblickt sie ein Wegweiser mit zwei Armen von denen Einer um das doppelte dicker ist als der Andere. Hinübertrabend und ihren Kopf hebend, mustert sie die Zeichen aufmerksam. Alt und verwaschen sind die ehemals goldenen Buchstaben auf dem einen Schildarm wobei die einzige Verzierung des Anderen das Moos zu sein scheint, welches freudig auf ihm sprießt und ihm ein haariges Grün beschert.
Wasser aus den Augen blinzelnd und sich die Lefzen leckend erkennt sie ausserdem Entfernungsmaße, unlesbar jedoch durch die Witterung.
Bei dem großen Schild wird es sich wohl um eine größere Siedlung handeln, das andere scheint nur ein Gehöft zu sein. Nun es wird sicher nicht schaden ersteinmal in diese Richtung zu laufen. Vielleicht kann ich mich dort neu orientieren.
Plötzlich gibt ihr Magen ein lautes Grummeln von sich, um sie an seine Anwesenheit, jedoch längere Abwesenheit von Nahrung zu erinnern.
Hasen und anderes Getier setzen bei solch einem Wetter keinen Fuß heraus aus ihrem warmen, gemütlichen und vor allem t r o c k e n e n  Bau. Sie wird trotzdem irgendwie versuchen müssen Nahrung zu organisieren und der Gedanke an etwas Essbares, lässt sie nicht mehr los. Ihr Speichel, nun stetig ihr Maul füllend, könnte die Pfützen auf der Straße noch einmal um das Doppelte anschwellen lassen.
Belustigt setzt sie sich wieder in Bewegung, erst parallel zu Straße laufend doch dann ins Unterholz wechselnd, immer in Richtung Talyra…

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Stormgrimm am 12. Dez. 2007, 17:20 Uhr

Mit einem dumpfen Geräusch wirft Aegnor das erlegte Wild, das er nun mehr als 2 Wachen lang auf seinem Rücken trägt zu Boden, reckt sich kurz und schüttelt sein durchnässtes, teilweise schneebeflocktes Haar ordentlich durch. Der Wind peitscht ihm um das Gesicht und die Kälte hat ihm tagelang sichtbar zugesetzt.

Seine Pelzstiefel sind schlammbedeckt, er spürt den Moder bei jedem seiner Schritte deutlich in den Zehenzwischenräumen...Ein Gefühl, als ob man einen Schwamm zerquetschte. Aegnor versucht, seinen Wangen durch Reiben wieder Gefühl zu geben, doch die Taubheit wird durch den kalten Wind verstärkt.

Aegnor hustet leicht, als er den halb tiefgefrorenen Kadaver des Hirsches, der nun den ganzen letzten Tag auf seinem Rücken verweilte, nach Verwertbarkeit mustert. Diese gottverlassene Witterung...Den Hirsch kann ich wohl nich´ mehr gebrauchen...Verdammt, ich hätte doch nicht während des Langschnees so weit außerhalb jagen gehen sollen!...Hier kann man ja gar nichts sehen...Ich brauche endlich einen Wegweiser oder wenigstens einen Anhaltspunkt!!!

Regen oder Schnee. Mehr hatte es seit dem letzten Siebentag nicht gegeben. Doch heute scheint es besonders hart zu sein. Er hustet und versucht, sich selbst zu wärmen, doch ohne Erfolg.

Ich hoffe, ich finde bald Irgendwas...sieht so aus, als müsste ich wohl da lang gehen...Den Hirsch lasse ich wohl hier, der ist genauso genießbar wie ein giftiger Pilz oder ein Stein...

Aegnor kämpft sich durch den tief verschneiten, an seinem Grund matschigen, aufgeweichten Boden. Der Wind, der sich nun endlich zu beruhigen scheint, bläst ihm jedoch unerbittlich das weiche, benetzende Gemisch aus Regen und Schnee entgegen.

Er versucht, trotz seiner Müdigkeit, mit scharfen, fokussierten Blicken die Wand aus Schnee und Nebel zu durchbrechen, was ihm nur spärlich gelingt. Aegnor entdeckt zeitweise nur einige Silhouetten schneebedeckter Bäume oder das eine oder andere Gestrüpp am Rande einiger Steine und Felsen. Ungewiss stapft er weiter durch das Umland, das durch die Nebelwand ständig gleich auszusehen scheint.

Der Wind, der wieder an Stärke zugenommen hat, wirft ihm zeitweise einige Blätter entgegen. Die Kälte, die ihn wie eine riesengroße Faust zu erdrücken scheint, lässt seine Kräfte schwinden.

Für einen kurzen Moment hält Aegnor inne, teils aufgrund seiner Müdigkeit, teils um den "Pfad" genauer zu untersuchen. Er atmet tief durch. Mit jedem Zug saugt er die bitterkalte, betäubende Waldluft in sich hinein.
Er konzentriert seinen Blick und versucht erneut, den Nebel zu durchspähen. Wieder nichts...aber diese Richtung sieht mir gut aus...

Unter großem Kraftaufwand versucht er wieder auf die Beine zu kommen und kämpft sich mit schweren Schritten durch die Witterung, während er hustet und versucht, die Gedanken des Hungers und der Müdigkeit aus seinem Kopf zu vertreiben.

Der modrige Boden, der an manchen Stellen zu einer Moderpfütze ausartet, knirscht und zerfließt zwischen und unter seinen Stiefeln. Aegnor starrt neugierig, als er vor sich im Nebel etwas umher flitzen sieht,Etwas, das Ähnlichkeit mit einem Schneehasen besitzt, ohne zu wissen ob es vielleicht nur Illusion sei. Nach einigen Schritten, bemerkt er eine Veränderung des Untergrunds, etwas Festeres hatte den Morast abgelöst.

Wissbegierig bückt er sich, um durch den Schnee zu fassen...Das ist...ein gepflasterter Weg!!! Die Erleichterung, die sich nun in seinen Gedanken auszubreiten beginnt, unterdrückt die Müdigkeit und den Hunger.

Aegnor mustert sein Umfeld mit konzentriertem Blick. Er versucht, die ungefähre Größe und Richtung des Pfades in der Dichte des Schnees auszumachen.

Gut...´ne größere Straße...Wohin also... Nachdenklich blickt er zu beiden geschätzten Richtungen des Weges, hinter die undurchsichtige Wand aus Nebel und Schnee, der sich langsam in Regen aufzulösen beginnt. Ich denke Rechts sollte nicht verkehrt sein.

Erschwert zurück auf den Beinen setzt er seinen Weg fort. Die Müdigkeit, die nun wieder die Überhand nimmt, setzt ihm schwer zu, doch er versucht die negativen Gedanken zu vertreiben.

Nach einigen schweren Schritten, überkommt ihm das Gefühl, er nähere sich einer großen Stadt oder Ähnlichem.
Ich hoffe, ich treffe endlich auf jemanden...


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 12. Dez. 2007, 19:16 Uhr
Ein Geruch, fast nur zu erahnen und doch unverkennbar, wird ihr vom heulenden Wind entgegen getragen. Es ist der Hauch des Todes und des Verfalls, der sie ihre Nase mehr in den Wind strecken lässt. Kleine Eiskristalle setzen sich sofort auf ihrer Schnauzenspitze ab und bilden eine nasse, grauweiße Kruste. Ein beherztes Niesen von Lyall schreckt einige Vögel aus dem Unterholz auf, doch sie hat keine Augen dafür. Der Geruch hält sie gefangen.
In Menschengestalt hätte sie schleunigst Abstand genommen, doch als Wolf ist dieser Geruch etwas völlig anderes. Er verspricht Nahrung ohne Arbeit und bei Hunger ist fast alles recht, hauptsache es füllt den Bauch und hält lange vor.

Trabend setzt sie sich in Bewegung, abwechselnd mit der Schnauze am Boden oder in der Luft. Der Regen hat teilweise aufgehört um jetzt Schneefall platz zu machen, der das triste graubraun des Bodens nun mit einem sanften weißen Schleier wieder zu bedecken versucht.
Alle Geräusche sind auf ein Minimum gedämpft, Stille herrscht, nur manchmal jäh durchbrochen von einem herabfallenden  Ast oder nassem Schnee, welcher sich in größeren Klumpen von den Bäumen löst. Lyalls Atem kondensiert vor ihrer Schnauze und tanzt wie kleine Rauchgeister um ihren Kopf herum, während sie schnuppert. Sie ist in der Nähe des Kadavers, der Geruch wird stärker und sie wendet sich in die Richtung aus der er zu kommen scheint.

Eine kleine Schneewehe türmt sich vor ihr auf, welche sich als gefrorener Leib eines Hirsches entpuppt. Sie umrundet ihn und stubst ihn leicht mit der Nase an. Kalt, hart wie ein Brett aber noch nicht allzu verwest um in zu fressen. , stellt sie freudig fest. Bei diesen Gedanken schüttelt sich ihr inneres menschliches Selbst vor Ekel. Man musste erst lernen mit zwei Gestalten und ihren jeweiligen Gewohnheiten fertig zu werden. Freudig beißt sie in das harte Fleisch hinein, ihre Zähne haben keine Probleme es zu zerreißen und schlingt die ersten Brocken hinunter.
Ihr erster Hunger ist gestillt und sie kaut nur noch halbherzig auf den Fleischbrocken in ihrem Maul herum, als ihre Zähne mit einem Knirschen auf etwas Hartes treffen. Sie lässt das harte Etwas aus ihrem Maul auf den Boden vor ihr fallen. Eine Pfeilspitze! Unverkennbar… Es wurde erlegt. Hier? So nah an der Straße? Nein… Ist es ein Giftköder? Bei diesen Gedanken scheint ihr wirklich etwas schlecht zu werden. Vehement schüttelt sie ihren Kopf. Sei keine Närrin… Giftköder legt man nicht zu dieser Jahreszeit aus. Der Hirsch wurde hier her gebracht und liegengelassen, vor gar nicht allzu langer Zeit. Nun bemerkt sie auch Fußabdrücke im weichen Boden, vom Schnee schon fast unkenntlich gemacht. Sie lässt ihre Nase kurz über dem Boden schweben und saugt stoßartig die kalte Luft ein. Schneeflocken, die noch nicht zu braunem Matsch geworden sind, wirbeln in kleinen Wölkchen vom Erdreich auf dort wo ihr Atemhauch sie trifft. Zweifelsohne ein Mensch… Den Fußabdrücken zufolge ein Mann. Die Schrittweite ist recht groß. In kurzen Sätzen springt sie von Abdruck zu Abdruck, schnuppert hier und da kurz.
Sie bemerkt, dass sich die Spuren auch in Richtung Talyra bewegen und entschließt kurzerhand, dass sie dem Fremden folgen wird.

Der Schneefall ist noch nicht so stark, als dass er die Fußabdrücke hat ganz bedecken können und so ist es ihr ein Leichtes ihm zu Folgen. Eine Duftspur aus Schweiß und nassem Leder zieht sich wie ein roter Faden durch den Wald. Es Dämmert, die Schatten werden länger doch ihre Sicht nimmt dadurch nur noch mehr zu. Kleine Nuancen aus Licht, Schatten und myriaden verschiedener Grautöne, die dem menschlichen Augen immer verborgen bleiben werden, tun sich vor ihr auf. Die Spuren werden deutlicher, heben sich mehr vom Untergrund ab. Sie fällt in einen leichten Trott und dankt dem Hirsch im Stillen für sein Fleisch das sonst, hätte sie es nicht gefunden, achtlos verschwendet worden wäre.

Eine Stunde, vielleicht auch zwei ist sie nun schon unterwegs. Das Unterholz lichtet sich. Menschen schreiten lieber frei aus und scheinen den Vorteil von dichtem, verflochtenem Unterholz nicht zu kennen. Die Fußspuren tragen nicht mehr so viel neu gefallenen Schnee in sich, sie nähert sich dem Fremden unweigerlich.
Ihre Pfoten halbieren das Tempo und bleiben schließlich stehen. Ein paar Schritte vor ihr lehnt ein Bogen und der dazugehörige Köcher mit Pfeilen an einem Baum, ein Sack oder Beutel daneben. Für einen Moment ist sie verdutzt und will sich schon hinter einen Baum flüchten als ihr auffällt, dass es schon sehr dunkel ist und der Mensch sie aus der Entfernung wahrscheinlich nicht erkennen kann. Trotzdem entscheidet sie sich dafür den Baum in einem größeren Bogen zu umrunden und nach dem Besitzer des Bogens Ausschau zu halten.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Stormgrimm am 13. Dez. 2007, 21:25 Uhr
Das Larisgrün - Mitte des Chólar - Eine halbe Tagesreise vor Stadt Talyra



Mehrere Wachen erschöpfenden Wanderns später hat sich die vom tobenden Schneesturm, der nun endlich etwas schwächer wird, geprägte und durchwühlte Fauna & Flora in eine harmonische Winterlandschaft umgestaltet.
Die Sonne beginnt, der Dämmerung Platz einzuräumen, die Nebelbänke haben sich nun endgültig gelichtet und die Schneemassen, die auf den Wipfeln der hohen Bäume wie eine Tagesdecke eines Bettes gelegen haben, beginnen zu schmelzen und systematisch -und auch ein klein wenig- rythmisch herabzufallen.
Die letzten Schatten die diese hohen Bäume noch werfen, bevor der Abend hereinbricht, lassen kleine Muster auf den nun vermatschenden Schneeflächen des Bodens entstehen. Endlich bessere Witterung... Aegnor´s Beine sind schon seit der letzten Wache taub, als ob sie ihm schon vor langer Zeit waren abgehackt worden.
Sein Gesicht ist übersät von winzig kleinen, gebrochenen Eispartikeln, die sich, wie ein tundrischer Permafrostboden erhärtet, in seiner Haut verharken. Jeder Atemzug hallt im Echo der Einsamkeit wider. Der Pfad, den er im tiefen Schnee ausgemacht hatte und dem er schon seit einigen Stunden folgt, scheint nun, geprägt vom matschbraunen Schnee, endlich wieder eine schematische Form anzunehmen.
Gefühle des Hungers quälen ihn schon, seitdem er wieder klare Gedanken fassen kann, wie unscharf diese auch immer sein mögen. Das Trotten hat sich mittlerweile in asynchrones Humpeln verwandelt, dennoch versucht Aegnor, den Schmerz auf ein Minimum zu reduzieren.
Das Husten, das ihn seit Anbeginn des Sturms befallen hat und sich herzschlagweise zu wiederholen scheint und in der Kaltluft evaporiert, scheint sich in einem Schwall aus Staub und Kälte zu verflüchtigen.
Ich denke ich brauche eine Pause...*ungh*... Müdigkeit und Schmerz wechseln die Vorherrschaft in einem ungleichmäßigen Takt. Aegnor fokussiert seinen Blick, und versucht ein scheinbar warmes und vor allem trockenes Plätzchen zu finden. Mit einem kurzen Husten entfernt er sich ein wenig des Weges, um seine Suche im niederen Unterholz fortzusetzen.
Der gepflasterte Steinpfad beginnt in mäßig tiefen Schneematsch, der von gesplittertem Geäst und, durch den Schnee aufgeweichte, modernde Holzstämme übersät ist, auszuufern. Die letzte Helligkeit der Sonne wird vom Dämmer des Abends förmlich aufgefressen.
Aegnor sucht sporadisch nach einem schneefreien Platz, welchen er nach einigen weiteren Schritten letztendlich auch findet. Verdammt...wurde auch endlich Zeit...Ich brauche Rast...dringend... Obgleich Aegnor einen Rastplatz gefunden hat, blickt er sich noch einmal hektisch und doch konzentriert nach Etwas um.
Ich muss dieses verdammte Zeug ablegen... Aegnor schleift sich noch zu einem, etwas abgelegenen, und doch von dem von ihm delegierten Baum ohne Mühe ersichtlichen kleinen Gebüsch. Mit einem dumpfen Schlag lässt er seine Tasche und seinen Bogen sowie Köcher auf den durchnässten Boden fallen.
Schweren Schrittes schleppt Aegnor sich zu dem eigentlich kurzen, aber dennoch dicken Baum und lässt sich, am Ende seiner Kräfte, gegen die spröde, feuchte Rinde fallen... Endlich... Aegnor versucht, die Schmerzen und aufkeimenden Gefühle des Krampfes mit tiefen, beherzten Atemzügen zu verdrängen.
Er sieht sich noch einmal nach eventuellen Merkwürdigkeiten um, bevor der Schlaf den letzten Winkel seiner Gedanken einnimmt und seine Augen spielend zufallen lässt. Ein, Zwei Momente lang wird er noch von den Geräuschen des Waldes geweckt, die sich, sei es Paranoia und / oder Einbildung oder nicht, ihm nähern zu scheinen. Aegnor möchte den Geräuschen nachgehen, jedoch wird jeder Versuch mit dem Gefühl der Taubheit und des Schmerzes, die sein Körper aussendet, mit aller Härte niedergeknüppelt.

Aegnor nickt am Fuße des Baumes ein...


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 14. Dez. 2007, 18:01 Uhr
Sie hat den Baumstamm erst zur Hälfte umrundet als sie neben dem Baum eine Hand entdeckt. Sie duckt sich unter einer Dornenhecke hindurch und steht so direkt vor ihm.
Keine drei Schritt von ihr entfernt kauert eine zusammengesunkene Gestalt am Stamm.
Der Kopf liegt tief auf der Brust, die Beine sind weit ausgestreckt. Sie hat das Gefühl als würde die Gestalt tief und fest schlafen, da die Atemzüge flach aber regelmäßig sind. Trotz allem will sie sich nicht nur auf ihr Gefühl verlassen und wagt so den Sprung auf die kleine Lichtung. Ein großer Satz und sie steht vor ihm, ein weiterer bringt sie wieder zurück ins Unterholz. Sie späht geduckt zwischen schneebepuderten Zweigen hindurch, doch der Fremde macht keine Anstalten aufzustehen oder auch nur den Kopf in ihre Richtung zu drehen.
Mit schiefgelegtem Kopf tritt sie langsam und bedächtig aus ihrer Deckung vor und mustert den vor ihr liegenden Menschen. Keine gute Idee im Schnee bei der Kälte zu schlafen. Besonders nicht als Mensch wenn er einer ist. Geduckt schleicht Lyall an den Schlafenden heran, immer darauf bedacht bei der geringsten Bewegung seinerseits die Flucht zu ergreifen oder, wenn nötig, in Angriffsstellung zu wechseln.

In der Höhe des Gesichtes kann sie erkennen, dass die Gestalt zumindest männlich ist und bei näherer Betrachtung wohl der Gattung „Mensch“ angehört. Schwarze Haarsträhnen hängen ihm von der Stirn in sein Gesicht herab und ein stachliger Bart bedeckt dieses zusätzlich. Sie schnuppert an ihm wodurch seine Haare leicht im Luftzug mitbewegt werden. Er riecht nach Schweiß, Müdigkeit und kaltem Hammelfleisch. Auch der Geruch von Blut haftet an ihm, jedoch nur sehr schwach. Seine Kleidung ist an manchen Stellen zerrissen und ziemlich schmutzig. Sie scheint auch nicht wirklich dick zu sein, zumindest nicht dick genug um ihn ordentlich warm zu halten. Während sie an ihm schnüffelt und ihn genauer untersucht, gibt er ein Brummen von sich und verlagert seine Position, sodass sie sein Gesicht nun genauer sehen kann. Wie vom Blitz getroffen fährt Lyall hoch und will schon in das Dickicht verschwinden, als sie seine blauen Lippen bemerkt. Seit wann liegt er hier? Er scheint völlig unterkühlt zu sein. Bei Ealara… ich kann ihn hier doch nicht einfach sterben lassen! Nicht alle Vorsicht in den Wind schlagend bewegt sie sich geduckt um den Körper vor ihr herum. An den Beinen angelangt nimmt sie ein Hosenbein zwischen ihre Fänge und zieht kräftig, was nur zur Folge hat, dass er nun vollkommen vor dem Baum liegt. Sie legt den Kopf schief und überlegt.

Ein paar Minuten später nimmt sie Anlauf und springt mit einem Satz auf ihn was ihm gehörig die Luft aus den Lungen presst und ein Geräusch erzeugt, welches zwischen Gurgeln und Röcheln liegt. Ihre Vorderpfoten trommeln förmlich auf seine Brust.
Als er immer noch keine Regungen zeigen will, fängt sie an zu bellen und zu knurren.
Lyall drückt eine Pfote in sein Gesicht… es ist kalt wie Eis. Als würde sie ein Loch in seine Brust graben wollen, bearbeitet sie ihn mit ihren Pfoten. Wäre schlecht wenn ich ihn nicht wach bekommen würde. Meine Kleidung habe ich nicht dabei und bei der Witterunge werde ich nicht ohne sie zurecht kommen. Was treibt er sich auch hier herum, im Dunkeln ohne Fackeln oder trockenem Holz? Als ihre Kehle vom Bellen schon fast heiser ist, bewegen sich seine Augen und die Lider fangen an zu flattern…

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Stormgrimm am 15. Dez. 2007, 22:52 Uhr


Aegnor stöhnt...
Als ob man ihn in die Magengrube getreten hätte, reißt ihn der Schmerz, den sein Unterleib aussondert, aus dem Tiefschlaf. Aegnor versucht, sich zu bewegen oder einen Laut von sich zu geben, jedoch können seine Gedanken die Kontrolle über seinen Körper nicht richtig wiedererlangen.
Ein Auf- und Abschwall lauter, unzuordenbarer Geräusche unterlegt von einem sanften und doch störenden Fiepen betäubt einige Herzschläge lang seine Ohren. Seine Gedanken und Kräfte beginnen sich im Gesicht und in den Gelenken auszubreiten, und auch der in seinen Ohren tobende Klang reformiert sich langsam zu einem klaren, hochreinen Geräusch, welches einem Bellen gleicht.

Aegnor versucht, seine Augen zu öffnen, was ihm auch nach weit größerem Kraftaufwand als sonst, zu gelingen vermag. Er spürt, wie das kalte Blut kribbelnd erwärmt wird und sich mit rasender Geschwindigkeit im ganzen Leibe verbreitet und jedem Stück seines Körpers ein schwaches Gefühl gibt.

Aegnors Lider öffnen sich schlagartig und vollständig, und die Pupillen werden unmittelbar danach von einem satten, grellen Weiß geblendet, das Teils von der Umgebung und den Bäumen reflektiert wird, Teils von der langen Abwesenheit seines Geistes und seiner körperlichen Schwäche zu kommen scheint.

Aegnor, der nun wieder bei vollem Bewusstsein ist, sich aber dennoch nicht 100%ig bewegen kann, versucht seine Gedanken wieder zu einer vollständigen Einheit zu gruppieren. Verdammt...*ungh*...wo...bin ich???... D-Der Baum...ich muss eingeschlafen sein...es ist Nacht...*ungh*...Mein Magen... Das dominierende Gefühl der Taubheit wird nun wieder vom Schmerz, den sein Unterleib pulsierend auszusondern vermag, abgelöst.

Aegnor versucht, seine Arme zu bewegen, welche sich nach einem Gefühl des Widerstands und eines anschließenden Knacken wieder lösen und sich seinen Befehlen beugen. Langsam tastet er seinen durchnässten und eiskalten Körper nach Wunden oder anderen Unregelmäßigkeiten ab und stößt dabei plötzlich auf ein pelziges, robustes, und dennoch hartes Objekt.

Was, bei den Göttern, ist... Reflexartig richtet sich Aegnors Körper, mehr vom Adrenalin als von ihm gesteuert, wieder in die Vertikale. Erschreckt und überrascht und doch keinesfalls ängstlich, blickt er einem überdurchschnittlich großem Wolf in dessen tief bernsteinfarbene Augen, in denen er die gleiche Überraschtheit mit einem Hauch Angriffslustigkeit untermalt Mimik wiederfindet.

Ohne auch nur einen Zentimeter seiner aktuellen Lage zu verändern, versucht Aegnor seine Gedanken zu fassen und seinen Atem, der durch das Adrenalin gesteuert und somit sichtlich unruhig geworden ist, zu beruhigen. Die Bestie scheint aufgehört haben zu atmen...

Bei den Göttern...


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 16. Dez. 2007, 13:32 Uhr
Schlagartig reißt ihr Gegenüber die Augen auf. Seine Pupillen, erst groß und schwarz wie ein See bei Nacht, verengen sich zu kleinen Punkten. Ungläubig schaut er sie an und für einen Moment hat sie das Gefühl er erkennt was sie wirklich ist, doch dann ist dieser Blick verschwunden und macht Erstaunen platz. Auch sie ist erschrocken über diese plötzliche Reaktion und legt den Kopf fragend schief.

Bevor sie wirklich Zeit hat von ihm herunter zu springen, richtet er sich auch schon auf und sie landet nicht sehr grazil mit ihrer rechten Flanke auf dem Boden. Flugs ist Lyall jedoch wieder auf allen Vieren und schaut den Mann an. Mit angehaltenem Atem wartet sie seine nächsten Bewegungen ab, erkennt zufrieden, dass zumindest seine Gesichtsfarbe wieder den rosigen Farbton annimmt und nicht erfroren bläulich bleibt. Sein Körper bebt und sie merkt, dass er versucht seine Gedanken wie auch Körperteile zu ordnen und wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sie bellt ihm nochmals aufmunternd zu und verschwindet dann im Unterholz vor ihm. Weit läuft sie jedoch nicht weg sondern legt sich in eine Senke, die der Schnee aufgetürmt hat und wendet die Ohren in Richtung Mann und Baum. Lyall kann ihn hören, seinen Atem, das Stöhnen und die Geräusche von schlurfenden Schritten auf harschem Schnee. Die Ohren aufgerichtet lassend, legt sie ihren Kopf auf die Pfoten und schließt ihre Augen. Es war anstrengend gewesen ihn wach zu bekommen.

Es wird ihm bald besser gehen. Ich wollte nur nicht herausfinden ob es ihm schon soweit gut genug geht mich anzugreifen. Ich habe ihn nicht gerettet um ihm im nächsten Moment die Kehle im Kampf wieder durchbeißen zu müssen. Gern wäre ich länger geblieben um zu schauen wie er reagiert. Ich glaube… ich sollte ihn etwas beobachten. Vielleicht kann ich ihm etwas zu Hand gehen. Der Hirsch schien von ihm zu stammen, möglicherweise braucht er etwas Hilfe bei der Jagd. Das Wetter ist aber nun auch wirklich nichts für eine erschöpfte einzelne Person. Lyall gähnt und legt ihre Fänge damit frei. Ich werde ihm wohl noch etwas folgen. Er scheint die gleiche Richtung zu haben wie ich. Hmm… ich sehe ihn als unfreiwilligen sowie unwissenden Weggefährten. Wenn er wüsste was ihm folgt!
Über diesen Gedanken muss sie innerlich schmunzeln.

Ein Schaben und Schlurfen lässt sie aus ihrem Dösen hochfahren, er hat sich in Bewegung gesetzt. Kleine Schneekristalle bedecken ihr Fell, welche glitzernd wegfliegen als sie aufsteht und sich beherzt schüttelt. Ihre Vorderpfoten werfen den Schnee zu kleinen Hügeln vor ihr auf während sie sich streckt und gähnt. Lyall lässt sich in einen leichten Trab fallen und folgt dem Menschen in geringem Abstand an seiner Flanke.

Es hat wieder zu schneien begonnen. Ein leises Flüstern bewegt sich durch den nächtlichen Wald, verursacht durch das Zischen und Wispern des am Boden aufkommenden Schnees.
Freudig zieht sie die kalte, reine Luft durch ihre Nase und stößt sie in kleinen Wölkchen wieder aus. Lyalls Ohren bewegen sich schnell in und her um alle Geräusche des Waldes einzufangen. Verschiedene Laute wie der Schnee, leises Vogelgezwitscher und ein anderes Tier irgendwo im Unterholz rumorend, dringen an ihr Ohr. Der Mensch ist kaum zu überhören auch wenn er für seine Rasse sehr leise läuft jedoch die Lautstärke seines Hustens ist für scharfe Ohren wie ein Gewehrschuss in der nächtlichen Stille.

Eine Pfote vor die andere setzend, trabt sie ihm folgend durch den Wald.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Stormgrimm am 17. Dez. 2007, 20:08 Uhr


Seit mehreren Stunden schon weiß Aegnor, das ihm irgendetwas im Nacken sitzt. Er ist immer noch erschöpft, aber die Begegnung zwischen ihm und dem Wolf, welcher ihm vermutlich auch das Leben rettete, hat ihm, auch wegen des massiv ausgeschütteten Adrenalins, neue Kraft geschenkt. Diese Augen...das war...kein normaler Wolf...Hmmm...diesen Blick werde ich wohl nie vergessen...

Das Humpeln hat sich verabschiedet, und auch die Kälte zehrt nicht mehr so extrem an Aegnors Leib als vor 4 Wachen noch. Der Schnee regruppiert sich wieder und flockt sanft und lautlos auf den Boden, während Aegnors evaporierender Atem und Husten sich wie eine tösende Explosion in der Einsamkeit und Stille des nächtlichen Waldes verflüchtigen. Der vermatschte Schnee zu Seiten des Pfades, dem er folgt wird vom weichen, pulverförmigen und noch klebrigen Neuschnee retouchiert.

Der Wind, der sich erneut aufzieht, lässt die schneebedeckten Äste des Unterholzes knarzen und wanken. Aegnor saugt die kalte, gefühlsbetäubende, aber auch unglaublich frische Waldluft in sich hinein und verlangsamt sein Tempo im Glauben der Ungewissheit, wie lange er noch wohl auf der Straße verbringen würde.

Sein Gesicht ist nach der schweren Witterung immer noch taub, jedoch spürt er das die Blässe einem zarten Rosa gewichen ist. Aegnor versucht gegen die Gedanken der Müdigkeit und des Hungers anzukämpfen, jedoch gelingt ihm dies nicht, da ihm das Bild des Wolfes nicht mehr aus dem Kopf fahren möchte, und den Versuch, eine klare Ordnung darin zu schaffen, wie ein Wirbelsturm verweht und in alle Winde zerstreut.

Aegnor versucht auch, seinen Blick zu fokussieren, um dem Pfad in der Dunkelheit folgen zu können. Einige Male hält er kurz an, Teils aufgrund der Schmerzen die sein Körper absondert und um seinen eventuellen Verfolger abzuschrecken.

Irgendetwas folgt mir...vielleicht ist es die Bestie...naja...Ich denke es wird nicht schlimm werden...Schließlich hab ich jemanden der auf mich aufpasst...wäre doch zu kalt, um jemanden zu töten...

Unerbittlich folgt Aegnor dem Pfad weiter...


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 20. Dez. 2007, 14:59 Uhr
Stille. Nur hier und da ein kurzes Rascheln. Kleine Wölkchen aus kondensierter Atemluft verflüchtigen sich in der frostigen Luft des frühen Tages. Die Nacht war kalt gewesen, Schneefall hatte jedoch nicht eingesetzt.
Wieder ein Rascheln und das Geräusch einer Pfote, die festen Halt auf verharschtem Schnee sucht.
Kleine, jedoch recht lange Ohren drehen sich zitternd in die Richtung aus der das Scharren kommt.
Die Augen des Opfers weiten sich, versuchen das fahle Licht des grauenden Morgens optimal zu nutzen. Unbarmherzig pirscht sich der Tod heran.

Schneebrocken und flauschige Haare erheben sich gen Himmel, umtanzen das Opfer und den Jäger in einem makaberen Rhythmus. Zielsicher sucht der Jagende das Genick des Gejagten… leiden soll das Opfer nicht. Schwerelos ist die Seele, wenn sie den Körper verlässt und in ein stilles Gebet versunken, dank der Jäger für das Leben, welches hingegeben wurde um ihn weiterleben zu lassen.

Lyall legt den Leib des Hasen vorsichtig in den Schnee. Rote Tränen haben das kalte weiße Tuch der Schneedecke befleckt. Sie schüttelt ihren Kopf und streift mit einer ihrer Pfoten über die Schnauze. Feine Haare haben sich an ihrem Maul festgeklebt und kitzeln sie in der Nase.
Sie schaut sich kurz um, ihr Blick wandert zwischen den Bäumen des Waldes hindurch bis er schließlich wieder auf den Hasenkörper trifft. Dünn und etwas ausgemergelt ist er, wahrscheinlich hätte er den Winter nicht überlebt. Kurz stubst sie ihn mit ihrer Nase an und  hebt ihn vorsichtig auf.

Mit dem Hasen im Maul, macht sie sich auf in die Richtung des Menschen. Schnell kommt er nicht voran und auch seine Kräfte schwinden zusehends. Warum lässt er sich nicht von einem Händler oder Bauern auf dem Karren mitnehmen? Die Straße ist zwar etwas weiter westlich von unserem jetzigen Standpunkt aus, jedoch dürfte es ihn nicht mehr als ein bis zwei Stunden kosten sie zu erreichen. Vielleicht hat er etwas zu verbergen? Oder ist er ein Vogelfreier? Etwas verlottert sieht er ja schon aus… Mit einer geschmeidigen Bewegung duckt sie sich unter einem umgestürzten Baum hindurch, der knapp über dem Boden schräg an einem noch Stehenden lehnt. Nein, das glaube ich nicht. Die Stadt ist zwar noch etwas entfernt aber wenn man ihn als Vogelfreien so nah an einer Siedlung erwischen würde… ich glaube das wäre nicht zu seinem Vorteil.
Trotz allem meidet er die Straße wie ich.

Ihr Grund ist anderer Natur. Unter keinen Umständen möchte sie auf dem Karren des Gerbers die Stadt erkunden um dann nackt durch sie irren zu können, falls ihr die Flucht gelingen sollte. Auch den städtischen Hundezwinger will sie nicht unbedingt von Innen sehen.
In einer Stadt muss mit allem gerechnet werden, hatte ihre Mutter immer gesagt. In Gedanken mit den Schultern zuckend, setzt sie ihren Weg unbeirrt fort, während der Tag dämmert, der Wald erwacht allmählich um sie herum.

Sie riecht ihn bevor sie ihn sieht. Um seine ungefähre Position einen großen Bogen schlagend, läuft sie um ihn herum bis sie den schmalen Pfad, auf dem er geht, kurz vor ihm erreicht. Sie legt den Hasen ab und setzt sich neben ihn in den Schnee. Sie weiß er wird den Weg entlang kommen und so wartet sie.

Kurze Zeit später hört sie Schritte auf dem gefrorenen Schnee. Sie nähern sich Lyall und schon kann sie einen Haarschopf zwischen den Büschen vor sich ausmachen. Der Rest des Körpers taucht aus dem Zwielicht auf und als sie gewahr wird, dass er sie auch wirklich gesehen hat, erhebt sie sich. Sie senkt ihren Kopf, stubst den Hasen kurz an, sieht demonstrativ in seine Richtung und springt im nächsten Moment mit großen Sätzen in den Wald hinein.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 20. Dez. 2007, 21:43 Uhr
Die Zeit steht einen Moment lang still. Der weiße Büffel bietet einen beeindruckenden Anblick. Kaney hat das Gefühl, das der Stier größer als seine Artgenossen wirkt (dies kann aber auch daran liegen, dass Kaney noch niemals SO nahe an einen Branbüffel herangekommen war), er scheint mit dem weißen Fell zu strahlen… Kaney stockt der Atem.
Dann bewegt sich die Zeit weiter, und die Ereignisse überschlagen sich.
Arúen schreit einen Moment erschrocken auf, die Hunde knurren und bellen, die Pferde scheuen zurück, dem Wargenmischling sträuben sich sämtliche Haare, auch er knurrt instinktiv.
Dann sieht er zu seinem Entsetzen nur, dass der weiße Branbüffel sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit bewegt… er stürzt nach vorne, den Kopf leicht gesenkt, und im nächsten Moment rammt der Stier mit seinem Kopf die – in diesem Moment unglaublich schmächtig wirkende – Elbe.
Noch während Arúen einige Schritt durch die Luft fliegt, springt der Wargenmischling schreiend auf den Stier zu.
„Los, Verschwinde, verpiss dich, lass uns in Ruhe!“ Die Hunde bellen, bewegen sich vor dem Branbüffel auf und ab, schnellen hervor als würden sie dem Huftier in die Nase beißen wollten.
Doch der Stier schaut nur unbeeindruckt zu den kleinen Störenfrieden, bevor er sich in einer fast störrischen Ruhe umdreht, und langsam trottet er von der kleinen Jagdgruppe weg, zurück zu seiner Herde.
Der Atem von Kaney geht schnell, er kann nicht glauben, was passiert ist.
„Passt auf, dass er nicht zurück kommt!“ spricht er zu Garok und den beiden Hündinnen, dreht sich um, und eilt dann schnell zu der Elbe, die vor einem Baum auf dem Boden liegt.
„Vorsichtig… nicht bewegen…“ Kaney kniet sich neben der Elbin hin, tastet erst vorsichtig den Kopf ab, ob dieser etwas abbekommen hab,  dann die Schultern, dann will er den Oberkörper abtasten…. und hält einen Moment lang inne…
Es war schon mehr als einmal vorgekommen, dass einer seiner Späher zum Beispiel von einem Baum gestürzt ist, und sich die Rippen verletzt hatte… Kaney hatte die Rippen erst abgetastet, und hatte dann, als fest stand, dass nichts Ernstes passiert  war, einen eng Verband auf der bloßen Haut angelegt…aber einmal war dieser Verletzte ein Mann, und einer seiner Männer…. Und das vor ihm ist eindeutig kein Mann, und dazu noch Priesterin.
Kaney schluckt, läuft puterrot an: „Priesterin, ich muss eure Rippen abtasten, und sie dann verbinden…
Götter, er wird diesen Tag für viele Zwölfmonde hin hassen…

Die Dunkelheit ist schon hereingebrochen, als Kaney zusammen mit Arúen das Lager erreichen, dass Ullmar und Gerion in der Zwischenzeit aufgebaut haben.  Sie reiten langsam auf ihren Pferden, sehen erschöpft aus, ja, Arúen sieht sogar so aus, als hätte sie Schmerzen. Auch die Hunde sehen irgendwie erschöpft aus, Garok humpelt stärker als noch zum Morgen hin…
Die beiden Knechte stehen vom Lagerfeuer auf, heben grüßend die Hand.
>Keinen Erfolg bei der Jagd gehabt?“ fragt Ullmar, woraufhin Kaney nur den Kopf schüttelt. Er gleitet von seinem Pferd herunter, geht dann zu dem Pferd der Elbin, und hilft ihr vorsichtig herunter… doch nicht vorsichtig genug, beim Aufkommen auf dem Boden zuckt Arúen zusammen.
„Es gab einen Unfall.“ beginnt Kaney, und auf den entsetzten Blick der beiden Knechte hin erklärt schnell: „Ein Büffel hat Arúen gerammt… soweit ich das erkenne, sind eine oder mehrere Rippen angebrochen. Es geht ihr soweit gut… Wir werden morgen zurück nach Talyra aufbrechen. Ein richtiger Heiler sollte sich die Rippen anschauen…“ Der Wargenmischling läuft wieder puterrot an.
„Ich habe Mylady Arúen einen Verband umgelegt… passt bitte auf, dass er nicht verrutscht… und jetzt helft, ihr ein bequemes Nachtlager zu bereiten, während ich die Pferde versorge…“
Schnell wendet Kaney sich ab, beginnt die anderen Pferde zu versorgen, und hofft, dass die Röte, die in seinem Gesicht herrscht, nicht die ganze Nacht erhellt.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Arwen am 22. Dez. 2007, 18:54 Uhr
Irgendwann, als Arúens Gedanken sich nicht mehr bloß um einen akzeptablen Kompromiss zwischen Atmen und dagegen protestierenden Rippen drehen, gelingt es ihr, das Gesicht, das in ihrem Sichtfeld auftaucht mit ihrem jungen Jagdbegleiter in Zusammenhang zu bringen. "Kaney." Der Anordnung, sich nicht zu bewegen kommt sie bereitwillig nach. So lange sie sich nicht bewegt, hält sich das Stechen beim Luftholen in erträglichen Grenzen. Rasch tasten Hände ihren Kopf ab, dann den Hals und die Schultern. Es sind nicht die kundigen Griffe eines Heilers, aber Kaney handelt in der ruhigen, konzentrierten Art und Weise von jemandem, der weiß was er tut. Er macht das nicht zum ersten Mal. wird der Elbin klar. Aber vermutlich lernt man so was ziemlich schnell, wenn man als Hauptmann der Späher die Leute auch ausbilden muss. Unfälle bleiben da sicher nicht aus und im Wald sind Heiler nicht gerade hinter jedem Baum zu finden. Die eben noch so sicheren Handgriffe des Wargblütigen stocken mitten in der Bewegung und der junge Mann läuft hochrot an. Arúen braucht eine ganze Weile, bis ihr bei den folgenden Worten klar wird, was Kaney gerade derartig in Verlegenheit bringt - und kann sich dann ein Lächeln nicht verkneifen. "Ja, das müsst Ihr wohl." Ihre Stimme ist völlig ruhig und das Lächeln hat sie aus ihrem Gesicht verbannt um den jungen Mann nicht noch mehr zu verunsichern. "Also einen festen Verband anlegen, meine ich. So wie sich das anfühlt, sind zwei oder sogar drei Rippen gebrochen." Sie beißt die Zähne zusammen, als Kaney ihr erst einmal in eine sitzende Position aufhilft und sie mit dem Rücken an eben jenen Baum lehnt, der vor kurzem erst ihre Flugbahn so unsanft unterbrochen hat. Der Wargblütige sucht in seinen Satteltaschen nach Leinenbinden und Arúen versucht die Farben zu zählen, in denen die Ringe hinter ihren geschlossenen Lidern flimmern um sich so von den Schmerzen abzulenken, die ihr das Atmen bereitet. Es dauert nicht lange, bis er mit den Stoffstreifen zurück ist. Den Mantel hat sie schon abgelegt, und mit geradezu verbissenem Ernst hilft er ihr dabei, das geschnürte Wams zu öffnen und auszuziehen.
Als sie allerdings Anstalten macht, sich das Hemd aus dem Hosenbund zu ziehen, nähert sich seine Gesichtsfarbe schlagartig wieder an die einer reifen Tomate an. Arúen zögert in ihrer Bewegung, und das nicht nur, weil sie sie sich alles andere als schmerzerfrei bewegen kann. Plötzlich ist die Frage da, ob er so verlegen reagiert, weil sie eine Priesterin ist, oder weil sie eine Frau ist. Oder weil er noch nie eine Frau berührt hat und nun fürchtet, er könne unabsichtlich etwas tun, was falsch verstanden wird. Andere Männer in seinem Alter haben meist schon ihre ersten Erfahrungen gemacht, aber ob das bei Kaney, der sein Wargblut selbst in menschlicher Gestalt nicht verleugnen kann auch so ist? Jetzt, wo sie darüber nachdenkt, ist sich die Elbin da alles andere als sicher. Sie weiß nur zu gut, wie verhaftet in Vorurteile und alte Ammenmärchen die Leute in manchen Gegenden sein können. Und dort musste ein Warg dann noch dankbar sein, wenn er bloß aus dem Dorf getrieben und nicht erschlagen wurde. "Über dem Hemd wird es nicht richtig halten, fürchte ich. Aber wenn ich es festhalte während Ihr den Verband anlegt, sollte es gehen." Aufmerksam liegt ihr Blick auf Kaney, während sie ihr Hemd so zusammenzieht und festhält, dass Kaney ihr zwar aus den Leinenbinden eine feste Stütze um die gebrochenen Rippen legen kann, aber dabei nichts zu Gesicht bekommt, dass ihn womöglich endgültig seine mühsam aufrecht erhaltene Fassung verlieren lässt. Er arbeitet rasch und so behutsam wie es eben möglich ist. So oder so, sie sind beide sichtlich erleichtert, als die Enden der Leinenstreifen verknotet sind. Arúen atmet nur noch flach und abgehackt, und selbst das ist mehr als bloß ein wenig unangenehm. Doch das Mittel gegen die Schmerzen, das Kaney nach seiner Aussage immer bei sich habe, falls sich unterwegs mal einer seiner Männer verletzen sollte, lehnt sie ab. Auf ihre Nachfrage muss er nämlich eingestehen, dass es nicht nur gegen die Schmerzen hilft, sondern außerdem ein recht wirksames Schlafmittel ist. Und von einem Schlafmittel und einer Schlepptrage will Arúen nun absolut nichts hören. Unter Zähneknirschen und unausgesprochenen Flüchen zwingt sie sich in den Sattel von Shur, und dann geht es zurück zum Lagerplatz.

Der Empfang dort gestaltet sich in etwa so, wie Arúen es befürchtet hat. Den Göttern sei Dank, dass Cassandra nicht hier ist. Die Erleichterung über die Abwesenheit ihrer Obersten Magd löst sich allerdings in Nichts auf, als Ullmar sich postwendend daran macht, sie würdig zu vertreten, nachdem Kaney den Grund für ihre späte, müde und erfolglose Rückkehr nennt. Kaneys Anweisung, ihr ein bequemes Nachtlager zu bereiten werden bloß nickend quittiert, während er sich auch schon daran macht, die Decken zusammenzusammeln, die bis eben noch neben der Feuerstelle gelegen haben, um dort als Sitzgelegenheiten zu dienen. Nebenher beantwortet er noch die Fragen seines Neffen. Gerions Blick wandert zwischen Kaney und der Elbin hin und her, als er leise anmerkt, dass das ja SO schlimm nicht gewesen sein könne, immerhin sei kein Verband zu sehen. Woraufhin er sich einen halb freundschaftlichen, halb ernsten Klaps an den Hinterkopf einfängt. "Natürlich sieht man nichts, Du Schlauberger. Die Herrin hat doch das Hemd drüber. Und nun sieh zu, dass Du zu den Pferden kommst und dem Hauptmann hilfst... Und untersteh Dich, ihm impertinente Fragen zu stellen." "Unter dem Hemd? Aber dann... oh... ooohh." Der Silberling fällt kupferlingweise, dann hat auch Gerion verstanden, kriegt fast so rote Ohren wie Kaney zuvor und macht sich auf den Weg, dem Wargblütigen bei den Pferden zur Hand zu gehen.

Etwas später, es ist unterdessen Nacht geworden, die Pferde sind angepflockt und die Hunde haben sich müde aber nichts desto trotz wachsam neben ihren Herren niedergelegt, als Arúen und Kaney alleine am Feuer sitzen. Gerion hat sich längst in der Nähe der Pferde in seine Decken und Schlaffelle eingerollt und schläft. Ullmar hat die erste Wache übernommen, nachdem er und Kaney kurzerhand entschieden haben, dass die Elbin ganz bestimmt diese Nacht NICHT Wache halten würde. Gerion würde die zweite Wache übernehmen, und Kaney wäre dann bis zum Morgengrauen dran. Den Einwand der Priesterin, so lange sie nicht lachen müsse, könne sie durchaus eine Wache übernehmen, haben die drei Männer geflissentlich überhört. Das Lager, das Ullmar ihr aus diversen Decken und Schlaffellen hat herrichten wollen, und das frappierende Ähnlichkeit mit einem Nest aufwies, ist zwar gut gemeint gewesen, aber Arúen hat trotzdem darauf verzichtet. Im Sitzen, an den Stamm eines Baumes gelehnt, kann sie erheblich leichter atmen, und das Stechen der Rippen klingt auf ein erträgliches Maß ab, solange sie sich nicht bewegt.
"Darf ich Euch etwas fragen, Kaney?" Zurückhaltung, fast schon Scheu liegt in ihrer Stimme und in ihrem Blick, als sie den Wargen ansieht und auf seine Reaktion wartet. "Wenn es zu persönlich ist, und ihr nicht darauf antworten möchtet, dann entschuldigt die Frage." Es ist eine Frage, die ihr schon seit über einem Jahr immer mal wieder durch den Kopf gegangen ist, und sie wüsste nicht, wer ihr außer Kaney darauf eine Antwort geben könnte. Rynthuador zu fragen, hatte sie sich nicht getraut. Den jungen Wargen zu fragen scheint ihr seltsamerweise einfacher, obwohl der vermutlich viel eher einen Grund hätte, ihr nicht darauf zu antworten. "Wenn... wenn Ihr Euch wandelt und Eure Gestalt wechselt, wie... was ich meine... Götter im Himmel, entschuldigt, aber ich weiß nicht recht, wie ich das fragen soll... Wenn Ihr Wolfsgestalt annehmt, wie fühlt sich diese Wandlung an?" Ehe Kaney ihr antworten kann, fährt sie mit einer sachten Geste und einem entschuldigenden Lächeln fort. "Ich weiß nicht, wieviel Ihr über die Magie wisst, die die Götter ihren Priestern anvertrauen. Aber es gibt einige Zauber, die zu wirken den Hohepriestern allein vorbehalten ist. Sechs Zauber, die man das Hohe Haus nennt. Jeder der Zwölf hat ein besonderes, nur ihm zugeordnetes Haus. Und einen der Zauber aus dem Hohen Haus Wildnis, dem Haus der Anukis nennt man Wers Geschenk. Es ist... die Fähigkeit, sich in einen Werwolf zu wandeln." Nun ist es heraus. Sie hat noch mit niemandem, nichteinmal mit ihrem Vater oder ihrem Bruder darüber gesprochen. "Ich habe... ich habe es erst einmal getan, und es war... beängstigend... Was ich Euch fragen möchte, Kaney, ist... ist es bei jeder Wandlung so erschreckend? So ein Gefühl, als wenn einem alle Knochen im Leib gebrochen und knirschend in anderer Form neu zusammengesetzt werden? So als könne man sich selber von außen dabei zusehen, wie man sich verändert, wie aus dem Gesicht eine Wolfsschnauze wird und wie einem Krallen und Fell wachsen?"

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 29. Dez. 2007, 19:01 Uhr
Zum Glück stellen die beiden Knechte keine unangenehmen Fragen. Der restliche Abend vergeht größtenteils mit Schweigen, und die Gespräche zum Abend hin lassen das Thema „Verband“ „Rippenbrüche“ und „Brust“ weiträumig aus.
Die Wachen werden eingeteilt, weitere Vorräte von Cassandra werden verspeist… dann macht sich Kaney sein Lager fertig, deckt sich ordentlich zu.. Garok legt sich neben seinen Herrn… und dann spricht ihn Arúen an:
>Darf ich Euch etwas fragen, Kaney? Wenn es zu persönlich ist, und ihr nicht darauf antworten möchtet, dann entschuldigt die Frage. <
Einen Moment lang befürchtet Kaney, dass die Elbin ihn vielleicht nochmal auf den Verband anspricht, aber dann fährt die Elbin fort:
>Wenn... wenn Ihr Euch wandelt und Eure Gestalt wechselt, wie... was ich meine... Götter im Himmel, entschuldigt, aber ich weiß nicht recht, wie ich das fragen soll... Wenn Ihr Wolfsgestalt annehmt, wie fühlt sich diese Wandlung an?... Ich weiß nicht, wie viel Ihr über die Magie wisst, die die Götter ihren Priestern anvertrauen. Aber es gibt einige Zauber, die zu wirken den Hohepriestern allein vorbehalten ist. Sechs Zauber, die man das Hohe Haus nennt. Jeder der Zwölf hat ein besonderes, nur ihm zugeordnetes Haus. Und einen der Zauber aus dem Hohen Haus Wildnis, dem Haus der Anukis nennt man Wers Geschenk. Es ist... die Fähigkeit, sich in einen Werwolf zu wandeln.
Ich habe... ich habe es erst einmal getan, und es war... beängstigend... Was ich Euch fragen möchte, Kaney, ist... ist es bei jeder Wandlung so erschreckend? So ein Gefühl, als wenn einem alle Knochen im Leib gebrochen und knirschend in anderer Form neu zusammengesetzt werden? So als könne man sich selber von außen dabei zusehen, wie man sich verändert, wie aus dem Gesicht eine Wolfsschnauze wird und wie einem Krallen und Fell wachsen?<

Kaney ist überrascht. So etwas ist er noch nie gefragt worden. Und dass sich die Elbin ebenfalls in einen Wolf verwandeln konnte...
Der Wargenmischling überlegt, wie er antworten soll, dabei stochert er mit einem langen Ast in der roten Glut des Feuers.
Einen Moment lang denkt er darüber nach, ob er seine allerersten Erfahrungen mit der Verwandlung, als er ein Mischwesen war, nicht Mensch, nicht Wolf, lieber verschweigen soll.
Wenn er es erzählt, würde er die Angst der Elbin bestimmt nicht mindern, sondern vielleicht sogar verstärken… aber er konnte nicht lügen.

„Nein, dass ihr euch auch, mit Anukis Hilfe, in einen Wolf verwandeln könnt... das wusste ich nicht..
Wie es sich anfühlt..
Zuerst… zuerst war es… schrecklich. Meine erste Verwandlung… das war während des Nargenfeldzugs vor vier Zwölfmonden.
Beim ersten Mal war ich nicht ich selbst. Da war… ich weiß nicht wie ich es nenne soll…" ein Zögern, dann fährt Kaney weiter fort: "Von den Geschichten her, die ich kenne, würde ich sagen, es war ein Dämon, der in mich gefahren ist, aber irgendwie auch wieder nicht… etwas brutales, gewalttätiges. Nicht ich.
ES… hatte Spaß am Töten, freute sich an der Gewalt… Ich…“
Kaney stockt, blickt in den Nachthimmel, überlegt sich einen Moment lang seine Worte.
„Ich konnte nur zuschauen… wie, wenn man zuviel getrunken hat, und nur halb sieht, was geschieht, wenn man nicht glauben kann, was man macht...
Nach dieser ersten Verwandlung hatte ich Angst. Angst, dass ich wieder.. SO werde. Ich habe mich gegen weitere Verwandlungen gesträubt, hab mit aller Kraft dagegen angekämpft, mich nochmal zu Verwandeln.
Dann, mitten auf dem Schlachtfeld.. ich weiß nicht wie ich es sagen soll. Ich konnte nicht mehr anders, ich musste mich verwandeln. Und dieses Mal… es war völlig anders.“

Ein leichtes Lächeln ist im Gesicht des Wargenmischlings zu sehen.
„Dieses Mal  wurde ich nicht zu diesem DING… nein, ich blieb ICH.
Ja, es schmerzte. Ein körperlicher Schmerz. Wie sagtet ihr… als wenn einem alle Knochen im Leib gebrochen und knirschend wieder zusammengesetzt werden.
Aber dann war da diese Kraft, dieses… Gefühl. Ich war Ich. Vorher war ich nie ganz. Zu diesem Augenblick war ich es zum ersten Mal. Kraft, Ganz sein.. hmm… Macht…“
Kurz schweigt Kaney. Überlegt, was er noch sagen kann, um die Frage der Elbin zu beantworten.

„Wenn ich mich jetzt verwandeln würde…  hmm….
Ja, ich weiß, es schmerzt. Aber ich weiß auch, dass dieser Schmerz schnell vorbei ist, und dass ich stattdessen Kraft habe, in diesem Moment von den Göttern gesegnet bin, vollständig bin… Ich nehme diese kurze Schmerzen dann gerne in Kauf, und vergesse sie dann.“
Wieder ein kurzes Schweigen.

"Ich weiß nicht, wie ihr euch verwandelt... wie die priesterliche Macht euch beeinflusst... aber ich würde sagen, ihr, euer Geist und euer Körper, ihr müsst euch erst an diese Veränderung gewöhnen. Mit der Zeit wird es leichter werden. Zumindest war es bei mir so..."



