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Das Rollenspiel >> Die Unterstadt >> Die Unterstadt
(Thema begonnen von: Niniane am 30. Mai 2006, 10:08 Uhr)

Titel: Die Unterstadt
Beitrag von Niniane am 30. Mai 2006, 10:08 Uhr
Die Unterstadt

Tief unter den kopfsteingepflasterten Straßen der Stadt liegt jener Bereich verborgen, denn die Bürger Talyras abfällig als "Unterstadt" bezeichnen. Jeder kennt ihn, auch wenn nicht viele wissen, wie man dort hinunter gelangt, und viele fürchten ihn, denn jener Teil Talyras ist nichts für zarte Gemüter. Zwielichte Gestalten, finstere Halunken, Diebe und Vogelfreie treiben dort ihr Unwesen, und die mächtigen, verschworenen Diebesgilden haben hier ihre Hauptsitze. Gelegentlich wird die Unterstadt auch als die heimliche Diebesmetropole bezeichnet, natürlich nur hinter vorgehaltener Hand, doch es lässt sich nicht von der Hand weisen, daß die meisten Diebe in der Unterstadt wohnhaft sind. Städte verändern sich im Laufe der Zeiten, das ist allseits bekannt. Ein Feuer bricht aus und vernichtet einen ganzen Stadtteil, ein Krieg zerstört vielleicht zahllose Gebäude und macht ein ganzes Viertel dem Erdboden gleich... und so türmt sich bald Stadt auf Stadt, Neues wird auf den wenigen Resten von Altem errichtet. Wie verschiedene Gesteinsschichten, so lagern auch verschiedene Epochen einer Stadt übereinander. Die Unterstadt ist solch ein Bereich. Auf ihren Ruinen wurde das Talyra errichtet, das wir heute kennen und lieben. Einige Schichten tief reicht die Unterstadt in die Finsternis und bietet dunklem Gezücht und allerlei Schattengestalten Zuflucht. Sie ist das Schandmal, der finstere Fleck der Stadt, und gibt jenen eine Heimat, die im herrlichen Glanz der prachtvollen Oberen Stadt, wie die Bewohner von Unterstadt Talyra nennen, nicht leben können, weil ihr Reich die Dunkelheit und ihr Gewerbe das Gesetzlose ist.  

Die Unterstädter müssen nicht einmal großartig Razzien oder massive Einmischung der oberirdisch überall präsenten Blaumäntel fürchten, denn erstens schützen die Diebesgilden eifersüchtig ihr Reich, zweitens leben dort unten auch genug Bettler, Obdachlose, Krüppel, Straßenkinder und ähnlich arme Seelen, die den Dieben und dem Gesindel als lebendes Schutzschild dienen, und drittens weiß man auch beim Stadtrat und der Stadtgarde, dass selbst Ratten und Küchenschaben irgendwo ein Plätzchen zum Leben brauchen. Und so floriert der Schwarzmarkt in Unterstadt, der Wolfsmarkt, prächtig, ohne das wirklich etwas dagegen unternommen werden kann. Leichte Mädchen sind an jeder Straßenecke käuflich zu erwerben, und ihr Preis ist hoch, obschon man auch eine dürre Dirne für wenig Lohn zu erstehen vermag, wenn man nur lange genug sucht. Sein Geld verliert man in der Unterstadt jedoch in jedem Fall, sollte man sich hier nicht wirklich gut auskennen - wenn nicht an die das erstbeste Mädchen in einer schummrigen Gasse, dann eben an einen der zahlreichen Diebe, und nicht wenige bezahlen ihren Ausflug in die unteren Gefilde gar mit ihrem ach so kostbaren Leben, dass urplötzlich nicht einmal mehr einen Pfifferling wert ist.  

In diesen Gassen, die alle verdreckt und schmutzig sind, und nach Kloake richten, triffst du mit Sicherheit auf den windigen Tarot, einen Dunkelzwerg wie er im Buche steht. Meistens treibt er sich im Bereich des unteren Wehrs herum, doch nicht selten trifft man ihn auch in der schwarzen Allee oder am Wolfmarkt im Herzen der Unterstadt. Suchst du etwas, so frage als erstes Blade, er wird dir gewiss weiterhelfen, oder dich wenigstens von der großen Last deines Geldbeutels erlösen.  
Denn wisse dies: Tarot ist ein Hehler und Gauner, wie er im Buche steht; der Beste in ganz Unterstadt. Niemand kennt sich in den verruchten Straßen besser aus als Tarot Streitaxt. Sein Clanbruder Baril Faustkeil, ein findiger kleiner Wicht mit einer Armbrust, die beinahe genauso groß ist, wie er selber, bewacht mit seinen Kumpanen die Eingänge nach Unterstadt, und verlangen dort von den Eintreffenden so etwas wie Wegzoll. Das Haupttor zur Unterstadt liegt im Keller eines verfallenen Hauses am Blaupfuhl, gut verborgen und von Barils Schergen bewacht. Es gibt noch mindestens drei weitere Zungänge hinab in die Tiefe, doch sind sie nur wenigen redlichen Bürgern von Weltenstadt bekannt und gut verborgen. Eines aber wissen alle: Wage dich niemals ohne Waffe hinab in das dunkle Herz der Stadt, wenn nicht bist du auf jeden Fall verloren. Doch wie sagt Madam Grappe, die Inhaberin des "vornehmsten" Etablissements am ganzen Wolfsmarkt, so treffend:  

"Abenteuersüchtige, Haudegen, Spieler, Habenichtse und Taugenichtse sind bei uns immer herzlich willkommen, hauptsache sie bringe ordentlich Zaster in die Kasse."


NSC's der Unterstadt:

Tarot Streitaxt
bekanntester Hehler am Wolfsmarkt, ein Zwerg mit dem selten gut Kirschen essen ist.

Baril Faustkeil
Tarots "Bruder" und Steingartenvetter, bewacht mit seinen Schergen und seiner Armbrust "Singende Lilly" das "Haupttor" zur Unterstadt unter dem Blaupfuhl. Wer in der Unterstadt keinen Namen hat oder schlicht nicht auffallen und keinen Ärger haben will, muss bei ihm Wegzoll bezahlen.

Nurio Kulgur,
der unorthodoxeste Zwerg, den man sich nur vorstellen kann. Gepudert, parfümiert und stets angetan mit den elegantesten Kleidern nach der neuesten, geckenhaftesten Mode, mit Schleifchen und Spangen in Haar und Bart, Spazierstock oder Schirm. Nurio hat die gepflegtesten Manieren, die man sich nur denken kann und eine schon fast gezierte Art, sich auszudrücken, doch darf man sich weder von seinem Aussehen, noch von seinem Auftreten täuschen lassen: er ist gerissen, skrupellos, steinreich, grausam und verschlagen, und nach Blaerans Tod ist er zu einer der mächtigsten Persönlichkeiten der Unterstadt avanciert. Nurio handelt vor allem mit Informationen, kostbarem Diebesgut und erlesener Schmuggelware, und ist Besitzer der Schwarzen Orchidee.

Madame Grappe
Die Leiterin des Bordells "Schwarze Orchidee", eine dicke Matrone mit einem ebenso dicken, langfelligen weißen Kater. Sie legt gelegentlich für auserwählte Besucher die Karten, doch ob etwas Wahres an ihren Prophezeihungen ist, weiß niemand zu sagen.

Krätze,
ein Unterstädter, ehemaliger Schmuggler auf der "Kreischenden Nymphe", Gefolgsmann Baertrams, meistens in einer der Spelunken rund um den Wolfsmarkt anzutreffen. Ein guter Führer durch diese Schattenstadt, solange man ihm nicht den Rücken zukehrt und entweder genug Gold hat, ihn zu bezahlen, oder ihm genug Angst machen kann.

Baertram,
ehemaliger Kapitän der "Kreischenden Nymphe", ein abgewrackter Schmuggler und Pirat, meistens in einer der Spelunken rund um den Wolfsmarkt anzutreffen. Statt einer rechten Hand trägt er einen bösartigen Eisenhaken. Versäuft das letzte bißchen Hirn, das er noch hat und würde für ein wenig billigen Fusel alles tun.


Thorfir Einauge,
der einzige noch lebende ehemalige Gefolgsmann Blaerans, ein herrenloser Schattendieb


Tote Unterstadtgrößen der Vergangenheit:

Blaeran
ehemaliger Anführer der Kanalratten

Whytfisk,
Blaerans rechte Hand, ein Schattentänzer

Blutaxt, Rorge und der Rest der Kanalratten,
ebenfalls tot und verrottet.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 30. Juni 2006, 11:45 Uhr
<-- Der Blaupfuhl

Sie hat sich verändert, obwohl sie sich nicht verändert hat... nein, sie ist jetzt keineswegs mehr eine Weinhändlerin, ist nicht mehr eine Frau, die er vom Körperbau her vielleicht noch irgendwie attraktiv finden könnte... nein, das ist jetzt eine andere Person, das ist Wega, die Hündin, die für Geld Menschen tötete.
Sie hat sich nicht umgezogen... auch scheint sie nichts geholt zu haben, was sie dort unten vielleicht brauchen könnte... was hat sie diese fünf Stunden nur gemacht?
Keeshar ist misstrauisch. Was hat sie nur in dieser Zeit gemacht...
>Wollen wir?< fragt sie, mit einer hart klingenden, kalten Stimme... eine Stimme, die für Keeshar irgendwie blutbefleckt klingt.
Wollen... als ob er mit dieser Auftragsmörderin da runter WILL... er hat keine andere Wahl.. zumindest nicht, wenn er sich an seine Prinzipien halten will.
Also schnauft er nur, die einzige Antwort, die er zur Zeit geben will, dann geht er in die Richtung des kleinen, verfallenen Häuschens, in dessen Keller sich vielen Gerüchten zufolge der Zugang zur Unterstadt befinden soll.

Das Haus ist wirklich in einem erbärmlichen Zustand... ganz anders als die Wohnhäuser drum herum.
In Keeshars Kopf arbeitet es. Warum reißt man dieses Haus nicht einfach ab? Es ist doch eigentlich ein Schandfleck, innerhalb dieses Parks... Wenn er hier was zu sagen hätte, als ehrlicher Mensch, dann würde er dafür sorgen, dass diese Bruchbude verschwindet... es sei denn...
Keeshar schaut auf den Boden, betrachtet das Bild, dass dort auf dem Gehweg gemalt wurde... verschiedene Kleinigkeiten, hier mal ein Teil eines Abdrucks, dort ein heruntergetretener Grashalm... Dieser Eingang wird häufig benutzt... und deshalb existiert das Haus auch noch... weil man auch hier oben den Zugang kennt, und ihn so auch benutzen kann... hmm... ich sollte mich dort unten bei Zeiten nach anderen Wegen umschauen, ein unbekannterer Weg ist mir lieber als so etwas öffentliches...
Doch heute bleibt ihm keine Wahl, er öffnet die Tür – die erstaunlich stabil ist – tritt zusammen mit Wega in die Hütte und schließt die Tür hinter sich, so dass nur die kleine Laterne Licht spendet, und die Umgebung erhellt... Es ist staubig, modrig hier... zumindest auf den halbverfallenen Tisch liegt mehrere Zoll hoch der Staub, auch auf dem Boden liegt der Dreck vergangener Jahre herum... nur nicht auf dem Weg, der in den Keller herunterführt.
Wieder schnaubt Keeshar. Man scheint sich hier wirklich kaum Mühe zu machen, diesen Zugang zu verstecken.
„Kommt.“ sagt er zu Wega, geht dann vorsichtig, aber mit einem leichten Schlürfen die Stufen herunter – der Rothaarige hatte so das Gefühl, dass man eh schon wusste, dass sie bereits hier sind, dann muss er nicht noch extra leise sein.
Als er die letzte Stufe zum Keller hin betritt, hört er das Grummeln des Bewachers dieses Einganges, bemerkt die Bewegung, und sieht, wie die Armbrust in der Hand der Person – ein Zwerg, wie es scheint – auf seine Brust gerichtet wird.
>So spät noch unterwegs?< ertönt die Stimme dieses Zwergen im Raum, leicht hallt sie von den Wänden wieder, dann bewegt sich eine weitere Gestalt auf Keeshar zu, hält eine verdreckte, beinahe stinkende Hand auf.
>Wer diesen Weg Nachts benutzen will, muss dafür zahlen...< erklingt eine so hohe, fistelnde Stimme, dass Keeshar sich fragt, ob dieser Bursche noch seine Nüsse besitzt, oder ob sie ihm nur einmal zu oft gequetscht worden sind – aber dass war einmal ein Thema, von dem man von Mann zu Mann nicht einfach so spricht, und außerdem waren sie her ja gerade dabei, ein Geschäft abzuschließen.
„Und tagsüber muss man ebenso dafür zahlen, diesen Weg zu nutzen, ich weiß.“ Keeshar lächelt, während er aus dem Nichts eine Münze hervorzaubert – ein kleiner Taschenspielertrick, mit dem man genauso gut Dinge im Nichts verschwinden lassen kann. Einen Moment lang überlegt er, ob er Wega nicht selber zahlen lassen soll... aber sagt er, mit einem leichten, seufzenden Knurren in der Stimme „Für mich und meine Begleiterin. Jetzt gehören wir wirklich zusammen. Mit freundlichen Empfehlungen von Nojo aus Cardossa.“
Er meint ein Funkeln in den Augen des Burschen zu sehen... kein Wunder, die Münze, die er dort gerade in die Hand gedrückt hat, ist von einem höheren Wert, mehr, als man wohl eigentlich für den Wegzoll abdrücken müsste... und doch nicht wertvoll genug, als dass man ihm nur für weitere Münzen den Hals durchschneiden – oder in diesem Fall, die Brust durchbohren – würde. Aber auch eine kleine Erkenntnis meint der Einäugige zu erkennen... Nojo scheint auch hier ein hier bekannter Name zu sein... gut...
Der Zwerg mit der Armbrust grinst nur breit, tritt dann an die Seite, um den Weg in die Unterstadt freizugeben.
>Eine Freude, mit Euch Geschäfte zu machen!< „Mir genauso... auf dass wir sie bald wiederholen können!“
Er grinst, deutet Wega an, durch den nun freien Eingang zu gehen, als erste die Treppen hinab in die Unterstadt zu nutzen... etwas, das Wega auch tut, aber erst blickt sie den Rothaarigen so an, dass dieser umfallen müsste, wenn Blicke tödlich sein könnten.
Dann folgt er dieser Hündin, tritt vorsichtig auf die abgenutzten Steinstufen, spürt die Armbrust in seinem Rücken hinter sich, hat eine Auftragsmörderin vor sich... eine einfach nur wunderbare Situation. Einen Moment lang überlegt Keeshar, ob er seiner Begleiterin nicht einfach einen Tritt geben soll. Genau hier, mitten auf der Treppe, genau in den Rücken. Sie würde dort unten entweder tot ankommen, oder schwerst verletzt... Ein Unfall. Ein Missgeschick... ein Versehen...
Nein, es klappt nicht, Keeshar kann sich nicht überwinden, diesen doch recht hilfreichen Schritt einzuleiten... dafür ist er doch zu ehrlich.

Immer tiefer und tiefer gehen sie die Treppen herunter, Treppen, die durch tausende Füße ziemlich glatt poliert worden sind, und nur die Lampe, die er in seinen Händen hält, spendet ein leichtes Licht.
Und dann, endlich, sind sie unten. Überall dreckige Gassen, Schmutz und Moder, und ein Gestank, der ihm einerseits den Atem verschlägt, ihn aber andererseits irgendwie an seine Heimat erinnert... auch dort gab es einige Orte, die diesen besonderen Geruch hatten. Ihm gegenüber, an einer Wand, sitzen einige Krüppel – ob sie nur so dasitzen, schlafen, oder doch schon tot sind, kann Keeshar nicht so genau sagen, aber die anderen Gestalten, die im Schatten stehen, die sehen ziemlich lebendig aus, und Keeshar hat so das Gefühl, dass er weiß, was diese Burschen wollen.
Langsam geht er langsam nach vorne, und tatsächlich, die Gestalten hinter ihm bewegen sich mit...
„Mistress... lasst euer Messer jetzt bitte stecken!“ murmelt der Rothaarige, nur für Wega hörbar, nachdem sie mindestens ein dutzend Schritte gegangen sind, bleibt dann stehen, schaut sich einen Moment lang unsicher, verwirrt dreinguckend um...
Das Zeichen, auf das diese Burschen gewartet haben... einer von ihnen geht ein bisschen schneller, scheint die beiden überholen zu wollen, rempelt Keeshar an...
„Finger weg von meinem Geld!“ knurrt der Rothaarige, während die Schulter des Burschens seine berührt, holt mit dem Ellbogen aus, und rammt ihn mit aller Kraft in den Bauch des Burschen, der nach Luft schnappend das Messer in seiner Hand fallen lässt und sich zusammenkrümmt.
„Hmpf..Anfänger von einem Beutelschneider“ knurrt Keeshar, während er mit einer fließenden Bewegung sowohl seinen eigenen Dolch zieht, als auch plötzlich hinter dem immer noch mit schmerzverzogenen Gesicht dastehenden Burschen steht. Seine Männer waren besser ausgebildet gewesen, hatten erst beobachtet, und dann geschnitten... und sie hatten eigentlich immer gewusst, bei wem sie sich etwas erlauben konnten, und bei wem nicht.
„So, Bursche, wir haben einige Fragen, und wenn du nicht willst, dass der Boden unter dir blutrot wird, dann redest du lieber!“ knurrt Keeshar, den Burschen am Kragen nach oben ziehend, und die scharfe Klinge, die noch kurz vorher an seinem Gürtel hing, so an die Kehle haltend, dass eine leichte Verletzung entstanden ist, und ein Bluttropfen an seinem Hals herunterfließt.
Hinter sich hört er Füße, die schnell weglaufen... seine Kumpanen hatten diesen Burschen in Stich gelassen...
„Nun... wollt Ihr die Erste Frage stellen, Mistress?“ er lächelt sie freundlich an, seine Klinge immer noch an der Kehle haltend und mit der anderen Hand den Kragen des Burschen festhaltend.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Maus am 03. Juli 2006, 22:55 Uhr
Sie überlässt Keeshar bereitwillig die Führung – immerhin sind sie in Begriff, in seine Welt vorzudringen und zu irgendwas muss ja ihr erzwungenes Bündnis gut sein…. Die Kapuze ihres weiten Reiseumhanges tief ins Gesicht gezogen folgt sie ihm zu dem heruntergekommenen Gebäude, dessen Keller sozusagen den Haupteingang der Unterstadt Talyras beherbergt. Ihre ganze Haltung drückt routinierte Gelassenheit aus, doch die Sinne der Kundschafterin sind angespannt wie selten, während sie dem rothaarigen Gauner Schritt um Schritt weiter in die stickige Finsternis folgt, ein Vorgeschmack auf das Kommende. Und betroffen stellt sie fest, dass sich die Spuren im Staub, die ihre eigenen zierlichen Füße auf dem Boden hinterlassen mit den kräftigen Abdrücken des Mannes zu einem unentwirrbaren Muster vermischen ….  

Jetzt gibt es keinen Weg zurück… durchzuckt es sie heiß, als vor ihnen die Wächter dieser Stätte auftauchen. Zumindest scheinen ihre Informationen zu stimmen, der Zwerg ist unschwer an seiner überdimensionierten Armbrust zu erkennen und auch der Kerl mit der Knabenstimme ist ihr aus Berichten bekannt. Schweigend verfolgt sie die hauptsächlich aus Phrasen und Grunzlauten bestehende Konversation, die sich zwischen ihrem Begleiter und seinen talyranischen „Kollegen“ entspinnt. Innerlich zuckt sie zusammen, als Keeshar, der den Preis für sie beide zahlt, den Namen Nojos fallen lässt … es widerstrebt ihr zutiefst, als eine Verbündete dieser Unterweltgröße von Cardossa gehalten zu werden – aber sie widerspricht nicht, denn letztendlich ist eine Lüge so gut wie die andere…

Erst als Keeshar ihr dann in einer heuchlerischen Nachahmung kavaliergerechten Verhaltens den Vortritt lässt, kommt so was wie Leben in ihre Augen. Die Vorstellung, den kräftigen und sicherlich auch erbosten Mann dicht hinter sich auf einer steilen und schlecht beleuchteten Treppe zu wissen ist wirklich nicht gerade angenehm – aber die Dinge sind zu weit vorangeschritten um jetzt noch kneifen zu können und so wendet sie sich nach kurzem Zögern von Keeshar ab und beginnt den Abstieg – in mehr als einer Hinsicht….

Während ihre Füße durch die dünnen Ledersohlen ihres Schuhwerkes die unregelmäßigen und zum Teil teuflich glatten Treppenstufen ertasten, verrät ihr ihre Nase, was dem Auge noch gnädigerweise verborgen bleibt – sie steigen hinab in die Stadt unter der Stadt, dem fauligen Grund des schillernden Talyras, der Kehrseite dieser ach so gepflegt und wohlgeordnet daher kommenden Oberwelt. Ihre Fingerspitzen streifen die Wände, die mit einer schleimigen, stinkenden Schicht bedeckt sind. Nur mühsam kann Maus ein Würgen unterdrücken.

Unten angekommen verfolgt sie, wie ihr cardossianischer Begleiter sozusagen erste Kontakte mit der ansässigen Population knüpft. Doch immer wieder schweift der Blick ihrer unruhigen Augen in der Gegend umher, versucht sie sich einen ersten Eindruck zu verschaffen von der fremden Umgebung ..enge Gassen und Gänge, gesäumt von baufälligen Häusern.. Maus hört Stimmen aus der Dunkelheit, hier ein Raunen, da ein Flüstern. In der Ferne dann ein Schrei, der jäh abbricht. Sie sieht den Unrat, das trübe Funkeln der Abwässer – überall Dreck, allgegenwärtig wie die Luft zum Atmen, Gestank nach Fäulnis und Fäkalien ….

Je mehr Zeit verstreicht, desto mehr gewöhnen sich ihre Sinne an diese Umgebung und desto größer wird ihr Wahrnehmungsradius… sie hört das Quieken der Ratten, das Rascheln gewöhnlicher wie auch menschlicher Schädlinge – dazwischen dann ein Laut, der so gar nicht in diese von Menschenhand geschaffene Hölle zu passen scheint – das Jauchzen eines Kindes – Hier? Um diese Uhrzeit? Es erscheint so abwegig aber natürlich muss es sie geben, die Kinder dieses Unrates, das zukünftige Futter für die unbarmherzigen Mühlen des Verbrechens und der Rechtlosigkeit. Kinder, im Schmutz geboren um im Schmutz zu sterben, ohne jemals eine Chance zu erhalten, ihrem Schicksal zu entfliehen…Kinder, die irgendwie heranwachsen würden, um nach einer kurzen Blütezeit weit vor ihrer Zeit zu welken und ersetzt zu werden von der nächsten Generation - .

Und mit einem Mal steigt eine Welle von Hass in ihr hoch – Hass auf die braven Bürger dort oben im Licht, die feiern und prassen während hier im ewigen Halbdunkel das Leben und Sterben seinen gewohnten Gang nimmt. Hass noch mehr auf die Obrigkeiten, die feinen Herrschaften die sie dort oben an der Festtafel gesehen hat, in ihren prächtigen und kostbaren Roben, die in allen Farben des Regenbogens schillern, vor ihren mit Delikatessen überladenen Tellern – all die Honoratioren der Stadt, die Adeligen, Priester und Offiziere … die alle möchte sie am liebsten hier nach unten schleppen, damit sie sehen, riechen, schmecken, was sie sieht, riecht und schmeckt. Möchte dabei sein, wenn sich diese besseren Leute im Dreck der Gossen übergeben müssen bei diesem Anblick. Oh ja – wie leicht es doch fällt, zu sagen, dass es eben ein Oben und ein Unten geben muss, dass nicht alle alles haben können  – wie leicht, wenn man zufälligerweise selber auf der Sonnenseite des Lebens geboren wurde … wie leicht, all diese Schicksale der Bedeutungslosigkeit zu überlassen…

Fast schon erschrocken blickt sie auf, als Keesahrs Stimme sie jäh aus ihren düsteren Betrachtungen reißt. Seiner Aufforderung folgend tritt sie zu dem Beutelschneider. Ihre kleine Hand klopft ganz leicht auf den Arm, der das Messer hält, so wie man einen treuen Hund tätschelt, der brav sein Kunststück vorgeführt hat. Für den Bruchteil einer Sekunde wärmt sich Maus an dem hasserfüllten Ausdruck im Blick des Cardossianers – die Dominanz die aus ihrer kleinen Geste spricht und die Tatsache, dass sie sicher nicht unbemerkt geblieben ist, muss den Einäugigen furchtbar ärgern… Aber warum auch sollte nur ihr zum kotzen zumute sein?

Sie beugt sich ein wenig hinab zu dem Burschen, der nicht wenig zittert im eisenharten Griff Keeshars. „..Ich bin auf der Suche nach dem höchst ehrenwerten Nurio Kulgur..“ sagt sie mit ruhiger, klarer Stimme „…falls Du ihm zufällig begegnest …richte ihm bitte aus, dass ich ihn zu sprechen wünsche … sag ihm, ich hätte etwas für ihn..“ Sie zieht einen Gegenstand aus den Tiefen ihrer Tunika, eine kleine, schlampig geprägte Münze aus grün angelaufenem Kupfer und hält sie dem talyranischen Gauner zwischen Daumen und Zeigefinger vors Gesicht, so dass er sie sehen – und später beschreiben kann…..

Dann drückt sie mit sanfter Gewalt das Messer zu Seite und sieht nachsichtig lächelnd auf den Burschen hinab, der sich hastig aufrappelt und nach einem unsicheren Blick auf sie und Keeshar einstweilen das Weite sucht … Maus ist sich sicher, dass die Kunde von einer Frau mit einer alten Kupfermünze, die nach Kulgur sucht, hier unten schnell die Runde macht. Bald schon wird sie an das Ohr des Zwergen dringen – und wenn stimmt, was ihre Leute über die Bedeutung der Münze gesagt haben, wird es reichen, um den Zwergen zu einem Gespräch – vielleicht sogar zu mehr - zu bewegen…

„Gehen wir ein wenig bummeln?“ fragt sie Keeshar wie eine brave kleine Ehefrau beim Ausflug in die große Stadt „.. der berüchtigte Wolfsmarkt muss irgendwo in dieser Richtung liegen… man sagt, dort gibt es alles, was man sich jemals wünschen mag ….“ Anzüglich verharrt ihr Blick auf der Binde, die seine leere Augenhöhle bedeckt. „Na ja … sagen wir fast alles…..“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 05. Juli 2006, 21:29 Uhr
Innerlich atmet Keeshar mehrfach ein und aus, während er Wega äußerlich recht ruhig und gelassen anblickt. Und mit jedem innerlichen Atemzug kriegt er seine Wut mehr unter Kontrolle.
Jetzt bedauert er es, sie nicht getreten zu haben. Ob nur verletzt, oder ganz tot... er wäre wesentlich zufriedener gewesen. Aber nein, er hat sich zusammengenommen, wurde getätschelt wie ein Hund, und dann lässt diese Hexe auch noch seinen Informanten einfach so laufen, obwohl er ihm noch einige Fragen stellen wollte... aber gut, somit wusste Wega auch nicht, dass einige seiner Informationen bezüglich der Unterstadt, und ihren Bewohnern, unscharf waren, und er noch mehr Informationen gut gebrauchen konnte.
Und er ist überrascht, über das, was er aus ihrer ersten Frage erfahren hat. Sie will also etwas von Nurio Kulgur, diesem angeblich nach feinen Frauenwässerchen stinkenden Zwergen. Mutig, mutig. Und gar nicht das, was er eigentlich will. Sicherlich, früher oder später würde er sicherlich mit dem Zwergen zu tun haben, aber erst wollte er ein besseres Standbein hier in Talyra haben... also soll sie ruhig machen, vielleicht erledigt sich sein Problem ja damit endgültig...
Aber er ist schon neugierig, was das für eine Münze ist, und warum ein einfaches Vorzeigen ausreichen soll, um den Zwergen herbeizuholen... normalerweise braucht es schon bessere Gründe, um eine solche Persönlichkeit erscheinen zu lassen.
Interessant, interessant.
Aber er kocht immer noch leicht vor Wut, über dieses herablassende Verhalten von Wega. Vielleicht sollte er das nächste Mal solch dumme Beutelschneider darauf hinweisen, dass sie auch eine Geldbörse hat. Gut, vermutlich würde Wega so einen Angriff überleben... aber nicht völlig unbeschadet... und das wäre doch schon mal etwas...
Er überhört ihren Kommentar bezüglich der Waren, und geht in die Richtung, in die seiner Meinung nach der Wolfsmarkt liegen muss, er wartet nicht auf sie, soll sie doch notfalls dort bleiben, wo Cofea wächst.
Schon beim ersten Schritt, den er tut, kann ein guter Beobachter merken, dass plötzlich etwas anders ist an den Bewegungsabläufen dieses rothaarigen Mannes. Während er draußen, als Rikardon der Pelzhändler, noch stolziert ist, mit hoch erhobener Nase, und abwertendem Blick, und während er bis zu diesem Angriff, eher unsicher, verwirrt, und fehl am Platz wirkte, wirkt er nun so, als wäre er sein ganzes Leben bereits in dieser Unterstadt zu Hause. Seine Bewegungen werden federnder, er wirkt angespannt und locker zugleich.. angespannt, weil er jederzeit mit einem Angriff rechnet, und locker, weil er keine Angst hat, egal was hier auf ihn zukommen mag. Auch der Rabenschnabel aus schwarzem Metall funkelt, reflektiert das Licht der Fackel, die Waffe scheint ebenfalls bereit zu sein, um notfalls auf einen Angriff zu reagieren. Überhaupt wirkt das ganze Erscheinungsbild des Rothaarigen wie das, eines Raubtieres, wie eines Bären, der sich seiner Kraft bewusst ist, und keine Angst vor irgendeiner Gefahr hat, aber eine Gefahr dennoch nicht provozieren will.
Und es scheint zu wirken, denn kein Beutelschneider versucht sich ihm zu nähern, während Keeshar weiter in Richtung Wolfsmarkt geht.
Die Stimmung um ihn herum ist gut, soweit Keeshar das nur durchs Beobachten mitbekommt. Ja, sicherlich, es ist ein genauso stinkiger, verdreckter, lausiger, gefährlicher Tag wie immer in der Unterstadt... aber heute ist IniariTag. Und auch, wenn dieser Tag hier nicht so gefeiert wird, wie oben... einige Leute feiern ihn dennoch, auf ganz unterschiedliche Weisen. Hier sieht Keeshar eine gelbe Blüte, die sorgfältig an einem Türrahmen befestigt wurde, dort sieht er einen Bettler, der mit einem recht zufriedenen Gesichtsausdruck in die Richtung des Marktes eilt – vermutlich hat er eine großzügige Gabe bekommen, und will diese nun ausgeben, bevor er die Münzen doch irgendwie wieder abgenommen bekommt. Auch die Männer und Frauen, die Keeshar als Gauner einschätzt, scheinen zum größten Teil recht zufrieden zu sein – auch sie haben gute Ausbeute gemacht an diesem besonderen Göttertag.
Jaja, die Unterstadt. Irgendwie überall gleich, und doch anders. Gut, in Cardossa gab es so eine Art Unterstadt nicht – das hatte etwas mit den angrenzendem Meer zu tun... nichts gegen den Ildorel, der war beeindruckend... aber nur eine Pfütze gegen den Golf von Cardossa und dem Stillen Ozean.
Je näher sie dem Wolfsmarkt kommen, desto belebter werden die unterirdischen Straßen, leichte Mädchen mit ihren Beschützern stehen an den Straßen, Diebe, Hehler, sonstige „Untertanen“ der Unterwelt.
Interessiert betrachtet Keeshar eine der Huren, die an der Ecke stehen. Sie ist jung – nicht zu jung – und nicht so zierlich wie ihre „Kolleginnen“, etwas das der Rothaarige bei Frauen bevorzugt, auch ihre braunen, lockigen Haare sind ansprechend... Kurz überlegt Keeshar, ob er sich diese Straßenecke merken soll, um später, alleine wiederherzukommen – eine Frau konnte wunderbar helfen, um Frust abzubauen - aber als er dann sieht, wie sich einige Läuse aus ihren recht spärlichen Kleidungsstücken abzuseilen scheinen, verwirft er den Gedanken lieber. Hier unten würde er wohl nur dann sich eine Frau nehmen, wenn sie vorher ein ordentliches Bad genommen hat.
Er bemerkt den herablassenden Blick Wega`s – natürlich war sie nicht einfach so verschwunden, sondern war an seiner Seite geblieben – die offensichtlich wusste, woran Keeshar dachte, wenn er sich so ein Mädchen genauer betrachtete. Ihm war es egal. Er schenkt der Hündin nur ein breites, recht zufrieden reinguckendes Grinsen, und geht dann weiter richtig Wolfsmarkt.