Am nächsten Tag wird das Lager abgebrochen, alles wird an den Pferden festgezurrt. Viel ist es nicht. Der Proviant ist fast vollständig vernichtet worden, und die ersehnte Beute ist ausgeblieben…
Niedergeschlagen macht sich der Jagdtrupp auf zurück nach Talyra.
Kann ja nur besser werden sind die Gedanken des Wargenmischlings… unwissend, was in der Stadt selber auf ihn zukommt.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Stormgrimm am 13. Jan. 2008, 17:23 Uhr
Schweren Schrittes folgt er immer noch dem kleinen, verlassenen Pfad, in der Hoffnung endlich auf eine Hauptstraße und / oder Zivilisation zu treffen. Der Tagesanbruch hält Einzug und lässt Nebelwände dick wie reiner Stahl und mächtig wie die in diesen verhüllten Eichen entstehen. Kleinere und kürzere Schneeschauer prägen diese Stunden und das Wildreich kommt, nachdem der zwei Tage andauernde Sturm abgeklungen ist, langsam wieder aus den Ecken und Nischen des Unterholzes hervor.

Aegnor weiß nicht, seit wievielen Tagen er umherwandert. Sein Zustand verschlechtert sich zunehmends, jedoch versucht er seine vorhandenen Ressourcen sinnvoll einzuteilen. Der Hunger, die Müdigkeit und der Schmerz nagen an ihm. Das Blut und der durch die schlecht isolierten Schuhe dringende Schnee vermengen sich und sind klar zu spüren.

Obwohl die Tierwelt wieder versucht, den Alltag wiederherzustellen, sind die einzigen Geräusche die die Stille des Waldes erfüllen, sein Atem, sein Husten und das gelegentliche Knurren seines Magens. Links und Rechts durch die Details des Dickichts spähend, sucht Aegnor nach beliebigen Mitteln und Objekten, die seine Überlebenschance erhöhen könnten.

Die Aura, die der geheimnisvolle Begleiter, ein Wolf, absandte, hatte sich im Laufe der Nacht von seiner Rückseite, über die Rechte Flanke bis hin zur Front verlagert. Aegnor spürt, das der Schemen, dem er vor einem Tag im Wald begegnet war und ihm bis dato folgte, die Konfrontation mit ihm sucht. Aegnor bricht kurz zusammen und muss kurz stark husten, kann sich aber sofort wieder aufrappeln.

Er Sucht Mich...Ich kann ihn deulich riechen...Ich werde ihm wohl bald wieder begegnen Eine gute Stunde später trifft Aegnor auf eine Weggabelung und bleibt kurz stehen, um einen Herzschlag lang Kraft zu sammeln. Es ist still. Alles scheint eingefroren zu sein, nicht einmal die kleinsten Äste zittern im Wind. Aegnor erstaunt plötzlich, als er eine dunkle Silhouette am Ende der Gabelung erpicht.

Es ist sein geisterhafter Begleiter und Beobachter. Ruhig, nahezu ausdruckslos sitzt er da. Sein Atem, der in der Kälte evaporiert, lässt ihn für jemand Außenstehendes um einiges gefährlicher erscheinen. Die bernsteinfarbenen Augen sind das einzig hervorstechende des dunklen Schattens. Aegnor ist spürbar erleichtert, da er sich bewusst ist, das ihm der Beobachter nicht schaden möchte. Ein weiter Satz hätte gereicht, um Aegnor in dieser Verfassung den Garaus zu machen.

Aegnor forciert seine Kräfte und trottet so schnell wie möglich in Richtung seines animalischen Kumpanen, der sich jedoch zurückzuziehen scheint. Als Aegnor den Platz erreicht, kann er dem Wolf noch beim untertauchen erblicken. Vor seinen Füßen türmt sich ein kleiner Schneehügel, den Aegnor mit zitternden Händen durchwühlt.

Danke... Ein feuchter, aber immernoch frischer Leichnam eines Kaninchens breitet sich in Aegnors Händen aus. Euphorisch hustend mustert er den Kadaver auf eventuelle Unreinheiten, die er gewissenhaft entfernt. Aegnors Gefühle sind kaum zu beschreiben, als er einige Ellen davon einige leicht feuchte, aber dennoch brauchbare Äste bemerkt. Beängstigt fasst er sich in seinen kleinen Lederranzen, indem sich ein etwas befeuchteter Pyrit und ein Feuerstein befinden, und atmet auf. Aegnor setzt sich und versucht, das Feuer zu entfachen und sich am Leben zu halten.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 15. Jan. 2008, 18:16 Uhr
Nachdem ihr eigener Hunger zum größten Teil gestillt ist, sie hat doch noch etwas für sich auftreiben können, wendet sie sich in die entgegengesetzte Richtung ihrer sonstigen Route und setzt sich in Bewegung.

Schon nach ein paar Minuten erreicht sie eine niedrige, recht verkrüppelte Tanne. Bis zu den untersten Ästen ist sie eingeschneit und bildet so ein natürliches Dach für den darunter liegenden Boden. Mit den Vorderpfoten schabt Lyall ein Stück von dem Schneewall, welcher sich um die Tanne gewunden hat, herunter und schlüpft in die Trockenheit unter dem Baum. Tannennadeln haben den Boden weich und eben gemacht und eine relative Wärme herrscht dort auch.
Sie ist immer wieder zum Schlafen hier her gekommen und auch ihre Habe ist hier verstaut. Es ist nicht mehr als ein kleiner Lederbeutel mit ihren Kleidungsstücken und sonstigen Besitztümern, jedoch für sie die einzige Erinnerung an ihr früheres Leben.
Einen tiefen Seufzer ausstoßend, nimmt sie den Beutel zwischen ihre Zähne und verlässt den Baum, der ihr mehrere Tage lang Obdach geboten hatte. Doch sie ist es gewohnt auch die noch so gastlichen Orte schnell wieder zu verlassen, trotzdem sieht sie noch einmal kurz zurück.

Nun wendet sie sich wieder Richtung Talyra. Lautlos tragen sie ihre Pfoten über den Schnee, das einzige Geräusch ist hier und da ein leises Tröpfeln tauenden Schnees.
Sie läuft in einiger Entfernung parallel an der Stelle vorbei, an dem sie ihm den Hasen überlassen hat, wohl wissend, dass er sich in der Nähe aufhalten muss. Jedoch kümmert sie dies im Moment wenig. Einen leichten Bogen nach links tiefer in den Wald laufend, hält sie Ausschau nach einem Ort für ihre Habe. Auf Erkundungstouren oder Jagden, liegt es immer sicher und versteckt an von ihr ausgesuchten Orten nur wenn sie ihren Weg fortsetzte veränderte sie seine Position in Richtung ihres nächsten Aufenthaltsortes.

Sie muss auch nicht lange nach einem Platz ausschau halten, schon taucht ein geeigneter Ort vor ihr auf. Ein Fels, eher breit als hoch, liegt ihr im Weg, an seiner Flanke hat sich ein tiefer Riss hineingefressen. Geröllbrocken liegen davor und ein Baum hat sich in dieser Felsnische niedergelassen. Wie ein krummes „L“ reckt er sich dem Himmel empor, mit den Wurzeln fest in den Fels gekrallt. Ein guter Ort scheint mir. Nicht zu auffällig aber prägnant. Ausserdem müsste es in der Spalte recht trocken sein.
Beschwingten Schrittes nähert sie sich der Spalte, die sich als größer herausstellt als aus der Ferne angenommen. Ihr Kopf sowie eine Schulter kann sie hineindrücken. Im Inneren ist es trocken und altes Laub sammelt sich am Grund des Spalts. Die Wände sind tapeziert mit Moos, welches die Feuchtigkeit von aussen nicht in die Spalte durchsickern lässt.
Mit ihrer Schnauze ein Loch in das weiche Substrat bohrend, schafft sie einen Platz für ihren Beutel. So gut es geht deckt sie ihn mit Blättern und kleineren Ästchen ab um dann ihr Werk, mehr oder weniger zufrieden, zu betrachten. Ein paar Steine hier und dort zurecht geschoben und keiner wird merken das jemand hier war… Vielleicht muss ich den Sack länger hier lassen als es mir lieb ist.
Sich die Stelle nochmals gut einprägend, wendet sie sich ab.

Die Sonne steht schon hoch am Himmel, doch Wärme ist zu dieser Zeit nicht von ihr zu erwarten. Lyall schüttelt ihr klammes Fell auf und streckt sich genüsslich. Auch wenn die Strahlen der Sonne, die hier und da durch die kahlen Äste der Bäume über ihr durchbrechen, keine Wärme spenden, hält sie ihre Schnauze in das Licht und schließt kurz ihre Augen.
Doch schon besinnt sie sich wieder auf ihr eigentliches Vorhaben und beschließt ihrem Weggenossen einen Besuch abzustatten. Hoffentlich hat er verstanden, dass er den Hasen essen soll… Vielleicht hat er ja sogar ein kleines Feuerchen in Gang bekommen. Gegen diese Wärme hätte ich nichts einzuwenden.
Sie nähert sich langsam trottend ihrem Ziel und nicht weit entfernt davon kann sie eine dünne Rauchsäule aufsteigen sehen. Ein Windhauch trägt ihr den Geruch von Asche und brennendem Holz entgegen.
Sich ihm von vorne nähernd, erspäht sie zwischen den dürren Zweigen eines Busches ein kleines Feuer. Es sieht nicht sehr Wärme spendend aus jedoch allein der Anblick lässt einen wohligen Schauer über ihren Rücken fahren. Sie sieht und riecht zunächst keinen gebratenen Hasen, alsbald erblickt sie jedoch dessen abgenagte Überreste. Daneben, an einen Baumstamm gelehnt, sitzt er. Recht groß und fahl im Gesicht, mit geschlossenen Augen. Ein leises Schnarchen oder röchelndes Atmen dringt zwischen seinen Lippen hervor.
Einen guten Gast mimend, setzt sich Lyall vor ihn, legt ihren Kopf schief und harrt ihrer Entdeckung. Nur das schmächtige Feuer trennt sie. Ob ich noch ein wenig näher heranrücken soll? Nein das wäre zu aufdringlich. Er weiß schließlich nicht was oder wer sich hinter diesem schwarzen Fell befindet. Ich glaube es ist besser ersteinmal in Wolfsgestalt zu bleiben. Was er nicht weiß, kann er auch nicht ausplaudern. Und sei es nur ungewollt oder zufällig.
Auch wenn das Feuer eher schwelt als brennt, sendet es doch kontinuierlich einen sachten Wärmestrahl, welches sie an Brust und Vorderbeinen trifft. Mit einem leisen Zischen vergehen die Tropfen, welche aus den Baumwipfeln ihren Tod im Feuer unter ihnen suchen.
Sie genießt das bisschen Wärme, auch wenn diese nicht ganz bis zu ihrer Haut hindurch dringen kann und wartet geduldig bis ihr Gegenüber die Augen aufschlägt.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 16. Jan. 2008, 22:04 Uhr
Von Ende Erntemond bis Beginn des Nebelmonds



Irgendwo in den Randbezirken des Larisgrüns


Olyvar erwacht vom Prasseln des Regens auf der Zeltplane und von Dianthas rumorenden Bewegungen, die sich an seiner Seite rührt. Sie schläft halb auf, halb neben ihm, so tief in das weiche, zu einem Schlafsack an zwei Seiten zusammengenähte, karamellfarbene Branbärenfell vergraben, dass nur ein Wust wirrer Locken und gerade ihr Näschen aus den Pelzen lugen. Ihr Räkeln wirbelt eine Wolke Heuduft auf, das ihnen als Bettunterlage dient und als sie sich endgültig auf die andere Seite dreht und wieder an ihn drängt, schmiegt Olyvar sich an ihren Rücken. Sie gibt ein sehr niedliches, halb fragendes, halb beruhigendes "Mmmm" von sich, tastet nach seiner Hand, legt sie unter ihr Kinn, kuschelt sich noch fester an ihn und schläft prompt weiter. Derart ausmanövriert lacht er leise in sich hinein und vergräbt die Nase in ihrem Haar, das wie stets den schwachen Geruch nach Sommerwiesen trägt. Er versucht gar nicht erst, noch einmal einzuschlafen, dazu ist er viel zu wach, obwohl es draußen immer noch dunkel ist. Das Lager ist still, in keinem der anderen Zelte regt sich schon etwas, nur der Nebel, der vom Boden aufsteigt, ist bereits silbergrau... wenn er schätzen müsste, würde er sagen, noch eine Stunde etwa bis zur Dämmerung. Und wenn schon, jetzt haben wir es nicht mehr eilig. Olyvar, Diantha und das gute Dutzend Jäger in ihrer Begleitung, sowie ein paar Kämmererburschen und Rossknechte sind nach zweieinhalb Siebentagen gründlich verregneter, aber immerhin auch ziemlich erfolgreicher Jagd mitsamt ihrer Beute - siebzehn säuberlich zerlegte, in ihre abgezogenen Felle eingepackte und mit einem Kältezauber belegte Büffel auf den schwer beladenen Wagen - auf dem Rückweg in die Steinfaust, und es würde ohnehin Mitternacht werden, ehe sie wieder in Talyra wären. Das große Feuer inmitten des losen Rings grauer Zelte, in denen die Männer noch friedlich schnarchen, ist fast heruntergebrannt und nun nur noch ein steingefasster Glutteppich im Dunkel der Nacht. Olyvar, zu schläfrig, um aufzustehen und zu wach, um noch einmal die Augen zu schließen, erinnert sich, beschwört die Bilder vor seinem inneren Auge herauf und lässt in Gedanken die vergangenen Tage und ihre Ereignisse noch einmal vorüberziehen.

Nach den letzten Erntemondtagen waren sie zur Jagd aufgebrochen, da die ersten Büffel überraschend früh dieses Jahr aus ihren Weidegründen im Norden und Osten der Herzlande, aus den Llelar-Ebenen und der Maremma, ins Larisgrün zurückgekehrt waren. Die Patrouillen der Jäger und Kundschafter der Steinfaust hatten diese Nachricht in die Festung verkündet, und allein ihr Auftauchen und ihre Neuigkeiten hatten einen Hauch von Jagdstimmung, Herbstlaub, geöltem Leder, jappenden Hunden und wiehernden Pferden, gewürzt mit dem köstlichen Beigeschmack eines Abenteuers mitgebracht. Olyvar war schon seit Jahren nicht mehr dazu gekommen, an einer solchen Jagd teilzunehmen, aber in diesem Herbst würde er sich das um keinen Preis entgehen lassen, und Diantha war von der Aussicht, ihn und eine Schar der Jäger zu begleiten derart aus dem Häuschen gewesen, das Olyvar über ihren Enthusiasmus nur noch grinsend den Kopf hatte schütteln können. Sie hatte bis vor ein paar Tagen keine Büffel gekannt und noch nie einen gesehen, dafür hatte sie ihm jedoch begeistert von den Jagden mit ihrem Vater in Immerfrost vorgeschwärmt und etwas kleinlauter schließlich auch von der Bärenhatz gebeichtet, bei der sie sich vor Jahren mehr oder minder eingeschlichen hatte. Die Zwillinge waren also in der sicheren Obhut Mornas und Rhordris zurückgeblieben und sie waren im Morgengrauen des ersten Blätterfalls mit einer kleinen Gruppe von dreizehn Jägern, ihren Hunden und einem angehenden Magierkobold namens Iyurat - ein Vetter Pumquats, der leider ein koboldischer Snob war und sich entsetzt über die Wildnis, in die er geschleift wurde, aufplusterte wie ein Gockel - aufgebrochen. Neun Tage lang waren sie dem Lauf des Llarelon nach Nordwesten gefolgt, immer tiefer hinein ins herbstliche Larisgrün, vorbei an den heißen Quellen und dem Weißen Schloss, an dem Dorf Vier Linden und an Honighain, der letzten kleinen Siedlung für viele Tausendschritt, immer am Fluss entlang. Als sie aufgebrochen waren, hatte Olyvar eigentlich im Sinn gehabt, Diantha als Reittier eine grundsolide, zuverlässige und schon etwas in die Jahre gekommene Stute aus den Beständen der Boten und Meldereiter zu geben, doch seine Frau war davon alles andere als begeistert gewesen (und wenn man ehrlich war, dann war es auch die Stute nicht). Stattdessen hatte sich Diantha ausgerechnet den Falben ausgesucht - ein Pferd, an dem sie ohnehin einen Narren gefressen zu haben scheint, seit sie es zum ersten Mal gesehen hatte. Sie war ihn schon zwei-, dreimal auf dem Sandplatz geritten und sie war - für ihr Können - gut mit ihm ausgekommen, doch gerade dieses Pferd wäre das letzte gewesen, das Olyvar für diese Jagd für sie ausgesucht hätte (nicht, dass er jetzt noch ein Wort mitzureden gehabt hätte). Sicher, der Falbe war inzwischen ganz gut ausgebildet, wie bisher jedes Tier, das die unendlich geduldige Grundlagenschule Farons und Sergeant Karmesins verlassen hatte, aber er war jung und unerfahren, und hatte für einen noch nicht allzu sattelfesten Reiter eindeutig zuviel Flausen im Kopf und zuviel azurianischen Pfeffer unter der Schweifrübe.

Olyvar weiß, dass sein Oberster Stallmeister und Karmesin, der Cedric so lange als Hauptmann der Reitergarde vertreten hatte, insgeheim damit rechneten, dass der Falbe - wie Bayvard ein starkes, schweres Jagdpferd, aber wendiger und leichter gebaut als ein Schlachtross -, sein nächstes Tier werden würde, aber so viel versprechend der junge Hengst auch sein mag, er ist bei allem Talent nicht das, was Olyvar sucht. Woran das lag, hätte er nicht in Worte fassen können, doch er hatte es von Anfang an gespürt und der Falbe ebenso. Sie beide waren einfach nicht füreinander gemacht - bei Diantha hingegen hatte die Sache ganz anders ausgesehen, denn der Falbe hatte seine Frau mindestens so sehr ins Herz geschlossen, wie sie ihn, und das kann Olyvar dem Tier auch nicht verdenken. Es war also dabei geblieben, Diantha hatte als Pferd für diese Jagd den Falben bekommen - nachdem Olyvar sie gewarnt hatte, dass der lange Ritt für sie und vor allem für ihr Hinterteil die Hölle werden könnte und sie hoch und heilig hatte schwören lassen, dass sie, sobald es ernst werden würde, zu Fuß bei den Treibern oder sonst wo in Sicherheit bleiben müsse. Nicht auszudenken, was passieren könnte, wenn dieser falbfarbene Springinsfeld mit den ebenholzfarbenen Beinen und der goldschwarzen Mähne sich einbildete, ein Rennen mit einem quaderschweren Branbüffel ausfechten zu müssen. Diantha hatte ihm mit Seharimzungen versprochen, auf gar keinen Fall irgendein Risiko einzugehen und ihm dann mit einem nicht gerade tränenfeuchten, aber sehr wirkungsvollen Blick aus Sommerhimmelaugen endgültig den Wind aus den Segeln genommen. Olyvar hatte sich zähneknirschend, doch im Stillen auch ein wenig amüsiert über den geliebten Sturkopf seiner Frau geschlagen gegeben und ihr prophezeit, nach zwei Tagen nicht einmal mehr Sitzen zu können. Er sollte Recht behalten - auch die ganz offensichtliche Zuneigung des Falben hatte ihn zumindest während der ersten Woche nicht daran gehindert, Diantha einmal in einem Schlammloch und einmal in einem Brombeergebüsch loszuwerden, ihr dreimal durchzugehen, weil sie ihn im schnellen Galopp einfach noch nicht unter Kontrolle halten kann (und er sich selbst auch noch nicht), und außerdem mindestens einmal täglich ganz allgemein gegen ihre Führerschaft zu meutern. Diantha hatte tapfer ausgehalten, ihr nicht ganz einfaches Pferd immer wieder in seine Schranken verwiesen, sich den Schneid nicht abkaufen lassen, kein Wort über ihren zweifellos höllischen Muskelkater und den wund gerittenen Allerwertesten verloren, die gutmütigen Spötteleien der Jäger mit säuerlichem Grinsen ertragen, und dem Falben immer wieder ordentlich das freche Fell gegerbt.

Olyvar hatte die rot gescheuerten Stellen an ihren Schenkeln und Knien, und die Blasen an ihrem Hintern jeden Abend so behutsam wie möglich mit Zaubernusssalbe behandelt, sich geduldig ihre pakkakielischen Schimpftiraden über Pferde im Allgemeinen und dieses eine im Besonderen angehört, sie geküsst und ihr versichert, dass es ihr bald besser mit dem Mistvieh gehen würde. Außerdem hatte sich ein Teil seiner Selbst angesichts seiner splitterfasernackten Frau neben ihm in den engen Schlafpelzen schon einmal darauf gefasst gemacht, in den nächsten Tagen entweder von seinem eigenen Verlangen oder von ihr selbst umgebracht zu werden, falls er so lebensmüde sein sollte, einen Versuch in diese Richtung zu unternehmen. Sieben Tage lang hatten sie von Büffeln weder etwas gesehen, noch etwas gehört, waren immer dem Flusslauf gefolgt und hatten auch die letzten Waldbauernhöfe und Kätnerstellen inzwischen weit hinter sich gelassen. Diantha und der Falbe hatten sich währenddessen zusammengerauft und täglich Fortschritte gemacht, auf die sie wirklich stolz sein konnten. Auch wenn das Pferd immer noch ein wenig unruhig und leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen war, Diantha hatte ihn mittlerweile meistens im Griff. Um ihren Proviant aufzubessern, hatten die Männer sich die Zeit mit der Jagd auf Hasen, Truthähne oder andere Kleintiere vertrieben, und auch Diantha hatte mit ihrer Schleuder fast täglich Fleisch ins Lager gebracht. Als sie das erste Mal den Lederriemen mit dem kleinen, kugelförmigen Stein darin hatte wirbeln lassen, um ein aufflatterndes Rebhuhn vom Himmel zu holen, war ihr der Falbe prompt durchgegangen und sie hatte unsanfte Bekanntschaft mit ein paar Brombeerranken gemacht, aber der junge Hengst hatte sich bald an das Surren der Schleuder auf seinem Rücken gewöhnt, und seitdem versorgte sie den Kessel oder die Pfanne des eisernen Dreifußes über dem allabendlichen Lagerfeuer ebenso gut mit Fleisch wie die übrigen Jäger ihres kleinen Trupps. Die Zubereitung ihrer Beute hatte sie dann aber getrost Olyvar überlassen, der ihre Erfolge mit einem breiten Grinsen quittiert, auf ihre beharrlichen Versuche, ihn zu dieser Art von Jagd zu überreden, jedoch stets nur erwidert hatte, er sei ein ganz passabler Schütze mit Armbrust oder Bogen, aber mit einer Schleuder träfe er vermutlich nicht einmal ein Scheunentor. Auf ihre täglichen Streifzüge abseits des Weges und weit entfernt von den anderen hatte er sie, sobald es ihrer Kehrseite allmählich besser gegangen war, dennoch gern begleitet. Das hatte zwar zur Folge, dass ihr Beutepensum beträchtlich abnahm, ihrer beider Laune allerdings hob sich durch die Zweisamkeit weitab von ihrer illustren Jagdgesellschaft ganz erheblich. Sich im herbstlichen Larisgrün in einem Bett rot leuchtender Ahornblätter zu lieben, während die Sonne ihre letzten warmen Strahlen wie blasse Goldfinger durch die Zweige der Bäume über ihnen streckte, war furchtbar romantisch. Sich inmitten eines Zeltlagers zu lieben, wo jaulende Hunde und furzende Jäger, die sich zudem seit einem Siebentag nicht mehr gewaschen hatten, in unmittelbarer Nachbarschaft schnarchten, irgendwie schon weniger (wirklich abgehalten hatte es sie jedoch nicht).

Am achten Tag ihres Rittes war von den Büffeln noch immer keine Spur zu entdecken gewesen, obwohl sie unlängst hier in dieser Gegend gesichtet worden waren. Sie waren inzwischen fast zweihundert Tausendschritt von der Stadt entfernt tief im talyrischen Hinterland und ihr kleiner Trupp hatte die Ausläufer der Schildbuckel erreicht, eines Hochlandes, das in sanften, bewaldeten Bergrücken vor ihnen anstieg. Irgendwo im Inneren der Schildbuckelhügel entsprang der Llarelon, doch hier in den Randbezirken des Berglandes war der kleine Fluss, der bei Talyra in den Ildorel mündete, nicht viel mehr als ein gurgelnder Wildbach in einer breiten Senke. Rötlichgraue Sandsteinfelsen drängten sich zu beiden Seiten des Flusstales, türmten sich zu steinernen Burgen oder ragten als verwitterte Wände viele Klafter hoch in den Himmel und hielten so den Wald davon ab, allzu dicht an die Flussufer heranzukommen. Die Laubbäume mit ihren flammendroten, bronzefarbenen oder goldgelben Blättern blieben hinter ihnen zurück und wurden ersetzt durch Kiefern, Balsamfichten und Koniferen, die sich an Steine und Geröll klammerten. Hier im Schatten der immergrünen Nadelbäume war es wesentlich kühler und dunkler als unter dem lichten, sonnengesprenkelten Laubdach, das sich bisher hoch über ihren Köpfen ausgebreitet hatte - dunkler und stiller. Die Wildnis ringsum hatte sich ruhig und leer angefühlt, und je weiter sie an diesem Tag geritten waren, desto stiller waren auch sie geworden, bis jede Unterhaltung in ihrer Schar vor der gebieterischen Stille des Waldes verstummt war - selbst die Hunde hatten aufgehört zu hecheln und zu jappen. Da die Auwiesen hier am Oberlauf des Llarelon mit ihren Felsenbuchten und steingesäumten Schluchten zu unwegsam für die Wagen geworden waren, waren die Rossknechte und Kämmerer in einem Lager zurück geblieben, während Olyvar, Diantha und die übrigen Männer mit ihren Hunden weiter gezogen waren. Als sie gegen Mittag eine kurze Rast eingelegt hatten, um die Pferde zu tränken und sich die Beine zu vertreten, waren die Jäger zuversichtlich, hier in der Gegend bald auf Büffel zu treffen, obwohl bisher weit und breit noch nichts von ihnen zu sehen gewesen war - doch es war Diantha, die sie schließlich auf die richtige Fährte gebracht hatte. Sie war während ihrer Rast ein Stück weit dem Flusslauf gefolgt auf der Suche nach einem blickdichten Gebüsch, hinter dem sie kurz verschwinden konnte, doch kaum war sie außer Sicht, hatten sie sie aufgeregt Rufen hören und gleich darauf war sie halb humpelnd, halb auf einem Bein hüpfend zu ihnen zurück geeilt. "Büffel!" Hatte sie atemlos und wild gestikulierend verkündet, als sie wieder bei ihnen war. "Ich hab sie!" Olyvar hatte überrascht eine Braue gehoben. "Wo?"
"Da!" hatte sie behauptet, ihren linken Fuß vorgestreckt und demonstrativ auf ihren braun verschmierten Stiefel gezeigt. Als sein ungläubiger Blick ihrem ausgestreckten Finger gefolgt war, und seine Nase einen untrüglichen Geruch wahrgenommen hatte, war er in breites Grinsen ausgebrochen und Diantha hatte sein Lächeln ebenso begeistert erwidert. "Ich weiß vielleicht noch nicht so wirklich, wie ein Büffel aussieht," hatte sie sehr zufrieden mit sich selbst bemerkt, "aber ich weiß, in was ich getreten bin und ich glaube nicht, dass hier mitten im Wald jemand eine Kuh verloren hat!"

Eine Stunde später hatten sie die kleine Herde erreicht, deren Spur sie seit dem Mittag gefolgt waren - einundzwanzig mächtige, zottigbraune Gestalten, die am Berghang entlang das Flusstal hinaufzogen. Unter den Bäumen waren sie nur schemenhaft zu erkennen, aber man konnte ihre Zahl und ihren Weg anhand der Bewegungen im Unterholz ganz gut einschätzen. "Im Wald erwischen wir nie genug Tiere, M'lord. Wir würden zwei oder drei erlegen, aber der Rest wäre auf und davon," hatte Robyn Rieg, ein alter Jäger vom Zweiten Trupp der Spähergarde zu Bedenken gegeben und Olyvar hatte ihm nur nickend zustimmen können, während der Hund des Alten, ein weißschwarz geflecktes Ungetüm von einem Bullenbeißer, mit seiner rosafleckigen Nase hierhin und dorthin gewittert hatte. Die schweren Jagdhunde, welche die Männer bei sich hatten, waren nicht besonders hochbeinig, aber außerordentlich kräftig und für kaum etwas anderes gezüchtet, als ein viel größeres Tier zu packen und festzuhalten. Keiner der Hunde hätte für sich genommen eine Chance gegen einen ausgewachsenen Branbüffel, aber sie waren stark, mutig und unbeirrbar, und als Meute konnten sie die Tiere sehr wohl hetzen und stellen. "Auf den Auwiesen hier unten am Fluss hätten wir freie Sicht," hatte Olyvar gemurmelt und den Weg zurück geblickt, den sie gekommen waren. "Aber diese Felsen hier gefallen mir nicht. Sie kommen stellenweise zu nahe ans Wasser, so dass wir keine freie Fläche haben, um ihnen mit den Pferden nachzusetzen, wenn die Herde ins Laufen kommt und wir müssten die Tiere vorher aus dem Dickicht des Waldes scheuchen..." Irgendwo am Berghang zu ihrer Linken und ein Stück weit voraus war plötzlich ein dumpfes, brummendes Röhren ertönt, gefolgt vom hellen, splitternden Krachen trockenen Holzes - beruhigend weit weg, aber doch laut und vehement genug, um erahnen zu lassen, wie groß ein Tier wäre, das solche Geräusche verursacht. Olyvar hatte Dianthas gespannte Miene beobachtet, sie in die Arme gezogen und ihre Nasenspitze geküsst, als sie sich ein wenig beklommen erkundigt hatte, wie groß noch einmal genau so ein Branbüffel wäre. "Größer als eine Kuh," hatte er mit einem halb verborgenen Lächeln erwidert. "Sechs Fuß und mehr Schulterhöhe und neunhundert Stein schwer."
"Aber die Felsen sind vielleicht auch von Nutzen, M'lord," hatte Schwarzkittel, ein Kundschafter vom Ersten Trupp eingeworfen. "Seht Ihr, ich kenne das Llarelontal hier recht gut, wir haben hier schon Büffel gejagt, da waren M'lord noch ein zahnlückiger Knirps von sechs Jahren, versteht Ihr? Wenn ich mich nicht irre, ist zwei Tausendschritt weiter vor uns eine Flussbiegung und Felsenschlucht, die keinen Ausgang hat. Wenn wir die Herde hier vom Berghang ins Tal bekommen, dann in die Schlucht treiben und den einzigen Zugang, den es gibt, mit Feuer und ein paar Fackelträger versperren, dann hätten wir sie in der Falle. Ein paar Schützen könnten schon vorher in die Schlucht ziehen, in die Felsen hinaufklettern und die Tiere von dort unter Beschuss nehmen."
"Bräuchten aber zwei Treibergruppen, M'lord," hatte sich der wortkarge Tormedan gemeldet. "Einen hier, der die Büffel an den Fluss herunter und dann weiter am Fluss entlang treibt und einen zu Pferd, der sich auf Höhe der Schlucht im Flusstal positioniert, damit sie uns nicht ins seichte Wasser ausbrechen und auf die andere Seite gelangen."

Olyvar hatte sich die Vorschläge der Männer angehört, ihren Plan kurz durchdacht und dann genickt. Der alte Robyn Rieg hatte die Hundeführer um sich versammelt und sich seitwärts ins Unterholz geschlagen, um die Tiere aus dem Wald und von dem verdammten Hügel herunter ins Tal zu treiben - ganz behutsam und gemächlich, um die kleine Herde Branbüffel nicht zu früh in Panik zu versetzen, denn die Tiere sollten einfach nur flussaufwärts ziehen und zwar möglichst ohne dabei allzu unruhig zu werden. Die Pferde der Hundeführer wurden am Fluss zurückgelassen, angebunden zwischen stämmigen Weiden und vereinzelten Harzkiefern. Olyvar und vier weitere Reiter waren vorausgeritten, um den Llaleron weiter nordwestlich überwachen und darauf zu warten, dass ihnen die Büffel zu getrieben wurden. Sie hatten sich mit allem Flatternden, Bunten bewaffnet, das ihnen in die Finger gekommen war, der Alte Leoman hatte zur Erheiterung aller sogar seine leuchtend rote Flanellbruche geopfert. Auch die Schützen der Späher, Rabenauge, die Schnelle Uriel und Riware die Amsel waren bereits in Richtung der Schlucht unterwegs und mit ihnen Diantha  - irgendwo auf einem großen Findling oder Felsensims außer Reichweite panisch durcheinander stampfender  Büffel hatte Olyvar sie in Sicherheit geglaubt. Hätte er zu diesem Zeitpunkt auch nur die leiseste Ahnung gehabt, was geschehen würde, hätte er sie vermutlich auf dem Mond festgebunden. Die Schützen hatten am Eingang zur Schlucht im Abstand von fünf bis zehn Schritt Holz und Äste aufgestapelt, die mit Öl getränkt worden waren und fürchterlich rauchende Feuerstellen abgeben würden, und alle Reiter trugen neben irgendwelchen langen Stoffstücken auch noch Pechfackeln. Es war alles glatt verlaufen, bis sie die Herde in die Schlucht getrieben hatten. Robyn und seine Männer samt ihren Hunden hatten die Tiere aus dem Wald und dann am Fluss entlang auf sie zu gescheucht, während Olyvar und die anderen Reiter mitten im seichten, schnell fließenden Wasser unter den tief hängenden Ästen einiger Weiden Aufstellung genommen hatten, um die Tiere daran zu hindern, auf die andere Talseite zu flüchten. Die Schützen waren längst in der Klamm und hatten sich dort sichere Plätze gesucht - Diantha stand nahe des Eingangs in die Schlucht auf einem mannshohen Findling neben dem jungen Braunspatz, der vor lauter Aufregung dauernd an seiner Armbrust herumgefummelt hatte - von seinem Standort aus hatte Olyvar ab und an einen Blick auf ihr Haar erhaschen können, ein Wirrwarr goldener Locken im Licht der Herbstsonne. Schweigend und angespannt hatten sie gewartet, bis ein dumpfes Rumpeln in der erwartungsvollen Stille laut geworden war, das Rauschen des Wassers und das Geräusch des Windes in den Baumkronen übertönt, und sich rasch zu einem dunklen Grollen ausgewachsen hatte, durchsetzt mit dem Schreien und Rufen der Treiber, dem Bellen und Knurren ihrer Hunde und dem Brüllen verärgerter Büffel. Eine unbestimmte Bewegung unterhalb der weichen Biegung, die der Fluss unterhalb der Schlucht machte, war das erste gewesen, das sie gesehen hatten und plötzlich war die ganze Herde auf sie zugedonnert, eine ununterscheidbare Masse schwarzbrauner Leiber und fahlgrauer Hörner, wie ein einziges, großes, zorniges Wesen. Olyvar und die anderen Jäger zu Pferd hatten buchstäblich bis zum letzten Augenblick gewartet, ehe sie schreiend und Pechfackeln herumwirbelnd oder blaue Umhänge und flatternde Bänder (oder eine lange, rote Unterhose) schwenkend auf die Tiere zugaloppiert waren, um ihnen den Weg abzuschneiden und sie nach links in die Schlucht abzudrängen.

Auch das hatte reibungslos funktioniert - ein alter Bulle war zwar mit einer jungen Färse an seiner Seite durchgebrochen, indem er den verdatterten Arnek von Findronach samt seinem Pferd einfach über den Haufen gerannt hatte, ehe sie die ölgetränkten Feuerstellen hatten in Brand setzen können, doch außer ein paar schmerzhaften Prellungen war den beiden nichts weiter tragisches geschehen. Der Rest der Herde war donnernd in der Schlucht verschwunden und die Treiber zu Fuß und ihre Hunde hatten keuchend zu ihnen aufgeschlossen. Olyvar hatte seine Pechfackel tief in einen aufgeschichteten Holzstapel gestoßen und mit grimmig-zufriedener Miene beobachtet, wie auch die anderen eine Feuerkette im einzigen Ausgang aus dem Felsenkessel entfachten. Ein Dutzend Herzschläge später war die Schlucht kein ruhiger Ort schattiger Waldkühle mehr gewesen, sondern ein Hexenkessel aus Chaos, Blut und Agonie, aus brüllenden Büffeln, schreienden Jägern, kreischenden Pferden und grollenden Hunden. Armbrustbolzen und Pfeile waren durch die Luft gezischt und hatten sich mit einem schmatzenden Ssssstokkk! tief ins Fleisch ihrer Opfer gefressen, Speere waren wispernd heran geflogen und hatten weiche Flanken aufgerissen oder waren an harten Rippen abgeprallt, Hunde hatten sich knurrend und geifernd in gesenkte Büffelschnauzen verbissen, und daran gezogen und gezerrt, bis ihre Herren den Tieren den Garaus gemacht hatten. Die Jäger, Treiber wie Schützen, hatten sich rasch zu kleinen Gruppen zusammengefunden und so war ein Branbüffel nach dem anderen gefallen, bis nur noch drei Tiere auf den Beinen gewesen waren: ein alter Büffel, der verbissen um sein Leben kämpfte und einfach nicht zugeben wollte, dass er schon tot war, obwohl ihn inzwischen so viele Bolzen und Pfeile spickten, dass seine rechte Seite aussah, wie ein Nadelkissen, eine Kuh, die im Zickzack durch die Klamm raste und schrie wie am Spieß, und ein halbwüchsiger Jungbulle mit einem abgebrochenen Bolzen zwischen den Rippen, der sich trotz seiner Panik dicht bei den Feuerbränden herumtrieb, als wittere er dahinter den Ausgang aus der Falle, in die seine Herde geraten war. Im schwarzen Rauch war er kaum auszumachen. Braunspatz, der Armbruster neben Diantha auf dem Findling war gerade dabei, einen weiteren Bolzen einzulegen und seine Waffe erneut zu spannen, als er sich verschätzte, auf dem glatten Moos den Halt verlor und ins Leere trat, nur um prompt und kopfüber von seinem sicheren Sitz zu purzeln - dem brüllenden Jungbullen direkt vor die Nase. Oyvar, wie alle längst vom Pferd gesprungen und damit beschäftigt, sterbenden oder bereits toten Tieren die Kehlen durchzuschneiden, hörte Diantha schreien und fuhr herum. In fünfzehn, zwanzig Schritt Entfernung sah er, wie der Jungbulle den strampelnden Braunspatz durch die Luft schleuderte, als sei er eine Puppe, wie der Büffel von einem weiteren Speer getroffen herumfuhr und sich einen Moment taumelnd um sich selbst drehte, um nach dem Schaft an seinem Bauch zu schnappen, sah, wie Diantha ungeachtet der Gefahr vom Findling sprang und den zappelnden jungen Späher im zertrampelten Gras hektisch aus dem Weg zerrte, sah, wie der Bulle kurz strauchelte, sich dann aber schnaubend wieder seinem Opfer zuwandte. Er hörte sein Röhren und sah ihn den Kopf senken, als wolle er im nächsten Augenblick losstürmen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 16. Jan. 2008, 22:32 Uhr
Von Ende Erntemond bis Beginn des Nebelmonds



Irgendwo in den Randbezirken des Larisgrüns


Olyvar hatte keine Zeit irgendeinen Gedanken zu fassen oder auch nur zu schreien, und er hielt auch nur seinen Dolch in der Hand. Alles, was er wusste, war, dass er noch drei Herzschläge hatte oder Diantha und Braunspatz würden unter einem Berg Fell, Fleisch, Hufen und Horn begraben werden - also rannte er. Er rannte vollkommen lautlos, konzentriert und so schnell er nur konnte, zögerte keine Sekunde, setzte sein ganzes Gewicht ein, prallte gegen das strauchelnde Tier, bekam den Bullen zumindest bei einem der sprichwörtlichen Hörnern und bei einer Masse drahtigen Mähnenfells zu fassen und riss den jungen Büffel praktisch von den Stiefeln seiner Frau fort. Weder das Tier noch er selbst hatten mit der Wucht seines Angriffs gerechnet, die sie beide von den Füßen holte und mit einem dumpfen Krachen übereinander stürzen ließ. Olyvar landete im Dreck und über ihn hinweg rollten fünfhundert Pfund grunzend strampelnder Jungbüffel. Irgendetwas riss ihm das Lederwams, das Hemd und die Haut an der Schulter auf, doch seltsamerweise spürte er nur die Wärme seines eigenen Blutes, keinen Schmerz. Erstickt vom staubigen, sonnenwarmen Geruch nach wildem Rindvieh blieb ihm für einen endlosen Augenblick einfach die Luft weg und er schluckte Erde, Schlamm und Büffelsabber, aber wenigstens hatte er den Dolch nicht verloren und sich die Klinge in dem allumfassenden Chaos auch nicht selbst in den Bauch gerammt. Halb blind vor Schmutz konnte er Diantha im ersten Moment überhaupt nicht sehen und der Bulle ließ ihm auch keine Zeit, nach ihr Ausschau zu halten. "Lauf!" Brüllte er und konnte nur hoffen, dass sie die Beine in die Hand nahm und sich in Sicherheit brachte. Irgendwo hinter sich hörte er ein paar der Männer schreien, doch er war viel zu sehr damit beschäftigt, sich wieder auf die Füße zu kämpfen und das grölende Mistvieh neben sich davon abzuhalten, ihn dabei zu Tode zu trampeln oder ihm eines seiner Hörner ins Fleisch zu rammen. Den linken Arm fest um den Hals des jungen Bullen geschlungen, die Finger in den dichten Pelz gekrallt, hieb und stieß er mit dem Dolch in der Rechten um sich, aber das hatte ungefähr soviel Wirkung, als wolle er mit einem Zahnstocher ein azurianisches Dreihorn zu Tode pieksen, während er selbst zahllose schmerzhafte Tritte, Schläge oder Stöße einstecken musste - das Tier schien nur noch aus Hörnern, Klauenhufen, Zähnen und Muskeln zu bestehen. Gleichzeitig zerrte er mit aller Kraft am Hals des Büffels. Fall um. Fall um, fall endlich! Der Büffel dachte jedoch überhaupt nicht daran, ihm den Gefallen zu tun, sondern ruckte brüllend mit dem Kopf nach oben und Olyvar fand sich für endlose Herzschläge gut einen Schritt über dem Boden baumelnd am Hals des Wildrindes wieder, ehe das Tier das Gleichgewicht verlor, nach vorne einknickte und ihn mit vernichtender Wucht und seinem ganzen Gewicht erneut in den Schlamm drückte - aber er ließ nicht los. Für endlose Augenblicke waren sie beide nicht mehr als eine formlose, schlamm- und blutverschmierte Masse, die sich unter grollendem Röhren und tamarischen Flüchen im Dreck herumwälzte, dann wurde der Büffel an der von Olyvar abgewandten Seite plötzlich von zwei Bolzen oder Pfeilen getroffen. Er konnte die beiden dumpfen Aufschläge und das Zittern des Tieres spüren, das ihn selbst durchschüttelte wie ein Erdbeben.

Anstatt endlich aufzugeben und sich zum Sterben hinzulegen, fiel dem Bullen jedoch just in diesem Moment ein, dass er ihn eigentlich auch an dem nahe stehenden Findling zerquetschen könnte, und Olyvar wurde hochgerissen und dann mit Wucht gegen den schroffen Felsen geworfen. Grunzend vor Schmerz und mit tanzenden bunten Sternchen vor den Augen, versuchte er noch, seine Messerhand wieder frei zu bekommen, doch plötzlich und wie aus dem Nichts war auf einmal Diantha vor ihm. Sie zog dem Jungbüffel einen brennenden Ast über die triefende Schnauze, der Funken sprühend in ein Dutzend glühende Stücke zerbrach, die sich zischend ins Fell des Tieres brannten, und ihm schmerzhaft die Hand und den Arm versengten. Erst bei ihrem Anblick wurde ihm zu seinem Schrecken klar, dass er sie die ganze Zeit über seinen Namen hatte rufen hören. Der Büffel schnaubte, brüllte, schwenkte den Kopf hin und her und tat einen Satz in ihre Richtung. "Lauf weg!" Schrie Olyvar und hämmerte dem Bullen seine Faust unters Kinn, ein Gefühl als schlage man auf eine massive Steinwand ein. Dann fand sein Dolch endlich eine Stelle in der dichten Schulter- und Halsmähne, die er durchdringen konnte, und im selben Augenblick waren Robyn, Rabenauge und Aourgen bei ihm und ihre massiven Eschenholzspeere bereiteten dem ganzen irren Tanz ein abruptes Ende. Die Welt kippte aus den Angeln, als der Büffel in seinem Klammergriff plötzlich knochenlos wie ein Wurm zu werden schien, wegrutschte und mit einem letzten Ächzen reglos im Schlamm landete. Es war vorbei - Olyvar fand sich auf dem Rücken liegend wieder, zerschlagen wie ein Sack Geschirr auf das jemand eine Schar lustiger Oger mit Eisenkeulen losgelassen hatte, und blinzelte in ein sommersprossiges Gesicht, das sich mit unverhohlener Sorge in den blauen Augen über ihn beugte. Irgendjemand, den er nicht sehen konnte, rollte endlich den toten Büffel von seinem linken Bein und er konnte sich mühsam unter dem Rest des toten Tieres hervorarbeiten. Dianthas Hände auf seinem Gesicht spürte er, lange bevor ihre Worte zu ihm durchdrangen. "Geht's dir gut?"
"Nein," blubberte er und schmeckte Blut in seinem Mund. Es war nicht schlimm, aber irgendwann musste er sich auf die Zunge oder die Lippen gebissen haben. "Wie viele Dianthas siehst du?" Wollte sie wissen und er fasste sie genauer ins Auge. Irgendwie gelang es ihm, eine blutige Hand zu heben und ihr über die Wange zu streichen. "Drei... vielleicht auch vier. Ich nehme die in der Mitte, aye?" Hustend und spuckend rappelte er sich auf und torkelte auf die Füße. Sie half ihm, indem sie ihm die Arme um die Hüften schlang, so dass er sich an sie lehnen konnte. Er hatte Mühe zu atmen und jedes Mal, wenn er Luft holte, rebellierten seine Lungen und er spürte schmerzhaft jeden einzelnen Knochen in seinem Brustkorb, aber soweit er das beurteilen konnte, war er im Großen und Ganzen heil geblieben. Ein paar angeknackste Rippen vielleicht, und irgendwo an seinem linken Schulterblatt blutete er gerade sein Hemd durch, aber ernsthaft verletzt war er wohl nicht. Diantha hingegen schien da anderer Ansicht zu sein. "Hör sofort auf, Scherze zu machen zum Kuckuck!" Zischte sie aufgebracht und tastete mit fliegenden Fingern über seinen Oberkörper. "Du blutest!"
Olyvar blinzelte an sich herab und sah sein Jagdhemd großflächig rot durchtränkt an sich kleben. "Das ist nicht meins. Irgendwo am Rücken hat er mich erwischt, aber nicht schlimm. Es geht mir gut, conasg." Dann hielt er sie an den Armen fest und ein Stück von sich fort, während er versuchte, mit den Augen überall gleichzeitig zu sein - in ihrem Gesicht, auf ihrem Körper, in ihren Augen. Zu seiner grenzenlosen Erleichterung konnte er an ihr nirgendwo eine Verletzung entdecken. Am liebsten hätte er sie geküsst, kräftig geschüttelt und dann wieder geküsst, aber im Augenblick zumindest war er zu keinem von beiden fähig. "Ich liebe dich, conasg," erklärt er inbrünstig. "Aber was bei allen Neun Höllen ist in dich gefahren, mir einen brennenden Ast auf die Finger zu schlagen?"

Diantha schnalzte nur ungehalten mit der Zunge, murmelte etwas davon, dass sie schließlich den Büffel geschlagen habe und dass sie auch nicht hatte wissen können, dass der blöde Ast gleich zerbrechen würde und tastete unter seinem Ohr nach seinem Puls. Olyvar fing ihre Hände ein und beugte sich vor, um seine Stirn an ihre zu legen. Er stank durchdringend nach Kuhstall, Blut und Büffelpisse und nahm sich vor, ein Bad im Fluss zu nehmen, ehe sie ins Lager zurückkehrten und wenn das Wasser noch so kalt und eisig wäre. "Diantha... " hinter ihnen sprang irgendetwas Dunkles, Pelziges vorüber. Die junge Kuh, die so panisch in der Schlucht herumgerannt war, nutzte die Gunst der Stunde allgemeiner Ablenkung und machte sich durch eine Lücke zwischen den Feuerstellen davon. Der alte Bulle, der so hart gekämpft hatte, war mittlerweile wohl tot, jedenfalls sammelten sich bei den Feuern nach und nach alle übrigen Jäger und ihre Hunde und aus den Augenwinkeln sah er auch Braunspatz, wenn auch noch ein wenig wacklig auf den Beinen. "Es geht mir wirklich gut," versicherte er zum zweiten Mal und dann verzog sich sein schmerzverzerrtes Gesicht zu einem schiefen Lächeln. "Auch wenn ich jetzt gern umfallen und nie wieder aufstehen würde."
"Untersteh dich," warnte sie, unleugbar noch immer skeptisch, was seinen angeschlagenen Zustand anging, doch sie hatte den ironischen Unterton erkannt und erwiderte immerhin sein Lächeln. Von Seiten der Männer hatte es freundliche Spötteleien gehagelt, und Sprüche wie: "M'lord, wenn Ihr unbedingt einen Tanz wolltet, warum habt Ihr dann nicht Eure Frau gebeten?" oder ähnliches waren eine ganze Weile lang hin und her geflogen, doch bald waren alle mit so beschäftigt mit den Büffeln gewesen, dass sie keinen Atem mehr für weitere Schadenfreude übrig gehabt hatten. Schon einen Büffel zu häuten und zu zerlegen war für mehrere Männer Schwerstarbeit und sie hatten siebzehn Stück, die darauf warteten, in grobe Stücke zerteilt und abtransportiert zu werden. Der Junge Leoman war ins Lager zu den Kämmerern und Rossknechten geritten, um die Männer mit den Wagen herzuführen und den zeternden Kobold zu holen, andere hatten die Pferde der Hundeführer hergebracht und einen Lagerplatz errichtet, alle übrigen waren bis zum Einbruch der Dämmerung bewaffnet mit Messern, Handbeilen und Knochensägen mit dem Zerteilen des Fleisches beschäftigt. Jedes Tier wurde ausgeweidet, die Innereien dann gewaschen und alle Gedärme den Raben und Krähen hingeworfen, die schon in großer Zahl über der Felsenschlucht kreisten. Dann wurden den Büffeln die Felle abgezogen, die Hufe abgetrennt und die Köpfe - nachdem man Maul und Zunge herausgeschnitten hatte, die als besondere Leckerbissen galten - abgehackt, und die Kadaver dann in sieben Teile zerlegt: zwei Hinter- und zwei Vorderviertel, der in zwei Teile zerschnittene Rücken, und der gewaltige, besonders fleischige Hals. Mägen und Blasen wurden gewaschen und später aufgeblasen, damit sie nicht schrumpften, um irgendwann als Flüssigkeits- oder Fettbehälter zu dienen. Alle Teile wurden sorgfältig wieder in die Pelze eingeschlagen und dann von Irayut mit wichtigtuerischer Miene mit einem Kältezauber belegt, damit sich das Fleisch auf dem langen Rückweg in die Eiskeller der Steinfaust frisch halten würde.

Die Sonne war so gut wie untergegangen und das letzte Licht des Tages flammte golden auf den zerzausten Spitzen der schwarzen Fichten über den Felsen. Olyvar und Diantha, rot verschmiert und blutgesprenkelt vom Scheitel bis zur Sohle, verließen das Freudenfeuer im Schatten der moosigen Findlinge, das Lager am Flussufer unter den Weiden, die Männer, die sich als Schattenrissfiguren vor dem Feuerschein bewegten und die verführerischen Düfte von bratendem Fleisch und Holzrauch, um sich davonzustehlen. Ein paar hundert Schritte nördlich ihres Lager gab es ein paar Strudel im Fluss und am Ufer sammelte sich das Wasser in einem Becken zwischen ein paar Felsen, das tief genug war, um darin zu baden. Sie hatten sich frische Kleidung, Seife und eine Laterne aus ihrem Zelt geholt, das irgendeine gute Kämmererseele fürsorglicherweise bereits aufgebaut hatte, und waren verschwunden, noch ehe jemand auf die Idee kommen konnte, sie jetzt ans Feuer oder zum Fettauslassen zu nötigen. Dass sie gestört werden würden war mehr als unwahrscheinlich - die Männer waren alle viel zu sehr mit gebratener Büffelleber und einem mitgebrachten Fass Cider beschäftigt, und Olyvar hätte seine Hand darauf verwetten können, dass keiner der Jäger vor morgen ein Bad nehmen würde. Im Zwielicht der aufsteigenden Nacht war es noch hell genug, um den Weg zu finden. Die Luft unter den Weiden am Flussufer war halbdunkel, schwer und kühl wie in einem Tempel, und lavendelfarbene Dämmerschatten sammelten sich bereits um die mächtigen Baumstämme, während der Himmel hoch über ihnen noch hell und klar, und von einem sanften, fernen Blau war. Die Steine am Uferrand waren noch warm von der Sonne, doch das Wasser sah eiskalt aus. Diantha, die mit Schmelzwasserflüssen, Gletscherbächen und Eisseen aufgewachsen war, schien das wenig auszumachen, ihm hingegen sträubten sich noch sämtliche Nackenhaare, als sie schon im Fluss war und nach der Seife angelte. Allerdings war er derart ungeduldig, das ganze Blut, den Gestank und den Dreck loszuwerden, dass er sich nur noch waschen wollte, ganz egal wie verdammt kalt das Wasser wäre. Als er sich mühsam und mit bleischweren Armen aus seinen blutigen Kleidern schälte, konnte er sich nicht erinnern, je in seinem Leben so müde gewesen zu sein. Er stellte die Laterne auf einem flachen Stein ab, warf die Ledertücher zum Abtrocknen daneben und stieg schicksalsergeben ins eiskalte Wasser. Der Schock kam augenblicklich und war so heftig, dass er sofort mit den Zähnen hätte klappern können, doch angesichts der fröhlich herumplanschenden Diantha beherrschte er sich, tauchte einmal vollkommen unter und japste lautlos vor Kälte. Schon mit warmem Seifenwasser hätte es seine Zeit gedauert, das ganze getrocknete Blut abzubekommen, hier im eisigen Fluss war es mehr als mühsam und ging nur mit ein paar Handvoll des feinen, hellen Sandes vom Grund, mit dem sie sich die rote Brühe von der Haut schrubbten. Nach fünf Minuten waren Olyvars Finger und Füße vollkommen taub und seine Lippen blau angelaufen, aber irgendwann gelang es ihm doch, sich wieder in einen Menschen zu verwandeln. Im Schein der Laterne nahm Diantha seine Schulter genauer in Augenschein und entschied schnaubend, dass die Quetschung und der Riss dort alles andere als "nichts" wären. "Mag sein, conasg," antwortete er zitternd, "aber wenn ich nicht sofort aus dem Wasser herauskomme, ist es völlig gleich, was mit meiner Schulter ist, weil ich dann nämlich erfroren bin."

Als er aus dem Wasser stieg und nach einem der Ledertücher tastete, war es fast vollkommen dunkel und Diantha folgte ihm, gereizt etwas auf Pakkakieli murmelnd, das er nicht ganz verstand. Er hatte von ihrer Sprache nach wie vor nicht viel Ahnung, aber jääräpää hatte er mittlerweile schon oft genug zu hören bekommen, um zu wissen, was es hieß. Allerdings war es nicht das Wort, das ihn sich zu ihr umdrehen ließ, tropfnass und kalt vom Fluss, sondern etwas, das unter dem unüberhörbaren Ärger in ihrer Stimme mitschwang, ein seltsamer Unterton, den er im ersten Moment nicht ganz einordnen konnte, bis er begriff was es war: Angst - dieselbe Angst, die er heute schon um sie ausgestanden hatte. "Es geht mir..." setzte er an, sprach jedoch nicht weiter. Gut hatte er sagen wollen und das entsprach den Umständen entsprechend sogar der Wahrheit, aber seit sich am Nachmittag dieser dreimal verfluchten Büffeljagd die Ereignisse überschlagen hatten, hatte keiner von ihnen beiden auch nur einen Moment Zeit gehabt, um Innezuhalten und sich der Tatsache bewusst zu werden, dass es bei aller unfreiwilligen Komik gefährlich gewesen war. Es hätte ebenso gut böse enden können. Wenn er zu langsam gewesen wäre, wenn er den jungen Büffel nicht hätte halten können, wenn er sie nicht gehört hätte, wenn er sich nicht umgedreht hätte, wenn... wenn... wenn. Er hätte sie verlieren können an diesem Tag. Hinter ihnen rauschte der Fluss kalt und silbern im Mondschein und die Weiden raschelten leise im Abendwind. Es war sehr still und sehr, sehr friedlich und ganz plötzlich und ohne jede Vorwarnung schauderten sie beide, als hätte sie gleichzeitig derselbe furchtbare Gedanke eingeholt. Jederzeit. Es konnte jederzeit geschehen, einfach so. "Nein, das ist nicht wahr. Es geht mir nicht gut." Olyvar suchte ihren Blick und hielt ihn fest. Ihre Augen waren im schwachen Licht der Laterne so dunkel und lavendelfarben wie der Himmel. "Es geht mir alles andere als gut. Mir fehlt nichts, conasg. Körperlich fehlt mir nichts, das man nicht mit einem festen Verband und ein paar Stunden Schlaf heilen könnte, aber... " er streckte die Hand aus und berührte behutsam, fast fragend, ihr Gesicht mit den Fingerspitzen. "Dich darf ich nicht verlieren." Einen Moment lang sahen sie sich nur an, dann gab sie einen erstickten kleinen Laut von sich und umarmte ihn plötzlich so heftig, dass er einen halben Schritt zurück treten musste, um nicht zu fallen. Er hielt sie fest, so fest dass er ihr Herz an seinem schlug. "Ich kann alles verlieren," murmelte er in ihr feuchtes Haar, das noch nach der Kälte des Flusswassers roch, und wusste, dass es die Wahrheit war. "Aber dich nicht." Er musste sie berühren, unbedingt, alles von ihr, musste wissen, dass sie atmete und lebendig war. Ihre Haut war kühl und blass wie Marmor im diffusen Mondlicht, die nassen Locken lagen wie glänzende Schlangen auf ihren Schultern. Er hob seine Hände, strich über die raue Gänsehaut an ihren Armen, ihre kalten, runden Schultern, die kleine, sanfte Mulde ihrer Kehle und ihren Hals, bis er unter seinen Fingerspitzen das hämmernde Pochen ihres Pulses spüren konnte. Ihre Haut war so kalt, dass er augenblicklich das Bedürfnis spürte, sie fest in eine warme, weiche Decke zu hüllen und gleichzeitig wollte er sie so sehr, dass er sie klitschnass und durchfroren wie sie waren hier auf dem taufeuchten Gras hätte nehmen können. Statt einer Antwort wanderten ihre Hände in seinen Nacken und zogen seinen Kopf zu sich herab. Ihr Kuss war heftig und sanft zugleich, hingebungsvoll und verlangend und weckte augenblicklich den blinden Hunger nach sehr viel mehr. Dennoch gelang es ihm irgendwie aufzuhören. "Diantha... wir müssen... " Er riss sich einen Augenblick von ihrem Mund los und fischte im schwindelerregenden Chaos seines gerade äußerst unzureichend durchbluteten Gehirns nach Worten.

"Es ist eiskalt," erklärte er schließlich schwer atmend aber unbestreitbar einleuchtend, dicht an ihrem Mund. Der Tag mochte warm und sonnig gewesen sein, aber es war fast Mitte Blätterfall - der Abend war kalt und die Nacht würde noch kälter sein, und sie waren beide durchfroren und nass. "Du bist eiskalt... Himmel, du hast überall Gänsehaut, von mir ganz zu schweigen. Wir sollten..."
"Lager," antwortete sie knapp zwischen zwei weiteren Küssen, und so heftig zitternd wie er selbst, allerdings wusste er nicht, ob vor Kälte oder etwas anderem. "Zelt. Felldecken. Sofort."
Irgendwie schafften sie es tatsächlich, notdürftig in Hemd und Hosen zu schlüpfen, obwohl sie dabei die Finger nicht voneinander lassen konnten und sie wussten, dass sie sich die wenigen Kleider, die sie anzogen, ohnehin gleich wieder vom Leib reißen würden. Es gelang ihnen außerdem weder Seife, noch Schuhe, noch Handtücher im Dunkeln zu verlieren, nicht in den Fluss zu fallen und auch die Laterne in ihrer Hast nicht zu zerschlagen, und sie brachten es sogar fertig, schnell und unbemerkt ins Lager zurück zu kommen, ohne sich die Beine oder den Hals zu brechen, obwohl sie den ganzen Weg über aneinander klebten und sich weder loslassen wollten noch konnten. Als sie endlich ihr Zelt erreichten, in den weichen Pelzen landeten, sich die Kleider vom Leib strampelten und zerrten, sich gegenseitig verschlangen, wärmten und liebten, gab es nichts mehr außer ihnen und ihrer wortlosen Sehnsucht nacheinander. Alles, was jetzt noch zählte, war der Körper in seinen Armen. Dianthas weiche, helle Haut mit ihren tausend Sommersprossen, die er alle einzeln küsste, ihren Geruch, den er atmete, ihr wirres, feuchtes Haar, in das er seine Hände graben konnte, ihr Mund, süßer als azurianischer Honig, die seufzenden Laute, die sich von sich gab und die ihn restlos um den Verstand brachten, und ihr warmes zuckendes Fleisch, das ihn aufnahm und festhielt, bis er in ihr verbrannte, ertrank und sich verlor und sich irgendwann in tausend Stücke gerissen und doch heil und ganz an einem sanften, warmen Ufer wieder fand. Mindestens war er tot und in der Andernwelt und außerdem schien er keinen einzigen substantiellen Knochen mehr im Leib zu haben, aber sie war bei ihm, hatte ihre Arme und Beine um ihn geschlungen, hielt ihn fest an sich gedrückt, warm und ganz und gar lebendig, und ihr Atem wisperte in sein Ohr.  

"Mmmh", seufzt es neben ihm und er kehrt abrupt ins Hier und Jetzt zurück. Die Farbe des Himmels hatte sich verändert, während er in Gedanken und Erinnerungen an die letzten Tage versunken war. Von Mitternachtsblau zu einem fahlen Grau, das diffuses, schimmerndes Licht durch die Kronen der Bäume rings um ihr Lager schickt, Ästen und Stämmen matten Glanz verleiht und einen Hauch von Gold am östlichen Horizont annimmt, bevor es den Waldboden erreicht. In den Zelten der anderen regten sich erste Geräusche und Bewegungen, ein Husten hier, ein Rascheln dort - nicht mehr lange, und die Kämmerer würden ihnen altbackenes Brot und heißen Tee zum Frühstück servieren. Diantha murmelt schlaftrunken etwas und ihre Hand legt sich federleicht auf seine Hüfte. Olyvar küsst ihr Ohr. "Wach auf, Schlafmütze. Es dämmert." Ihre Wimpern, nur ein wenig dunkler als ihr Haar, heben sich langsam. "Heute Abend sind wir zu Hause und schlafen in unserem eigenen Bett." Sie murmelt etwas von den Kindern und "schön" und schläft seelenruhig weiter.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Stormgrimm am 17. Jan. 2008, 22:07 Uhr
Unruhig. Anders würde er seinen Schlaf -wenn man diesen Zustand so bezeichnen kann- nicht beschreiben. Träume, die er selbst nicht deuten kann, und vor allem Schmerzen plagen ihn. Die Wärme des Schwelfeuers wärmt sein fast schneeweißblasses Gesicht und seine Nase wird durch kleine , dünne Rauchfäden gereizt. Seine Augäpfel werden, obwohl seine Lider das Öffnen verweigern, von den wärmeren Lichtstrahlen der am Azimut stehenden Sonne geblendet, und zwingen ihn langsam in die Welt der Wachen zurückzukehren.

Die Wärme erfüllt diesen Teil des Waldes, jedoch hat die Kälte ihre Vormachtstellung immer noch inne und verzehrt noch so manches Gestrüpp und manchen Baum durch den neu entstandenen Tau. Aegnor kann den Schall seines Atems wieder in sich ausufern hören und auch sein Umfeld nimmt wieder Form für ihn an. Seit Monden hört er wieder die ersten Vögel zwitschern, und Gefühle der Euphorie machen sich wieder in ihm breit, werden jedoch sofort durch die von einigen Körperteilen hervorgerufene Taubheit unterdrückt. Sein Magen knurrt zwar immer noch, aber ohne den vor einigen Wachen verzehrten Hasen, hätte er die Nacht kaum lebendig überstanden.

Die Rauchschwaden des nun erlöschenden Feuers dämmen ihm ein wenig die ermüdete Sicht, dem kann er aber durch Augenreiben entgegenwirken. Die einfallenden Sonnenstrahlen, die durch das Laub der Baumkronen gebrochen werden und gleichzeitig von der ebenen, spiegelglatten Schneefläche des umliegenden Dickichts gebündelt werden, lässt ein diffuses und bedrückendes Hintergrundlicht entstehen.

Aegnor versucht, sich unter leichten Anstrengungen und einem nachklingenden Stöhnen, aufzurappeln, was ihm letztendlich gelingt. Für einen Moment blendet Aegnor die Umwelt aus, um wieder vollends Herr über seinen eigenen Körper zu werden. Als er diese wieder auf sich einwirken lässt, beginnt er plötzlich, die Aura seiner nun zum Alltag gewordenen Wegbereiterin, zu fühlen, und erschrickt, als er den beeindruckenden und dennoch nicht brutal wirkenden Wolf, sitzend und schwanzwedelnd vor seinem Leib erpicht.

Aegnor selbst hat jegliches Angstgefühl diesem gegenüber abgelegt, und entgegnet ihm mit einem erfreuten, aber dennoch übermüdeten Lächeln. Die Sonne, die nun scheinbar ihren Weg in die Finsternis antritt, lässt die Lichtung, in der er sich befindet, noch ein allerletztes Mal wahrhaft auszuleuchten, auch wenn der Zustand nur einige Herzschläge anhält. Aegnor weiß das er in diesem Zustand, egal welch Niveau der Ausgeruhtheit dieser von sich behaupten zu scheint, nicht sehr weit kommen würde...

Geduldig, nie einen anderen Blick, als den den er in die Augen des Begleiters wirft, verschwendend, setzt Aegnor sich gegen den Baumstamm und versucht dem Wolf etwas kräftesparend zu entgegnen. "Danke..."


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 19. Jan. 2008, 13:41 Uhr
Lyall sieht dem strebenden Feuer vor ihr zu. In seinen letzten Atemzügen liegend, bäumt es sich vergebens noch ein letztes Mal auf um sich dann zischend und knackend in noch glühende Asche zu verwandeln. Sie starrt in das sich windende Rot der Glut, von dem sich nun feine Asche- und Rauchfäden empor schlängeln.
Ein sachter Windhauch fährt durch das Geäst der Sträucher neben ihr und lässt die feine Asche in alle Windrichtungen zerstäuben, was sie kurz blinzeln lässt.

Auch ihr Gegenüber regt sich nun. Seit einiger Zeit wälzt er sich öfters hin und her, hustend und murmelnd in seinem Dämmerzustand gefangen. Doch nun öffnen sich seine Augen. Langsam schaut er sich um, noch nicht fähig mehr als Umrisse und Schatten zu erkennen.
Nachdem er sich jedoch den Schlaf aus den Augen gerieben hat, erkennt er wohl auf einen Blick wen oder was er vor sich sitzen hat.
Obwohl er sich im ersten Moment zu erschrecken scheint, hat er sich jedoch schnell wieder unter Kontrolle. Er mustert sie ohne Scheu, lächelt sie sogar freundlich an.
Sie erwidert seinen Blick, in dem Müdigkeit und etwas Traurigkeit liegt. Ein leises >Danke…< ist von ihm zu hören als er sich aus seiner fast schon liegenden Position aufsetzt.
Sie wedelt kurz mit ihrer Rute und ihre Augen blitzen im Dämmerlicht kurz auf. Gern geschehen. Auch wenn ich noch nicht weiß warum ich dir geholfen habe. Irgendetwas war ihr bei ihrer ersten Begegnung an ihm bekannt und vertraut vorgekommen. Sie hatten sich zuvor noch nie gesehen, darüber ist sich Lyall im Klaren. Trotzdem hat sie etwas zu ihm hingezogen und sie dazu gebracht die zu dieser Jahreszeit spärliche Beute mit ihm zu teilen. Von solchen Verbindungen zu Fremden hatte ihre Mutter früher schon gesprochen.
„Das Schicksal geht verschlungene Wege doch du wirst erkennen, dass nichts aus Zufall geschieht. Folge deinen Gefühlen und deinem Instinkt. Sie werden dich vor vielem bewahren, was dir Kummer und Leid beschert hätte und dir so viel aufzeigen was dir ohne sie nie aufgefallen wäre.“

Die Stimme ihrer Mutter klingt in ihrem Geist nach und hätte die Tränen in ihr menschliches Gesicht getrieben. Doch in Wolfsgestalt ist es ihr dies vergönnt.
Trotzdem wendet sie ihren Blick kurz von dem Mann ihr gegenüber ab, jedoch lässt sie auch dies nicht unvorsichtig werden. Ihre Ohren bleiben auf ihn gerichtet und verraten jeder seiner Bewegungen. Sogar sein Herz kann sie hören. Das ruhige Schlagen lässt auch sie sich beruhigen und Lyall atmet einmal tief durch. Sie blickt ihn wieder an und erhebt sich. Vorsichtig, ihn nicht aus den Augen lassend, umrundet sie die Überreste des Feuers. Sein Kopf dreht sich ihr zu und er mustert sie etwas skeptisch sowie verwirrt, als sie sich seinem Gepäck nähert. Doch er scheint ihre nächsten Schritte abzuwarten. Ihr Blick hält seinen gefangen während sie ihren Kopf senkt, ein Ende des Rucksacks zwischen die Fänge nimmt und kurz ein Stück vom Lager weg zieht. Sie lässt es los und trottet wieder zu ihm hin. Mit ihren Hinterbeinen wirft sie Erde und nasses Laub auf die Feuerstelle, welches mit einem empörten Zischen vergebens gegen das Erlöschen protestiert. Lyall schaut ihn an, läuft zum Rucksack und versucht ihm damit klar zu machen, dass sie weiterziehen müssen. Eine große Stadt ist zwar nicht mein liebste Aufenthaltsort aber ich habe nichts gegen warme Feuer in trockenen Häusern einzuwenden. Meine Vorräte müssen auch wieder aufgestockt werden. Nach Immerfrost ist es noch weit. Doch die Mauern von Talyra bieten uns beiden Schutz und ihm vielleicht sogar Obdach. Wohin ihn seine Reise wohl noch führen mag? Zunächst muss er oder besser gesagt wir aus dieser Kälte und Nässe raus.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Stormgrimm am 23. Jan. 2008, 16:05 Uhr
Aegnor staunt immer noch nicht schlecht, als sein neuer "Freund" ihn zum weitergehen zwingt. Des Feuers letzte Lebenszeichen verpuffen mit einigen Rauchschwaden, und ein feiner Wind, der den eben genannten Rauch leicht bricht, aber ihm gleichzeitig eine künstlerische Note verleiht, zieht auf, und lässt den über Nacht entstandenen Schneematsch endgültig zerfließen, während er Äste, die ihre Blätter dadurch wie Katapulte abzuwerfen beginnen, und auch einige niedrige Bäume erzittern lässt.

Aegnor schwächelt zwar immer noch stark, jedoch hätte er eine weitere Wache nicht ohne diese notwendige Pause überstanden. Langsam, hustend, erhebt er sich und stöhnt kurz als er einige seiner Knochen kurz knacken hört. Prüfend fasst er sich an die betroffene Stelle, ist aber erleichtert als es sich um reine Ermüdungserscheinungen handelt.

Die Scheide seines Langschwerts, an welches er sich während seines ganzen Schlafes geklammert hatte, ist schweißgebadet und wärmt den darin steckenden Stahl. Fokussiert prüft er, ob sich all sein Gut bei ihm befindet, und verlässt die kleine Lichtung, die ihm Unterkunft gegeben hatte.

Wieder auf der Straße, welche nun etwas durch den auftauenden Schnee dürchnässt ist, blickt er fragend auf seinen ständigen Begleiter, welcher nun von Aegnors Anwesenheit angetan scheint, und sich nun zum zweiten Mal unmittelbar bei ihm befindet.

Aegnors nie gestellte Frage erübrigt sich aber gleich wieder, da er spürt, wie sich der Wald um ihn herum verändert hat und langsam in etwas stadtnahe Ausmaße und Eigenschaften ausufert. Auch die Schneeschicht hat sich über die ganze Spannweite des Larisgrüns zurückgezogen, und das matte, für die Jahreszeit noch sehr typische, unfrische Grün auf den Plan gerufen. Auch die Pflanzen beginnen ihren Weg nach oben, die Tierwelt prescht aus ihren Schutzbauten langsam, aber sicher wieder hervor und der für den beginnenden Spätwinter charakteristische Duft erfüllt das gesamte Umfeld.

All das spürt Aegnor, der wieder mit etwas Hoffnung befüllt, die frische Waldluft des Larisgrünes in sich, als hätte er seit Minuten die Luft angehalten, in sich hineinsaugt. Obgleich die Natur die Stürme des letzten Vierzehntages bemerkenswert wie immer überstanden hatte, richtet sie sich auf die Nacht ein, denn die Sonne, die dem Mond mit einer dennoch schnellen Gemach Platz einräumt, kündigt wie ein Herald für alle Bewohner die Dämmerung an.

Aegnor starrt noch ein letztes Mal in die Harmonie des Waldes hinein, schnappt sich aber dann hastig den von seinem animalischen Kumpan auf dem vor den beiden liegenden Pfad gestoßene Beuteltasche und beginnt, seinen Weg, der langsam auf die Hauptstraße, und damit auch Stadt Talyra ausläuft, obgleich entspannt, aber dennoch unter leichten Schmerzen und Ermüdungserscheinungen, fortzusetzen.

Der Wolf folgt ihm kommentarlos, was Aegnor klar macht, dass das Ziel nicht von ihm selbst, sondern von seinem Begleiter gewählt wurde, Er dies aber ebenso kommentarlos wie der Wolf wandernd, hinnimmt.

Scheint als würden mich meine für mich nicht deutbaren Wege nach Talyra führen...Naja, irgendwie hat mich der Wolf mitgenommen, was solls...er ist merkwürdig, intelligenter als manch andere seiner Art...Ich denke wir brauchen mindestens noch einen Tag bis in die Stadt...genug Zeit, um nachzdenken...hoffe ich bekomm´ keine Probleme, wenn ich mit meinem neuen Freund hier, durchs Tor marschiere... Leicht lächelnd, aber auch hustend, marschiert Aegnor weiter, seinen Blick auf den Wolf gerichtet. Oh mann...den Gesichtsausdruck von so ´ner dummen Wache möcht´ ich gern erleben...

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 27. Jan. 2008, 15:46 Uhr
Lyall beobachtet die länger werdenden Schatten der Bäume am Wegesrand. Ein wolkenverhangener grauer Himmel überspannt den Pfad wie ein Baldachin, gestützt von den Baumstämmen und Wipfeln des Larisgrüns. Wie Kobolde und Gespenster huschen Schatten, erschaffen von dem diffusen Licht der Dämmerung, neben ihnen im Dickicht auf und ab. Die Nacht zieht mit leisen Flügelschlägen hinter ihnen herauf, um sie zu umhüllen und alle Geräusche sowie Gerüche verstärken sich.

Sie mag die Dämmerung und das Dunkel der Nacht. Doch ihr menschlicher Begleiter scheint zusehends nervöser zu werden. Er beginnt sich umzusehen und beschleunigt seine Schritte unweigerlich um zu ihr aufzuschliessen. Doch schon hört sie wieder ein Röcheln und Husten. Sie blickt hinter sich und bleibt kurz stehen, da er wieder einen Hustenkrampf hat.
Schon seit mehreren Stunden sind sie unterwegs und in mal größeren mal kleineren Abständen haben sie rasten müssen, damit er wieder zu Atem kommen konnte. Während dieser Pausen hatte ihr Begleiter sie immer wieder angesehen und gelächelt oder etwas verwirrt den Kopf geschüttelt. Sie wird nicht ganz schlau aus seinem Verhalten.
War er nun froh sie zu haben oder wunderte er sich über sich selbst, da er einem ihm unbekannten „Tier“ folgt? Zugegeben es wundert sie selbst, dass er ihr so selbstverständlich Folgt aber nach der langen Zeit ihrer einsamen Reise, ist seine Anwesenheit eine erfrischende Abwechslung und… irgendwie mag sie ihn. Sie weiß nicht genau warum aber seine etwas verschrobene, verzottelte Gestalt hat sie neugierig auf die Persönlichkeit unter den strähnigen Haaren gemacht. Wehrhaft scheint er zu sein, zumindest deutet das Schwert an seiner Seite darauf hin. Auch wenn es etwas alt sowie abgenutzt ist und die Scheide brüchig aussieht, scheint er doch eine gewisse Verbindung mit dem Schwert zu haben, da er es nicht aus den Augen geschweige denn aus den Händen lässt.
Vor ihr war wohl dieser Gegenstand sein, wenn auch materieller Begleiter. Es scheinen viele Erinnerungen an diesem geschmiedeten Metall zu hängen.

Einen großen undefinierbaren Klumpen in das Gras am Wegesrand spuckend, richtet sich ihr Weggefährte auf und fährt sich mit dem Handrücken der rechten Hand über den Mund. Ein kratzendes Geräusch lässt sie ihre Ohrenaufrichten. Doch es ist nur sein stoppeliger Bart, den er sich ausgiebig kratzt.
Er sieht sich um und schließt dann wieder zu ihr auf ohne sie jedoch aus den Augen zu lassen.
Irgendetwas beunruhigt ihn. Nur was? Ich merke nichts… Nur Wald und kleinere Geschöpfe, die jedoch vollkommen mit sich selber beschäftigt sind. Vielleicht ist es die Nähe der Stadt? Sie wedelt kurz aufmunternd mit ihrer Rute und wendet sich dann wieder nach vorne dem Weg zu.
Langsam wird der Weg breiter und weit vor ihnen scheint er sich zu gabeln. Ein Windhauch trägt den Geruch von Tierexkrementen und Menschen heran und beansprucht ihre ganze olfaktorische Aufmerksamkeit. Sie schnuppert, ihre Nase in den Wind haltend.
Mensch… Vieh… Mist… und… Fleisch? Gewürze? Wie nähern uns wirklich unweigerlich der Stadt. Sie läuft etwas schneller um die Gabelung zu erreichen und auch der Mensch versucht so gut es geht mit ihr Schritt zu halten, trotz humpeln und husten.

Ruckartig bleibt sie stehen und schaut auf die Straße welche an den Weg auf dem sie gehen grenzt. Oder besser gesagt… ihr kleiner Waldweg mündet auf eine der breitesten Straßen, die Lyall seit langem wieder zu Gesicht  bekommt. Trotz der relativ späten Stunde sind noch viele Karren und Menschen sowie das dazugehörende Vieh auf dieser Handelsroute unterwegs. Aus einer fast absoluten Stille des Waldes in den Lärm der Zivilisation gestoßen zu werden ist für beide erst einmal gewöhnungsbedürftig. Mehrere Minuten stehen sie einfach am Rand des Stroms aus wogenden Leibern und Karren.
Wagenräder beschlagen mit Eisenriemen, Füße sowie Hufe lassen den Schotter unheilvoll knirschen. Widerspenstiges Muhen von Kühen und das Gackern von in Käfigen transportierten Hühnern schwellen zu einer Kakophonie an, unter der Lyall erdrückt ihre Ohren anlegt.

Ihr Begleiter ist es der den ersten Schritt nach langem Zögern auf die Straße setzt. Dabei wird er fast von einem Wagen überrollt, welcher von zwei Ochsen gezogen wird. Unter lautem Schimpfen und Fluchen des Kutschers weicht der Karren umständlich aus. Wütend lässt der Kutscher die Peitsche über ihren Köpfen knallen und treibt seine Zugtiere weiter voran.
Nachdem dieser Schreck überwunden ist, setzt auch Lyall ihre Pfoten auf den Schotter und bemerkt das die Straße eigentlich gepflastert ist. Die kleinen Steinchen, welche sie für Schotter gehalten hat, entpuppen sich als kleine oder größere Absplitterungen des Kopfsteinpflasters. Ihn kurz anblickend, setzen sich beide in Bewegung und lassen sich in Richtung Stadtmauer mittreiben.


----->  Verder Tor

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Rhordri am 30. Jan. 2008, 23:34 Uhr
Während des vergangenen Herbstes irgendwann im Nebelmond


Im Rabenbruch



Im letzten Dämmerlicht eines eiskalten und verregneten Nebelmondtages reitet Rhordri durch den Rabenbruch, ein weitläufiges Tal etwa einen Tagesritt von Talyra entfernt, in welchem eine alte Tempelruine und ein halb zerfallenes Dorf ihr Dasein fristen und den Männern der Steinfaust als Übungsgelände dienen, und meint weder seinen Augen, noch seinen Ohren zu trauen. Sicher, das Wetter war so miserabel, dass man nicht einmal den ärgsten Köter vor die Tür schicken würde, aber wenn er nicht todsicher wüsste, dass hier seit den letzten Blätterfalltagen mehr als dreitausend Gardisten im Manöver liegen, dann würde er glatt behaupten, das Lager wäre so leer und verlassen wie ein feuchtes Grab. Es ist jedenfalls so still wie in einem. Rhordri hat fast sein ganzes Leben in der Steinfaust verbracht und zahllose Feldübungen mitgemacht, aber er kann sich nicht erinnern, dass er je an einer teilgenommen hätte, bei der an den Abenden - ganz gleich bei welchem Wetter  - nicht prasselnde Lagerfeuer und würfelnde Männer zu sehen, und zotige Lieder oder derbe Scherze zu hören gewesen wären. Und wo zum Henker sind die Zecher? Die Wein- und Bierfässer? "Himmel, was für ein Trauerspiel..." Er zieht die Kapuze seines Winterumhangs tiefer ins Gesicht und lenkt sein Tier den schlammigen Pfad entlang zum Küchenzelt, dem einzigen, in dem er so etwas wie Lichtschein entdeckt. Das Lager ist von Wachen umstanden, ertrunkene Männer und ertrunkene Hunde in einem ertrunkenen Wald, wachsam wie hungrige Wölfe, aber er sieht nirgendwo ein Feuer, geschweige denn irgendwo so etwas wie eine Öllampe oder Laterne brennen. Er war hergekommen, weil er ein oder zwei Tage das Lagerleben unter Männern hatte auskosten wollen, wie in den guten alten Zeiten, und außerdem weil er ein wenig neugierig gewesen war, Olyvar hatte sehen wollen und die Absicht gehabt hatte, mit Vareyar ihren längst vergangenen Jugendtagen nachzutrauern (kräftig unterstützt von Verder Kupfer) - aber nun fragt er sich beklommen, ob vielleicht irgendetwas Furchtbares geschehen ist, dass hier eine derart widernatürliche Stille herrscht. Aber nein, niemals! Olyvar hätte sogleich einen Boten in die Steinfaust geschickt...

Rhordri hievt seine schmerzenden Knochen aus dem Sattel, lässt seinen stämmigen Wallach in der Obhut eines müde vorbeischlurfenden Wachmannes, der das Pferd zu den Stallzelten bringt und sucht die Wärme des Küchenzeltes auf. Im hinteren Teil ist die Feldküche untergebracht, wo ein paar Küchenjungen Brotteig für dreitausend Männer in hölzernen Bottichen kneten, in der Mitte befindet sich eine mit großen Steinen umlegte Feuerstelle über der ein eiserner Dreifuß mit einem Kessel dampfenden heißen Weines hängt und im vorderen Teil drängen sich hölzerne Tische und Bänke für mehrere hundert Mann. Wenigstens hier ist ein bisschen Leben, wenn es auch reichlich mitgenommen aussieht und außerdem so müde, als könne es gleich in sich zusammenfallen und auf der zerkratzten Tischplatte zu schnarchen beginnen, und zwar in Gestalt einer abgerissenen Wachmannschaft beim Würfeln. Herrje... Immerhin finden die Männer bei seinem Anblick irgendwo in einem Winkel ihres Selbst noch genug Energie, ihn willkommen zu heißen und ihm einen Humpen Hippokras vor die Nase zu stellen, den Rhordri nach dem langen Ritt in der Eiseskälte auch gern entgegen nimmt. Eine halbe Stunde später ist der alte Kastellan der Steinfaust einigermaßen über die Lage im Rabenbruch ins Bild gesetzt und glaubt zu wissen, was es mit der auffälligen Ruhe im Lager auf sich hat - und in seinem Inneren mischen sich zu gleichen Teilen diebische Freude und herbe Enttäuschung. Er überlässt die Männer - nachdem er sie gebührend bedauert und obendrein vierzig Kupferlinge beim Würfeln gegen den verflixten Siebenstreich verloren hat - sich selbst und macht sich auf die Suche nach Cedric, den er in der Nähe der Pferdepferche am äußersten Nordrand des Lagers ganz allein bei der ersten Nachtwache findet. Der Hauptmann der Reitergarde hat sich fest in seinen dicken blauen Winterumhang gewickelt, ist verschlammt bis über den Rand seiner Stiefel und sieht so mitgenommen aus, als habe er sich einen Ringkampf mit einem Branbären geliefert. Rhordri gesellt sich grinsend zu ihm und drückt Cedric mitfühlend den Humpen mit heißem Wein in die Hand, den er sich mitgebracht hatte.

"Ced mein Junge, da komme ich den ganzen weiten Weg zu euch hier heraus um ein paar Tage Lagerleben unter Männern zu genießen und was finde ich? Hab gerade im Küchenzelt mit ein paar von Colevars Lanzern vom siebten Trupp gesprochen, aber die waren schon so hinüber, dass sie mir nur noch vorächzen konnten, wie anstrengend es wäre, also klär mich mal auf, aye?"
Cedric zuckt mit den Schultern. "Olyvar hat den Übungsplan geändert." Der junge Offizier wärmt sich die Finger an dem heißen Becher und nippt ein paar kleine Schlucke vom dampfenden Hippokras. "Wir haben gerade einmal eine einzige Übung in Schlachtformation gehabt, seid wir hier sind, und das war gleich am ersten Tag, an dem er die Schwere Reiterei selbst befehligt hat."
Rhordri runzelt die Stirn. "Hab schon gehört, dass er die Männer bis zur Erschöpfung treibt. Und ich kann sehen, dass er noch nicht einmal der Nachtruhe irgendwie Geltung verschaffen muss, weil ohnehin alle nur noch schlafen wollen. Himmel - wir haben gerade einmal die achte Stunde und in den Zelten von dreitausend Mann ist es so ruhig wie in einem Grab! Und mit Verlaub Ced, du siehst aus, als hättest du schon seit zwei Siebentagen kein Auge mehr zugemacht. Was tut ihr mit der schweren Reiterei hier draußen zum Kuckuck, wenn er euch keine schnellen Schwenks, Schildwälle oder Sturmangriffe üben lässt?"

Cedric reicht ihm den Becher zurück und lächelt müde. "Du kennst das verfallene Dorf mit der Tempelruine auf dem Hügel weiter unten im Tal?" Erkundigt er sich sarkastisch und Rhordri nickt ein wenig verwirrt. Natürlich kennt er es, die Maulwurfsgarde war ja erst vor wenigen Monden hier, um irgendwelche Experimente mit Schwarzpulver und Azurianischem Feuer anzustellen. "Mit Ausnahme des Tempels sind nur Fundamente übrig geblieben," fährt Cedric fort, "aber die brusthohen Mauern bedecken die ganze Hügelkuppe wie eine kleine Stadt. Serval und ihre Sappeure haben sie wieder hochgezogen und teilweise auch überdacht. Am Anfang war es nur ein Labyrinth aus Gassen und Sackgassen, aber Olyvar hat es von der Maulwurfsgarde und diesen verdammten Magierkobolden in einen Alptraum aus magischem Feuer, Illusionen und verborgenen Fallen verwandeln lassen. Ich würde wetten, dass noch immer ein paar meiner Männer darin umherirren. Dorthin schickt der Lord Commander sowohl uns, die Indigogarde, als auch Colevar und seine Lanzer jeden Tag und wir üben Scheingefechte, Straßenkontrollen, den Angriff auf Gebäude, die Verteidigung von Häusern, Kellern, Gassen und Hinterhöfen... Ausbruchstaktiken und die Rettung von Verwundeten. Zu Pferd auf glitschigem Kopfsteinpflaster und die Wege sind so eng, dass sich nicht einmal ein Karnickel umdrehen könnte! Olyvar und einige von der Indigogarde und äh... auch wir selbst spielen abwechselnd die panischen Bürger oder den aufständischen Straßenmob und Plünderer. Sogar Untote, die aus ihren Gräbern kriechen und irgendwelche Häuser heimsuchen, und ich kann dir versichern, altes Haus, Olyvar ist mit seiner schlechten Laune zurzeit wie geschaffen dafür." Rhordri nickt langsam und mitfühlend, doch er kann nicht verhindern, dass sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht schleicht, das er rasch wieder zu verbergen sucht. Langsam begreift er und glaubt zu verstehen, was hier wirklich vor sich geht.

Es ist vier Jahre her, da hatte Olyvar eine einfache Stadtgarde gegen eine einfallende Horde wild gewordener Narge ins Feld geführt und war mit einer Armee nach Talyra zurückgekehrt. Die Männer hatten strategisches Geschick, Kampfeswillen und Mut im Feld gegen eine Übermacht bewiesen und gesiegt, und Rhordri würde seine rechte Hand, ach was, alle beide, darauf verwetten, dass sie Festungswälle und Stadtmauern wohl zu verteidigen wissen - doch diese Dämonengeschichte vor zwei Zwölfmonden hatte deutlich gemacht, dass in einer Stadt wie Talyra die Bedrohung oder eine Gefahr jederzeit auch von innen kommen kann. Und nun macht Olyvar aus den Blaumänteln eine Truppe, die eine panische Stadt im Zaum halten, mit magischen Energien fertig werden und Flüchtlinge beschützen kann...
Cedric holt tief Luft und zieht eine unfrohe Grimasse. "Jeden Tag schlottern wir auf diesem matschverschlammten Hügel im Nebel oder frieren uns im Schneeregen den Arsch ab; wir sind in Einheiten von Truppstärke aufgeteilt und jeder Trupp hat eine Aufgabe, die schier unmöglich zu erfüllen ist... in diesem dreimal verfluchten Manöver ist inzwischen jeder Blaumantel, der hier ist, schon ein Dutzend Mal oder öfter in Scheingefechten gestorben. Der kleine Natter vom siebten Trupp der Indigogarde ist bisher in jeder Übung getötet worden. Der arme Junge ist schon ganz irre, beim Dunklen! Und dazu noch der andauernde Lärm von Dämonenkreischen, Feuerbränden und einstürzenden Gebäuden, den die Magier heraufbeschworen haben und der einsetzt, sobald auch nur ein Blaumantel einen Fuß auf den verfluchten Hügel setzt..."
"Dämonenkreischen?" Echot Rhordri und nimmt rasch einen Schluck von seinem Wein, der bereits merklich abgekühlt hat.
Cedric grunzt ein missbilligendes Schnauben hervor. "Magierkobolde," knurrt er. "Wie ich diese aufgeblasenen Knirpse satt habe. Es ist vollkommen verrückt. Sie beschwören den ganzen Tag nichts als verwirrende Illusionen herauf - Geräusche, Abbilder, all so was. Ich schwöre dir, ihre Feuerbrände sehen so echt aus, dass du dich daran verbrennen kannst und ihre Schattenbeschwörungen jagen einem kalte Schauer über den Rücken, uns gehen reihenweise die Pferde durch. Ganz zu schweigen von den..."

"Illusionen in den Scheingefechten?" Hakt Rhordri nach und kämpft ernsthaft mit einem breiten Grinsen.
"Ja, genau das macht es uns ja so unmöglich, die Aufgaben, die Olyvar uns stellt, zu erfüllen!"
"Was beschwören Pumquats zahlreiche talentierte Vettern denn noch so herauf, halbnackte Schellentänzerinnen?" Erkundigt Rhordri sich mit unüberhörbarer Erheiterung in der Stimme und kassiert dafür einen vernichtenden Blick von dem jungen Offizier der Reitergarde.
"Ich wollte, es wäre so. Sie erschaffen Rauch, Nebel, Feuer, Schatten, Dunkelheit oder gleißendes Licht und bunte Farben, so dass man ganz wirr im Kopf wird - und Lärm. Jede Menge infernalen Krach, vom Kreischen tollwütiger Goblins bis zu wirklich unheimlichen Dämonengesängen, bis man glaubt, der Schädel platzt einem gleich, es ist absolut ohrenbetäubend. Und alle Trupps, die gerade dran sind, die Flüchtlinge zu mimen, haben die strikte Order, sich widersetzlich zu verhalten. Olyvar reicht es nicht, die Männer tausend mit Gewichten beschwerte Strohpuppen herumschleppen zu lassen, oh nein. Die Flüchtlinge rennen in die falsche Richtung oder sie weigern sich ihre Häuser zu verlassen und schleppen Truhen und anderes Hab und Gut mit sich herum. Gestern hat dieser feine Pinkel Iyurat eine ganze blökende Schafherde heraufbeschworen, sechshundert wollige Fellbündel. Sie stanken sogar nach Schaf, nach gegrilltem Schaf, wenn du's genau wissen willst, denn wir haben alle Tiere in einem gewaltigen Magierfeuer verloren... und den "Schäfer" obendrein. Es war Natter, diesmal starb er, weil er einem Lamm hinterher rannte. Getreu Olyvars Anweisung... die Flüchtlinge erzeugen Chaos und haben bis jetzt mehr Blaumäntel das Leben gekostet, als jeder andere Teil der Übung."

Rhordri nickt versonnen und lächelt, diesmal offensichtlich und alles andere als spöttisch. "Ced," beginnt er und reicht dem jüngeren Mann den Rest heißen Weines im Becher. "Ein Dutzend Mal in Scheingefechten zu sterben bedeutet überhaupt nichts. Wenn es ernst wird, stirbt man nur ein einziges Mal. Zeigt Olyvar, wozu die Männer in der Lage sind - sprich darüber mit deinen Sergeanten und Truppführern, und auch mit Colevar und seinen Männern, noch heute Nacht. Tretet morgen früh an, erfüllt eure Aufgabe und ich werde mit Olyvar über einen Ruhetag sprechen. Zeigt es ihm und er gewährt euch einen."
"Da bist du dir sicher, ja?" Die zweifelnden Falten auf Cedrics Stirn scheinen so tief wie der Ginnunggagap.
"Erfüll deine Aufgabe und überlass' Olyvar mir."
"Ich will sehen, was ich tun kann, aber... Hm. Rhordri... äh... diese Diantha hast du nicht zufällig mitgebracht oder?"
"Nein," grinst der alte Kastellan und lässt ein bellendes Lachen erklingen. "Aber es wird Olyvar zweifellos freuen, dass sie genauso waidwund und unleidlich herumläuft, wie er. Gute Nacht, Cedric. Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe... wir sehen uns dann morgen."  

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 04. Feb. 2008, 15:36 Uhr
Während des vergangenen Herbstes im Blätterfall und Nebelmond


Im Rabenbruch



Olyvar sitzt im Dunkeln einer endenden Nacht. Die knorrigen Baumwurzeln der alten Eiche in seinem Rücken reichen bis dicht an die Spannschnüre seines Zeltes heran, in dem er jetzt eigentlich noch liegen und schlafen sollte, doch er findet schon seit Stunden keine Ruhe mehr. Über ihm ist nur ein kleiner Fleck sternenbeglänzten Himmels zu sehen und die Dämmerung ist noch fern. Es gibt keinen Mond, dafür dunkle Wolken, die im kalten Nachtwind dahin treiben und mit dem anbrechenden Tag zweifellos noch mehr Regen oder Schnee, oder beides bringen würden, doch an Schlaf ist nicht zu denken. Immerhin ist wieder eine halb durchwachte Nacht fast vorbei... Seine Schlafpelze sind ihm zu eng und zu kalt, und seine Arme fühlen sich ohne Diantha darin schrecklich leer an. Olyvars Gedanken wandern, ohne dass er es verhindern könnte und ebenso wenig kann er etwas an der Tatsache ändern, dass er längst begonnen hat, die Tage zu zählen. Die Tage? Sei ehrlich, du zählst selbst die Stunden, die Minuten und die Herzschläge... "Daingead," murmelt er und verschränkt die Arme vor der Brust, als wolle er sich selbst von diesen und ähnlichen Überlegungen schützen. Er weiß, wohin das führen würde und außerdem knurrt sein Magen gerade in diesem Moment so laut, dass man es im halben Lager hören dürfte. Mmpf! Noch acht Tage... Morgens kann er nichts essen, weil er nur an seine Frau denkt, den ganzen Tag lang kann er nichts essen, weil er nur an seine Frau denkt, zum Abendmahl bringt er keinen Bissen hinunter, weil er nur an seine Frau denkt und nachts... Nachts kannst du nicht schlafen, weil du Hunger hast! Fährt ihm ein überaus trockener Gedanke in die Parade. Nachts vermisst er Diantha am meisten, wenn das letzte Licht der grauen Nebelmondtage verblasst ist und die Welt ringsum still wird. Wenn er allein mit sich selbst und seiner Einsamkeit ist, wenn die Sterne am samtschwarzen Himmel über ihm so hell wie ihre Augen strahlen und seine Gedanken Bilder sind - dann ist seine Sehnsucht manchmal so groß, dass es schmerzt und er am ganzen Körper zu zittern beginnt wie ein Trinker, dem der Rausch des Branntweins schon so zu lange fehlt.

Tagsüber schindet er seine Männer erbarmungslos und sich selbst am allermeisten, nur um nicht an sie denken zu müssen, und in den ersten Wochen ihrer Feldübungen hier draußen hatte ihm diese selbstquälerische Taktik des Sich-Restlos-Erschöpfens auch beste Dienste geleistet: Er war jeden Abend so vollkommen erledigt gewesen, dass er auf seine Pritsche gekippt war wie ein gefällter Baum und bis zum Morgengrauen wie ein Stein geschlafen hatte, doch selbst das funktioniert schon seit einer ganzen Weile nicht mehr wirklich. Was sie jetzt wohl tut? Schläft sie... träumt sie? Oder ist sie so ruhelos wie ich? Vermisst sie mich? Und die Kinder... geht es ihnen gut? Rhordri war gestern Abend noch im Rabenbruch aufgetaucht und hatte Olyvar einen kurzen Besuch in seinem Zelt abgestattet, offensichtlich etwas enttäuscht, kein feudales Lagerleben unter Männern fernab ihrer Eheweiber mit Wein, Würfeln und haarsträubenden Wetten vorzufinden, aber sonst guter Dinge. Sein Kastellan hatte bei einem Kelch Wein im Plauderton über dies und das geredet, und von den Geschehnissen in der Stadt und in der Steinfaust erzählt, und dabei die ganze Zeit ein halb verborgenes Lächeln zur Schau getragen, ganz so als wüsste er etwas, was er, Olyvar nicht weiß, und würde sich diebisch darüber freuen. Außerdem hatte er ihn mit voller Absicht auf die Folter gespannt und Diantha oder die Kindern zunächst mit keinem Wort erwähnt - bis Olyvar ihm freundlich versichert hatte, wenn er nicht augenblicklich das Maul aufmache, würde er ihn eigenhändig erwürgen. Er weiß also, dass alles in Ordnung ist, auch wenn Rhordri ihm unverblümt berichtet hatte, Diantha sei die meiste Zeit so übellaunig und reizbar wie ein verwundeter Bär und würde alle außer den Kindern - sogar ihn selbst - nur noch anfauchen, es würde also Zeit, dass er nach Hause käme.  
Aye... ich bin schon viel zu lange und viel zu weit fort von ihr... Und er würde noch länger hier draußen in der götterverfluchten Kälte viel zu weit fort von seiner Frau fest sitzen, wenn die Männer in den Übungen nicht in absehbarer Zeit bessere Ergebnisse erzielen würden. Er weiß, was hinter seinem Rücken über ihn geredet wird und er weiß, dass er es ihnen nicht leicht macht, aber das ist auch nicht seine Absicht, im Gegenteil. Denn im Ernstfall, dann, wenn es wirklich darauf ankäme, würden die Männer, hätte er es ihnen je leicht gemacht, seine Nachsicht mit ihrem Leben bezahlen müssen.
 
Olyvar tastet nach dem geschnitzten Anhänger mit dem Bärenkopf an dem schmalen Lederband um seinen Hals, den Diantha ihm beim Abschied aus der Steinfaust geschenkt hatte und dreht ihn gedankenverloren zwischen den Fingern hin und her. Seit sie ihm den Talisman gegeben hatte, hat er ihn nicht mehr abgenommen. Fünf lange Wochen war das nun her und mindestens ein schier endloser Siebentag liegt noch vor ihm, ehe er sie wieder sehen würde. >Das ist das Schutztier meiner Familie,< hatte sie erklärt. >Er ist kein Glücksbringer, stattdessen soll er Mut in der Verzweiflung geben, Tapferkeit und Stärke in Momenten der Schwäche. Ich glaube zwar nicht, dass du das brauchst, aber wenn ich schon nicht mit dir kommen kann, dann wenigstens er. Ich trage ihn schon so lange mit mir herum, dass er fast wie ein Teil von mir ist.< Seine Finger folgen den Umrissen des Bärenschädels und zeichnen die feinen, geschnitzten Linien nach. Ein Teil von ihr... Wenn er ihn mit sich nähme, könnte er sie nicht vergessen, hatte sie gesagt... als ob er das je gekonnt hätte, ob mit oder ohne Bärenanhänger. Diantha ist immer bei ihm, in jedem Atemzug, in jedem Herzschlag, bei jedem Schritt, den er tut, in jedem wachen Augenblick und in jedem Traum - dennoch bedeutet ihm dieses schlichte, kleine Schmuckstück mehr als er je in Worte fassen könnte, ebenso wie die Geste, die dahinter steht. Es war alles, was ihr von ihrer Familie geblieben war, ein Kleinod, an dem tausend Erinnerungen hängen und das ihr unendlich wichtig sein muss - und sie hatte es ihm geschenkt. >Du wirst an mich denken,< Hatte er ihr zum Abschied gesagt und es war weder ein Befehl, noch eine Bitte, sondern eine so schlichte, wie unumstößliche Feststellung. Sie muss an ihn denken, denn er gehört ihr. Er würde ihr immer gehören. Die Dämmerung kriecht langsam über den Horizont, füllt den Wald rings um den Rabenbruch mit grauem Zwielicht und Olyvar steht auf - ein weiterer Tag und eine weitere Feldübung warten auf ihn.

Natter stirbt in den ersten paar Minuten des Scheingefechtes. Heute waren die Lanzer daran, die Angreifer zu mimen und Colevar selbst hatte einen heulenden Mob wilder Plünderer kommandiert, die durch die Straßen des Ruinenfeldes ihrer "Stadt" getobt waren, und hatte dem glücklosen Rekruten mit dem Knauf seines Schwertes einen Hieb seitlich gegen den Kopf versetzt, so dass der Junge umgefallen war wie ein nasser Sack. Dann hatte der Offizier der Lanzergarde sich Natter über die Schulter geworfen und vom Schlachtfeld getragen. Kopfschüttelnd trabt Colevar den schlammigen Pfad zu der kleinen Anhöhe hinauf, auf der das Kommandozelt steht von dem aus Olyvar, Cedric, Rhordri und einige andere Offiziere die Schlacht beobachten, und lässt den Rekruten zu Füßen seines Lord Commanders in den Dreck fallen. Rhordri seufzt und Olyvar sieht sich um. "Heiler, kümmert euch um den Jungen." Ein Feldscher erscheint aus dem Nichts und kniet sich neben dem Rekruten nieder, während Olyvar aus schmalen Augen Rhordri mustert. "Ich kann nicht erkennen, dass heute irgendetwas anders ist..."
Rhordri schürzt die Lippen und tauscht einen kurzen Blick mit Cedric. "Es ist noch zu früh, M'lord."
Olyvar knurrt etwas Unverständliches und richtet seinen Blick wieder auf die von Nebel und Schattenillusionen umwaberten Ruinen. Blaumäntel tauchen aus dem Durcheinander auf, Kämpfer der Lanzergarde - heute der Mob - ebenso wie Soldaten der Indigogarde -, und die meisten Männer taumeln. Scheingefecht hin oder her, leichtere Verletzungen wie Fleischwunden, Prellungen und der ein oder andere Knochenbruch sind in einem solchen Manöver an der Tagesordnung und die Heiler und Wundscherer haben alle Hände voll zu tun. Colevar vergewissert sich, dass sein Schwert immer noch mit polsternden Lederstreifen umwickelt ist und beobachtet das Geschehen ebenso wie die anderen mit gespannter Miene. "M'lord, seht... diesmal ist es anders."
Olyvar folgt dem Blick seines Hauptmanns und nickt nach einer Weile langsam. Er kann sehen, dass unter den Opfern mehr "Plünderer" sind, als Soldaten der Indigogarde und das Verhältnis verschlechtert sich mit jedem Augenblick, der verstreicht. Irgendwo im Inneren der wirbelnden Magieschleier der unablässig Beschwörungsformeln murmelnden Kobolde, die am Fuß des Hügels Aufstellung genommen hatten, hatte sich das Kriegsglück gewendet. "Ced, hol dein Pferd und mach dich bereit." Olyvar wirft Rhordri einen düsteren Blick zu, während der Hauptmann der Reitergarde erfolglos versucht, ein breites Grinsen zu verstecken. "Wo sind deine Reiter?"

"Kommen gerade an," erwidert Cedric fröhlich und macht sich bereit, während Olyvar ungeduldig wartet, dass die sechzig berittenen Kämpfer auf ihren schweren Schlachtrössern den Hügel heraufgetrabt kommen. Die Spitzen und Schneiden ihrer Waffen sind dick mit Lederstreifen umwickelt, damit sie stumpf bleiben, doch Olyvar weiß genau, dass ein einigermaßen kräftiger Schlag mit einer Lanze oder einem Schwert einem Betroffenen die Knochen brechen kann, gepolstert oder nicht. Cedric verabschiedet sich winkend und führt die Männer im leichten Galopp zu den Ruinen hinüber, und Olyvar dreht sich gerade noch rechtzeitig um, um den Blick zu bemerken, den Colevar und sein Kastellan austauschen. Er quittiert das kleine Zwischenspiel mit einer erhobenen Braue, spart sich aber jeden Kommentar außer einem gemurmelten: "Wird auch Zeit."
"Was wird Zeit?" Will Rhordri unschuldig wissen, doch als Olyvar schweigt, ist es Colevar, der schließlich antwortet: "Die Indigogarde hat sich endlich die Unterstützung der Reiter verdient. Das ist schon einen Siebentag überfällig, wisst Ihr? Olyvar hat erwartet, dass sie viel früher zum Einsatz kämen, aber bisher..." Der Hauptmann der Lanzergarde zuckt vielsagend mit den Schultern und wischt sich ein paar braune Schlammspritzer aus dem Gesicht.
"Du solltest vorsichtiger sein mit deinen strategischen Ratschlägen, Onkel," mischt Olyvar sich ein und beobachtet Rhordri mit einem taxierenden Blick. "Sonst mache ich dich vielleicht zum Hauptmann."
"Äh... aye. Aye, mein Junge, aber so gern ich auch den Ruhm für mich in Anspruch nehmen würde, der Indigogarde dieses neue Rückgrat verpasst zu haben, so muss ich doch darauf bestehen, dass das Werk ihrer Hauptmänner und Sergeanten ist."
"Soso," Olyvar unterdrückt ein amüsiertes Schnauben, allerdings mit wenig Erfolg. "Dann haben also Ced und Colevar hier den Männern die Sache leichter gemacht. Stecken vielleicht auch noch die Magierkobolde mit ihnen unter einer Decke? Kein Wunder, dass sich das Kriegsglück gewendet hat." Er sieht aus den Augenwinkeln, wie sich Colevars Mund bei solchen Verdächtigungen protestierend öffnet, doch der alte Kastellan kommt dem jungen Offizier mit einer Antwort zuvor und schüttelt den Kopf.

"Ah, nein. Die Männer halten sich alle an Eure Befehle, M'lord Commander, und die Magier haben ohnehin viel zu viel Spaß daran, die Jungs dort unten zu quälen. Wenn Ihr also nach einem Grund dafür sucht, warum heute die Soldaten gewonnen haben und nicht die Plünderer und Angreifer, dann müsst Ihr woanders suchen." Auf Rhordris Gesicht erscheint langsam ein Grinsen so breit wie das Meer zwischen Fa'Sheel und Nachtschimmer. "Du kannst ja mit der Möglichkeit anfangen, dass deine Blaumäntel endlich ihr wahres Können gezeigt haben."
Olyvars graue Augen blitzen hintergründig. "Aye," erwidert er langsam und nachdenklich. "Aye, vielleicht sollte ich das tun." Er tritt vor das Zelt, um das Geschehen zwischen den Ruinen unten besser verfolgen zu können, gerade, als aus einer wabernden Dunstwolke eine Gruppe Flüchtlinge auftaucht, die mit den unmöglichsten Besitztümern beladen ist - Säcke, sperrige Holztruhen, alte Rüstungen, mit Speisen gefüllte Tabletts, Fässer mit Wein. Um sie herum bilden lachende Soldaten der Indigogarde einen schützenden Ring, während sie sich geordnet zurückziehen - das Bild ist kein Vergleich mehr zu dem überstürzten Chaos der letzten Übungen, und das wissen sie auch. Olyvar lacht leise in sich hinein, und Rhordri und auch Colevar treten an seine Seite. "Die Männer haben sich einen Ruhetag verdient," hört er seinen Kastellan neben sich sagen. Olyvar zieht die Brauen hoch und kann förmlich spüren wie Colevar an seiner anderen Seite die Luft anhält. "Für einen einzigen Sieg?"
"Sie müssen ihn auskosten können, M'lord Commander. Davon abgesehen werden die Heiler genug zu tun haben, sie wieder zusammenzuflicken. Ihr wollt doch wohl nicht, dass sie völlig erschöpft sind, wenn es an den Aufbruch nach Hause geht, oder?"
Nach Hause...
"Und dieser Tag kommt deiner Meinung nach wohl schon bald, was?"
"Ich bin mir ganz sicher, dass es von jetzt an nur noch Siege geben wird," erwidert Rhordri fest, "wenn die Männer ab und an auch noch zum Atmen kommen dürfen. Und ich bin mir sicher, dass Ced und Colevar mir zustimmen werden."
Olyvar atmet hörbar ein und aus. "Da kommt Cedric."
Der junge Verder und seine Reiter tauchen aus den schlingernden Schattenfetzen um die Ruinen auf. Sie decken Soldaten den Rücken, von denen etliche Vogelscheuchen mitzerren, die Flüchtlinge darstellen sollen. Allein ihre Anzahl macht deutlich, dass die Blaumäntel einen ziemlich eindeutigen Sieg errungen haben.