Nach einigen weiteren dutzend Schritten sind sie dann endlich da, der Wolfsmarkt, hier, wo man für genügend Geld alles kaufen kann – wenn man nur den Mut besitzt, danach zu fragen, ob jemand die gewünschte Ware hat. Es ist voll, trotz dieser späten Zeit, und so mancher Dieb versucht seine erst vor kurzem erstandene Beute bei Hehlern an den Mann zu bringen. Keeshar grinst. Er fühlt sich ziemlich wohl hier, auf diesem schlecht gepflasterten, stinkenden, halbverfallenen unterirdischen Markt. Doch das stimmt nicht ganz. Der Wolfsschädel auf dem Pfahl, der Namensgeber dieses Ortes, bereitet ihm einiges an Unwohlsein, verursacht ein ungutes Gefühl in seiner Magengegend... Aber was solls. Er ist nicht hier, um unguten Gefühlen nachzugehen.
„Ich will mir einen Überblick über die angebotenen Waren verschaffen.“ spricht er zu seiner Begleiterin in einem Tonfall, der aussagt, dass er das sowieso machen wird, ob sie nun dabei ist, oder nicht, und dass es ihre Entscheidung war, ob sie mitkommen würde, oder nicht.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Maus am 12. Juli 2006, 22:28 Uhr
Eins muss Maus ihrem Begleiter wirklich lassen – er verfügt über ein in seinen Kreisen ungewöhnlich hohes Maß an Selbstkontrolle. Obwohl der cardossianische Gauner inwendig kochen muss, zeigt sich kaum eine Regung auf seinem pockennarbigen Gesicht. Rasch wendet er sich ab und strebt in Richtung des Zentrums der Unterstadt von Talyra, seiner schwarzen Seele, dem Wolfsmarkt. Schweigend heftet sie sich an seine Fersen. Mit einer Mischung aus Faszination und Abscheu bemerkt sie den Wandel in Gang und Haltung des Gauners, die mehr als alles andere ausstrahlt, dass er sich in dieser Umgebung, in diesem Dreck ganz zu Hause fühlt. Jeder so, wie er es mag… oder auch braucht! Als er dann mit weitaus mehr als flüchtigem Interesse eine der Straßendirnen mustert, die sich im ewigen Zwielicht der rußenden Pechfackeln den Passanten anbieten, verdreht sie innerlich die Augen, mustert dann aber genau die „Vorzüge“ des Mädchens, das seine Aufmerksamkeit erregt hatte – es mag für die Zukunft nützlich sein, seinen diesbezüglichen Geschmack zu kennen – falls sich einmal die Notwenigkeit ergibt, ihm eine passendes Möhrchen vor die Nase zu halten … Immer noch die eleganteste Möglichkeit, einem Kerl wie Dir das Denken abzugewöhnen….

Aber insgeheim ist sie froh um seine Begleitung, hält sie doch so manchen Ärger von ihr fern. Wäre sie alleine in dieses ihr fremde Revier eingedrungen, hätte sie ihre Wehrhaftigkeit unter Beweis stellen müssen … etwas, worauf sie nicht unbedingt Wert legt. So aber streift manch begehrlicher Blick in ihre Richtung, der ebenso ihrer Ausrüstung als auch ihrem biegsamen Körper gilt, dessen sanfte Rundungen sich unter ihrem lockeren Gewand deutlich abzeichnen – doch dabei bleibt es auch und niemand versucht sich in irgendwelchen übergriffigen Annäherungen. Oh ja – alleine auf sich gestellt, hätte sie Blut fließen lassen müssen, um ihren Anspruch auf Selbstbestimmung Nachdruck zu verleihen ..

Endlich weiten sich die engen schmierigen Gassen zu einem Platz, der sich auch ohne Hilfe des knöchernen Wahrzeichens unschwer als der Wolfsmarkt erkennen lässt und Maus schließt sich Keeshar an, der sein Interesse am hiesigen Warenangebot kundtut. Erstaunt schweift der Blick ihre funkelnden grauen Augen über die überraschende Vielfalt des Angebotes. Auf zusammen gezimmerten Bänken und löcherigen Kisten wird alles angeboten, was das dunkle Herz eines Gauners oder Abenteurers höher schlagen lässt – von Verkäufern, die nicht minder wehrhaft aussehen als ihre zwielichtige Kundschaft. Und auch wenn es hauptsächlich minderwertiger Ramsch und billiger Tand ist, der sich offen den Blicken feilbietet so ist Maus sich doch gewiss, dass die Drahtzieher und Hehler dieses seltsamsten aller Märkte Talyras ebenso auch Waren für den gehobenen Anspruch verschieben – so man dann reich genug ist, sie zu bezahlen und mutig genug, danach zufragen…

Neben dem Angebot an Waffen, Ausrüstung und Zauberutensilien sind auch immer wieder kleine Stände mit Essbaren – Fleisch oder  Mehlgebackenem - anzutreffen. Auch das Untervolk verbindet einen Ausflug auf den Markt offenbar gerne mit einer körperlichen Stärkung. Wobei es der Ardunerin völlig schleierhaft ist, wie man in all dem Unrat und Gestank überhaupt einen Bissen herunterbekommen kann. Die Einheimischen scheint es indes nicht weiter zu stören -  doch sie selber schaut angeekelt zur Seite und schüttelt hastig mit dem Kopf, als ihr eine zahnlose alte Vettel einen vor Hammelfett triefenden Spieß mit Fleischstücken unter die Nase hält – mochte Loa in ihrer göttlichen Weisheit wissen, um welche Art von Fleisch es sich dabei handelt ….

Ein Stück weiter hinter den eigentlichen Verkaufsständen verdichtet sich die Menge zu einem lärmenden Pulk, der wild gestikulierend das Geschehen auf einem abgesteckten Terrain verfolgen. Anscheinend nähern sie sich einer weiteren Attraktion der hiesigen Unterwelt – den Gruben, in denen Gestalten, die wenig zu verlieren haben, gegeneinander im Kampf antreten – und dabei oft genug ihr Leben aufs Spiel setzen. Gerade ist es wohl ein schlaksig wirkender Schwarzhaariger mit einem Messer, der gegen einen bulligen Schrank von einem Kerl antritt, der eine bösartig aussehende Keule führt.

Eine kurze Weile beobachtet sie stumm den Kampf, registriert jeden Angriff, jede Finte der beiden Kontrahenten, bewundert die Kraft und Zähigkeit des einen, wie auch die behände Eleganz in den Bewegungen des anderen. Endlich wendet sie sich an Keeshar  „Ich setze zwei Gold auf den Mageren…“ sagt sie, das Schweigen brechend, dass sich zwischen ihnen ausgebreitet hat. Und wie bei allem, was sie dem Cardossianer gegenüber bislang geäußert hat, schwingt eine gewisse Herausforderung im Tonfall ihrer Stimme mit.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 11. Feb. 2007, 16:18 Uhr
Es waren gute Monate für Keeshar, erfolgreiche Monate. Er hatte es tatsächlich geschafft einen Fuß in die Unterstadt von Talyra zu setzen.
Dies war ihm durch schmeicheln und drohen, durch einfühlsames Helfen und durch brutale Schläge gelungen.
Der Rothaarige hatte Huren geschmeichelt um zu erfahren mit wem sie regelmäßg das Bett teilen, hatte mit Dieben gezecht und hatte so davon Kenntnis erfahren, wo die nächsten Aktivitäten der Diebe bevorstand.
Er hatte kleinen Kindern Zuckerware geschenkt, ohne dafür irgendwelche Dienste zu verlangen, und hatte so im Laufe der Monate kleine Helfer bekommen, die überall ihre Ohren hatten, und ihm viele Dinge mitteilen konnten.

Der Rothaarige hatte innerhalb der Monate die er schon in Talyra lebte, auch ein Haus innerhalb der Unterstadt gesucht und gefunden: Ein stabiles, großes Haus in einer Gegend, in der die meisten Häuser verfallen sind, in der nur einige wenige Familien wohnen, vorallem Frauen, deren Männer sich die meiste Zeit besoffen mit einer Hure vergnügen, oder deren Männer sich aus dem Staub gemacht haben.
Auch hier hatte sich Keeshar mit Geschenken bei den Familien beliebt gemacht, er hatte Lebensmittel überbringen lassen, hatte die Frauen vor aufdringlichen Männern beschützt, hatte sie sehr höflich behandelt – etwas, was diese Frauen eigentlich überhaupt nicht kennen.
Auf diese Weise gewann Keeshar auch die Familien in den Häusern in seiner Umgebung für sich gewonnen, und dies zahlte sich für ihn aus. Die Frauen bedankten sich bei ihm, indem sie ihm warmes, frischgebackenes Brot schenkten, sie erledigten Einkäufe für ihn – und sie erzählten Keeshar, was sie auf dem Marktplatz in der Unterstadt so mitbekommen hatten – es war wirklcih erstaunlich, was tratschende Frauen alles so in Erfahrung bringen können, Geschichten, denen Männer keine Aufmerksamkeit schenken.

Das Haus, ein zweistöckiges Gebäude mit Mauern aus armdicken Granitsteinen und mit Eisenstangen vergitterten Fenstern, wurde zu Keeshars Stützpunkt. Es befand sich in der Nähe eines halb eingestürzten Tunnels, der ins Larisgrün führte - die perfekte Möglichkeit, zu fliehen, wenn es sein muss.
Das Haus hatte mehrere kleinere Zimmer, in denen Keeshar die Handlanger unterbringen konnte, denen er genug vertraute, im Keller lagerte der Rothaarige verschiedene Gegenstände, von Hehlerware über Waffen bis hin zu auf ehrlichem Weg gekauften Gegenständen.
In der oberen Etage wohnte Keeshar selber in zwei aneinanderliegenden Räumen, von denen der hintere mit dem Dachboden durch eine einfache Leiter verbunden war.
Das Haus hatte auch einige Besonderheiten, von denen bis auf Keeshar niemand wusste – ein Fluchttunnel im Warenlager des Kellers, gerade hoch genug, dass ein Mann sich dort hindurch zwängen konnte und eine Ausstiegsluke in dem Dach, das aus Eichenschindeln gebaut worden war.

Ja, Keeshar hatte es geschafft, er hatte einen Fuß in die Unterstadt gesetzt.
Zeit, diesen Einfluss auszubauen.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 08. März 2007, 11:03 Uhr
Seit einigen Wochen hatte Keeshar vermehrt von einem Burschen namens Bron innerhalb der Unterstadt gehört. Die Männer schlagen sich lachend auf die Schenkel, wenn sie seinen Namen aussprechen, denn Bron, dass ist ein Kerl, wie man ihn selten erlebt hat, die Frauen hingegen tuscheln verängstigt, denn es war wirklich ein  Kerl, wie man ihn selten erlebt hatte...
Ein neuer Lude ist in der Unterstadt angekommen, ein besonders brutaler Zuhälter. Bron hat schnell dafür gesorgt, dass sein Name in aller Munde war, indem er einige Unterhaltungen mit anderen  Zuhältern – anderen Beschützern - geführt hatte. Schnell hatte Bron diese überredet, ihm die beschützten Damen anzuvertrauen, so dass diese leichten Damen für ihn arbeiteten, und zwar nur für ihn.
Er hatte einige einschneidende Argumente genutzt – und nachdem einer der Zuhälter recht kopflos aufgefunden wurde, waren die meisten der kleineren Zuhälter bereit, ihre Damen abzutreten.
Solche Streitereien waren in der Unterstadt normal – aber dieser Bron war etwas besonderes.
Er war besonders brutal zu den Frauen – schaffte eine nicht genug Geld heran, so verlor sie schonmal ein Fingerglied – dann ein zweites, und so machte Bron langsam, besonders schmerzhaft weiter. Er raubte die Freier aus, schnitt ihnen die Kehle durch – niemand war wirklich sicher vor Bron.

Keeshar hatte sich zuerst nicht bsonders für diese Geschichten interessiert. Er besuchte diese Huren nicht, hatte auch sonst keine Kontakte mit irgendwelchen Opfern von Bron – was kümmerte ihn also das Ganze? Aber der Kerl bewegt sich immer näher an Keeshars Revier... irgendwann wird Keeshar etwas unternehmen müssen, aber noch war es nicht soweit.

„Boss? Boss“
Jemand klopft erst zaghaft, dann immer energischer werdend an die stabile Eichentür, hinter der sich Keeshars Zimmer befindet.
Keeshar ist schon wach, er lauscht. Er wacht immer auf, sobald die unterste Stufe leicht knarrt. Eine Fähigkeit, die ihm früher schon öfters das Leben gerettet hat.
„Boss?“
Keeshar knurrt leise. Er hasst es, so geweckt zu werden. „Ja, verdammt nochmal, sei endlich still.“
Das Klopfen hört abrupt auf.
Keeshar macht sich nicht die Mühe, sich etwas überzuziehen, nackt, wie ihn die Götter schufen geht er zur Tür. Wirth, eigentlich Schmuggler und Wilderer, der in Keeshars Diensten steht, steht vor die Tür, schaut etwas ängstlich rein, er weiß, dass er seinen Boss nicht einfach so aufwecken soll, aber er hat einen guten Grund.
„Boss, du hast Besuch.“ kommt Wirth sofort zur Sache.
Keeshar knurrt, gähnt, dreht sich dann um, um sich anzuziehen. „Tee!“ grummelt der Rothaarige, während er sich  einen aus Schafswolle gestrickten Pullover anzieht. Wirth flitzt los.
Kurz darauf kommt der Schmuggler mit einer Kanne Tee und zwei Bechern wieder, gerade als Keeshar fertig mit dem Ankleiden ist, hinter ihm eine Frau, die ein langes, ziemlich verdrecktes Tuch als eine Art Umhang trägt.

Er kennt die Frau, die ihm gegenüber steht. Sie ist etwas älter als er, wohnt in seiner Nachbarschaft, hat fünf Kinder, denen sie das Maul stopfen muss – ein Frau, die die ganze Zeit alleine Geld oder Essen heranschafft, weil ihr Mann sich im besoffenen Zustand mit den falschen Kerlen angelegt hat, und dann abgehauen ist.
Man sieht ihr diese Arbeit, diese Mühe an.
Die braunen Haare strähnig, die Haut hat eine ungesunde Blässe, die Augen eingefallen, die vorderen Zähne fehlen, vor Jahren von einem ihrer Liebhaber ausgeschlagen – eine verbrauchte Frau.
Keeshar empfindet dennoch ein bisschen Sympathie für sie. Sie versorgt ihre Familie, arbeitet hart, versucht ihr bestes – für sowas hat Keeshar immer ein bisschen Respekt übrig.
Aber heute... heute sieht diese Frau noch schlechter aus als sonst – und das liegt nicht nur an dem blauviolettgrün umrandeten Auge.
„Unla, wie schön dich zu sehen, setz dich doch.“ begrüßt der Rothaarige die Frau, bietet ihr einen Stuhl an, auf den sie sich auch verschüchtert hinsetzt.
„Ich habe gehört, dass dein Jüngster gestern... erfolgreich war?“
Keeshar spricht in einem freundlichen Ton, gießt sich und seinem Gast etwas kalten Tee in zwei Becher ein.
Doch Unla schaut nur krampfhaft zu Boden, hält mit der einen Hand ihre andere fest.
„Trink, Unla.“ fordert der Rothaarige sie auf, nimmt selber einen kleinen Schluck, und Unla befolgt diese Worte.
„Also Unla, was gibt es?“ fragt Keeshar höflich, sanft.
„Ich.. ich benötige deine Hilfe.“
Keeshars Auge funkelt leicht. „Erzähl“

Und sie erzählt. Sie erzählt, dass sie sich während der letzten Wochen immer wieder beobachtet fühlte, ja, beinahe schon verfolgt. Vom Wolfsmarkt bis zu ihrem Heim hin. Zuerst hat Unla geglaubt, dass sie jetzt doch noch verrückt wird, aber dieses Verfolgungsgefühl ging nicht weg.
Und dann hatte sie ihn das erste Mal gesehen. Ihn – Bron. Sie hat ihn zwar nicht sofort erkannt, aber sehr schnell war ihr klar, wer sie verfolgt.
Es war erschreckend, dass Bron sie im Geheimen verfolgte. Aber dann änderte der Lude sein Verhalten – und plötzlich folgt er ihr so, dass sie es sieht. Immer ist er hinter ihr, und der Abstand verringert sich von Tag zu Tag.
Und gestern war Bron plötzlich bei ihr. Hat sie aufgefordert, für ihn zu arbeiten. Hat sie geschlagen. Hat ihr gedroht, ihr einen Zeh abzuschneiden – das fällt den Freiern nicht so sehr auf.
Und er hat ihr gedroht, ihren Kinder die Ohren abzuschneiden. Oder die Nase. Oder etwas ganz anderes.

„Ich verstehe.“ Keeshar nickt. „Ich kümmer mich darum. Sei unbesorgt. Und wenn ich einmal deine Hilfe brauche....“
Unla nickt nur. Sie weiß, dass hier unten alles einen Preis hat.
„Gut. Geh nach Hause, Unla. Du kriegst bescheid, wenn alles geklärt ist.“

Nachdem Unla das Haus verlassen hat, zieht sich Keeshar fertig an. Bron. Der Kerl war jetzt eindeutig einen Schritt zu weit gegangen.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 27. März 2007, 18:44 Uhr

Seltsames munkelt man die letzten Tage, nein Monate. Aus allen Winkeln und Ecken, mit vorgehaltener Hand mischt sich unter das ewige ruhelose Rumoren der Unterstadt ein verhaltenes Murmeln, nervöses Wispern und zaghaftes Tuscheln. Nicht, dass dieses verstohlene Flüstern etwas ungewöhnliches wäre, doch dieser und letzter Monde war etwas anders.
Selbst der sommersprossengesichtige Taugenichts Tane, eine ihrer liebsten und weithin verlässlichsten Quellen, sprach jene ominösen Themen die kleinlaut von allerhand fauliger Untergrundgesellschaft gemunkelt wird an.
Gedankenversunken und nicht weiter auf den Weg achtend schreitet Atevora schnellen Schrittes den grob gehauenen Tunnel entlang von dessen niedrig kantiger Decke ab und an Kondenswasser vom Höhlenstaub schmutzig auf den Boden tropft und diesen unaufhörlich glitschig mit Feuchtigkeit benässt und versucht den Tagesablauf, die Wortfetzen und das Geschwafel der Leute in Gedanken zu ordnen.


Nur schleichend bahnen sich die all zu bekannten Geräusche, schwer und monoton in Atevoras Bewusstsein. Ein schluchzen eines Kindes, hier ein keifendes Weib, dort ein kummervolles Wimmern und dazu unbeirrt der seltsam melodisch raschelnde Takt eines über den rauhen Steinboden Kehrenden Reisigbesens.
Langsam öffnet die weißhaarige Frau ihre noch vom Schlafe trägen Augenlieder und blinzelt bevor sie sich ächzend wie ein altes steifes Waschweib hoch müht einige Male in die mit Grauschleiern verziert unwirklich rauschende Dunkelheit.
Wieder ein neuer unbedeutender Tag in ihrem unbedeutenden Leben. Er widert sie jetzt bereits an.

Wie spät es tatsächlich war konnte hier in den ewig dunklen Gefilden der Unterstadt niemand genau sagen, sofern er nicht soeben von der wechselhaft bunten Welt oberhalb her die weitläufigen Tunnel und Höhlensysteme der mit Unrat bevölkerten Stadt betrat. Und doch, als leite sie eine innere Uhr, pflegte Atevora bereits in den frühen Morgenstunden an denen die Sonne mit ihren ersten zaghaften sacht goldenen Strahlen die Wesen an der Oberwelt sanft die Nase kitzelnd weckt zu erwachen.

Noch einigermaßen schlaftrunken während des überziehens ihrer für diese Welt durchwegs viel zu auffällig hell gehaltenen Kleidungsstücke entsinnt sich Atevora wieder des überfälligen Besuches bei der am verwinkelten Rande des unterstädtischen Höhlensystems ansässigen Alchimistin, welche von den meisten aus Ermangelung des Wissens um ihren tatsächlichen Namens schlichtweg DIE Alte genannt wird.
Es wurde doch langsam notwendig bei dieser etwas betagteren Dame vorbeizusehen und abzuholen was sie bei ihr in Auftrag gab, denn auch wenn es Atevora zu ignorieren versuchte, so wurde mit jedem vergangenen Tag dennoch deutlicher, dass Shenrah seine Herrschaft zurückforderte. So war also das erste Ziel an diesem ach so wundervollen Tag ein Besuch bei der Alchimistin.

Rasch und ohne nennenswerte Zwischenfälle war der Weg zur Alchimistin zurückgelegt.
Mit einem innerlichen Seufzen klopft Atevora - wie es die Höflichkeit gebietet, die in dieser Dunkelwelt im Grunde ohnehin etwas Unbekanntes zu sein schien – gegen die aus unterschiedlich langen, teilweise abgebrochenen modrigen Holzbretter, jene in dieser Weise zusammengenagelt wohl so etwas ähnliches wie eine Türe zu sein versuchten.

„Ja bitte!“ tönt es mit beschlagener Stimme aus dem Inneren der notdürftig zusammengemauert wirkenden Herberge und Atevora tritt durch die Modergeruch verbreitende Türe deren Scharniere beim aufschwingen nur all zu verräterisch rostig quietschen.

„AAH! Ich hatt euch schon erwartet“ krächzt ihr augenblicklich die Achimistin entgegen, während sie sich hinter einem abgenutzten für dieses Umfeld viel zu sauber wirkenden Holztresen mit plumpen Bewegungen irgend einen undefinierbaren gelblichweißen Puder von der Kleidung Klopft.
Der Alchimistin sah man nur all zu deutlich ihr bereits sehr fortgeschrittenes Alter an. Ihr Haar war bereits vor all zu langer Zeit ergraut, sodass kein Schimmer von der einstigen, man sagt sich kastanienbraunen, Haarpracht zu erkennen war. Tiefe Falten zerfurchten ihr ledrig wirkendes Gesicht und nur die Augen blitzen kurz verräterisch wach auf um schließlich wieder vom vernebelnden Grauschimmer des Alters zu ermatten.
Ohne auf eine Begrüßung seitens Atevora zu warten bückt sich die Alchimistin schwerfällig, holt ein dickes Buch mit verschlissenem wohl einst ockerbraunem festen Ledereinband hervor und lässt dieses unsanft auf den Tresen fallen.
Ohne jede Eile öffnet die betagte Frau das dicke Buch, dessen Blätter vergilbt und an der oberen Ecke bei der sie die Seiten umzublättern pflegte ungustiös dreckdunkel sowie abgegriffen wirken, und lässt sodann mit angestrengtem Blick und halb zusammengekniffenen Augen ihren knorrigen Zeigefinger über das mit schwarzblauer Tinte vollgeschmierte Blatt streichen.
„Was war’s noch?“ ein rauhes und hartes Husten unterbricht die zittrig belegte Stimme der Frau für einen Augenblick „ich hab’s gleich ... AAH, da ist’s schon..“ zufrieden, ohne das Buch wieder zuzuklappen, richtet sich die Alte wieder auf, packt den an der Seite des Tresens gelehnten plumpen Gehstock und schleppt sich dann schwerfällig und sich bei jedem schlurfenden Schritt auf den Stock stützend in Richtung der mit einem schweren anthrazitfarbenen Stoff verhangenen Kammer.

Atevora nutzt, während aus dem inneren des verhangenen Raumes ein geschäftiges kramen und lautes poltern zu vernehmen ist, auch diesmal wieder die Zeit um ihren Blick anteilnahmslos durch den engen „Empfangsraum“ gleiten zu lassen.
Gelangweilt schweift ihr Blick vom sauberen, von einer einsamen dicken dreidochtigen Kerze erhellten, Tresen zu einigen an einem Metallhaken hängenden getrockneten Kamille- und Ringelblumensträuße, wandert weiter zu einem auf einem dreieckigen schlichten Brett stehenden Käfig ausgelegt mit reichlich Stroh und aus dem unaufhörlich wühlen oder scharren kleiner Krallen zu vernehmen ist. Neben dem Käfig liegen lieblos und verstaubt zwei verdorrt wirkende Hühnerklauen.
Erst jetzt wird sich Atevora auch vollends des vorherrschenden Aromas in dieser Behausung bewusst. Unter des steten Geruchs von Moder und nassen Höhlensteins mischen sich die unterschiedlichsten süßlichen und undefinierbar chemischen Duftnuancen, jene vermutlich vom Inhalt der vielen eigenwillig geformten Glasbehältnissen gleich auf dem Tisch seitlich von ihr herrührt, deren Inhalt von einigen bläulichen Flammen, die schaurige Schatten an den Wänden tanzen lassen, erhitzt beharrlich vor sich hin blubbern.

Das rumoren hält inne und kurz darauf  kommt auch die Alchimistin sichtlich mühevoll zurück in den Raum geschlurft.
„Da hattet ihr noch Glück  hattet ihr“
Atevora runzelt fragend die Stirn und harrt der weiteren Ausführungen der grauhaarigen Frau. Als diese jedoch anstatt fortzufahren nur seelenruhig den knorrigen alten Gehstock wieder an dessen Platz zurückstellt hakt Atevora doch nach:
„Wie meinen?“
Verdutzt sieht die Alchimistin Atevora an und stellt nebenher ein kleines Keramiktiegelchen auf die Holzplattform. „Ihr sagtet doch, dass ich noch Glück hatte..“ Man konnte förmlich das aufgehende Licht in ihren Gedanken erkennen.
„Ah, ja genau... Ich bin nicht mehr so jung wisst ihr?“ Ach nein, wirklich? Darauf wäre ich im Traume nicht gekommen „Und kann nicht mehr alles selbst besorgen weil ich nicht mehr so jung bin wisst ihr?“ Atevora kann nur schwer ein Augenrollen unterdrücken, und zwingt sich zu einem möglichst überzeugend netten Lächeln. Hach, Wie sie senile Menschen doch liebte. “Also bringt mir ein Mädchen, eine junge Dame, ein liebes, nichts für hier herunten, wirklich nichts für hier...“ Der Alten Blick verliert sich kummervoll im Licht der flackernden Kerzenflammen.
„Und weiter?“ Hakt Atevora, fürchtend die Alte könnte wieder vergessen was sie eigentlich erzählen wollte, gespielt freundlich nach wobei sie den innerlich gespannten Geduldsfaden bestmöglich ignoriert. „Ah, genau. Sie wurde wohl überfallen und beinahe... „ Ihr Gesichtsausdruck verdüstert sich „... Ihr wisst schon“ Ein Seufzer unterstreicht die plötzlich beklemmend wirkende Atmosphäre „schlimme Sache so etwas...“
Die Magierin imitiert, obwohl ihr das Schicksal der Dame eigentlich gänzlich gleichgültig ist, der Alten besorgten Gesichtsausdruck und spricht mit teils gespielter hoffnungsvoller Tonlage: „aber nur beinahe, nicht? Ihr ist nichts passiert?“
„ja genau, denn da war plötzlich so ein Anderer, ein finsterer Typ, flammend rotes Haar soll er gehabt haben und eine Augenklappe.. der hat den Angreifer von ihr gerissen hat er ihn und ihn angeblich gegen die kantige Höhlenwand geschmissen, als wäre er leicht wie eine Fliege. Angeblich halt... Sie sagte sie wollt dann schleunigst davon, doch der Einäugige hat sie zurück gehalten und ihr einfach das fallen gelass‘ne Bündel wieder in die Hand gedrückt.“ Atevora möchte schon Nachfragen was die ganze Geschichte denn nun mit ihr zu tun hätte, als die Alte dies ausnahmsweise von selbst hinzufügt „und da hattet ihr Glück, denn sonst hätt mir was gefehlt und ich hätts nicht für euch mischen können, darum hattet ihr Glück.“
„Da habt ihr wohl recht, eine glückliche Fügung“ Ein leichtes Lächeln umspielt Atevoras Lippen um kurz darauf von einer grüblerischen Miene abgelöst zu werden. „hm, Rotes Haar und Augenklappe sagtet ihr?“ Zum zweiten Male an diesem Morgen sieht sie die Alte verdutzt an. „Wie, wer?“
Oh ja, ich liebe alte Menschen.. „Der Edle Retter.“
„Ah, ja doch.“ Plötzlich blitzen der Alchimistin sonst alterstrüben Augen neugierig auf „Wieso? Kennt ihr ihn? Worauf die Magierin ein schlichtes und wahrheitsgemäßes „Nein“ antwortet und den Plausch mit einer wegwerfenden Handbewegung sowie einem „Gleichgültig ... Was bekommt ihr?“ für beendet erklärt.
Die betagte Frau erscheint sichtlich enttäuscht ob des jähen Endes der Plauderei und nennt mürrisch den ausständigen Betrag woraufhin Atevora die Geldmünzen auf den Tresen legt und nach dem für sie bestimmte Keramikbehältnis greift.
Mit einem schelmischen Grinsen verlässt Atevora die Behausung der Alchimistin, welche ihr, nachdem sie das großzügige Trinkgeld erblickt hat noch ein freudiges „Vergeltends die Götter!“ hinterher wirft.


Der Besuch bei der alten Frau war produktiver als gedacht, denn das belanglose Geplänkel war durchaus nicht uninteressant.
Wieder war er Aufgetaucht. Der Rothaarige, dieser ominöse Helfer. Wobei zweifelhaft erschien ob es ihn denn wirklich gab, oder sich das traurige Gesindel dieser Tunnelwelt nur einen Retter wünschte und die Geschichten nur jämmerliche hoffnungwebende Erfindungen waren. Atevora mochte sich bei manchen Erzählungen jedoch sogar gut vorstellen, dass dieser Geheimnisvolle gar selbst bravourös diese Szenerien inszenierte, die schmierigen Gestalten bloß auf das willige Opfervieh losließ um es dann ach so edelmütig zu erretten.

Mit immer grüblerisch bitterer Miene schlendert Atevora die lange und beengend wirkende Einsamkeit der Tunnelsysteme entlang, welche im flackernd orangen Schein der vereinzelt gesetzt rußenden Fackeln und den fern wirkenden quietschen der Ratten unheimlicher wirkte als es ihr lieb war.
Es wurde zeit sich einem viel profaneren Abschnitt der Tagesroutine zu widmen.
Womöglich traf sie dann auch Tane...
Auch wenn sie es nicht offen zugeben wollte, insgeheim mochte sie den Burschen mit seinem Sommersprossen verziertem Gesicht, dem im Sonnenlicht rot schimmernden dunkelblonden Haaren und seiner kecken Art. So war sie einem neuerlichen Aufeinandertreffen sicherlich nicht abgeneigt.

Der Marktplatz (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1093168390;start=735) --->

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 28. März 2007, 13:47 Uhr
<---- Der Marktplatz (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1093168390;start=735)

Wie immer nutzt Atevora ihren durch Zufall entdeckten und längst bewährten Abstieg hinab in die heimlichen Höhlen und Tunnelgefilde Talyras.
Schnellen Schrittes, ohne sonderlich auf die Wege und das herumlungernde Gesindel zu achten ordnet Atevora die Informationen des frühen Tages. Zusammenhanglos hallen einzelne Gesprächsfetzen in ihren Gedanken nach.

Wer oder vielmehr was vermochte den Kieferbrecher, der beileibe nicht grundlos so genannt wurde, derart zuzurichten und aus der Fassung zu bringen?
Gar, wie man munkelte, ein Dämon? Nein, es musste etwas naheliegenderes geben, zumal ein Dämon bestimmt andere Ziele besaß als zuweilen sinnfrei niederes Gesindel zusammenzuschlagen. Vielleicht ein auf Illusionen spezialisierter Magier mitsamt Handlangern? Welch Beweggrund sollte er für solch eine aufwendige Inszenierung besitzen? Auch diese Erklärung erschien Atevora äußerst unschlüssig. Aber sie würde dieser eigenwilligen Angelegenheit schon noch näher auf den Grund gehen.

Atevora verringert ihr gehetzt wirkendes Tempo als sie aus dem engen Tunnel heraus einen hohen Höhlenabschnitt betritt. Der Boden des Höhlengewölbes ist mit den unterschiedlichsten grobgewobenen Teppichen mit in Braun- und Grüntönen gehaltener Musterung ausgelegt. Auch die groben Höhlenwände sind Größtenteils mit Teppichen behangen, sodass sie beinahe den trügerischen Schein von ebenmäßigen Häuserwänden vermitteln, wären nicht die freien Abschnitte an denen einige große Öllichter beharrlich den Raum beleuchten.
Das war unverkennbar das Herzstück des Reviers von Garter Prämy, welcher in Talyra größtenteils schlicht als ‚der Kredithai‘ bezeichnet wurde.
Atevoras Ankunft blieb natürlich nicht unbemerkt und sogleich richten sich wachsame Blicke auf sie. Einer der Anwesenden springt hastig von seiner geselligen Tischrunde auf und hastet eligst nach hinten, zu den eigentlich interessanten Räumlichkeiten, schlingt sich am Türsteher vorbei und verschwindet hinter der massigen Hartholztüre.
Mit einem höflichen nicken begrüßt Atevora die Anwesenden, die sich entwarnt wieder ihrer vorherigen Beschäftigung zuwenden.
Ohne Eile setzt Atevora ihren Weg fort, vorbei an ein paar Tischen und Bänken an denen des Kredithais Handlanger verschlagen grinsend Karten spielen, und durchquert den beinahe so etwas wie orientalisch angehauchte Gemütlichkeit vorgaukelnden Höhlenraum bis sie beim von einem bulligen Türsteher bewachten Eingang zu den wahren Geschäftsräumlichkeiten angelangt ist.

Mit einem gefälligen Grunzen begrüßt sie der schrankhafte Mann, dessen Gesicht nahezu von einem äußerst ungepflegt wirkenden Bartstoppelwald überwuchert wird und weist ihr mit einer schlichten Geste weiterzugehen. Ohne Widerworte betritt Atevora die „Geschäftsräumlichkeiten“ und geht den lieblos schlichten Flur bis zum Hauptraum des Kredithais entlang.
Die Türe steht ungewöhnlich einladend weit offen, sodass Atevora bloß antriebslos am Türrahmen klopft und ohne auf eine Antwort zu warten dreist den beinahe grell erleuchteten Raum betritt.

In etwa in der Mitte des Raumes auf einem bequem gepolstert großen Stuhl und das Gesicht halb mit Rasierschaum bedeckt sitzt mit mürrischgelangweilter Mine Garter Prämy, während ihm irgend ein unbekannter Barbier die rauhen Bartstoppeln mit einer scharfen Klinge vom Kinn schabt. Der Barbier wirkt überaus steif und angespannt. Kein wunder, so konnte doch nur eine falsche Bewegung, ein kleiner unbedeutender Ritzer in Prämys Wange seinen letzten Atemzug bedeuten. Möge er länger leben als sein letzter Barbier...
Mit einer wuchtigen Handbewegung bedeutet Prämy dem Barbier sich zu entfernen, welcher der wortlosen Weisung sofort katzbuckelnd Folge leistet und erleichtert verschwindet.

Mit einem ausgreifend lauten Ächzen erhebt sich das Revieroberhaupt, greift nach einem an der Stuhllehne hängenden Handtuch und wischt sich den restlichen Schaum aus dem halbrasierten Gesicht.
„Die gute Naema. Bemerkenswert. Da schickt man lange erfolglos einige junge Tölpel nach euch aus und dann, wenn man beinahe schon meinen möchte es gäbe euch nicht mehr, erscheint ihr doch wieder ganz unverhofft auf der Bildfläche.“ Rollt ihr die ungewöhnlich erheitert wirkende aber immer eindrucksvolle Bass-Stimme des Kredithais entgegen.
„Ich versuche schlicht bestrmöglich meinen zweifelhaften Ruf zu wahren. Womit kann ich euch dieses Mal zu Diensten sein?“
Atevora war bereits länger für Prämy tätig. Meist für aufgaben die keine rohe Gewalt sondern eine gewisse Kreativität erforderten, oder sich - wie sich herausstellte – Prämys gesunde Paranoia zu Wort meldete.
Ein leichtes boshaftes Lächeln huscht für einen Moment über des Kredithais rauhen Züge. „Wie immer soll keine Zeit vergeudet sein, nicht war?“ Sein Gesichtsausdruck verdüstert sich. Mit ausgreifenden Schritten geht er an Atevora vorbei, vergewissert sich, dass vor der Türe niemand lauscht, schließt diese und wendet sich dem schräg zur Ecke stehenden grobschlächtig und massiv wirkenden Eichenholztisch zu.
„Was haltet ihr von dem ganzen absurden Geschwätz der letzten Monate und was wisst ihr über die neuesten Vorkommnisse?“
Atevora ist vom plötzlich heimlichtuerischen Verhalten beinahe amüsiert, antwortet jedoch gewohnt emotionslos „Die Leute schwätzen - wie ihr wisst - viel wenn der Tag lang ist, und immer ist es zweifelhaft wieviel Bedeutung und Wahrheitsgehalt den Geschichten beigemessen werden kann.. Der letzten kuriosen Verschwörungstheorie der letzten Monde beispielsweise fehlt letztlich jegliches Fundament, wohingegen anderswo eventuell doch Zusammenhänge gewoben werden könnten. Es ist doch ein außerordentlicher Zufall, dass es kürzlich letztlich ausgerechnet diesen einen von euch traf.“
Ein wissendes funkeln ist ob dieser Anspielung auf die Vorfälle nur einige Tagesläufe vor dem tragischen Ereignisses in Prämys Augen zu erkennen.
„Wie ist denn sein derzeitiges Befinden?“
Des Kreditheis Gesichtsausdruck wird düster, nahezu unnahbar und seine Stimme scheint noch eine weitere Oktave tiefer zu grollen als er auf Atevoras beiläufige Frage antwortet „Wohl besser jetzt..“ Prämys Blick wandert kurz zur Türe von welcher näherkommende dumpfe Schritte zu vernehmen sind, die schließlich auf einen anderen weiter vorne gelegenen Raum zuhalten. „Die letzte Zeit wimmerte er nur noch leise vor sich hin, sodass wir uns kürzlich ob seines Seelenheils dazu gezwungen sahen ihn zur See zu schicken.“ Er wurde nutzlos und im Kanal entsorgt.  Übersetzt sich die Magierin die Worte selbst.
„Ein tragisches Ereignis und ein herber Verlust, mein Beileid. Ich werde mich der nebulösen Hergänge annehmen. War dies alles?“ Fragend wandern Atevoras Augenbrauen in die Höhe.
„Nein. Da ist noch weiteres das mir zu denken gibt. Es sollte keinesfalls Aufgebauscht oder in die Runde getragen werden, ihr versteht?“
Mit einer ausgreifenden Handbewegung verweist Prämy auf einen von zwei vor den Schreibtisch stehenden Stühlen mit leicht verschlissener dunkelroter Polsterung. „Darf ich bitten?“

Der Rabenschlag (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1122551280) --->

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Anrakis am 10. Mai 2007, 02:18 Uhr
<--- Tausendwinkelgasse (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1148831575)

Anrakis war schon sehr lange nicht mehr in der Unterstadt gewesen. Früher hatte ihm das unterirdische Labyrinth aus hunderten von Durchgängen, Kavernen, Räumen und Ruinen gefallen. Es hatte ihn an einen sicheren Hort erinnert. Einen Platz, an dem nicht auffiel und der gerade weil er so gefährlich war doch eine gewisse Sicherheit bot. Doch mit der Zeit hatte diese Begeisterung schnell nachgelassen.
Als er jetzt durch den dunklen Gang mit seinen feucht glänzenden Wänden geht, kann er die Kälte hier unten und die Feuchtigkeit bis in seine Knochen spüren. Dunkles Moos überzieht die die alten, brüchigen Ziegelsteine und der Boden wirkt schlüpfrig, so daß der alte Mann acht geben muss, um sein Gleichgewicht nicht zu verlieren.

Schließlich weitet sich der Gang endlich und mündet auf einen kleinen, unterirdischen Platz, der durch das unstete Licht einige Kohlebecken beleuchtet ist. Die Wärme der Feuer scheint von den Wänden regelrecht aufgesogen zu werden - und doch bildet Anrakis sich ein, dass die drückende Kälte ihren Griff etwas zu lockern scheint. Einige aus Holz zusammen gezimmerte Stände drängen sich an der Wand, hinter denen heruntergekommene Händlerinnen und Händler ihre schäbigen Wahren anpreisen. Anrakis sieht auf dem einen Tisch ein paar welke Kohlköpfe neben einigen erstaunlich gut aussehenden Mohrrüben liegen. Der Nachbar hat an den Rändern schwarz angelaufenes, kupfernes Geschirr im Angebot. Zweifellos gestohlen. Und so sind hier ein gutes Duzend armer Seelen versammelt, die hoffen, mit ihren kargen Waren ein paar Geldstücke ergattern zu können.
Trotz des eher traurigen Angebots ist der kleine Markt allerdings recht gut besucht - auch wenn Anrakis einen Großteil der Leute eher für Halsabschneider und Diebe als für Kunden hält. Aber auch Halsabschneider brauchen etwas zu essen und Anrakis ist sich sicher, dass jeder Händler ein Messer oder eine ähnliche Waffe bei sich führt, um seine Ware zu verteidigen. Und so wechseln einige Geldmünzen immer wieder den Besitzer im Austausch gegen ein paar verschrumpelte Äpfel oder einen verbogenen Dolch.

Als er den Platz überquert kann Anrakis die Blicke der anderen fast körperlich spüren. Sie sehen einen alten Mann, der einen Sack trägt. Ein einfaches Opfer und vielleicht lohnende Beute. Anrakis hofft jedoch, dass sein doch sehr in die Jahre gekommener Mantel und der alte Sack, aus dem einige einfach gewebte Kleidungsstücke ragen dafür sorgen, dass er nicht allzu "profitabel" aussieht. Unwillkürlich greift seine Hand neben sich um sich zu vergewissern, dass Shafir, sein Larnaker Bärhund, bei ihm ist. Shafir ist ungefähr so gefährlich wie ein kleines Lamm, aber auch etwas genauso groß. Shafir - und der große Dolch an Anrakis Gürtel - würden hoffentlich genügen um die Halsabschneider fern zu halten. Es ist eine einfache Rechnung. Was ist größer? Die Gier oder das Risiko. Anrakis kann nur hoffen, dass niemand gierig oder verzweifelt genug ist, um das Risiko einzugehen und ihn zu überfallen.

Schließlich erreicht er das andere Ende des Platzes. Ein enger Gang führt über abgewetzte Holz-Stufen tiefer hinab. Anrakis widersteht der Versuchung sich umzudrehen und nach einem Verfolger Ausschau zu halten. Das würde mit Sicherheit nur dazu führen, dass er so wirken würde, als ob er etwas wertvolles bei sich hat.
Nur keine Angst zeigen. Es ist nicht mehr weit.

Die hölzerne Treppe ächzt und stöhnt unter den Schritten des alten Manns, als er langsam nach unten steigt. Zum Glück ist dieser Gang recht gut erleuchtet. Eine Öllampe am oberen Ende spendet reichlich Licht. Doch je weiter die Treppe nach unten reicht, desto mehr verschluckt die Dunkelheit das warme Leuchten der Lampe und das Ende der Stiegen kann Anrakis im Halbdunkel nur erahnen. Da! War da nicht eine Bewegung?
Plötzlich schält sich eine Gestalt aus der Dunkelheit. Eine große gewachsene Gestalt mit einem wilden Bart. Dunkle Augen funkeln Anrakis an. Er kennt den Mann. Er war ihm gestern Nacht bereits begegnet. Damals hatte der Mann versucht Anrakis eine seiner Übersetzungen abzunehmen und nur der Wirt des Kupferkessels, Euron, hatte Anrakis davor bewahrt, schon damals eine unangenehme Begegnung durchstehen zu müssen. Ganz offensichtlich war Anrakis Flucht aus seiner alten Dachgeschoßwohnung in der Tausendwinkelgasse zwecklos gewesen. Wahrscheinlich hatte man ihn bis hierher verfolgt.
Hektisch dreht er sich um, doch oben auf der Treppe ist ein weiterer Mann zu erkennen. Der grob geschnitzt Prügel in seinen schwieligen Händen spricht deutlicher als es Worte könnten. Die Treppe knarzt bedenklich, als der Bärtige von unten die Treppe hinaufstürmt. Anrakis kann sich gerade noch zu ihm umdrehen, dann spürt er auch schon wie ihn etwas hartes in der Magengegend trifft. Schmerzen durchzucken ihn wie Blitze, als er von der Faust des Bärtigen getroffen auf die Knie sinkt. Shafir bellt wütend und schnappt nach den Handgelenk des Schlägers. Doch der ist geschickter, als er aussieht und hat seine Hand schützend vor seinen Körper gezogen, so daß sich die scharfen Zähne des Hundes nur in das Leder seiner Jacke bohren. Anrakis versucht noch, nach Shafir zu greifen und verliert dabei den Halt auf der Treppe. Verzweifelt versucht er sein Gleichgewicht zu halten, doch schon im nächsten Augenblick rutscht sein linker Fuß von der Stufe und er kann nur noch hilflos mit ansehen, wie sich alles um ihn dreht. Die Zeit scheint langsamer zu verlaufen, als er kopfüber nach vorne stürzt - die Treppe hinunter. Er sieht die Stufe kommen, kann aber nichts dagegen tun. Im Hintergrund hört er das schmerzhafte Jaulen seines geliebten Hundes, dann schlägt er auf der Stufe auf. Shafir...., denkt er noch, dann umfängt ihn Dunkelheit.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 10. Juni 2007, 23:23 Uhr
<--------Rabenschlag (http://forum.weltenstadt.de/?board=stadtrpg;action=display;num=1122551280;start=15)

Hervorragend, es lief alles wie geplant. Jetzt bleibt nur noch Tane davon zu überzeugen für mich den artigen Botenjungen zu spielen... morgen dann... zur gewohnten Zeit am gewohnten Ort. Mit etwas Barem geht alles, er wird diesem leichten Zuverdienst mit Sicherheit nicht abgeneigt sein.

Die Sonne müht sich mittlerweile wieder dem Horizont entgegen, bald schon würde sie sich wieder mit einem neuerlich bezaubernden Farbschauspiel verabschieden. Atevora hat dieses Himmelsfeuerwerk an Farben als Kind immer mit großem Staunen und glänzenden Augen betrachtet, doch wie es mit so vielen im Leben geschieht verlor auch der Sonnenuntergang mit der Zeit seinen Zauber.
Die Raben wirken noch immer außerordentlich unruhig und krächzen aufgeregt über die Dächer Talyras hinweg, sodass sich Atevora nach dem möglichen Grund umzublicken beginnt und diesen auch beim ersten Anlauf findet. Ihre Eule sitzt geradezu boshaft provokativ und nicht nur gut für die Raben sichtbar seelenruhig im Schatten höherer Häuser auf einem Dachvorsprung beinahe gegenüber und nur unwesentlich vom Rabenschlag entfernt und blickt seltsam gelangweilt auf die Magierin herab.  Schneeeule gelangweilt auf dem Dach? Via bist auch du schon zu lange in der großen Stadt Ildoriens?
Mit einem starren Lächeln wendet sie sich von dem edlen weißen Vogel wieder ab Das du mir schön artig bleibst meine Liebe und dir niemanden zum Feinde machst zieht sich die Kapuze ihres Umhanges über den Kopf und setzt ihren Weg, dorthin wohin ihr ihre tierische Begleiterin auch dieses Mal nicht folgen wird, fort. Höhlengebilde sind eben nichts für Eulen.

Einen Moment noch überlegt die Magierin welches der vielen möglichen Ziele sie zuerst ansteuern sollte, es gab so viele Orte aufzusuchen und noch mehr Gespräche zu führen, welche mitunter etwas mehr „Überzeugungskraft“ beanspruchten.
Die Entscheidung war schnell gefällt. In annehmbarem Tempo lenkt Atevora ihre Schritte durch das Seitenstraßengwirr in Richtung des lärmenden Marktplatzes. Einen Moment verweilt sie im Schatten einiger mit Stroh bedeckter Häuser und lässt ihren Blick über das mittlerweile erschöpfte Markttreiben schweifen. Einige Marktschreier beginnen bereits ihre Waren wieder zu verstauen und ihre Karren wegzuziehen. Ihr Blick wandert weiter zu einer zerzausten grauen Straßenkatze die gerade an den Überresten einer zertretenen Mahlzeit schnuppert und anschließend mit fließend anmutigen Bewegungen, wie es Katzen eben so zueigen ist, hinter mehreren gestapelten Holzkisten in einer der engen Gassen rund um den Marktplatz verschwindet. Mit einem Mal streift ein seltsamer Hauch von Einsamkeit ihr Gemüt und um dem Gefühl nicht unnötig Raum zu Schaffen löst sie sich aus dem Schatten und geht vom Umfeld unbeeindruckt am Kupferkessel vorbei, den Marktplatz hinter sich lassend in Richtung Blaupfuhl und Unterstadt.

Schnell sind die Treppen und der lästige Wegpfandforderzwerg überwunden - es gab keine unnötige Zeit zu verlieren. Mit jeder weiteren sinnlos verstrichenen Stunde konnten weitere wichtige Anhaltspunkte verloren gehen, denn ihr Ziel war jener verhängnisvolle Ort an dem der ach so bekannte Kieferbrecher die Bekanntschaft mit seinen Alpträumen schließen durfte.
Geschickt schlängelt sich Atevora an einigen Passanten, denen man ihren Erstbesuch in dieser Höhlenwelt nur zu leicht an der Nasenspitze ablesen kann und die somit eine hervorragende Beute für die hier herumsteunenden Langfinger darstellen, vorbei, schnappt sich unter den protestierenden Blicken einiger umstehender Leute die erstbeste rußende Fackel und taucht in eine der vielen ritzenhaft schwarzgähnenden Nebenwege ab.

Flackernd beleuchtet das Flammenlicht Ruinen die gespenstisch scheinbar vom Höhlengestein verschluckt enden, sodass nichts bleibt als eine bloße Ahnung dessen was sie einst gewesen sein mögen. Vergessen hat sich über die einstigen Gebäude gelegt die nur noch Schatten beherbergen und von dessen Existenz oder ehemalig glanzvollen Zeiten einzig ihre bröckelnden steinernen Fundamente erzählen welche Atevoras Schritte seltsam laut zu ihr zurückwerfen. Was die allgegenwärtigen und doch vergessenen Mauern alles leise wispern würden, würde sich nur einer noch die Zeit nehmen ihren Geschichten zu lauschen?

Nach kurzem Marsch mündet schließlich der von schwärze beherrschte Tunnel in einem besser beleuchteten Höhlenabschnitt in dem sich einige zwielichtige Gestalten tummeln. Über diesen Unterstadtabschnitt kann man auch über eine knarrende altersschwache Holztreppe eine weitere Ebene tiefer in die dunklen Eingeweide der Erde vordringen, doch der Magierin Ziel war ein anderes.
Atevora unterdrückt den aufkeimenden Drang sich genauer umzusehen und den Unterstadtabschaum in ihrem Umfeld eindringlicher zu mustern und schickt sich selbstsicheren Schrittes weiter in Richtung Flohbordell zu steuern.

Plötzlich unterbricht ein dumpfer Schrei die umliegenden Gespräche. Atevora hält inne und lauscht. Das Bellen eines großen Hundes ist vom Treppenabgang her zu vernehmen, ein Jaulen, Poltern und dann Stille. Sie runzelt die Stirn und blickt ebenso wie die paar dreckigen Gesellen um sie herum in Richtung der Geräusche.
Informationen sind ihr Geschäft.
Somit steckt sie ihre Fackel lieblos in die nächstbeste freie Halterung an der Wand und schleicht während die anderen noch immer neugierig starren oder sich wieder ihren vorherigen Beschäftigungen widmen möglichst geräuschlos zur von Dunkelheit verschluckten Treppe.
Als sie gerade die erste knarrende Stufe betreten möchte wird sie unwirsch von einem ihr entgegenkommenden bulligen dunkelhaarigen Kerl zur Seite gestoßen, ein zweiter etwas Schmalerer von Statur, dessen Visage eine unhübsche Narbe von der Schläfe bis zur Wange ziert folgt dem Dunkelhaarigen nach und drückt sich ebenfalls grob an Atevora vorbei.
Umgehend schnaubt die Magierin den beiden Wüstlingen verärgert nach. Sie hat die beiden Rüpel wohl erkannt. Das waren Duriar van Leftes Spießgesellen. Nichts weiter als ein unkreativer und einfallsloser billiger Schlägertrupp mit einem Intelligenzquotienten einer zu weich gekochten Kartoffel. Doch so schnell der Ärger auch aufkeimte war er schonwieder von Wissensdurst verdrängt.
Duriar der arrogante Adelige wobei es fragwürdig erschien ob er tatsächlich adeligen Blutes war oder sich diesen Titel bloß aneignete um vornehmer zu wirken – letzteres erschien Atevora schlüssiger – betrieb allerhand fragwürdige Geschäfte, wie Schutzgelderpressung, Schmuggel und war für seinen geradezu eklatanten Wahn allem Magischen und bevorzugt alten Schriften gegenüber sowie dessen Vertrieb berüchtigt.
Also was hatten seine stupiden persönlichen Kampfdackel an diesem für sein Hobby mehr als ungünstigen Unterstadtabschnitt zu suchen?
Diese Frage beantwortet sich sicher nicht wenn du hier wie eine Kuh im Walde herumstehst und rätselnd diesen geistigen Minimalausgaben hinterher starrst! Ja durchaus, der Gedanke war einleuchten. So entsinnt sie sich wieder, dass sie jemanden oder etwas die Stiegen hinunter purzeln hörte.

Ein vorsichtiges anschleichen und vorantasten empfand sie jedenfalls nicht mehr von Nöten und so geht die Magierin wieder ein kleines Stück zurück, packt abermals ihre geliehene Fackel und schreitet dann die von Finsternis liebkoste schäbige Holztreppe hinab von dessen Fuße ein jämmerliches Winseln zu vernehmen ist. Nur vorsichtig Schritt für Schritt bewegt sich die Magierin die nicht sonderlich vertrauensvoll wirkende alte Treppe hinunter allerdings ist bis auf Dreck noch nichts zu erspähen.
Doch dann ein paar Schritte weiter beleuchtet der Lichtkegel etwas was da nicht sein sollte. Ein alter Mann liegt in seltsamer fast verrenkter Pose mit den Füßen auf und mit dem Oberkörper am Fuße der Treppe. Atevora registriert nur am Rande, dass er bloß noch einen Schuh locker auf dem rechten Fuß hängen hat, vielmehr zieht ein großer bärenhafter Köter mit staubig zottelig langem Fell welches an der Flanke im Lichte seltsam feucht schimmert beinahe ihre gesamte Aufmerksamkeit auf sich. Er wirkt unruhig und sabbert dem alten Kautz mit seiner riesigen Zunge immer wieder über das Gesicht.
Langsam, nur keine hastigen Bewegungen.. Schießt es ihr Zeitgleich mit dem Beschluss am Puls zu überprüfen ob der Alte noch lebt durch den Kopf. Behutsam tastet sie sich weiter Stufe für Stufe voran, hält immer wieder inne und beäugt skeptisch die Reaktion des Riesenviehs das zwischen seinem Winselkonzert ebenso misstrauisch mit seltsam verzweifelt und treu wirkendem Blick zu ihr hochschaut.
Er scheint sich nicht wirklich entscheiden zu können ob er sich schützend vor dem Großvater aufbäumen und die neuerliche Bedrohung abwehren solle oder nicht. Mit einem mal lässt sich das halbe Kalb neben dem alten Mann nieder und bettet seinen Kopf auf dessen Brust und ein schwaches stöhnen ist vom Alten her zu hören. Wie günstig, er lebt noch.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Anrakis am 24. Juni 2007, 16:33 Uhr
Leises Rauschen. An- und Abschwellend, monoton und in seiner sturen Gleichförmigkeit doch irgendwie beruhigend. Anrakis Körper schmerzt und Dunkelheit hat ihn wie in einen undurchdringlichen Kokon eingesponnen. Er erinnert sich. Ein gewaltiger Schlag, der ihn vom Himmel hinab schleuderte. Die harten Steine des Strandes bohren sich unangenehm in seinen Rücken und alles an ihm fühlt sich irgendwie.... falsch an. Die Wellen kommen näher und umspülen seinen Körper. Das kühle Nass bedeckt sein Gesicht und fühlt sich feucht und gleichzeitig rau an.

Raues Wasser? Anrakis zuckt, versucht seine Augen zu öffnen. Noch immer hört er das Rauschen, doch es ist nur das Blut, dass in seinen Ohren pocht und nicht das Meer. Langsam ordnen sich seine Gedanken wieder genug, um zu erfassen, wo er sich wirklich befindet. Die Unterstadt - die Treppe....

Etwas schweres lastet plötzlich auf seiner Brust. Er greift behutsam danach und seine alten Finger fahren langsam durch Shafirs Fell. Schmerz durchflutet seinen Körper, als er versucht, den Kopf zu heben. Anrakis stöhnt leise und beschränkt sich darauf, langsam Shafirs Kopf zu tätscheln. Dann hört er ein Knarren. Jemand kommt die Treppe hinab. Wahrscheinlich die beiden Halsabschneider. Er weiß, dass er nichts tun kann um sich zu verteidigen, also öffnet er einfach nur seine Augen um seine Peiniger sehen zu können. Zu seiner Überraschung ist die Gestalt, die sich nur undeutlich im flackernden Licht der Fackel, die sie trägt abzeichnet, schmaler und die Bewegungen wesentlich fließender und eleganter als die der Schläger. Eine junge Frau, blass, selbst für die Bewohner der Unterstadt. Ihre Augen wirken abschätzend und vorsichtig, als sie den alten Mann und seinen Hund mustert und ihre Haltung zeigt, dass sie noch zögert und sich nicht sicher ist, was sie als nächstes tun will.

Anrakis verzieht seine Lippen zu einem gequälten Lächeln.
"Ich beiße nicht, junge Dame. Um genau zu sein - ich fürchte ohne Hilfe kann ich mich noch nicht einmal aufsetzen. Ihr wäret nicht vielleicht so freundlich einem alten Mann, der unglücklich gestürzt ist, wieder auf die Beine zu helfen?"

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 27. Juni 2007, 21:10 Uhr
Er sieht sie an. In letzter Sekunde kann Atevora ein überraschtes Zusammenzucken unterdrücken.
>"Ich beiße nicht, junge Dame. Um genau zu sein - ich fürchte ohne Hilfe kann ich mich noch nicht einmal aufsetzen. Ihr wäret nicht vielleicht so freundlich einem alten Mann, der unglücklich gestürzt ist, wieder auf die Beine zu helfen?"<

Das Lächeln wirkt in dieser Lage kein bisschen deplaziert alter Herr. Nun gut wer lächelt ist voraussichtlich nicht all zu schwer verletzt.
„Ah, unglücklich gestürzt, und wohl auch noch ohne jegliche Fremdeinwirkung natürlich. Der Magierin Gesichtsausdruck spricht für einen Moment weitaus deutlicher als ihre Worte: veralbern könnt ihr gerne jemanden anderes. Doch Atevora weiß sich bekanntlich zu beherrschen und so hat sie ihr Minenspiel sofort wieder unter gewohnter Kontrolle und sieht mit zuckersüß freundlichem Gesichtsausdruck und imitierter Sorge auf den Alten herab. „Dass ihr mich beißen würdet sorgte mich eher weniger... aber dieser Köter! Ich glaube mein ganzer Kopf passt in des Viehs Maul.
Abschätzend sieht sie zum großen Zottelvieh welches mit seinem Kopf noch immer auf des Alten Brust gelehnt liegt und mit vermaledeit treuherzigem Blick vor sich hin schaut, doch Atevoras Skepsis wird dadurch nicht gemindert. Wenn ich hier noch weiterhin unschlüssig herumstehe stirbt mir der Knilch womöglich noch an Altersschwäche vor meinen Augen weg. Rügt sich die Weißhaarige in Gedanken selbst, fasst sich anschließend doch irgendwie ein Herz und fragt den alten "Habt ihr euch irgend was Gebrochen?" während sie sich geschwind nach einer passenden Möglichkeit umsieht um die Fackel beiseite zu stecken und den Alten dann auf die Beine helfen zu können. Sie erspäht auch gleich einen dafür passende in den Stein geschlagenen rostigen Eisenring am Beginn der Treppe.

Langsam steigt sie die restlichen Treppen hinab und vorsichtig über den gestürzten Tattakreis hinweg, welcher mit der trägen Ungelenkigkeit des Alters seinen riesenhaften Hund weiterhin beruhigend sachte hinterm Ohr krault. Oh, ist das nicht ein niedliches Paar? Ich sollte sie fast so liegen lassen..  Ein leichtes Schmunzeln legt sich kurzfristig auf Atevoras Lippen, welches, zusammen mit ihrem Handeln, fälschlicherweise als Anflug von Mitgefühl und Nächstenliebe gedeutet werden könnte. Rasch schiebt sie den unsinnigen Gedanken beiseite, wendet sich wieder ihrem ursprünglichen Vorhaben zu, steckt ruppig die rußende Fackel in die Halterung und wendet sich wieder dem Alten zu.

Plötzlich hebt der Köter seinen wuchtigen Schädel und bellt Atevora an. Sofort erstarrt die Magierin inmitten der Bewegung und ist bereit jederzeit nach ihren Wurfmessern zu greifen um sich gegen das monströse Tier zu verteidigen welches sie weiter anstarrt und ein halbherziges tiefes knurren verlauten lässt. Doch mit einem Mal scheint er es sich wieder anders überlegt zu haben, legt sich leicht unruhig wieder hin und bettet abermals seinen massiven Schädel auf des Alten Brustkorb.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Anrakis am 03. Juli 2007, 00:56 Uhr
Die schlanke Frau kommt mit einigen grazilen Schritten die Treppe herab. Ihr Gesichtsausdruck scheint noch finsterer geworden zu sein und die Schatten, die die Fackel über ihr schmales und bleiches Gesicht huschen lässt, lassen sie wesentlich älter wirken, als sie wohl tatsächlich ist.

Anrakis seufzt innerlich kurz auf. Er hatte schon immer seine Probleme mit Humor. Seinen Beobachtungen nach verwendeten die meisten Menschen eine erheiternde Bemerkung oder ein Lächeln um für eine entspanntere Atmosphäre zu sorgen. Aber meistens, wenn er versuchte, etwas in der Richtung zu unternehmen, stieß er bestenfalls auf Unverständnis. Dabei hat seine Situation durchaus einiges von einem Scherz - einem bitterbösen Scherz.

Leise, aber bestimmt durchschneidet ihre Stimme die Dunkelheit
>"Haben ihr euch etwas gebrochen?"<

Diese Stimme.... an irgend etwas erinnert sie Anrakis, aber es ist nur die Ahnung eines Gefühls der Vertrautheit, als wirkliches Erkennen.
Dann bemerkt er, wie Shafir bei den Worten der jungen Frau zusammenzuckt. Mit einem unfreundlichen Knurren hob er seinen Kopf, starrte der jungen Frau entgegen und bellt einmal warnend. Diese zuckt kurz zusammen, scheint sich innerlich wie ein Raubtier vor dem Sprung zu spannen. Ihr Augen blitzen aufmerksam in der Dunkelheit. Überhaupt... diese Augen.

Ruhig, Shafir. Alter, schreckhafter Angsthase.


Beruhigend krault er dem seinem Hund den Nacken, der es sich nach kurzem Zögern wieder auf seiner Brust gemütlich macht. Schmerzen durchzucken für einen Moment Anrakis, als er das Gewicht des massigen Kopfes auf seinen Rippen spürt.

"Ich.... ich weiß nicht genau". Es fällt ihm schwer, Luft zu holen. Jeder Atemzug wird begleitet von Myriaden von kleinen Stichen in seiner Brust.
"Ich...".
Er zögert, schaut sich zum ersten mal nach dem Sturz um. Sein Sack... er ist fort. Etwas fahriger, als er es wollte, greift er nach der kleinen Holzröhre an seinem Gürtel. Sie ist noch da. Ha, diese Narren - stark genug einen alten Mann zu überfallen aber nicht in der Lage sich das zu nehmen, was sie suchten. Trotzdem - seine Bücher und Papiere.... alle weg. Der Gedanke daran schmerzt ihn noch mehr als seine Rippen.

"Ich fürchte, man hat mich beraubt. Es war wohl ein wenig naiv von mir zu glauben, ich könnte ungeschoren...".
Weiter kommt er nicht, als ein plötzlicher Husten ihn schüttelt - und mit dem Husten kommen wieder die Schmerzen. Ach, wie er diesen schwachen und nutzlosen Körper doch hasste. Keuchend ringt er nach Atem, während die junge Frau immer noch neben ihm steht. Vorsichtig. Abwartend. Beobachtend.
Erst jetzt fallen ihm die seltsam schimmernden Haare mit den schwarzen Streifen auf, die den raubtierhaften Eindruck, den ihre Bewegungen vermitteln, noch verstärken. Wer ist die Frau? Zum ersten mal nach sehr langer Zeit regt sich so etwas wie Neugier gegenüber einem anderen Lebewesen in Anrakis - und er kann sich noch nicht einmal erklären, warum. Exotische Kreaturen gibt es in diesem ungezügelten Schmelztiegel, den die Menschen Stadt nennen, mehr als genug.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 07. Juli 2007, 14:25 Uhr
Atevora bleibt angespannt stehen. Sie ist unschlüssig. Wer weiß, vielleicht erhebt sich dieses Kalb von Hund plötzlich wieder und stürzt sich zähnefletschend auf sie.
Wirr und zusammenhanglos blitzen die verschiedensten Szenen aus der Vergangenheit vor ihrem inneren Auge auf. Bilder von ausgehungerten Wölfen, blutrünstigen Dämonenhunden mit denen sie sich herumschlagen musste und nun war da auch noch ein ambivalenter Köter! Langsam begann sie wahrlich eine intensive Abneigung gegenüber diese Fellkneul zu entwickeln.