"Ist das etwa ein Lächeln auf Olyvars Gesicht?" Hört er Colevar hinter seinem Rücken flüstern, so leise, dass der Hauptmann der Lanzer vermutlich glaubt, er höre es nicht. "Einen ganz kurzen Augenblick lang dachte ich, ich hätte dort ein Lächeln..."
"Du hast dich zweifellos geirrt," erwidert Rhordri ebenso leise, doch nicht leise genug und Olyvar kann deutlich den fröhlichen Unterton in der Stimme seines Kastellans heraushören. "Also schön," kapituliert er. "Also schön. Colevar, du kannst den Männern die Nachricht überbringen. Sie haben sich ihren Ruhetag verdient." Acht Tage später, kurz vor Ende des Nebelmonds, brechen die Männer ihre Zelte im Rabenbruch ab und machen sich im Morgengrauen bereit, ihren langen Rückweg in die Steinfaust anzutreten. Das Übungsgelände ist geräumt und der Tross steht bereit - die Verwundeten, zweiundzwanzig an der Zahl, sowie ein Küchenjunge, der sich furchtbar die Finger verbrüht hatte, sind auf heugepolsterte Fuhrwerke verladen, die Vorräte, Zelte und Lagergerätschaften auf schweren Wagen verstaut, die Männer bereit. Es ist kalt und windig, und die Luft schmeckt nach Schnee, drei Pferde lahmen, der Tee ist aus, das altbackene Brot ist endgültig steinhart und ein paar Hafersäcke sind in der allgegenwärtigen Feuchtigkeit verdorben, doch die Stimmung unter den Blaumänteln ist mehr als gut. Erstens weil es nun endlich nach den langen, entbehrungsreichen Wochen wieder nach Hause geht und zweitens, weil sich Rhordris Prophezeiung an jenem Tag als wahr erwiesen hatte - ganz gleich, was sich die Magierkobolde noch ausgedacht, ganz gleich, wie schwierig Olyvar, Cedric und Colevar die einzelnen Manöver und Kämpfe gestaltet und ganz gleich welche Fallen und Schwierigkeiten ihnen die Sappeure vor die Nase gesetzt hatten - von da an hatte es nur noch Siege gegeben. Sie verlassen den Rabenbruch (Rhordri war schon vor zwei Tagen nach Talyra aufgebrochen) noch bevor es wirklich hell ist, doch mit all den schwer beladenen Wagen, den Verwundeten und den lahmenden Pferden kommen sie nur im Schneckentempo voran. Gegen Mittag ist Olyvar so unruhig wie Mais in einer heißen Pfanne und Colevar und Cedric haben endlich Mitleid und ein Einsehen mit ihm. "Nun geh schon," raunt Cedric, als Olyvar wohl zum hundertsten Mal die langen Reihen der marschierenden Männer und unendlich langsam voranzuckelnden Wägen abreitet. "Colevar und ich wir erledigen das hier auch ohne dich. Ich bleibe bei der Nachhut, Colevar soll die übrigen Männer nach Hause bringen. Und jetzt mach, dass du weg kommst."

->Westflügel der Steinfaust

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Sensidia am 26. Feb. 2008, 23:53 Uhr
Eisfrost 508

Der Wind flaut auf und treibt die graue Wolkenformation schneller voran, während die Luft schwer wird und von einem bevorstehenden Regenguss kündet.
Noch einmal wirft Sensidia einen skeptischen Blick zum Himmel empor. „Merkst es Tilde? Es riecht nach tote Regenwürmer!“
Natürlich erscheint es den Geruch bevorstehenden Regens mit toten Regenwürmern zu vergleichen im ersten Augenblick vielleicht ein wenig seltsam. Doch Sensi hatte sich diesen Vergleich wegen der nach einem Regenguss am gepflasterten Hauptplatz ihres Dorfes in großen Lacken zu Hauf ertrunkenen Regenwürmern schon seit frühester Kindheit angewöhnt, und man würde sie auch nicht mehr davon überzeugen können, dass er sich unpassend oder gar lächerlich anhörte.
Freilich, ihrem gutmütigen Braunvieh war es vollkommen gleichgültig womit Sensi etwas verglich, doch das abermals beschleunigte Tempo gefiel ihm überhaupt nicht, was die braune Kuh auch gleich mit einem abermals lautstarkem und langezogenen Muuh! unmissverständlich mitteilte. Man konnte es dem lieben Tierchen auch gar nicht verübeln. Auch Sensidia konnte Mathilde voll und ganz verstehen, schließlich zog die Liebe einen schweren Karren mit lästig schnatternd und gackernden Federvieh oben drauf, und sie waren bereits seit frühesten Morgenstunden unterwegs.  „Ist schon gut Tilde, es is nicht mehr weit, schau da vorn sind schon die Stadtmauern. Glaub ich..“

Während Sensi so auf die mit jedem Schritt höher erscheinenden Stadtmauern vor sich sieht, muss sie sich zwangsläufig wieder mit einer Frage beschäftigen die sie den ganzen Fußmarsch über erfolgreich verdrängt hatte: „Ich war noch nie in einer Stadt, Wohin muss ich dann in der Stadt eigentlich?“ Die alte Bäuerin runzelt nachdenklich die Stirn.
Wenn man den Erzählungen in ihrem Dorf nur ansatzweise Glauben schenken konnte, dann war die Stadt einfach riesig, und wie sehr man sich in den verwinkelten Gassen wohl verlaufen konnte wollte sie sich nicht einmal näher vorstellen.
Ja wahrlich, die Frauen erzählten sich am Waschtag immer vielerlei. Beispielsweise wo der Huberbauer sein Scheunentor gefunden hat, das ihm die listigen Burschen aus Jux des Nachts abmontiert hatten, welch nette Liebschaft sich bei der letzten Roggaliacht beim Hirtabauern zwischen dem Nachbarsbengel und des Gastgebers Töchterchen-selig  in seiner gemütlichen Stuben angebahnt hat, und auch noch so diverse andere Dinge. Letztes Mal haben sie eben ganz groß erzählt was so in den Straßen dieser Weltenstadt zu erspähen sei.
„Und was da auf den Straßen so alles herumrennt... Zumindest Magda hat erzählt, dass die Schwester der Schwägerin ihrer Nachbarin Mark und Bein darauf schwört, dass sie letztns, als sie einen Stand auf dem angeblich DORFGROSSN Marktplatz in Talyra aufstellen wollten, ein mindestens zweieinhalb Schritt hohes Wesen, das zur einen Hälften ein Pferd und zur anderen Hälften wie ein Mensch war, Zentrau oder so nennt man die, gesehn hat.“

Die Furchen auf ihrer Stirn werden noch eine Spur tiefer „Wie das wohl ausschaut, so ein Mann mit Pferdekopf, ich kann mir des gar nicht vorstellen. Hm.. oder war es vielleicht gleich anders herum?“
Sie wartet erst gar nicht auf eine Antwort von Tilde und plappert stattdessen gleich weiter:
„Wie ich wohl schaun würd wenn mir so ein Wesen übern Weg läuft? I glaub ich würd aus dem schauen wie eine Kuh wenn es blitzt – entschulige Tilde, natürlich nichts gegen dich – nicht mehr herauskommen“
Nervös kratzt sich die Bäuerin an der Hüfte und beißt nachdenklich an ihrer Lippe herum.
„Und.. und was ist wenn sich der Zenau, oder so ähnlich, beleidigt fühlt wenn ich ihn so anschau und mich gleich mit seine Hufe unangespitzt in den Boden stampft?“
Und Diebe! Ja, Diebe und Gesindl wird es auch eine Menge mehr geben als bei uns am Land, nicht Tilde?“
Geschockt reißt die Bäuerin die Augen auf und bleibt plötzlich abrupt stehen.
„Was ist wenn wir auf dem Weg da hin wo wir dann eben hin müssn einfach überfallen und aufgespießt werden wie zwei Zimtäpferl!?“
Eingeschüchtert mit fast schildkrötengleich eingezogenem Kopf schaut Sensi zur Stadtmauer und wirft dann einen unschlüssigen Blick zurück auf den Weg der wieder heim in ihr Dörflein führt.

„Ach was für ein Blödsinn!“
Rafft sie sich schließlich auf und tadelt sich selbst ob ihrer unsinnigen Gedanken.
„Wer hat schließlich schon das Glück was in Talyra, ja in TALYRA, zu erben? Es wird scho alles gut gehn.“

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 14. Apr. 2008, 17:48 Uhr
Schneidend kalte Luft empfängt sie vor den Toren Talyras. Stoßartige Windböen fahren ihr unter das Fellkleid und lassen das hellere Unterfell aufblitzen. Doch in ihrem Pelz ist es warm, nur ihre Nase bekommt das klamme Wetter zu spüren.
Aus der Stadt zu kommen war einfacher als gedacht. Keiner hatte sie beachtet. Zumindest nicht mehr als alle anderen „Straßenhunde“.
In einem leichten Kanter trottet sie durch das sich langsam wieder belaubende Larisgrün, ihrer eigenen schwächer werdenden Duftspur folgend. Das nasse Wetter und der tauende Schnee hatten fast alle Gerüche mit sich gerissen um Platz für dezente Frühlingsluft zu schaffen.

Es ist schon am Dämmern, als sie den Ort erreicht an dem sie ihre Habe gelassen hat. Vorsichtig und langsam nähert sie sich dem Platz. Schnuppernd steckt sie die Nase in die Felsspalte. Da liegt er auch schon. Unter einer dicken Decke aus faulendem Laub liegt ihr etwas nasser kleiner Lederbeutel.
Freudig verwandelt sie sich kurz zurück in ihre Menschengestalt um den Beutel auf zu nesteln und den Inhalt zu prüfen. Lange hält sie es nackt in der Kälte nicht aus aber zumindest kann sie sich davon überzeugen, dass all ihre Kleidung vorhanden ist. Sogar noch so eng verschnürt verpackt wie sie ihn zurück gelassen hatte.

Ihre Fänge senken sich sanft in das knittrige Leder der Tasche und heben sie vom Boden auf. Wie einen Welpen trägt sie ihn vor sich her, glücklich das nichts von seinem Inhalt entwendet wurde. Mutiger geworden läuft sie auf der Straße zwischen den Bäumen in Richtung Talyra, während sich die Nacht über den Horizont zieht.
Wie ein schwarzes Laken, über den Himmel gezogen von Raben, nähert sich die Dunkelheit und Lyall verschmilzt langsam mit dem Hintergrund des Waldes.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 16. Mai 2008, 17:32 Uhr
Reisen und Quests durch die Immerlande -> Reise von Liedberg nach Talyra ------->

16. Grünglanz 508

Inzwischen hat die Elbe über die Südstraße das Larisgrün erreicht. Nachtschatten hat sich auf dem Weg hierher als treuer Begleiter erwiesen und sie mag sich den schwarzen Hengst gar nicht mehr wegdenken. Mittlerweile hört er sogar schon auf ihren Pfiff und kommt dann zu ihr. Dennoch traut sie sich noch nicht, ihn nachts unangebunden zu lassen, aus Angst er könnte trotzdem von irgendetwas aufgeschreckt, davon jagen. Obgleich sie anfangs sogar mit dem Gedanken gespielt hat ihn in der Stadt weder zu verkaufen um ein wenig Startkapital für das neue Leben zu haben, hat sie diesen Gedanken inzwischen gänzlich verworfen. Es war einfach ein traumhaft schönes Gefühl auf dem Rücken des edlen Feuerblutpferdes zu reiten. Vor allem sein enorm schneller Galopp übersteigt alles was sie bisher von anderen Pferden gewohnt war. Dieses Tier gibt sie so schnell nicht wieder her…

Yasra steigt von dem Rücken des schwarzen Hengstes und geht ein wenig neben ihm her. Der Hintern schmerzt und sie möchte sich einen Moment die Beine vertreten. So gehen sie nebeneinander. „Schau, bald sind wir da, Shunj'anar“ spricht sie in Shidar zu dem Tier. „Die größte Strecke liegt bereits hinter uns.“ Freudige Erwartung spiegelt sich in den Gesichtszügen der Elbe. Wie viel von dem was der Händler gesagt hat wohl wahr sein würde? Wenn der Händler Recht behält könnte man in Talyra nahezu jedes Volk der Immerlande treffen. Sie hat viel über die Völker gelesen, aber außer den Elben, Feen, Menschen und Tieren ist sie bisher keinem der Völker begegnet. Aufgeregt zieht die Elbe weiter durchs Larisgrün der Weltenstadt entgegen…


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 17. Mai 2008, 14:25 Uhr
17. Grünglanz 508

Und auch heute zieht Yasraene mit den ersten Strahlen der Sonne weiter. Inzwischen ist sie zwar sehr erschöpft, aber Talyra kann nicht mehr weit sein und ihr Ziel stets in ihren Gedanken reitet sie tapfer weiter über die Südstraße durch das Larisgrün. Die Hufe von Nachtschatten wirbeln Staub und Sand auf, auch einige Kiesel knirschen unter der Last des Pferdes. Die Straße selbst wird von vielen tiefen Reifenspuren durchzogen. Etliche Pferdewagen und Karren scheinen regelmäßig diesen Weg zu nehmen, doch bisher ist Yasra niemanden begegnet, der auch gen Weltenstadt zieht. Einzig die Bewohner verstreuter Dörfer, die hier und da an der Südstraße angesiedelt sind, hat sie unterwegs zu Gesicht bekommen.

Ihr Blick streift über die Umgebung. Die Bäume grünen und hier und dort ranken Blumen und Pilze aus dem weichen Waldboden. Einige Stellen sind von Moos bedeckt. Man hört die Lieder verschiedener Vögel und ab und an sieht man ein kleineres Tier über den Boden huschen. Yasra erfreut sich an der Natur und den Klängen des Waldes. Das leichte Rauschen des Windes in den Blättern und die Stimmen der Vögel ergeben ein einzigartiges, schönes Lied, in das Yasra mit leichtem Summen mit einstimmt. Auch der Schwarze scheint sich der friedvollen Natur zu erfreuen. Obgleich auch er müde von der langen Reise ist, ist sein Schritt zügig und munter…

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 18. Mai 2008, 12:07 Uhr
18. Grünglanz 508

Diese Nacht hat Yasraena etwas länger pausiert. Die Sonne ist bereits vollständig aufgegangen, als sie Nachtschatten sattelt. Ihr Gesäß schmerzt heute besonders stark, so dass sie neben dem Cul-Pferd her läuft, anstatt sich von ihm tragen zu lassen.
„Shunj'anar, heute bleibt dir mein Gewicht vorerst erspart“ lässt sie den Hengst wissen. Wie immer wenn sie mit ihm redet verwendet sie die Sprache ihrer Heimat, dass Shidar, die Elbensprache. Überhaupt verwendet sie die Allgemeinsprache nur wenn es nötig ist, also in der Interaktion mit Personen, denen das Shidar fremd ist. Noch immer spricht sie die Allgemeinsprache nicht sicher und baut hier und dort gerne einige Fehler ein. Obgleich sie selber weiß, dass sie die Sprache nur richtig lernen kann, wenn sie diese öfter verwendet, ist es ihr unangenehm sie fehlerhaft zu gebrauchen: So vermeidet sie die Nutzung dieser Sprache weitestgehend.  

Neben Nachtschatten herlaufend, kommt sie nur recht langsam voran und obgleich Talyra schon sehr nahe sein muss, ist sie sicher, dass es bei dem Tempo noch wenige Tage dauern wird, ehe sie die Weltenstadt erreicht. Auch ist sie zu erschöpft um zügigen Schrittes zu reisen. Ihrem Gang ist jede elbische Anmut abhanden gekommen, vielmehr trottet sie missmutig und ermüdet vorwärts. Selbst die Stimmen der Vögel und die Farbenpracht der Blumen können ihre Stimmung heute nicht heben. Durch den langen Marsch auf der staubigen Südstraße sehen ihre Stiefel und ihre Lederhose inzwischen eher grau als schwarz aus und auch ihr Cape ist von grauem Film überzogen. Selbst das einst schwarze glänzende Fell ihres Pferdes ist vom Staub verdreckt und wirkt glanzlos, stumpf und grau.

Yasra trottet durch die Erschöpfung unaufmerksam neben dem Tier her, als plötzlich direkt vor ihr eine hochgewachsene, kräftige Gestalt auf die Straße tritt. Überrascht hebt Yasraena den Blick und bleibt stehen. Ihre Hand schließt sich automatisch fester um die Zügel ihres Pferdes, an denen sie das Tier eben noch vorwärts geführt hat. Der Mann vor ihr sieht ungepflegt aus. Seine Kleidung, bestehend aus hartem stabilen Leder und zerschlissenen Leinen, ist abgewetzt. Fleckig und alt. Sie hat eindeutig schon bessere Tage gesehen. Um seinen Kopf hat er ein ebenso verdrecktes Tuch gewickelt, so dass es der Elbe unmöglich ist ihn genauer zu erkennen. Drohend hebt der Fremde einen schweren Knüppel. „Wegzoll. Gib mir all Deine Münzen“ donnert der Mann ihr entgegen. Yasra vor Schreck wie versteinert starrt nur auf die Gestalt, unfähig sich zu rühren. Nachtschatten neben ihr wird unruhig und nervös. „Wird’s bald!“ Donnert die Stimme des Mannes. Yasra zuckt zusammen, erwacht aus ihrer Starre und greift unter ihr Cape. Nervös fummelt sie an dem Knoten ihres Lederbeutels. Als sie ihn endlich vom Gürtel gelöst hat, hebt sie ihn hoch und schüttelt ihn. Kein Klirren ertönt. „Ich habe nicht die kleinste Münze mehr“ lässt sie den Räuber wissen. Sein Blick verdüstert sich und er macht einen Schritt auf die Elbe zu. Dann reißt er ihr den Beutel aus der Hand. Doch schon während sich seine Hand um den Beutel schließt erkennt er, dass er tatsächlich leer ist. Wütend schleudert er den Lederbeutel fort. „Zieh das Cape aus“ donnert seine Stimme von Neuen. Er erhofft darunter vielleicht einen zweiten Beutel, den mit den Münzen, zu finden. Doch inzwischen hat Yasra sich wieder ein wenig gefangen. Ihre Gedanken rasen. Blitzschnell geht sie im Kopf mehrere Möglichkeiten durch, wie sie der Situation entfliehen könnte. Soll sie ihr Kurzschwert ziehen und sich auf einen Kampf mit dem Wegelagerer einlassen? Doch schnell verwirft sie diese Idee wieder. Bestimmt lauern hinter weiteren Büschen seine Gefährten, die sich einmischen würden. Auch die kräftige Gestalt des Räubers bringt sie von der Idee ab. Stattdessen macht sie einen Schritt zurück und springt behände wie ein junges Reh auf den Rücken von Nachtschatten. Sofort treibt sie ihn. Das unruhige Tier lässt sich nicht zweimal bitten und stürmt los. Jede Müdigkeit und jeder Schmerz ist vergessen und so jagen die beiden immer die Südstraße entlang, den verdutzten Wegelagerer hinter sich zurücklassend. Erst nach einer ganzen Weile verringern sie ihr Tempo. Von dem Wegelagerer war längst schon nichts mehr zu hören und zu sehen. Erleichtert atmet Yasra auf. Wer weiß, was der Mann aus Wut mit ihr gemacht hätte, wenn er festgestellt hätte, dass sie tatsächlich absolut mittellos ist. Erschöpft lässt sie dich vom Rücken des Hengstes gleiten. Für heute war die Reise ereignisreich genug. So führt sie das Tier etwas vom Weg fort und schlägt dort im Schutz der Bäume, von der Straße aus nicht erkennbar ihr Lager auf. Nachtschatten bindet sie wie immer sorgsam fest. Heute wird sie nicht mehr weiter reisen. Doch auch Schlaf fand sie diese Nacht erst spät. Das kleinste Geräusch eines Tieres lässt sie aufschrecken und nach ihrer Waffe greifen, so tief sitzt ihr die Begegnung mit dem Räuber in den Knochen. Und so schläft sie kaum und wird des nachts immer wieder wach…

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 21. Mai 2008, 19:56 Uhr
21. Grünglanz 508

Seit der Begegnung mit dem Wegelagerer hat die Elbe kaum geschlafen und ist tagsüber eher müde. So kommt sie  kaum voran, obgleich sie Talyra unlängst hätte erreichen können. Ihr Reiseproviant ist inzwischen aufgebraucht und sie verspürt einen starken Hunger. Durst ist das kleinere Problem, da es hier und dort natürliche Gewässer gibt, an denen sie ihren Durst stillen kann. In irgendwelchen Vertiefungen sammelt sich immer ein wenig Wasser, das sauber und trinkbar ist.

Meist trottet sie langsam neben Shunj'anar her. Selbst wenn sie denn mal auf seinem Rücken sitzt, kommen sie nur mühsam vorwärts, da sie dann meist den Kopf hängen läst und ihr oftmals die Augen zufallen. Sie hat nie zu träumen gewagt, dass der Weg nach Talyra trotz Pferd so mühselig und erschöpfend ist. Überhaupt scheint sie sich, was diese weite Reise anbelangt anfangs zu sehr übernommen zu haben. Dies spürt sie jetzt nur allzu deutlich.
In ihren Gedanken macht sich inzwischen deutlicher Unmut breit. Längst ist sie von der Idee nach Talyra zu reisen nicht mehr angetan. Doch nun hat sie den Weg fast geschafft. Eine Alternative gibt es nicht mehr. Dennoch, sie hatte es doch gut auf dem Hof: Ein eigenes Kämmerchen, ein mehr oder weniger gemütliches, aber zumindest trockenes Nachtlager und regelmäßige Mahlzeiten. Was will man mehr? Irgendwie ist sie an diese ganze Reise viel zu naiv herangegangen und das ärgert sie im Moment ungemein, auch wenn es sich nicht ändern lässt.

Ihre Neugier und die Erzählungen dieses fahrenden Händlers haben sie überhaupt erst auf die Idee gebracht diese Reise anzutreten. Den Gedanken an ihre eigene Neugier verwirft sie gleich wieder. Der Gedanke an den Händler jedoch kann sie so leicht nicht abtun.

Hätte er nie auf dem Hof gerastet, ich könnte jetzt gemeinsam mit den Anderen an unserem Tisch sitzen und ein leckeres Mahl zu mir nehmen, denkt sie wütend und ein düsterer bedrohlicher Schatten verdunkelt das sonst so helle blau ihrer Augen für einen kurzen Moment.

Dass das Essen dort meist eintönig und nicht so lecker war, wie es ihr ihre Erinnerung vorgaukelt, bemerkt sie nicht. Bei dem Hunger den sie verspürt erscheint nahezu alles lecker. Auch, dass es ihre alleinige Entscheidung war diese Reise anzutreten ignoriert sie gekonnt. Stattdessen entwickeln sich in ihrem Inneren leichte Wutgedanken gegen diesen Händler ohne dessen Auftauchen sie sich nie auf eine solche Reise gemacht hätte.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 27. Mai 2008, 20:53 Uhr
27. Grünglanz 508

Yasraena ale'Hanrael hat die Weltenstadt noch immer nicht erreicht. Inzwischen hat es lang schon nichts mehr mit Erschöpfung und dem Weg zu tun. Auch ist der fehlende Proviant nicht der Grund dafür. Inzwischen ist sie dazu übergangen so zu leben, wie damals, bevor sie auf dem Hof des Bauern ankam. Zu derzeit, als sie das Elbenreich hinter sich ließ hat sie sich von einzelnen Höfen genommen, was sie brauchte, dann, wenn die Eigentümer unachtsam waren. Meist hat sie etwas aus dem Garten entwendet, was gegen den Hunger half. Und so handhabt sie es auch jetzt. Sie lebt von dem was sie auf den Gehöften rund um die Weltenstadt erhaschen kann. Oft sind es nur Kleinigkeiten und manchmal geht sie leer aus. Doch gestern hatte sie sogar das Glück auf einem Hof aushelfen zu können und sich ein richtiges Mahl zu verdienen. Lange hat sie ein solches Gefühl, wirklich und wahrhaftig satt zu sein nicht mehr gespürt. Auch hatte sie ihr Nachtlager im Stall aufschlagen dürfen. So dass sie am Morgen nicht ganz so gerädert erwachte wie die Tage zuvor. Auch am Brunnen des Hofes konnte sie sich endlich mal wieder gründlich wachen und auch ihre Kleidung hat sie einer Reinigung unterzogen, so dass sie sich wieder wohler in dem schwarzen Leder fühlt und auch an dem Cape nicht mehr der Schmutz der letzten Tage als braune Krusten klebt.

Inzwischen zieht sie mit Shunj'anar weiter durch das Larisgrün. Stets achtet sie darauf, nicht durchs dichte Unterholz zu wandern. Denn Shunj’anars Pferdekörper kann sich wohl kaum zwischen eng aneinander stehenden Bäumen hindurch winden. Während sie mit ihm nun durch das erfrischend duftende Grün streift, geht sie in Gedanken noch einmal das gestrige Geschehen auf dem Hof durch:
Wie sie mein Pferd angestarrt haben. Als hätten sie ein solches Tier noch nie gesehen…
Zugegeben, vermutlich hatten die einfachen Leute auf dem Hof ein solch edles Pferd wirklich noch nie zu Gesicht bekommen oder aber sie wunderten sich, dass jemand, der sich ein solches Pferd zu leisten vermag, einfache Hofarbeit verrichtet.
Und auch die Blicke, die sich stets in meinen Rücken gebohrt haben, wenn ich mich abwandte…
Dass auch das vielleicht daran gelegen haben könnte, dass sie sich wunderten, wie eine verdreckte Elbe wie sie genug Gold für ein solches Pferd gehabt haben kann, soweit denkt sie nicht. Auch der Gedanke, dass man glauben könnte, sie habe es gestohlen und sie daher gut im Auge behielt kommt ihr nicht in den Sinn.
Diese Blicke kenne ich…
Verfolgt sie ihre abwegigen Gedankengänge weiter.
Es waren die gleichen misstrauischen Blicke, wie damals… Ich kenne diese Blicke nur zu gut… ich weiß, dass es die gleichen Blicke waren… In der Stadt werden noch mehr Augen mich mit derartigen Blicken verfolgen…. Wie konnte ich nur auf die Idee kommen eine solch große Stadt mit so zahlreichen Bewohnern aufsuchen zu wollen? Man wird mir misstrauen. Vielleicht wird man mich sogar verachten oder vertreiben…
Und da war sie auch schon bei den Gedanken, die sie bisher nie bewusst zu denken gewagt hatte. Vielmehr waren es leichte Zweifel und ein ungutes Gefühl, verursacht durch ihr Unterbewusstseins, dass dafür sorgte, dass sie noch nicht den Mut aufbrachte die Weltenstadt zu betreten und wie ein räudiger Hund um die Stadt herum durch das Larisgrün geschlichen ist und von Mundraub lebt anstatt sich eine Anstellung in der Stadt zu suchen. Wo es doch bei der Größe von Möglichkeiten nur so wimmeln müsste.

Obgleich sie anfangs ihrer Sache so gutgläubig und zuversichtlich entgegen sah. Werden die Zweifel immer deutlicher und größer. Hier außerhalb der Stadt konnte sie vom Mundraub leben, aber in einer Stadt, wo es von aufmerksamen Augen nur so wimmeln muss, da würde sich ihr sicher keine Gelegenheit bieten. Was, wenn sie keine Anstellung findet? Wovon soll sie leben? Wo soll sie in einer Stadt überhaupt ihr Pferd mittellos unterbringen? Ein Verkauf war inzwischen gänzlich ausgeschlossen. Shunj’anar ist ein Traum von einem Pferd. Niemals würde sie das bildhübsche Tier, das ihr so ans Herz gewachsen ist wieder hergeben. Doch wohin damit in einer Stadt? Wie würde er dort überhaupt reagieren? War er überhaupt schon einmal in einer Stadt oder würde der Lärm und das tägliche Durcheinander ihn gänzlich verschrecken und ängstigen? All das geht der Elbe durch den Kopf und missmutigen Blickes wandert sie schweigsam neben dem Schwarzen her. Seine großen, tief liegenden Augen schauen so friedlich und ruhig rein, als ob ihn nichts aus der Fassung bringen könnte. Dass dem nicht so ist, weiß die Elbe inzwischen. Dennoch vertreibt sein Anblick und der Blick in seine Augen nach einer Weile ihre missmutigen Gedankengänge. Nach und nach beruhigt sie sich wieder. Stunden vergehen. Die Gedanken entschwinden gänzlich und sie lauscht dem abendlichen Lied der verschiedensten Vögel und dem leisen surren und zirpen von Käfern und Grashüpfern.

Alles idyllisch. Alles friedlich. Alles schön.

Es scheint, als ob Yasraenas Gedankenwelt nie durch Zweifel und Unsicherheit getrübt waren…

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 30. Mai 2008, 22:20 Uhr
30. Grünglanz 508

Auch an diesem Tage ist Yasraena mit den ersten Strahlen der Sonne wieder aufgebrochen um weiter zu ziehen. Allerdings wärt ihre Reise heute vorerst nur kurz. Bereits wenige Augenblicke nach ihrem Aufbruch, macht sie ihre erste Rast. Wieder einmal sind es Zweifel, die sie vom Weiterreisen abhalten. Inzwischen erscheint es ihr lächerlich, immer in der Stadtnähe durch das Larisgrün zu ziehen, sich aber nicht näher heran zu wagen. Daher beschließt sie bei einer Pause darüber nachzudenken, was sie eigentlich will, was in der Stadt schlimmsten Falls passieren kann und ob sie es nicht wenigstens versuchen solle. Weiterziehen könne sie anschließend immer noch, aber dann wisse sie wenigstens, ob ihr der fahrende Händler zu viel versprochen hatte oder ob sie in einer solch großen Stadt wirklich den erhofften Neuanfang beginnen könnte, ein neues Leben anfangen könnte. Vielleicht würde ihre Andersartigkeit wirklich in dem bunten Rassengemisch der Weltenstadt untergehen. Vielleicht, so hofft sie, sind all ihre Sorgen und Zweifel unbegründet. Aber obgleich ihr selbst alle ihre Zweifel lächerlich erscheinen, kann sie sich bisher einfach nicht aufraffen die Stadt zu betreten.

Um in Ruhe darüber nachzudenken, wie es nun weiter gehen solle, breitet sie ihre Decke im Tau des Morgens aus und platziert sich erst einmal wieder auf den Boden, dessen Wurzeln und Unebenheiten sie deutlich unter sich spürt. Shunj’anar hat sie diesmal nicht angebunden. Längst bleibt der Hengst in ihrer Nähe und sollte er sich ein Stückchen entfernen, kommt er auf ihren Pfiff hin stets zu ihr zurück. Sie hatte seit Beginn ihrer Reise auch so viel Zeit mit dem Hengst verbracht, dass es ihr ein leichtes war, ihn an sich zu gewöhnen und ihm anzugewöhnen auf ihr Rufen oder eben einen Pfiff zu ihr zurückzukehren. Jetzt im Moment jedoch beachtet sie das Tier, dass wenige Schritte von ihr entfernt zu Grasen begonnen hat, nicht. Sie selbst hatte gestern nur ein leichtes Mal, bestehend aus wenigen, rohen Gemüse, dass sie aus einem Garten stibitzt hatte. Heute hat sie bisher noch nichts zu sich genommen. Zum Glück war es zu dieser Jahreszeit nicht schwer das Pferd zu ernähren, den überall grünte es und sowohl Gras als auch Kräuter gediehen nur so. Natürlich gibt es aufgrund des vielen Schattens der Bäume nur wenig Stellen, wo das Gras saftig und frisch wachsen kann. Doch sie hat eine große offene Lichtung gefunden.

Auf ihrer Decke sitzend, verfolgt Yasraena nun ihre weiteren Pläne und macht sich Gedanken um ihren weiteren Weg. Doch noch bevor sie eine Entscheidung fällen kann, was sie denn nun unternehmen soll, dringt ein ohrenbetäubendes Grollen über die Lichtung. Dieses Geräusch geht ihr durch und durch und sie zuckt deutlich sichtbar zusammen. Auch an ihrem Hengst geht der plötzliche Krach nicht unbemerkt vorbei. Ganz im Gegenteil: Schrill Aufwiehernd wirft er den Kopf zurück und prescht los. Damit bewahrheitet sich die unter Cul-Pferd Händlern und Besitzern bekannte Weisheit „Cul-Pferde die Nerven direkt unter der Haut“ wieder einmal. Wendig und leichtfüßig verschwindet der Hengst, einem Trampelpfad folgend, hinter einigen Bäumen. All dies ereignet sich in einem Bruchteil eines Augenblickes. Schon ist Shunj’anar aus Yasras Sichtfeld verschwunden. Fassungslos springt die Elbe auf und blickt ihrem Cul-Pferd nach. Als sie so richtig begriffen hat, was soeben geschehen ist, pfeift sie laut nach ihm. Doch der Hengst reagiert nicht. Sie versucht es weiterhin, doch nichts geschieht. Dann rafft sie die Decke zusammen und folgt dem Pfad, den ihr Pferd eingeschlagen hatte. Sie hätte die Decke auch liegen lassen können. Ohne das Gewicht würde sie schneller vorwärts kommen. Allerdings hat sie der Schnelligkeit den Feuerblutpferdes ohnehin nichts entgegen zu setzen, da machte die Verlangsamung durch die zusätzliche Belastung auch nichts mehr aus. Immer wieder ruft sie laut nach Nachschatten oder versucht ihn mit einem lauten Pfiff zu sich zurück zu dirigieren. Doch auch weiterhin zeigt sich keine Reaktion und auch kein vertrautes Wiehern ertönt, das den Hengst ankündigt. Wut und Verzweiflung treiben Yasra Tränen in die Augen. Ihr ganzes Vermögen steckt in diesem Tier und nun ist es auf und davon.

Verzweifelt ruft sie seinen Namen „Shunj'anar!“ und wieder „Shunj'anar!“ Obgleich der Hengst sich längst an seinen elbischen Namen gewöhnt hat, lässt er sich nicht blicken. Yasraena versucht es mit seinem ursprünglichen Namen: „Nachtschatten!“ Doch noch immer mag das Pferd nicht wieder auftauchen. Tränen rinnen aus ihren Augen. Sie ist sich sicher das teure Tier niemals wieder zu sehen. Soviel Gold und alles für nichts und wieder nichts.
Immer wieder ruft sie seinen immerländischen und den elbischen Namen im Wechsel:
„Shunj'anar!“ eine kurze Pause „Nachtschatten!“ nach einer erneuten Pause „Shunj'anar!“

„Anukis, ich bitte euch, schützt und behütet Shunj'anar“ flüstert sie leise in Shidar zu der Göttin. „Er ist doch alles was ich habe!“ ergänzt sie traurig.
Sie geht weiter der Spur nach, die die Hufe des Tieres in dem weichen Boden hier und dort hinterlassen haben. Sie will einfach nicht glauben, dass ihr ganzes Gold auf und davon ist. Zumal es ihr inzwischen längst nicht mehr um den finanziellen Wert des Hengstes geht. Vielmehr hängt sie inzwischen an dem Cul-Pferd. Die letzten Tage hat sie so viel Zeit mit dem Schwarzen verbracht, dass er ihr richtig ans Herz gewachsen ist und sie ihn nicht mehr missen möchte.

--------> Die alte Bärenhöhle

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Elidor am 05. Nov. 2008, 13:30 Uhr
<---- Die Straßen der Stadt

Elidor lehnt sich an einen der alten Bäume und atmet erleichtert aus. Er ist tief, sehr tief in das Larisgrün eingedrungen. Immer weiter und weiter hat er sich von den Wegen fort gewagt, ist durch Laub und Gestrüpp gestrichen, bis er sich sicher gewesen ist, dass er keinem Menschen mehr begegnen würde. Waldläufer, ja, die sind überall, aber er glaubt nicht, dass sie ihn stören werden. Er ist nicht hier, um zu wildern. Wenn sie ihn sehen, werden sie weiter ziehen, da ist er sich sicher.
Dor schließt die Augen und spürt auf den Wald. Er fühlt, wie die Luft sich um ihn herum bewegt und Blätter von den Ästen gezupft werden. Er hört sie, wie sie zu Boden fallen und beinahe sieht er ihren langsamen Tanz vor sich. Der Baum an seinem Rücken fühlt sich angenehm warm an. Irgendwann ist es fast so, als wäre er versunken im Wald, ein Teil des Bodens, des Baumes hinter ihm.

Tiere kommen in seine Nähe. Er hört es Rascheln, wenn sie ihre Hufe und Pfoten auf den Boden setzen. Manchmal sind sie so nah, dass er ihren Atem hört. Sie sind neugierig, aber sie nehmen ihn hin, so wie er sie hinnimmt.
Er lächelt. Die Ruhe, die er gesucht hat, hat er gefunden. Seine Angst vor dem Käfig, die Verzweiflung, die ihn in der Stadt zu ersticken gedroht hat...alles ist zusammengeschrumpft zu einem kleinen Flämmchen in seinem Inneren, das er schützt, denn ganz verlieren darf er es nicht. Die Angst ist wichtig. Die Verzweiflung, in die er sich mit seinen Taten getrieben hat, sind wichtig.

Seine Mutter ist immer in den Wald gegangen, wenn sie mit sich selbst in Einklang kommen wollte, wenn sie Ruhe gebraucht hat. Wenn sie sich finden musste. Sie hat ihm einmal erzählt, dass auch die Krieger, die Warge, es so gemacht haben. Dass sie monatelang im Wald verschwunden sind oder in der Wüste und die Tiere in sich akzeptiert, kennen gelernt haben.
'Ein paar Monate...' Dor lächelt. Ja, das ist ein verlockender Gedanke. Und auch wieder nicht. Er hat die Menschen gerade erst wieder gefunden. Er will Freunde haben, irgendwann. Oder zumindest Menschen, mit denen er reden kann. Er möchte normal sein, kein Einsiedler im Wald. Aber zumindest ein paar Stunden, Tage...wer weiß, wie lange es ihm hier gefällt. Überleben könnte er ohnehin nicht. Außer er verliert sich in einem Tier. Schön stellt er sich das vor. Wie einen Tod, der keiner ist. Aber diese Möglichkeit gibt es letztendlich immer. Jetzt muss er die anderen ausprobieren.

Er öffnet die Augen und betrachtet die Bäume um sich und dann den Himmel, der zwischen den dichten Ästen über ihm durchblitzt.
In ihm fühlt er dem Adler nach. Er ist da, ganz dicht an der Oberfläche. Immer präsent immer bereit, die Schwingen auszubreiten und zu fliegen. Aber im Moment will er nicht fliegen. Im Moment braucht er etwas neues. Deswegen ist er hier.
Adler. Bär. Ratte. Schlange. Wolf. Die Tiere blitzen vor seinem inneren Auge auf. Warge haben sie alle in sich. Was ist mit ihm? Ist da nur der Adler oder noch andere?
Er braucht eine Form, in der er sich verteidigen kann und den Wolf will er im Moment nicht suchen. Nicht ausgerechnet den Wolf.
Also denkt er an den Bären. Er konzentriert sich, verliert sich in sich selbst und sucht nach etwas, das ein Bär sein könnte. Wie fühlt es sich an, ein Bär zu sein? Groß und stark und mit einem dichten, warmen Fell.

Um ihn her vergehen die Stunden. Der Wald bewegt sich und lebt, während Elidor an dem Baum lehnt, in sich gekehrt und die Welt vergisst.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Elidor am 14. Nov. 2008, 22:49 Uhr
Dor fühlt dem Bären nach und dann -plötzlich- glaubt er ihn gefunden zu haben. Da ist etwas, ganz tief unten in ihm und er dringt tiefer ein, versucht das Gefühl fest zu halten, es zu verstehen, hervor zu ziehen.
'Ein Bär', sagt er sich wieder. 'Alles wäre kleiner, es wäre warm. Ich wäre groß und da wäre Fell und...' Seine Gedanken gehen davon weg, zu anderen, weniger bestimmten Dingen. Wie sein Fell riechen würde. Wie es wäre, einem paarungsbereitem Weibchen zu begegnen, in einer Höhle zu schlafen, für lange Zeiten im Winter.
Und dann ist da dieser Geruch im Wind. Ein seltsamer Geruch, den er kennt und nicht kennt. Laub, feuchtes Laub und Urin, irgendwo. Alt, aber da. Eine Reviermarkierung. Fell sprießt aus seiner Haut, seine Nase wölbt sich vor, seine Gedanken werden zu dem eines Bären.
Dann kommt der Schmerz und jagt ihn wieder hinaus, in seinen Körper hinein und dann weiter in den des Adlers, der sich in Panik hinauf auf einen Ast katapultiert. Dort sitz er und keucht, bis sich sein Geist beruhigt hat, der Schmerz vollkommen verblasst.
Der Adler lässt sich vom Ast fallen und gleitet hinunter. Kurz vor dem Boden verwandelt sich Dor zurück und landet halbwegs elegant auf den Beinen.
Er lächelt. Es ist geschafft. Der erste Schritt wurde gemacht. Der Bär ist tatsächlich in ihm. Er kann ihn rufen. Er muss nur trainieren, ihn hervor locken, an die Oberfläche. Ihn sich verinnerlichen, so wie es immer mehr mit dem Adler geschieht.
Aber jetzt ist er müde. Sein ganzer Körper schreit nach Ruhe. Mit einem Stöhnen sucht er seine Sachen zusammen und macht sich auf den Weg zurück durch das Larisgrün. Wenn er nur noch wüsste, auf welchem Weg er gekommen ist...

--> Der Kupferkessel

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 27. Jan. 2009, 11:32 Uhr
---> Die alte Bärenhöhle

> „Ich glaube, das Beste ist tatsächlich, den Weg frei zu trampeln. Vielleicht kann das Pferd da auch nützlich sein…?“ <
Yasraena blickt Feydor irritiert an. Doch dieser hat sich längst wieder umgedreht und tritt weiter vorsichtig Ranken und Pflanzen nieder, um ihnen den Weg zu bahnen. Selbst wenn Yasra wollte, der frei getrampelte Weg ist einfach zu schmal, als das sie Shunj'anar neben dem Zentaur nach vorne führen könnte, um zu helfen. Mit einem Schulterzucken belässt sie es daher dabei und wartet hinter Feydor, bis dieser mitteilt, dass der Pfad nun wieder frei ist.

Hier und da, müssen sie sich zwar noch unter einigen Ästen wegducken und einige Ranken zur Seite treten, doch im Großen und Ganzen erweist sich der Pfad als begehbar und sie können ihren Weg wieder etwas zügiger fortsetzen. Nach und nach wird der Pfad immer freier und somit auch ein kleines bisschen breiter. Feydor geht noch immer voran, doch inzwischen braucht er keine Ranken mehr zur Seite treten, so dass sie den Rest des Weges ohne weitere Zwangspausen und Anstrengungen zurücklegen.

Yasraena ist schon sehr gespannt, was sie in der Stadt erwartet. Viele Fragen kreisen in ihrem Kopf, doch Feydor scheint ja nun wirklich nicht der Gesprächigste und so schluckt Yasra ihre Neugier herunter und folgt ihm schweigend.
Seron scheint noch weniger an einem Gespräch interessiert. Er hält großen Abstand zu ihr und ihrem Pferd, schaut irgendwie missmutig drein und scheint ein wenig abwesend, so dass Yasra gar nicht erst auf die Idee kommt ihn anzusprechen.

Und während jeder der drei Reisenden seinen eigenen Gedanken nachhängt, findet der Pfad plötzlich und abrupt sein Ende. Vor ihnen beginnt sich eine größere Straße durch den Wald zu ziehen. Erleichterung spiegelt sich auf dem Gesicht der Elbe wieder, als sie ihr Pferd, Feydor folgend, auf die Straße führt.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Feydor am 24. Feb. 2009, 19:38 Uhr
Feydor atmet erleichtert durch und rückt die Holzlade auf seinem Rücken zurecht. Die Straße! Der Zentaur zupft sich ein paar Blätter aus den rostroten Haarsträhnen, die ihm ins Gesicht hängen und pustet diese anschließend unwillig aus dem Weg.
Er dreht sich zu seinen Begleitern um. „Jetzt dauert es nicht mehr lange. Ich denke, wir sollten gegen Mittag ankommen.“ Feydor versucht, zwischen den Zweigen der Bäume, die den Weg überdachen, den Stand der Sonne zu erkennen. Aber im Moment sieht es eher danach aus, als würde es bald regnen. Er deutet auf Yasreaena, in deren Haare ebenfalls noch ein paar Andenken diverser Büsche hängen. Der Zentaur räuspert sich und deutet auf den Kopf der Elbe. „Ihr habt da noch etwas… äh… in euren Haaren… hängen.“
Feydor richtet seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne und schlägt ein schnelleres Tempo an.
Eine Weile später endet der Wald aprupt und der graue Himmel über ihnen bestätigt Feydors Wettervorhersage. Der Zentaur deutet mit einer Hand auf etwas vor ihnen, dass sich deutlich vom Grün und Grau der Umgebung abhebt. „Da ist Talyra. Wir werden die Stadt durch das Verder Tor betreten.“


--> Verder Stadttor

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Nathan am 20. Juli 2009, 10:02 Uhr
--> Handwerkerviertel

Larisgrün (Irgendwo südlich des Marktes der fahrenden Händler)


Langsam und in einem regelmäßigen Rhythmus hebt und senkt sich Nathans Brust. Er sitzt mit gekreuzten Beinen mitten in einer kleinen Waldlichtung. Die überschaubare von Wildkräutern, Blumen und kleinen Sträuchern umsäumte Lichtung hat Nathan zufällig bei seiner Wanderung durch den Larisgrün fernab der großen Straßen und Wege entdeckt. Durch das dichte Laub der Bäume mogeln sich Sonnenstrahlen bis auf den Waldboden und lassen Nathan, samt der bunten Vielfalt, in der er Platz genommen hat, in einem sanften Licht erglühen. Die Luft ist erfüllt vom fröhlichen Gesang der Vögel und dem Plätschern eines kleinen Wildbaches, der sich durch das dickte Unterholz des Larisgrün in Richtung Idorel windet. Eine leichte Brise kommt auf. Die Blätter der uralten Baumriese wiegen sich leise hin und her, bis der Wind wieder schwächer wird und das knisternde Rascheln des Laubs verklingt.
Der Schwarzhaarige Mann sitzt schon seid vielen Stunden völlig reglos da. Es ist für ihn nicht einfach gewesen, sich in diesen tranceartigen Zustand hineinzufinden. Seine Gedanken waren zu sehr gefangen im Hier und Jetzt. Für einen ausgebildeten Magier zählen solche Konzentrationsübungen zum Einmaleins der Zauberkunde, für Nathan jedoch ist es immer wieder von neuem eine Herausforderung, die seine ganze Willenskraft beansprucht.
Die Hände liegen entspannt auf seinen Knien. Doch auch wenn er seine Augen geschlossen hat, heißt das nicht, dass sein Geist blind ist für die Welt, die ihn umgibt. Nein, ganz im Gegenteil. Es ist schwierig nicht magiebegabten Wesen, das Wunder der Zauberkraft, die unglaubliche Faszination der Magie zu beschreiben, deren Teil Nathan schon seid den frühen Vormittagsstunden ist. Er sieht ohne zu sehen. Der Wald, die Pflanzen, die Tiere ja selbst der Boden samt lebloser Materie ist durchzogen von einer pulsierenden Energie, die sich in Nathans Kopf als schimmernde blau-weiß leuchtende Umrisse widerspiegelen. Manche Wesen leuchten so intensiv, so klar, dass sie mit ihrer blendenden Kraft alles andere überstrahlen. Es ist so als würde der Hexer in das tiefste Innerste allen Seins blicken, als würde sein Auge nur noch das Wesentliche wahrnehmen, sich nicht mehr von Oberflächlichkeiten ablenken lassen.
Auch Nathan durchfließt die Macht der Energie. Seine Zauberkraft versetzt ihn in die Lage, die Energie zu spüren, sie zu manipulieren. Doch heute begnügt er sich damit, einfach ein Teil des Ganzen zu sein. Er spürt wie das Pulsieren in seinen Adern immer mehr an Stärke verliert. Wie ein übervolles Fass in dessen Wand man ein Loch gebohrt hat und das langsam wieder seinen normalen Füllstand erreicht, so verlässt auch Nathans überschäumende Mana seine Blutbahn und vereinigt sich mit dem Netzwerk der ihn umgebenden Energie. Ein endloser Kreislauf, rein, kalt und wunderschön.

In diesem Zustand der völligen Entspannung verrinnt Stunde um Stunde. Erst als die Sonne an Kraft verliert kehrt das Leben in Nathans Körper zurück. Er reckt und streckt sich. Schließlich reibt er seine Augen und erhebt sich langsam aus dem dichten Gras.
Es war die richtige Entscheidung den heutigen Tag hier draußen zu verbringen, denkt der Hexer ungewöhnlich vergnügt. Ich habe zwar immer noch keinen ausgeklügelten Plan, aber wenigstens sind die Schmerzen und der Druck in meinem Kopf verschwunden.
Am liebsten würde Nathan hier draußen bleiben. Die Ruhe der Natur war im schon immer lieber gewesen als die Enge und Hektik der Städte. Aber es gibt noch einiges, was erledigt werden muss. Ein kurzer Pfiff und Rix flattert aus einem der umliegenden Bäumen auf die Schulter ihres Herrn. Gemeinsam machen sich die beiden auf den Rückweg in die Stadt.

--> Tausendwinkelgasse

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Bregond am 22. Juli 2009, 12:18 Uhr
Aufgeschreckt von einem vorbeifahrenden Wagen fliegen einige Raben auf, die auf dem Weg nach zerquetschten Kleintieren gesucht haben. Wild und laut beschweren sie sich über die Störung, als sich über das Blätterdach des Larisgrün davon machen. Skor war es egal, ihm ist so ziemlich alles egal, er lenkt mit ausdruckslosem Blick und dumpfer Miene das Fuhrwerk Richtung Talyra. Neben ihm auf der Sitzbank steht ein halbleerer Tonkrug. Bregond hatte ihm zwar gesagt, dass er während seiner Arbeitszeit nicht trinken soll, aber was war schon ein halber Krug Branntwein, außerdem hatte er ja sogar gefrühstückt. Ein Stück Hüttenkäse und etwas Brot, das war mehr als er sonst um diese Uhrzeit zu sich nahm. Ach wieso nur hatte sein alter Herr darauf bestanden, dass er mit diesem Elben nach Talyra ging. Wieso durfte er nicht auf einem Schiff anheuern oder  seiner alten Tätigkeit als Türsteher im Bordell nachgehen. Dem jungen Freier ging es doch wieder gut, so fest hatte er gar nicht zugeschlagen. Die Tatsache, dass er ein junger Adliger war, konnte Skor schließlich nicht riechen, aber nein, sein Vater wollte ihn aus der Stadt haben, da kam ihm Bregond gerade recht. Ein dunkelhäutiger Händler mit weißem Haar, der in eine ferne Stadt aufbrach und einen Gehilfen suchte. Ein Ruck und ein lautes Krachen lässt ihn auf seinen Gedanken aufschrecken. Die Deichsel eines Rades war gebrochen. Skor hatte nicht aufgepasst und hatte den Wagen über eine große Wurzel gefahren. Die beiden Kaltblüter, die den Wagen mit der gleichen Ruhe und Gleichgültigkeit wie ihr Wagenlenker ziehen, bleiben wie vom Blitz getroffen stehen.
"Ihr verdammten blöden Viecher", schreit Skor die beiden Pferde an, die sich allerdings überhaupt gar nicht daran zu stören scheinen. "Oh Mann, das kostet mich Stunden." Wütend auf sich selbst, auf die beiden Rösser und auf seinen Vater der ihn seiner Meinung überhaupt erst in diese Situation gebracht hatte, steigt er maulend und fluchend vom Wagen herunter, um sich das ganze Ausmaß an zu sehen. Schon wenig später weiß er, dass er das nicht ohne Hilfe reparieren kann, schließlich hatte er nie ein Handwerk gelernt, wozu auch? Immer noch fluchend greift er zum Branntwein und lässt sich am Wagen nieder. "Was soll ich mich darum sorgen, ist das mein Wagen, und sind das meine Waren, hätte mich ja nicht alleine lassen brauchen, warum lässt er mich den auch alleine? Bin ich Kutscher, was weiß ich schon Pferden oder von Waldwegen." Vor sich hin schimpfend leert er den Tonkrug, schon wenig später sinkt ihm sein Kopf auf die Brust und Skor schläft den Schlaf der Gerechten.


Grün, fast hatte er vergessen wie viele grün Schattierungen  es gab. Das Blätterdach des Larisgrün leuchtet in tausenden Farben, als an diesem morgen die Sonne aufgeht und durch die Bäume seinen weg sucht. Unzählige Vögel stimmen ihr allmorgendliches Lied an und erfüllen den Wald mit einem Konzert das schöner nicht sein kann. Noch war es erfrischend kühl, doch Bregond wusste das sich das im laufe des Tages ändern würde. In den letzten Tagen war es immer wärmer geworden und er hatte sich angewöhnt ohne Reiseumhang zu Reiten. Kurz bindet er seine weiße Mähne zu einem Zopf, eine alte Angewohnheit aus Zeiten in der Steinfaust.
Wenig später hat er sein Lager verlassen, das er für die Nacht an einem Hügel errichtet hatte. Bisher hatte er es nicht eilig gehabt nach Talyra zurück zu kommen. Fast fünf Jahre hatte er die Mauern dieser Stadt nicht mehr gesehen. Fünf Jahre in denen er auf Wanderschaft war, in denen er ein neues Leben begonnen hatte. Zwar führte er immer noch sein Schwert Schattentod doch hatte er seit seinen Tagen in Talyra nicht mehr benutzt. In Blurraent brauchte er all die Jahre kein Schwert, kurz nach seiner Ankunft hatte er sich auf die Suche nach Arbeit gemacht, hatte allerlei Hilfsarbeiten erledigt. Botengänge, Lagerarbeiten kurz hatte er sogar Vieh gehütet. Nach einigen Monaten dann hatte er durch Zufall in einer Schenke aufgeschnappt das ein Rüstungsschmied einen Lehrling sucht. Hauptsache Arbeit, hatte er damals gedacht, auch wenn sie nicht gut bezahlt wurde. Sein Meister, ein gutmütiger Halbzwerg hatte wohl mitleid mit ihm und stellte ihn ein. Schnell stellte Bregond fest, das es kein Zuckerschlecken war und es kam nicht selten vor das er sechzehn Stunden am Tag in der Schmiede stand oder im Wald Holz schlug für die gierigen Schmiedefeuer. Im zweiten Jahr durfte er sogar schon Metall bearbeiten, allerdings merkte sein Meister schnell das Bregond eher für die filigranen Arbeiten zu gebrauchen war und so übernahm seine Frau seine weitere Ausbildung. Die etwas pummlige Lias brachte ihm bei  Metall in die schönsten Gebilde zu formen. Besonders Geschick bewies Bregond darin Rosen und Efeuranken herzustellen. Jetzt aber, nach Fünf Jahren würde er nach Talyra zurück kommen. Große Pläne hatte er, allerdings nagten auch Zweifel tief in seinem inneren, würde die Bewohner ihn akzeptieren, sich vielleicht noch an die Fahndungsplakate erinnern?

Ein leichtes Schnauben seines Schimmels lässt ihn aufblicken, sein Wagen mit all seinem Hab und gut steht am Wegesrand, die beiden mächtigen Kaltblüter grasen gemütlich vor sich hin und Skor liegt Schlafen an der Seite des Wagens, ein leerer Tonkrug neben ihm.  