>„Ich.... Ich weiß nicht genau. Ich..“< Reißt sie des Alten Antwort aus ihren Gedanken. Der Mann wirkt desorientiert, lässt seine Augen unruhig über Boden und Wände streifen an denen das zuckende Fackellicht schaurig verzerrt ständig neu ihre Schattensilhouette wirft. Mit einem hastigen tasten an seinen Gürtel zieht der betagte Mann unweigerlich Atevoras Aufmerksamkeit auf das daran befestigte Holzrohr, welches wohl am ehesten dazu geeignet schien Pergamentrollen, Dokumente oder ähnliches darin zu transportieren. Auch die plötzliche Erleichterung auf des Greises Gesicht, dass seine Hand nicht ins vermeidbar Leere greift, entgeht der Magierin nicht, woraus sie kurzerhand schließt, dass sich in dem Behältnis wohl wichtige Schriftstücke befinden müssen, was ihre Augen unwillkürlich interessiert aufblitzen lässt.
Der alte Mann setzt den angefangenen Satz fort, nur leise, kaum Hörbar sind die Worte. Es scheint beinahe so als würde der Alte nur mühsam genügend Luft dafür aus seinen Lungen pressen können.
>„Ich fürchte, man hat mich beraubt. Es war wohl ein wenig naiv von mir zu glauben, ich könnte ungeschoren...“<
Jäh wird seine Redseligkeit unterbrochen. Ein kräftiger Husten schüttelt seinen ganzen Leib und der Hund weicht aufgeschreckt erbärmlich winselnd zurück.
Fast!.. Ärger keimt auf, wird bei dem erbärmlichen Anblick sofort von Sorge verdrängt. Atevora wird unruhig. Sie ist wohl doch noch nicht so herzlos wie sie von sich dachte.

„Hund, bleib‘ weg von seinen Rippen“ Ruft die Weißhaarige dem Hund Harsch entgegen als dieser sein massigen Haupt wieder auf des Mannes Brustkorb legen will. Sofort Blickt er seltsam erschrocken zu ihr hoch, doch die Magierin ignoriert das Vieh, und wendet sich dem Alten zu „Womöglich ist eine durch den Sturz angeknackst, gebrochen oder geprellt. Ich bringe euch am besten umgehen zu einem Heiler.“
Während sie spricht wird ihr schlagartig bewusst, dass sie den Greis alleine kaum optimal hoch hieven wird können und zudem, stellt sie nüchtern fest, besitzt sie schon gar nicht die Kraft ihn eventuell quer durchs Höhlenlabyrinth zu schleifen sollte er sich nicht Großteils auf seinen eigenen Beinen halten können.

Mit neu gefundener Ruhe hockt sie sich neben den Alten, legt beschwichtigend ihre Hand sanft auf seinen Arm und haucht ihm zuversichtlich entgegen: “Ich werde rasch Hilfe holen“ Gelassen erhebt sie sich und eilt dann begleitet von Winselmelodien die knarzend protestierenden Treppen hinauf während sie überlegt welchen Heiler sie in der Nähe kennt zudem sie den unbekannten bringen könnte.
Caibre, zwar relativ in der Nähe, stand außer Frage. Nein, Zu dieser Quacksalberin würde ich niemanden mit reinem Gewissen schleifen. Das Licht des Höhlengewölbes erhellte bereits schwach die Stufen. Die Heiler der Oberwelt sind definitiv zu weit entfernt. Noch drei Stufen. Die ALCHEMISTIN! Fällt es ihr wie Schuppen von den Augen. Ja sie war in der Nähe und kannte sich zumindest ein wenig aus, und selbst wenn sie nicht weiterhelfen könnte, würde sie Gastfreundlich sein und der Alte etwas ruhe und Erholung finden. Denn die Alchemistin war einsam und klammerte sich an jede Möglichkeit für ein kleines Schwätzchen.
Am Ziel.
Kurz lässt Atevora ihren Blick durch den Raum gleiten.Allerhand Gesindel wie immer.
„Heyda! Du mit dem roten Halstuch!“ Spricht sie den nächstbesten stämmigeren Typen an, der entgegen den anderen, die sich mit jemanden unterhalten oder eilig an ihr vorübergehen, gerade dabei ist vergeblich ein Loch in die Decke zu starren. „Lust dir leichtes Geld zu verdienen?“ Der Dunkelhaarige in einfacher Leinenbekleidung sieht zu ihr und antwortet: „Worum geht’s und wieviel springt für mich raus?“
„Mein Großvater ist vorhin gestolpert und hingefallen. Ich glaube er hat sich verletzt. Helft ihr mir ihn zu der alten Alchemistin zu bringen? Ihr bekommt dafür zehn Silberlinge. Fünf jetzt und die weiteren fünf wenn wir dort sind.“
Der Hochgewachsene zuckt kurz mit den Schultern „Also wenn‘s weiter nichts ist“ und geht zur Magierin hinüber die sofort die versprochenen Silberlinge aus dem Beutel holt und dem Grobschlächtigen Kerl in die Hand drückt. „Dann kommt, rasch.“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Anrakis am 14. Juli 2007, 18:57 Uhr
Als die Fremde Shafir anfährt muss Anrakis unwillkürlich schmunzeln. Klein und zerbrechlich wirkt ihr Äußeres, fast verletzlich. Ganz im Gegensatz zum massigen Shafir, der es gewohnt ist, Fremde schon durch seine massige Gestalt einzuschüchtern und der sich eigentlich von niemandem etwas sagen lässt. Doch die Entschlossenheit und Schärfe in ihrer Stimme wirken vielleicht gerade deswegen umso stärker. Auch der von Natur aus störrische und schwer aus der Ruhe zu bringende Shafir kann nicht anders, als verwundert zu der jungen Frau zu blicken - die ihn nicht einmal eines Blickes würdigt.. Ein seltsames Glucksen ist alles, was er hervorbringt. So etwas ist er einfach nicht gewohnt. Und er gehorcht.

Dankbar bemerkt Anrakis, wie der Druck auf seiner Brust spürbar nachlässt und dankbar saugt er die Luft in seine schmerzenden Lungenflügel. Er ist sich sicher, dass er an dem Sturz nicht sterben wird - sehr sicher - aber es tut gut, als der Schmerz nachlässt. Der Blick der Fremden scheint einen Moment unsicher, dann strafft sie sich und strahlt Entschlossenheit aus. Seltsam, denkt er sich. Unter der Oberfläche scheint sich bei ihr mehr zu befinden, als man auf den ersten Blick sieht. Ihre Hand berührt kurz seinen Arm, als sie sich mit zusammengekniffenen Augen ein Bild der Lage macht.

>"Ich werde rasch Hilfe holen"<
Dann steht sie auch schon auf und eilt die Treppe hinauf. Schon nach wenigen Schritten ist ihre schmale Gestalt mit den Schatten verschmolzen. Grübelnd blickt Anrakis ihr hinterher.

Er greift noch einmal nach den Holzröhrchen an seinem Gürtel. Ein heiseres Kichern entrang sich seiner Kehle. Die Übersetzung, die sie gestohlen haben, wird den Gauner ohne das Original nicht viel bringen, denn dieses enthielt einige Formeln und Zeichen, für die es keine Übersetzung gibt und die man richtig intonieren muss, damit der Zauber wirkt. Und eben diese standen nicht in der Übersetzung sondern finden sich nur auf dem Original, dass in dem mit Wachs verschlossenen Holzrohr friedlich vor sich hin schlummert. Nur.... was, wenn sie wiederkamen, um ihren Fehler zu korrigieren?

Das Original und die Übersetzung sind jeweils für sich allein genommen ausgesprochen nutzlos für all jene, die der alten Sprache in der das Zauber beschrieben worden war, nicht mächtig sind. Und Anrakis kannte niemanden außer ihm, der diese Schriftzeichen noch lesen konnte. Aber zusammen....

Vielleicht war es besser, das Pergament zu vernichten? Aber andererseits sträubte sich Anrakis Geist dagegen. Dies war altes Wissen - und beim Studium waren ihm einige Ideen gekommen, wie er selbst vielleicht Nutzen aus den archaichen Formeln ziehen konnte. Vielleicht konnte er mit ihrer Hilfe ein Schlupfloch finden? Etwas, dass seine jämmerliche Existenz endgültig beenden würde. Auf die eine oder andere Weise.

Düstere Gedanken schleichen durch Anrakis Geist, wie Schatten einer unstet brennenden Fackel. Er selbst kann die Formeln nicht verwenden, was aber wenn jemand...

Dann hört er wieder das Knarzen der Treppe. nimmt er die Holzröhre und stopfte sie unter sein Gewand um sie besser zu verbergen. Er hört schwere Schritte, die das alte Holz der Stiegen laut ächzen lassen. Dort, ein Licht. Shafir neben ihm wurde unruhig und ein tiefes, bedrohliches Knurren hallt von den feuchten Wänden wieder. Das schwankende Licht stockt und verharrt. Er hört eine deutlich beunruhigte, dunkle Stimme.

>"Ich dachte dort unten sei nur ihr Großvater? Das hört sich eher nach einem Dämon an"<

Dann ein genervt klingendes Seufzen und eine leise, helle, aber auch bestimmt klingende Stimme, die  die Dunkelheit durchschneidet.

>"Es ist bloß ein Hund. Seid ihr nicht einmal Manns genug euch in die Nähe eines Haustieres zu wagen? Vielleicht sollte ich jemand anderen..."<

Sie muss gar nicht zu ende sprechen - schon bewegt sich das Licht, dass, wie Anrakis nun erkennen kann, von einer Öl-Laterne stammt, sich wieder weiter nach unten bewegt. Wenig später steht die unbekannte Frau wieder vor ihm, zusammen mit einem jungen, aber kräftig wirkenden Burschen, der anscheinend sehr darauf achtet, dass die Frau oder Anrakis immer zwischen ihm und Shafir sind, der es sich nicht nehmen lässt, dem Fremden seine beeindruckenden Zähne zu zeigen.

>"Nun helft ihm schon hoch. Aber seid vorsichtig. Ich glaube er hat sich die Rippen gebrochen."<

Ein paar starke Arme packen Anrakis unter seinen Armen und er wird nach oben gezogen. Mühsam legt er seinen Arm um die Schulter des Mannes, der, immer noch wachsam in Shafirs Richtung schauend fragt: >"Gut. Wohin jetzt?"<

Die Frau - Anrakis fällt erst jetzt auf, dass er noch nicht einmal ihren Namen kennt - scheint einen Moment unschlüssig.
>"Ich kenne da eine Alchemistin. Vielleicht wäre es besser..."< beginnt sie

"So schlecht geht es mir nicht, dass ich zu einer solchen Quacksalberin muss", unterbricht Anrakis sie. "... ich bin euch aber dankbar für das Angebot. Nein, nein, ein alter Mann wie ich muss am besten in seine gewohnte Umgebung."
Mit seiner Hand weist er grob in Richtung des Ganges vor ihm.
"Immer den Gang entlang, mein Junge. Ich sag' dir schon, wenn wir abbiegen müssen. Es ist nicht weit."

Schweigend stapfen sie zu viert schließlich durch die nur dürftig erleuchteten Tunnel und Gänge. An einigen Stellen ist das gelbliche Licht der kleinen Laterne die einzige Lichtquelle und sie kommen nur langsam voran. Immer wieder muss Anrakis eine Pause einlegen. Seine Rippen schmerzen doch sehr. Aber sie scheinen nicht wirklich gebrochen zu sein und mit der Zeit lässt der Schmerz etwas nach.

Auf ihrem Weg durch das unterirdische Labyrinth begegnen ihnen nur wenige Leute und nach gut einer Stunde stehen sie schließlich vor einer massiv wirkenden Tür. Rechts und links kann man noch alte Fensterbögen erkennen, die allerdings zugemauert sind. Und das schon seit sehr langer Zeit, wie das graue Moos und die dunkle Farbe der Steine deutlich zeigen. Die Tür selbst sieht wie eine ganz normale Haustüre aus, wenn die Eisenbeschläge auch keine Zweifel daran aufkommen lassen, dass es sich um eine recht stabile Tür handelt. Das Schloß direkt unter der Klinke ist mit rotem Rost überzogen, der sich aber anscheinend noch nicht in das Metall hineingefressen hat.

"So, da sind wir.", verkündet Anrakis mit inzwischen doch merklich festerer Stimme.
"Was bin ich dir schuldig, Söhnchen?"

Der Mann will gerade antworten, als ihm die junge Frau auch schon ein paar Münzen in die Hand drückt. Und ihr Blick sagt eindeutig, dass er nun besser gehen sollte. Ein weiteres knurren Shafirs tut sein übriges und nach einer schnell dahin gemurmelten Floskel verschwindet der Bursche wieder in der Dunkelheit.

Shafir hört denn auch sofort auf zu knurren, macht einen kleinen Schritt nach vorne um der erschrocken dreinblickenden Frau genüsslich die Hand abzulecken. Anrakis stützt sich derweil an der feuchten Mauer ab und nestelt in seinem Mantel nach dem Schlüssel.

"Shafir scheint sie zu mögen, junge Frau. Nun, auf jeden Fall sind wir beide ihnen zu Dank verpflichtet."
Inzwischen hat er den schweren, gusseisernen Schlüssel gefunden. Das Schloss allerdings leistet einiges an Widerstand, doch nach ein paar Versuchen lässt sich der Schlüssel dann doch mit einem deutlich hörbaren Knacken drehen.

"Bitte entschuldig im Übrigen mein schlechtes Benehmen. Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Anrakis."

Die junge Frau will gerade etwas antworten, als Anrakis sie unterbricht.

"Kommt doch erst einmal hinein, dann können wir uns besser unterhalten. Außerdem müsst ihr mir auf jeden Fall noch zugestehen, euch zumindest ein kleines, symbolisches Zeichen meiner Dankbarkeit zu überreichen."

Dann öffnet er die Tür und macht einen Schritt in die das Schwarz, dass sich dahinter erstreckt. Dann ein kurzes Glimmen und schließlich das Aufflackern einer kleinen Laterne. Als sie einen Blick in den nun erhellten Raum wirft, sieht sie mehrere Regale und Tische, auf denen sich Glaskolben, Pergamente, Bücher, Steinskulpturen und unzählige andere Dinge finden. Anrakis hat inzwischen wieder die Zunderbüchse, mit der er die Öl-Lampe entzündet hatte, beiseite gelegt.

"Kommt doch herein und setzt euch. Ich werde versuchen, ob ich ein Feuer entzünden kann, dann können wir uns in Ruhe unterhalten."

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 30. Okt. 2007, 21:55 Uhr
Atevora möchte bereits die Treppe betreten, als ihr der junge Bursche zuruft: „Wartet einen Augenblick“. Mit leicht strapazierten Nerven blickt die Magierin zurück und betrachtet wie der Mann rasch aus seinem Leinenbeutel ein Öllicht sowie eine kleine verkorkte Tonflasche hervorholt.
„Sieht dunkel aus da unten, und man weiß ja nie...“ Die Stimme des Mannes verliert sich, sodass die Magierin das Satzende nur noch mit Phantasie hinzu dichten könnte. Jedenfalls ist sie über das Handeln des Mannes freudig überrascht. Sie hat scheinbar einen der seltenen Gattung Mann des Typs Scheunentor, welcher die Berufsgruppen Schläger, Türsteher, Raufbold und co. zuzuschreiben sind, mit Hirn entdeckt.

Mit wesentlich mehr Feinmotorik als Atevora dem grobschlächtig wirkenden Mann jemals zugesprochen hätte befüllt dieser die Öllampe und ohne weitere erwähnenswerte Zeitaufwendung ist das Tonfläschchen wieder im Beutel verstaut das Licht entzündet und der Mann folgt Atevora die ächzenden Stufen hinab an dessen Fuße jäh ein tiefes bedrohliches grollen und knurren rollt.
Mit erschreckender Detailgenauigkeit Blitzen plötzlich Bilder der Vergangenheit vor Atevoras Augen auf. Da ein Brennendes Gebäude, dort eine verzweifelte Menschenkette, und ein hässlicher staupezerfressener Alptraumköter steht, nein hastet auf sie zu, setzt zum Sprung an und löst sich in sogleich wieder in formlose Schattenschämen auf.

>Ich dachte dort unten sei nur ihr Großvater? Das hört sich eher nach einem Dämon an!“<
Finsteren Blickes wendet sich Atevora zu ihrer Hilfskraft um. Der Mann wirkt eingeschüchtert, fast verängstigt, und Atevora konnte es ihm kaum verübeln bei den vielen in letzter Zeit nur ängstlich in dunklen Ecken geflüsterten Gerüchten.
Bestimmend mit einer Stimme aus der nicht minder viel Schalk spricht Antwortet Atevora und zielt damit absichtlich auf des Mannes stolz:
„Es ist bloß ein Hund. Seid ihr nicht Manns genug euch in die Nähe eines Haustieres zu wagen? Vielleicht sollte ich jemand anderen...“
Sie braucht nicht zu Ende sprechen da zeigen die Worte ihre Wirkung und der Mann geht mit grimmiger Mine und trotziger Haltung an ihr vorbei und schließlich ihr voran die Stiegen hinab.

Alsbald werden sie von einem neuerlich unfreundlichen Knurren von des Alten Haustierchens in Empfang genommen. Mit knappen Worten weißt die weißhaarige den Grobschlächtigen an den Alten vorsichtig hoch zu helfen und nimmt ihm die Öllampe ab.
Auch hier beim hoch helfen ihres „Großvaters“ zeig der Mann weit mehr Gefühl als man ihm auf die ersten Blicke zutrauen.
Im Lichte der Fackel taucht auch der fehlende zweite Schuh wieder zum Vorschein,. der Alte lag vorhin ungemütlich darauf. So tritt Atevora die Stufen hinab, bückt sich sachte und zieht dem Alten vorsichtig wieder seine „Pantoffeln“ an.

>„Wohin Jetzt“< Möchte ihr bezahltes Helferlein sogleich wissen, worauf sie wie vorhin beschlossen als Ziel der alten Alchemistin Heim vorschlägt, doch bevor sie noch aussprechen kann der Alte fällt ihr unwirsch ins Wort.
Er ist der festen Überzeugung von keinem Heilkundigen begutachtet werden zu müssen. Auch eine liebloser Hinweis seitens Atevora, dass es nicht eventuell doch besser währe wenigstens einen Blick auf die Prellungen oder ähnliches werfen zu lassen verhallt ungehört, und so bleibt ihr nichts anderes übrig als sich des Alten Entschlusses schulterzuckend zu ergeben.

Dann stapfen sie schweigend durch die engen Gänge, deren Stille nur dumpfe Schritte sowie das lästige Hecheln des Hundes stören.
Die Gänge wirken verlassen, nur sehr selten begegnen ihnen auf dem Weg andere Lebewesen, und seien es bloß Ratten. Dennoch kommen sie nur relativ langsam voran, denn viel zu oft für Atevoras Geschmack muss der Alte erschöpft eine kurze Rast halten.

Während eines dieser lästigen Pausen versucht Atevora das unangenehme Schweigen zu brechen, man weiß schließlich nie ob sich aus einem seichten Gespräch nicht doch eine interessante Information hervortut., und beginnt mit dem Jungen Mann ein Gespräch.
Als Hebel dafür benutzt sie einen kleinen Fetzen welcher die selbe Musterung wie sein rotes Halstuch besitzt und ihm beinahe aus dem Beutel fiel. Das Tuch stammte laut seiner folgenden Angaben von einer Puppe die seiner kleinen Tochter gehörte.
Diese hatte jene Puppe am „Nach-hause-Weg“ im Gedränge nahe des Wolfmaktes versehentlich fallen lassen. Es war eine Puppe ohne sonderlichen Wert, kaum mehr als ein modriger alter Lumpen groben Leintuches, gefüllt mit Stroh und zwei Holzknöpfen als Augen. Dennoch war sie nach Vater und Bruder das aller wichtigste auf der Welt für die Kleine.
Sofort Schrie die kleine Maddi „Pappa, Pappa meine Puppe, ich hab meine Puppe verloren!“ doch noch bevor sich der Vater richtig umdrehen und das schäbige Spielzeug aufheben konnte, schnappe es eine kleine zerlumpte Gestalt weg und verschwand damit in den dunklen Nebengassen.
Eilig wies er den Sohn an mit seiner kleinen Maddi nach hause zu gehen und folgte hastig dem Lumpenbalg. Doch als er das kleine zerschundene und bis auf die Knochen abgemagerte Wesen in einer Sackgasse aufgriff, brachte er es nicht übers Herz dem wimmernden Kind die Puppe gänzlich zu entreißen. Einzig das kleine Tuchstück um den Hals der Puppe, nahm er an sich.
„Weshalb gerade das “Oder so etwas ähnliches hatte die Magierin dann gefragt. Der Blick des Mannes wurde wehmütig, doch er antwortete nicht.

Atevora würde nie von dem Tag erfahren als die Familie noch in einem kleinen Häuschen nicht fern des Marktplatzen wohnte. Wie die kleine Maggi immer wieder fröhlich „Das ist Pappa!“  plapperte und stolz die Puppe hervorstreckte und somit seine Frau sein rotes Tuch nahm, welches er immer um den Hals trug, ein kleines Stück davon abriss, der Puppe mit den Worten: „Jetzt ist es Papa“ um den Hals band und dies die letzten Worte waren bevor die Feuerbälle vom Himmel stürzten, ihr Haus zerstörten und die Gattin in den Tod rissen.

Den Rest des Weges herrscht bedächtiges schweigen.
>„So da sind wir“< Durchbricht der Alte endlich die dumpfe Stille.
>Was bin ich dir schuldig, Söhnchen?“<
Bevor der junge Vater antworten kann drückt ihm Atevora bereits die restliche vereinbarte Summe in die Hand.
„Es war schön mit euch Geschäfte zu machen und ich hoff eurem Großvater geht‘s bald besser“
Ein boshaftes Lächeln stiehlt sich augenblicklich auf Atevoras Lippen “Ach, wie heißt es so schön? Unkraut vergeht nicht“
Der Mann möchte auflachen, was jedoch vom neuerlichen kunrren des Hundes vereitelt wird, der dabei auch noch eindrucksvoll seine Zähne präsentiert. Daraufhin verabschiedet sich der Bärtige und ihre Wege trennen sich.

Zufrieden Lächelnd blickt Atevora dem Mann und dem schwächer werdenden Lichtkegel des Öllämpchens hinterher. Eine Gute Möglichkeit..
Weiter kommt sie nicht mit dem Gedanken, denn plötzlich spürt sie etwas feuchtwarmes an ihrer Hand. Erschrocken zieht sie die Hand zurück und starrt einige Augenblicke erbost in die treuherzig schauenden Augen des Köters-

>„Shafir scheint sie zu mögen, junge Frau.“< Oh, das beruht absolut auf Gegenseitigkeit... Anstatt ihrem Sarkasmus, den der Alte wohl ohnehin nicht verstanden hätte, nachzugeben, beschränkt sie sich auf ein kühles: „oh, wie.. erfreulich.“

> Mein Name ist Anrakis.“<
Ich hätte mich Gewiss erkundigt hätte ich Interesse an eurem Namen... sagt mir lieber was ihr in dem Holzrohr verborgen haltet.
Atevora möchte gerade, wie es die Höflichkeit gebietet, zur Antwort ansetzen, doch bevor sie auch nur annähernd dazu kommt irgend einen Ton von sich zu geben, fällt ihr der alte ins Wort
>Kommt doch erst einmal herein,<
warum müssen einem diese Tattergreise IMMER ins Wort fallen? Als fürchteten sie Tod umzufallen bevor sie ausplappern konnten was ihnen gerade wieder unwichtiges in den Sinn kam.
> dann können wir uns besser unterhalten. Außerdem müsst ihr mir auf jeden Fall noch zugestehen, euch zumindest ein kleines, symbolisches Zeichen meiner Dankbarkeit zu überreichen“<
Unterhalten? - Atevora horcht auf, ja danach stand ihr gewissermaßen der Sinn, und zumindest ein kleines Zeichen der Dankbarkeit als zusätzliche Entlohnung für ihre Investitionen war nur gerecht.

Bedacht tritt sie durch die Tür in den just von einer Laterne warm orange erleuchteten Raum Wie hat er denn so schnell...?
Bevor sie jedoch den Gedankengang zu Ende führen kann fällt ihr Blick auf die Reihen von Regalen in denen viele alte Folianten und Bücher mit schweren Einbänden stehen und liegen.
Dünne Bücher, dicke Bücher, hohe Bücher, Bücher in allen Größen! Doch allesamt wirken sie alt, wertvoll und auf manchen Buchrücken sind noch Fragmente von Schriftzeichen zu erkennen, welche sie noch nie, oder wenn, dann nur in der großen Bibliothek ihrer ehemaligen Schule in Sichelstadt gesehen hat.
Die Aufforderung sich zu setzen nimmt Atevora gar nicht mehr wahr, auch die vielen weiteren eigenwilligen Utensilien im Raum, wie inetwa einige seltsame Steinfiguren, streift ihr Blick nur unbewusst. Viel zu gebannt ist sie von der Ansammlung von Schriftstücken. Niemals hätte sie Hier herunten eine derartig schöne Privatsammlung erwartet.
Atevora überkommt der unergründliche Drang sofort eines dieser dicken Schmöker mit den eigenwilligen Schriftfragmenten herauszuziehen, ihre Nase zwischen den Seiten zu vergraben und neugierig darin zu blättern. Sie greift schon nach einem Buch mit rotbraunem Ledereinband, bricht die Bewegung  ab und streicht stattdessen mit dem Finger sachte über die staubige Kante des Holzregales während der leicht muffige Geruch von zu feucht gelagerten Manuskripten ihre Nase kitzelt.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 06. Nov. 2007, 11:15 Uhr
Keeshar macht sich auf der Suche nach dem Luden namens Bron, der sich in sein Revier, an „seine“ Frauen herangewagt hat. Er spricht Huren an, sowohl jene, die anderen Luden unterstehen, als auch diese, die angeblich für Bron arbeiten. Er spricht mit Freiern, die gerade ihren Spaß hatten, spricht mit Zuhältern, die ein Auge auf ihre Damen werfen. Und der Rothaarige kriegt die Informationen, die er benötigt.
Bron verschwindet nach seiner Arbeit immer wieder in östlicher Richtung. Bron bringt seine Frauen, die er neu einarbeitet, nach Osten. Also, auf nach Osten.

Keeshar geht bei seiner Suche nicht sehr diskret vor. Er macht keinen Hehl daraus, alle sollen es ruhig wissen – vielleicht findet Bron ihn eher, als er ihn.
Tatsächlich – eine Frau erzählt ihm, dass Bron ihn sucht.
Und so sucht Keeshar den Luden auf, wo er ihn treffen soll – eine menschenleere Gegend, verfallene Gebäude, der Boden so feucht, dass er fast überall mit Pfützen bedeckt ist.
Eine Lichtquelle in weiter Ferne zeigt Keeshar den Weg.
Und da steht er, der Gesuchte, mit einer Fackel in der Hand. Alleine, wie es abgesprochen war.
Keeshar mustert sein Gegenüber. Dieser Bron war jung, zumindest jünger als er selbst. Strähnige, fettige, braune Haare, eine schiefe, einstmals gebrochene Nase. Ein Schneidezahn ist abgebrochen. Überbleibsel vergangener Prügeleien.
Eine schmierige, aggressive Gestalt.
>So so. < Bron mustert sein Gegenüber genauso exakt, wie er selber gemustert worden ist.
Brons Miene ist vollkommen kalt, keine Regung ist zu erkennen. > So so. Du bist also dieser Kerl, der mich überall sucht. Nun, hier bin ich, was willst du?<
Keeshar setzt eine freundliche Miene auf, deutet eine leichte Verbeugung an. „Wie unhöflich. Sollten wir nicht erst einander vorstellen?“ Das Lächeln verschwindet. „Ich bin Keeshar. Aus dem Westen, am toten End. Und du hast dich in mein Revier gewagt.“
Bron lacht nur auf diese Begrüßung, unterbricht den Rothaarigen >In dein Revier gewagt. Ich habe noch nie was von dir gehört, Keeshar< Der Zuhälter spuckt aus. >Und selbst wenn. Was solls. Ich nehme mir, was ich will. Also, halt deine Zunge im Zaum, bevor ich sie dir herausschneide!<
„Ich will dir nicht in dein Geschäft reinreden, Bron“ spricht der Rothaarige weiter, die Drohung seines Gegenübers überhörend. „Ich will nur nicht, dass du meine Frauen ansprichst, und dass du mein Revier in Ruhe lässt. Glaub mir, ich mein es wirklich nur gut, indem ich hier mit dir rede“ >Verpiss dich!< „Nein, ernsthaft. Das ist meine einzige Warnung. Versprich, dass du dich von meinem Revier fern hälst, und ich lasse dich in Ruhe, und du kannst sogar hier in Talyra bleiben.“
Keeshars Stimme klingt, als wenn er mit einem kleinen, ungezogenen Jungen redet. Dabei immer noch das freundliche, fast liebenswürdige Lächeln in seinem von Pocken gezeichnetem Gesicht.
>Versuch mich doch zu überzeugen. <
Bron zieht seinen Dolch, der im Schein der zwei Fackeln aufblitzt. Kein Anzeichen von Einsicht.
Keeshar schüttelt traurig den Kopf. Dummer Narr.

Der Dolch aus Keeshars Gürtel ist schneller in seiner Hand, als Bron es erahnen kann, die Klinge wirbelt durch die Luft, knapp an den Luden vorbei – dieser lässt vor Schreck die Fackel fallen, die auf dem feuchten Boden noch einmal kurz auflodert, und dann verlischt.
>Daneben<  keucht Bron, etwas außer Atem klingend.
Keeshar grinst. „Denkst du. Ich denke, wir brauchen hier kein Licht. Oder hast du etwa Angst vor der Dunkelheit?“
>Du willst doch nicht wirklich im Dunkeln kämpfen?<
Mit einem breiten Grinsen lässt Keeshar seine Fackel in eine Pfütze am Boden fallen, die Fackel verlischt zischend – Keeshar konzentriert sich, sobald er die Fackel losgelassen hat.  
Ruft die Kraft der Natur, die Wildheit, die er tief in sich verborgen hält. Er sammelt sie, stellt sie sich als eine kleine, unglaublich heiß brennende Flamme vor. Die Flamme wird heißer, und heißer… und dann lässt der Rothaarige sie los. Das Feuer vor seinem Inneren Auge verteilt sich in Keeshars gesamten Körper. Jede einzelne Haarspitze, jede einzelne Hautschuppe wird von dem Feuer berührt. Keeshar grinst in die Richtung des Luden, während das vorgestellte Feuer in ihm die ersten Veränderungen verursacht. Reißzähne blitzen auf.

Bron lauscht, kriegt einen Moment lang eine Gänsehaut… er hatte das Gefühl, dass die Zähne des Rothaarigen irgendwie anders aussahen, irgendwie unmenschlich. Aber das war sicher nur eine Einbildung.
Er hat nicht geglaubt, dass der Rothaarige tatsächlich die Fackel löscht. Wie soll man im Dunkeln ordentlich kämpfen? Nicht dass dieser Feigling einfach so weg läuft, und er sich hier zum Narren macht, indem er mit der Dunkelheit kämpft…
Bron hält sein Messer in der Hand, lauscht wo sich sein Gegner befindet… da, ein Geräusch.
Zeit das Schwein, dass sich in seine Geschäfte einmischen will, ab zu stechen.
Bron lauscht. Er hört seltsame Geräusche… Stoff reißen? Dann weitere Geräusche… ein leises Stöhnen… Knochen brechen?
Der Lude runzelt die Stirn, hält das Messer gut in der Hand, und bewegt sich langsam, mit den Füßen tastend, in die Richtung, in die er diesen Keeshar vermutet.
>Du Feigling, komm her.< tönt Bron laut, um seinen Gegner zu reizen. Aber dieser antwortet nicht, ein weiteres Stöhnen…
Dann meint Bron eine Bewegung im Dunkeln zu sehen. „Ha!“ mit einer schnellen Bewegung sticht Keeshar nach vorne, zerschneidet aber nur Luft.
Irgendwie stinkt es hier plötzlich nach Tier.
Stinkender, nach verrottetem Fleisch riechender Atem schlägt Bron entgegen, kurz bevor ihn ein unglaublicher Schlag an der Schulter trifft und den Luden umwirft. Was war das? Der Mann schreit auf. Taumelt.
Wieder ein Schlag von der anderen Seite. Wieder taumelt Bron.
Was im Namen Liktik Schnellfingers war das? Das war kein Mensch, der da vor ihm steht, auf ihn einprügelt. Dafür war… ES… viel zu groß, die Fäuste viel zu breit… Der Zuhälter weiß einfach, dass das da vor ihm kein Mensch ist.
Ein weiterer Schlag, diesmal stärker als die anderen, mitten auf den Brustkorb. Bron stößt ächzend die Luft aus, taumelt, stürzt. Der Zuhälter versucht sich mit einer Hand abzufangen, was ihm auch halb gelingt. Ein leichtes Stöhnen entkommt aus seinem Mund… und die nächsten Schläge des Unwesens prasseln auf ihn ein.
Bron spürt seltsam rauhes, irgendwie borstiges Fell an seinen Armen. Verzweifelt versucht er seinen Dolch in das angreifende Untier zu stoßen, er nimmt alle Kraft die er noch hat, spürt die Klinge durch Fell dringen… warmes Blut läuft an seiner Hand herunter. Dann wird er einen Moment taub, als das Untier ihm vor Schmerz ins Ohr brüllt.
Als nächstes spürt der Bron die langen Krallen des Untieres, die seine Kleidung zerreißen, ihm blutige Wunden zerreißen. Der Lude riecht weiter den stinkenden Atem, hört das Schnauben, das Brüllen. Geifer tropft auf ihn herab.
Er versucht mit einer Hand weitere Schläge abzuwehren – ein Fehler, denn der Arm ist nicht stark genug. Ein Krachen ist zu hören.
Bron erkennt, dass er nichts weiter tun kann, als sich irgendwie zu schützen. Er versucht seinen Kopf mit dem verbleibenden, gesunden Arm zu schützen, während die Schläge weiter unnachgiebig auf ihn einprasseln.

Stille. Keine Schläge mehr. Dann Zischen, eine Fackel wird angezündet.
Wimmernd liegt Bron auf dem schmutzigen Boden der Unterstadt. Seine Kleidung ist zerrissen, überall sind blutige Striemen zu sehen. Sein rechter Arm hängt in einem unnatürlichen Winkel herab, fängt an, anzuschwellen und zeigt erste bläuliche Flecken. Überhaupt schien der Zuhälter fast überall bläuliche Töne anzunehmen. Am übelsten hat es Brons Kopf erwischt. Das linke Auge ist fast zugeschwollen, die Kopfhaut hängt halb heruntergerissen an dem restlichen Skalp, die Wunde blutet recht heftig.
Der Lude kann nichts anderes tun, als liegen zu bleiben…
Das Wimmern des Mannes ist zuerst das einzige Geräusch, das zu hören ist – bis es von Keeshars knurriger Stimme übertönt wird.
„So, du Sohn eines räudigen Wildschweins… Wie bereits gesagt… Das war meine einzige Warnung. Lass meine Frauen in Ruhe. Halte dich aus meinem Revier fern. Ein Tipp:  Am besten verpisst du dich aus Ildorien, schwingst deinen Arsch weit nach Süden.  Irgendwohin weit weg von mir.“
Keeshar hockt nackt – er trägt nur seine Augenklappe - halb im flackernden Schatten vor Bron, die Hände ineinander verschränkt, ein fast liebenswürdiges Lächeln auf den Lippen – das verbliebene Auge blitzt hingegen absolut kalt auf. Eine nicht allzutiefe, aber doch blutende Wunde an der Seite des Rothaarigen.
„Und nun, mein Junge…  steh auf, mach dich etwas sauber, geh zu tschinij eedsh, zu deiner Mama, lass dich gesundpflegen… Pass auf, dass sich die Wunden nicht entzünden... wäre wirklich, wirklich schade.“
Keeshar  steht auf, klopft sich die Hände symbolisch an den nicht vorhandenen Hosen ab. Immer noch hängt ein fast überfreundliches Lächeln im Gesicht – ein Lächeln, das urplötzlich verschwindet, Kälte tritt stattdessen in Keeshars Gesicht. Er spuckt aus, trifft den vor sich kauernden Luden auf dem Oberkörper.
Dann stapft Keeshar weg von dem verletzten Luden. Flucht über die Fleischwunde, die ihm zugefügt worden ist. Das Fell und seine Haut hat zwar den Dolchstoß abgeschwächt, aber…
Er sammelt seine an den Nähten zerrissene Kleidung  ein, zieht sich einige der Fetzen über, so dass er nicht vollständig nackt in der Unterstadt herumlief, und machte sich auf den Weg zurück zu seinem Heim.
Ein heißes Bad und eine Wundsalbe würde ihm gut tun.

Der Rothaarige glaubte nicht, dass Bron noch einmal Ärger machen würde. Nicht innerhalb der nächsten Tage, nicht innerhalb der nächsten Wochen. Keeshar war sich sicher, dass Bron so schnell es geht die Unterstadt verlassen wird.
Es wäre zumindest besser für ihn.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 07. Nov. 2007, 14:40 Uhr
In dieser Nacht liegt Keeshar nackt auf seinem Nachtlager. Sein Bauch ist mit einem Verband umwickelt, der die Fleischwunde bedeckt. Keeshar hat die Wunde erst mit Wasser ausgewaschen, mit Alkohol noch einmal nachgereinigt. Trotzdem schmerzt die Seite. Keeshar verflucht den Luden nachträglich. Dann greift er zu einer Flasche die neben seinem Nachtlager steht. Uisge Breatha. Keeshar braucht diese Nacht etwas Kräftiges.
Der Rothaarige nimmt einen tiefen Zug aus der Flasche. Gutes Zeug. Er hat einen guten Preis dafür gezahlt, ein Preis, der der Qualität des Getränkes entsprach. Auch wenn er am liebsten Tee trank – mit Alkohol kannte er sich auch aus.
Die Flasche leert sich, Zug um Zug, und irgendwann schließt Keeshar leicht betrunken seine Augen.
In dieser Nacht träumt Keeshar, einen ziemlich lebendigen Traum von seiner Kindheit.

Er läuft mit seinen jüngeren und älteren Brüdern durch den Wald. Hetzt ein Reh mit Speeren, eine erfolglose Jagd, das Tier kann ihnen schließlich doch entkommen. Herzliches Kinderlachen, trotz des Fehlschlages.  Sie hatten ihren Spaß. Seine Eltern sind stolz auf ihn, seine Brüder, seine Schwestern. Sie erzählen Abends von Zauberern, Feen, Zwergen und Riesen, von Vorfahren, Schlachten, von Wargen und vergangenen Zeiten.
Eine gute Familie. Ein gutes Leben.

Eines Tages: Bei den Hütten ihrer Eltern ist ein fahrender Händler. Er kommt immer wieder zu seinem Dorf, verkauft seine Waren, kauft von den Leuten seines Stammes hergestellte Waren. Dieses Mal verkauft der Händler Wolldecken. Keeshar erinnert sich noch genau daran, dass sein Vater begeistert war von der Qualität der Decken, und dem geringen Preis. Gute Ware für den bevorstehenden Winter.  Und er erinnert sich daran, dass der Händler irgendwie fiebrig ausgesehen hatte.
Seine jüngste Schwester trifft es zuerst. Sie bekommt Fieber, Schüttelfrost. Die Mutter seiner Mutter beruhigt ihn. Nur etwas Fieber. Nichts Schlimmes.
Nach und nach werden auch andere Leute krank. Die Kranken werden in die neuen Wolldecken gehüllt. Es soll Ihnen an nichts mangeln.
Vier Tage nach dem ersten Fieber beginnen die Pusteln bei seiner Schwester aufzutreten. Vor allem am Kopf, den Händen und Füßen, weniger auf Brust und Bauch. Die Alten sprechen flüsternd von einer Krankheit, die vor langen Zeiten einmal schon da war. Pocken.
Inzwischen fiebern alle Mitglieder seines Stammes. Keeshar erwischt es als letzten seiner Familie. Er fiebert, friert.
Eiter tritt aus den Pusteln seiner Schwester auf. Noch heute hat Keshaar diesen Gestank in der Nase.
Überraschenderweise ist es seine Großmutter, die Heilerin seines Stammes, die zuerst stirbt. Seine jüngste Schwester ist die nächste, die stirbt.
Klein-Keeshar bekommt durch die Fieberschübe nicht weiteres mit. Diese Erinnerungen sind verschwommen. Er weiß nur, dass plötzlich sein ältester Bruder nicht mehr da war. Dann sein jüngerer Bruder. Sein Spielkamerad aus der Hütte nebenan. Seine Mutter taucht nicht wieder auf. Dann ist sein Vater plötzlich verschwunden.
Keeshar weiß nicht, wie lange er fiebrig war. Ein Siebentag? Ein Vierzehntag? Langsam kommen Erinnerungen wieder hoch. Dass das Fieber aufhörte. Dass die Pusteln trockneten. Dass er fast zu schwach war, das Bett zu verlassen. Er war über die Leichen seiner Angehörigen gestolpert, die vor seinem Bett lagen, vor der Hütte, überall.
Das gesamte Dorf war tot, abgesehen von Krähen, Raben und anderen Aasfressern, die sich an den Leichen gütlich taten.
Keeshar war alleine.
Der rothaarige Junge torkelt durchs Land. Ernährt sich von dem bisschen, dass er jetzt, kurz vorm hereinbrechenden Winter noch sammeln kann. Sobald es schneit, wird er tot sein. Müde, hungrig gibt Keeshar auf, bricht an einer Straße ohnmächtig zusammen. Wartet auf seinen eigenen Tod.
Er kommt wieder zu sich. Es ruckelt unter ihm. Er schaut sich um. Ein Wagen, in dessen Innerem er liegt. Ein Mann vorne auf dem Kutschbock. >Bist in Sicherheit<
Der Mann ist Händler. Und Keeshar bleibt bei ihm. Er geht ihm zur Hand, lernt von dem Mann lesen, rechnen, schreiben. Die Kunst des Handelns. Seine Familie fehlt ihm. Aber er lebt, der Tod fern.
Winter, Sommer und Frühling vergehen. Keeshar wächst, wird älter.
4Er ist gut 13 Sonnenläufe alt, als „es“ geschieht.
Eines Morgens wacht Klein-Keeshar durch das Geschrei des Händlers auf. Er will sich aus seiner Decke befreien, aber es geht nicht. Tatzen anstatt Hände… Fell anstatt Haut. Entsetzt bemerkt Keeshar, dass er ein Bär ist. Er, ein Bär… ein Bärenjunges, um genau zu sein…
Der Händler rennt schreiend weg. Lässt ihn allein zurück, ihn, ein Bärenjunges. Wieder allein.
Keeshar überlegt einen Moment lang, während er in dieser Gestalt gefangen ist, ob er aufgeben soll. Ob er irgendeinem Jäger entgegen laufen soll, um zu sterben. Aber er war dem Tod einmal entkommen – noch einmal würde er so eine Begegnung nicht so schnell herbeisehnen.
Fell und Klauen verschwinden wieder – Keeshar ist wieder menschlich. Und er ist nackt, unterkühlt, alleine.
Aber er will leben. Erinnerungen kommen in ihm hoch. Das Wissen, einen Unterschlupf zu bauen. Die Fähigkeit, Fallen zu stellen und Beute zu machen. Erinnerungen, wie man im Wald überlebt.
Keeshar bleibt in diesem Wald. Er nutzt sein Alleinsein. Überlebt. Erinnert sich an anderes.
Erinnerungen an Geschichten. Geschichten von seinen Vorfahren. Von Menschen, in Ratten und Fledermäuse verwandelt. Von Männern seines Stammes, die zur Verteidigung die Gestalt von Wölfen angenommen  haben. Von Frauen, die sich in Adlergestalt in die Luft erhoben, um Feinde auszuspähen. Und sein Vater erzählte von einem direkten Vorfahren, dem Vater seines Vaters seines Vaters seines Vaters seines Vaters… der in der Gestalt eines Bären dem höchsten Krieger des feindlichen Stammes den Schädel zertrümmerte.
Warge. Geschichten von Warge. Keeshar erkannte. ER war WARG. Er war Gestaltwandler.



Schweißnass wacht Keeshar aus diesem Alkoholtraum auf. Sein Schädel dröhnt. Zuviel Uisge. Eindeutig zuviel Uisge.
Aber er muss an diese Zeit zurückdenken. Es war damals schwierig, damit zurecht zu kommen, als Warg zu leben. Er hatte ein Jahr lang gebraucht, um die Bärengestalt zu meistern. Inzwischen… inzwischen war er fähiger.
Keeshar greift noch einmal nach der Flasche Uisge Beatha, nimmt einen weiteren, kräftigen Schluck.
„Bleibt fern, ihr Träume, ich brauche Ruhe“ murmelt der Rothaarige, und schon versinkt er wieder im Reich des Traumgottes.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 19. Jan. 2008, 20:30 Uhr
<-------- Die Steinfaust - Sitz der Stadtgarde und Kerker

Seltsam erschöpft vom Tag mitsamt seiner Informationsflut geht Atevora zu Bett.
Unruhig wälzt sie sich von einer Seite zur Anderen, doch nach schier einer halben Ewigkeit gibt sie die Hoffnung schließlich auf noch etwas Schlaf zu finden. Träge zieht sie sich stattdessen ihre Kleider über und schlurft antriebslos und unendlich grämlich sowie Müde durch die dunklen, feuchtstickigen Gewölbe der Unterstadt der „Oberwelt“ entgegen. Unbeholfen und unbeweglich zwängt sie sich durch einen der geheimen Zu – bzw. Ausgänge und wird dort mit einem sanfteisigen Hauch des Windes von der Dunkelheit der Nacht empfangen.

Atevora hatte zwar gerade kein genaues Zeitgefühl, aber für das Treffen am Marktplatz war es noch eindeutig zu früh.
Mit einem seufzen lehnt sie sich gegen eine rauhkalte Häuserwand und starrt vor sich ins vermeintliche schwarzwirrenden Nichts. Plötzlich löst sich etwas aus den konturlosen Schattengebilden und lässt sich mit lautlosen Flügelschlag neben ihr nieder.

Freude keimt in Atevora auf und ein Lächeln stiehlt sich für einige Augenblicke auf ihre von der Kälte rissigen Lippen.  „Via..“
Stumm kniet sich Atevora neben ihrer Eule auf das nasse Pflastergestein und streicht dem Vogel mit dem Handrücken sacht über das im Dunkel der Gasse unwirklich helle Brustgefieder.
„Worauf habe ich mich da bloß wieder eingelassen? Was wenn...“
Sie seufzt in die endende Nacht während sie die dunkeln Augen der Eule zwei unendlichen Abgründen gleich mustern. „Im übrigen, wo warst du die ganze Zeit?“
Eine Antwort war natürlich nicht zu erwarten und so blickt sie in den mittlerweile diesig grau tagenden Himmel.
Es war doch bereits später als ursprünglich angenommen. Für das Treffen am Marktplatz war es noch immer bei weitem zu früh, doch ihr Vorhaben vom Vortag konnte sie in Angriff nehmen. Allat war immer bereits zum Morgengrauen anzutreffen. So erhebt sich die Magierin mit von Kälte und einer schlafarmen Nacht steifen Gliedern, streckt sich ausgiebig, und macht sich im gemütlichen Tempo in Richtung Hafenviertel auf.

--------> Perlenhafen

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 15. Apr. 2008, 23:01 Uhr
- Irgendwann im Silberweiß -

Sicheren trittes und den gewohnten Handgriffen klettert er den schmalen Schacht hinauf. Nur schwach dringt etwas von dem Tageslicht durch das Geäst, dass den engen Eingang zur Unterstadt oder eben zur Stadt Talyra, jenachdem aus welchen Sicht man es betrachtet, vor neugierigen Augen verbirgt.
Flink wie eine Katze es vermag einen Baum zu erklimmen, klettert Uio hinauf und zwengt sich durch das kleine Loch, durch dass ein gut genährter Junge in seinem Alter vermutlich nicht passen würde.

Endlich oben beginnt er sich sogleich nach gewohnter Weise umzusehen... dass ihn blos niemnd entdeckt! Das ist nämlich sein Loch! Sein Gang! Zwar weiter ab als die Anderen, aber eben sein! Ein lächeln huscht über das schmutzige Gesicht des ca. 8 Jahre alten Straßenjungen. Wie alt er genau ist, tja... das weiß nichtmal Uio selbst. Gero sagt immer dann wenn er fragt:
>" Das ist bestimmt schon 8 oder sogar 9 Jahreswechsel her ... wird Zeit das du endlich älter wirst!"<

Schnell macht er sich auf den Weg zum Markt. Er hat mal wieder lange geschlafen und die anderen Jungs haben ihn nicht mitgenommen, nein... Uio seufzt, er ist ja auch der jüngste und ihn wollen sie nicht dabei haben.
Egal,denk sich Uio als er sich zwischen die Leute auf der großen Straße zum Marktplatz von Talyra schiebt, Sergi, Jacko und die Anderen sollen sie nur! Ich komme alleine zurecht.Frech funkeln seine dunklen Augen auf und das gewohnte Uiogrinsen breitet sich wieder auf seinem Gesicht aus.

Die vielen Leute, das bunte treiben der Stadt läßt Uio die Kälte vergessen, die an seiner notdürftige geflickten Kleidung zerrt und schon bald die Stoffreste an seinen Füßen naß vo den Pfützen auf der Straße durchdrungen hat. Zum Glück ist es von oben trocken.
Er ist gern hier oben in der Stadt. Ja, natürlich muß er hier wie auch unten in der Unterstadt aufpassen, nicht in die falschen Hände zu geraten, doch freut sich Uio jeden Tag  hier auf den Markt zu schleichen und seiner gewohnten Tätigkeit nachzugehen. Und heute muß er die Sache besser anstellen als Gestern. Wie zur Bestätigung beginnt sein Magen hungrig wie ein Wolf zu knurren. So laut, dass sogar einige Leute unmittelbar in seiner nähe ihn nicht nur wegen seiner äußeren Erscheinung naserümpfend anschauen.


----------------------- >  In den Straßen der Stadt

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 06. Mai 2008, 18:49 Uhr

Rennen, weiter rennen! Nicht stehen bleiben, nicht mal umsehen...nein, jetzt noch nicht. Sie sind noch zu nahe an ihm dran! Flink und schnell flitzt der Junge durch die Gänge. Gerade aus, dann wieder schnell zur Seite springen und eine Abkürzung nehmen. Das bringt Abstand und Zeit zwischen ihn und seine Verfolger, die sich zwar auch ziemlich gut hier unten auskennen, doch aber für einige Schlupfwege und Lücken zwischen den Mauern schon zu groß geworden sind. Uio grinst verschmitzt als er sie hinter sich fluchen hört, doch zum Ausruhen ist es noch zu früh, auch Hendrik und die anderen haben ihre Mittel und Wege.

Verdammt noch eins, Uio keucht und rappelt sich auf. Gerade als er um die Ecke rennt rutscht der Junge auf nassem Untergrund aus. Um nicht lang hinzuschlagen versucht Uio sich durch eine seitliche Rolle abzufangen, doch reißt er sich dabei sein Knie unangenehm auf. Er ignoriert diese Verletzung und läuft weiter. Doch nicht mehr so flink und schnell wie vorher. Uio muss sich eingestehen, daß sein Knie mehr schmerzt und ihn behindert als er zugeben möchte und jetzt gebrauchen kann.

Eine schnelle Entscheidung muss her! Uio biegt um eine Ecke…links… rechts…
Jeden Moment könnte Hendrik rot vor Wut ihn einholen und das ist nicht gerade das, was er sich gedacht hatte. Dieser blöde Ausrutscher vermasselt Uio´s Vorhaben sich bei dem Angeber und selbsternannten besten Nachwuchsdieb auf seine Art und Weise zu revanchieren.
Uio kneift die Augen zusammen, läuft noch einmal so schnell er kann auf eine Hütte zu und schlüpft so geschickt es sein Knie zulässt durch eines der offenen Fenster.

Ob das so klug ist?zweifelt er einen Moment und setzt sich dann unters Fenster. Mit dem Rücken an der Wand schaut er sich schnell um. Es ist stockfinster! Nur wenig Licht fällt durch das Fenster, durch das er eben schlüpfte, hinein. So sehr er sich anstrengt, er kann nichts erkennen, zumal er seine Aufmerksamkeit mehr auf das was draußen liegt richtet. Da hört er auch schon die Schritte seiner Verfolger. Uio hält automatisch den Atem an und lauscht. Mit den Händen stützt er sich leicht verkrampft am Boden ab, sein Blick auf das Fenster über ihm gerichtet. Er weiß genau, finden sie ihn nicht, würde Hendrik oder einer der anderen genauso wenig wie er es getan hatte bei Gero petzen. Uio beginnt frech zu grinsen. Oh ja was für eine Schmach! Der kleine Taugenichts Uio hatte ihm etwas abgeluchst!

Immer noch versucht er zu lauschen und zu erahnen wohin die Schritte gehen, atmet langsam und leise ein …aus…, als es irgendwo dort vor ihm raschelt. Ein leichter Schauer fährt ihm über den Rücken als seine noch so kindliche Fantasie sich gerade die wildesten Wesen vorstellt die hier in dieser Hütte hausen. Er beginnt abzuwägen.
Ist es besser verprügelt zu werden oder…oder… er schluckt und verpasst das Glücksgefühl, das er haben müsste da der Verfolgungstrupp an der Hütte vorbeigelaufen ist. Oder…oder  von einem Vampir ausgesaugt zu werden bis ich…leer und trocken bin. In seinen Gedanken malt er sich plötzlich ohne es zu wollen eine solche Szene aus. Leichte Panik steigt in Uio auf und ihm wird warm…nein heiß.

Erst ist es ein kleines Ziehen und Zerren in der Magengegend, dann ein warmes Kribbeln in den Händen. Ganz ruhig, ganz ruhig… da ist bestimmt nichts! Er muss sich beruhigen und dann…
Ein paar Mal atmet er tief ein und aus. Das warme Kribbeln läßt nach.
Stille… selbst vor der Hütte ist es ruhig geworden, doch Uio kann sich nicht richtig darüber freuen. Er muss hier raus…ja raus bevor irgendwas passiert.
Ganz langsam stellt er sich wieder auf die Füße bis er unter dem Fenster hockt. Angestrengt versucht er irgendetwas in der Dunkelheit zu erkennen als wieder ein rascheln zu hören ist.
Da, da war etwas!
Uio Atmet auf und lässt sich noch mal gegen die Wand sinken als er das Etwas dort als Maus identifizieren kann.
„Wusst ich doch, da ist ja gar nichts!“ , kichert er frech schaut noch mal in die Richtung in der die Maus soeben verschwindet. Dann dreht er sich um und schaut aus dem Fenster auf den schwach beleuchteten leeren Gang vor der Hütte. „Klasse!“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 16. Mai 2008, 10:26 Uhr
In den Monaten nach dem Dämonenangriff war Sig in die Unterstadt zurückgekehrt. Kana hatte die Stadt verlassen, ebenso Cleyron. Eine Zeit hatte die Diebin noch in der Schusterei gelebt, doch die Angst, von den Blaumänteln entdeckt zu werden, hatte sie wieder in die kleine Hütte am Einstieg in das dunkle Reich der Diebe und Halunken zurückgetrieben. Ausserdem hatten sich einige Jungspunde aufgeschwungen, ihr den Rang als führende Einbrecherin streitig zu machen, ein Umstand den sie nicht auf sich sitzen lassen konnte. Und so war sie wieder zurück ins Geschäft gekommen und es hatte nicht lange gedauert, da war die schwarze Erscheinung, die katzengleich über die Dächer Talyras huscht wieder jedem in der Unterstadt bekannt.

Unter Tags freilich war sie nach wie vor blind. Es schien, als hätte ihr dämonischer Verehrer eine schier unerschöpfliche Geduld dabei, sie zu quälen und darauf zu bauen, dass sie sich ihm eines Tages doch noch als seine Gefährtin anschließen würde. Etwas, was für Sigourny nicht im Geringsten in Betracht kam.

So waren die Monate ins Land gezogen. Der Zwerg, der nach wie vor seinen Anteil ihrer Beute als Gegenleistung für ihren Schutz beanspruchte, war gieriger denn je dabei aber in keiner Weise gerissener und so gelang es der jungen Frau immer wieder, einiges auch auf die Seite zu schaffen. In den letzten Wochen war es jedoch härter geworden: Ein verrückter Mörder trieb in der Stadt sein Unwesen und aus Angst gingen die Bewohner Talyras Nachts kaum mehr auf die Strasse, was für ihr Gewerbe nicht gerade förderlich war. Auch das Inarifest war abgesagt worden und somit war eine der ertragreichsten Nächte des Jahres ausgefallen.

So zog der Frühsommer ins Land. Eines Tages, die Ernte der Nacht war einigermassen ertragreich gewesen, liegt Sig auf ihrem Strohsack in ihrer Hütte und döst vor sich hin, als plötzlicher Lärm sie hochschrecken lässt. Ein ganzes Rudel Gassenjungen stürmen vorbei, anscheinend auf der Suche nach jemandem. Dem Geschrei nach scheinen sie ziemlich wütend zu sein und Sig tut der Jenige leid, der sich den Unmut der Rotte zugezogen hat….ziemlich sicher handelt es sich um einen jüngeren, der gewagt hat, ihnen in die Quere zu kommen. Aber als das Geschrei verklungen ist, hört sie etwas anderes: Ein Scharren, zu laut für eine Maus oder Ratte. Ihr Sack liegt in einer dunklen Ecke, sie kann sich ausgezeichnet im Schatten verbergen. Regungslos verharrt sie, lauscht in ihre eigene Dunkelheit. Ein leises Kichern ist zu vernehmen und dann das leise Öffnen der Tür! Die Stimme war hell, kindlich und Sig nimmt all ihren Mut zusammen. „Hallo? Ist da jemand?“ Fragt sie nach, nicht ohne jedoch zuvor den kleinen Dolch aus dem Stiefel zu fingern, den sie immer bei sich trägt.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 17. Mai 2008, 12:12 Uhr
>“ Hallo? Ist da jemand?“< Uio verharrt in der Bewegung als würde er zu Stein. Die alte Tür bleibt einen spalt offen und Uio verwünscht sich grade selbst warum er nicht wieder durch das Fenster hinausgestiegen ist. Dabei fällt ihm sein Knie wieder ein. Nur ein Kratzer, denk er und weiß das es gelogen ist. Er ist kein Spezialist in solchen Dingen doch weiß er, dass es etwas anschwellen und schmerzen wird bis es dann Tage später…oder so, wieder in Ordnung ist. Langsam dreht sich Uio um und versucht wieder in der dunklen Hütte etwas zu erkennen. „ Ähm, nein…also…doch ja…aber,"  stammelt er unsicher.

Das war ja …toll. denkt er und stellt sich bereit sofort nach draußen zu laufen... oder sollte er seine Steinschleuder... Nein, hier drin ist zu wenig Platz und ich sehe ja auch nicht wer dort ist. Unendlich lange kommt es ihm vor. Da steht er nun, in der alten Hütte nahe dem Eingang zu Unterstadt, und starrt in die schwarze Leere vor ihm. Dort wo er grade noch am Fenster gesessen hatte um sich vor den Anderen zu verstecken und sich eingebildet hatte das Etwas dort drin bei ihm ist. Warum auch immer wird es ihm erst jetzt bewusst, dass dort wirklich etwas ist. Etwas? Es kann sprechen und…das beruhigt Uio ungemein, es hörte sich nicht feindselig oder wütend an. Und, es ist eindeutig eine Frauenstimme. Nicht, so eine wie von Geros Freundin, so eine Mecker- Zickenstimme, nein…! Uio denkt kurz an die schwarzhaarige Furie und fragt sich wie man so jemanden auch nur ansatzweise mögen kann… er mag sie nicht und sie mag ihn auch nicht. Nicht zu selten betont sie, dass Gero den kleinen störenden Mitesser endlich loswerden soll!
Ja, die Stimme eben war … anders!
„ Ich...ähm...brauchte nur ein kleines Versteck, " sprudelt es aus ihm heraus und er fäng an zu grinsen. Na, vielleicht brauchte sie auch ein kleines Versteck?!  

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 18. Mai 2008, 12:51 Uhr
Langsam und vorsichtig bewegen sich die Männer von dem Tisch weg, an dem sich zwei Männer bitterböse anfunkeln, dabei aber kein einziges Wort sprechen.
Die anderen Männer begeben sich außer Reichweite der Messer, die an den Gürteln der Kontrahenten baumeln und von denen einer im Holz des Tisches steckt.
Hier war gerade ein handfester Streit vorprogrammiert, nein, ein Kampf, Blutvergießen… und da wollte man lieber nicht in direkter Reichweite sein.
Einer der unbeteiligten Männer überlegt ob er nicht vielleicht doch den Raum verlassen soll, immerhin wäre er dann garantiert aus dem Gefahrenbereich…
Aber dann fällt ihm wieder ein, was sein Boss gesagt hat, bevor das Schweigen begonnen hatte…
„Keiner von euch verlässt diesen Raum!“
Nicht mehr, nicht weniger, nicht besonders laut… aber vollkommen ausreichend.
Nun sitzen die beiden Kontrahenten immer noch auf ihren Stühlen starren sich weiter an… und während der eine absolut regungslos da sitzt, wird dem anderen langsam ungemütlich, die Glieder beginnen zu kribbeln...
Trotzdem starrt er weiter in die Augen seines Gegenübers… oder besser gesagt, in das eine, verbliebene Auge, denn das andere ist mit einer Augenklappe bedeckt.

Auch wenn Keeshar äußerlich absolut unbeeindruckt aussieht – innerlich ist der Rothaarige absolut angespannt.
Dass diese Situation hier so dermaßen außer Kontrolle geraten ist… das ärgert ihn gewaltig. Und es zeigt ihm, dass viel mehr im Argen liegt, als er es bisher registriert hat.
Und dass er, Keeshar, Anführer seiner Leute in der Unterstadt, dieses Problem unterschätzt hat... das ärgert ihn nicht nur, nein, das macht ihn absolut wütend.

Seit einem halben Zwölfmond schien vieles aus seiner Kontrolle zu geraten.
Zuerst war der Lude namens Bron aufgetaucht…  eine Kleinigkeit, nachdem er sich dieser Sache angenommen hatte. Bron war sehr schnell verschwunden, angeblich nach Sumera, wo er dann bei einer Messerstecherei gestorben sein soll... was für ein Verlust…
Aber dann.. der erste Mord.
In der Unterstadt gab es viele Spekulationen, wer das Mädchen umgebracht haben konnte, wer so dummdreist war…
Sicherlich, auch in der Unterstadt gab es schon mal ein totes Kind… Wenn die Bälger ihre Nase in Sachen hineinsteckten, die sie nichts anging…
Welches Kind konnte noch reden, wenn die Kehle durchgeschnitten worden war…
Aber ein Kind aus der oberen Stadt? Und dann noch so.. auffällig…
Verschiedene Männer und Frauen sind unter Verdacht geraten, diese hüllten sich in Schweigen…
Aber insgesamt beeinflusste dieser Mord die Unterstadt wenig.
Doch dann wurde die zweite Leiche gefunden… eine Bardin, den Möwen zum Frass vorgeworfen…
Und das beunruhigte die Unterstädter schon etwas mehr.
Die Stadtwache war aufmerksamer – eine Tatsache, die absolut nicht gut fürs Geschäft war.
Seine Männer mussten aufpassen, wenn sie auf Bruch gingen, wenn sie versuchten Beutel von den Gürteln zu schneiden… so manche Aktion musste abgebrochen werden, weil im unpassendsten Moment ein Blaumantel um die Ecke kam.

Der Rothaarige befiehlt seinen Männern, besonders vorsichtig zu sein, kein Risiko ein zu gehen und nur wenn man sich absolut sicher ist, den Bruch zu wagen.
Auf diese Weise verdienen seine Männer natürlich viel weniger Geld als andere Einbrecher aus der Unterstadt… allerdings fallen bei ihm auch weniger Leute durch das Eingreifen der Blaumäntel aus…

Dann folgt eine ruhigere Zeit… die Gerüchte verstummen… für einige Zeit.
Einige Monde lang herrscht Ruhe… dann ein weiterer Mord, und die Situation eskaliert.
Die Oberstadt ist in Panik, und die Konsequenzen für die Unterstadt sind deutlich zu spüren…
Das IniariFest wird abgesagt… ein Trauerfest für die ganzen Beutelschneider und Einbrecher.
Immerhin wird eine Ausgangssperre und Sperrstunde abgeschmettert…
Dennoch herrscht schlechte Stimmung in der Unterstadt.
Vor allem als Keeshar dann befiehlt, dass seine Männer nun gar nicht mehr auf Beutezug gehen sollen, dass sie lieber von der eisernen Reserve leben sollen, bis sich die Sache beruhigt hat…

Unter Knurren und Murren akzeptierten seine Männer diesen Befehl. Zumindest für eine Woche, zwei Wochen.
Dann beginnen Keeshars Probleme, weil sich einer der Männer - ein blonder Kerl, dem aus welchen Gründen auch immer der kleine Finger der rechten Hand fehlt – gegen diesen Wunsch rebelliert.
Hier ein Wort, dort ein Kommentar, dort eine Geste… so sät der blonde Kerl namens Naysh  Zwietracht unter Keeshars Männern.
Keeshar bekommt die schlechte Stimmung seiner Leute nicht direkt zu spüren. Nein, dass trauen sie sich nicht.
Stattdessen dauert es einen kleinen Herzschlag länger, wenn sie eine Antwort geben sollen, sie begrüßen ihn mit einem leichten Unterton, werfen ihm Blicke zu, die der Rothaarige eher spürt als sieht…
Keeshar muss sich um dieses Problem schnellstens kümmern…

Und so kommen seine Leute am folgenden Tag in einem „Gasthaus“ der Unterstadt, dass der Wirt netterweise für diesen Anlass geschlossen hat…
Keeshar sitzt an einem Tisch in der Mitte, die Füße auf dem Tisch, mit seinem Messer kratzt er sich den Dreck unter seinen Fingernägeln weg. Er ignoriert die Männer, die nach und nach – und alle unpünktlich – das Gasthaus betreten.
Zuletzt erscheint Naysh. Sich laut darüber beschwerend, dass er hier seine Zeit verschwenden muss, anstatt auf Beutezug zu gehen, die anderen beginnen auch zu diskutieren, kreuz und quer durcheinander…
„NAYSH!“
Ein einzelnes Wort, scharf ausgesprochen, laut genug dass alle es hören.
Schweigen.
Keeshar sitzt nun richtig auf dem Stuhl, das Messer steckt tief im Holz des Tisches, und der Rothaarige starrt seinen Kontrahenten an.
„Naysh… setz dich doch. Ich habe gehört, dass wir reden müssen.“
Mit einem tierischen Lächeln auf den Lippen deutet Keeshar auf den Stuhl auf der anderen Seite des Tisches.