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Bregond am 23. Juli 2009, 10:12 Uhr
Langsam steigt Bregond ab und bindet in aller Ruhe seinen Schimmel an einem Baum an. „ Wieso wundert mich das jetzt nicht“ flüstert er seinem Pferd zu und streicht ihm kurz durch die lange Mähne. „ Irgendwann versäuft er noch den jämmerlichen Rest von Hirn das er mal sein eigen nannte“ Merles, sein Apfelschimmel macht nicht den Eindruck als wenn ihn das Interessieren würde und so macht sich Bregond an seinen Satteltaschen zu schaffen und fördert einen Wasserschlauch hervor, den er erst vor kurzem mit Wasser gefüllt hatte. Sein Gesicht verzieht sich zu einer Grimasse als er grinsend zu Skor tritt und den kompletten Wasserschlauch über ihm leert. Unter Schnauben und Protestschreien springt er auf und schüttelt sich wie eine nasse Katze. „ Guten Morgen My Lord, haben wir angenehm geruht, darf ich ihnen das Frühstück bringen?“ Fragt der Elb mit leiser Stimme, in der allerdings Wut und einige Versprechen liegen.
Skor schaut sich schnell um und leckt sich die Lippen „ Oh Herr Bregond, wie gut das ihr mich gefunden habt. Ich dachte schon ich sei dem Untergang geweiht in dieser grünen Hölle hier. Ihr glaubt gar nicht was mir passiert ist!“ sagt er schnell und ringt dabei seine Hände wie jemand der versucht hartnäckigen Schmutz ab zu waschen. „ Ihr fragt euch sicher wie es zu diesem Missgeschick kommen konnte, und ich muss euch sagen Herr ich würde mir diese Frage auch stellen, wenn ich in eurer Haut stecken würde.“ Wieder schaut er sich um und sucht verzweifelt nach einer Ausrede. „ Wölfe… Herr! Riesige Wölfe mit feuerroten Augen, wollten diese treuen Pferde wohl zum Mittagessen haben Herr! Aber der gute Skor hat sie vertrieben, jawohl! Allerdings haben die armen Tiere die nerven verloren und ich hatte ja genug damit zu tun die Bestien ab zu wehren, naja was soll ich sagen. Mir gingen die Pferde durch und als dann diese gemeingefährliche Wurzel da hinten unseren Weg kreuzten war es um die Deichsel geschehen. Zum Glück konnte ich unter Einsatz meines eigenen Lebens das Höllenwolfsrudel vertreiben und eure kostbare Fracht retten. Danach war ich so erschöpft das ich mir erstmal etwas Medizin verordnet habe, und da muss ich wohl kurz eingenickt sein, als ich auf eure Ankunft gewartet habe.“ Skor setzt ein entschuldigendes Grinsen auf.

Der Elb versucht ein schmunzeln zu unterdrücken, während er sich dieses Ammenmärchen anhört, als Skor endet mustert er ihn noch einen Augenblick, dann antwortet er: „ Na da kann ich ja von Glück sagen das ich einen Wolfsbann als Gehilfen habe, nicht?“ er legt Skor eine Hand auf die Schulter „ Na dann machen wir uns mal an die Arbeit, nicht das die Höllenwölfe wieder kommen und wir stehen immer noch hier herum. Schlag ein Lager auf und spann die Tiere aus. Binde sie aber gut fest, hörst du! Wenn du soweit bist mach uns etwas zu Essen, du solltest bei Kräften bleiben wenn du weiterhin für meinen Schutz sorgen willst. Ich kümmere mich in der Zeit um den Wagen und die gebrochene Deichsel.“
Skor schaut ihn mit großen Augen an, er hätte nicht gedacht das der Elb seine Geschichte schluckt. Er nickt nur und macht sich eilig daran die Pferde aus zu spannen und zu versorgen. Kurze Zeit später stehen alle drei Pferde mit Futterbeuteln angebunden da, ein kleines Lagerfeuer prasselt vergnügt in einem Steinring und Skor rührt in einer Pfanne aus schwarzem Gusseisen eine große Portion roter Bohnen und Schweinefleisch.
Bregond selber grinst immer noch und flüstert vor sich hin während er die Deichsel bearbeitet „ Höllewölfe…. Skor du bist echt ein sehr schlechter Lügner“ Er würde keine neue Deichsel herstellen können, dafür hatte er nicht das Werkzeug dabei und er wollte Skor auch nicht noch eine Nacht alleine lassen, mit den Höllenwölfen! Talyra lag zwar nur einen Tag weit entfernt, aber das Risiko war Bregond zu hoch, also musste die Notlösung den Rest des Weges halten. Die Nacht würden sie noch hier verbringen und morgen dann in Talyra ankommen, auf einen Tag kam es nun auch nicht mehr an. Grinsend schüttelt er den Kopf, als er zu Skor sieht „ Na wenn das dein Vater wüsste, was Skor? Sein Sohn! Bezwinger der Höllenwölfe vom Larisgrün!“

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Bregond am 25. Juli 2009, 16:39 Uhr
In der Nacht hatte es geregnet, und nun in den Morgenstunden stieg Nebel vom nassen Waldboden auf, tauchte die Umgebung in ein mystisches Spektrum aus grün und braun. Skor versucht ein Feuer fürs Frühstück zu entfachen, was mit feuchtem Holz alles andere als leicht ist. Am Abend hatte er es versäumt Brennholz zu sammeln, schließlich konnte er es ja immer noch am nächsten morgen machen, so dachte er. Schließlich waren sie ja in einem Wald, da sollte Brennholz wohl kein Problem sein. Nun fluchte er still vor sich hin und schaffte es nach einiger Zeit ein stark qualmendes Feuer zu entzünden.
Etwas abseits kümmert sich Bregond um die Pferde, reibt sie trocken und gibt ihnen Wasser. Schmunzelnd beobachtet er Skor bei seinen Versuchen mit dem Feuer. Selber Schuld, vielleicht denkt er bei einem kalten Frühstück eher an seine Pflichten und rechnet auch bei Sonnenschein mit Regen  Er selber hatte bis spät in die Nacht gearbeitet um den Wagen wieder Fahrtüchtig zu bekommen und er verspürt eine immer stärkende Unruhe in sich. Bald würde er Talyra wieder sehen, mit seinen mächtigen Mauern, seinen Märkten und vielfältigen Geschäften. Doch diesmal würde er durch das Stadttor kommen und sich nicht über eine Mauer in die Stadt schleichen. Wie würden die Bewohner der Stadt reagieren, würde er überhaupt zur Kenntnis genommen oder war er diesmal nur einer von vielen Fremden die jedes Jahr durch die Stadttore zogen. Die Zeit würde es zeigen, er hatte sich abgewöhnt sich im Vorfeld zu viele Gedanken zu machen, es war Zeit die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen.
Nach einem schnellen und kaltem Frühstück, denn das Feuer war wieder ausgegangen, machten sich die beiden Unterschiedlichen Männer langsam auf den Weg. Durch den Regen war die Straße aufgeweicht und der Wagen rollte nur langsam und holpernd, aber sie kamen voran. Und so erblickten sie am späten Nachmittag die Tore der Stadt.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Sonera am 14. Sept. 2009, 18:41 Uhr
Sonera geht auf dem sogenannten Kreuzweg, es wurde ihr zumindest gesagt, dass dieser Weg so hieß. Lange war sie durch einen Wald gelaufen und hatte niemanden gesehen bis sie durch das Unterholz brach und den Weg wieder fand. Dort war sie auf eine kleine Gruppe von Bauern mit zwei Gespannen gestoßen, die aber in die andere Richtung mussten.
Nun ist sie froh den Weg gefunden zu haben, auch wenn sie dabei Zeit einbüßen musste. Eigentlich ist Sonera einen Umweg gelaufen, aber so konnte sie die Natur genießen bis sie nun wieder in das turbulente Leben einer Stätdterin muss.
Als sie nun so nachdenkt, ist es garnicht schlecht alleine zu sein, niemand kann ihr weh tun, jedoch empfindet sie es auch bedrückend niemanden zu haben. Von ihrer Pflegefamilie hatte Sonera nur mit genommen, dass man auf der Hut sein musste und das immer und überall. So begegnet sie auch den Menschen und Wesen um sie herum, immer im Hinterkopf ob diese ihr gefährlich werden können oder nicht.
Sonera schlendert den Weg entlang als sie von hinten Hufgetrappel hört. Vorsorglich geht sie schonmal zur Seite und sieht dann nach hinten. Auf dem Pferd sitzt eine Frau die schon aus der Entfernung Macht ausströhmt und als sie an Sonera vorbei prescht, weiß sie, dass Talyra eine Stadt sein muss, in der Macht wichtig ist.
Wie immer schon grübelt Sonera sofort darüber nach, wie sie sich in der Stadt verhalten muss. An ihr ritten nun auch die Gefolgsleute der Lady vorbei und etwas langsamer folgt ein Karren mit Truhen und anderen wertvollen Gegenständen.
Ohne es zu merken bleibt Sonera einfach stehen und denkt fieberhaft nach. Wie muss sie auftreten? Der erste Eindruck zählt immer. Muss Sonera zeigen, das sie Geld hat? Eigentlich nicht, aber es ist wichtig zu zeigen, dass sie sich nicht alles gefallen lassen wird. Aber auch Geld kann irgendwie nicht schaden. Ihr Entschluss steht fest, erstmal muss sie unauffällig bleiben, sich ein Zimmer suchen und dann schauen wie sie an Geld kommt.
Vor Sonera liegt noch eine Kurve und als ein Tier über den Weg springt, schaut sie auf und läuft weiter. Hinter der Kurve kann sie schon in der Ferne die Stadt sehen. Da muss das Nordtor liegen von dem die Bauern erzählt haben.
Schnellen Schrittes läuft Sonera los und legt so die letzten Meter zurück.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Njucon am 03. Okt. 2009, 10:06 Uhr

Das schwarze Fell des Thunderländers dampft in der kühlen Morgenluft. Ruhig steht er da, schnaubt zufrieden und wartet auf die nächsten Zeichen seines Reiters. Doch sein Reiter scheint die Stelle gefunden zu haben, die er sucht. Er steigt ab, klopft seinem Tier lobend den Hals und lächelt geheimnisvoll.

Zunächst war er auf dem Weg geblieben, der das Larisgrün durchzieht und auf dem viele Bürger Talyras auf ihrem Weg in die Fremde sicher zu ihrem Ziel gelangen. Erst nach einer guten Strecke, die Luth im Galopp zurückgelegt hatte, nahm er von der Nordstraße abstand, bahnte sich seinen Weg quer ins Larisgrün und suchte nach einem geeigneten Platz. In den vergangenen Monden hatte er im Haus der Bücher genug Gelegenheit gehabt sich Karten des Larisgrün genau anzusehen. Anfangs wegen seiner Pflanzenkunde, die er nun seid einigen Monden nicht mehr benötigt, dann aus reinem Interesse an seiner Umgebung und der Suche nach neuen Zielen für einen Ausritt. Also sollte er sich gut genug auskennen, um sich nicht zu verirren. Im ist es sehr wichtig, das niemand ihn sieht oder mitbekommt, was er dort tut. Also achtet er genau darauf ob ihm jemand folgt.

Luth schnaubt und betrachtet seinen Herren neugierig. Dieser legt den Umhang ab, schnappt sich die mitgebrachte Ausrüstung und beginnt bei einem Baum zu Graben.

Stunden müssen vergangen sein, jedenfalls kommt es dem Albino so vor. Tatkräftig hat er begonnen „das Grab“ zu schaufeln, genoss die Ruhe in seinem Kopf, bis dann die Arbeit, die er nicht gewöhnt ist, immer schwerer wurde. Die mitgebrachte Schaufel wiegt seinem Gefühl nach nun viel zu viel als das sie jemals jemand heben könnte. Die Erde, die vom einsetzenden Regen zwar weich und locker ist, ähnelte einem undurchdringlichen Brei, einer klebrigen Masse. „Verflucht, verflucht sollst du sein!“, keucht Njucon und lehnt sich an den nächst gelegenen Baum. Seine Haare hängen im nass und strähnig ins Gesicht. Hier und da ist das weiße Haare und das bleiche Gesicht braun, schwarz vom Erdboden. „Ja, sollen sie alle verflucht sein!“ Grimmig schaut er auf das Loch, das ihm noch viel zu klein und flach erscheint für etwas ,was er ewig Begraben möchte. Immer noch regnet es und macht aus dem eigentlichen Grab ein lächerliches Schlammloch.
Doch es hilft alles nichts. Nass und dreckig bis auf die Knochen ist er ohnehin schon und sein Ergeiz lässt es nicht zu, das er einfach aufgibt! Njucon beißt die Zähne ärgerlich zusammen  Mühsam rappelt er sich auf, bindet seine langen Haare erneut nach hinten und verflucht den Tag, an dem er dieses verdammt Schwert an sich genommen hatte.
Doch nur wenige Schaufeln voll Erde schaffen es aus dem Loch. „Warum!“, fragt er sich selbst. Ja, warum ist er so kraftlos, so erschöpft, so müde? Wo ist die Lebensenergie hin, die er die letzten Wochen hatte ohne…

Als er die bittere Wahrheit erkennt, das was auf der Hand liegt, das weshalb ihn sein Vater schon von klein an nicht anerkennen wollte, neigt sich der Tag langsam dem Ende zu. Dicke Wolken verhängen den Himmel. Und auch wäre es ein strahlend schöner Tag gewesen, er hätte ihn nicht beachtet. Hätte der Sonne keine Beachtung geschenkt.
Erst jetzt in diesem Moment bemerkt er wie es in Wahrheit, um ihn bestellt ist, das was seine Augen zu schlitze werden lässt, als er nur mit Mühe auf Luth Rücken steigt, ist…
„Ilai hatte recht! Und sie hat es die ganze Zeit gewusst…Mißtstück!!!“, keucht er und reitet los.

Verbissen sieht er aus als er durch das Verder Tor reitet. Man könnte ihn glatt für einen heruntergekommenen Reisenden halten. Das weiße Hemd, nein seine gesamte Kleidung ist nass, dreckig und zeigt an einigen Stellen sogar Löcher oder Risse. Njucon ist tief in Gedanken. Gedanken darüber wie es nun weitergehen soll, denn eins ist klar. Er muss eine wichtige Entscheidung neu treffen! Njucon schaut starr und ernst auf irgendetwas in der ferne. Keine Person, auch kein Gebäude. Würde sein Vater auf der Straße stehen, er würde mit großer Wahrscheinlichkeit durch ihn hindurch sehen und das nicht aus bewusster Ignoranz.

Luth trägt seinen nicht gerade freundlich dreinblickenden Herren mit großen ruhigen Schritten über den Marktplatz und steuert die goldene Harfe an.

---> Auf der Straße nahe der goldenen Harfe

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 21. Jan. 2010, 17:42 Uhr
<---   die goldene Harfe

Am Tag nach dem Julfest
22. Langschnee 509 d5Z


Inzwischen haben Shunj’anar und Yasraena die Stadt hinter sich gelassen und das Larisgrün erreicht. Eine weiße Schneedecke überzieht die Wiesen und auch die kahlen Bäume sind weiß bedeckt. Die verschneite Natur bietet ein Bild, welches schöner nicht sein könnte. Hier und da sieht Yasraena vereinzelte Vögel, welche hier überwintern und nach Nahrung suchen. Shunj’anars Hufe hinterlassen Spuren auf den verschneiten Wegen. Hier und da erblickt Yasraena auch andere Spuren, dort scheint es als wäre ein Karren durchgezogen worden und hier scheint ein anderer Reiter lang gekommen zu sein. Doch genaueres vermag sie nicht zu sagen. Zudem interessiert sie sich kaum für die Spuren sondern erfreut sich viel mehr an der weißen Landschaft.

Während sie weiter den Wegen folgt, wird der Hengst zunehmend unruhiger. Zu lange konnte er nicht rennen und das macht sich nun nur all zu deutlich bemerkbar. Schon bald hat Yasraena kaum noch Zeit dafür, die schöne Aussicht zu genießen, sondern ist vielmehr damit beschäftigt ihr Temperamentbündel zurückzuhalten, was sich als zunehmend schwerer erweist. Irgendwann gibt sie es auf, und lässt ihn laufen. Ihr ist zwar ob des Wetters Angst und Bang, dass er sich verletzen könnte, aber schließlich ist der Schwarze nicht aus Zucker und sie ist ihn länger nicht geritten, so das er diese Bewegung einfach braucht.

Sobald Yasraena die Zügel etwas lockert, wird der Hengst auch schon schneller und als ihm aufgeht, dass er diesmal nicht länger zurückgehalten wird, geht er in einen schnellen Trab über um kurz darauf in den Galopp zu wechseln. Obgleich Yasraena weiß, dass es eine schlechte Idee ist, lässt sie ihn gewähren, sowohl ihm als auch ihr wird die Bewegung sehr gut tun und so ist es auch. Während das Feuerblutpferd seinem Rassenamen alle Ehre macht, kann Yasraena ein kurzes Aufjauchzen nicht unterdrücken. Doch so schön der Adrenalinrausch auch ist, der sie erfüllt, während sie schneeaufwirbelnd auf dem Rücken des schwarzen Blitzes durch die weiße Welt jagt, so siegt nach einem kurzen Austoben die Vernunft und sie zügelt ihren Hengst zu einem langsameren Tempo. Shunj’anar pariert zwar einwandfrei, dennoch ist ihm deutlich anzumerken, dass er noch viel länger rennen will. Jedoch scheint er sich dem Urteil seiner Reiterin diesmal anzuschließen, denn er versucht nicht mehr #zügiger zu werden, so dass Yasra trotz allem die Zügel etwas lockern kann.

So setzen sie ihren Weg fort, an kleinen und größeren Weggabelungen vorbei durch ds Larisgrün..

--->  Glyn-y-Defaid

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Yasraena am 03. März 2010, 12:34 Uhr
Am Tag nach dem Julfest


<--- Glyn-y-Defaid

Selbstredend ist es der Elbe Recht nicht alleine in Richtung Stadt zu reiten und so folgt sie der Lady de Winter hinaus zu den Ställen. Einer der Stallburschen hat die Pferde bereits gesattelt, aufgezäumt und hinausgeführt, so dass die beiden Damen gleich aufbrechen können. Das Tier von der Lady de Winter ist in der Tat lediglich als Pony zu bezeichnen und obgleich sich Yasraena gut mit Pferderassen auskennt, mag sie nicht zu sagen, welche Rassen in dem braunweißen Schecken stecken könnten. Yasraena hat Schecken immer gemocht, wenngleich sie Rappschecken den Braun-weißen stets vorziehen würde, ist die selbstbewusste Stute, die auch nicht gerade wenig Temperament vorzuweisen hat, eine kleine Schönheit, der bedauerlicherweise jedoch das Edle eines Feuerblutpferdes fehlt. Und während sie aufsitzen und den Hof hinter sich lassen, überlegt Yasraena noch, dass ihr nächstes Pferd ganz gewiss ein Schecke wird. Schade nur, dass Culs stets einfarbig sind. und so wie ihr dieser Gedanke kam, hat sie auch schon eine weitere Idee. Was wäre wenn sie die Einnahmen von Shunj’anar sparen würde, um sich eine eigene kleine Zucht aufzubauen? Doch sie weiß, dass das Geld dafür nie und nimmer reichen würde. Sie bräuchte Land, einen Hof und selbstredend Stallungen und Weiden. Zudem müsste sie schon eine edle Scheckenstute ihr eigen nennen, wenn sie ihr Vorhaben umsetzen will. Vielleicht selbst zur Hälfte Cul. Leicht würde es nicht an ein solches Tier zu kommen, Es sei denn ich würde eines von Shunj’anars Fohlen erwerben. Doch was hätte ich davon? Ich bräuchte für dieses einen neuen Cul-Deckhengst. Und so verwirft Yasraena den Gedanken vorerst wieder, wenn sich auch der Wunsch nach einer Cul-Mischlings-Rappscheckenstute in ihre Gedanken eingenistet hat und sich von dort so schnell nicht wieder vertreiben lässt.

Inzwischen sind die beiden Damen hintereinander reitend ein ganzes Stück ins Larisgrün vorgedrungen und es wird zunehmend dunkler. Yasraena wirft einen Blick über die Schulter zu Lady de Winter, welche ihr dicht folgt: „Vielleicht sollten wir uns ein wenig beeilen?“ fragt sie die Halbelbe und als diese zustimmt, treibt Yasraena ihren Hengst zu einem zügigen Trab an. Dieser scheint sichtlich erfreut darüber, dass es endlich vorwärts geht und obgleich er den Nachmittag in einem schönen warmen Stall auf Glyn-y-Defaid verbracht hat, scheint der Heimatstall zu locken und so muss Yasraena ihn immer wieder etwas zügeln, damit er nicht seinem Bewegungsdrang folgend in den Galopp wechselt.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Aurian am 12. März 2010, 10:14 Uhr
~ Am Tag nach dem Julfest ~

Das Schneetreiben wird immer dichter und so beeilen sich die beiden Frauen die Stadt zu erreichen. Auf Grund der Kälte ist die weiße Pracht leicht und flockig und es ist keine Gefahr, dass der Weg darunter eisig wäre. So können sie etwas flotter reiten, da keine Gefahr besteht, dass die Pferde ausrutschen könnten. Dikta nimmt das Angebot, etwas schneller zu werden, nur zu gern an und trabt munter den Waldweg zur großen Südstrasse entlang. Aurian hat sich fest in ihren Schall gemummt und ein Blick über ihre Schulter sagt ihr, dass auch ihre Begleiterin sich fest eingepackt hat. Apfelgribs hat sich in eine der Satteltaschen, die die Magierin immer mithat, wenn sie in Begleitung des Irrlichts ist, verkrochen. Obwohl es auch in Schal und Mützchen gehüllt ist und zudem eine kleine, aber warme Decke um den kleinen Körper gewickelt hat, bibert es vor sich hin. >Böses Kaltwetter! Mag ich nich‘! < raunzt es. „Wir sind bald zu Hause!“ tröstet Aurian ihre Freundin und tatsächlich, in der Ferne ist im letzten Tageslicht bereits Talyra zu erkennen. Mittlerweile haben die beiden Frauen die große Südstrasse erreicht. Um diese Tageszeit ist dort kaum noch jemand unterwegs und so kommen sie auch hier rasch voran. Beiden ist zu kalt für eine Unterhaltung doch die Stille ist nicht unangenehm. Am Händlertor zügeln sie ihre Pferde und legen die letzten Meter im Schritt zurück. Ein dick vermummter Blaumantel – Aurian beneidet den Ärmsten nicht darum, heute Nacht Dienst zu tun – tritt aus dem Wachhäuschen zu ihnen. „Guten Abend Fenwart! Grausig kalte Nacht heute!“ Ihr Atem bildet kleine weiße Wölkchen. Der Blaumantel nickt. „Guten Abend Mistress de Winter, “ grüßt er förmlich, so wie meist wenn Arian sich in Gesellschaft Fremder befindet. An Yasraena gewannt nickt er >Mistress…<. „Ich hoffe ihr habt einen ruhigen Dienst“, erwidert Aurian, ehe sie durch das Händlertor in die Stadt reiten.

--> Anwesen de Winter

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Olyvar von Tarascon am 31. März 2011, 20:29 Uhr
In den letzten Taumondtagen 511



Koira wittert sie zuerst. Da die Stunde vor der Dämmerung immer die schwärzeste ist, ist es stockdunkel im Larisgrün, und so spürt Olyvar nur, wie die Hündin neben ihm plötzlich den Kopf hebt und die Ohren spitzt. Er legt Koira die Hand auf den Hals und fühlt, wie sich das dichte, kurze Fell warnend sträubt. Inzwischen drei Jahre alt und fast ebenso lang bei ihnen, sind die große, massige Hündin und er längst so gut aufeinander eingespielt, dass er gar nicht bewusst "Gefahr" denkt, sondern gleich die andere Hand an den Hirschfänger in seinem Waffengurt legt und reglos verharrt, atmet und lauscht. Im Wald ist jedoch kein Laut zu hören, jedenfalls nicht für seine Ohren. Bis zum Morgengrauen ist es noch eine ganze Weile und die Luft ist so still wie in einem Tempel, während der Nebel langsam wie Weihrauch vom Boden aufsteigt. Koira knurrt, ein leises, anhaltendes Grollen, das Olyvar kaum hören, aber gut spüren kann, weil sein Arm die Vibrationen des mächtigen Hundeleibes weiterleitet und jeden Nerv seines eigenen Körpers in Alarmbereitschaft versetzt. Er hatte in dieser Nacht einfach keinen Schlaf gefunden, und bevor er mit seiner Unruhe noch Diantha geweckt hätte, war er mit der Hündin kurz nach Mitternacht zum Jagen aufgebrochen. Hier, unweit seines besonderen, verborgenen Tales mit dem einsamen, gesichtslosen Herzbaum am Rand des dunklen Felsenteiches, hatte er Rast gemacht, um noch eine Weile allein zu sein und seine Gedanken zu ordnen, vertieft in ein stummes Zwiegespräch mit den Göttern und dem Schicksal… oder wem auch immer. Seine Jagdbeute, ein Wildschweinjährling vom vergangenen Frühjahr, baumelt ausgeweidet über dem Stamm einer umgestürzten Goldbirke hinter ihm. Obwohl nichts zu hören oder zu sehen ist, bleibt Koiras Ausdruck  unverändert angespannt, und mit der Wachsamkeit der Hündin ist auch seine eigene Ruhe und Gedankenversunkenheit dahin. Es ist eine dunkle Nacht, weder Mond, noch Sterne sind zu sehen, und Olyvar kann gerade so eben die Umrisse der Bäume um sich her ausmachen, sonst jedoch nichts. Dann hört auch er, was die Hündin aufgeschreckt hatte – etwas, nein, jemand, zieht vorüber. Entweder etwas großes oder viele. Die Geräusche sind ein gutes Stück entfernt, vermutlich auf dem breiten Waldpfad zur Straße, doch sie kommen mit jedem Herzschlag näher. Olyvar steht auf, legt sich den Wildschweinkadaver über den Rücken und zieht sich leise in die blicklose Schwärze am Fuß einer mächtigen Kastanie mit ausladender Krone zurück. Koira folgt ihm, lautlos wie ein Wolf. Von seinem Standort aus kann er den Waldpfad gut überblicken, oder könnte es, wenn er mehr sehen würde, und die Männer, die sich dort nähern, sind nicht auf der Jagd. Es sind überhaupt keine Jäger. Und auch keine Späher. Noch nicht einmal Talyrer, sondern Fremde. Olyvar kann sie kaum erkennen, doch das braucht er auch nicht, denn was er hören und riechen kann, verrät ihm genug. Er hört Wortfetzen in der Allgemeinsprache, doch mit fremdem Akzent, hört wie Knöpfe und Schnallen klirren, Pfeile in Köchern klappern, Waffengurte und Ketten klingeln. Eine ganze Menge Fremder. Er schließt die Augen und beugt sich ein wenig vor, um mehr Gerüche einzufangen. Sie tragen Pelze bei sich, er riecht getrocknetes Blut und kaltes Fell.

Wilderer? Nein, Wilderer sind für gewöhnlich einzeln oder zu zweit unterwegs. Trotzdem haben sie gewildert, und das wird weder Niniane noch Daumengrün gefallen. Und mir gefällt es auch nicht. Sie müssen lange unterwegs gewesen sein, ohne den Luxus eines Gasthauses oder einer Herberge an der Straße genossen zu haben, denn sie stinken nach mondealtem Schweiß und Dreck, aber darüberhinaus riechen sie nicht nach Hunger, nur nach Branntwein. Und nach einer gewissen Selbstsicherheit. Die Männer – es ist nicht eine Frau bei ihnen -  ziehen vielleicht vier, höchstens fünf Schritt von der Stelle entfernt, an der er steht, vorüber und nicht einer von ihnen sieht oder hört ihn, denn sie machen zu viel Lärm. Koira prustet warnend, doch Olyvar krallt der Hündin die Hand ins Nackenfell und schüttelt den Kopf. Er zählt die vorüberziehenden Schritte, die gluckernden Wasserschläuche, die klackernden, leichten Armbrüste an den Waffengurten, lauscht dem prahlerischen, unfreundlichen Gerede ihrer Anführer und dem Genörgel der Erschöpften, das ständig am Rand des Jammerns zu sein scheint, und kommt auf etwa zwanzig Mann. Wohl kaum eine verfrühte Inarifestgesellschaft… Die Fremden lärmen vorbei und davon, ohne irgendetwas von ihm zu bemerken oder auch nur Verdacht zu schöpfen, und Olyvar nimmt sich vor, die Torwachen nach ihnen zu fragen, wenn er in die Stadt zurückkäme. Außerdem sollte ich Niniane eine Nachricht schicken und sie nach Wilderern fragen. Sollten die Kerle auf Varin und seine Männer an den Stadttoren einen ebenso zwielichtigen Eindruck machen, wie auf ihn gerade, würden sie ohnehin keinen Einlass erhalten. Vielleicht ziehen sie ja auch weiter. Hmm… möglich, aber unwahrscheinlich. Irgendetwas seltsames ist an diesen Fremden, das ihm nicht gefallen will, aber andererseits ist es schließlich nicht verboten, des nachts durchs Larisgrün zu ziehen, nach Schweiß und Branntwein zu stinken, oder  zu ungastlichster Stunde nach Talyra zu reisen. Und die gewilderten Pelze… nun, möglicherweise hatten sie einfach nur Hunger, sind mit den hiesigen Gesetzen nicht vertraut und gewillt das Bußgeld zu bezahlen. Möglich, aber unwahrscheinlich. "Hmpf." Der Wald hat die Fremden mittlerweile wieder verschluckt und die Stille der Nacht ist zurückgekehrt. Koira schießt los und schnüffelt den Pfad unter ihnen sorgfältig nach den Gerüchen ab, die die Männer zurückgelassen hatten, sobald Olyvar der Hündin erlaubt, von seiner Seite zu weichen.

"Na komm, mein Mädchen. Gehen wir nach Hause." Um seltsame Fremde kann er sich immer noch den Kopf zerbrechen, wenn sie tatsächlich in Talyra sind und dort Ärger machen. Olyvar rückt das Wildschwein auf seinem Rücken zurecht und macht sich an den Abstieg den Hang hinunter. Es ist endlich Frühling geworden und die langen, trostlosen Wochen des Winters hatten sich gegen Ende des Eisfrostmonds endlich in Schmelzwasser und Tauwetter aufgelöst. Der am Mart - oder Taumond - hatte die ersten wärmenden Sonnenstrahlen und milde Luft gebracht, die süße Frische fruchtbarer Erde und knospender Blätter, und außerdem ganze Heerscharen von vor Liebe völlig trunkener Singvögel. Nachts ist es immer noch kalt und manchmal überzieht morgens noch eine dünne Reifschicht die Wiesen und Felder rund um die Stadt, doch die Macht des Winters ist endgültig gebrochen und die Kälte, die jetzt noch herrscht ist eine, die das Blut prickeln und warme Körper einander suchen lässt, um miteinander zu verschmelzen. Dieser Gedanke beschwört unvermittelt das Bild seiner schlafenden Frau herauf, die gerade jetzt halbnackt zwischen den Pelzdecken in ihrem Bett liegt und träumt. Die Vorstellung ihres schlanken Körpers mit seinen weichen Rundungen und Kurven und all den kleinen, geheimen Stellen, die nur er kennt, lässt sein Herz prompt schneller schlagen. Er denkt an ihr Haar, noch immer heller als Honig und dunkler als Weizen, das in schweren, weichen Locken auf den Kissen ausgebreitet liegt, an seinen Duft nach Sommerblumen und an ihre weiße Haut, fast überall gesprenkelt wie ein Kuckucksei mit winzigen Tupfern aus Bronze, Zimt und Gold. Die aufsteigenden Bilder wecken augenblicklich eine Unruhe ganz anderer Art in seinem Inneren und seine Schritte nach Hause beschleunigen sich ganz von selbst, was ihn leise belustigt schnauben (aber keinen Deut langsamer werden) lässt. Was die Seinen angeht, war es ein gutes Jahr gewesen, ein ruhiges Jahr. Die Kinder waren alle drei gediehen und gewachsen wie Unkraut, und schon jetzt ist abzusehen, dass Njáll einmal sehr groß werden würde, denn er überragt alle anderen Gleichaltrigen in der Steinfaust schon um mehr als eine Handbreit. Conn und Fianryn waren im vergangenen Herbst sechs geworden und gingen nun jeden Tag für ein paar Stunden mit den Pagen, Knappen und ganz jungen Rekruten in die Halle der Skriptoren, um dort von Rhordri und seinen Helfern unterrichtet zu werden. Ihre ersten krakeligen Buchstaben konnten sie schon auf Wachstafeln kritzeln, sie hatten gelernt zu zählen, ihre Namen zu schreiben und begannen mit den ersten, einfachen Rechenaufgaben. Und Diantha und er… nun, sie hatte vor ein paar Tagen aufgehört die Kräuter einzunehmen, die eine weitere Schwangerschaft verhindern würden, vielleicht würden sie also in ein paar Monden eine neue Tochter haben. Der Gedanke daran zementiert ein geradezu albern glückliches Grinsen in seine Mundwinkel, aber allen Göttern sei Dank ist es höchst unwahrscheinlich, dass ihn hier mitten in der Nacht und im Stockfinsteren jemand damit sieht.  

Auch in der Stadt und im Umland hatte das vergangene Jahr einige Veränderungen mit sich gebracht, doch was drohende Gefahren und sonstige Unglücke größerer Art angeht, war alles ruhig, beinahe gemächlich geblieben. Es war kein überragendes Jahr gewesen, was das Wetter, die Ernten, die Einnahmen der Stadt oder die üblichen Festlichkeiten betrifft, aber gemessen an der jüngeren Vergangenheit Talyras mit Nargenkriegen, Kanalrattenaufständen, Dämonenüberfällen und irren elbischen Nekromanten, war es geradezu langweilig verlaufen. Nicht lange nach Aurians denkwürdigem Blumenball im Grünglanzmond war Thrandar, Vorsteher des Anukistempels und Vertreter der Priesterschaft im Stadtrat, unerwartet gestorben – auf dem Abtritt, wie es schien, wo man ihn morgens steif und kalt gefunden hatte. Einen Siebentag später war er nach angemessener Totenwache mit allen Ehren und großem Zeremoniell auf dem Sithechhain bestattet worden, und überall in Talyra hatte schwarzgraue Trauerbeflaggung im sachten Wind geweht. Der vakante Ratsposten ist noch nicht neu besetzt, doch in den vergangenen Sitzungen hatte er die einen oder anderen immer wieder Arúens Namen flüstern hören. Er kann unmöglich sagen, ob der Rat sich im kommenden Frühling tatsächlich für die Elbin und Anukishohepriesterin entscheiden würde oder nicht, aber immerhin ist die alte Giftspritze Tallard neuerdings zahm wie ein Kätzchen und mit gänzlich anderen Dingen als Unruhe stiften beschäftigt. Das alte Wiesel hatte im letzten Sommer wieder geheiratet… zum achten oder neunten Mal. Die bestimmt furchtbar glückliche Braut ist die Tochter eines kleinen, aber reichen Weinlords aus den Nebrinôrthares und noch so jung, dass sie auch Tallards Urenkelin hätte sein können. Zu Beginn des Sonnenthron war sie auf einem mit Weinranken, Hopfenreben und Blumen geschmückten Schiff in Talyra angekommen und zwei Tage später bleich wie der Tod, aber sehr gefasst, neben ihrem hinkenden, gichtkranken Gemahl in den Inaritempel geschritten. Während des Ehegelübdes hatte Tallard einen solchen Hustenanfall bekommen, dass die Hälfte der Hochzeitsgesellschaft insgeheim schon befürchtet hatte, er würde auf der Stelle das Zeitliche segnen, noch bevor er sein "Ja, ich will" hatte krächzen können, aber den Gefallen hatte er niemandem getan. Die Braut hatte nicht eine Träne vergossen, aber Olyvar hatte noch nie eine unglücklichere junge Frau gesehen, als dieses Mädchen an seinem Hochzeitstag.

Das Sommerfest im Beerenreif hatte ohne ein großes Turnier oder einen Buhurt stattgefunden, aber dafür mit dem traditionellen Bardenwettstreit in der Harfe und dem Shenrahpferderennen rund um die Stadtmauern, das eine junge Elbin mit einem schwarzen Culpferd gewonnen hatte. Die Unruhen in Talyra, die stets mit dem Sommerfest einhergehen, fielen dank fehlender Heerscharen fremder Ritter und Söldner in der Stadt den Göttern sei Dank vergleichsweise bescheiden aus ... mehr als ein paar Betrunkene zum Ausnüchtern, ein paar mordlüsterne Kurtisanen, ein halbes Dutzend Raufbolde und den ein oder anderen Taschendieb hatten die Blaumäntel nicht festsetzen müssen. Es hatte nur wenige Messerstechereien und auch nur ein einziges Schwertduell gegeben, aber dafür eine saftige Prügelei in der Harfe, bei der Borgils halbe Inneneinrichtung draufgegangen war. Immerhin hatte es dabei nur drei Tote gegeben und der Zwerg hatte laut eigener Aussage "einen Mordsspaß gehabt". Der Herbst war – ganz im Gegensatz zu den letzten schlechten Jahren mit Dauerregen und Missernten -  endlich und zur Zufriedenheit aller einmal wieder schön und golden ins Land gezogen. Die Bauern im talyrischen Umland hatten gute Ernten eingefahren, die Kürbisse waren dick wie Bierfässer geworden und die Feuermelonen so groß und rund wie Wagenräder, was ihnen ein reiches Erntedank beschert und sämtliche Amitari Tempel gutes Silber in die Opferschalen gespült hatte. Der Winter war dann allerdings ungewöhnlich früh und heftig über die Herzlande hereingebrochen. Bereits Anfang des Nebelmondes hatte es begonnen zu schneien und bitteren Frost gegeben. Nur wenige Wochen später hatten sich rund um die Stadt und in Talyra selbst schon schritthoch weiße Schneemassen getürmt, so dass sie überhaupt nicht mehr wussten, wohin damit und die weiter entfernt gelegenen Dörfer im Umland tagelang von der Außenwelt abgeschnitten waren. Die Handelsstraßen waren unpassierbar geworden und ganze Horden rotnasiger, schlotternder Blaumäntel in dicken Winterumhängen und hohen Schaftstiefeln waren wochenlang mit nichts anderem beschäftigt, als wenigstens die großen Straßen für Passanten und Fuhrwerke freizuschaufeln, den Schnee von einsturzgefährdeten Dächern zu schaffen, Feuerholz, Suppe, Brot und warme Decken an die Ärmsten der Armen zu verteilen und irgendwie neben her noch ihren üblichen Dienst zu versehen. Dann, am Nachjul, dem Tag nach der Wintersonnenwende, hatte überraschend Tauwetter eingesetzt und den ganzen Silberweiß über angehalten, so dass es allerorts schwere Überschwemmungen gegeben hatte. Der Llarelon, sonst ein gurgelndes kleines Flüsschen war zu einem reißenden, schlammigen Strom geworden, der die tiefer gelegenen Teile des Handwerkerviertels, das Gerberviertel und den Fliegengrund überschwemmt, und zahllose Häuser unter Wasser gesetzt hatte. Acht Menschen und ein Mogbar waren ertrunken, vier Brücken und ein halbes Dutzend Schuppen fortgerissen worden und kaum war das Hochwasser zurückgegangen und hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen, waren die klirrende Kälte und der Schnee zurückgekehrt. Nein, das Ende des Winters war wirklich kein Honigschlecken dieses Jahr.

Doch so lange der Winter gebraucht hatte, um sich aus den Herzlanden zurückzuziehen, so rasch wurde es im Taumond warm. In den hügeligen Waldladen rund um die Stadt hing der Frühjahrsnebel wochenlang wie Pfeifenrauch in einer Taverne, doch darüber war der Himmel schon von so strahlendem Blau, dass einem die Augen schmerzten, wenn man hineinsah, und bis auf ein paar Federwolken hin und wieder blieb er blank und leer. Der Schlamm, den der schmelzende Schnee und das Tauwetter überall hinterlassen hatten, war getrocknet und die Waldpfade und Wege rund um die Stadt zu aufgesprungenen Krusten geworden, die von Hufen, Stiefeln und Wagenrädern zu Staub zermalmt wurden. Regen würde gar nicht schaden. Olyvar erreicht die Straße und hält einen Moment inne, um die sperrige und wenig kooperative Last auf seinem Rücken zurechtzuschieben. Auf einem flachen Hügel zu seiner Rechten erhebt sich der alte Steinkreis, ein Ring verwitterter, uralter Felsblöcke voller Moos und Flechten, die im Sommer fast völlig im hohen Gras verschwinden, jetzt aber noch gut zu sehen sind. Die Dämmerung ist mittlerweile nicht mehr fern, die Schwärze der Nacht schon dem nebligen Zwielicht gewichen, das alles farb- und substanzlos werden lässt, selbst die Schatten. Für einen Augenblick setzt er seine Beute ab und streckt sich, langsam und ausgiebig. Er spürt wie seine Rückenmuskeln an seinen Knochen ziehen, jeder einzelne lebendig, real und beruhigend stark. Dann späht er hinter sich in die graue Dämmerwelt und pfeift leise nach Koira, die in der Nähe in einem noch kahlen Brombeergebüsch irgendeinen höchst interessanten Geruch aufgetan hat und nun dort lautstark herumfuhrwerkt. Es dauert nur einen Herzschlag, bis sie hechelnd an seiner Seite erscheint und sich an seinem Bein reibt, nicht anders als Katze es tun würde. "Braves Mädchen", lobt er leise. "Heute jagen wir keine Kaninchen." Beim Wort "Kaninchen" blickt die Hündin sich mit einem leisen Whuff! um und Olyvar schüttelt nachsichtig den Kopf. "Nein. Wir gehen jetzt nach Hause. Wenn wir uns beeilen, kommen wir gerade recht zum Frühstück, aye?"  

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 31. Juli 2011, 12:29 Uhr
Ein schwarzer Schatten stürmt durchs Larisgrün, vorbei an den riesigen, schattenspenden Baumriesen, an Farnen und Büschen. Manchmal auch mitten durch ein solches FarnenGewächs hindurch. Vögel flattern auf, stoßen Alarmrufe aus, woraufhin das grade eben noch friedlich äsende Rotwild ebenfalls alamiert losstürmt.
Den schwarzen Schatten stört das nicht im geringsten,  er stürmt weiter durch den Wald, durch einen handbreit hohen Bach.

Ein Druidenlehrling, der zufällig in genau diesem Moment in einem Baum sitzt um Misteln zu schneiden, bemerkt diesen Schatten aus den Augenwinkeln, schafft es aber nicht genau zu erkennen, was da genau an ihm vorbei gestürmt ist..
Einen Moment lang ist Entsetzen in dem Lehrling. Wenn was auch immer so schnell an ihm vorbeistürmt, dann muss doch eine unglaubliche Gefahr in der Luft liegen…
Doch der Lehrling hält inne, horcht in sich und seine Umwelt… aber da ist nichts von Gefahr zu spüren… Gut, die Vögel sind alarmiert, aber sie beruhigen sich auch schon wieder.
>Nein, keine Gefahr. Ich spüre eher Lebensfreude… Unbändige Lebensfreude?<
Verwundert blickt der Lehrling dem Schatten hinterher.

Die Vermutung des Lehrlings stimmte vollkommen.
Es war pure Lebensfreude, die den schwarzen Schatten, einen großen Schattenwolf dazu antrieb durch das Larisgrün zu preschen.
In diesem Moment war es ihm egal dass er in seiner menschlichen Gestalt sehr viel Verantwortung trägt, Verantwortung für eine ganze Garde, für den Wald an sich, dass er sich um Probleme kümmern sollte… im Moment ist es ihm wirklich absolut egal.
Er freut sich seines Lebens, über seine Kraft, seinen Körper. Wie er leichtpfotig über Hindernisse springt, wie sich Muskeln und Sehnen zusammenziehen und wieder ausdehnen. Er freut sich über das Gefühl unter seinen Pfoten (war so ein Waldboden nicht etwas herrliches?), über die Gerüche die an seiner Nase kribbelten und eigentlich untersucht werden wollten.
Irgendwo, ganz tief in seinem Inneren, wusste der Wolf dass er mehr war. Dass er Warg war. Dass er als Zweibeiner den Namen „Kaney“ hatte. Dass er, wenn er diesen menschlichen Teil vergessen würde, für immer Wolf bleiben würde.
Aber auch das war ihm im Moment herzlich egal, während er mit heraushängender Zunge weiter durch den Wald rennt.
Irgendwann aber meldet sich dann doch Hunger in dem Magen des Wolfs.
Auch die Jagd erfüllt ihn mit Freude. Sein Können gegen die Fähigkeiten eines Beutetieres. Sein Hunger gegen den Überlebenswillen eines anderen Lebenswesens.
Zwar könnte er auch einfach zurück zu seinem Heimatbau, (das war der Name für die Steinfaust, die der wölfische Teil dem Hauptsitz der Stadtwache gegeben hat) und sich dort an allerlei Speisen vollfressen… aber das war längst nicht so befriedigend.
Dieses Mal ist Kaney der Sieger. Er hat ein ganz junges Wildschwein erlegt, einen Nachzügler einer ganzen Rotte, ein unvorsichtiges Ding.
Seine Beute an einen etwas sicheren Ort ziehend läuft dem Schattenwolf der Speichel aus den Lefzen.
„Gutes Fressen, Gute Beute.“

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Ragna am 02. Aug. 2011, 04:50 Uhr
Ragna bemerkt vom Wasser aus, wie Lyall ihr zuwinkt und schwimmt wieder auf das Ufer zu. Emerald ist noch immer sicher in seinem Zimmer, auch wenn er dort sicher eine ganze Weile gejankt und gekratzt haben wird. Ragna hofft, dass er keine tiefen Furchen in die Holztür gekratzt hat, denn sie wüsste nicht, wie sie Aurian diese Tür ersetzen solle. Sie ist schlichtweg mittellos und den Sinn all der Münzen ist ihr zwar nicht länger unklar. Aber solange sie Kleidung, Essen und ein Dach überm Kopf hat, ehrlich gesagt herzlich gleich.
Mit kräftigen Schwimmbewegungen nähert sich Ragna den Ufer und als sie endlich wieder Steine unter den Schuhen spürt, steht sie auf und geht langsam an Land. Ihr langes Haar hängt ihr dabei schwer herab und Wassertropfen triefen ihr ins Gesicht. Ragna schüttelt kräftig den Kopf, so dass ihre nassen Haare durch die Luft geschleudert werden und ein Teil der Tropfen davonspritzen. Dann beugt sie sich in einer raschen fließenden Bewegung vor, ihre Haare fallen nach vorn über den Kopf und Ragna-Rana erhebt sich und so ruckartig und wirft den Kopf zurück, so dass ihre Haare wieder über die Schultern fliegen und nach hinten herab hängen. Eine hartnäckige Strähne klebt noch nass an ihrer Stirn und mit der Hand streicht die Jägerin diese ebenfalls zurück, ehe auch sie nach ihren Sachen greift und sie neben denen von Lyall für den Augenblick der Jagd zwischenlagert. Dass sie dort nackt neben Lyall steht, macht ihr nichts aus. Selbst Tatunca hatte sie in den Wäldern nackt gesehen, wenn sie Schwimmen waren oder sie sich verwandelt hat. Anfangs war auch ihr nicht möglich. Es bereitete ihr Unbehagen aber sie lernte schnell über ihren Schatten zu springen, denn dort auf den Inseln, schien es durchaus üblich, sich nur spärlich zu bedecken und Scheu vor Nacktheit schienen die dort heimischen Jäger nicht zu kennen. Umso erstaunter ist sie, als sich Lyall zurückzieht um sich zu verwandeln. Beinahe ist die Jägerin ein wenig enttäuscht, gerne hätte sie gesehen, wie so eine Verwandlung eigentlich für einen außenstehenden Betrachter aussieht. Was hatte Tatunca gesehen, wenn er sie verträumt betrachtet hat.
Ragna schaut sich um, aber außer ihr, die nun – ja auch ein Warg ist – scheint keiner mehr hier draußen und somit werden sie auch nicht beobachtet. Ragna macht sich gar nicht erst die Mühe sich zu verbergen und beginnt direkt mit der Verwandlung. Wie immer, sind die Schmerzen enorm und während sich ihre Knochen verformen, die Muskeln reißen, um sich an anderer Stelle neu zu verbinden und auch die Gelenke und Sehnen sich anpassen, denkt sie flüchtig an Tatunca und daran, dass er ihr diese Kräuter gab, welche für eine sehr kurze Dauer den Schmerz verstummen ließen. Ideal um sie vor der Wandlung zu nehmen und schmerzfrei durch diese Verwandlung zu gehen. Tatunca hatte ihr erklärt wie diese Kräuter heißen, aber er kannte selbstredend nur die Namen seiner Sprache, nicht jedoch die der Allgemeinsprache. Daher nützen Ragna-Rana diese Namen hier herzlich wenig. Aber die Namen von Kräutern werden nichtig. Die Gedanken werden schwächer und als sie noch wahrnimmt, dass ihr der Name eh nichts nützen würde, weil die Kräuter hier gar nicht wachsen (zumindest hat sie hier nie solche Kräuter und Pflanzen gesehen), verformt sich ihre Haut, strafft sich über ihren neugeformten Körper und das schneeweiße dichte Fell der Wölfin sprießt hervor.
Es ist geschafft der Schmerz verebbt, Gedanken schwinden, es gibt nur noch sie und ihre schwarze Wölfin, die sie endlich wiedergefunden hat. Frohlockung und Vorfreude breiten sich in ihr aus und der unwiderstehliche Drang mit ihrer neuen Freundin zu rennen, zu jagen und zu toben. Da taucht auch schon Lyall am Waldrand auf und sofort stürmt das weiße Tier auf ihre Freundin zu, bremst kurz vor ihr ab und schlägt spielerisch mit den Vorderpfoten nach ihr. Ehe sie, ebenfalls im Spiel zu Knurren beginnt und nach dem großen Tier schnappt und anschließend durch das Dickicht davon schießt. Lyall lässt sich nicht zweimal auffordern und schon hört Ragna wie Lyall ihr nachjagt.

Die schwarze Wölfin ist trotz ihrer Größe genauso schnell wie die Weiße und holt langsam aber sicher auf. Dann stürzt sich das schwarze Tier spielerisch auf Ragnas Seelenwölfin und beide wälzen sich spielerisch durch das weiche Moos. Eine kleine Balgerei beginnt und immer wieder jagen sie sich, springen über Stöcke und lassen im Rennen den Wind nur so durch ihr Fell sausen. Laub wirbelt auf, Stöcke Knacken unter ihren großen Pfoten und beiden Tieren ist die Freude sichtlich anzusehen. Das gemeinsame tollen scheint beiden Frauen mehr als gut zu tun, denn keine von Beiden hatte je etwas Vergleichbares erlebt. Sie waren immer die Einzigen gewesen und jetzt und hier, sind sie zwei – ein richtiges kleines Rudel und Ragna spürt wie sehr sie sich mit der anderen Wölfin verbunden fühlt und das obgleich sie sich doch erst so kurz kennen. Nachdem sie gemeinsam gerannt sind, fangen sie ein neues Spiel an. Lyall läuft im Wolfstrapp in eine Richtung und Ragna wartet eine Weile, ehe sie folgt. Mit der Nase dicht über dem Boden folgt sie den Spuren ihrer Gefährtin, ihres Rudels, ihrer Wolfsschwester im Geiste. Je näher sie kommt, desto aufmerksamer ist sie, bezüglich der Windrichtung, denn sie möchte sich nicht verraten und hofft Lyall zu überraschen oder gar erschrecken zu können.
Da, weit kann sie nicht mehr sein. Hinter dem Busch gleich, ja da ist sie!
Die weiße Wargin setzt zum Sprung an, doch ein Ast knackt verräterisch unter ihren Pfoten und schon wirbelt die Schwarze herum und beide Wölfe bilden abermals ein verspieltes Knäul und purzeln durch das Moos. Dann wechseln sie und Ragna eilt davon. Immer wieder springt sie über einen Strauch und ändert die Richtung, um Lyall das Spiel ebenso interessant zu gestalten, wie Lyall es ihr vorbereitet hat. Während sie durch das Unterholz trabt, hört sie plötzlich knackende und reißende Geräusche. Ragna war so auf das Spiel fixiert, dass sie kaum auf die Umgebung geachtet hat. Der Wind weht ungünstig und genau von ihr zu diesem Geräusch. Neugierig, hält sie inne, hebt den Kopf und spitzt die Ohren. Ihre Nase zuckt immer wieder in die Richtung der Geräusche, als sie plötzlich doch, eine ganz leichte Spur von Geruch wahrnimmt. Fressen
Sie riecht den wohlig leckeren verführerischen Geruch von Wildschwein. Langsam pirscht sich die Wölfin geduckt und mit flach gehaltenem Kopf näher. Ihr ganzer Körper bewegt sich nun geschmeidig und leise, wie es eine solch erfahrene Jägerin nur vermag. Auf ihren Reisen hat sie oftmals nur von Erjagtem gelebt und sehr oft hat sie in Wolfsgestalt gejagt. Sie weiß, wie man sich bewegt und schnell geht sie seitlich und macht einen Bogen, so dass die Windrichtung ihr nicht mehr länger ein Feind ist, dann pirscht sie sich langsam näher. Nun weht ihr der Wind direkt entgegen und der kräftige, würzige, schmackhafte Geruch von Wild treibt ihr direkt entgegen. Aber auch der Geruch eines anderen Jägers weht ihr zu. Ein fremder Geruch. Das weiße Tier pirscht noch näher heran, ehe sie einen Busch umrundet und freies Blickfeld hat. Mit dem Rücken zu ihr liegt ein schwarzer Wolf, ebenso imposant und riesig, wie es die Lyall-Wölfin ist, wenn nicht gar noch imposanter. Er liegt vor einem Wildschwein und reißt sich große Stücker heraus. Dann legt er sich nieder, hält sein Stück Fleisch mit den riesigen Wolfspranken fest und reißt mit den Zähnen Happen ab, die er nach kurzem Kauen gierig hinabschlingt.