Naysh hatte seine Argumente vorgetragen. Dass es unsinnig sei, die Beutezüge aufzugeben… woher Keeshar so eine große Notreserve hat, um seine Untergebenen durchzufüttern...
Der Rothaarige sitzt ungerührt am Tisch, hört sich an, was sein gegenüber zu sagen hat, schweigt aber…
Und Naysh wird wütender. Faucht Keeshar an, wirft ihm vor, feige zu sein, Angst vor der Stadtwache zu haben, ein hinterhältiger Tyrann zu sein der seine Männer ausnimmt.
„Naysh. Woher ich die Münzen habe, willst du wissen? Ich bin euer Anführer. Ich muss eure Bedürfnisse im Auge behalten, und für eure Zukunft vorsorgen. Indem ich zum Beispiel einige Eurer Beiträge an mich beiseite lege, für Notzeiten wie diese.
Angst vor den Blaumänteln? Glaub mir, wenn mich die Blaumäntel kriegen würden… Selbst dann würde ich noch verschwinden, wie ein Vogel im Himmel.“
Seine Männer schauen sich einen Moment lang an… seit wann war ihr Boss so… poetisch?
„Ich habe keine Angst. Ich habe Weitblick. Im Gegensatz zu dir. Ich frage dich also… willst du mich herausfordern? Willst du mir… mein Amt abnehmen?“
Es war ausgesprochen. Ein bisher schwelender Konflikt hat sich zu einem Buschfeuer entwickelt…
Einige der Männer versuchen sich leise, unbemerkt, zur Tür zu schleichen.
„Keiner von euch verlässt diesen Raum!“
Wieder dieser einschneidende Ton von Keeshar, der alle Männer inne halten lässt.
„Also, Naysh? Antworte“

Naysh antwortet nicht sofort. Er schweigt, starrt dem Rothaarigen ins verbliebene Auge.
Ein kleiner Machtkampf. Hier entschied sich, wem die Männer folgen werden. Derjenige, der zuerst wegsah, hatte eindeutig verloren.

Minuten vergehen. Keiner rührt sich. Doch langsam fangen die Glieder von Naysh an zu kribbeln, sie schlafen ein…
Er hat nicht mit diesem offenen Konflikt gerechnet. Er hatte eher vor gehabt, dem Rothaarigen zu vergiften, hinterrücks zu erstechen…
Nein, ein offener Konflikt, damit hat er nicht gerechnet.
Naysh versucht unbemerkt seine Glieder zu strecken, ohne dass jemand es merkt… ein Knacken in den Knochen verrät ihn.
Naysh zuckt kurz mit einem Augenlid… Und als wenn dies ein Startschuß wäre, springt Keeshar auf, packt mit einer Hand den Kopf des Blonden, schmettert ihn mit einer einzigen kraftvollen Bewegung auf den Tisch, packt mit der anderen das Messer, das bisher immer noch im Holz des Tisches steckte.
Mit einer einzigen, fließenden Bewegung zieht der Einäugige das Messer raus, nur um es im nächsten Moment wieder niederfahren zu lassen… Naysh schreit auf, als sein Ohr an die Tischplatte aufgespießt wird.
„Das ist dafür, dass du mich angezweifelt hast.“ Spricht Keeshar, in dessen Stimme deutlich hörbar ein Geräusch mitschwingt… wie das Grollen einer großen Katze…
Dann noch eine fließende Bewegung,  die Hand bewegt sich blitzschnell wieder zum Gürtel, zieht ein zweites Messer hervor… Wieder ein Aufschrei von Naysh, als sich das Messer durch den Handrücken seiner rechten Hand bohrt.
„Und das war dafür, dass du zu feige warst, mich direkt herauszufordern.“
Das Grollen wurde zu einem Knurren.
„Naysh, fordere mich nie wieder heraus. Glaub mir, ich bin heute in sehr guter Stimmung, und gnädig. Du wirst nur noch meine Befehle annehmen, und wehe du wagst es, selbst auch nur einen Finger zu rühren.“
Dann wendet er sich seinen Männern zu. „Geht nach Hause. Überlegt, was ihr wollt. Wir treffen uns morgen wieder hier, und besprechen alles Weitere.“
Keeshar erhebt sich, gähnt gelangweilt, begibt sich in die Richtung der Ausgangstür.
Während er sie öffnet, dreht er sich noch einmal um, blickt zu Naysh, der immer noch festgenagelt an dem Tisch sitzt.
„Achja, Naysh. Mein erster Befehl an dich. Die Messer bleiben dort wo sie sind. Rühr sie an und du bist tot. Wenn du.. später… Hilfe brauchst.. geh zum einarmigen Reda. Der kennt sich mit… Wunden.. aus. Einen schönen Tag noch.“

Die Tür knallt in den Rahmen. Zurück bleiben Keeshars Männer, die beinahe panische Blicke auf Naysh werfen, dem langsam klar wird, was genau dieser erste Befehl bedeutet.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Leandra am 19. Mai 2008, 18:20 Uhr
<-- Die Straßen der Stadt


Leandra steht nun also zusammen mit dem fremden Al Hawa und ihrem Onkel Bartho in der so sagenumwobenen Unterstadt. Die Geschichten, die man sich im Schankraum des Pfirsichs erzählt sind haarsträubend und wer die Existenz nicht verzweifelt versucht zu verleugnen, der fürchtet sich vor dem Gesindel, welches hier unten zugange ist.
Al Hawa scheint äußerst zufrieden zu sein und Onkel Bartho deutet ihnen dicht bei ihm zu bleiben und wirkt ein bisschen selbstgefällig in seiner unentbehrlichen Aufgabe die beiden hierher zu führen.
Er geht voran bis zu einer dunklen, stillen Ecke, wo die drei ein einigermaßen ungestörtes Gespräch führen können.

„So ihr beiden Turteltäubchen, da wären wir. Ich hoffe ihr habt euch das gut überlegt mit wem ihr euch hier Ärger einhandelt, denn ich kann auch dich, Lea meine Teure, dann nicht mehr beschützen. Lea, dein ganzes Leben lang handelst du dir schon Ärger mit irgendwelchen Kerlen ein. Sei ich das oder er da…“

Bartho sieht Al Hawa etwas misstrauisch an und fährt dann fort:

„Also wenn ich euch noch den Weg irgendwo hin sagen soll kann ich das noch tun, aber weiter werde ich euch wohl nicht begleiten… Nehmt’s mir nicht übel aber ich hab selbst schon genug Probleme…“

Leandra sieht Al Hawa fragend an, der ihr immer noch nicht gesagt hatte wohin, warum und vor allem zu wem er eigentlich wollte.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Al_Hawa am 19. Mai 2008, 19:49 Uhr
"Seid unbesorgt werter Bartho. Wir wissen genau mit wem wir uns einlassen. Nur ob das demjenigen ebenfalls bewusst ist, wage ich zu bezweifeln."

Diese Antwort kommt in einem so kalten und berechnenden Tonfall aus Al Hawas Kehle, dass es selbst ihn bei ihrem Klang fast erschaudern lässt. Eigentlich hat Al Hawa keine große Lust darauf diesem offensichtlich feigen Riesen auch noch erklären zu müssen wen er sucht, aber andererseits ist es stets ratsam den schnellsten Weg hin und wieder zurück zu kennen wenn man fast schon sicher, Ärger in der Unterstadt provoziert.

Doch zückt Al Hawa eine kleine Flasche mit undefinierbarem flüssigem Inhalt sowie seinen Dolch und beträufelt seine Klinge damit. Dieses Kalandarke-Gift sollte ausreichen um uns etwaige Probleme schnell vom Hals zu schaffen, falls diese miese Ratte versucht uns zu verpfeifen.

"Wir suche einen gewissen Händler namens Eramus. Ich hörte er soll hier in der Unterstadt seinen Stand haben? Er weiß das wir kommen und ich bin sicher er ist nicht gerade erfreut darüber mich wieder zu sehen. Wenn ihr also so gütig seid und uns den sichersten Weg dorthin erklären würdet wäre ich euch zu tiefstem Dank verpflichtet und würde euch nicht mehr so schnell belästigen werter Bartho."

Nachdem dieser ihm den Weg erklärt hat, wendet sich Al Hawa an Leandra und flüstert ihr in vielsagendem Tonfall zu: "Solltet ihr eine Waffe besitzen so wärt ihr gut beraten diese jetzt griffbereit zu verstauen."

Am liebsten wäre Al Hawa dieser Begegnung aus dem Weg gegangen. Nicht weil er Eramus fürchten müsste sondern weil er ihn für seine Feigheit verachtet. Aber was solls. Er braucht die Informationen welche Eramus sicherlich besorgt hat um schon bald die Reise mit Aingeal seiner gefundenen Stammesangehörigen beginnen zu können.
Doch eins nach dem anderen. Ersteinmal muss Eramus singen.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 21. Mai 2008, 15:59 Uhr
Die Stimme ihres Gastes ist eindeutig die eines Kindes und so fasst Sig sich ein Herz und kommt vorsichtig hervor. Sie kennt ihre Hütte genau und so ist es nicht erkennbar, dass sie blind ist. Ich...ähm...brauchte nur ein kleines Versteck.... Sig lächelt in sich hinein. Hat sie sich doch gedacht! Der Knirps ist wahrscheinlich mit den anderen Gassenkindern aneinander geraten und denen wich man als einzelner am Besten aus, vor allem wenn sie in der Horde auftauchten. „Kein Problem! Du kannst gern einstweilen hier bleiben! Wie heißt du denn? Möchtest du etwas zu trinken? Oder hast du Hunger?“ Sig geht in eine Ecke, in der ein wackliger Tisch steht. Suchend fährt sie über die Tischfläche, ehe sie an den Krug und den Becher stößt. Sie schenkt ein, wobei sie mit einen Finger in den Becher hält, um zu spüren, wann das Wasser den oberen Rand erreicht. „Setz dich doch. Stuhl habe ich leider keinen aber auf dem Lager dort hinten ist genug Stroh um es nicht zu hart zu haben!“ Sig dreht sich  dabei in die Richtung, in der sie ihren Besucher vermutet, sich an seinen Atemgeräuschen orientierend.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 24. Mai 2008, 09:21 Uhr
Nach einiger Zeit haben sich seine Augen nun an das wenige Licht gewöhnt. Plötzlich schält sich aus der Dunkelheit sich eine Gestallt die Uio gerade so erkennen kann, da sie dunkle Kleidung trägt.  >„Kein Problem! Du kannst gern einstweilen hier bleiben! Wie heißt du denn? Möchtest du etwas zu trinken? Oder hast du Hunger?“< spricht die fremde Frau freundlich.
Uio traut seinen Ohren nicht, was hat sie gesagt?
Trinken? … ob ich Hunger hab, ich… Hunger? ! klingen die Worte noch einmal in seinem Kopf wieder. Was für eine Frage!

„ Echt?“ fragt er erstaunt in ihre Richtung. „ Ein bisschen Hunger hätte ich schon, na ja… ähm, eigentlich ein bisschen mehr!“ Sagt er leicht schmunzelnd und tritt von einem Bein aufs Andere. Dabei dreht er sein verletztes Knie etwas, so dass er kurz zusammenzuckt vor schmerz. „Arkx!“ entfährt es ihm ärgerlich und beißt sich auf die Unterlippe. „ Also, ja ich? Uio, ich heiße Uio!“ sagt er, ignoriert sein Knie und beobachtet ihre Bewegung. Sie geht zu einem Tisch auf dem ein Krug steht. Wieder beißt er sich auf die Unterlippe doch diesmal nicht wegen dem Knie, nein, diesmal ist es ein altbekanntes Gefühl, dass er die meisten Tage in seinem bisherigen leben hat. Hunger und Durst!

Sein Mund ist urplötzlich so staubtrocken wie ein von der Sonne ausgedörrter See. Am liebsten würde er hinrennen und den ganzen Krug austrinken. „ Und… du, wie...heißt du?“ sagt er leise und schlurft leicht hinkend auf den Tisch zu. Abwechselnd sieht er sie und den Becker an, den sie gerade voll schenkt. Und dann kann Uio sich nicht mehr halten. Trotz des ziehenden Schmerzes im Knie eilt er zum Tisch und greift den Becher. Gierig trinkt er die kühle Flüssigkeit, die besser schmeckt als das alte abgestandene dreckige Wasser, dass er vor, er weiß nicht mehr wie vielen, Stunden getrunken hat. Schnell ist der Becher leer. Uio schaut zu der Frau hoch und lächelt etwas schüchtern. „Ähm… das ist mir so passiert, ich…ähm… na ja, kann ich noch etwas?“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 30. Juli 2008, 16:03 Uhr
Ein alter Kuppelsaal irgendwo in der Unterstadt

Muffige, abgestandene Luft. Der Geruch von jahrhundertealtem Gemäuer und Unrat von allerlei unansehnlichem Getier vermischt sich mit einer bedrückenden Stille. Nur ab und zu hallt leise und kaum hörbar der Aufprall eines Wassertropfens auf steinernem Boden durch das Gewölbe. Es ist dunkel hier unten. Wie ein schweres Tuch hat sich die Schwärze über die alten Mauern gelegt. Sie wird nur durchbrochenen von dünnen grauen Schleiern, die sich durch ein Loch in der Mittel des Kuppeldachs in die Halle mogeln. Verfallenes, massives Gemäuer, vor vielen, vielen Jahren von alten Meistern erbaut und wieder in Vergessenheit geraten, bildet das Fundament des runden Kuppelsaals. Früher einmal zierten bunte Fresken die verputzten Wände. Doch der Putz liegt schon längst zerbrochen am Fuße der grob gemauerten Wände. Die Halle ist groß und weitläufig. Um von einer Wand zur anderen zu gelangen, bedarf es weit mehr als dreißig Schritte eines ausgewachsenen Mannes. Vereinzelt hängen mit Pech bestrichene Fackeln in verrosteten Wandhaltern, doch heute Abend ist keine von ihnen angezündet.
Direkt unter der beeindruckenden Kuppel aus schwarzem glattem Stein befindet sich ein Tisch. Der solide, aus einem Stein gehauene Block, ist der einzige größere Gegenstand, der die Halle füllt. Auch er scheint schon, seine besten Zeiten hinter sich zu haben. Seine Ecken sind stumpf und abgebrochen. Im Osten dieses runden Raumes liegt versteckt hinter den tiefschwarzen Schatten der Mauern eine kleine Nische. Mehrere Treppenstufen führen zu ihr hinauf. Doch die Dunkelheit ist dort so dicht, das selbst die Nachtsicht eines Elben sie nicht durchdringen vermag.

Ein seltsamer, ja fast unheimlicher Ort fernab von Talyras hektischen Leben, fernab von der so genannten „Oberstadt“, an dem plötzlich eine kleine Gestalt ihre Augen öffnet……

„Hmmmhmmm…..“, brummelt sie leise. Kleine zierliche Hände tasten über die raue Oberfläche des Steintisches bis sie schließlich ihr Ziel, nämlich das Gesicht der kleinen Gestalt finden. Augen werden gerieben: einmal, zweimal. Noch immer liegt das kleine nicht einmal einen Fuß große Wesen eingerollt, doch langsam kommt Bewegung in ihre steifen Glieder.
Wenn nur der Kopf nicht so wehtun würde. Es pocht und zieht, es zerrt und drückt hinter ihrer Stirn. Vorsichtig richtet sie sich auf, die Finger gegen ihre Schläfen gepresst. Ihre blau schimmernden Flügel bewegen sich dabei behutsam hin und her.
„Wo bin ich?“ flüstert sie leise. Verwirrt und auch ein wenig verängstigt blickt die kleine Gestalt, bei der es sich ohne Zweifel um eine Fee handelt, in der Dunkelheit um sich. Ihre Augen gewöhnen sich schnell an die schlechten Lichtverhältnisse, doch weder die riesige Halle noch irgendein ein Geruch kommen ihr auch nur annähernd bekannt vor.
So ein dunkler, muffiger Ort! Wie bin ich nur hierher gekommen?
Das letzte an das sie sich erinnern kann, ist dieser komische schwitzende Mensch mit dem sie mitgehen sollte. Gatto und Volpe ihre beiden Menschenfreunde, die sie schon mehrere Siebentage durch die große weite Welt begleitet hat, haben gesagt, dass ….
Oh, jetzt fällt es ihr wieder ein. Der schwitzende Mann hat sie in eine Kiste gesperrt. Das ist furchtbar,…. nein, das ist schrecklich gewesen. Noch nie in ihrem jungen Feenleben, hat sie schlimmere Ängste und Schmerzen ausgestanden. Allein der Gedanke an die enge stickige Kiste lässt das zierliche Mädchen zittern. Sie hat gerufen und gegen die Wände geklopft, doch niemand ist gekommen, um sie heraus zu lassen. Irgendwann ist ihr ganz schwarz vor Augen geworden und sie hat das Bewusstsein verloren. Und jetzt sitzt hier mitten in dieser furchterregenden Halle und weiß weder wo, noch wie sie hierher gekommen ist.
Ob mich der schwitzende Mann mit dem Bart herausgelassen hat, als er gesehen hat, dass ich Kisten nicht mag?
Unsicher blickt sie sich um. „Die Großen“ sind so schwierig zu verstehen. Sie machen ganz oft lustige, alberne Sachen und gleichzeitig tun sie Dinge, die der kleinen Fee einen Angstschauer über den Rücken jagen. Sie leben in engen stickigen Steinhöhlen, in denen nicht einmal ein Maulwurf mit Schnupfen seinen Dreckhaufen hinterlassen würde und sind auch noch wahnsinnig stolz auf ihre Behausungen.
Die Fee seufzt tief und lange. Sie fühlt sie so elend und diese düstere Steinhöhle trägt auch nicht gerade dazu bei, ihr die Angst zu nehmen. Unsicher blickt sie immer wieder hin und her. Aber außer dem leisen Platschen von Wasser ist überhaupt nichts zu hören. Wie ausgestorben…
Uhhhhh…unheimlich…
Aber Zsuzl’pztirrp Rirrizyptzszoefyrrd wäre nicht Zsuzl’pztirrp Rirrizyptzszoefyrrd, wenn sie sich von einwenig Übelkeit, Schmerzen in Kopf und Gliedern und ein bisschen Angst, naja gut, ein bisschen viel Angst, ins Bockshornjagen würde. Eine Abenteuerin bleibt eine Abenteurerin, auch wenn man in einer gruseligen Halle aufwacht und eigentlich gar nicht weiß was los ist!
Zur Bestätigung nickt die Fee mit ihrem Kopf eine Weile eifrig hin und her. Dann nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen, oder besser gesagt, das was davon übrig geblieben ist und stellt sich auf ihre immer noch ziemlich wackeligen Beine.
Doch was ist das? Plötzlich ist da ein Rascheln und Klirren. Gleich neben ihr! Vor Schreck erstarrt die Fee zur Salzsäule. Zum Glück erkennen ihre guten Feenaugen, recht bald die Ursache dieses gespenstischen Rasselns. Es ist eine lange Kette! Sie schlängelt sich an ihr bis zum Hals hoch und muss dort irgendwo befestigt sein. Als ihre Finger einen seltsamen Ring um ihre Kehle ertasten, zuckt sie sofort zusammen.
„Autsch……“, ruft sie leise auf “Das tut ja weh!!“
Sofort wird das schlimme Pochen im Kopf stärker. Verwirrt starrt sie in die Dunkelheit. Wer hat ihr denn einen Ring um den Hals gelegt? Ganz, ganz vorsichtig fasst sie die lange Kette an, die an dem komischen Ding zu enden scheint.
„Hmmmm……“, murmelt sie.
Bestimmt ist das wieder eins von diesen dummen Schmuckstücken, die sich die „Großen“ andauernd um Hals, Hände, Finger und Ohren hängen. Dabei hab ich doch Gatto und Volpe gesagt, dass ich das nicht mag! Na so was….Bestimmt hat der schwitzende Mensch ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er so gemein zu mir war und mich in die Kiste gesperrt hat. Und jetzt denkt er, er kann mir mit diesem Schmuckblödsinn eine Freude machen.
Kopfschüttelnd und mit schwankenden Schritten tapst die kleine Fee den Steintisch entlang. Durch ihre Hand lässt sie die Glieder der Kette gleiten, die überhaupt kein Ende nehmen wollen.
Was für eine Verschwendung. So ein kleines Wesen wie ich braucht doch kein so großes Schmuckdings! Also wirklich….
Als sie endlich das Ende der zu groß geratenen Kette erreicht, bleibt sie überrascht stehen. Vor ihr liegt eine dicke dunkele Kugel, die ihr bestimmt bis zu den Oberschenkeln reicht und an der das seltsame Ketten-Schmuckstück befestigt ist. Scheppernd läßt sie die schwere Kette zu Boden fallen und widmet ihre gesamte Aufmerksamkeit der seltsamen Kugel, die sie von allen Seiten betrachtet und ganz vorsichtig berührt.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Xrecyltres am 18. Aug. 2008, 09:19 Uhr
In der Dunkelheit des Gewölbes sitzt er regungslos da und beobachtet. Seine Augen sind an die ständige Dunkelheit gewöhnt, so dass er jede Bewegung gut sehen kann, auch wenn er wie jetzt weit von dem großen Steintisch entfernt in der erhöhten Nische sitzt. Er kennt die Mauern, die ihn umgeben gut und weiß, dass sie ihn dort nicht sehen kann.
>„Wo bin ich?“<, durchbricht eine leise zarte Stimme die Stille. Die ersten Lebenszeichen und Bewegungen des kleinen Wesens dort auf dem großen Steintisch lassen ihn listig grinsen.
Wo du bist…hn! Glaub mir, dass willst du nicht wissen… Es würde dir nicht gefallen! Ich bin sicher, es gefällt dir jetzt schon nicht. Aber es ist viel besser als in der kleinen Kiste, die wohl deinen Tod bedeutet hätte, meine kleine Fee…

Nicht das er um das kleine Leben dort bangen würde, nein! Denn sowohl lebend, als auch tot würde die Fee ein gutes Geschäft für ihn bedeuten. Nicht zum ersten Mal profitiert er von der Unwissenheit Anderer. Dieser stark vor Angstschweiß triefende Mensch schien nicht gewusst zu haben, dass Feen wenn sie sterben etwas zurücklassen. Etwas sehr wertvolles, für das sicherlich einige ziemlich viel zahlen würden… Feenstaub!  

Aber so wie es aussieht berappelt sich die kleine Fee wieder. Sie schafft es sogar nach einigen zaghaften Bewegungen und versuchen auf ihre zierlichen Beine zu kommen. Ihrer Größe und dem noch sehr kindlichen Aussehen nach zu urteilen, ist sie wahrhaftig noch ein junges Ding. Nicht gerade unerheblich für sein vorhaben.  
>„Autsch……“<, ruft sie leise auf als sie den Halsring berührt >“Das tut ja weh!!“ <  
Ja, daran wirst du dich gewöhnen müssen. Der einzige Weg… einen anderen gibt es nicht…außer Feenstaub!

Langsam und ohne die Aufmerksamkeit der Fee auf sich zu lenken, steht er auf. Während sie sich mit ihrer neuen Situation beschäftigt und versucht, durch kurze Blicke ihre Umgebung im Auge zu behalten, braucht Xre nur einige geschickte Bewegungen, um sich ganz in ihre Nähe zu bringen. Immer noch trägt er das dunkle robenartige Gewand, verschränkt beide Arme vor der Brust und schaut interessiert zu, wie sie sich nun an der schmalen Kette entlang zieht und schließlich an die faustgroße Kugel gelangt.
Mit dunkler rauer Stimme beginnt Xre zu sprechen, während er sie genau von oben herab betrachtet. „Schau sie dir nur genau an! Sie wird ab heute dein ständiger Begleiter sein.“  
Seine Stimme klingt weder freundlich noch aufmunternd. Sie klingt nach etwas, was sich nicht abwenden lässt. Kalt, mit einem unheimlichen Unterton der einen Frösteln läßt.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 21. Aug. 2008, 16:44 Uhr
Die kleine Fee beugt sich nach unten und betastet neugierig das merkwürdige Schmuckstück. Die schwarze Kugel fühlt sich seltsam glatt und kalt an. Ob sich das Ding auch rollen lässt? Kurz entschlossen umschließen ihre Hände die massive Öse, an der die Kette befestigt ist und ziehen kräftig dran. Doch nichts tut sich.  
Na so was.... Die Arme in die Hüften gestemmt und mit schief gelegtem Kopf betrachtet sie den schwarzen Gegenstand. Das kann doch nicht sein! So schwer sieht das Kugeldings gar nicht aus! Sie schüttelt ihre Hände, flattert ein paar mal mit den Flügeln und hängt sich dann mit voller Kraft an den Griff.  
Hnnhhhg… Die Kugel bewegt ein paar Sekhelrin …Hnnnhhgggg… Wieder zerrt sie das schwere Stück ein wenig vorwärts. Doch da erklingt plötzlich und völlig unerwartet eine Stimme neben ihr. Der Schreck lässt das Feenmädchen schlagartig zur Salzsäule erstarren. Als würde ein schweres Unwetter aufziehen richten sich ihre flaumartigen Haare im Nacken auf und ein unangenehmes Prickeln läuft ihr eiskalt den Rücken hinunter.
<„Schau sie dir nur genau an! Sie wird ab heute dein ständiger Begleiter sein“>, verkündet die unheimliche Stimme. Es vergehen bestimmt fünf oder sechs schnelle Herzschläge bis sich die kleine Fee von dem gehörigen Schrecken soweit erholt hat, dass sie es schafft, sich vorsichtig umzudrehen und die Quelle der ausgesprochenen Wörter anzusehen. Es ist ein großer, schemenhafter Schatten, den das Mädchen da mit zusammen gekniffenen Augen im Dunkeln ausmachen kann. Völlig verhüllt durch ein schwarzes Gewand ist sein Gesicht nicht zu erkennen.
Gruslig… , denkt die Kleine, deren Knie immer noch einwenig hin und her schlackern. Alles so dunkel. Und der ist so groß… Sie will gerade ein wenig zurück weichen, als sich plötzlich eine Hand aus dem Gewand herausschält. Lange Finger deren Enden noch viel längere Nägel zieren greifen nach der Kapuze, die den Kopf der Gestalt bedeckt und ziehen sie mit einer kurzen Bewegung zurück.

War der Anblick dieses großen Wesens schon zum Fürchten, lässt das Gesicht, das unter der weiten Kapuze nun sichtbar wird, die Fee vor Entsetzten aufschreien. Taumelnd macht die Kleine ein paar Schritte nach hinten. Ihre Füße verheddern sich dabei dummerweise in der langen Kette und ein paar Augenblicke später landet sie unsanft auf ihrem Hinterteil. Mit weit auf gerissenen Augen starrt sie in ein schmales Gesicht mit funkelenden schwarzen und völlig pupillenlosen Augen, die sie unverholen von oben bis unten mustern. Die helle Haut es Fremden ist von oben bis unten mit seltsamen Zeichen verziert und selbst die ungewöhnliche Frisur mit den fehlenden Haaren an der Seite und dem Zopf im Nacken, trägt nicht gerade zu einem liebenswürdigen Erscheinungsbild bei. Seine spitzen Ohren verraten, dass es sich bei ihm wohl um einen Elb halten muss. Wobei die kleine Fee immer dachte Elben wären alle hübsch und nicht so furchteinflössend hässlich.  
„Ich..Ich…“, stottert die Fee.
Ihre Zunge fühlt sich wie ein altes, ausgetrocknetes Blatt in ihrem Mund an. Gleichzeitig huschen in ihrem Kopf die verschiedensten Gedanken hin und her. In diesem ganzen Chaos aus Furcht und Verwirrtheit erinnert sich die kleine Fee auf einmal an die Worte ihre Mutter: Urteile niemals vorschnell. Und verurteile niemals ein Wesen nur wegen seines äußeren Erscheinungsbildes. Denn auch hinter einer rauen Schale verbirgt sich oft ein Schmettlering.
Die vor Schreck ganz blassen Wangen des Mädchens bekommen unvermittelt eine rötliche Färbung.
Oh nein, wie unhöflich von mir. Bestimmt lebt er in so einer schrecklichen Steinhöhle, weil niemand ihn mag und alle Angst vor ihm haben, weil er so schlimm aussieht. Und ich Dummkopf, bin auch noch so gemein zu ihm. Ihre Angst weicht plötzlich einer riesigen Portion Scham, die ihre Wangen zum glühen bringt. Mit gesenkten Augen erhebt sich die kleine Fee. Ihre blauen Flügel hängen leblos an ihrem Rücken herab.
„Mein Name..also..ich..ich heiße Zsuzl’pztirrp Rirrizyptzszoefyrrd.“ Ihr Name klingt für Ohren, die die lautmalerische Sprache der Feen nicht gewöhnt sind, wie eine Aneinanderreihung von vielen Triller und Klicklauten, die dem eines Vogels nicht unähnlich sind. Doch die kleine Fee ist nicht dumm. Sie hat auf ihrer Reise durch die Immerlande schon viel gelernt. Zum Beispiel, dass es den meisten Großen sehr, sehr schwer fällt ihren schönen Namen auszusprechen.
Deshalb verbeugt sie sich einwenig und fügt gleich an: „Das heißt „kleiner Eisvogel“ in der Allgemeinsprache. Aber du kannst mich gerne Zoe nennen. Das ….ist in Ordnung für mich.“  

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Elidor am 22. Aug. 2008, 18:27 Uhr
Er hat lange gebraucht, bis er den Eingang zur Unterstadt gefunden hat, den Diromar ihm beschrieben hatte. Vermutlich wäre es leichter gewesen, den normalen Weg zu nehmen, über den Blaupfuhl, aber Elidor weiß nicht, wie viel sie für den Zoll nehmen und bevor er nicht ein paar seiner Phiolen verkauft hat, will er es nicht riskieren, diesen Weg zu nehmen.
Der ‚Schleichpfad’, wie sein alter Meister es immer spöttisch genannt hatte, befindet sich in einer Ruine in einer der eher zwilichtigen Gegenden Talyras und ist ein Weg, der nur in eine Richtung führt, nämlich hinab. Ein Loch im Boden, verborgen unter Schutt. Man kann nicht sehen, wie tief es ist und wenn man falsch aufkommt, kann man sich leicht etwas vertauchen oder brechen. Bei dem Anblick des scheinbar bodenlosen Loches vor sich, muss Elidor schlucken. In ihm pocht der Gedanke, dass es falsch ist, eingesperrt zu sein, falsch ist unter der Erde zu sein, wo er doch hoch in die Luft gehört, hinauf, zwischen Wolken und Baumwipfel.

Er lässt es nicht soweit kommen, dass sein Herz wieder zu dem des Vogels wird und ängstlich seine Brust zerschlagen will, aber in seinem Kopf hört er wieder das Lachen Diromars und er erinnert sich an das genussvolle Glitzern in seinen Augen, als er von seinem Kollegen erzählte, der sich damals bei dem Sprung das Bein gebrochen hatte. Er konnte nicht mehr laufen und Diromar hatte nicht lange überlegt. Er hatte alles genommen, was er brauchen konnte und war gegangen. Was aus dem anderen Giftmischer geworden ist, wer weiß? Diromar hatte einmal darüber fantasiert. Ein hilfloses Wesen in einer eher unzugänglichen Ecke der Unterstadt. Tja, es können schlimme Dinge geschehen in dieser Welt…
„Wenn ich schon Angst bekomme, einen Schritt in die Dunkelheit zu machen, sollte ich gar nicht darüber nachdenken, in die Unterstadt zu gehen.“, murmelt Elidor. In seinem Mundwinkel zuckt es. Ja, er ist zu ängstlich hierfür, zu vorsichtig. Aber darauf Rücksicht zu nehmen, kann er sich nicht leisten. Leider.