Ragna-Wölfin hält in der Bewegung inne, eine Pfote hat sie dabei erhoben, ganz so, als wäre sie mitten im Schritt verharrt. Keine Bewegung geht durch Das weiße Tier. Gerne würde sie dem großen die Beute streitig machen, aber instinktiv weiß sie, dass der Riese  sie wohl kaum an seine Beute lassen wird. Aber vielleicht… Wenn er nur die besten Happen verschlungen und gesättigt ist, ja vielleicht, könnte sie dann versuchen etwas abzureißen und damit zu fliehen. Der Wolfs scheint jedenfalls so in sein Essen vertieft, dass er sie nicht wahrnimmt. Es ist auch kein Wunder, dass er sie nicht einmal bemerkt hat, als sie in Windrichtung zu ihm stand, denn seine ganze Schnauze ist klatschnass vom Blut seiner Beute. Vermutlich wird er nun, so nah an dem riesigen verführerischen Beutetier, auch gar nichts anderes wahrnehmen können. Ragna-Wölfin ist unschlüssig und von Lyall noch immer keine Spur. Zu zweit hätten sie ihn ganz gewiss verscheuchen können, aber dann schaltet Ragna-Wölfins Verstand aus und sie schießt vor packt knurrend das Wildschwein und versucht gierig ein Stück abzureißen und das möglichst noch ehe der erschrockene Wolf zu ihr herumwirbeln und sie packen kann.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 04. Aug. 2011, 14:46 Uhr
Immer die weiße Wölfin mit ihren Augen fixierend, hechtet die Schwarze ihr nach. Wie ein weißer Blitz rast Ragna durch die Bäume davon, schlägt Haken, um die jeder Kaninchen neidisch wäre und springt behände über mehrere Hindernisse.
Lyall lässt sich weiter zurückfallen und beschleunigt ihr rasantes Tempo nochmals. Sie will versuchen die weiße Wölfin zu überholen und sie dann aus dem Hinterhalt angreifen.
Schon jetzt sieht sie nicht mehr als einen Schemen durch die Bäume zu ihrer Linken huschen und vergrößert ihren Abstand nochmals, damit Ragna ihre trommelnden Schritte neben sich nicht hören kann.
Der Wind pfeift ihr nur so in den Ohren, dass es ein Spaß ist und reißt mit unsichtbaren Fingern an ihrem Nackenfell.
Ihr Herz hämmert in ihrer Brust und pumpt den roten Lebenssaft kraftvoll durch ihre Adern. Ihre Lungen atmen stetig und konstant, versorgen den mächtigen Körper mit der Luft, den ihre Muskeln brauchen um das Tempo aufrecht erhalten zu können.
Nach einer Weile nähert sie sich wieder der Laufbahn der weißen Wölfin, überrumpelt diese und beide purzeln im Laub übereinander. Knurrend und Schnappend bilden sie ein Knäuel aus Fell, Beinen und Zähnen. Dann trennen sie sich hechelnd voneinander.
Ragna scheint noch nicht genug zu haben und so trabt Lyall in das dichtere Unterholz hinein, damit die Wölfin sie suchen kann. Als sie sich sicher ist, dass Ragna sie nicht mehr hören kann, beschleunigt sie ihre Schritte und schlägt einen großen Bogen um den Standpunkt von Ragna. So würde sie sicher genug zu tun damit haben, der Fährte zu folgen.
Nochmals prüft die Wargin ihren Standpunkt, schnuppert in der Luft und scharrt hier und dort ein paar Blätter vom dunklen Boden des Waldes herunter, bevor sie sich im Kreis dreht und mit einem Grunzen niederlässt.
Während sie wartet beobachtet sie das Spiel der Blätter auf dem Waldboden, wie sie vom Wind tanzend über den Boden fegen.Gähnend hebt sie den Kopf, sieht sich um und schließt die Augen. Sicher würde sie die Wölfin hören, wenn diese wie ein Stier durch das Unterholz geprescht kam, nachdem sie Lyall entdeckt hat.

Einige Zeit vergeht und nirgends ist etwas von Ragna zu entdecken, kein Duft, kein Laut, nichts. Nicht einmal Fell, welches sich im Gestrüpp verfangen haben konnte, ist zu finden.
Dann keimt ein Gedanke im schweren schwarzen Kopf der Wölfin auf.
Ragna hat es ihr gleich getan! Sie wollte Lyall überraschen und hat sich nun ebenfalls auf eine neue Bahn begeben und wartete nun irgendwo im Dickicht, um sie zu überraschen.
Dies soll ihr nicht so einfach gelingen. Mehrere Male läuft Lyall im Kreis um ihre Verfolgerin zu verwirren und nochmals auf eine falsche Fährte zu bringen, bevor sie sich um Schatten der überhängenden Zweige einer alten windschiefen Birke niederlässt und aus ihrem Versteck heraus die Umgebung beobachtet.
Doch es tut sich nichts. Kein Tier lässt sich auf der kleinen Lichtung blicken und nur die Vögel in den Bäumen sind die einzigen Anwesenden Seelen. Kein Fell so weiß wie Schnee blitzt zwischen den dunklen Stämmen hindurch, kein Ruf ertönt, keine schlanke Gestalt windet sich durch die Säulen der belaubten Kathedrale.
Verwirrt steht Lyall wieder auf und beginnt ihren eigenen Weg zurück zu laufen, bis zu der Stelle, an der sich ihrer beider Gerüche trennen.

Mit der Nase am Boden observiert sie die Umgebung, bis sie die frische, fast schon leuchtend gelbe Duftspur ihrer weißen Wölfin findet. Wie ein Band zieht es sich durch den Wald und die schwarze Wölfin ist überrascht, wie weit sie sich doch voneinander entfernt hatten.
Während Lyall nach links abgedreht war, ist Ragna ihrer Spur kurz gefolgt und hat dann genau das Gegenteil getan und so sind sie in einer Art „Y“- Form immer weiter abgedriftet.
Für die Wargin ist es ein Leichtes der Spur ihrer Freundin zu folgen und nur einmal wird sie kurz durch den Geruch einer Wildschweinrotte abgelenkt, die vor nicht allzu langer Zeit ebenfalls hier entlanggekommen sein musste.
Wildschweine sind für einen Wolf harte Gegner und selbst ein ganzes Rudel hält sich normalerweise von Säuen mit Ferkeln fern.
Diese Mütter kämpften wie Berserker ohne Rücksicht auf Verluste und meist ist der Angreifer bei solch einem Kampf der Unterlegene.
So hofft sie inständig, dass Ragna keine Dummheit begangen hatte und ist mehr als erleichtert, dass sich die Spuren nach ein paar Metern wieder trennen. Zudem deutet nichts auf einen Kampf hin.
Der Waldboden ist unberührt, bis auf ein paar Löcher, die gierige Schweineschnauzen in den Boden gebohrt hatten, um an Engerlinge oder Wurzeln heran zu kommen.

Immer frischer und stärker wird die Spur und führt direkt zu ein paar Ginsterbüschen. Und da kann Lyall auch schon das verräterische Weiß durch die kleinen grünen Blättchen schimmern sehen! Ein weißer Wolf hat es nicht leicht, sich in solch einer Umgebung zu verstecken und die schwarze Wölfin will gerade zum Sprung ansetzen, als sie bemerkt, dass Ragna etwas wegzuzerren versucht.
Mit schief gelegtem Kopf beobachtet sie erstaunt sie Szene und ihr Herzschlag setzt einen Moment aus. Ragna ist nicht alleine!
Ein großer Wolf, ebenso imposant wie sie selbst steht der Weißen gegenüber. Und nun kann Lyall auch erkennen, was Ragna im Maul hat. Es ist ein halb aufgefressenes Wildschweinjunges, etwas größer als ein Frischling.
Sie will diesem Wolf doch tatsächlich das Futter streitig machen! Erstarrt beobachtet sie die beiden Wölfe, doch zu Lyalls Sorge erholt sich das schwarze Tier recht schnell von seiner Starre.
Nicht weiter auf ihre Deckung achtend verschwindet Lyall raschelnd wieder im Gestrüpp, um den Wolf von der anderen Seite angreifen zu können, falls die Situation eskalieren sollte. Und im Moment sieht es für Lyall ganz danach aus.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 04. Aug. 2011, 16:39 Uhr
Frische, noch warme Innereien, das Beste an einem Stück grad erlegten Wild überhaupt.  Warmes Herz, warme Leber, warme Nieren, ein mit Pflanzen gefüllter Magen.. herrlich.
Der wölfische Kaney hat sich zuerst in, dann durch den Bauchraum gefressen. Dabei war er fast in eine Art Rauschzustand geraten, einem Rausch aus Blut und Fressen, Blut und Fressen, Blut und Fressen…  
Wenn Kaney ein richtiger Wolf, ohne menschliche Intelligenz gewesen wäre, hätte er- zu bestimmten Situationen, im Winter zum Beispiel -  in einem solchen Rauschzustand alles von der Beute in sich hinein geschlungen, bei größeren Beutetieren sogar so viel, dass er beinahe zu kugelrund zum Laufen gewesen wäre.
Außerdem hätte er alles und jeden, der in seine Nähe gekommen wäre, brutalst umgebracht und ebenfalls aufgefressen. Nur so war manchmal ein Überleben möglich.
Kaney mit seiner menschlichen Intelligenz wusste allerdings, dass dieses Fressverhalten unsinnig ist. Er hatte genug zu Fressen, es standen keine Notzeiten bevor, er brauchte einfach nicht zu schlingen um das Fleisch in seinem Magen in Sicherheit zu bringen.
Also zügelte der menschliche Teil in ihm den tierischen, nachdem die Innereien herunter geschlungen waren, und er ließ sich mehr Zeit. (außerdem machte es so viel mehr Spaß, seine Beute auseinander zu nehmen. Stückchen für Stückchen, Bröckchen für Bröckchen, Fleischfaser für Fleischfaser.)
Mit den Pfoten hält er die Wildsau fest, während er an einem HinterhufenGelenk herum kaut, zufrieden mit sich und der Welt, die Umgebung vollkommen ignorierend. Niemand (außer velleicht Grymauch Einauge, der uralte, notorisch schlecht gelaunte Höhlenbär der auch im Larisgrün lebte) würde ihn jetzt angreifen, niemand war so dumm, einen riesigen Schattenwolf bei seiner Mahlzeit zu stören, wo es hier doch überall nach Blut und Tod stank…

Wieder macht sich der gewandelte Warg daran ein Stück aus dem Schwein zu reißen – und genau in dem Moment raschelt es im Gebüsch vor ihm, etwas weißes springt auf ihn, auf seine Beute zu, schnappt nach seiner Beute und zerrt daran.
Kaney ist überrascht, hält sein Maul aber geschlossen, wodurch er seine Beute wie in einem Schraubstock fest hält, und dann sieht er, was dieses seltsame weiße ist.
Ein weißer Wolf versucht ihm da seine Beute streitig zu machen.

Sofort war Kaney sowohl von tierischen, als auch von menschlichen Gedanken beseelt, wodurch sich unterschiedlichen Sichtweisen auf die selbe Situation die vor ihm geschah offfenbarten.
Der Mensch wunderte sich. Das da vor ihm war kein üblicher, in dieser Gegend heimischer Silberwolf. Die Größe stimmte zwar ungefähr, aber die Farbe eindeutig nicht. Hier gab es keine weißen Silberwölfe, als es einmal ein weißfelliges, rotäugiges Junge gegeben hatte, war es sehr schnell getötet worden…
SithechWolf kommt ihm in den menschlichen Sinn, er hatte von diesen schneeweißen Wölfen des Nordens gehört, aber was machte so ein Tier hier in den Herzlanden?
Der tierische Teil in Kaney hingegen interessierte die Fellfarbe nicht, ihn interessierte es nur, wie es ein anderer, um einiges kleinerer und leichterer Wolf sich erdreisten konnte, ihm bei seinem Fressen zu stören, wie ein Wolf es auch nur _wagen_ konnte, ihm dann auch noch sein Fressen zu stehlen.

Die Beute immer noch mit dem Maul festhaltend beginnt Kaney zu knurren, die Lefzen zu heben um seine Backenzähne aufblitzen zu lassen. Die Pfoten stemmt er dabei in den Boden, so einfach würde dieses Weißfell seine Beute nicht kriegen.
Meins, meins, Verpiss dich, wenn du Weißfell das haben willst, ich reiß dir den Hals auf, zieh den Schwanz ein, Meins Meins Meins! purzeln die Gedanken in dem tierischen Teil durcheinander, die er auch durch seine Körpersprache, durch sein gesträubtes Fell, angelegte Ohren und einen starren, durchdringenden Blick zeigt.
Aber Weißfell dachte nicht daran, klein bei zu geben, der weiße Wolf zerrte immer noch an der Beute, strengte sich an um ein Stück von der Beute los zu reißen.
Der wölfische Kaney zerrt ebenfalls an dem Wildschweinkadaver, auch mit sehr viel Kraft, er will das Fleisch, SEINE Beute für sich haben, er hat sie erjagt, sie gehört ihm, und was bildete sich dieses Weißfell eigentlich ein, und...
Und die Beute hält diesem Kräftemessen überraschenderweise stand.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis dann aber doch ein Stück abreißen würde und Weißfell mit einem Bissen fliehen konnte, und Kaney weniger von der Beute hatte. Wenn er Weißfell verfolgen würde, um dem Wolf zu zeigen, dass es ein Fehler war ihn anzugreifen, dann müsste er die übrige Beute hier zurücklassen, wenn er Weißfell nicht maßregelte, würde dieser Futterdieb es nochmal versuchen...
Dann greift der menschliche Teil von Kaney ein, denkt sich eine neue Taktik aus.
Eben noch mit aller Macht an der Beute festhaltend, läßt Kaney einfach los.

Wäre nur ein Stück Fleisch aus der Beute raus gerissen, die Szene wäre anders ausgegangen. So aber zieht Weißfell immer noch mit aller Kraft an der gesamten Beute (immerhin noch ein Rest, der ca 20 Stein schwer war), an der plötzlich kein Wiederstand mehr hängt, und dadurch etwas überrascht stolpert Weißfell leicht nach hinten, um sich anschließend auf den weißbepelzten Hintern zu setzen.
Sofort setzt Kaney mit einem Sprung nach vorne hinterher, die gelben Bestienaugen auf den weißen Wolf gerichtet, die Zähne nun noch mehr gefletscht, das Fell gesträubt…
Weißfell will meine Beute… Weißfell wird sehen, was es davon hat.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Ragna am 11. Aug. 2011, 20:25 Uhr
Die Sitechwölfin ist von der Aktion ihres Gegenübers mehr als überrascht. Nie wäre die Wölfin davon ausgegangen, dass der schwarze Fremde die Beute loslässt. Sie hatte tatsächlich geglaubt mit einem Happen verschwinden zu können und das Stück mit ihrer Freundin teilen zu können. Doch jetzt, wo der große Schwarze das Wildschwein plötzlich losgelassen hat, sie selbst zurückgeschleudert wurde und er ihr nun fletschend nachsetzt, bleibt der Weißen nichts anderes übrig, als das Wildschwein aufzugeben. So lässt sie von dem Stück ab und weicht langsam einen Schritt nach dem Anderen zurück, so dass sie immer mehr Ab stand zwischen sich und der fremden Beute bringt. Obgleich sie keinerlei übertrieben unterwürfiges Verhalten zeigt, sich nicht wegduckt und winselt, zeigt sie mit angelegten Ohren und dem Rückwärtsgang deutlich, dass sie verstanden hat und es seine Beute ist.
Das muss genügen, denn sie kennt das fremde Tier nicht und hat auch nicht vor sich diesem unterzuordnen. Sie sind kein Rudel, keine Familie, keine Gefährten und daher erachtet sie es auch nicht als notwendig, deutlich vor dem Fremden zu kuschen.

Ihm scheint es ebenfalls zu genügen, dass sich das weißfellige Tier mit hungrigem Blick von seiner Beute entfernt und immer mehr zurückweicht. Noch steht er drohend über seiner Beute und fletscht warnend die Zähne, doch als sie nach und nach immer mehr Abstand zwischen sich und ihn bringt und sich unter einem Busch kauert, in der Hoffnung, vielleicht später einige Reste ergattern zu können, setzt der Koloss von einem Tier sein Mahl unbeirrt fort. Seine Augen fixieren sie jedoch und immer wieder droht er in ihre Richtung, um klar zustellen, wessen Beute das ist und das sie sich nicht zu nähern hat.

Die weiße Wölfin wundert sich nicht über das Verhalten des Tieres. Auch das Aussehen des Riesen interessiert sie kein Stück. Einzig der starke Duft seiner Beute wirkt unbeirrt auf die weiße Wölfin ein. Der Wolf mag vielleicht ein wenig seltsam sein, doch all das tut die Wölfin einfach ab. Zu bedeutungslos, um sich darüber zu wundern. Der menschliche Teil jedoch sieht die ganze Situation gänzlich anders. Ragna-Rana wundert sich ob des riesigen Tieres, welches Lyall so ähnlich sieht und fragt sich, ob hier alle Wölfe so aussehen. Auch versteht sie nicht wie so ein kräftiger Riese ohne Rudel unterwegs sein kann. Alleine wie geschickt er seine Beute zu verteidigen wusste, auch wenn er ein wenig unwölfische Verhaltensweisen an den Tag legte, zeigt doch, dass er fähig ist, dass was ihm gehört zu schützen und auch jetzt bleibt er wachsam. Ein solches Tier sollte nicht alleine weilen. Aber würde er einem Rudel angehören, so würde er gewiss auch teilen. Nicht sofort, versteht sich, aber die Anderen würden schon um ihn herum sein, versuchen wie sie selbst Happen zu stehlen oder sich in Geduld üben, bis sie an der Reihe sind.

Doch weit und breit sind keine anderen schwarzen Riesen zu sehen. Und auch wenn Ragna selbst den Vergleich zwischen dem Fremden und Lyall gezogen hat, so zieht die Wölfin ihn nicht, einfach weil es ihr grundlegend gleichgültig ist wie Wölfe aussehen. Der Geruch des Wildschweins jedoch interessiert die Sitechwölfin nach wie vor und immer wieder hebt sie ihr zitterndes Näschen und muss sich sichtlich zusammenreißen, um nicht wieder aufzuspringen und es erneut zu versuchen. Ragnas Seelentier weiß, was Hunger ist, denn auf ihrer Reise durch die Immerlande gab es zwar Zeiten mit reichhaltiger Beute, aber ebenso gab es auch Zeiten mit wenig bis gar keiner Beute. Die Lande sind so verschieden und gleich der Natur und Pflanzen ändern sich auch die Lebewesen, welche dort zu finden sind. Für Ragna war die Jagd im Wald beispielsweise sehr ungewohnt, denn so hohe Bäume und Sträucher in solch zahlreicher Menge, kennt sie von ihrer Heimat schlichtweg nicht. So hat es auch einiges an Übung gebraucht ehe sie in den ihr fremden Landschaften erfolgreich jagen konnte. Oh ja, sie kennt Hunger nur allzu gut und der Duft des Wildschweines ist zu betörend. Geduckt versucht sie wieder ein Stück nach vorne zu schleichen, aber sofort lässt der Große von seiner Beute ab, richtet sich auf und fletscht erneut drohend die Zähne. Sein dichter schwarzer Pelz steht dabei so hoch ab, dass das fremde Tier noch deutlich höher, breiter und bedrohlicher wirkt.

Ragna-Wölfin bleibt nichts weiter übrig, als wieder den Rückzug anzutreten, als sie plötzlich genau auf der anderen Seite des Wolfes ihre Gefährtin erspäht. Als schwarzer Schatten ist sie in dem üppig bewachsenem Dickicht kaum auszumachen, hätten nicht ihre Ohren aufmerksam gezuckt, so wäre auch Ragna-Wölfin ihre Gefährtin entgangen. Der fremde Schwarze scheint ebenfalls nichts von dem zweiten Tier zu merken und die Sitechwölfin gibt ihrer Freundin stumm mit Blicken zu verstehen, was sie plant, ehe sie einen Bogen schlägt um den Riesen von der einen Seite zu taktieren und Lyall die andere Seite zu überlassen. Selbstredend ist die Aufmerksamkeit des schwarzen Riesen sofort wieder bei Ragna, welche ihren Abstand zu dem Fremden keinesfalls verringert, sondern lediglich gemächlich einen Bogen um ihn herum läuft, so dass er seine volle Aufmerksamkeit auf sie richtet und auch weiterhin nichts von ihrer Gefährtin merkt. Lyall ihrerseits duckt sich wieder ins Gestrüpp und schlägt ebenfalle einem Bogen, so dass sie immer auf der anderen Seite bleibt und sich somit im Rücken des Riesen befindet. Ragna macht nun einen mutigen Schritt nach dem Anderen auf den Fremden zu, in der Hoffnung, er möge auf sie zuspringen und Lyall könnte die Gunst der Stunde nutzen und ein Stück der Beute klauen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 19. Aug. 2011, 19:06 Uhr
Nur mühsam kann sich Kaney zurückhalten, um dem Weißfell nicht bessere Manieren bei zu bringen, ihm zu zeigen was Respekt ist, und dass man nicht einfach so versucht, ihm seine Beute zu klauen.
Aber verschiedenes hält ihn dann doch davon ab, Weißfell wie einen Welpen am Nackenfell zu packen, ihn hin und her zu schütteln (vielleicht auch etwas fester zu zu beißen, manch ein Wolf lernt unter Schmerzen besser) und ihn dann nochmal in den Hintern zwickend davon zu jagen.

Ein Grund, warum der wölfische Kaney dem Weißfell nichts tat war die Tatsache, dass Weißfell eigentlich eher Weißfellin war. Ein Weibchen. Hier hielt Kaneys menschliche Seite ihn davon ab, sich mit einer "Dame" anzulegen.
Ob sie eine Einzelgängerin war, und deshalb alleine hier herumlief? Bei ihrer Fellfarbe war das eine gute Möglichkeit. So ein auffälliges Tier war in einem Rudel nicht gerne gesehen, mochte also vielleicht vertrieben worden sein.
Die Tatsache, dass es sich bei Weißfell eventuell um eine Streunerin handelte sorgte auch dafür, dass Kaney nachsichtig war. Streuner hatten es nicht leicht. Weißfellige noch weniger. Sie mussten alleine jagen, und jemand mit einer so auffälligigen Fellfarbe musste sich noch mehr anstrengen. Sie sah zwar nicht so aus, als wäre sie am Verhungern, aber vielleicht hatte sie einen Grund warum sie ihm das Fressen klauen wollte... trotzdem war das eine unverschämtheit...
Der letzte Grund warum Kaney das Weißfell in Ruhe lies war ein Gefühl von Ungerechtigkeit. Wenn er, mit soviel mehr Größe und Gewicht, und vorallem, seinem menschlichen Kopf auf die Wölfin los ging... das war ungerecht dem Weißfell gegenüber. (Mit diesem Grund hatte Kaneys tierische Seite natürlich massive Probleme)

Also zeigt der Warg in seiner Wolfsgestalt noch mehr Zähne, macht sich noch größer, bewegt sich auf das Weißfell zu, bis sie die Ohren anlegt und langsam zurück geht, anscheinend akzeptiert, dass das seine Beute ist
Meine Beute, mein Fleisch, verstanden? Verpiss dich, und lass mich mit meiner Beute in Ruhe, ist meine Beute, nur mein Fleisch

Kaney legt geht mit der Beute zurück, legt diese zwischen seine mächtigen Vorderpranken, reißt weitere Stücke Fleisch aus dem Wildschweinkadaver, und behält Weißfell dabei weiter im Auge... denn unverschämterweise bleibt die Wölfin in Sichtweite. Zwar auf Abstand, aber in Sichtweite.

Das hat man davon, wenn man nett und höflich und vergebend istschleicht sich ein menschlicher Gedanke in das sonst so tierische Gedankengut.
Kaney warnt weiter, zwischen den Bissen weiterhin die Zähne fletschend, bereit aufzuspringen, wenn Weißfell es doch wagen sollte, sich seiner Beute zu nähern
Dann wirst du es bereuen, wirst Bluten, meine Beute, meins!
Und tatsächlich, seine Vorsicht ist berechtigt, Weißfell versucht wieder näher zu kommen, und sofort springt er auf, fletscht wieder die Zähne und baut sich wieder bedrohlich auf...
Weißfell weicht wieder zurück. Bleibt stehen. Und versucht dann in Kaneys Seite zu gelangen.
In Kaney steigt tierische Wut auf
Nicht mehr Rücksicht, Keine Nachsicht, freches Weibchen, ungezogenes Weibchen, meine Beute, meins! Soll sich verpissen!
Selten denkt der wölfische Teil in Kaney mit Worten wie "Rücksicht", aber jetzt hat das Tier in ihm die Nase voll, greift auf die ihm doch so vertraute menschliche Denkweise zurück.
Er will das Weißfell verjagen, ein für alle Mal.
Also steht er wieder auf, und geht auf Weißfell zu. Nicht besonders schnell, aber immer noch drohend, immer wieder nach Weißfell schnappend, die langsam zurückweicht.
Soll sie doch zurück weichen. Diesmal würde er ihr zeigen, was Respekt vor einem Wolf wie ihm heißt, dass man ihm seine Beute nicht einfach so klaut, während er noch daran herumnagt.
Ein leichter, unsicherer Funken in den Augen von Weißfell zeigt an, dass sie wohl erkennt, dass sie wohl einen Schritt zu weit gegangen ist. Sie weicht weiter zurück, diesmal einen Schritt schneller. Und Kaney weiter hinterher, knurrend, Zähne fletschend, und immer wieder auch zu schnappend.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 21. Aug. 2011, 16:05 Uhr
Langsam schlägt sich Lyall durch das Unterholz, die beiden Kontrahenten immer im Blick.
Sie ist dabei sich auf Höhe des schwarzen Wolfsmännchens zu begeben und beschleunigt ihren Schritt, als drohendes Knurren an ihre Ohren dringt.
Ragna scheint sie durch das Laubwerk der Büsche und kurzen Bäume hindurch erkannt zu haben, denn ab und zu stellen sich ihre Ohren lauschend auf und sie blickt am Wolf vorbei, den Rand der kleinen Lichtung abtastend.
Warum ist Ragna nur so versessen auf dieses Beutestück? Wartete sie auf Lyalls Unterstützung aus dem Hinterhalt, um dem raubeinigen Gesellen sein Jagderfolg abzuluchsen?
Doch die Schattenwölfin hat nicht vor ihm sein Schwein zu entwenden. Es galt sich nun um andere Dinge zu kümmern.
Hauptsächlich darum, dass Ragna ihren Kopf auf den Schultern behielt und das drohende Männchen nicht noch weiter reizte. Wahrscheinlich ist das Rudel dieses Tieres nicht weit, vielleicht war dieser ein Späher eines durchziehenden Rudels oder ein sogenanntes Seitentier.
Diese Tiere laufen auf gleicher Höhe des Rudels, jedoch mit einigem Abstand und sicherten so die Flanken.
Gegen ein komplettes Rudel oder auch nur gegen zwei bis drei weitere hungrig Wölfe, haben sie als Duo schlechte Karten.

Warum nur will Ragna nicht davon ablassen, diesen wirklich schon bis aufs Äußerste drohenden Gesellen weiter zu foppen? Sie sollte sich lieber mit gesenktem Kopf in den Schatten der Hainbuchen trollen und sie würden gemeinsam etwas zu fressen jagen oder einfach auf das Anwesen zurück kehren.
Doch von hier aus kann Lyall ihr kein Zeichen geben, was nicht die Aufmerksamkeit des schnappenden Wolfes auf sich gezogen hätte.
Und so kauert sie sich unter die niedrigen Zweige einer kleinen Tanne, die alleine in einem Gewirr aus Brombeersträuchern steht und beobachtet die Situation angespannt.
Von hier aus hat sie alles im Blick, ist jedoch erschreckt davon, wie ernst die Situation wirklich ist.
Alle Warnungen ihres Gegenübers ignorierend versucht die weiße Wölfin immer wieder zur Beute vorzustoßen und unterschreitet dabei gefährlich den angezeigten Tolleranzbereich des Schwarzen.
Doch auch Lyall begint sich nun zu wundern. Hätte er nicht längst angreifen müssen? Seine Geduld schien an einem äußerst gespannten Faden zu hängen und doch beweist er eine Geduld, wie ein Alttier gegenüber einem Welpen.
Statt Ragna nach ihrem frechen Vordringen zu verjagen, schleicht er zu seiner Beute zurück lässt sich bei ihr nieder und beißt demonstrativ ein großes Stück heraus.
Viel ist an dem gemartertem Schweinchen nicht mehr dran, um das es sich zu streiten lohnen würde und doch... Lyalls Gefährtin wagt erneut ein paar Schritte auf den Wolf zu und dies ist der Schritt, der das Fass zum überlaufen bringt.
Geduckt und mit gesträubtem Halsfell, dass wie die Zähne eines Sägebattes in die Luft ragt, erhebt sich das Tier wieder und schleicht auf Ragna zu. Seine Kiefer schnappen in ihre Richtung und deuten nun stärker als zuvor seine Bereitschaft eines direkten Kampfes an.
Auch ihre Gefährtin muss dies nun mehr als deutlich erkannt haben, da sie sich nun schneller entfernt. Doch die Chance heil aus der Sache herauszukommen ist verstrichen.
Nur ein paar Schritt Entfernung trennen den schwarzen Wolf von der Weißen und Lyall muss nun handeln.
Auch wenn der Wolf in ihren Augen im Recht ist und Ragna wie ein frecher Jährling gehandelt hat, so will Lyall sie so kurz nach ihrem Kennenlernen nicht schon wieder verlieren.

Wie ein schwarzer Pfeil schießt Lyall aus ihrem Versteck hervor, einen Tornado aus Laub und Erdklumpen hinter sich aufwirbelnd.
In vollem Lauf rammt sie den schwarzen Wolf mit der Schulter und reißt ihn von den Beinen.
Dumpf hallt der Aufprall durch den Wald und in Lyalls Ohren klingelt es kurz unangenehm, als beide schweren Körper sich treffen.
Doch sie hält sich auf den Beinen und beobachtet den sich aufrappelnden Wolf.
Sie versucht ihre Körperhaltung so neutral wie möglich zu halten und ihm zu signalisieren, dass sie beide ohne Kampf von dannen ziehen werden aber sie auch nicht akzeptieren wird, dass er ihrer Gefährtin etwas antut.
Mit gespitzten Ohren aber hängendem Schwanz geht sie auf  Ragna zu, leckt kurz beruhigend über ihre Lefzen, ohne jedoch den ärgerlichen Schwarzen aus den Augen zu lassen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Ragna am 24. Aug. 2011, 17:28 Uhr
Der Schwarze kommt nun deutlich drohend näher. Es ist offensichtlich, dass er nun den offenen Kampf vorzieht. Auch wenn die Sitechwölfin den Rückzug antritt, kommt er unaufhaltsam näher, aber genau damit hat Ragna gerechnet. Die weiße Wölfin ist schneller und wendiger als dieser Koloss und ihr Ziel war es lediglich ihn von seiner Beute abzubringen, damit ihre Gefährtin diese sichern kann. Aber entweder Lyall scheint nicht zu verstehen oder aber die Beute ist ihr herzlich gleich, denn statt sich nun der Beute zu widmen rennt sie geradewegs in den schwarzen Koloss.

Ragna schnappt nach Luft. Einen Kampf wollte sie gewiss nicht und wenn Lyall sich nur richtig verhalten würde, dann gäbe es auch keinen Kampf. Mit ihrem Smaragdkater hat Ragna eine solche Jagdstrategie geübt, so dass der eigentliche Einzelgänger sehr wohl als Jagdgefährte taugt. Er hätte die Beute auf einen Baum in Sicherheit gebracht, während sie den anderen Jäger ablenkt. Aber Lyall scheint von all dem nichts zu verstehen und zeigt kein Interesse an der Beute. Stattdessen kommt sie zu ihr, leckt ihr beschwichtigend die Lefzen und wendet sich wieder dem anderen Wolf zu.

All das hätte so nicht passieren sollen. Geschickt wäre Ragna um die Bäume und Sträucher herum davon gehuscht, wohl darauf achtend, dass sie nicht zu schnell flieht und der Schwarze den Anschluss nicht gänzlich verliert. Erst wenn genug Zeit verstrichen wäre, so dass Lyall hätte die Beute fortschaffen können, hätte sie den Schwarzen gänzlich abgehängt und wäre zu ihr zurückgekommen.
Wie oft hatte sie so gejagt? Sie weiß, was Hunger ist und noch immer kann sie nicht nein sagen, wenn sie eine solche Beute vorgesetzt bekommt, ganz gleich, wem diese Beute auch gehören mag. Zugegeben mit einem Rudel hätte sie sich nicht angelegt, aber ein Rudel frisst nach strenger Hierarchie, so dass die Anderen längst hätten um den Fressenden herum schleichen müssen um auf ihren Anteil zu warten. Keine anderen Wölfe, ergo es ist ein Einzelgänger.

Sie, die Wölfin, hatte alles unter Kontrolle. Sie befand sich nie wirklich in Gefahr und hat all das lange geübt, doch Lyall scheint davon nichts zu verstehen, dabei sind sie Beide ob ihrer menschlichen Seite stark im Vorteil. Sie können auf eine Logik zurückgreifen, die diesem Tier fremd ist. Verdammt… So hätte es nicht kommen sollen, aber die Situation scheint sich zuzuspitzen und es scheint als würden die beiden Schwarzen um einen Kampf nicht herumkommen. Beschwichtigend schleckt nun Ragna kurz an Lyalls Lefze und duckt sich dabei ein wenig. Dann signalisiert sie dem Schwarzen, dass sie keinen neuen Angriff plant. Sie duckt sich weg und tritt mit eingezogenem Schwanz und angelegten Ohren und leisem Gewinsel den Rücktritt an. Für gewöhnlich zeigt sie nicht so deutlich Unterwürfigkeit, aber es geht darum einen Kampf zu vermeiden und so hofft sie, dass Lyall es ihr gleichtut und sie ihr später etwas über das Abluchsen von Beute erklären wird… Später… Wenn diese Situation irgendwie gerettet ist… Vorausgesetzt hier ist noch etwas zu retten… Auch wenn sich die Schneewölfin offensichtlich zurückzieht, lässt sie die beiden Schwarzen nicht aus den Augen und wenn Lyall nun tatsächlich in einen Kampf verwickelt wird, dann wird sie sich sofort einmischen müssen. Schließlich hat sie Lyall überhaupt erst in diese Situation gebracht.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 28. Aug. 2011, 23:23 Uhr
Weißfell weicht zurück, Schritt für Schritt für Schritt. Sobald sie näher an dem Busch hinter ihr herangekommen ist, würde Kaney vorpreschen, Weißfell an dem Halsfell packen, und ordentlich durchschütteln… vielleicht auch etwas fester zwicken.. er würde keine ernsthaften Verletzungen verursachen. Sicherlich würde sich Weißfell unbewusst darauf verlassen, dass sie wegen ihrer geringeren Größe auch agiler, schneller ist… aber das würden sie schon sehen. Kaney rechnet fest damit, dass er in wenigen Momenten weißes Fell zwischen seinen Zähnen schmecken würde.
Dann, eine Bewegung im äußersten Blickfeld von Kaney, ein Schemen der sich schnell bewegt - und noch bevor der Wargenmischling in seiner Wolfsgestalt reagieren kann, rammt der Schemen voll in ihn hinein, lässt ihn stolpern.
Kurz verliert er Weißfell aus den Augen, während er sein Gleichgewicht wiederfinden muss.
Was war das?
Dann blickt er wieder, jetzt eher verwirrt als aggressiv zu Weißfell, und erlebt eine Überraschung - einen anderen Wolf neben Weißfell. Ein Wolf mit schwarzem Fell. Und dieser schwarzfellige Wolf leckt dem Weißfell nun auch noch über die Lefzen.
Kaney ist ernsthaft überrascht über dieses Ereignis, dieses Zusammentreffen und schaut deshalb erstmal genauer hin, sein eigenes Fell immer noch gesträubt, die Ohren etwas weniger aggressiv angelegt.
Der andere Wolf ist nicht nur schwarz, er ist TOTAL schwarz. So schwarz wie er selber. Und der Wolf ist genauso groß wie er, wenn nicht sogar eine Handbreit größer... gut, etwas weniger massig und breit... insgesamt wirkt das Schwarzfell graziler - Ein weiteres Weibchen.
Um genauer zu sein, eine Schattenwölfin.
Kaney ist sich sicher, dass es sich um einen weiblichen Schattenwolf handelt, und nicht nur um einen sehr dunklen heimischen Wolf...
Das Schwarzfell sieht nicht so aus, als wenn sie angreifen wollen würde - sich verteidigen , ja das würde sie, aber als Erste angreifen... unwahrscheinlich.
Zwei Wölfinnen, die in diesem Wäldern nicht heimisch sind, die sich offensichtlich kennen und sich als ein Rudel ansehen-  Schwarz und Weiß...
Während Kaney dasteht und die beiden betrachtet, leckt Weißfell über die Lefzen der Schattenwölfin, duckt sich dann, winselt und geht langsam mit eingezogenem Schwanz rückwärts.
Warum? Warum jetzt, Weißfell hat doch Rudelhilfe
Das Gefühl, dass hier irgendwas nicht stimmt, verstärkt sich.
Misstrauisch versucht Kaney zu schnuppern, irgendeinen Duft aufzufangen der ihm etwas Klarheit bringen könnte... aber er riecht vorallem das Blut der Beute, die fast vergessen hinter ihm auf dem Boden liegt.
Er meint einen Hauch von Stadt zu bemerken... aber dass kann doch nicht sein.
Es scheinen Minuten zu vergehen, in denen sich die drei Wölfe anschauen - oder sind es doch nur Herzschläge?
Weißfell hört etwas damit auf sich praktisch zu unterwerfen, Schwarzfell legt den Kopf schief, betrachtet ihn, dass eben noch aggressiv knurrende Männchen.

Und in Kaney fängt wieder die tierische Seite an sich zu melden... Das Tier in Kaney hat immer noch Hunger und Besitzansprüche an die Beute, die tierische Seite will allerdings auch nicht kämpfen... also am besten die Beute nehmen und einfach weggehen... aber wenn Weißfell dann wieder so frech ist und die Beute klauen will...
Kurz fixiert Kaney Weißfell nochmal mit seinen bestiengelben Augen, fletscht noch einmal knurrend die Zähne, um sich dann einfach umzudrehen.
Er hört, dass die beiden sich nicht bewegen, ihn weiter beobachten, während er die überreste seiner Beute (zumindest das meiste davon) in sein Maul nimmt, sich kurz umguckt.

Da, die Eiche, die geht, die Äste... perfekt.
Und ohne einen weiteren Blick auf die Wölfinnen zu werfen, nimmt er Anlauf, aber nicht aufs Unterholz zu, sondern auf den Baum, springt an dem Baum hoch, stößt sich sofort wieder ab... nicht sonderlich elegant krallt sich Kaney an dem recht tiefhängenden Ast der uralten Eiche fest, strampelt etwas mit den Hinterpfoten während er sich komplett auf den Ast hochzieht...
Die Beute baumelt immer noch in seiner Schnauze, die Wölfinnen sind (ihrer Körperhaltung nach nun wirklich verwirrt) unten auf dem Boden - Kaney ist zufrieden.
Den Trick, in Wolfsgestalt auf einen Baum rauf zu springen, hat er sich mühsam selber antrainiert. Häufig hat dieses Kunststück nicht geklappt, weil Kaney die Geschwindigkeit mit der er anrennen muss falsch eingeschätzt hat. Oder den Abstand zum höheren Ast. Oder aber, er konnte den Ast dann doch nicht mit seinen wölfischen Pfoten so festhalten, dass er sich hochziehen konnte.
Kurz zusammengefasst, beim Erlernen dieses Tricks ist Kaney sehr häufig auf seinen pelzigen Hintern gefallen. Inzwischen schafft es Kaney aber, in wölfischer Gestalt auf bestimmte Bäume hochzukommen - meistens.
Mit Beute im Maul hat er diesen Trick aber noch nie vorher geschafft, und er ist ernsthaft froh, dass der Trick funktioniert.
Hier oben sind sowohl er, als auch seine Beute in Sicherheit, er würde hier abwarten, bis die beiden Wölfinnen sich weggetrollt haben... aber nicht in dieser Gestalt.
Der noch wölfische Kaney legt die restliche Beute quer über den Ast, hält sie mit einer Pfote fest... und verwandelt sich dann zurück.
Schmerzen durchströmen ihn, als Knochen brechen und sich verformen, Sehnen sich verlängern und verkürzen, Organe in seinem Körper umherwandern und einen anderen Platz einnehmen. Dass sein Fell verschwindet, ist dahingehend schmerzlos. Er hat sich in den Jahren, in denen er nun regelmäßig wandelt, an diesen Schmerz gewöhnt…
Und so balanciert Kaney wenige Herzschläge später als nackter Mensch auf dem Ast, immer noch recht blutverschmiert, die kümmerlichen Reste seiner Beute mit einer Hand festhaltend.
Die beiden Wölfinnen sind immer noch dort, wo sie zuletzt gestanden haben, aber aufgeregt winselnd, sich von einer Pfote zur anderen bewegend, eindeutig verwirrt, überrascht und unsicher - Das typisch wölfische Verhalten, wenn er sich in Sichtweite eines Rudels verwandelt.

"Entschuldigt, meine Hübschen, aber glaubt mir, mein Fressen werdet ihr nicht bekommen! Sucht euch was eigenes!"
Die Wölfinnen schauen sich an, scheinen sich zu zu nicken... und im nächsten Moment sieht Kaney, wie sich Weißfell verwandelt.
Was bei allen Göttern... denkt er noch, während er beobachtet, wie Extremitäten sich verändern und verrenken zu scheinen, während er sieht wie das Fell zurückgeht, verschwindet, und aus Pfoten Hände werden, - der Wargenmischling hält den Atem an.
Dann steht eine Frau vor ihm, eine nackte, schwarzhaarige Frau, (sie müsste ungefähr so groß sein wie er selbst, von hier oben ist das etwas schwerer zu erkennen), eine menschliche Frau die vor wenigen Herzschlägen noch eine Wölfin gewesen ist. Und neben ihr immer noch die riesige Schattenwölfin...
Kaney verlagert sein Gewicht - und vergisst dabei einen Moment, dass er nur begrenzten Platz für seine Füße hat- eben noch sicherer Stand, plötzlich nicht mehr.
Kaney rutscht, versucht sich festzuhalten was aber nicht ausreichend gelingt... fast wie ein reifer Apfel plumpst er auf den Boden (wobei seine Landung doch wesentlich graziler ausfällt, immerhin landet er auf seinen Beinen und Händen, und nicht auf seinen Hintern)


Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 31. Aug. 2011, 21:57 Uhr
Überrascht legt die Schattenwölfin ihren Kopf in den Nacken und beobachtet das männliche Tier, bei seinem Bestreben den Baum mitsamt der Beute zu erklimmen.
Mit einem kräftigen Sprung war er nur mit relativ kurzem Anlauf emporgeschossen hinauf zu einem Ast, den Lyall im Stehen gerade mal mit den Fingerspitzen hätte berühren können.
Ein bisschen Rinde segelt zu Boden, als seine Hinterpfoten um Halt suchen, doch dann ist er oben und sieht triumphierend auf beide Wölfinnen herunter.
Leise winselt Lyall ob der wolfsuntypischen Taktik die Beute in Sicherheit zu bringen, denn solch ein Verhalten kennt sie nur von Bären oder Großkatzen, wie der Schattenkatze aus dem Nachtwald.
Doch bei Wölfen ist ihr dieses Verhalten noch nie aufgefallen oder hätte selber im Traum nicht daran gedacht, solch eine Verhaltensweise an den Tag zu legen.
Irgendetwas stimmte hier nicht. Und zwar gewaltig.
Der Blick des Männchens wird herablassend und abschätzend, alles vollkommen tieruntypische Mimiken und nur ein paar Herzschäge später, wird ihr der Grund offenbart.
Mit knackenden und reißenden Geräuschen durchbrochen von einem abscheulichen Gurgeln, verwandelt sich der Wolf in einen... nackten Mann.
Die Schattenwölfin ist wie hypnotisiert von der Verwandung, kann nicht wegschauen obwohl sich ihr fast er Magen umdreht.
Noch niemals zuvor hat sie eine Verwandlung gesehen, doch in diesem Augenblick konnte sie nicht wegschauen obwohl sie es doch bei Ragna so sehr vermieden hatte.
Und so ist die Wargin abgestoßen und fasziniert zugleich, kämpft um ihre Beherrschung und darum sich nicht hier und jetzt zu erbrechen.
Ragna hingegen scheint dies alles viel gelassener zu nehmen.

>>"Entschuldigt, meine Hübschen, aber glaubt mir, mein Fressen werdet ihr nicht bekommen! Sucht euch was eigenes!"<<, ruft er zu ihnen herunter und wedelt mit den verstümmelten Überresten des Ferkels herum.
Lyall kann den fremden Mann oder besser Warg nur fassungslos anstarren, denn diese Situation grenzt haarscharf ans Groteske.
So lange... ein gutes halbes Jahrhundert... war Lyall der Meinung gewesen alleine zu sein, die einzige mit der Gabe in einem Umkreis von mehreren Morgen Land... und nun dies.
Gleich zwei Wandler an einem Tag! Ealara treibt ein böses Spiel mit ihr...
Oder ist dies alles nur ein Traum? Eine Wunschphantasie beruhend auf der Tatsache, dass Lyall wirklich alleine auf dieser Welt war?
Aber alles ist doch so real...
Die menschlichen Gedankengänge beunruhigen die Wölfin und verwirren ihren Geist mit unnützen Informationen.
Natürlich ist dies alles real und echt, was dachte ihre menschliche Hälfte da bloß?
Doch bevor ein innerer Gewissenskonflikt ausbrechen kann, spürt Lyall, dass sie beobachtet wird.
Ragnas Augen ruhen auf ihr, fragend und auch verwirrt. Dann dämmert es der Schattenwölfin, dass sie sich ebenfalls verwandeln will.
Zögerlich deutet Lyall so etwas wie ein Nicken an, kann sich jedoch nicht dazu überwinden sich selbst zu verwandeln.
Sie wendet sich etwas ab, als Ragna-Ranas Verwandlung beginnt und winselt leise unentschlossen in Richtung ihrer Gefährtin.
Nervös tritt sie von einer Pfote auf die andere, als Gedanken ihrer menschlichen Seite schamhaft aufkeimen. Sie kann sich nicht verwandeln, nicht vor einem Mann! Und selbst wenn er Warg ist, macht dieser Umstand doch einen Unterschied oder nicht?
Aber schließlich ist er auch dort oben auf dem Baum, wie Ea ihn schuf...
Doch es ist schließlich immernoch ihre Entscheidung!

Die Wölfin versteht diese Überlegungen nicht und schüttelt verärgert den Kopf. Was macht es schon für einen Unterschied ob männlich oder weiblich, außer zur Paarungszeit?
Ihren Blick wieder auf den Mann richtend, kann sie gerade noch sehen, wie er ausgleitet, den Halt verliert und mit einem dumpfen Aufprall nur ein paar Schritt vor ihr auf den Boden plumpst.
Zuerst stehen Ragna und die Schattenwölfin überrascht da, hechten dann jedoch fast gleichzeitig zum Opfer der Schwerkraft herüber.
Besorgt schwappt das Bewusstsein der Menschenfrau auf die Oberfläche des Seelensees der Wölfin und bevor Lyall es verhindern kann, verwandelt auch sie sich zurück in ihr nacktes rosanes Ich.
Die Tatsacher ihrer aller Nacktheit wird durch die Sorge überlagert, der Mann könnte sich ernsthaft verletzt haben und so robbt Lyall durch das Laub auf ihn zu.
Ragna sitzt derweil neben ihm, auf seiner rechten Seite und so nimmt die Drachenländerin automatisch zu seiner Rechten Platz.

Zaghaft legt sie ihre linke Hand auf seine Schulter, beugt sich mit ihrem Oberkörper vor, um ihm ins Gesicht blicken zu können.
Doch seine Augen sind geschlossen und sein Gesicht zum Boden gerichtet, sodass sie nicht viel erkenne kann. Zumindest scheint er keine Verletzungen an Kopf oder Hals davongetragen zu haben und auch nicht am Rest seines Körpers, wie Lyall durch ein Kopfschütteln von Ragna erfährt.
„Geht es dir gut?“, fragt sie schüchtern und so leise, dass selbst ihre guten Ohren Mühe haben die Worte zu verstehen.
Ängstlich und sorgenvoll beobachtet sie den Mann mit nach vorn gerichteten Wolfsohren, während dieser den Versuch unternimmt, sich aufzurichten.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Ragna am 01. Sept. 2011, 16:20 Uhr
Sowohl Ragna, als auch ihre Seelenwölfin sind sichtlich überrascht, als der schwarze Koloss mit seiner Beute auf den Baum springt. Wölfe sollten das nicht können. Zugegeben, auch Ragna hat auf ihren Reisen gelernt sich Bäume in beiden Gestalten zu Nutze zu machen. Insbesondere auf den Sommerinseln ist sie die viel verzweigten Äste hinauf gesprungen um eine bessere Aussicht zu genießen. Es ist ihr aber zum Einen gänzlich fremd das gewöhnliche Wölfe dazu im Stande sind und zum Anderen ist sie selbst nie auf die Idee gekommen, dass ein Wolf einer Katze gleich, seine Beute nach oben in Sicherheit bringen könnte. Sie stellt es sich aber äußerst schwer vor, das Gleichgewicht mit dieser Last in der Schnauze zu finden und hätte dergleichen, wenn sie es nicht selbst gesehen hätte, nie für möglich gehalten.

Aber als er oben auf einem dicken Ast angekommen ist, verblüfft sie der fremde Wolf erneut, denn er verwandelt sich.
Ein weiterer Warg…
Obgleich Ragna neugierig ist, macht ihr die Tatsache durchaus auch Angst. Am Liebsten würde sie sich abwenden und mit Lyall zurück zu dem Anwesen rennen. Äußerlich ist von ihrer Unruhe nichts zu merken. Fasziniert folgen die Augen der Wölfin jeder Stufe der Verwandlung und lauschen den Geräuschen der Knochen und Sehnen. Die Wölfin versteht nicht, was schlecht daran sein könnte, einen weiteren Wargen zu treffen. Im Gegenteil, sie freut sich darüber nicht mehr alleine zu sein und vielleicht könnten sie ihr kleines Rudel sogar vergrößern. Andererseits hat sie Lyall gerade eben erst gefunden und dieser Warg, der als Wolf so aussieht wie sie, könnte sie ihr wegnehmen. Sie könnten eine Familie gründen und würden sich von ihr abwenden. All das sind keine klaren Gedanken, nur Bilder, welche gleich einem Traum vor dem inneren Auge der Wölfin herziehen. Sie wirft Lyall einen fragenden, verwirrten und auch unsicheren Blick zu. Gerne würde sie mit ihrer Freundin einfach nur davonlaufen. An eine Verwandlung ist, wie immer es auf Lyall wirken mag, von Ragnas Seite aus nicht zu denken. Allerdings sieht ihre wölfische Seite es anders, sie möchte mit diesem anderen Wargen reden, möchte wissen ob er und Lyall sie verlassen werden. So viele Bilder in ihrem Kopf… So viel Unsicherheit. Einzig der menschlichen Seite wieder die Kontrolle zu überlassen kann hilfreich sein.

Lyall nickt ihr nach kurzem Zögern zu und die Sitechwölfin beginnt mit ihrer Verwandlung, auch wenn alles in ihrer menschlichen Seite sich dagegen sträubt. Der innere Kampf ist hart und die Schmerzen dieser gewaltsam von einer Seite hervorgerufen Verwandlung, ohne im Einklang mit der anderen Seite zu sein, sind schier grenzenlos und zwingen sie nieder auf den Boden. Irgendwann schlägt ihr Winseln in Wut- und Schmerzensschreie um und sie liegt für einen Moment reglos auf dem weichen Moos. Doch schnell besinnt sie sich, sammelt sich und rafft sich auf. Aufrecht steht sie dort und ihre nahezu schwarzen Augen starren zu den Wolfsaugen des Fremden empor. Dieser kommt jedoch nicht einmal dazu den Blick zu erwidern. Er scheint zu erschrocken ob der Tatsache, dass er nicht der einzige Wandler hier ist und segelt vom Baum. Obgleich sein Sturz uneleganter nicht aussehen konnte, gelingt ihm eine sanfte Landung. Nun hockt er unter dem Ast, mit den Händen stützt er sich ab. Lyall oder ihre Wölfin jedoch scheinen ob diesen Sturzes so erschrocken, dass sie gleich zu ihm hechtet, sich verwandelt und nun in menschlicher Gestalt näher an ihn heran robbt. Ragna geht ihr nach, denn so kann sie ihrer Freundin wenigstens helfen, wenn sich der Fremde als Gefahr entpuppt. So hockt sie sich dicht neben ihn, um falls nötig direkt eingreifen zu können und da wird ihr plötzlich bewusst wie der Mann aussieht. Seine Haut ist dunkel und sein Haar tiefschwarz. Er erinnert sie ein wenig an die Bewohner der Sommerinseln, nur das die Haut der dortigen Menschen noch weit dunkler war. Nichst desto trotz, erinnert sie dieser Mann an Tatunca.

Während sie sich zu verinnerlichen versucht, dass dies nichts weiter als ein Fremder ist und sie vorsichtig sein sollte, legt Lyall ihm bereits die Hand auf die Schulter und beugt sich dicht zu ihm heran. Während sie sich nach seinem Befinden erkundigt, ist Ragna mehr und mehr angespannt. Wie lange hatte sie sich gewünscht nicht alleine zu sein? Sich nach jemanden gesehnt, mit dem sie sich wandeln und laufen könnte. Nun hatte sie endlich einen solchen jemand in Lyall gefunden, aber vielleicht würde Lyall jetzt ob des Mannes, der eine ebensolche Wolfsseite wie sie selbst hat, nichts mehr mit Ragna zu tun haben wollen. Vielleicht würden die wölfischen Sinne mit ihr durchgehen und sie würde das Männchen für sich haben und keine weibliche Konkurrenz dulden wollen. Sowohl Ragna-Rana als auch die wölfische Seite, die in ihrem Innern noch immer sehr präsent ist, machen sich auf ihre eigene Weise Sorgen um die Zukunft, während sich Lyalls Sorgen einzig und allein auf den Fremden richten.

Sei nicht töricht, Ragna-Rana, versucht sie sich selbst zu beruhigen.
Lyall hat genau wie du auch eine menschliche Seite. Sie besteht nicht nur aus Instinkten und wird dich gewiss nicht einfach fallen lassen.
Aber die Angst ist greifbar nahe und noch kann sie in dem Fremden kaum mehr als einen Konkurrenten um die Gunst Lyalls sehen, auch wenn der Fremde seinerseits überhaupt nicht an den beiden Frauen interessiert zu sein scheint, sondern eher wie unter Schock wirkt. Nur mühsam rappelt er sich auf, befreit sich beinahe schüchtern von Lyalls Hand und betrachtet die Beiden verwirrt und unsicher. Ganz so, als hätte auch er nie einen anderen ihrer Art zu Gesicht bekommen und langsam aber sicher flammt auch in Ragna eine winzig kleine Spur von Mitgefühl auf. Ein Warg sollte nicht alleine rennen müssen. Er sollte unter seines Gleichen sein…

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 29. Sept. 2011, 12:41 Uhr
Kaney bleibt erst einmal, wie er auf dem Boden gelandet ist: auf den Fersen hockend, sich gleichzeitig mit den Händen abstützend, den Blick gen Waldboden gerichtet.
Aus den Augenwinkeln bekommt er mit, dass sich auch die Schattenwölfin in einen Menschen verwandelt.
Eine von den beiden Wölfinnen... Warginnen... legt die Hand auf seine Schulter, beugt sich vor, fragt leise, kaum verständlich: >Geht es dir gut?<
Der Gelbäugige will laut auflachen.
Natürlich geht es ihm gut, als wenn ihm dieser kleine Fall etwas ausmachen würde. Gut, der Fall war vielleicht etwas peinlich, man könnte es für Tollpatschigkeit halten...
Eigentlich war er überhaupt nicht so tollpatschig...
Tolles erstes Aufeinandertreffen...
Was die beiden Warginnen wohl von ihm denken würden. Er hätte Weißfell beinahe angegriffen... zurecht, meint der tierische Teil in ihm. Und der menschliche muss zustimmen. Trotzdem...
Während er auf den Boden starrt, erinnert er sich an die erste und einzige Begegnung mit einem anderen Wargen... das war auch schon mehrere Zwölfmonde her. Damals hatte er gerade erst seine Fähigkeiten zu Wandeln entdeckt...
Nur allzugut erinnert sich Kaney an diesen seltsamen Mann, der meinte: "Du bist ein Warg, und dass ist toll, sei stolz darauf!" (so ungefähr zumindest) und dann sofort wieder aus Talyra verschwunden ist... zumindest hatte Kaney die Gestalt nirgendswo wieder gesehen.
Hoffentlich waren diese beiden Warginnen nicht so wie dieser.... Kaney fällt kein passendes Wort ein.