Mit einem Seufzer lässt er sich zu Boden gleiten. Wenigstens weiß er, dass er zur Not auch durch dieses Loch wieder heraus kommt. Wenn er seine Kleidung und sein Geld und überhaupt seine gesamte Habe in der Unterstadt zurück lassen möchte.
Sein Sturz ist kurz, der Aufprall heftig, aber nicht so schlimm, wie erwartet. Die Luft um ihn herum ist abgestanden und staubig. Es ist dunkel und stinkt nach Pisse.
Dor verzieht das Gesicht und rappelt sich dann vom Boden auf. Er kann nichts feuchtes spüren. Das heißt, er ist wenigstens nicht in irgendetwas allzu unappetitlichem gelandet.
Er erinnert sich daran, wie Diromar sich benommen hat, wie seine Art zu laufen war: Immer ein bisschen auf dem Sprung, immer vorsichtig, sich nie eine Blöße geben. In der Unterstadt darf man wahrscheinlich alles, nur nicht als Opfer auffallen, als Frischling.
Mit wummerndem Herzen, aber so ruhig so ruhig wie möglich, sucht er sich seinen Weg zu der spärlich beleuchteten Straße und dann Richtung Wolfsmarkt.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Xrecyltres am 25. Aug. 2008, 16:27 Uhr
Xre verzieht nicht einen Herzschlag seine Miene und betrachtet die kleine Fee mit ruhigem, aber auch kaltem Blick. Als er seine Kapuze zurückzieht, die Fee entsetzt aufschreit und schließlich hintenüber fällt, schleicht sich ein fieses Lächeln auf das Gesicht des Shebaruc.
Er braucht nicht emphatisch veranlagt zu sein, um zu erkennen, was sich im Inneren des kleinen Wesens abspielt. Ihre Gestik und Mimik spricht Bände und das Ganze beginnt ihn sichtlich zu amüsieren.

>„Mein Name..also..ich..ich heiße Zsuzl’pztirrp Rirrizyptzszoefyrrd.“<
Ach wirklich? Als ob mich das auch nur annähernd interessieren würde…
>„Das heißt „kleiner Eisvogel“ in der Allgemeinsprache. Aber du kannst mich gerne Zoe nennen. Das ….ist in Ordnung für mich.“<

Es folgt eine lange Zeit der Stille, in der Xre die kleine Fee einfach nur stumm und ausdruckslos betrachtet.  
„Da dir, meine kleine Fee, nicht im Geringsten bewusst ist, in was für einer Lage du dich befindest, werde ich es kurz und vielleicht auch schmerzlos machen.“ Mit diesen Worten schnellt seine Hand hervor und packt recht unsanft die kleine Fee von der Steintischplatte. Unbarmherzig hält er sie zwischen seinen Fingern, so dass sie kaum in der Lage ist sich zu bewegen und hält sie in Augenhöhe vor sein Gesicht.

„Es ist ganz einfach“, beginnt er mit zischenden Worten bei denen sich seine Augen zu Schlitzen verengen. „Ich werde dich entweder lebend oder wenn es nötig ist, auch nur deine Überreste an den Meistbietenden verkaufen. Wobei mir völlig egal ist, ob ich eine Fee oder den Feeenstaub verkaufe." Er läßt die Hand etwas lockerer, nur um sie erneut bei den folgenden Worten wieder fester um den kleinen Feenkörper zu schließen.
"Halte dich an ein paar kleine, aber für dich durchaus lebenswichtige Regeln… das würde dein Leben erheblich leichter und länger machen.
Erstens! Du sprichst nur, wenn ich es dir erlaube, dich etwas frage! Zweitens! Du tust was ich dir sage, Wenn ich es dir sage! Und um eins klar zu stellen: Ich bin ab jetzt dein Herr und Meister. Wag es nie wieder mich anders zu nennen!“

Der Shebaruc ist noch nie jemand vieler Worte oder Ansprachen gewesen. Sein angewiedeter Gesichtsausdruck beweißt, dass er für seinen Geschmack schon viel zu viel gesprochen hat... und das noch in einer Sprache, die nicht seine ist. Ziemlich plötzlich läßt er die Fee einfach los und verschrängt die Arme vor der Brust, während die Fee ziemlich unsanft auf den Tisch aufkommt.
"Verstanden!" grollt es dann aus seiner Kehle wärend seine schwarzen Augen sie genau fixieren.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 02. Sept. 2008, 15:31 Uhr
So ein Fiesling!!
Ihre kleinen Finger versuchen den festen Griff des großen, überaus grausig anzusehenden Mannes zulockern, doch stattdessen schließen sich die Krallen nur noch fester um die kleine Fee.
„Aua, das tut weh“, protestiert sie nach Luft japsend. „Du quetscht meine Flügel!“
Aber der Große will einfach nicht auf sie hören. Er hebt sie vor sein verunstaltetes Gesicht und seine pupillenlosen schwarzen Augen starren auf sie herab, als wäre sie irgendetwas ekliges oder böses. Der mag keine Feen, schießt es der Zoe unglücklich durch den Kopf.
Seine Worte über Feenstaub, verkaufen, tun und nicht tun, bekommt sie gar nicht so richtig mit, zu groß ist die Angst, die die kleine Fee jetzt erzittern lässt. Ganz blass um die Nase ist sie geworden und ein bisschen übel ist ihr auch.
Da öffnet sich plötzlich die Krallenhand und bevor Zoe ihre geknautschten Flügel ausbreiten kann, fällt sie schon mit einem Plumps zurück auf die Tischplatte.

Ihr erster Gedanke als sie sich wieder aufrappelt und ihren wunden Po massiert ist, dass nun wirklich Zeit wird den garstigen Großen und seine stinkende Steinhöhle zu verlassen. Ja, sie weiß, das ist nicht nett ist, so einfach mir nichts dir nichts zu verschwinden, aber der Mann ist ja auch nicht nett! Ganz im Gegenteil, außerdem hat sie Angst und….
<„Verstanden!"> , zischt ihr Gegenüber sie böse an. Sein starrer Blick erinnert an eine Schlange, die gerade ihre Beute fixiert.
In diesem Moment steht ihr Entschluss fest. Sie muss hier weg von hier! Koste es was es wolle! Ihre Augen huschen kurz nach rechts und nach links, nach oben und nach unten, dann weiß sie was sie tun muss. Das Loch in der Decke, dort wo sich die wenigen Lichtstrahlen ihren Weg in die düstere Steinhöhle bahnen, das ist ihr Ziel. Durch dieses Schlupfloch wird sie dem Großen entkommen und er wird nichts dagegen tun können. Sicherheitshalber überprüft sie den Mann noch einmal. Hat er Flügel? Nein, hat er nicht. Zumindest kann sie keine unter seinem großen Mantel erkennen, aber soviel sie weiß können die Großen auch in der Regel nicht fliegen. Zum Glück! Also steht ihrer Flucht durch die Decke nichts im Wege.
„Hast du verstanden?“, grollt ihr der Mann noch einmal entgegen. Diesmal klingt die Stimme noch furchteinflößender als beim ersten Mal.
Die kleine Fee weicht ein paar Schritte zurück und nickt mehrmals heftig mit dem Kopf.
Sooooo….noch ein paar Schritte, dann hab ich freie Bahn. Dann bin ich weg…
Ihr Herz schlägt so schnell, wie nach einem Wettflug. Nicht einmal mehr richtig atmen kann das Feenmädchen vor Aufregung. Dann streckt sie dem Krallenmann die Zunge soweit heraus wie sie nur kann…….
„Bäääääääääääääääääääääääääääää……“
und hebt ab.
Ihre angeknauschten Flügel tun ziemlich weh, aber vor lauter Herzklopfen bemerkt Zoe die Schmerzen nicht, stattdessen konzentrierte sie sich. Sie sammelt alle Kraft, die in ihr ruht, um sich klein zu machen, so klein wie ein Glühwürmchen, um dann befreit von dem übergroßen Schmuckdings um ihren Hals zu verschwinden.
Doch, oh Schreck, irgendetwas stimmt nicht. Sie kann ihre magische Kraft nicht finden. Da ist nichts mit dem sie sich klein machen kann, nichts außer ein brennender Schmerz, der sie völlig unerwartet durchzuckt und ihr das Gleichgewicht nimmt. Zum zweiten Mal fällt sie unsanft zurück auf den Steintisch. Diesmal jedoch bleibt sie nach ihrem Sturz bewegungslos und halb bewusstlos vor Schmerzen liegen. Das Ding um ihren Hals, es brennt und es tut so schrecklich weh. Tränen schießen der kleinen Fee in die Augen, während sie verzweifelt versucht wieder auf die Beine zukommen. Doch sie ist zu schwach immer wieder knicken Arme und Beine unter ihrem Gewicht weg.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von KaliMaya am 05. Sept. 2008, 10:22 Uhr
« Der Perlenhafen
Anfang Erntemond

Entschlossen folgt Kali dem düsteren Pfad immer weiter in die Tiefe. Es eng, die Luft riecht abgestanden, nach Moder und Pisse. Anfangs sind die Wände des unterirdischen Ganges noch feucht, doch dies gibt sich mit der Zeit je weiter sie sich unter die Erde begibt. Der Löwentamarin gibt immer wieder leise, nervöse Laute von sich und dreht sich unruhig auf ihrer Schulter hin und her, aber es gelingt Kali ihn zumindest ein wenig zu beruhigen. Schließlich vernehmen sie erste Geräusche, Stimmen und all den anderen Lärm, der eine Stadt, egal ob sie sich nun über oder unter der Erde befinden mag, auszeichnen. Kurz darauf ist auch Licht am Ende des Pfades zu sehen und etwa 30 Schritt weiter betritt sie schließlich die Straßen und Gassen der Unterstadt.
Mit einem kalten Lächeln auf den Lippen schaut Kali Maya sich um, bevor sie entschlossenen Schrittes weitergeht. Sie hat keine Ahnung wohin ihre Füße sie eigentlich tragen, doch würde sie sich lieber ihre Zunge abbeißen, als dies hier unten jemanden wissen zu lassen. Sicher wie eine Herrscherin, die durch ihren Palast wandelt, schreitet sie dahin und mustert die Gestalten um sich herum abfällig – zerlumpte, abgerissene, stinkende Zeitgenossen, die in der oberen Häfte der Stadt unerwünscht sind. Die Azadoura hat für diese Jammergestalten, Bettler, Tagelöhne und Hungerleider nichts als Hohn übrig. Ihr eigenes Erscheinungsbild mag derzeit ähnlich bemitleidenswert erscheinen, doch die stolze junge Frau sieht sich noch wie vor als eine Erbin der Sieben Grotten, geboren zum Herrschen und Befehlen. Jede Bewegung und jede Geste von ihr bringt zum Ausdruck, dass sie sich immer noch als jemanden betrachtet, der weit über diesen geringen Gestalten steht – sehr weit.

Die erste Ernüchterung erfolgt an den Stufen zur Schwarzen Orchidee. Unerhört und absolut respektlos schwesterlich wird sie dort von den Treppenkatzen behandelt, auch wenn die Frauen immer sicheren Abstand zu ihr wahren. Zornig sucht die Azadoura das Weite. Sie eine dieser ordinären Schar? Da sei der Dunkle davor! Die Treppenkatzen sehen ihr enttäuscht hinterher, während sie sich eilends entfernt und wieder in den Massen auf dem Wolfsmarkt untertaucht. Die Mädchen wissen: Madame Grappe wird gewiss enttäuscht sein, wenn sie erfährt, welch düsteres Vögelchen da gerade ihren Klauen entwischt ist - eine schwarzäugige Shebarucbastard-Perle, kostspielig und nur für die wagemutigsten Gäste der Schwarzen Orchidee. Oja, Madame Grappe wird ganz gewiss seeehr enttäuscht sein, wenn sie davon erfährt. Und irgendwer wird ihr schon davon berichten, dass ist ebenso sicher.
Kali Maya interessiert dies derweil herzlich wenig. Sie kennt die Herrscherin der Schwarzen Orchidee nicht, nicht einmal namentlich, und die Treppenkatzen sind ihr erst recht gleichgültig. Sie ist nur an einem sicheren, trockenen Unterschlupf für sich und den Löwentamarin interessiert, mehr kümmert sie zurzeit nicht. Aber auch der Einsame Wächter sagt ihr nicht wirklich zu. Die Preise sind in Ordnung, die einfachen Räumlichkeiten auch, wenn da, ja wenn da nur nicht die anderen Gäste wären. Ein zweites Mal zieht sie wutschnaubend von dannen nachdem sie einen allzu aufdringlichen Gast in seine Schranken verwiesen und dafür prompt aus dem Wächter geworfen worden ist. Die Erleichterung darüber, dass die Angelegenheit so glimpflich abgelaufen ist, stellt sich etliche Gassen weiter ein als sie atemlos an einer Hauswand lehnt und überlegt, was sie nun tun soll.

Ihr Blick bleibt an dem schlichten Schriftzug über der Tür des gegenüberliegenden Hauses hängen: Allerley Gifte.  Das schmutzige, unscheinbare Gebäude besitzt kein Dach und schließt direkt mit dem Deckengewölbe der Unterstadt ab, welches an dieser Stelle besonders niedrig ist. Die Fassade ist grau, die zwei Butzenfenster stumpf und die Tür steht eine winzigen Spalt breit auf. Moment, die Tür steht einen Spalt breit auf? Kali runzelt die Stirn, vergewissert sich, dass sie niemand beobachtet und tritt hastig näher. Tatsächlich, die Tür schwingt knarrend auf, als sie die Klinke ergreift und sie schlüpft rasch hindurch, bevor sie sie ebenso schnell wieder hinter sich schließt.
Der Raum hinter dem Eingang ist allerdings eine ziemliche Enttäuschung: Die zwei Fenster, die Eingangstür, ein kleines, achtlos umgestoßenes Holzbänkchen und eine weitere Tür ... mehr nicht, ansonsten ist der schmucklose Raum vollkommen leer. Und über allem liegt eine dicke Staubschicht, die ihr verrät, dass hier schon seit längerem niemand mehr gewesen ist. Da sie nichts besseres zu tun hat, geht Kali schließlich zu der zweiten Tür hinüber, um sie näher in Augenschein zu nehmen. Sie besteht aus dunklem, schwerem Eisenholz und ist, wie könnte es auch anders sein ... verschlossen. Langsam beugt sich die Azadoura vor, ein paar schwache Spuren auf dem nahezu unverwüstlichen Holz verraten ihr, dass vor ihr zumindest schon einmal jemand hier gewesen sein muss, der versucht hat, die Tür mit Gewalt zu öffnen – offensichtlich aber erfolglos. Vorsichtig tasten ihre Finger über das harte Holz und das feste Schloss. Der Löwentamarin springt derweil von ihrer Schulter, huscht auf leisen Pfoten durch den Raum und schleicht zwischen ihren Füßen umher.

Allerley Gifte »

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Xrecyltres am 05. Sept. 2008, 19:37 Uhr
- Der alte Kuppelsaal in der Unterstadt -

Das grollende Lachen, dass Xre von sich gibt, als er den sinnlosen Fluchtversuch der Fee betrachtet, hallt in dem finsteren Gewölbe noch lange nach. Ohne weitere Worte dreht er sich um und lässt das kleine Hilflose Wesen dort auf dem Tisch einfach liegen.  
Ruhigen Schrittes und immer noch tiefen Tones, aber leiser als zuvor aus der Kehle lachend, setzt er einen Fuß auf die Steintreppe. Immer wieder von neuem erstaunlich wie verheerend sich Rashan sich auf Zauberkräfte auswirkt. Es hat sich gelohnt, bei seinem letzten Besuch in Dun Iluc ein Vermögen für einen kleinen Klumpen des seltenen Metalls auszugeben. Der Halsring, den er für die Fee aus dem rotbraunschimmernden Metall hat schmieden lassen, erfüllt gänzlich seinen Zweck.
„Nirgends kannst du hinfliegen oder gehen ohne meinen Zuspruch…“, zischt er in seiner dunklen Sprache, steigt die wenigen Stufen zur Nische hinauf und entledigt sich dabei seinem robenähnlichen Gewand, das er nur trägt, wenn er in die Oberstadt oder anderweitig unterwegs ist. Darunter trägt er seine bevorzugte, für einen Shebaruc typische schwarze, eng anliegende teils gepanzerte Kleidung.  

Die nächsten Stunden ist er damit beschäftigt, seine Klingen zu reinigen und zu schärfen. In dem kleinen flackernden Licht einer Öllampe widmet er sich sorgfältig und mit einer spielerischen Leichtigkeit zunächst den beiden langen gebogenen Dolchen aus schwarzem Metall, die er stets an der dafür vorgesehenen Lederscheide seinen fast kniehohen Stiefeln links und rechts außen trägt. Vertieft in sein Tun sitzt er knieend leicht hockend auf der kleinen Empore. Ganz beiläufig, aber völlig beabsichtig, führt der Shebaruc die scharfe Klinge näher an seine Handfläche. Ein dünner Faden seines Blutes rinnt Sekunden später aus der Wunde den Oberarm hinunter. Seinen Körper und Gefühle völlig unter Kontrolle sitzt er ruhig da und beginnt flüsternde Worte zu sprechen, während er mit dem Zeigefinger der linken Hand in der kleinen Schnittwunde reibt. Mit dem Blut an seinem Finger beginnt er nun fremdartige Zeichen an die Wand zu schreiben.

Das Gewölbe ist in flackerndes Licht getaucht, nur der eine Tropfen der rhythmisch in die angesammelte Pfütze schlägt und das unheimliche Zischen eines Shebaruc durchdringen, die bedrückende Szenerie. Ein altes dunkles Lied ist es, das er dort allein spricht, um seinem Gott und den Archonen zu huldigen. Schließlich steckt er die beiden Klingen wieder an ihren Platz und holt das gebogene Langschwert seines Vaters hervor, um mit ihm dasselbe Ritual zu vollführen. Auch diese Klinge ist schwarz und weist einige Shebarucschriftzeichen seiner Vorfahren auf.  

Der Fee schenkt er keinerlei Beachtung während der Zeit.

>> Der Wolfsmarkt

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 08. Sept. 2008, 13:28 Uhr
Der Kerl folgt mir tatsächlich freut sich Keeshar, verzieht dabei jedoch nach Außen hin keine Miene. Wobei dies dadurch erschwert wird, dass der andere Rothaarige kurz, recht leise flucht…
Einfach nur köstlich.
Ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen geht Keeshar zu dem Heim von Nuella. Nuella war die Frau eines Schmugglers, der für Keeshar arbeitete, und der im Moment damit beschäftigt war, einen Handelszug zu begleiten, um bestimmte Waren abzuholen.
Während dieser Abwesenheit ihres Mannes musste Nuella mit ihren drei Kindern alleine zurecht kommen… und dies tat sie, indem sie zum Beispiel den Boss ihres Mannes jederzeit mit Speis und Trank bediente. Gegen einen kleinen Obulus natürlich. Einen Obulus, den Keeshar gerne investierte, denn das Essen war wirklich recht gut und dazu mit einer gehörigen Portion „Gerüchte“ gewürzt…
„Hallo Nuella. Ich hoffe, es bereitet dir keine Probleme, dass ich heute mit meinem Begleiter unangemeldet vorbeikomme…“ Er lächelt die großgewachsene Frau liebenswürdig an, deutet eine Verbeugung an, begrüßt den Jungen an ihrer Seite… und setzt sich dann unaufgefordert an den Tisch.
Der Einäugige weiß, dass er gerade das Mittagessen für die gesamte Familie auf den Tisch gestellt bekommt… aber dass ist ihm ehrlich gesagt im Moment völlig egal.
Soll Nuella - sobald sie weg sind, natürlich – doch von dem Geld dass er ihr gibt etwas neues kaufen… es reicht für zwei gute Mahlzeiten, oder mehrere schlechtere… also kann ihre Familie auch noch etwas warten.
Die beiden Männer setzen sich, werden prompt von Nuella bedient. Teller mit Eintopf, Becher mit säuerlich schmeckenden, verdünnten Wein… dann verschwindet die Frau und nimmt ihre Kinder dabei mit, lässt ihre Gäste alleine zurück.
Keeshar greift sofort zu, schiebt sich die ersten drei Löffel des Eintopfs in den Mund, während sein Gegenüber noch an dem ersten Löffel riecht…
Einen Moment lang flackert Zorn in Keeshar auf. Glaubt der Kerl wirklich, dass er seine Probleme mit Gift erledigt?
Doch dann ist der Zorn auch wieder verschwunden, immerhin kennt der Andere ihn nicht, es ist verständlich dass er mit allem Möglichen rechnet.
Sie essen schweigend, nur das Kratzen der Holzlöffel auf den Holztellern ist zu hören…

Schließlich sind sie fertig. Die Schalen sind ausgekratzt, die Becher sind nocheinmal mit dem säuerlichen Weingemisch gefüllt worden…
Immer noch sitzen die beiden Rothaarigen sich schweigend gegenüber.
Anscheinend muss Keeshar selbst den ersten Schritt machen…
„Ich persönlich finde, dass es sich mit vollem Magen viel besser redet…“
Er streckt sich, grinst dann wieder, eher freundlich als tierisch…
„Mein Name ist Keeshar. Ich lebe hier in der Unterstadt. Und ich bin Warg.“ Und wenn du mit diesem Wissen Mist baust, wirst du es bereuen sind die Gedanken des Einäugigen, und das Funkeln im verbliebenen Auge drückt dies auch genau aus…
Er schluckt dennoch. So deutlich hatte er das eigentlich noch nie ausgeprochen. Es war noch nie nötig gewesen. Entweder die Leute mit denen er arbeitete wussten es, und schwiegen darüber, oder aber sie wussten es nicht…
Diese Situation war absolut ungewohnt.


Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Elidor am 08. Sept. 2008, 20:03 Uhr
Elidor zieht die rechte Augenbraue nach oben und kann sich ein Zucken des Mundwinkels nicht verkneifen. Der Andere scheint mit der Situation genauso wenig umgehen zu können, wie er selbst. Gut. Sehr gut. Das ist doch mal etwas.
Allerdings zuckt er ein wenig zusammen, als er das Wort 'Warg', so unverblümt ausgesprochen hört. Das ist seit seiner Kindheit nicht mehr vorgekommen. Diromar hatte später ganz andere Namen für ihn.
Er nimmt einen Schluck von dem Weingemisch, um sich Zeit zu verschaffen. Das Getränk schmeckt etwas besser, als das, was er im gewohnt ist. Das heißt es ist vermutlich schlecht, aber warum sollte er sich darum kümmern?
Die Frau -Nuella hat Keeshar sie genannt, wenn er sich richtig entsinnt- kommt kurz in den Raum zurück und nimmt die Teller mit sich. Diesmal hat sie keines der Kinder dabei und im Nebenzimmer ist es ruhig.

"Elidor.", antwortet er schließlich und sieht dabei woanders hin. Er hat die dumpfe Vermutung, dass er bald wieder ein Messer an der Kehle gehabt hätte, wenn er mit Sanyo Ebiya geantwortet hätte, so wie vorhin, als er Nurzhan angelogen hat. Wobei...man kann nicht wirklich angelogen sagen. Dem Anderen ist ja klar gewesen, dass es nicht sein wirklicher Name ist. Und wer in die Unterstadt kommt, hat doch eigentlich immer etwas zu verbergen oder?
"Ich wohne derzeit im 'Kupfernen Kessel' und ebenfalls...Warg." Er lauscht dem Klang nach, dem Gefühl auf seiner Zunge. Im Wald und auch unten im Kerker hat er es manchmal vor sich hin gesagt, besonders dann, wenn Diromar ihn beschimpft hat. Es hat geholfen sich an die Geschichten seiner Mutter zu erinnern, an ihre Bewunderung für die Gestaltwandler ihres Volkes. Wenn er sich richtig erinnert, hat er sich damals für kurze Zeit gewünscht, einer zu sein. Diese Freiheit zu spüren.
Elidor grinst über sich selbst. 'Naja, das haben mir die anderen Kinder damals ganz schnell ausgetrieben. Und jetzt...ich weiß nicht. Möchte ich es eigentlich sein?'
Die Antwort ist, dass er es nicht weiß, aber das ist weder der richtige Ort, noch die richtige Zeit um darüber nachzudenken. Und erst recht nicht die richtige Gesellschaft.

"Ich nehme an, deswegen sind wir hier.", fügt Elidor hinzu und schaut an die Decke. Dass der Andere plötzlich so freundlich ist, bereitet ihm Sorge. Wenn Verbrecher anfangen freundlich zu sein, sollte man ganz vorsichtig sein. 'Jetzt wäre es sehr hilfreich, sich in eine Ratte verwandeln zu können.', geht es ihm durch den Kopf. Aber andererseits....dann stünde er wieder vor dem Problem auf einen Schlag fast seine gesamte Habe verloren zu haben. Keine schöne Option.
"Ehrlich gesagt...ich weiß nicht wirklich, wie es von hier an weiter gehen soll." Er zuckt mit den Schultern und sieht Keeshar ins Auge. Seitdem vorhin das Funkeln kurz dort gewesen ist, wandert seine Hand immer wieder zu dem Beutel an seiner Seite. Er hat ihn leicht geöffnet, um besser an die Phiolen darin heran zu kommen. Vor allem an die eine, wichtige. "Es ist das erste Mal, dass ich einem...anderen begegne."

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 10. Sept. 2008, 12:22 Uhr
Keeshar bemerkt das Zucken seines Gegenübers, der sich kurz danach als "Elidor" vorstellt.
Hast du Probleme damit, ein Warg zu sein? Wieso dass denn? denkt sich Keeshar mit einem leicht hämischen Unterton.
Dann schnauft er. Er selbst war recht stolz auf sein Gestaltwandlerblut. Immerhin waren Warge in vergangenen Zeiten stolze Krieger gewesen...
Gut, er band es nicht jedem auf die Nase, was er war... es hatte nunmal seine Vorteile, wenn der Gesprächspartner nicht wusste, dass er gerade einem Warg auf die Füße trat... Rache kann so süß sein..
Aber WENN sie es wussten... dann mussten sie sein Blut  den gehörigen Respekt zeigen.
Irgendwelche Bemerkungen über sein Blut (oder seine Eltern, denn irgendwoher musste das tierische Blut ja kommen)... die gab es nicht mehr, nachdem Keeshar einem "Spaßvogel" die Nase gebrochen hatte und diese Geschichte ihre Runde gemacht hatte.

Dieser Elidor hingegen... er schien nicht diesen Stolz auf sein Blut zu haben... ob das gut war, oder nicht, dass musste sich noch herausstellen.

>Ich wohne derzeit im 'Kupfernen Kessel' und ebenfalls...Warg. Ich nehme an, deswegen sind wir hier.<
Ja, deshalb sitzen sie hier. Keeshar glaubt nicht, dass er diesem Burschen dermaßen große Aufmerksamkeit zugewandt hätte, wenn er ihm unter "normalen" Umständen über den Weg gelaufen wäre...

>Ehrlich gesagt...ich weiß nicht wirklich, wie es von hier an weiter gehen soll. Es ist das erste Mal, dass ich einem...anderen begegne.<
Keeshar stößt Luft durch die Nase auf, dabei ertönt ein leichter, knurrender Ton.
Soll er zugeben, dass er bisher auch keinem anderen Warg begegnet ist? Dass er sein Wissen aus Geschichten hat, aus Märchen - und aus der Beobachtung seiner selbst?
Er hätte mehr Vorteile, wenn sein Gegenüber dachte, dass er mehr Erfahrungen mit Wargen hat, und zwar aus erster Hand...
"Ich habe meine Erfahrungen mit Wargen gesammelt. Aber du bist der erste Warg, den ich hier in Talyra treffe."
Das ist ja auch eine Wahrheit...
"Ich weiß, dass es oben noch einen anderen Warg gibt... einen Wolf, der seine Nase an die Stadtwache verkauft hat..."
Diese Information gibt Keeshar gerne... immerhin wäre dieser Elidor auch darauf gekommen, wenn er etwas länger in Talyra ist und sich umhört... wieso sollte er sie also nicht geben.
Er selbst hatte diese Tatsache auch recht schnell herausgefunden..
"Ich persönlich halte mich lieber von diesem Warg und den Blaumänteln im allgemeinen fern... ich glaube, ein Zusammentreffen könnte.. ungesund für beide Seiten werden... insofern, gut dass wir uns beide hier unten treffen, da weiß man ja, was man voneinander erwarten kann. Aber wenn du den Anderen selber ansprechen willst... nur zu..."
Keeshar lächelt. Diesmal ist es sogar zum größten Teil ehrlich gemeint.

"Du... handelst also hier in der Unterstadt... mit Horizonterweiterern, soweit ich das mitbekommen habe, ja?"
Eigentlich ist diese Frage mehr eine Feststellung... immerhin hat er mitbekommen, wie Elidor mit Nurzhan einen Handel abgeschlossen hat.
"Verkaufst du nur, oder stellst du auch selber her?"
Keeshar blickt sein Gegenüber aufmerksam an. Vielleicht konnte er aufgrund dieser Fragen Geschäfte mit dem anderen Wargen machen... und so mit ihm weiter in Kontakt bleiben...

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Elidor am 10. Sept. 2008, 18:44 Uhr
"Horizonterweiterer..." Dor schnaubt kurz, ehe er es sich verkneifen kann. Auch wenn er das Zeug herstellt und verkauft, halten tut er nicht sonderlich viel davon. Er selbst zieht ja noch einigen Stolz daraus, dass er es wenigstens richtig macht, aber auch so, kann er dem Ganzen einfach keinen Sinn entnehmen. Vor allem seit... Die Erinnerung blitzt kurz in ihm auf, an diese Wochen, in denen es Diromar eindeutig übertrieben hat und Elidors Körper begonnen hatte zu streiken. Nein, er kann dem Zeug selbst nichts abgewinnen, auch wenn er sich manchmal dabei erwischt, wie er ein bestimmtes Kraut oder eine Phiole in den Fingern dreht und kurz an gar nichts denkt. Es wäre sehr einfach. Eine Flucht vor allem und jedem, vor der Welt und vor sich selbst. Nur dass er das auch einfacher haben könnte, in dem er sich vollkommen dem Adler überließe. Und dabei hätte er nicht einmal das Risiko, dass es nicht funktioniert und er sich nach dem Höhenflug in einer Lache Erbrochenem wieder fände.

"Nicht die Umschreibung, die ich wählen würde, aber ja. Ich verkaufe sie und ich stelle sie her." 'Auch wenn das nicht unbedingt das ist, was ich in Zukunft tun möchte.', fügt er in Gedanken hinzu, aber er spricht es nicht laut aus und lässt den Gedanken auch nicht auf seinem Gesicht erscheinen.
Ihm fällt wieder ein, wie sie sich begegnet sind und er legt den Kopf schief und betrachtet Keeshar von der Seite, dann beugt er sich kurz vor und sieht ihm in das eine verbleibende Auge, ehe er sich wieder zurück lehnt.
"Und du scheinst Botengänge für jemanden zu erledigen. Das Zeug, das du vorhin bei Nurzahn gekauft hast nimmst du nicht selbst."
Diese Erkenntnis überrascht ihn ein wenig, denn es stimmt: In den Augen des Anderen fehlen die charakteristischen roten Pünktchen, die bereits nach wenigen Anwendungen auftreten. Allerdings hat er bis zu diesem Zeitpunkt den Warg nicht für jemanden gehalten, der für andere arbeitet.
"Ich mische auch Gifte und Heiltränke. Von allem ein wenig, könnte man sagen." Das ist keine Information, die ihm selbst schaden wird. Eher im Gegenteil: Wenn es möglich ist, wird er sich eher über Gifte als über Drogen finanzieren. Da weiß man wenigstens in den meisten Fällen noch woran man ist, aber er bezweifelt nicht, dass es in der Unterstadt mehr als genug Giftmischer gibt - und um diesen Beruf auszuüben muss man weit weniger von seinem Handwerk verstehen, als beim 'Horizont erweitern'. Wenn bei einem Gift irgendeine Dosierung zu hoch ist, ist es in den meisten Fällen trotzdem giftig - wohingegen bei Elidors Spezialgebiet jede kleinste Abweichung höchst unangenehme und -in den meisten Fällen- ungewünschte Folgen haben kann.