Verlegen nimmt die Hand von seiner Schulter, steht dann auf, betrachtet erstmal die beiden Frauen.
Die hinten stehende Frau (in Gedanken nennt er sie immer noch Weißfell ) hat in ihrer menschlichen Gestalt schwarze Haare mit Grauen Strähnen, scheint eine Handbreit größer zu sein als er selbst, sie ist schlank, durchtrainiert... und Kaneys Meinung nach jünger als sie selbst.
Einen längeren Moment begutachtet er die Augen von Weißfell. Nur kurz hingegen bleibt der Blick des Wargenmischlings auf dem Lederhalsband, das - mit Federn, einer Art Amulett und einer Bärenkralle verziert - um den Hals der Frau baumelt.

Dann blicken seine gelben Augen auf Schwarzfell, die ihm eigentlich näher steht, die ihre Hand auf seine Schulter gelegt hatte - und seine Augen bleiben an ihrem Kopf - genauer gesagt, an ihren Ohren - hängen.
Wolfsohren. An der Seite ihres Kopfes befanden sich schwarze Wolfsohren...
Eigentlich hatte Kaney damit gerechnet, dass die beiden Warginnen vielleicht auch eine ungewöhnliche Augenfarbe haben könnten, oder Reißzähne... die gleichen Anzeichen für das Wargenblut, wie er selbst. Dass es auch andere Körperteile geben könnte...
Er bemerkt, dass er starrt.
So langsam verhälst du dich echt peinlich, Kaney" rügt er sich selbst in Gedanken, und verlegen wendet er den Blick ab, mustert den restlichen Körper von Schwarzfell.
Das Haar der Frau ist schwarz wie die Wolfsohren, die Augen bernsteinbraun mit goldenen Sprenkeln, der Körper durchtrainiert - Schwarzfell ist noch etwas größer als Weißfell, überragt ihn also genauso wie die andere Frau. Sie scheint so alt zu sein wie er selbst.. und war das ein Hauch von Röte in ihrem Gesicht?
Du starrst sie immer noch an!

Verlegen grinst Kaney, jetzt sind seine Reißzähne deutlich zu sehen, kratzt sich dabei am Hinterkopf.
Dass Schwarzfell wegen ihrer Nacktheit erröten könnte, darauf kommt er nicht. Er selbst findet es nämlich gar nicht peinlich, nackt vor anderen, ihm eigentlich unbekannten Menschen zu stehen - er ist es einfach gewohnt.
Für seine Aufgabe als Hauptmann der Späher war er häufig in seiner Wolfsgestalt im Larisgrün unterwegs (er war so einfach schneller, als wenn er auf einem dieser störrischen, für ihn immer noch unberechenbaren Pferden reiten musste), und wenn er anschließend auf andere Menschen traf, dann musste er nackt auf diese Menschen zugehen.
Sicherlich, er besorgte sich dann schnell Kleidungsstücke, oder eine Decke - das aber wegen der Witterungsumstände, oder "weil man es halt so macht"...
Peinlich war ihm seine Nacktheit also nicht, und warum sollte es bei den Frauen anders sein?

Stille herrscht zwischen den Drei, Blicke gehen hin und her, bis Kaney seine Stimme wiederfindet.
"Mein Name ist Kaney... Willkommen in Talyra."
Etwas besseres fällt ihm nicht ein. Manchmal wäre Kaney wirklich etwas wortgewandter. Nervös wischt er sich mit dem Unterarm über den Mund, bemerkt das Blut dass immer noch an ihm klebt.
Verlegen grinst er wieder, unfähig jetzt sofort noch ein weiteres Wort zu sagen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 04. Okt. 2011, 11:22 Uhr
Nach einer gefühlten Ewigkeit merkt Lyall, wie sich die Muskeln unter der gebräunten Haut des Jungen bewegen und atmet erleichtert auf. Offensichtlich ist ihm nichts passiert und anscheinend wird ihre Hilfe nicht benötigt, wie sie etwas   säuerlich feststellen muss.
Er schüttelt ihre helfende Hand ab und steht langsam auf.
Seinen Bewegungen mit den Augen folgend, kniet sich Lyall in eine halb sitzende, halb zur Flucht bereiten Position hin.
Noch ist ihr innerer Trieb zu Helfen größer, als die Angst, dass der Warg sich gegen sie beide wenden könnte.
Abwartend mustert sie den Jungen... nein... halt... es war kein Junge, sondern ein Mann. Seine Gesichtszüge sind ebenmäßig aber scharf, seine Augen leuchten unnatürlich gelb im fahlen Licht der untergehenden Sonne.
Ihre eigenen Augen sind ebenso unmenschlich gelblich und golden, doch dieses Gelb... Man kann sich kaum seinem Blick entziehen.
Seine Haare sind kurz und schwarz wie die ihren, stehen strubbelig vom Kopf ab.
Sie bemerkt verlegen, wie seine Blicke nun auch auf ihr ruhen, wanderten sie doch gerade eben noch über den ebenmäßigen Körper von Ragna.
Die Blicke des schwarzen Wolfes oder besser gesagt des Wargen, gleiten über ihr Gesicht, ihre Haare und bleiben selbst für einen Wargen einen Tick zu lange an ihren Ohren hängen.
Errötend schaut Lyall kurz zu Boden, kann jedoch nicht für lange ihren Blick von ihm abwenden.
Er sieht nicht gefährlich aus, zumindest nicht in seiner entblößten menschlichen Gestalt und um sie herum scheint sich auch kein lauerndes Rudel oder weitere Menschen zu befinden.
Plötzlich grinst ihr Gegenüber und kratzt sich verlegen am Hinterkopf, jedoch offensichtlich mit sich und der derzeitigen Situation gar nicht so unzufrieden.
Wie vom Hammer getroffen wird sich Lyall bewusst, dass sie sich Hals über Kopf verwandelt hatte und ebenso Ragna und der... Mann. So etwas sieht ihr garnicht ähnlich! Was ist nur in sie gefahren?
Sie würde wieder üben müssen ihre selbstlose menschliche Seite nicht einfach durchbrechen zu lassen. In manchen Situationen ist der wölfische Instinkt einfach objektiver und der bessere Weg mit Sitiationen fertig zu werden.
Und nun sitzt sie hier, vor Ragna und vor allem jedoch vor IHM... nackt, schutzlos und so wie Ealara sie geschaffen hatte.
Unsicher springen die Blicke aller Beteiligten hin und her, jeder beobachtet jeden.
Innerlich ist Lyall absolut aufgeregt, würde am liebsten verschwinden, sterben oder vom Blitz erschlagen werden. Am Besten alles gleichzeitig.
Doch ihr Körper will ihr nicht gehorchen und ihre innere Wölfin ist eher fasziniert als abgestoßen, von einem männlichen Individuum ihrer „Art“.
Jedoch ist es der Warg, der von allen Dreien seine Stimme als Erstes erhebt: >>"Mein Name ist Kaney... Willkommen in Talyra."<<
Bei den Worten richtet er sich nun ganz auf und wischt sich über den blutigen Mund, das schiefe Lächeln auf den Lippen stets wahrend.
Lyalls Blick gleitet derweil an der schlanken Brust des Mannes herunter – vier verblassende Narben zieren den linken Rippenbogen- , weiter über den flachen muskulösen Bauch, herab bis zu einem dünnen Streifen von verbliebenem schwarzen Wolfspelz - zumindest hält Lyall es dafür - unter dem Bauchnabel.
Sie lässt ihre bernsteinfarbenen Augen weiter forschen und abwärts gleiten und diese weiten sich mit einem Mal jäh.
Wie eine Woge der Übelkeit bricht eine klebrige Welle aus Unwohlsein über sie herein, lässt sie würgen und am ganzen Leib zittern.
Nun ist die Erstarrung wie vergessen, stolpernd und strauchelnd hechtet sie zum nächst gelegenen Busch und erbricht sich geräuschvoll in eben diesen.
Drei Warge... die in Lyall tief verwurzelte Scham... was würde diese Siebentage noch für sie bereithalten? Erst allein... dann zu zweit und dies war schon ein kleines Wunder und nun drei Warge? Auf einen Schlag?
Das ist einfach zu viel.
Spuckend hängt sie halb im gelb blühenden Ginsterbusch, nicht fähig noch einmal zurück zu blicken.
Nur ihr wölfisches Ich ist mehr als interessiert und drängt dazu sich zu verwandeln, um zu dritt durch den herrlichen Wald zu rasen und ein kleines Rudel zu bilden.
Aber Lyall ist es viel zu schlecht und sie kämpft die instinktbeladenen Gedanken ein weiteres Mal nieder. Sie möchte sich in eine Maus verwandeln und diesem peinlichen Bild hier einfach nur entschwinden.
Um Eas Willen, diese verdammte Scham!

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Ragna am 07. Okt. 2011, 01:54 Uhr
Ragna ist noch immer skeptisch bezüglich dieser Situation. Dass der fremde Warg sie anstarrt macht die Situation für sie keines Falls besser. Im Vergleich zu Lyall ist es jedoch keine Scham, welche sie spürt. Auch wenn in ihrer Heimat ob der Kälte Nacktheit eher unüblich ist, hat sie auf den Sommerinseln erfahren, dass sich die dortigen Jäger nur spärlich bekleiden und durch Tatunca hatte sie gelernt, dass es unnatürlich ist sich seines Körpers und seiner Natur zu schämen. Tatunca hatte auch ihre Fähigkeit sich zu wandeln sehr gut aufgenommen. Kurz schweifen ihre Gedanken zu ihm, ehe sie wieder auf dem Warg ihr gegenüber gerichtet sind und auch ihre Augen ihn genauer mustern. Inzwischen geht sein Blick zu ihrem Stirnband, welches nun lose an ihrem Hals hängt. Ragna-Rana schiebt es wieder empor. Ragna-Rana wusste von den Stämmen, dass es andere Warge gibt, dennoch hatte sie nie zu träumen gewagt gleich mehrere ihrer Art zu treffen. Denn auch wenn Warge in ihrer Heimat als etwas Besonderes geschätzt werden, so sind sie dennoch sehr selten. Nicht wissend was sie von der Situation halten soll, bemerkt sie die Röte in Lyalls Gesicht. Der Gedanke, dass sich eine Wandlerin vor einem anderen Wandler ob ihrer Nacktheit schämt, kommt ihr gar nicht. Offensichtlich ist für sie nur, dass sie ob des langen Starrens des Fremden verlegen wird. Menschen tun so etwas wenn sie sich zueinander hingezogen fühlen, nicht? Ragna-Rana kann sich keinen anderen Reim darauf machen und das unsichere Grinsen des Fremden, verstärkt ihre Meinung noch. Sie spürt abermals wie das Tier in ihr Angst hat, seine neugewonnene Freundin zu verlieren. Doch bemüht sich die Jägerin diese Gefühle zur Seite zu schieben und ihre tierische Seite zu beruhigen. Dergleichen ist aus menschlicher Sicht schlichtweg Unsinn. Selbst wenn die Beiden sich für einander interessieren, ein Mensch schreibt keine Freunde ab, nur weil er einen Partner findet. Die Wölfin jedoch scheint davon keineswegs überzeugt. Der Warg stellt sich als Kaney vor und heißt sie Beide in Talyra willkommen. Gerne hätte Ragna gefragt ob es hier viele Warge gibt und das schwarze Fell und die Größe typisch für die hiesigen Wölfe sei. Aber noch traut sie dem Fremden nicht. Dennoch stellt sie sich ihm ebenfalls vor: „Ich bin Ragna-Rana,“ und wartet dann ab, was weiter geschieht. Ihre Muskeln sind ein wenig angespannt und auch wenn die Wandlung kräftezehrend und anstrengend ist, hält sie sich dennoch bereit ihren schutzlosen Körper schnellstmöglich wieder mit Fell zu bedecken und sich mit langen Zähnen zur Wehr zu setzen. Bisher scheint es jedoch nicht notwendig.

Dann jedoch scheint es Lyall plötzlich sehr schlecht zu gehen und Ragna hechtet ihr nach zum nächsten Busch, besorgt hält sie Lyalls Haar zurück, während diese sich wieder und wieder erbricht. Ragnas Blick bohrt sich währenddessen in den des Wargen und für einen kurzen Moment nehmen sie die Farbe der Wolfsaugen an. Gelbe Augen starren in gelbe Augen, dann ist der Moment vorbei und ihre Augen werden langsam wieder dunkler, als die menschliche Seite wieder die Kontrolle erlangt. Ihre tierhafte Seite ist zwar noch immer sehr präsent und wachsam. Sie will Lyall helfen und schützen und auch wenn der Fremde, Kaney, keineswegs bösartig wirkt, so ist sich Ragna ob seiner Absichten keineswegs sicher. Allerdings kommt sie kaum dazu, sich weiter mit dem Fremden auseinanderzusetzen, denn abermals würgt Lyall und nachdem diese endlich fe3rtig ist, hilft Ragna der schwankenden Frau wieder hoch und flüstert: „Lyall, was stimmt nicht mit dir? Kann ich irgendwas für dich tun?“ Das eigene Unwohlsein steht plötzlich gar nicht mehr zur Debatte. Ihre einzige Sorge gilt nunmehr Lyall, welche sich noch immer ein wenig benommen auf sie stützt. Eine Idee was der neugewonnen Freundin fehlen könnte, hat sie nicht.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 10. Okt. 2011, 21:17 Uhr
Noch während Kaney sich vorstellt und die beiden Warginnen in Talyra willkommen heißt, verändert sich die Gesichtsfarbe von Schwarzfell. Sie wird knallrot, ähnlich einer Erdbeere - nur ohne die ganzen Körner die sonst auf einer Erdbeere drauf sind.
Regungslos beobachtet der Wargenmischling diese Reaktion der Frau, die ihm doch sehr bekannt vor kommt... er selbst bekommt in manchen Situationen eine ähnliche Gesichtsfarbe.
Den Göttern sei dank geschieht das nicht mehr allzuhäufig.
Dieser Gedankengang entsprach der Wahrheit. Während Kaney in früheren Jahren sehr häufig sehr rot angelaufen war (vorallem wenn Frauen in irgendeiner Art und Weisein der Situation beteiligt waren) war er nun wesentlich selbstsicherer. Allein durch seine Arbeit als Hauptmann der Späher hatte er genügend Erfahrungen gesammelt, so dass er nicht sofort rot anlief wenn ihm eine Situation irgendwie peinlich war.
Er redete mit mächtigen Druiden und jungen Botenkindern, er schnauzte seine Späher an, wenn diese Mist gebaut hatten, und unterstütze sie, wenn sie Hilfe brauchten - alles ohne diese ErdbeerRöte im Gesicht.
Dass er nun rot anläuft, wo diese beiden Warginnen vor ihm standen, das verunsichert den Gelbäugigen doch etwas.
>Ich bin Ragna-Rana,< stellt sich Weißfell nun zuerst mit Namen vor und Kaney würde diese Stimme wohl als "rauchig" beschreiben - noch bevor er sich weitere Gedanken machen kann, oder Ragna-Rana etwas weiteres sagen kann, stürzt Schwarzfell würgenderweise an ihnen vorbei zu einem anderen Gebüsch hin um sich dort laut zu erbrechen.
Jetzt ist Kaney noch verwirrter. Es schien Schwarzfell doch eben noch gut gegangen zu sein, außer dieser Röte für die er keinen Grund erkannte...
Weißfell Nein, Ragna-Rana verbessert er sich selber in Gedanken - eilt zu Schwarzfell, hält ihr die Haare fest damit sie diese nicht durch den Mageninhalt beschmutzt - und wendet sich dabei zu ihm um, um ihn einen Blick zu, der Kaney wachsam werden lässt.
Die Augen wandeln sich, werden fast so gelb wie seine eigenen Augen...
Nur mühsam hält sich Kaney zurück, das Tier in ihm will die Zähne fletschen und klarstellen, dass er so nicht mit sich umspringen lässt...
Kaney atmet tief ein und aus, konzentriert sich dann auf Schwarzfell.
Eben ging es ihr noch gut. Sie roch nicht nach Krankheit. geht er in Gedanken durch. Dann fällt ihm ein, wie schnell sie sich gewandelt hat.
Zu schnell vielleicht?
Er erinnert sich daran, wie er, nachdem er sich das erste Mal verwandelt hatte, selber Probleme mit seinem Körper hatte. Der Körper musste sich halt erst daran gewöhnen, sich zu wandeln, und wenn man sich anfangs zu schnell wandelte konnte es schon sein, dass der Magen rebellierte.
Aber irgendwie hatte Kaney doch das Gefühl, dass es nicht nur das ist, sondern dass er selber auch seinen Anteil daran hat, dass Schwarzfell sich unter Krämpfen weiter übergibt.
Am liebsten würde er zu ihr hingehen und ihr beruhigend die Hand auf die Schulter legen... aber da ist er sich sicher, dass das falscheste ist, was er jetzt machen kann.
Du gehörst nicht zu ihrem Rudel spricht das innere Tier zu ihm- und es hat absolut recht.
Trotzdem will Kaney etwas tun, und er hat auch eine Idee.
Vorsichtig, langsam, die Hände beschwichtigend vor sich haltend, geht er rückwärts. Wieder wirft Ragna-Rana ihm einen Blick zu, aber sie kümmert sich weiter um Schwarzfell, die sich immer noch übergibt... und so kann Kaney erst einmal ungehindert den Ort verlassen an dem die drei Warge sich getroffen haben.

Als er einige wenige Minuten später wiederkommt, hat er die Gestalt gewandelt, trägt etwas in seinem Maul. Als Wolf ist er einfach schneller unterwegs, zu dem Ort wo er das Mitbringsel her geholt hatte.
Er gibt sich Mühe, laut genug zu sein um anzuzeigen, dass er kommt, nicht dass die beiden Warginnen denken dass er sich anschleicht...
Schwarzfell hat endlich aufgehört mit dem Erbrechen, allerdings sieht sie nun echt erbärmlich aus, sie zittert immer noch, während Ragna-Rana neben ihr hockt und sie an den Schultern festhält.
Kaney macht sich so klein wie möglich (was mit seiner Größe gar nicht so einfach ist), wedelt mit dem Schwanz, robbt vorsichtig näher - und als er nur noch wenige Schritt von den beiden Warginnen entfernt ist, legt er ab, was er die ganze Zeit in seinem Maul getragen hat.
Frisch herausgerissene (leicht angesabberte) Pfefferminz liegt auf dem Boden, während Kaney sich immer noch so klein wie möglich machend, schwanzwedelnd zurückzieht.
Gerne hätte er Schwarzfell einen Tee aus dem Heilkraut angeboten, um den Geschmack nach erbrochenem los zu werden und den Magen zu beruhigen, aber er hatte keinen Tee, nur das Wissen, wo diese Kräuter wachsen.

Seine Instinkte raten Kaney, außer Sichtweite zu gehen, um sich zurück zu verwandeln... warum genau, weiß er nicht, er vertraut in diesem Punkt einfach seiner tierischen Seite.
Zwar ist er immer noch nackt, aber er bleibt etwas mehr auf Entfernung, setzt sich in einen Schneidersitz hin, bemerkt jetzt erst den verwirrten Blick der beiden Frauen, die von der Pflanze zu Kaney und wieder zurück gucken.
Wieder läuft Kaney knallrot an, blickt verlegen zu Boden.

"Die Pflanze... Pfefferminz, sie hilft bei einem kranken Magen. Einfach kauen..."
Verlegen zuckt er mit den Schultern, und weiß nicht, was er noch sagen soll. Vielleicht sollte er einfach von hier verschwinden, und dieses kleine Rudel nicht weiter belästigen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 14. Okt. 2011, 20:33 Uhr
Oberflächlich betrachtet scheint Lyall nichts zu fehlen. Nur ein bisschen blass um die Nase ist sie und ihr Körper zittert immer wieder leicht, wie nach einer großen Anstrengung.
Wie ein Trauerschleier fallen ihre schwarzen Haare über ihr Gesicht und verdecken die vom stillen Weinen geröteten Augen.
Raschelnd bewegen sich die Blätter auf dem schweren dunklen Waldboden, als sie sich etwas von Ragna entfernt – doch diese stützt ihre Schultern weiterhin mütterlich - , ihre Beine anzieht, die Arme darauf legt und ihren Kopf darauf bettet.
Nur ein Kopfschütteln folgt auf Ragnas Frage, ob diese etwas gerade für sind tun könnte.
Lyall rührt die Frage der erst kürzlich kennengelernten Frau sehr und sie will nicht mit einer erstickten verheulten Stimme darauf Antworten müssen.
Und so bleibt es eben bei einem etwas längeren Kopfschütteln, mit hilflos zur Seite herabhängenden Ohren.
Was sollte sie auch sagen?
Wie sich anders verhalten?
So lange wurde ihr vorgehalten, sie wäre ein Monster, ein Wechselbalg... etwas, was man schnell wieder loswerden musste.
„Warum habe ich dich nicht gleich nach deiner Geburt im See versenkt...“...
Sind nicht genau dies die Worte ihres Vaters gewesen? Was hatte er auch mit ihr anfangen sollen... seine neue Frau hatte ihm immerhin einen Sohn und eine Tochter geschenkt. Eine Tochter, die nicht von allen angestarrt wurde und ihn mit ihrer „Normalität“ stolz machen konnte.
Aber sie hatte doch versucht ihm zu gefallen, jeden seiner Wünsche von den Augen abgelesen und ihre Jagdprüfung mit Erfolg abgeschlossen.
Sie war die erste Frau, die eine Herde über mehrere Wochen verflogt hatte! Doch das alles hatte nichts gebracht.
„Sie hat es als Wolf getan.“... „Sie ist im Vorteil! Immerhin kann sie so weit hören und wer sagt, dass sie nicht auch so gut riechen kann?“
Aber sie hatte es als 'Mensch' getan. Als ganz normaler, verdammter Mensch.
Diese Erinnerungen lassen die Wargin ihren Kopf noch tiefer in ihren Armen vergraben.
Alle hatten ihr das Gefühl gegeben allein zu sein, einzigartig zu sein, jedoch nie auf eine positive oder angenehme Art.
Im Inneren hatte sie die Hoffnung nie aufgegeben, dass es noch andere „Wesen“ wie sie gab. Doch es war eher eine Art Festklammern an einen Gedanken oder eine Hoffnung, nur um nicht mit der Gewissheit leben zu müssen vollkommen anders und auf der Welt einzigartig zu sein.
Möglicherweise hat sie genau diese Hoffnung vor dem Freitod bewahrt.
Auch wenn Lyall immer versucht hat, etwas positives zu denken und ihre Unabhängigkeit zu schätzen - ab und zu gelang ihr dies auch -, als zu verdammen, so kam auch sie des Öfteren an den Punkt sich zu wünschen einfach nur „ein Mensch“ zu sein.
Sie hat immer versucht stark zu sein... mutig zu sein und sich über ihre Leistungen zu definieren. Doch auch ihr Wille konnte leicht gebrochen werden, und Selbstzweifel fraßen sie zunehmend von Innen auf.
Wie viele Tage und Nächte hatte sie ihre „Gabe“ verflucht, geschrien und die Göttin für ihren unergründbaren Weg verdammt?
Einen Weg, bei dem es nur die Hoffnung als Rettungsleine gab? Und nur diese Rettungsleine sie immer wieder davor bewahrte in den Wahnsinn zu verfallen oder ihren menschlichen Körper abzustreifen, um als Wolf ein neues Leben zu versuchen?

Und nun?
Nun sitzt sie mit gleich zwei anderen Wargen auf einer Lichtung mit einem vollgekotzten Busch und heult wie ein kleines Mädchen.
Was läuft nur falsch?
Schließlich dachten wohl die anderen Warge genau das Selbe wie sie: Ich bin allein.
Doch augenscheinlich können sie besser damit umgehen. Vielleicht wurden sie auch bestärkt ihr Wesen zu akzeptieren, als es zu verdammen?
Vielleicht.... vielleicht...
Was bringt dies alles jetzt? Warum sitzt sie her zusammengekauert und heult Rotz und Wasser?
Schließlich ist dies was du am meisten gewünscht und auch am meisten gefürchtet hast. Du bist nicht allein. Es gibt mehr... Mehr als nur einen oder zwei... Vielleicht wirklich Tausende?
Freu dich doch! Freu dich, dass du das außerordentliche Lebensgefühl eines Wargen mit anderen teilen kannst! Das du nun nicht mehr allein den Wind in deinem Fell spürst! Nun gibt es andere... die verstehen....

Und auch ihre Seelenwölfin spendet tröstende Geistworte und eine Aura der Freude und des Glücks wird von ihr ausgesendet.
Ja... vielleicht ist dies wirklich ihr Ziel. Und nun hat ihr Ealara Gefährten geschickt.
Ihre Wege sind wirklich unergründlich...

Langsam hebt sie den Kopf, als sie die leisen Geräusche von geübten Jägerspfoten auf dem trockenen Laub hört.
Es ist der schwarze Wolf – Kaney - , dessen kluges Wolfsgesicht von einem Büschel Pfefferminzstängeln eingerahmt wird.
Unschicklich zieht Lyall ihre Nase hoch und wischt sich mit ihren Händen über das Gesicht.
Ihre Augen sind mehr als rot und ihre Haut glänzt nass vor Tränen, doch sie lächelt.
Erst blickt sie in die sorgenden Augen von Ragna-Rana und dann in die gelben Wolfsaugen des verwandelten Mannes.
„Es geht mir schon besser. Es tut mir leid, wenn ich euch erschreckt habe. Es...ist nur schwer für mich gleich zwei Warge zu treffen. So kurz hintereinander... und dann noch einen männlichen...“, fügt Lyall leiser hinzu.
Möglicherweise würde sie sich irgendwann an seinen Anblick gewöhnen. Möglicherweise...
Während er sich wieder zurück zieht und sich außerhalb ihres Sichtfeldes verwandelt – was Lyall ihm innerlich dankt -, dreht sie sich zu Ragna um, drück sie kurz an sich und angelt dann im Sitzen nach den abgelegten Pfefferminzpflänzchen.
Lange dauert seine Verwandlung nicht und als er das frische Grün in den Händen der Wargin sieht, sagt er kurz angebunden: „Die Pflanze... Pfefferminz, sie hilft bei einem kranken Magen. Einfach kauen...“
Schulterzuckend hält er eine Art Sicherheitsabstand zu den beiden weiblichen Wargen und blickt vor sich hin.

Kurz zupft Lyall zwei Blättchen ab, kaut kurz darauf herum und sagt dann: „Ich war wirklich unhöflich... Mein Name ist Lyall und ich bin wirklich erfreut dich kennen zu lernen, Kaney... Entschuldige mein Verhalten. Und auch du Ragna... es tut mir wirklich Leid, dass ich dich so geschockt habe. Ich... habe mich nur an etwas erinnert und... es war ein bisschen viel das Ganze. Ich hoffe, wir können trotzdem...“
Wie soll sie diesen Satz vollenden? Das er ausdrückt was genau sie gerade empfindet?
„Ich würde mich sehr freuen, wenn wir neu anfangen könnten. Und danke auch für das Kraut, Kaney. Das kann ich gerade wirklich gebrauchen!“
Es gibt so viel zu fragen und zu besprechen! Sicher können alle Drei voneinander lernen.
Was die Zukunft nun für sie alle bereit halten würde?

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Ragna am 25. Okt. 2011, 17:07 Uhr
Ragna-Rana ist es unbegreiflich, weshalb es Lyall plötzlich so schlecht geht. Trotzdem ist es für sie selbstverständlich bei ihrer Freundin zu sein und obgleich Ragnas gesamte Aufmerksamkeit bei Lyall zu sein scheint, wirft sie dem Fremden einen kurzen Blick zu. Dieser wagt sich aber zum Glück nicht näher und hält einen mehr als gesunden Abstand. Gut so...

Das Tier in Ragna-Ranas Innern lauert unter der Oberfläche und gerade jetzt wo ihre neue Freundin Lyall schlecht zurecht ist, würde die Wölfin jeden Wegbeißen wollen, den sie als Bedrohung einstuft. Wozu Fremde – selbst oder gerade wenn es sich um einen anderen Warg handeln – selbstverständlich zählen. Doch dieser Kaney-Warg macht keinen Bedrohlichen Eindruck. Er scheint verwirrt und unschlüssig. Dann zieht er sich zurück. Ragnas Ohren vernehmen, das Bersten und Verformen von Knochen, er verwandelt sich. Alle Muskeln der Jägerin sind angespannt und bereit sich ebenfalls zu verwandeln, sollte der Wolf sich näher wagen und ihre Freundin bedrohen. Doch der fremde Warg scheint nichts dergleichen im Sinn. Nachdem er seine Verwandlung abgeschlossen hat, entfernt sich das leichte Knistern des Laubes oder dürrer Äste, welche unter dem Gewicht des schwarzen Riesenwolfen ächzen und nachgeben. Es dauert eine Weile, ehe er zurückkommt. In der Zwischenzeit bleibt Ragna-Rana nicht mehr als besorgt bei Lyall auszuharren. War sie krank? War ihr die Verwandlung nichtbekommen? Ging die Rückverwandlung zu schnell? Die Schneewölfin hat nicht den Hauch einer Ahnung, was ihrer Freundin fehlt. Beschließt aber, sobald sich Lyall etwas gefangen hat, diese zu stützen, schlimmsten Falles zu tragen und nach Hause zu bringen, wo ihr Aurian vielleicht helfen könnte. Doch solange Lyall noch würgt, ist an einen Transport nicht zu denken und der Moment des Wartens kommt der Jägerin unendlich lang vor.

Aber dann vernehmen ihre geschulten Ohren wieder das Tapsen sich nähernder Pfoten. Ragnas Wölfin bricht näher hervor und ihre sonst nahezu schwarzen Augenbekommen einen Gelbschimmer, der den Raubtieraugen der Wölfin gleicht.

Kurz darauf taucht der schwarze Wolf wieder auf. Zwischen seinen Zähnen hängt ein undefinierbares Kräuterzeug. Langsam nähert er sich, dabei macht er sich so klein wie möglich, bemüht keinesfalls bedrohlich zu wirken. Normalerweise hätte gerade seine geduckte Haltung Ragnas Unmut bzw. vor Allem den der Wölfin geweckt, aber obgleich er sich geduckt nähert, haben seine Bewegung nichts Pirschendes, so dass  von ihm keinerlei Bedrohung ausgeht. Er wendet bewusst den Blick ab, bemüht keine der Wölfin in die Augen zu starren. Ein solches Fixieren hätte die Situation auch ganz schnell kippen lassen, denn Ragna ist nach wie vor angespannt. Der Kaney-Schwarzwolf achtet aber weniger auf Ragna, sondern scheint einzig und allein an Lyall interessiert. Ragna lässt ihn näher kommen, Behält ihn dabei aber genau im Auge. Würde er den Eindruck erwecken ihrer Freundin etwas tun zu wollen, hätte sie anders reagiert. Aber er legt lediglich die Kräuter vor ihr ab und zieht sich sogleich wieder zurück, um sich zu verwandeln. Nach seiner Verwandlung wird offensichtlich, was es mit den Kräutern auf sich hat. Ragna-Rana hat das Grünzeug nicht zuordnen können. Dergleichen wächst weder auf Barsa noch den Sommerinseln und während ihrer restlichen Reise hatte sie keine ortskundige Begleitung, welche ihr die ortstypischen Kräuter hätte zeigen und deren Nutzung erklären können. Sie würde Lyall zu einem späteren Zeitpunkt darüber befragen. Dergleichen ist zwar wichtig, aber gewiss nicht in diesem Moment. Ob ihrer Sorge um Lyall hat Ragna die Freude darüber, eine andere Wargin getroffen zu haben, beinahe vergessen und auch der dritte Warg, der mit den leuchtenden Wolfsaugen, steht derzeit nicht im Vordergrund ihrer Gedanken. Er macht einen netten, hilfsbereiten Eindruck, aber noch siegt die Skepsis, auch wenn er nun wieder Abstand hält, und im Vordergrund ist nichts anderes als Lyall, die sich nur sehr langsam zu erholen scheint, aber zu einer Erklärung ansetzt. Es sei zu viel für sie gewesen, zwei Warge zu treffen. Vermutlich hatte sie immer gedacht, alleine zu sein. Ragna wusste das es andere gibt und gab. Auch wurde ihre Andersartigkeit von ihrem Stamm sehr begrüßt. Ein Leben, das Lyall nicht gehabt zu haben scheint, wenn man beobachtet wie sie sich verhält. In Ragna steigt Wut auf. Ihr ist unbegreiflich, wieso die Menschen oftmals so ablehnend reagieren. Die wölfische Seite ist ein Geschenk, aber Menschen ohne diese Seite würden das sicher nie verstehen und für Lyall ist es schlichtweg zu viel nunmehr mit zwei Wargen zu tun zu haben. Zumal sie erst heute gelernt hat, dass es Andere wie sie gibt. Ragna weicht nicht von Lyalls Seite. Schweigend wartet sie ab, wie Lyall die Kräuter bekommen und ob es ihr bald besser geht. Sie würde jetzt nicht nachbohren, wieso all das zuviel für sie ist, kann sich ihren Teil aber erahnen und nimmt sich vor später mit ihr ausführlich über ihrer Beider Vergangenheiten zu sprechen und ihr beizustehen wo sie nur kann.
Lyall scheint sich derweil wieder etwas zu fangen, bedankt sich bei Kaney und auch Ragna schenkt dem Fremden nun den ersten Anflug eines Lächelns.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 08. Nov. 2011, 11:22 Uhr
>Es geht mir schon besser. Es tut mir leid, wenn ich euch erschreckt habe. Es...ist nur schwer für mich gleich zwei Warge zu treffen. So kurz hintereinander... und dann noch einen männlichen...<
Während er einfach am Rand der Lichtung hockt und die beiden Frauen ab und an mustert, denkt er darüber nach, was Schwarzfell da gerade gesagt hatte.
Wieso war es schwer für sie, auf zwei Warge zu treffen? Sie hatte doch schon Weißfell getroffen, damit wusste sie doch, dass es noch andere Warge gibt. Wieso sollte es da nur weibliche Warge geben...

>Ich war wirklich unhöflich... Mein Name ist Lyall und ich bin wirklich erfreut dich kennen zu lernen, Kaney...Entschuldige mein Verhalten.< unterbricht Schwarzfell seine Gedankengänge.
>Und auch du Ragna... es tut mir wirklich Leid, dass ich dich so geschockt habe. Ich... habe mich nur an etwas erinnert und... es war ein bisschen viel das Ganze. Ich hoffe, wir können trotzdem... Ich würde mich sehr freuen, wenn wir neu anfangen könnten. Und danke auch für das Kraut, Kaney. Das kann ich gerade wirklich gebrauchen!<

Kaney legt den Kopf schief, betrachtet Lyall mit gerunzelter Stirn.
Neu anfangen? Wegen ein wenig Kotzerei? Und weil es ihr zuviel war?
Sie hatten sich doch grade erst kennengelernt, wieso sollten sie dann wieder neu anfangen...
Ragna-Rana scheint in der zwischenzeit etwas aufgetaut zu sein. Nachdem sie ihm vorher die ganze Zeit eher abweisend gegenüber  gestanden hatte, wirft sie ihm nun ein leichtes Lächeln zu - zumindest bewegen sich ihre Mundwinkel nach oben.
Neu anfangen... wenn sie es will

Also lächelt Kaney. "Mein Name ist Kaney, und es ist mir eine Freude, euch beide kennen zu lernen."
Er schaut auf die Überreste des Wildschweins, wegen dem sie eigentlich zusammen gekommen waren. Kratzt sich dann hinter dem rechten Ohr.
"Wenn ihr beiden Hunger habt...,“ er schaut kurz zu Ragna-Rana. So hartnäckig wie sie als Weißfell versucht hat, ihm die Beute abzunehmen, musste sie wohl noch Hunger haben…
„Wir könnten gemeinsam jagen gehen… oder aber, wir gehen zu mir nach Hause. Ich habe eine Hütte hier im Larisgrün, am Llarelon. Ich hätte dort genügend Vorräte, damit alle satt werden...“
Kurz zögert der Wargenmischling, lächelt dann wieder verlegen. Ob es eine so gute Idee war, die beiden Frauen direkt zu ihm nach Hause einzuladen? Was sie wohl von ihm denken würden..
Er zuckt mit den Schultern.
„Mir wäre beides recht, ich richte mich da nach euch..“

Einen Moment lang kommt in Kaney der Gedanke auf, dass er die beiden Warginnen vielleicht lieber alleine lassen sollte… aber den Gedanken schiebt er schnell an die Seite. Er wollte mehr über Lyall und Ragna-Rana wissen… wollte mehr Kontakt zu seinesgleichen haben.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Lyall am 20. Nov. 2011, 18:34 Uhr
Etwas unsicher und nicht gerade verständnisvoll blickt der Mann auf sie hinab.
Vielleicht kann er nicht verstehen was mit Lyall los ist und in ihr vor geht? Nun, da wäre er nicht der Erste. Manchmal kann die Wargin ihre Gefühlsausbrüche und -schwankungen kaum selbst nachvollziehen.
So ist sie nicht sauer, während sie in die goldenen Augen des Wargen schaut.
Doch dann scheint sich deine Stimmung zu wandeln und er nimmt ihren Vorschlag des Neuanfangs an.
Noch ein Mal nennt er seinen Namen und sagt, dass er sich freut beide Frauen kennen zu lernen.
Er bietet ihnen dann auch noch seinen Fang an, den Ragna als Wolf so sehnlichs haben wollte und obendrauf sogar einen Besuch in seiner Hütte.
Kurz überlegt Lyall und zögert sein Angebot anzunehmen.
Sie haben ihn erst kennen gelernt und sollen ihm schon in sein Heim folgen?
Kurz sieht Lyall neben sich in das Gesicht von Ragna, dieses ist jedoch Kaney zugewandt.
Diese Entscheidung will sie nur mit ihr zusammen treffen.

Schulterzuckend sagt der Warg: „Mir wäre beides recht, ich richte mich da nach euch..“
Leise räuspert sich Lyall.
„Nun, ich für meinen Teil habe keinen Hunger aber ich werde gerne mit euch jagen. Und ich weiß nicht recht...“
Beide Frauen wurden erst am Morgen des nächsten Tages wieder erwartet, wenn Lyall alle Feuer im Anwesen anfachen würde, damit es zur Frühstückszeit mollig warm war.
Aber nun? Sie würden mitgehen, oder? Schließlich möchte sie mehr erfahren über sich und andere Wargen. Vor allem weil er... nun ein er ist...
Und hat nicht Lady Savena gesagt, sie solle mehr aus sich heraus gehen?
Vielleicht ist dieser Tag nun gekommen, sich ihrer eigenen Art zu stellen. So lange hatte sie gewartet und nun gleich zwei andere Warge von Ealara „geschenkt“ bekommen.
Soetwas durfte man nicht ausschlagen.
„Ich denke, wir würden gerne deine Gäste sein. Ich kann zwar nicht für Lady Aurian und das gesamte Anwesen sprechen aber in das Gesindehaus bist du auch herzlich eingeladen. Wie siehst du das Ragna?“

Die Neugier trieb sie nun doch voran und sie freut sich sehr, mehr über Kaney zu erfahren.
Auch ihre Wölfin scheint gefallen an einem neuen Wolf im Rudel zu finden.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Ragna am 25. Nov. 2011, 17:39 Uhr
Ragna-Rana ist perplex über die Einladung des Neulings. Doch gleichzeitig senkt sie auch kurz den Blick als dieser sie mit der Bemerkung über ihren Hunger mustert und  „Entschuldige. Hätte ich gewusst, dass du einer von uns bist, hätte ich es selbstredend nicht versucht…“ Es ist ihr sehr unangenehm, dass sie den Anderen beklauen wollte. Was man auch offensichtlich sieht. Sie hätte jetzt ausholen können zu erklären, dass sie eigentlich satt ist, aber während der Reisen (und der Gefangenschaft) nicht immer genug zu essen hatte und ihre wölfische Seite daher immer darauf bedacht ist jede Mahlzeit zu nehmen, die da kommt, man weiß schließlich nie, wann man wieder  hungern muss. Aber Ragna findet die Erklärung für ihre Unhöflichkeit selbst ein wenig lahm, denn sie hätte sich ja selbstredend was Eigenes erjagen können. Und so lässt sie ihre Entschuldigung so wie sie ist.

Der Einladung zu ihm nach Hause möchte sie jedoch auf keinen Fall nachgehen. Alles in ihr schreit Falle, auch wenn die Vernunft ihr sagt, dass ein anderer Warg ihr sicher nichts tun würde. Aber Lyall fühlt sich ohne Kleidung offensichtlich unwohl und auch Ragna hat keine Lust nackt, wie Ealara sie schuf zu Gast bei einem Mann zu sein. Die Gestalt wechseln und jagen gehen, wäre wohl das Vernünftigste. Aber da sagt Lyall auch schon zu >Ich denke, wir würden gerne deine Gäste sein…<
Also schön… >Wie siehst du das Ragna?< wendet sich die Stimme der neugewonnen Freundin an sie selbst. Ihr ist es alles andere als Recht, aber sie könnte Lyall auch nicht alleine gehen lassen. Hätte Ragna gewusst, dass Kaney mit Lady Aurian der Steinfaust angehört, vielleicht wäre sie weniger unsicher. Einzig seine dunkle Haut, die ein wenig an Tatunca erinnert flößt ein wenig Vertrauen ein. „Nun gut, aber dann sollten wir vielleicht vorher  unsere Kleidung holen.“ Willigt sie ein. Was könnte schon schlimmstenfalls passieren? Lyall war ebenfalls groß und kräftig und gemeinsam würden sie ihn in Wolfsgestalt sicher überwinden können, zumindest entkommen könnten sie ihm, sollte er ihnen etwas tun wollen… was eigentlich absolut absurd ist, schließlich ist er einer von uns… Könnte es wirklich sein, dass sich jetzt alles zum Guten wendet? Ihr Leben einen besseren Verlauf nimmt? Andererseits hat ihr Meister göttergleiche Macht, konnte Stimmen in ihren Kopf pflanzen und bestimmt war er zu weit mehr fähig. Für einen Moment fürchtet Ragna, es könnte sich um eine von ihm gestellte Falle handeln, doch sie schüttelt den Gedanken ab.

Ich werde diese Paranoia nie in den Griff bekommen, wenn ich mir nicht selbst zeige, dass nichts schlimmes passieren wird.
Selbstredend ist auch sie neugierig woher der fremde Warg wohl stammt und ob sie die Gegenden vielleicht gar durchreiste.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Kaney am 29. Nov. 2011, 16:32 Uhr
Er spürt die Unsicherheit der beiden Frauen, ihr Zögern, ihr Nachdenken. Sollten sie seine Einladung annehmen?
Ragna-Rana zögert einen Moment länger, irgendetwas an ihrer Körperhaltung drückt Vorsicht aus. Mehr Vorsicht, als eigentlich notwendig wäre. Vielleicht sogar Angst?
Aber warum sollte sie vor mir Angst haben? Sie ist doch selber ein Warg...

>Ich denke, wir würden gerne deine Gäste sein. Ich kann zwar nicht für Lady Aurian und das gesamte Anwesen sprechen aber in das Gesindehaus bist du auch herzlich eingeladen. Wie siehst du das Ragna?< beginnt Lyall, während Kaney noch Weißfell neugierig betrachtet.

Der Name den Lyall da benutzt lässt Kaney dann doch sehr schnell, ruckartig zu der Frau mit den Wolfsohren.
Aurian? Was hat die denn mit Lyall und Ragna-Rana zu tun? Im Gesindehaus leben sie? Wieso hat sie mir nicht erzählt, dass sie Warge kennt. Sie muss es doch wissen... verdammte Magier, verdammte Geheimniskrämer
Er blickt geistesabwesend einen Moment lang durch Lyall durch, während er diesen Gedanken nachjagt. Wieso hatte Aurian nichts gesagt. Bestimmt gab es irgendeinen Grund... aber welchen?

>Nun gut, aber dann sollten wir vielleicht vorher  unsere Kleidung holen.< reißt Ragna-Rana den Wargenmischling aus seinen Überlegungen.
Ich frag sie später. schiebt er diese Gedanken an die Seite.
"Gut, dann holen wir erst eure Kleidung, und sobald ihr sie habt, führe ich euch zu mir."
Wenn die Frauen den abwesenden Blick bemerkt haben, sagen sie zumindest nichts dazu.

Kaney geht etwas außer Sichtweite, als er sich verwandelt. Er genießt diesen Schmerz, der ihn in seine wölfische Gestalt verwandelt. Ja, es tat weh, wenn sich die Knochen verkürzten, Muskeln wuchsen und schrumpfen, und Organe in ihm an andere Stellen wanderten - aber das war ein Preis, den er gerne zahlte.
Kurze Zeit später steht er wieder als schwarzfelliger Wolf inmitten des Larisgrüns.
Er streckt sich, schüttelt sich, will eigentlich sofort zu den beiden Frauen hinstürmen, um sie nun in seiner wölfischen Gestalt nochmal kennenzulernen - aber er hält inne.
Sein Gefühl sagt ihm, dass es den Frauen vielleicht peinlich ist, wenn er sie bei ihrer Verwandlung beobachtet, und er weiß nicht, wie schnell sie sich verwandeln... also wartet er lieber. Auch wenn es schwer fällt.

Es vergehen einige Augenblicke, bis er Geräusche hört, die sich ganz wie zwei Wölfinnen anhören. Und jetzt kann er - Ungeduld sei dank - nicht mehr ruhig warten.
Langsam geht er auf die Wölfinnen zu, die sich gerade gegenseitig über das Halsfell lecken, ihre gegenseitige Freundschaft bekunden.
Kaney bleibt den Kopf schief legend stehen, beginnt zaghaft mit dem Schwanz zu wedeln.
Jetzt, wo er zwei anderen Wargen begegnet ist, gerade vor ihnen steht, spürt er eine ihm unbekannte Art von Schmerz in seinem Herz.
Er hatte Weißfell beinahe angegriffen, weil sie ihm sein Fressen klauen wollte. Sicherlich, er hatte alles recht dazu, es war immerhin seine Beute. Aber würde dieses beiden Rudelfreundinnen das auch so sehen?
Sie waren ein Rudel, er ein Eindringling.
Das Tier in Kaney schiebt diese Unsicherheit an die Seite. Dem Tier war es egal, ob es zu diesem Rudel gehören durfte oder nicht. Immerhin waren sie schon mit anderen gelaufen. Mit Garok, als der Hund noch jünger war. Mit anderen Wölfen, die ihn in den letzten Zwölfmonden akzeptiet hatten. Mit den Spähern der Steinfaust.
All diese waren auch sein Rudel.
Allerdings wollte Kaney auch Mitglied dieses Rudels sein - und wenn es nur für diesen einen Lauf ist.

Und somit wird sein Schwanzwedeln stärker, als Schwarzfell, Lyall langsam auf ihn zukommt, Weißfell, Ragna-Rana folgt.
Die drei Wölfe beschnuppern sich gegenseitig, lernen sich und diesen besonderen Geruch kennen, den sie nun nicht mehr vergessen würden.
Dann rennen sie los, laufen gemeinsam - und Kaney genießt jeden Schritt, den sie das gemeinsam tun

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Niniane am 27. März 2012, 14:01 Uhr
Irgendwo im Larisgrün, nördlich von Talyra


Es hatte seine Zeit gedauert dieses Jahr, aber nun, gegen Ende des Taumonds, ist der Frühling tatsächlich auch in die nördlichen Herzlande gekommen und Niniane hat es nach endlosen Tagen des Scheuerns, Spinnwebenfegens und Großreinemachens in ihrem Baum hinaus in den Wald getrieben, wo das erste frische Grün dieses Jahres sprießt - und auf genau diese Beute ist sie heute aus. Ihre Vorratskammern sind nach dem langen Winter zwar nicht unbedingt leer, aber verschrumpelte Möhren, austreibende Kartoffeln, halb vertrocknete Zwiebeln und Kürbisse, Kürbisse und noch einmal Kürbisse werden als einzige Bereicherung von Wildbreteintöpfen, Haferbrei, Brot und gebratenem Fisch irgendwann doch einmal ziemlich eintönig. Abgesehen davon konnte sie Kürbis noch nie irgendetwas abgewinnen... außer vielleicht dem Öl aus ihren Kernen. Sie vergeht vor Hunger auf zarte Sprossen und Frühlingszwiebeln, irgendetwas...  Hauptsache es ist frisch und es ist grün. Shaerela, mittlerweile fast acht Jahre alt, recht groß für ihr Alter und längst kein unverständiges Kind mehr, hat sich entschlossen, lieber ihre Mutter zu begleiten als mit ihrem Vater und ihrem Bruder die Pferde zum Schmied zu bringen, und hüpft nun vor ihr auf dem schmalen Saumpfad entlang.

Ihre langen, schwarzen Locken wippen bei jedem Hopser wie kleine, zarte Sprungfedern über die noch schmalen Schultern und den Rücken, und Niniane schüttelt lächelnd den Kopf. Sie kann nur mutmaßen woher ihre Tochter diese wilden Locken hat, denn Crons Haar ist glatt, auch wenn er ihr die pechschwarze Farbe vererbt hat, und ihr eigenes Haar ist bestenfalls als leicht gewellt zu bezeichnen. Sie muss sie von meinem Vater haben. Dem Menschen. Zur Zeit besteht Shaerela hauptsächlich aus Armen und Beinen, wächst wie Unkraut und ist so dünn wie eine Bohnenstange... aber sie ist nur schlank, nicht mager und erstaunlich kräftig für ein Mädchen ihres Alters. Kunststück. Sie tut ja auch den ganzen Tag nichts anderes als rennen, springen, klettern, fallen, sich die Knie aufschlagen, noch mehr rennen und ihren Bruder ärgern. Leir ist nur ein Jahr jünger als seine Schwester, aber bereits jetzt einen ganzen Kopf größer und stärker obendrein, was Rela maßlos ärgert, vor allem, weil er eigentlich erst im letzten Jahr angefangen hatte, sich zu strecken und in die Höhe zu schießen. "Geh nicht zu weit voraus, Rehlein," mahnt Niniane ganz unweigerlich, so wie sie es die vergangenen Jahre stets getan hat, seit die Kinder laufen konnten, doch seit einer geraumen Weile schon erntet sie dafür von beiden höchstens noch empörte Blicke.

Vor einem Jahr noch hätte sie mir jetzt gesagt, sie sei aber schon grooohooß und kein Baby mehr. Shaerela ist zwar groß, aber die Bären haben ihren Winterschlaf beendet und streifen ausgehungert durch den Wald. Normalerweise machen sie zwar einen Bogen um die Dörfer und Stallungen draußen im Larisgrün, aber den Stadtmauern kommen sie oft erstaunlich nah. Als würden sie alle glauben, die Menschen seien hinter dem vielen Stein in sicherer Verwahrung. Vielleicht sehen sie in Talyras Mauern so etwas wie Steilklippen in den Bergen. Der Gedanke lässt sie lächeln, aber dann entdeckt sie aus den Augenwinkeln einen großen Fleck Gundermann am Ufer eines kleinen Wasserlaufs, der sich windend wie eine Schlange zum See zu ihrer Rechten hinabschlängelt, aber erst einige hundert Schritt weiter den Saumpfad kreuzt. "Rehlein, komm, wir sammeln hier etwas." Shaerela wird von ihrem Vater und ihrem Bruder meist einfach nur Rela gerufen – es war Leir als pausbäckiger Zweijähriger, der seine Schwester so getauft hatte. Weil es in ihren Ohren aber so ähnlich klingt und ihre Tochter mit ihren langen, eleganten Knochen, den dünnen Armen und Beinen, den großen Augen – und der Unfähigkeit, auch nur eine Sekunde still zu stehen - aber auch an das Waldtier erinnert, nennt Niniane sie fast immer 'Rehlein', wenn sie mit ihr allein ist. Nur scheu ist sie nicht.

Ihr Korb ist bereits zur Hälfte mit zarter Kresse vom Seeufer und ein wenig Bärlauch gefüllt, der nicht weit von ihrem Baum entfernt hinter dem Hühnerstall wächst, den Cron und Caewlin vor ein paar Jahren gebaut hatten, aber es ist noch reichlich Platz darin für andere Kräuter, Wurzeln oder Knospen. Der kleine Bach rauscht sprudelnd und gurgelnd zu ihren Füßen, hüpft über Steine und gluckert zwischen moosigen Baumwurzeln hindurch in Richtung Ildorel. Niniane kann die sprühende Gischt und die Kälte des Wassers auf ihrem Gesicht spüren, und entdeckt zu ihrer Freude auch das zarte Grün von sprießendem Pfeilkraut, welches das gegenüberliegende Ufer säumt. In ruhigeren Seitenbecken und unter Baumwurzeln stehen nicht nur ein paar fette Forellen im Wasser, dort wogt auch Kresse in dunklen Matten. Noch bevor sie Hoppla sagen kann, hat Shaerela sich die Hosen hochgekrempelt, ist aus ihren ledernen Sandalen geschlüpft und in den Bach gewatet, obwohl das Wasser noch eiskalt sein muss und es hier im Schatten von Goldbirken und alten Weiden ohnehin sehr viel kühler ist, als auf dem sonnengesprenkelten Waldpfad. "Hol mir etwas von der Kresse dort vorn zwischen den Wurzeln, hm? Ich sammle inzwischen Gundermann und dann graben wir ein paar Pfeilkrautknollen aus." Shaerela, die keine Erbsen mag, zieht die Nase kraus, aber im eiskalten Wasser herum zu plantschen macht ihr viel zu viel Spaß, als dass sie sich über  Pfeilkraut beschwert hätte – und sie liebt Kresse.

Niniane stellt ihren Korb in ein feuchtes Moosbett nahe am Wasser und beginnt, Pflanzen einzusammeln, als sie am Rand der Lichtung eine weißgewandete Gestalt durch die Schatten der Bäume huschen sieht.  Sie wundert sich nicht wirklich, noch nicht einmal hier, gut sechs Tausendschritt von Talyras Nordtor entfernt, denn die ersten warmen Tage und die Sonne scheinen wirklich jedermann in den Wald zu locken, selbst Leute, die man sonst den ganzen Zwölfmond über nicht zu Gesicht bekommt. Heute Morgen waren ihr und Shaerela schon Findinmir Daumengrün und kaum zehn Minuten später auch noch eine kleine Schar von Kaneys Spähern samt ihrer Hunde über den Weg gelaufen, außerdem der alte Miesepeter Frumpel aus den Tausendwinkelgassen, der hier und da ein Kräutlein am Wegesrand gerupft hatte. Als die Gestalt in ihrem Umhang den Kopf hebt – offenbar hatte auch sie den Gundermann erspäht, denn sie hält zielstrebig darauf zu – wird ihr Verdacht bestätigt, wer da im Wald herumschleicht und sie hebt die Hand zum Gruß. Sie hatte die Magierin lange nicht gesehen, ihre letzte Begegnung liegt ein paar Jahre zurück - aber sie hat hin und wieder etwas über sie gehört, vor allem von ihrer geschwätzigen Mogbarwäscherin. Gleich darauf ertönt auch ein vernehmliches Pflatschen und ein großes, schwarzes Etwas pflügt sich bellend vor Begeisterung durch das seichte Wasser des Baches.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Atevora am 27. März 2012, 20:40 Uhr
Irgendwo im Larisgrün, nördlich von Talyra



Schon zur Dämmerung versprach es ein wundervoll sonniger Tag zu werden, ebenso wie jene zuvor. Das ist zwar für Atevora zum Einen immer ein wenig lästig, schließlich schreitet sie lieber unter einer dicken Wolckendecke über das Land und spürt ab und an, vor allem im Sommer, sehr gerne den kühlen Regen auf ihre Haut prassen, doch andererseits ist ihr dieses Wetter auch gerade durchaus Recht bei ihren Vorhaben für den Tag.
Derzeit liefen die Geschäfte wieder relativ ruhig, die Warenladungen in die sie investiert hat sind auf Reisen und nur einige legale Arbeiten stehen an, die aber nicht so sonderlich eilen. Unter Anderem wartet ein Gedichtband darauf von ihr Kopiert zu werden, da sich die Eisen-Gallustinte bei ihrem Vorlagemanuskript schon so fortgeschritten durch das Pergament gefressen hat, dass ihr beim Umblättern bereits die ersten Innenräume bei den Buchstaben A und O entgegen rutschen. Atevora war früher nie ein besonderer Liebhaber für Dichtkunst, und auch wenn sie aufgrund ihrer vielen Kopiertätigkeiten mittlerweile in den Genuss einiger wirklich guter Werke kam und sich auch einiges gemerkt hat, hat sich das auch bis Heute nur wenig geändert. Besonders dieses zu übertragende Werk fand sie nicht besonders berauschend, die Reime waren flach, das Versmaß teilweise unausgegoren, sodass sie nicht so recht nachvollziehen konnte, weshalb der Auftraggeber verlangte das Ganze auf feinstes und teuerstes Pergament, umrandet mit herrlichsten Verzierungen aus Silber, Gold und Azurfarbe, gebannt werden sollte, als handle es sich dabei um DAS literarische Meisterwerk das Seinesgleichen sucht. Da sie also so wenig Lust auf diese Dichtkunst hatte, und  auch derzeit ohnehin gut in der Zeit lag was das übertragen betraf, war ihr jede sinnvolle Abwechslung mehr als Recht.
Was böte sich hier besser an als bei dem wunderbar sonnigem Wetter die Vorräte an Kräutern wieder aufzufrischen und etwas Abwechslung zur schmalen Winterkost in die Küche zu bringen?
Schon den Tag zuvor hat sie damit genutzt einige frische Kräutlein zu sammeln, um ihren Vorrat an Teemischungen wieder aufzufüllen und für kommende Eventualitäten im Jahr gewappnet zu sein. Ihr Ziel war die entgegengesetzte Richtung vom heutigen Tag, dort hielt sie Ausschau nach Portulak, Huflattich, Himmelsschlüssel, Tausendblatt, die Triebe des Katzenwedels und anderen Pflanzen, welche alle gerne in der Nähe von Hecken und Zäunen, auf den weiten saftigen Wiesen, Äckern oder trockeneren Feldhängen zu finden sind.

Heute trieb es sie hingegen in den Wald. Zu diesem Zweck war sie frühzeitig aufgestanden, hatte sich Beinlinge, Armwichtel ein bequemes zum Reiten bestens geeignetes hoch geschlitztes helles Unterkleid – obwohl sie sich später dazu entschloss doch ohne Harm aufzubrechen- und einen zweckmäßigen Überwurf aus Baumwolle angezogen und ihr Gesicht dick mit der pastenartigen Farbe bedeckt, die ihr Sig diesen Jul zum Schutz gegen die Sonne geschenkt hatte. Das Abdecken mit der Farbe, und natürlich nachher sorgsame Abpudern damit die Farbe dort bleibt so wie bleiben soll und sie überdies nicht glänzte wie eine aufpollierte Specksschwarte, funktionierte auch sehr gut, auch wenn sie damit aufgrund der unnatürlichen Ebenmäßigkeit und dem speziellen Glanz des Puders noch ein wenig fremdartiger aussah als sonst schon.
Danach war sie mit einem Weidenkorb, einem kleinen Handspaten, einem Messer bewaffnet und zusätzlich mit einer Gugel um die Schultern losgezogen um rechtzeitig zum Vormittag an den ihr bekannten Sammel-Revieren jagt auf die hilflosen, kleinen, grünen Pflänzchen zu machen.

Mittlerweile ist sie schon einige Zeit zu Fuß unterwegs und streift durch den, bis auf die vereinzelt stehenden Tannen und Fichten, noch blattlosen Wald und genießt den kühlen Flühlingswind in dem die fast allerorts sprießenden Buschwindröschen sanft ihr weißes Köpfchen wiegen.
Ihr Ausflug war bisher schon sehr ergiebig, sie hat frische Hopfentriebe gefunden, viel Lungenkraut, auch ausreichend Scharbockskraut, aber sie hat noch reichlich Platz in ihrem Korb. Deswegen zieht sie weiter durch den Wald, von dessen Boden her ihr die zarten grünen Blatttriebe in einer neuerlichen Brise wippend zuwinken, um einen weiteren Platz aufzusuchen, von dem sie sich erinnern kann, dass dort immer das eine oder andere interessante Kraut auf sie wartet.
Ihr Blick ist dabei meist suchend auf den Boden gerichtet, dass sie erst relativ spät die zwei Gestalten im Wald bemerkt. Mitten im Schritt bleibt sie überrascht stehen und ist verblüfft wem sie hier nach so vielen Jahren ansichtig. Es ist Niniane, die ihr mit ihren unheimlichen Augen entgegenblickt und sie grüßt. Warum auch immer sie gegrüßt und nicht einfach ignoriert wird vermag sie dabei nicht zu sagen, sie selbst hätte die meisten anderen, die sie kaum kennt vermutlich nicht weiter beachtet. Die junge Person im Wasser musste Ninianes Tochter sein, denn die Äuglein kommen offenkundig ganz nach ihrer Mutter.
Die Magierin erwidert die Handbewegung. Sollte sie es dabei belassen und nun lieber wieder weiterziehen? Sie entscheidet sich dagegen, denn eigentlich hat sie vor das Pfeilkraut und die Pestwurz die dort üblicherweise neben Kresse und Gundermann wachsen einzusammeln, und natürlich hat sie überdies nicht vor die Kresse und den Gundermann zu verschonen.
So hält sie gemächlichen Schrittes auf die Beiden zu, unterdessen sich Shafir, wie könnte es auch anders sein, sofort übermütig in die kalten Fluten stürzt, als wäre er noch ein junger Welpe. Atevora hat keine Ahnung was, oder wen Shafir so freudig anbellt – etwa die Forellen? Oder weshalb er plötzlich den Kopf unter Wasser steckt und auf diese Weise ein paar Schritte durch das Wasser watet, als würde er den Bachgrund abschnorcheln wollen. Aber er hat zumindest sichtlich Spaß dabei, denn seine klatschnasse Rute wedelt aufgeregt und spritzt im hohen Bogen und im Licht kurz aufblitzende Wassertropfen davon. Shafir liebt eben das Wasser, was vermutlich der einzige Wesenszug ist, den er mit seiner Herrin gemein hat, und das oft sehr zum Leidwesen der Magierin. Egal wie stinkend, faulig und schlammig eine Pfütze auch immer sein mochte, Shafir MUSS hinein. Eine der vielen kleinen Eigenheiten die sie ihm noch immer nicht abgewöhnt hat.

Während Atevora eher auf Niniane zuhält, nähert sich Shafir zielstrebig der jungen drahtigen Tochter der Protektorin, was Atevora dazu veranlasst den Hund mit einem knappen „Shafir, hér“ zu sich zu rufen, nicht dass er noch auf dumme Gedanken kommt und das Mädchen ungestüm begrüßend ins kalte Wasser niederwirft.
Aufmerksam richtet der Hund die Ohren auf, hält den Kopf schief, als überlege er kurz was von ihm erwartet wird, oder ob er dem gerade nachkommen möchte, und trottet dann artig an der Magierin Seite, wobei es aussieht, als wären irgendwo im Hundefell mehrere Quellen entsprungen, deren Nass nun als einziger gemeinschaftlicher Wasserfall zu Waldboden stürzt.

Tja, nun ist sie quasi bei ihnen, nur noch ein paar Schritte und sie könnte Niniane, eine der vermutlich bekanntesten Personen in den ganzen Immerlanden, die Hand reichen. Und was nun? Soziale Kontaktaufnahme ist keine ihrer Stärken, und wird es auch nie sein. Nochmalig Begrüßen ist vielleicht keine schlechte Idee, und danach vielleicht eine seichte, oberflächliche Unterhaltung? Kein schlechter Plan.. vermutlich..
„Es ist interessant wen man aller unverhofft, oft nach Jahren, zufällig über den Weg läuft.“ Meint sie zu der Frau, und dann auch das Mädchen einschließend: „Einen wunderschönen Vormittag wünsche ich.“ Wunderbar, brav hast du das gemacht, und es klingt auch so gar nicht bemüht, und steif... Bemerkt Atevora selbstironisch. Aber das Ganze wundert einen vermutlich nicht, wenn man bedenkt wer ihr hier gegenübersteht, oder? Allerdings, verstockt und steif wirken, als wäre das bei Atevora etwas neues, oder auch nur irgendwie im entferntesten davon abhängig, um wem es sich um ihren Gegenüber handelt. Ob Niniane, ebenso wie sie, nur aus anderen Gründen, auch oft vom Pöbel mit offenen Mäulern angestarrt wird? Shafir neben ihr ist das alles natürlich vollkommen egal. Auch die seltsamen Augen der Zwei kümmern ihn nicht, und in der Kleineren sieht er sowieso nur ein potentielles Opfer zum herumtollen und Spaß haben, weshalb er auch freundlich mit dem Schwanz wedelt und mit weit heraushängender Zunge hechelnd die Lefzen zurückzieht, als würde er die Kleine angrinsen.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Niniane am 27. März 2012, 22:20 Uhr
Als die Magierin gemessenen Schrittes auf sie zukommt, schlägt der – wie alle Elben und die meisten Elbenblütigen – empathischen Niniane eine Welle zweifelnder und kruder Gedanken entgegen, oder besser gesagt, eine Welle unschlüssiger Gefühle, denn die Gedanken der jungen Frau kann sie natürlich nicht lesen. Der große schwarze Hund dagegen visiert Shaerela einige Schritt hinter ihr an und ist drauf und dran, ihr freudig entgegenzustürzen, als er von seiner Herrin zurückgerufen wird. Niniane muss sich nicht zu ihrer Tochter umsehen, um zu wissen, dass Relas Gesicht exakt den gleichen enttäuschten Ausdruck trägt wie das des Hundes, ehe er folgsam, aber triefend wie ein Sieb, an die Seite Lady Shins zurückkehrt. Gleich darauf empfängt sie auch ein verwirrtes Senden ihrer Tochter. Ich glaube, sie hat nur Sorge, du könntest dich vielleicht fürchten... gibt sie stumm und in Gedanken zurück und hört prompt ein enerviertes Schnauben hinter sich, das sie sehr an gewisse nordische Missfallenslaute erinnert. >Es ist interessant wen man aller unverhofft, oft nach Jahren, zufällig über den Weg läuft. Einen wunderschönen Vormittag wünsche ich.<
Niniane lächelt ihr Katzengrinsen. "S'leja, Lady Shin. Ja, Roha ist scheinbar wirklich ein Dorf... oder besser gesagt, der Wald ist es, zumindest heute Morgen."

Sie legt den Kopf leicht schräg, als lausche sie auf etwas, das nur sie hören kann. "Ihr könnt Euren Hund gern mit meiner Tochter Shaerela spielen lassen, wenn Ihr wollt." Er sieht jedenfalls so aus, als täte er nichts lieber. "Sie kennt Hunde und mag sie sehr gern." Einen Moment mustert Niniane die junge Menschenfrau vor ihr von Kopf bis Fuß, ohne sie dabei direkt anzustarren. Trotz der Wärme ist sie vom Scheitel bis zur Sohle in mehrere Kleidungsschichten gehüllt und trägt zu allem Überfluss auch noch eine Gugel, wenn auch aus augenscheinlich leichtem Stoff. Da war etwas mit ihrer Haut. Sie kamen vor vier Jahren zu meinem Baum, um ihre Flüche... oh! Jetzt erinnert sie sich wieder an die denkwürdige Begegnung mit einem steppenden Faun, einer männerumsorgenden Glucke, die eigentlich eine kratzbürstige Schmiedin war und einer dauerlächelnden Wassermagierin mit eher burschikosem Wesen, die an diesem Tag jedoch zuckerwassersüß und herzallerliebst gewesen war. "Wie ich sehe leidet Ihr immer noch unter der Sonne", meint sie mit einem Blick auf die Gugel um das schwarzweiße Haar Lady Shins. Dann tritt sie einen Schritt zurück um der Magierin Raum zu geben, in den kühlen Schutz der Weiden und Birken zu treten und aus dem Sonnenlicht herauszukommen. Sie muss nicht erwähnen, warum sie hier ist oder was sie hier tut, schließlich ist das offensichtlich und die Magierin jagt gerade der gleichen Beute hinterher. "Wie ist es Euch ergangen seit unserer letzten Begegnung?"

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Atevora am 28. März 2012, 21:01 Uhr
Atevora wird von Niniane mit einem Lächeln begrüßt, und ihre Antwort lässt darauf schließen, dass sie heute schon mehreren Gesichter auf ihrer Kräutersuche begegnet ist. > "S'leja, Lady Shin. Ja, Roha ist scheinbar wirklich ein Dorf... oder besser gesagt, der Wald ist es, zumindest heute Morgen."   <

Bei Atevora sind Niniane samt Tochter die Ersten aufrecht gehenden Lebewesen, die sie im Wald antrifft, und das ist ihr auch sicher nicht unrecht, denn sie schätzt die Ruhe und die Zeit für sich, auch wenn es durchaus eine Person gibt, gegen dessen Gegenwart und Begleitung sie absolut nichts einzuwenden hätte, doch diese hat heute zu arbeiten.
Der Elbe Tochter schließt sich der Begrüßung jedenfalls nicht an, sie bleibt abseits und betrachtet Atevora aus den Irislosen goldenen Augen heraus und der Eidmaid ist dabei fast so, als wirke sie säuerlich, oder enttäuscht. Die Shin kann nur mutmaßen woran das liegen könnte. Womöglich hat sie mit ihrem Erscheinen einen schlechten Zeitpunkt gewählt? Eventuell hätte sie doch lieber weiterziehen und etwas später, wenn die Beiden bereits fort sind, hierher zurückkommen sollen, doch dazu war es nun zu spät. Allerdings, genaugenommen, macht Niniane ihr gegenüber nicht den Eindruck sie käme ungelegen, oder ihre Gegenwart wäre im Augenblick unerwünscht. Es wäre natürlich auch möglich sie überspielt es mit ihrer jahrhunderte langen Erfahrung nur gekonnt. Wobei, eigentlich schätzt Atevora die Frau vor sich nicht so ein, sie wirkt eher, als neigte sie die Dinge direkt ansprechen und hätte ihr demzufolge bereits mitgeteilt, sollte sie gerade stören.

„Ist er das? Dann seid Ihr heute wohl bereits mehreren Leuten begegnet? Auf meiner Seite seid Ihr die ersten Individuen die ich treffe.“ Vermutlich sind die Anderen nur rasch genug in Deckung gesprungen und unbemerkt davon geschlichen. Unterdessen Niniane den Kopf schief legt und Shafir näher betrachtet, unterdrückt Atevora ein Schmunzeln als sie sich vorstellt, dass sich alle Schritt lang jemand mit schockiert aufgerissenen Augen und den donnernden Gedanken „Oh nein, nicht DIE!“ eilends in den Dreck schmeißt und aus ihrer Sichtweite robbt.

Ninianes warme, klingende Stimme zerstreut das unsinnige Gedankenbild. >"Ihr könnt Euren Hund gern mit meiner Tochter Shaerela spielen lassen, wenn Ihr wollt."<
Kurz wandert Atevoras Blick abschätzend zu der drahtigen Gestalt im Wasser. >"Sie kennt Hunde und mag sie sehr gern."<
Atevora lächelt sacht, „Shaerela, ein wohlklingender Name.“ und wendet sich dem klatschnassen Fellmonster zu ihrer Seite zu: „Hast du das Angebot gehört, Shafir?“ Ein erwartungsvoll, bettelnder Blick antwortet ihr. „Na los, ab mit dir.“ Sie hat die Handbewegung kaum zu Ende geführt und die Worte ausgesprochen, hüpft er schon ausgelassen zu Shaerela ins Wasser. Wer den Hund so betrachtet, käme nie auf die Idee, dass er mit seinen 10 Jahren eigentlich schon eher ein Opa-WauWau ist.

Trotz dessen Atevora einen Atemzug lang ihre Aufmerksamkeit auf die Beiden im Wasser lenkt, entgeht ihr nicht der Elbe abschätzende Musterung, und kommt nicht umhin auch die Elbe ein wenig genauer zu betrachten. Niniane hat sich in den Jahren nicht verändert. Wie jede Elbe ist auch sie – noch immer - schön anzusehen, und wäre Atevora eine Malerin, würde sie nun vermutlich sogar das Verlangen verspüren die Formen ihres Körpers und die kühnen Gesichtszüge auf Papier, oder Pergament zu bannen.
>"Wie ich sehe leidet Ihr immer noch unter der Sonne. Wie ist es Euch ergangen seit unserer letzten Begegnung? <
Meint sie schließlich und tritt ein Stück beiseite, vermutlich um Atevora zuvorkommend vorbei in den Schatten der Bäume zu lassen. Doch heute war dies nicht einmal nötig, sie hat sich so viel Farbe ins Gesicht gepampt, dass da kein Sonnenstrahl an ihre Haut gelangt. Vorerst zumindest.
„Ja, ich fürchte, eine Sonnenanbeterin werde ich nie.“
Die Geste weiß Atevora durchaus zu schätzen, und trotz der Gesichtskosmetik, beschließt sie in den Schatten zu treten, und lehnt sich dort salopp gegen einen Baumstamm. „Ihr könnt Euch sicher denken wie sehr ich mich bereits auf den Sommer freue. Ich bin vermutlich die Einzige in Talyra und Umland die dann vollvermummt wie im Winter durch die Straßen zieht. Im Moment ist es glücklicherweise von den Temperaturen her noch sehr angenehm.“
Erstaunlich, oder? Atevora betreibt seit einiger Zeit sogar so etwas wie ungezwungene Konversation! Manchmal zumindest..
„Oh.. wie lange ist unser Aufeinandertreffen nun her? 4 Jahre?“ In Atevora sprudeln einige Erinnerungen an den Tag hoch, und enden bei dem Bild, wie sie im Krankenlager aufwacht, den Lord Commander vor sich sieht, und mit nacktem Allerwertesten auf einer Bettpfanne sitzt. Am liebsten würde sie nun eine Grimasse ziehen. „weh mir,.. was war der Tag damals.. bizarr..“ Mit Not boxt Atevora die Bilder in die hintersten Winkel ihres Geistes zurück und sinnt nebenher über die zweite Frage. „Wie es mir in der Zwischenzeit erging?“
Wie ein schnell abgespielter Film sieht sie einige markante Ereignisse der Vergangenen Jahre vor ihrem geistigen Auge abspielen. Wie sie gut ein dreiviertel Jahr mit Tane durch die Immerlande reiste, zuerst mit der Handelskaravane die sie begleitete, wie sie an einem Abend Tane deckte und den bärigen Wirt in die Flucht schlug, der ihm den Halsumdrehen wollte, weil er seine Tochter vor der Hochzeitsnacht in ihren Gemächern aufsuchte, nun, man kann es sich denken wozu. Tane war im übrigen sicher nicht der zukünftige Bräutigam. Es war eine wirklich schlechte Idee von ihrer Seite vor dem Wirt so zu tun, als wäre sie ein böses Munduskind, und Tane ihre Beute. Sie hätte aufgrund eines übereifrigen Priesters diese Nacht beinahe das Zeitliche gesegnet. Interessant war auch der Rückweg nach Talyra. Kurzzeitig war sie irgendwie als Gesellschaftsdame für die Brautmütter und zum führen des Reisetagebuches engagiert worden, danach ging es weiter Richtung Süden mit einer Theatertruppe, und in irgend einem Dorf, in dem ein Mörder umging der alle glauben machen wollte ein Werwolf würde die armen Leute abschlachten, landete sie auch noch. Notgedrungen half sie bei den „Ermittlungen“ um das Geld für das letzte Stück nach Talyra zusammenzubekommen und hätte dort in diesem Kaff ebenfalls beinahe die ewigen Jagdgründe besucht. Dann erinnert sie sich an die kleine Auseinandersetzung mit Sigournys unschöner Vergangenheit und Tanes ach so heiliges Butterbrotmesser, das ihnen allen das Leben gerettet hat. Sie sieht auch wie sie die Schmiedin an einem Wintertag aus dem Blaupfuhl gefischt hat und wie sie vor Borgil und Yasraena in der Harfe zusammengeklappt ist. Yasraena.. Die verregnete Blumenball und der Schläger. Sie sieht die Elbe vor sich, mit der schwarzen Klinge in der Hand und schmunzelt verschmilzt.
„Wunderbar, ich kann nicht klagen.“ Sie sollte jetzt nicht an ihre Liebste denken.
„Das heißt.. gewisse Erlebnisse hätte ich vielleicht aussparen sollen, wie zum Beispiel das mehrfach beinahe getötet werden, aber im Großen und Ganzen waren es sehr.. interessante Jahre. Und wie war Eure Zeit?
Wie ich sehe nutzt ihr den Tag ebenso wie ich zum Kräutersammeln. Ein wenig Abwechslung am Speiseplan war längst überfällig, findet ihr nicht? Wie herrlich viel Pfeilkraut es hier doch gibt, ich bin noch am überlegen ob ich mir die Schuhe und Strümpfe ausziehe und das Risiko eingehe mir dabei vielleicht die Haut zu verbrennen, oder doch lieber gleich so ins Wasser stapfe...“




Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Niniane am 29. März 2012, 20:45 Uhr
Kaum hat die Magierin ihrem Hund die Erlaubnis gegeben, erschallt eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse aus hellem Kinderlachen, freudigem Gebell und dem gewaltigen Platschen und Spritzen von Wasser, das die beiden Wildfänge auf zwei und vier Beinen miteinander veranstalten. Allerdings sind sie schon bald ein ganzes Stück den Bachlauf hinab verschwunden, wo das Wasser ein wenig tiefer wird, so dass Niniane und die Magierin wenigstens nicht schreien müssen, um sich verständlich zu unterhalten. Niniane blickt ihrer Tochter und Shafir, wie der Hund wohl heißt, amüsiert hinterher, doch die zwei sind längst in wilde Stock-Ball-und-fang-mich-doch-wenn-du-kannst-Spiele vertieft.

Die Magierin hingegen lehnt sich bequem an einen Baumstamm im Schatten und bemerkt leicht ironisch, sie werde wohl nie eine Sonnenanbeterin. >Ihr könnt Euch sicher denken wie sehr ich mich bereits auf den Sommer freue. Ich bin vermutlich die Einzige in Talyra und Umland die dann vollvermummt wie im Winter durch die Straßen zieht. Im Moment ist es glücklicherweise von den Temperaturen her noch sehr angenehm.< Lady Shins knochentrockener Humor in diesen Worten entlockt Niniane ein leises Lachen. "Oh ja, ich sehe, wie Ihr förmlich überschäumt und den Sonnenthron kaum erwarten könnt," gibt sie zurück, während die Magierin bereits über jenen Tag vor vier Zwölfmonden sinniert und sich bei der Erinnerung daran vermutlich gerade innerlich windet wie eine verschreckte Schlange.  >Wunderbar, ich kann nicht klagen.< Erwidert sie schließlich und die Ironie ist wieder da, kaum hörbar, aber vorhanden, wie der Stich einer feinen, dünnen Nadel. >Das heißt.. gewisse Erlebnisse hätte ich vielleicht aussparen sollen, wie zum Beispiel das mehrfach beinahe getötet werden, aber im Großen und Ganzen waren es sehr... interessante Jahre. Und wie war Eure Zeit?<

Niniane grinst leicht, ein kurzes, rasches Aufblitzen von Zähnen und ihre goldenen Augen schimmern im grünen Dämmerlicht unter den Bäumen. "Ich sehe schon, das beschauliche Leben einer Wassermagiers ist wohl... sehr staubig, öde und vollkommen langweilig." Mehrfach beinahe getötet werden? Ich hätte nicht gedacht, dass sie das Leben einer Abenteurerin führt, aber wer weiß schon, welche Feinde sie sich vielleicht schon gemacht hat oder mit wem sie sich so abgibt... "Meine Zeit seit ich euch an jenem Tag vom Fluch des "Lies Mich!" befreit habe? Nun, lasst mich nachdenken... Wir hatten ein paar verhältnismäßig ruhige Jahre – obwohl im Larisgrün immer irgendetwas ist, um das ich mich als seine Protektorin kümmern muss. Wilderer, Kornräuber, Schmuggler, tollwütige Bären, hin und wieder hat man mich als Hebamme gebraucht, Werwölfe, die ein wenig Hilfe benötigten, weil sie sich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden konnten, zum Môrgrimm zu werden... nein, ich fürchte meine letzten Jahre waren sehr ereignislos, geradezu fade." Sie lächelt verschmitzt während die Magierin ihren Blick über all das frische Grün auf der Lichtung schweifen lässt und – laut – überlegt, wie viel Wagnis sie für Pfeilkraut bereit ist einzugehen.

"Ihr meint wegen der Sonne auf Eurer nackten Haut? Oh, ich kann Euch gern einen Schattenzauber weben – oder wir flechten Euch rasch einen Sonnenschirm aus den trockenen Farnwedeln dort drüben. Oder aber ich bringe Euch einfach welches mit und Ihr sammelt derweil hier im Schatten ein wenig Gundermann für mich? Das wäre glaube ich die einfachste Lösung." Gesagt getan – Niniane gräbt am Bachufer in der hellen, überraschend warmen Frühlingssonne Pfeilkraut für sich selbst und für Lady Shin aus und die Magierin hält sich im Schatten unter den Bäumen und sammelt dort Gundermann für zwei. Ab und an schauen Shafir und Shaerela vorbei, und Ninianes Tochter zeigt ihnen eine interessante Pflanze, die sie unterwegs beim umhertollen mit dem Hund entdeckt hatte  oder beschreibt eine Fährte, die sie in der feuchten Erde gesehen hatte, dann sind sie wieder verschwunden, zweifellos um wilde Abenteuer zu erleben. "Darf ich Euch etwas fragen? Wegen Eurer Haut." Niniane bringt die Pfeilwurzeln in den Schatten und sie teilen die Pflanzen auf. "Warum seid Ihr damit noch nie zu einer Heilerin gegangen? Ich meine zu einer magiebegabten Heilerin? Oder habt Ihr das schon versucht und es lässt sich nicht heilen?"

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Atevora am 30. März 2012, 18:19 Uhr
>"Ich sehe schon, das beschauliche Leben einer Wassermagiers ist wohl... sehr staubig, öde und vollkommen langweilig."<
Eine exzellente Wortwahl.
„Treffend kombiniert.“
Es gefällt ihr, dass Niniane, entgegen der meisten Anderen, zu ihrem spötteln nicht pikiert, oder missfallend die Nase rümpft, sondern gleiches zurückgibt. Besonders gefällt ihr das Oxymoron . Würde Atevora die Individuen in ihrem Umfeld auf diese Weise werten, wäre ihr Niniane zunehmend sympathisch, und das obwohl sie zeitweise, ebenso wie die Steinfaustoffiziere, Späher und Wappner zu ihren „Gegenspielern“ gehört.
Atevora ist natürlich wenig erfreut, dass dieses bermaledeite Buch wieder beim Namen genannt wird. Diese Kobolde, die dieses Buch erschaffen haben, würde sie am liebsten noch immer würgen bis sie die Augen verdrehen und bewusstlos zusammensacken. _Sogar: Tanes Rachevorschlag, einen Haufen Dung in ein Tütchen zu packen, anzuzünden, vor deren Türschwelle zu legen, klopfen und davon zu hetzen während diese das Feuer aus und in die Scheiße treten, versprühte seinen gewissen Reiz und das obwohl es nur ein äußerst dummer Kinderstreich wäre.
Sie rätselt im übrigen noch immer, weshalb Niniane ihr damals überhaupt geholfen hat. Sie sprach, sie könne sehen welcher Art die Flüche sind. Weshalb errettete sie Atevora dann davor für ewig nett und hilfsbereit sein zu müssen? Waren Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft in dieser Gesellschaft nicht geschätzte Eigenschaften? Vielleicht sollte sie die Gelegenheit nutzen und dies kurz ansprechen? Das wäre wirklich sehr klug.. Ja, fürwahr, es war vielleicht besser jemanden nicht daran zu erinnern, dass der Fluch einem zu etwas zwang, das zum gewissen Teil dem Gegenteil der eigentlichen Wesenszüge einer Person entsprach. So beschließt Atevora die Dinge lieber nicht anzusprechen.

Niniane bleibt ihr natürlich auf ihre Gegenfrage keine Antwort schuldig und gibt einen kleinen Überblick über die letzten Jahre zum Besten:
> „Wir hatten ein paar verhältnismäßig ruhige Jahre – obwohl im Larisgrün immer irgendetwas ist, um das ich mich als seine Protektorin kümmern muss. Wilderer, Kornräuber, Schmuggler, tollwütige Bären, hin und wieder hat man mich als Hebamme gebraucht, Werwölfe, die ein wenig Hilfe benötigten, weil sie sich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden konnten, zum Môrgrimm zu werden... nein, ich fürchte meine letzten Jahre waren sehr ereignislos, geradezu fade. <
Die Eismaid schmunzelt spitz. Soso, Schmuggler und Korndiebe. Es war die letzten Jahre nicht selten der Magierin Aufgabe gewisse Warensendungen an ihr und den Gesetzeshüter vorbeizuschleusen, und auch das Katz und Maus Spiel mit den Korndieben war amüsant. Dadurch, dass Atevora die Dinge nicht besonders persönlich zu nehmen pflegt, hegt sie keinen Groll gegenüber ihren Gegenspielern. Sie hat gut an dem Wettbewerb mitverdient, einige Zeit, und das reichte.
„Ich sehe schon, zelebrierte Langeweile.“

Als Niniane ihr auf ihre laut ausgesprochenen Überlegungen zur Pfeilkrautproblemathik antwortet, heben sich Atevoras Augenbrauen interessiert. Es gibt eine Art „Schattenzauber“ bei Shenrah-Priestern? Damit hätte sie nun nicht gerechnet.Es wäre vielleicht einmal interessant ein wenig über die Priester und ihre Fähigkeiten in Erfahrung zu bringen. Ob es dazu entsprechende Wälzer in der Bibliothek zu finden gibt? Hatte TianShi ihr damals nicht auch angeboten einen schützenden Zauber vor der Sonne zu wirken? Wie praktisch es doch wäre wenn sie so etwas selbst könnte. Aber sie kann sich mittlerweile nicht mehr beschweren. Sie war in der Lage sich finanziell einen kleinen Polster zu verschaffen, der es ihr ermöglicht sich Heilsalben und Kosmetika, oder vernünftige Kleidung zu leisten, die ihr das Leben mittlerweile recht erträglich machen. Es ist so ganz anders als damals, als sie nichts mehr als eine heruntergekommene Herumtreiberin im Larisgrün war, unterernährt, abgemergelt, zerschunden, und von der Sonne gemartert.
Ninianes Arbeitsteilungsvorschlag klingt jedenfalls sehr vernünftig. Damit bestand weder das Risiko sich einen Schnupfen einzufangen, noch einen Sonnenbrand, und sich in Farnblattflechtkunst zu versuchen blieb ihr ebenfalls erspart. Genaugenommen hatte sie mit ihrer leichthin ausgesprochenen Überlegung sogar auf so etwas abgezielt. Mit einem Nicken und zufriedenem Lächeln auf den Lippen willigt Atevora ein.

Umsichtig beginnt die Shin das Erdkränzl einzusammeln. Sie achtet dabei darauf, keine anderen Pflanzen niederzutreten, dass die gesammelten Pflanzenteile alle trocken vom morgendlichen Tau, frei von Beschädigungen wie Insektenfraß sind und sie nicht mehr nimmt, als die Pflanze verkraften kann. Schließlich soll sie in den nächsten Jahren hier auch noch üppig wachsen, denn die Pflanze ist  im Wald nicht oft in so schönen Mengen zu finden.
Für sich selbst legt Atevora mehr Pestwurz als Gundermann in den Korb, schließlich wächst die aromatische Pflanze gerne und üppig in der Nähe von menschlichen Siedlungen, an Hecken und Zäunen. Dementsprechend hat sie Tags zuvor schon einiges von dem wohl duftenden Kräutlein gesammelt, in ein Glas gesteckt und auf die Terrasse in die Sonne gestellt um später aus dem Öl, das sich am Grund des Glases ansammelt, eine haltbare Tinktur herzustellen.
Währenddessen die Protektorin und Atevora die Pflanzen sammeln,, schaut ab und an Ninianes Tochter mit Shafir vorbei. Beide werden bei ihrer Jagd nach Abenteuern unlängst genauestens von einer weißen Eule beobachtet die sich in der Nähe auf einen etwas erhöhten Ast niedergelassen hat.
Shafir und Ninianes Tochter wirken wie ein eingeschworenes Team, ganz so, als wäre es ihr Hund und nicht Atevoras. Vermutlich würde der gutmütige Köter wesentlich besser zu Ninianes Familie passen als zu ihr. Weniger vermutlich, alsdenn ganz sicher.. Sinniert Atevora. Aber auch sie hat sich an die Gegenwart des schwarzen Fellmonsters gewöhnt, dass sie ihn nicht mehr missen möchte, und das obwohl sie Hunden früher nie etwas abgewinnen konnte.
>“Darf ich Euch etwas fragen? Wegen Eurer Haut." < Dringt Ninianes angenehme Stimme an ihr Ohr, die sich dabei zu ihr gesellt und das gesammelte Pfeilkraut gerecht aufteilt. „Gewiss.“ Antwortet Atevora knapp, während sie der Frau den Großteil des Gundermannes in den Korb umschichtet, der vom Bärlauch her vermutlich mehrere Tausendschritt gegen den Wind nach Knoblauch duftet.
>"Warum seid Ihr damit noch nie zu einer Heilerin gegangen? Ich meine zu einer magiebegabten Heilerin? Oder habt Ihr das schon versucht und es lässt sich nicht heilen?" <
Möchte sie wissen. Das war eindeutig Atevoras wunder Punkt. Wenn das Leben so einfach wäre.
„Ein trübsinniges Thema...“
Das die meisten scheuen anzusprechen.
„Ein Heiler kann mir mit seiner Kunst bedauerlicher Weise nur mäßig helfen. Er kann sehr wohl die Folgen heilen an denen ich leide, aber leider nicht den Grund dafür. Ein griesgrämiger Medicus nannte es einst einen Konstruktionsfehler der Natur, keiner konnte mir bisher genau sagen weshalb genau es so ist, doch das Sonnenlicht verbrennt mich.“
Ob sie damit Ninianes Frage zufriedenstellend beantwortet hat, kann sie nicht sagen, aber selbst wenn nicht, sie könnte ihr zu dem Thema nicht sonderlich mehr erzählen. Atevora beschließt zu versuchen das Thema zu wechseln.
„Ich danke Euch vielmals für die Hilfe mit dem Pfeilkraut. Ich denke ich werde mich nun langsam weiter auf die Jagt, und zwar nach Bärlauch, machen, auch wenn es Shafir sehr enttäuschen wird. Er und Shaerela? - verstehen sich hervorragend.“ Selbst Via, ignoriert mich und hat sich interessanter Weise stattdessen in ihrer Nähe niedergelassen.



Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Niniane am 03. Apr. 2012, 14:49 Uhr
Sie sitzen im Schatten und genießen den warmen Frühlingstag, jede auf ihre Weise – die Magierin genießt vermutlich die grüne Kühle unter den uralten, moosigen Baumstämmen, Niniane eher die hellen, kleinen Sonnenkringel und Flecken goldenen Lichts, welche die Sonne durch das noch eher dünn belaubte Geäst schickt.  Ihre Frage nach der schneeweißen und äußerst empfindlichen Haut Lady Shins nimmt selbige nicht übel, auch wenn ihr deutlich anzuhören ist, dass sie nicht gern daran erinnert wird – und auch rasch versucht, ein anderes Gesprächsthema zu finden. Interessant. Dann hat sie es also von Geburt an... oder besser gesagt, ihre Haut hat es nicht, keinen Schutz gegen Licht und Sonne. Sie bekommt vermutlich auch überhaupt keine Farbe und wenn man sie lange genug der azurianischen Sonne aussetzen würde, würde sie wahrscheinlich reagieren wie ein Hummer auf kochendes Salzwasser... Oh je - und sie sitzt hier mit mir. Freiwillig.

"Nichts zu danken, schließlich habt Ihr Euch sehr gut revanchiert, nicht wahr?" Entgegnet sie auf den höflichen Dank für das Pfeilkraut und lässt das Thema "Hautprobleme" bereitwillig fallen. >Ich denke ich werde mich nun langsam weiter auf die Jagt, und zwar nach Bärlauch, machen, auch wenn es Shafir sehr enttäuschen wird. Er und Shaerela? - verstehen sich hervorragend.<
"Es gibt ein paar schöne Flecken mit Bärlauch, wenn ihr dem Pfad weiter folgt und kurz bevor er zum Strand hinab abbiegt in die entgegengesetzte Richtung lauft. Durchquert den Birkenhain und haltet euch nach Norden, dann könnt ihr ein kleines Tal nicht verfehlen, wo jede Menge davon wächst. Allerdings kommt ihr damit nahe an eine Bärenhöhle, also seid auf der Hut. Der alte Grymauch ist noch nicht wach, das kann ich Euch versichern, aber er schläft auch nicht mehr sonderlich tief. Und was Euren Hund und meine... oh."

Niniane legt den Kopf leicht schräg, schweigt und verharrt einen Moment vollkommen reglos, dann steht sie auf. Wind kommt auf, langsam, fast träge, und weht sacht einen Schwall beinahe heißer Luft vor sich her, wie der trockene Atem der Wüste. Auf die fragende Miene der Magierin schüttelt Niniane jedoch nur den Kopf und lauscht dann atemlos in jede Richtung. Die Bäume wispern und flüstern unruhig und einen halben Herzschlag später fegt ein ganzer Schwarm kleinerer Vögel kreischend über die Lichtung hinweg nach Süden. "Ihr solltet besser Euren Hund rufen, Lady Shin", wispert sie schließlich. Rehlein, komm. Wir müssen gehen, ein Sturm kommt auf. "Ich fürchte, wir bekommen ein Unwetter, das sich gewaschen hat." Noch ist nichts zu sehen, keine Wolke trübt den blassblauen Himmel, nur der Wind frischt mehr und mehr auf - aber Niniane ist sich sicher. Sie tauscht einen Blick mit der Magierin. "Wir sind fast sechs Tausendschritt von der Stadt entfernt, fünf von meinem Baum. Das werden wir nicht rechtzeitig schaffen... nicht zu Fuß."

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Atevora am 03. Apr. 2012, 19:14 Uhr
Entweder hat Niniane der Magierin Ausführung gereicht, oder sie geht aus anderen Gründen  kulanter Weise auf den uneleganten Themenwechsel ein. Ein wohlwollender Ausdruck haftet der beschützerin Talyras Umlande an, als sie meint, es gäbe keine Notwendigkeit sich zu bedanken. Atevora ist dabei allerdings leicht unsicher, ob die Waagschale wirklich ausgeglichen ist, schließlich hockte sie bequem im Schatten und Niniane übernahm den nasseren und deutlich ungemütlicheren Teil. Wenn die Protektorin damit allerdings zufrieden ist, warum sollte sie es nicht sein?
Ihr ist, wie ihr nebenher auffällt, schon länger keiner mehr so offen begegnet wie die Goldäugige, und dennoch, oder gerade deshalb, wie ein Blutegel aus dem stinkenden Sumpf ihrer ehemals verinnerlichten Lebenslehren, beginnt sich etwas an ihr festzusaugen, frisst an ihrer Offenheit wie der Egel am Blut und hinterlässt Misstrauen. Dieses Aufkommende mahnende Echo nach Vorsicht ist vollkommen an den Haaren herbeigezogen. Niniane hegt sicherlich keine Hintergedanken was den höflichen Gestus betrifft. So etwas entspräche nicht dem, was sie von der Beschützerin des Larisgrüns gehört hat, seitdem sie in Talyra lebt. Und so zertritt die Magierin den schleimigen Wurm mit dem Namen Argwohn für den Moment.

Niniane ist auch noch so entgegenkommend und erklärt Atevora den Weg zu einer Stelle, an welcher der Bärlauch in großzügigen Mengen wächst. Atevora hört dabei aufmerksam zu und zeichnet sich in Gedanken den Weg vor. >Allerdings kommt ihr damit nahe an eine Bärenhöhle, also seid auf der Hut. Der alte Grymauch ist noch nicht wach, das kann ich Euch versichern, aber er schläft auch nicht mehr sonderlich tief. <
Ihr gefällt es nicht sonderlich zu hören, dass dieser grimmige Riesenbär dort in der Nähe offenbar sein Winterquartier aufgeschlagen hat, und vermutlich nicht mehr all zu tief schläft, aber die Aussicht auf eine vernünftige Menge Bärlauch war dafür sehr angenehm. Das lässt sogar ihre Bedenken zerrinnen sich dorthin mit einem Hund wie Shafir zu begeben, der eventuell Witterung aufnimmt und diesen Bär vielleicht freundlich besuchen und begrüßen möchte. Bärlauch war eins der wenigen Gewächse, bei denen sie sich zutraute ihn als Suppe, oder ähnlich wie Spinat zuzubereiten, ohne dass sie sich danach aufgrund des zweifelhaften kulinarischen Genusses selbst vorwarf sich mit dem Fraß zu vergiften. Außerdem ist es auch Spaßig das Umfeld mit dem Geruchserlebnis zu terrorisieren wenn sie dann Tagelang aus allen Poren nach Knoblauch stinkt.

Ein zufriedenes sachtes Lächeln zieht Atevoras Mundwinkel nach Oben, als Niniane plötzlich mitten im Satz eben diesen abbricht und förmlich erstarrt.
>“Und was Euren Hund und meine... oh." <
Hum? Hat er etwas Angestellt? Sofort schieben sich Atevoras Augenbrauen irritiert zusammen und sie verfolgt Ninianes Blick. Dieser richtet sich jedoch nicht wie befürchtet auf Shafir, sondern ins bewaldete Nichts.
Sie ist sich leicht uneins, ob sie darüber erleichtert sein soll, oder eher nicht, und wendet sich mit der unausgesprochenen Frage was denn los sei wieder Niniane zu. Diese bemerkt Atevoras Miene, doch sie schüttelt nur den Kopf und verharrt weiter, als lausche sie nach etwas. Es mag Paranoia sein, aber dieser Gestus gefällt der Magierin so gar nicht. Die Geräuschkulisse der Vögel, die plötzlich gemeinsam Richtung Süden fliehen - als hätte sie etwas großes und gefährliches in der Nähe aufgeschreckt - ebenfalls nicht, und die Worte die ihr Niniane schließlich mit dem Raunen des aufgeflauten Windes entgegenhaucht zerschlägt das aufkommende mulmige Gefühl erst recht nicht.  Wie? Es ist doch nicht etwa ein Dämon, oder Nekromant in der Gegend?
>"Ich fürchte, wir bekommen ein Unwetter, das sich gewaschen hat."<
Endlich Klarheit. Oder doch nicht? Der Himmel wirkt strahlend blau, die Sonne lacht herab und lockt die zarten Frühlingsblümchen ihre Köpfchen aus der Erde zu strecken. „So?“ Rutscht es Atevora etwas irritiert und fragend heraus.
Die Magierin beschließt dem Gespür der Frau zu vertrauen. Shafir zu rufen braucht sie nicht, sie sieht aus den Augenwinkeln, wie er artig dem Mädchen nachgedackelt kommt, dass sich in eben diesem Moment dazu entschlossen hat das Erkundungsspiel mit dem Hund zu beenden und darum wieder ihrer Mutter entgegenkommt.
>„"Wir sind fast sechs Tausendschritt von der Stadt entfernt, fünf von meinem Baum. Das werden wir nicht rechtzeitig schaffen... nicht zu Fuß."<
Jetzt wäre es praktisch Harm doch mitgenommen zu haben.
„Hm, ich fürchte, ich besitze heute nicht die Möglichkeit den Weg andersartig abzukürzen.“
Sie hat Tags zuvor mit dem Mana etwas herumgeprasst, nicht lange geschlafen, am Morgen nicht meditiert und sich überdies noch den Luxus eines warmen Bades gegönnt. „Ich hatte nicht beabsichtigt heute noch viel herum zu zaubern..“

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Niniane am 18. Apr. 2012, 09:31 Uhr
>So?< Niniane kann der Magierin ihre ungläubige Reaktion nicht verdenken, schließlich trübt kein Wölkchen den blankgefegten Himmel, nicht das allerleiseste Donnergrollen ist zu hören und ein aufkommender Wind muss ja nun noch gar nichts bedeuten. Was ihr Wald ihr förmlich entgegenbrüllt und in den Stimmen aller Vögel zu hören ist, die in  Scharen das Weite suchen, davon kann Lady Shin ja nichts ahnen. "Ja, ich fürchte schon." Leider scheint es nichts mit einer kleinen Reise im magischen Gewirr zu werden, denn die Magierin weist dezent darauf hin, dass ihr diese Möglichkeit heute nicht offensteht, wenn sie auch keine Gründe dafür nennt. Die dich ja auch gar nichts angehen. "Dann erledige ich das, ist schon gut." Sie erinnert sich daran, Lady Shin schon einmal mitgenommen zu haben und aus einem noch weit unschöneren Grund, als einem heraufziehenden Sturm. Auf den Sithechacker zu Diardra Aílins Grab... Sie schüttelt sacht den Kopf um den unschönen Gedanken zu verdrängen und lächelt der Magierin kurz und katzenhaft zu. "Ihr kennt die Prozedur ja. Ruft Euren Hund und haltet ihn am besten am Halsband oder am Fell fest." Die Art der Priester sich zu teleportieren unterscheidet sich von der der Magier, die nur auf den Strängen des unsichtbaren manadurchtränkten Netzes der arkanen Magier herumreisen können... sehr viel weiter, aber auch sehr viel gebundener und festgelegter als Priester und Druiden. Es ist lange her, dass ein Magier sie in diese fremdartige, verwirrende Welt aus Licht und Farben mitgenommen hat und es wäre schön gewesen, wieder einmal dort einzutauchen und es Shaerela zu zeigen, aber heute würde es eben altbekannter, vertrauter Golddunst und eine gänzlich andere Art der Reise durch Zeit und Raum sein.

Shaerela und der Hund kommen bei ihnen an, der eine treuherzig hechelnd, die andere mit nachdenklich gefurchten, rabenschwarzen Brauen. Niniane kann das halb enttäuschte, halb protestierende Aber Mama... schon hören, noch ehe ihre Tochter den Mund auf macht um natürlich genau das von sich zu geben. "Aber Ma..."
"Nein, Rehlein, nichts "aber Mama." Ein Sturm zieht auf und zwar kein "wir können im Wald bleiben und Blitze fangen" Sturm.  Ich weiß, dass du gern noch ein bisschen länger mit Shafir spielen würdest, aber wir müssen wirklich gehen." Hoffentlich sind dein Vater und Leir schon zurück... oder klug genug, in der Harfe bei Borgil Schutz zu suchen. Sie kann es nicht genau bestimmen, aber wenn der Wind nicht noch einmal dreht, wird der Sturm wohl eher den Westen der Stadt treffen. Mit Glück zieht er vielleicht sogar daran vorbei. "Nehmt euch an den Händen und haltet den Hund fest. Lady Shin, wo dürfen wir Euch hinbringen?" Nachdem die Magierin ihr Ziel genannt hat, verlieren sie keine Zeit mehr - was auch gut ist, denn noch während sie die wenigen Worte gewechselt haben, hat der Wind merklich an Stärke zugenommen und heult inzwischen wie ein wütendes Tier von Nordwesten her. Niniane hebt beide Hände, die Handflächen nach oben und tief in ihrer Kehle entsteht ein Ton, der ein wenig so klingt, als summten kleine, aufgeschreckte Geister in einer gewaltigen, irdenen Glocke. Dann spricht sie die Worte des Zaubers, formt ihn mit ihrer Stimme und ruft ihn herbei, während ihre Hände herabsinken. Silbernes und goldenes Licht hüllt die zwei Frauen, das Kind und den überrascht niesenden Hund für die Dauer einiger Herzschläge ein, dann verschwinden sie einfach und zurück bleiben nur ihre Fußabdrücke zwischen den kleinen grünen Blättern des Gundermanns.

Titel: Re: Das Larisgrün
Beitrag von Atevora am 19. Apr. 2012, 00:28 Uhr
>"Dann erledige ich das, ist schon gut."< Erklärt Niniane einlenkend, auch wenn ihr so ist als würde sie in den Worten irgend eine Beinote vernehmen, welche sie im Moment nicht zuteilen kann. Vielleicht kommt der Eindruck von der darauf folgenden leichten Kopfbewegung, als würde Niniane einen Gedanken damit abschütteln wollen, doch auch hier weiß die Eismaid nicht so recht näheres zu Deuten. Ob sie wohl ein stummes Gedankengespräch mit ihrer Tochter geführt hat? Ihre Haltung macht auf die Magierin beim näherkommen den Eindruck als wäre sie von der plötzlichen Aufbruchstimmung nicht sonderlich begeistert. Überschäumend vor Freude ist Atevora ebenfalls gerade nicht, wenn auch aus gänzlich anderen Gründen als die des Mädchens. Atevora behagt es nicht sich so vollkommen in die Hände von Niniane zu begeben, und sich ihr vollends auszuliefern.
Shaerela hingegen würde vermutlich bloß nur lieber noch etwas länger mit Shafir im Wald herumtollen. Allerdings hätte die Shin ihr schwarzes Zottelmonster, auch wenn sie nicht vor gehabt hätte weiterzuziehen, nicht mehr wesentlich länger mit dem Kind spielen lassen. Sie weiß Shafir ist, wenn sich ihm die Gelegenheit dazu bietet, freudiger am Spielen als es für ihn und seine alten Knochen gut ist. Er übernimmt sich gerne und mimt dann den Rest des Tages nur noch den bemitleidenswerten Fellteppich, der vor Erschöpfung kaum noch aufstehen kann. So gern sie ihm die Freude auch lassen würde, sie möchte nicht, dass er nahe an diesen Punkt, mitten im Wald mit gut sechs Tausendschritt an Wegstrecke vor ihnen, gerät. Die treue Seele würde ihr zwar folgen, bis sie zusammenbricht, aber sie möchte ihr treudoofes WauWauchen nicht sich unnötig quälen und leiden sehen.

Atevora tut jedenfalls wie ihr geheißen und befielt mit einer Handbewegung den Hund an ihre Seite und krault ihn daraufhin kurz  lobend am Ohr. Bei dem kleinen Gespräch zwischen Mutter und Tochter hält sie sich dezent im Hintergrund. Unterdessen sie mit dem Gedanken Typisch Kinder bei „Rehleins“ Aufbegehren halb amüsiert in sich hinein Schmunzelt, schweift ihr Blick rasch über das Umfeld und sie erspäht auch sofort was sie sucht: Via.
Doch dann zucken ihre Augen doch wieder zu Niniane zurück wir können im Wald bleiben und Blitze fangen Sturm? wiederholt sie stumm die Aussage, und ihre rechte Augenbraue wandert augenblicklich merklich in die Höhe. Die Betätigung klingt spannend. Geradezu elektrisierend. Atevora zieht es  allerdings vor dazu diskret zu schweigen. >„ Ich weiß, dass du gern noch ein bisschen länger mit Shafir spielen würdest, aber wir müssen wirklich gehen." <
Sonderlich zufriedengestellt, oder wirklich überzeugt mit den Worten wirkt die junge Person nicht, was Atevora dazu veranlasst ein: “Ich bin mir sicher, es lässt sich ein nächstes Mal arrangieren“ Bevor der alte Herr hier das zeitliche segnet. zu bekunden. „Sodenn erwünscht, natürlich.“ fügt sie noch hinzu und richtet dann aber scheinbar nur Halbherzig auf die Antwort achtend, ihre Aufmerksamkeit wieder auf Via. Die weiße Eule sitzt achtsam und regungslos auf einem der bodennäheren Äste und fokussiert das Firmament, fast so als wäre es ein Fressfeind. Erst als Atevoras Stimme erklingt, die sie mit „Via!“ ruft, kommt Bewegung in den Vogel und schaut ihr aus dunklen Augen entgegen. „Hiri!“ Fügt Atevora bestimmt hinzu, und ihre gefiederte Gefährtin lässt sich noch die Zeit wie eine weise alte Dame, die über ein Angebot nachsinnt, die Augenlider zu schließen und sie langsam wieder zu öffnen, bevor sie die Schwingen breitet, sich mit ihren befiederten Klauen von ihrem Ast abstößt, im knappen Gleitflug über das Strauchwerk am Boden hinwegfliegt und schließlich auf Atevoras dargebotenem Ersatzrastplatz platz nimmt. Normalerweise lässt sie sich länger bitten. Nungut, das heißt in den meisten Situationen, die Eule scheint nämlich sehr genau zu wissen wann es an der rechten Zeit ist sich Eigensinnigkeiten zu leisten. „Zu gütig Liebes.“ Raunt die Magierin dem Vogel zu, der davon wenig beeindruckt sofort spielerisch und kitzelnd an der Shin Nasenspitze knabbert, die sich dafür gerade in der optimalen Höhe befindet. In Folge lässt Atevora den Arm sinken um ihre Nase aus der Reichweite von Vias Schnabel zu bringen.
>"Nehmt euch an den Händen und haltet den Hund fest.“< Gibt Niniane gleich darauf an Instruktionen kund.
Korb in der Hand, schweren Vogel am Arm, Hund festhalten, an den Händen halten? Atevora hätte gerne eine weitere Hand.
Irgendwie schafft sie es doch das Ganze so zu organisieren, dass es funktioniert und bittet die Elbe darum sie, wenn möglich, entweder bis zu ihren eindrucksvollen Baum am Smaragdstrand, oder wenn es nicht zu viele Umstände bereitet, bis an die Tore der Stadt mitzunehmen.

Wie schon einmal erlebt, hebt Niniane für ihre priestermagische Darbietung die Hände mit den Handflächen nach oben gen Himmel, und es ertönt ein Geräusch, dass scheinbar jede Zelle ihres Körpers vibrieren lässt und der Magierin unweigerlich eine Gänsehaut verursacht. Dann umhüllt sie goldener Dunst der die Welt rings verschluckt, sich wie eine heiße glühende Flüssigkeit in ihre Lungen ergießt und ihr den Atem und den Boden unter den Füßen raubt.
Dann ist es vorbei. Das flüssige Gold löst sich wie Nebelschwaden auf, doch die Welt dreht sich noch. Empört zeternd flattert die Eule davon, der Boden liegt irgendwie falsch, schief, Atevora verliert das Gleichgewicht und fällt keuchend auf alle Vier. Ihr brannte das letzte Mal die Haut so sehr, dass sie kaum bemerkt hat wie schrecklich sich diese ungewohnte Art zu reisen anfühlt.
Als sie einen Herzschlag später nur das Umfeld wieder wahr nimmt, sieht sie als erstes Niniane, oder eher ihre Hand, welche sie ihr entgegenstreckt um ihr hoch zu helfen, gefolgt von ihrem leicht besorgten und dahinter ihrer Tochter   ein wenig verständnislosen Blick.  
Irgendwie Rappelt sich die Magierin hoch, und sie könnte nachher nicht mehr sagen, ob sie die dargebotene Hand ergriffen, oder noch leicht konfus darauf verzichtet hat.

Mit so viel Würde wie sie aufbringen kann, greift sie anschließend nach ihrem Korb und sieht dabei schon die Dunkelheit die vom großen See her mit dem stetig stärker werdenden böigen Wind in Richtung Stadt heraufzieht. Ohne noch viel Zeit zu vergeuden bedankt sich Atevora bei Niniane, verabschiedet sich dann förmlich von ihr und ihrer Tochter und geht.



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