Auf den Wolf geht er gar nicht näher ein. Er erinnert sich an das Tier auf dem Markt, das ihm irgendwie merkwürdig vorgekommen war und dem er beinahe gefolgt wäre. Ja, das könnte dieser Wolf gewesen sein. Aber er hat nicht vor, sich in der nächsten Zeit in die Nähe von IRGENDEINEM Blaumantel zu begeben und erst recht nicht in die von jemandem, der ihm möglicherweise anmerkt, was er ist. Aber das ist etwas, das er Keeshar nicht auf die Nase binden muss. Dass Elidor derzeit noch nicht sicher ist, ob es an der Oberfläche sicher für ihn ist oder nicht, muss der Andere nicht wissen. Oh nein, ganz und gar nicht.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 11. Sept. 2008, 10:31 Uhr
Uio weiß weder wie lange er dort am Bach stand, noch wie lange er ziellos umher gesteift ist, als er sich immer noch völlig verwirrt in den Gassen der Unterstadt wieder findet. Der Straßenjunge sieht wie hypnotisiert in eine der Fackeln, die an einer der Wände hängt.
Unmöglich das ich das war! So was kann ich nicht! Niemals…
Schließlich schüttelt er den Kopf und sieht sich um. Hat er doch ohne zu wissen, den Weg zu der kleinen verfallenen Hütte eingeschlagen in der Sigourney haust. Ein Lächeln huscht über Uios Gesicht.  

„Sig?“, fragt er vorsichtig als er die Tür langsam ein Stück aufschiebt. Drinnen ist es dunkel und Uio sieht zunächst die Hand vor Augen nicht. Durch die Tür dringt das gedämpfte Licht der Fackeln mit hinein und Uio muss enttäuscht feststellen, dass die freundliche Diebin nicht zu hause ist. Er seufzt und lässt die Schultern hängen. Schade … wo sie wohl ist?
Erst beschließ der Junge zu warten, dass wird ihm aber nach einer Weile zu langweilig. Schließlich kramt er ein paar seiner Sachen hervor, die er hier lagert und vor den anderen versteckt. Unbedacht zieht er sich eines der Hemden, an die ihm Arza geschenkt hat und verlässt die Hütte wieder.  

Uio gähnt herzhaft und bahnt sich langsam, aber wie immer so unauffällig wie möglich den Weg zu seinem Schlafplatz bei Gero und den Anderen. Dort angekommen ist er so müde und fühlt sich so ausgelaugt, wie schon lange nicht mehr. Seine Beine sind schwer, als hätte er einen Marathon gelaufen, seine Arme hängen schlaff an seinem Körper herunter und fühlen sich an wie Blei. In seinem Kopf herrscht ein merkwürdiges Rauschen und Surren. Uio beachtet die Anderen nicht, auch Gero nicht. Er rollt sich in einer Ecke auf dem Stroh zusammen und schließ die Augen. Mit seinen Händen berührt er sein Gesicht, das ungewöhnlich warm ist. Sowieso ist ihm nur so warm… fast zu warm?

Noch in Gedanken an so viele verwirrende Bilder des Tages schläft er schließlich ein.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 19. Sept. 2008, 17:50 Uhr
Keeshar zieht kurz die Augenbraue in die Höhe, als er das Schnauben von Elidor vernimmt. Anscheinend war der Kerl nicht so erfreut darüber, dass Keeshar seine Ware als Horizonterweiterer bezeichnet... oder hatte das Schnauben einen anderen Grund?
>Nicht die Umschreibung, die ich wählen würde, aber ja. Ich verkaufe sie und ich stelle sie her.<
Das klingt doch gut...
Gerade will Keeshar vorschlagen, dass er Elidor ja mit den nötigen Mitteln versorgen kann (gegen Bargeld, oder - falls nicht vorhanden -gegen eine Gewinnbeteiligung beim Verkauf), als der andere Rothaarige weiter spricht:
>Und du scheinst Botengänge für jemanden zu erledigen. Das Zeug, das du vorhin bei Nurzahn gekauft hast nimmst du nicht selbst.<

Du durchgedrehter Misthaufen! knurrt Keeshar den Drogenhersteller in Gedanken an, ist kurz davor den Dolch an seinem Gürtel zu ziehen und es erneut an die Kehle von diesem Mistkerl zu halten - und er kann sich gerade noch so zurückhalten.
Ganz ruhig... ganz ruhig... Lass dir nicht von gekränktem Stolz ein Geschäft kaputt machen...
Ihn als einen Botengänger zu bezeichnen... Als wäre er ein einfacher Laufbursche...
Gut, er erledigte Geschäfte und Besorgungen für seinen Boss. Aber ein Laufbursche...
Mühsam nimmt sich der Einäugige zusammen, bleibt einen Moment lang starr - und versucht sich dann wieder auf das zu konzentrieren, was Elidor weiterhin erzählt
>Ich mische auch Gifte und Heiltränke. Von allem ein wenig, könnte man sagen.<
Gifte... auch nicht dass, was ihn besonders interessiert.. aber Heiltränke... wieso nicht.
Immer noch muss sich Keeshar innerlich zusammennehmen, äußerlich sagt er, relativ gelassen:
"Horizonterweiterer, Gifte, Heiltränke... Das klingt, als würdest du dafür so einiges an Materialien benötigen... verschiedene Pflanzen, Mörser, Brenner oder was weiß ich so für Zeugs? Und du siehst ehrlich gesagt nicht so aus, als wenn du genug Geld hast, um dir was ordentliches zu futtern, eine Unterkunft, neue Kleidung UND eine Ausrüstung besorgen kannst."
Keeshars Stimme ist erstaunlich ruhig, erstaunlich sachlich... er macht sich zwar regelmäßig über Untergebene, über Niedriggestellte lustig, aber er will den anderen Warg nicht verschrecken oder sonstwie vergraulen.
"Ich habe genügend Geld und sonstige Mittel, falls du Interesse hast..."
Ein ehrlich gemeintes Geschäftsangebot.
Dabei ignoriert Keeshar kurzerhand die Tatsache, dass er einem Warg gegenüber sitzt, jetzt hatte diese Möglichkeit, ein Geschäft aus zu handeln, erst einmal Vorrang.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Elidor am 23. Sept. 2008, 15:39 Uhr
Elidor bemerkt ein leichtes Zucken in der Hand seines Gegenübers und eine Veränderung in der Art, wie er sitzt, aber er kann es nicht wirklich deuten.
'Habe ich ihn wütend gemacht?', fragt er sich im Stillen. Es ist durchaus möglich, auch wenn er nicht weiß, wodurch. Vielleicht ist seine Bemerkung zu den Botengängen abfällig gewesen. Er weiß es wirklich nicht und ist sich wirklich nicht sicher, ob er den Anderen überhaupt verärgert hat. Als dieser weiter spricht und ihm ein Geschäftsangebot macht, glaubt Dor bereits, dass er sich geirrt hat. Dennoch wird er unruhig. Es ist nicht gut, dass er andere Menschen so wenig einschätzen kann. Viel zu lange hat er allein - oder so gut wie allein - im Kerker gehaust. Wie man mit anderen Menschen umgeht, weiß er einfach nicht mehr. Sie machen ihn unsicher, auch wenn er versucht, es nicht zu zeigen. Selbstsicher muss er sein, kein Opfer, alles andere ist Selbstmord.

Das Angebot von Keeshar kreist in seinem Kopf herum. Es ist merkwürdig, wie schwer es ihm auf die Stimmung schlägt. Kein Zweifel, dass der Andere von ihm sehr viel seiner Einnahmen als Gegenleistung verlangen wird, aber das ist es nicht einmal. Nein, Elidor weiß nur zu gut, das eine solche Chance eigentlich recht unwahrscheinlich gewesen ist. Sie ist zu gut, um sie auszuschlagen und genau das ist es.
Er lehnt sich zurück und betrachtet kurz die Decke der Hütte. Auch wenn sie fort wäre, könnte er den Himmel nicht sehen. Über ihm befindet sich ein Firmament aus Stein und Erde. Er ist lebendig begraben, an einem Ort, an dem die Sonne niemals scheint und die Luft nach Alter und Moder riecht. Aber was hat er mehr erwarten können? Oben kann er vermutlich doch ohnehin nicht bleiben.

'Vielleicht suchen sie mich ja gar nicht.' Ja, das ist sogar sehr wahrscheinlich. Ein einzelner Alchemist, der aus den Kerkern entkommen ist, während einer Fehde. Außer Diromar weiß vermutlich noch nicht einmal einer der neuen Herren auf der Burg, dass es ihn gibt, dass er fort ist. Und warum sollten sie auf den alten Schwarzbrauer in den Kerkern hören, der ihenn sagt, sie müssten seinen Assistenten wieder einfangen? Sie werden ihm längst einen anderen armen Wurm gegeben haben, an dem er sein Teufelszeug ausprobieren kann. Und wenn Elidor sich nicht allzu sehr täuscht, wird Diromar niemandem sagen, was er eigentlich ist, auch wenn sie ihn dadurch eher suchen würden. Er wird zu viel Angst haben, dass es auf ihn selbst zurück fällt, dass die Leute glauben, dass es ansteckend ist oder aber, dass ER es gewesen ist, der Dor zu dem gemacht hat, was er ist. Was auch stimmt, auf gewisse Weise.

'Ich bin zu vorsichtig und deshalb tausche ich einen Kerker gegen einen anderen.' Aber er kann es nicht ändern. In ihm pocht sein Vogelherz, sobald er Soldaten sieht und obwohl immer die Sehnsucht da ist, nach dem Himmel, obwohl er sich mittlerweile einfach nur hinauf schrauben möchte, verlieren möchte, hat er doch Angst. Nicht nur vor eventuellen Verfolgern, nicht nur vor den Menschen, die wissen könnten, was er ist. Nein, er fürchtet sich vor dem Horizont und vor der Freiheit, vor dem Licht. Es ist alles neu und hat in der Zeit seiner Wanderschaft nichts von seinem Glanz eingebüßt. Er weiß nur nicht, ob er so leben kann. In Freiheit. Glücklich. Ehrbar, wenn man dieses Wort verwenden will. Es gibt eine Geschichte, die er früher oft gehört hat, von einem Narren, der furchtbar behandelt wurde und doch seine Narrenkutte nicht abstreifte, als er die Gelegenheit bekam. Er sagte, er habe mit Ketten gelernt zu reiten und ohne sie, fiele er hinunter.

Elidor sieht seinem neuen 'Freund' ins Auge und denkt an nichts mehr. Nicht an den Himmel, den er nie wird haben können, nicht an die Freiheit, die er sich wünscht und vor der er sich gleichzeitig fürchtet.
"Das klingt sehr verlockend.", antwortet er und meint es ehrlich und auch wieder nicht. Ein seltsamer Tag ist das. "Zu welchen Konditionen stellst du dir das Ganze denn vor?"
Eine andere Frage geistert noch in seinem Kopf herum, aber er stellt sie nicht, hütet sich davor, auch nur an sie zu denken, obwohl sie sich aufdrängt und ihm auf der Zunge liegt. 'Kannst du dich in eine Ratte verwandeln? Oder in eine Schlange?'
Er weiß, dass das geht, oh ja, und hier unten wären diese beiden Tiere viel nützlicher als der Adler. Elidor könnte sie benutzen, um sich zu verstecken, zu fliehen, um Wege in und aus der Unterstadt zu finden. Er kann nicht kämpfen. Es ist nur wahrscheinlich, dass es ihm das Leben retten könnte, eines Tages. Eines sehr nahen Tages. Aber er will nicht, dass der Andere weiß, dass er es nicht kann, bisher, dass er wie ein Küken ist, das aus dem Nest gefallen ist und das Fliegen lernen muss, bevor es auf dem Boden aufschlägt.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 30. Sept. 2008, 18:15 Uhr
- In Geros Versteck -

Irgendetwas oder jemand zerrt und zieht an ihm. Uio wird gerüttelt und geschüttelt. Nur schwerfällig öffnet er die noch so müden Augen. Wilde Gesten und laute Stimmen, die durcheinander rufen schlagen ihm entgegen. Immer noch fühlt er sich ausgelaugt und schlapp. Ein gequältes Stöhnen entfährt ihm als eine große Hand ihn packt und an den Haaren hoch zerrt. Was ist hier eigentlich los, was soll das? Wo bin ich…was macht ihr da? Blitzen die Gedanken wie Pfeile durch seinen Kopf.

Um Uio herum ist das wilde Chaos ausgebrochen. Beißender dunkler Qualm hängt im Raum und Gero versucht mit einer Decke auf irgendetwas einzuschlagen.  
Plötzlich ist Uio hellwach. Nein, nein bitte… fleht er und steht wie versteinert dort und starrt in die züngelnden Flammen, während Geros Gefährtin ihn anschreit. „Hast du mit den Feuersteinen gespielt… Verdammt Uio!“ Doch Uio hört kein Wort. Mit weit aufgerissenen Augen senkt er den Blick. Sein junges Herz schlägt so schnell das es fast zerspringen möchte. Innständig fehlt er zu allen Göttern dessen Name er irgendwo einmal aufgeschnappt hat, dass es nur ein böser Traum ist und seine Hände normal sind.

„Was zum Henker treibst du da, nimm dir irgendwas und versuch das verfluchte Feuer auszumachen!“ ruft Gero seiner Gefährtin entgegen. Er erstarrt in mitten seiner Bewegung als er ihren entsetzten Blick, der immer noch starr auf uio gerichtett ist, bemerkt. „Bei allen Göttern Gero, er war es! Der Bengel ist verflucht!“ kreischt sie und zeigt auf den Jungen.
Übelkeit, Schwindel und ein ekelhafter Geschmack in Uios Mund, der sich immer weiter ausbreitet, lassen den Jungen zittern und ihm glauben den Verstand zu verlieren. Fassungslos schaut er auf seine Hände aus denen gierige Flammen hervor steigen. Sind das wirklich meine? Oh bitte nicht…aufwachen…bitte lass mich aufwachen!

Doch Uio wacht nicht auf. Erneut wird er grob gepackt und von bösen Wörtern begleitet kopfüber in ein Fass oder ähnlich großen Bottich mit übel riechendem und schmeckendem Wasser, oder sonst etwas, gesteckt. Dumpfes Rauschen und sein schneller Herzschlag ist das einzige was Uio jetzt noch hören kann. Kraftvoll drückt ihn jemand tief in das dreckige Nass. Panisch schlägt er um sich, versucht sich irgendwo abzudrücken. Langsam geht ihm die Puste aus und immer mehr von dem ekeligen dreckigen Wasser gelangt in seinen Mund und Nase. Fast schon als Uio denkt es sei aus mit ihm, wird er hochgerissen. Hastig saugt er die Luft ein in seine gequälten Lungen. Bald darauf folgen einige kräftige Schläge ins Gesicht… eins zwei…drei. Uio keucht nach Luft und vermag nicht den Schlägen auszuweichen oder sich auch nur irgendwie zu wehren. Dann plötzlich ein Ruck und er findet sich pitschnass, voller Angst und völlig Orientierungslos auf der Gasse vor Geros Unterschlupf wieder. Seine Hände kribbeln heftig aber keine Flamme ist mehr zu sehen.

„Ich glaube es ist besser für dich und alle anderen hier, wenn du verschwindest und nicht mehr zurückkommst!“ klingt Geros Stimme wütend über ihm.
„Aber...ich?“ bringt Uio zitternd hervor.
„Jemand wie dich können wir hier nicht gebrauchen! Verschwinde!" Unterbricht ihn Gero schroff und einige der anderen Kinder stehen jetzt hinter ihm und schauen strafend auf Uio herab. Das Feuer drinnen ist zwar gelöscht doch stinkt es immernoch nach Verbranntem.  
"Ich hätte es wissen müssen, du bist verflucht!!! Wie deine gottlose Mutter. Am besten du verlässt die Stadt bevor noch ein Unglück geschieht und du noch jemanden tötest!“ Mit diesen Worten wirft Gero dem am Boden liegenden Uio noch einen Beutel hin und lässt ihn zurück.

Uio rappelt sich nur langsam auf. Im ist immernoch übel als der letzte, der bei Gero untergekommenen Straßenkinder, im Gebeude verschwindet und die große Tür laut zuknallt. Ich wollte... ich war das doch nicht...ich ...was ist nur los? Ich... ich... Seine sonst so freudig strahlenden Augen sind voller Tränen, als ihn die Übelkeit überrennt und er sich übergeben muß. Mit letzter Kraft schleppt sich Uio durch ein Loch in einer Mauer, dass er schon oft als versteck nutzte, zieht die Beine an seinen zitternden Körper und verliehrt dann schließlich das Bewustsein.




Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 07. Okt. 2008, 21:39 Uhr
Der Einäugige beobachtet, wie sein Gegenüber über das abgegebene Angebot nachzudenken scheint. Er spürt den inneren Konflikt seines Gegenübers.
Keeshar muss an ein Bild denken.. ein Vogel, der auf der Suche nach Nahrung auf einen Zweig fliegt, und zu spät feststellt, dass sein Landeplatz mit Leim eingeschmiert ist - und dass er unfähig ist, wegzufliegen. So gefangen kann er nur warten, bis ein Vogelfänger ihn von dem Leim befreit, um ihm dann in einen Käfig zu stecken, oder - schlimmer - dem Vogel den Hals gleich an Ort und Stelle umzudrehen.
Fliegt das Vögelchen auf seinen LeimZweig?
Ein großes Vögelchen, zugegeben.
Aber Keeshar würde diesem Vögelchen nicht den Hals umdrehen, oder ihn in einem Käfig stecken... KäfigVögel haben so etwas deprimierendes...
Nein, lieber legt er dem Vogel eine Kette ans Bein, so dass dieser einige Freiheiten hat, und somit denkt, er ist frei... Sobald er sich zu weit herauswagt, kann man ihn dann mit der Kette relativ einfach zurück holen.

Unwillkürlich muss Keeshar an seine eigene Kette denken. Denn - auch wenn er dies absolut nicht zugeben will - er selbst ist ebenfalls ein gefangenes Vögelchen. Gut, seine Kette ist lang, sehr lang, und er hat sich freiwillig in diese Gefangenschaft begeben... aber er ist dennoch gefangen. Seine Kette liegt in der Hand seines Bosses...
Und bei ihm ist es langsam soweit, dass er genug Freiheiten gekostet hat, dass er diese Kette immer mehr verabscheut.
Mit einem Schnauben vertreibt der Rothaarige diese gefährlichen Gedanken aus seinem Schädel, konzentriert sich lieber auf seinen möglichen Geschäftspartner.

> Das klingt sehr verlockend. Zu welchen Konditionen stellst du dir das Ganze denn vor?<
"Hmm... dass kann man später genauer besprechen. Ich bin mal ehrlich zu dir, Bursche. Ich habe wirklich Interesse an deinen Fähigkeiten und teilweise auch an deinen Produkten. Ich werde dir also ein Angebot machen, dass dir erlaubt ein gutes Leben hier aufzubauen. Selbstverständlich werde ich auch an dir verdienen. Aber es wird uns beiden gut gehen, dass kannst du mir glauben."

Keeshar flucht innerlich über sich selber. Er ist selten dermaßen ehrlich. Muss wohl daran liegen, dass sein Gegenüber ebenfalls ein Warg ist, dass dieses Vögelchen ihm dadurch irgendwie sympathisch ist.
Sympathie war noch nie so gut fürs Geschäft...
"Denk darüber nach. In Ruhe. Wenn du wirklich Interesse an meinem Angebot hast, meldest du dich... morgen, übermorgen.. Sollte ich erwähnen, dass mein Gewinn steigt, je später er sich meldet? Nein, so sympathisch ist er mir dann doch nicht... Naja, jedenfalls komm dann zu mir, und wir bereden dann die Konditionen."

Keeshar lächelt zuvorkommend, während es in seinem verbliebenen Auge glitzert.
Er zeigt dem Vögelchen gerade die Kette, dass das Vögelchen bald an seinem Fuß haben wird. Dabei hofft er darauf, dass das Vögelchen so freiwillig wie möglich in die Gefangenschaft hüpfen wird.
Notfalls... ja, notfalls muss man doch den LeimZweig und den Käfig hervorholen.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 09. Okt. 2008, 22:36 Uhr
Uio sieht ziemlich mitgenommen aus als er aus seinem engen, kalten und dunklen Versteck herauskrabbelt. Noch immer schmeckt er das eklige Dreckswasser in das ihn Gero tauchte...um ...ja die Flammen zu löschen. Ungewiss wie lange er dort nun gelegen hat streckt er seine steifen Glieder, die sich kalt und leblos anfühlen, aus und schaut sich unsicher und ängstlich um. Seine Zähne klappern ihm vor innerer Kälte, als er den kleinen Beutel seiner Habseligkeiten nimmt und die Gasse entlanggeht. Es kostet ihn viel Mühe und Kraft einen Fuß vor den anderen zu setzen. Am liebsten würde er sofort wieder einschlafen, sich einfach hinlegen, ausruhen. Egal wo. Einfach hier. Doch Uio weiß - das ist zu gefährlich. Die Unterstadt ist alles andere als ein guter und sicherer Ort. Womöglich würden sie ihm seine letzten Kleider stehlen…wenn er denn wieder aufwachen würde. Und Uio wäre für Räuber, Diebe und, in seiner Vorstellung noch viel schlimmer, Vampire ein gefundenes Fressen.  

Wieder malt er sich in seiner Fantasie aus, wie ein blutsaugendes, fürchterliches Wesen ihn verfolgt und aussaugen will. Von diesem Gedanken gepackt werden seine Schritte schneller aber auch unachtsamer. Hin und wieder stolpert er oder eckt irgendwo an als er sich mit der Angst im Nacken umschaut.

Sein ganzer Körper zittert, als er wieder, wie durch ein Wunder noch am Leben, vor der Hütte der jungen Diebin steht. Die Angst, die Kälte und vor allem sein plötzlicher Hunger und Durst läst ihn für einen Augenblick seine Vorsicht vergessen und er betritt die Hütte. Nach kurzem Umsehen stellt er fest, dass sie nicht da ist. Uio kann nicht anders, er bricht in Tränen aus und sackt auf die Knie zusammen. Was um alles in der Welt soll er denn tun? Wo soll er hin. Wenn es wieder passiert…oh nein! Was ist wenn ich hier alles in Brand setze?

Mit den Ärmeln trocknet er rasch seine Tränen und rappelt sich auf. Ich muß hier weg! Ich kann hier nicht bleiben…
Ich bin verflucht!

Gerade will er gehen, stolpert zum Ausgang - da öffnet sich wie von Geisterhand die Tür vor ihm.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 10. Okt. 2008, 12:26 Uhr
Sig war wie selbstverständlich zu ihrer Hütte gegangen. War war es noch dunkel, doch der Gedanke an das Schicksal der kleinen Fee macht es ihr unmöglich, sich auf etwas anderes als den bevorstehenden Einbruch zu konzentrieren. Sie will die Kleine so schnell wie möglich aus den Fängen dieses…was auch immer befreien. Als sie die Tür öffnet, fällt ein schmaler Lichtschein der Fackeln auf der Strasse herein und trifft auf eine zerzauste Gestalt, mit rotgeränderten Augen, die sie ansieht, als stehe der Dunkle vor ihm. Uio! Der Junge sieht arg mitgenommen aus und zittert am ganzen Körper. Sig weiß auch ohne ein Wort von ihm, dass etwas Entsetzliches geschehen sein muss. Schnell schließt sie die Tür hinter sich, um eventuelle neugierige Blicke auszusperren. „Uio! Bei allen Göttern wie  siehst du denn aus? Was ist passiert?“ Sanft führt sie den zitternden Jungen zu dem einsamen Stuhl, hüllt ihn in eine Decke und macht sich daran, Wasser zu kochen, um ihm einen Tee geben zu können. Im Schein der Flammen erscheint er noch blasser und seine sonst so fröhlichen Augen spiegeln namenlose Angst, Schrecken und Verzweiflung wieder. Einem Impuls folgend nimmt sie in den Arm und wiegt ihn sanft wie ein kleines  Kind, um ihm einen Hauch von Sicherheit und Ruhe zu geben.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 11. Okt. 2008, 21:08 Uhr
Uio hört die Worte von Sig garnicht und lässt sich zu dem Stuhl herüber schieben.  Schwupp hat er eine Decke über den Schultern und die junge Diebin macht sich daran ein Feuer zu entzünden.
Immer noch zittert er wie Espenlaub und sein Blick wird fast automatisch von der immer größer werdenden Flamme angezogen. Uio ist nicht in der Lage klar zu denken oder auch nur irgendetwas zu sagen.

Als Sig ihn dann in die Arme nimmt beginnt er erst ganz leise und dann immer lauter an zu schluchzen. Sein ganzer Körper sackt ihn ihren Armen zusammen und er weint bittere Tränen.
Nur schwer beruhigt er sich und seine Atmung wird langsam gleichmäßiger. Immer noch kullern dicke Tränen aus Uios Augen. „Ich…“ , versucht er zwischen Nasehochziehen und Schluchzer zu sagen. „ Ich…ich bin…ich kann nicht…ich …ich ….bin verflucht!“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Elidor am 12. Okt. 2008, 11:13 Uhr
Elidor nickt. Ihm gefällt nicht, was der Andere sagt, auch wenn er ehrlicher ist, als er es sein müsste. Ehrlicher, als er es von einem Unterstädtler erwartet hat, der anscheinend keine Probleme damit hat, hier unten zu überleben.
Ist er jetzt damit entlassen? Er vermutet es. Die Wände der Hütte erdrücken ihn. Nein das stimmt nicht. Es sind nicht die Hüttenwände. Es sind die Wände darum. Es ist der steinerne Himmel, der nicht vorhandene Horizont. Es ist die Luft, die nach Kerker riecht, nach Felsen und einer langen Reise durch Erdschächte. Es ist die Erinnerung an das Licht da oben. An das pulsierende, teilweise ehrliche Leben im oberirdischen Talyra.
Ehrlich?, fragt er sich mit einem schmerzlichen Lächeln. Du weißt, dass es so etwas nicht gibt. Du am allerbesten. Vielleicht ist die Unterstadt auf ihre Art ehrlicher, als alles, was es da oben gibt, in dieser Welt mit Farben, Freiheit und einem Himmel, der dir vorgaukelt, dass es keine Ketten gibt, dass du frei sein kannst?
"Also gut. Dann komme ich in den nächsten Tagen auf dich zu. Ich nehme an, ich kann diesen Ort eine Nachricht zukommen lassen?" Er wartet eine Antwort nicht ab, nimmt es als gegeben hin, dass der Warg lesen kann oder dieser Frau vertraut, bei der sie sind. Ob es Selbstsicherheit zeigt oder eher die Hektik, die Eile, mit der er hier hinaus möchte?
Mit einer letzten Verbeugung in Richtung der Frau, die sie bewirtet hat, verlässt er die Hütte und macht sich auf seinen Weg. Wohin weiß er noch nicht.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 14. Okt. 2008, 08:06 Uhr
~ In Sig's Hütte ~

Uio ist am Ende seiner Kräfte und ein heftiger  Weinkrampf schüttelt den Jungen. Sig streichelt ihm beruhigend durchs Haar und lässt ihn sich erstmal ausweinen. Sie weiß wie befreiend Tränen sein können. Ihr Hemd ist durchnässt, als Uio sich etwas von ihr löst und leise vor sich hin stammelt. Was sie d hört, kann sie kaum glauben. > Ich…ich bin…ich kann nicht…ich …ich ….bin verflucht!< Sig lässt sich neben ihm in die Hocke sinken, dass sie in seiner Augenhöhe ist. Die Diebin ist nur froh, dass Nacht ist und sie ihn so ansehen und auch sehen kann. „Wie…was soll das heißen du bist verflucht? Was ist passiert?“ fragt sie freundlich, während sie ihm den Tee hinhält. „Trink mal und dann erzähl! Keine Angst, egal was es ist wir finden eine Lösung!“ [i]Irgendwie wird das heut zur Gewohnheit, anderen zu helfen![/i9 denkt sie bei sich, muss sich aber eingestehen, dass sie sich nicht unwohl dabei fühlt. Im Gegenteil, würde sie es nicht tun, dann ginge es ihr schlecht!

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 14. Okt. 2008, 20:11 Uhr
~ In Sig's Hütte ~

Uio rasen so viele Bilder durch den Kopf als die junge Diebin sich neben ihn hockt und mit freundlichen und warmen Worten zu ihm spricht.
>„Wie…was soll das heißen du bist verflucht? Was ist passiert?“< ...es ist so furchtbar...ich bringe Unglück…bin verflucht! Uio nimmt den Tee, den Sig ihm hinhält, dankend an.
>„Trink mal und dann erzähl! Keine Angst, egal was es ist, wir finden eine Lösung!“< spricht sie weiter und schaut ihm beruhigend in die Augen. Uio schaut unsicher in den Tee. Wie...wie soll ich nur etwas erzählen was ich selbst nicht verstehe...
Es vergehen einige stille Minuten in denen Uio schweigend an seinem Tee nippt.

"Gero, er...er hat...", beginnt er dann mit rauer Stimme. Man merkt ihm an das es ihm sehr schwer fällt etwas herauszubringen. "...er hat gesagt ich wäre verflucht...
Sig? Ich…ich glaube ich bringe Unglück…“

Plötzlich sprudelt alles aus Uio heraus. Ungefiltert redet er wirr durcheinander, ohne Punkt und Komma. „...er hat bestimmt recht... ich kann nicht mehr zurück.... wo soll ich nur hin? meine Mutter wäre auch verflucht gewesen…hat er gesagt ...da war ein Feuer… und der Mann auf dem Marktplatz er hatte auch …Feuer am Ärmel… er wollte mich zu den …Blaumänteln bringen… gut ich hab ein Brot genommen…aber es war doch nur ein Brot und die Frau war dick genug…es roch gut…und dann bin ich aufgewacht und überall war Feuer…Sig überall an mir auch… Gero hat mich in dieses Fass gesteckt…und rausgeworfen…Ich weiß nicht…ob…und …aber Sig was ist…wenn ich schuld bin…dann muss ich gehen…weg aus der Stadt sagte Gero…wenn ich wem wehtue…aber warum ich mach doch nichts…wie auch…Sig ich…Sig…“ plötzlich endet sein Gerede. Er schaut sie ängstlich an, atmet ruckartig ein und aus und beginnt wieder zu zittern.
"...ich bin ...ganz...ganz sicher ...ver...verflucht!"

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 16. Okt. 2008, 08:10 Uhr
Sig wird aus Uios Gestammel einfach nicht schlau. Irgendetwas von Feuer und dass Gero ihn rausgeschmissen hat und seine Mutter auch verflucht gewesen sei. Im Moment scheint es ihr aber sinnlos, weiter in den Kleinen zu  dringen, zu sehr ist er noch durcheinander und verwirrt von den Ereignissen. Ausserdem beginnt er unter der Decke zu zittern, kein Wunder, wenn ihn Gero in ein Wasserfass gesteckt hat. Entschlossen sieht Sig ihn an: „ Also als erstes musst du aus deinen nassen Sachen raus, sonst holst du dir noch den Tod! Komm, ich hab noch ein Hemd und alte Hosen. Werden dir zwar ein wenig zu groß sein, aber besser als nichts! Und dann legst du dich hin und versuchst ein wenig zu schlafen, das hilft dir auch! Ich bleib bei dir, keine Sorge! Und wenn du dich ausgeruht hast, überlegen wir, was wir weiter machen!“ Aufmunternd sieht sie ihn an und schenkt gleichzeitig noch eine Tasse Tee ein.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 20. Okt. 2008, 11:22 Uhr
Viel zu erschöpft ist der Junge, um irgendein Widerwort zu geben, obgleich in ihm drin noch immer die Angst ist, dass es wieder passiert und er etwas Schlimmes anrichtet. Mit gequältem Gesichtsausdruck schaut er auf Sig und nickt einfach. Er zieht seine nasse Kleidung aus, legt sie zur Seite damit sietrocknet und schlüpft in das viel zu große Hemd und die alte Hose. Schnell wickelt er sich die Decke wieder um, denn immer noch zittert er fürchterlich, so dass seine Zähne auf einander klappern.  Nachdem er die zweite Tasse Tee getrunken hat, fallen ihm schon die Augen zu. Müde stellt er die Tasse auf den Tisch und rollt sich auf dem Stroh zusammen. „Danke dir!“ nuschelt er und ein kleines Lächeln zieht sich über sein erschöpftes Gesicht.  

Uios Schlaf ist lang und ohne Traum.  
Nur langsam öffnet er seine Augen und versucht sich zu orientieren. Er braucht eine Weile bis er erkennt, wo er ist. Mit der Erkenntnis fällt ihm auch alles andere wieder ein. Ein schweres Seufzen entfährt ihm und er richtet sich langsam zum Sitzen auf.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 21. Okt. 2008, 12:46 Uhr
Es dauert nicht lange, da ist der Junge eingeschlafen. Sig beobachtet ihn noch eine Weile, ehe sie sich gedanklich ihrem zweiten Sorgenkind, der kleinen Fee, zuwendet. Im Gegensatz zu Uios Problem hatte sie in diesem Fall schon einen Ansatz, was sie tun könnte. Auch wenn es ein sehr gewagter Ansatz ist: Sie würde ins Haus der Bücher eindringen müssen. Zu diesem Zweck musste sie aber erst einiges über das Gebäude, seine Beschaffenheit und die Räumlichkeiten heraus finden. Deutlich wird ihr ihr Handikap bewusst: Einfach unter Tags in die Bibliothek spazieren und sich unauffällig umsehen ist nicht möglich. So wird sie sich des Nachts so gut es geht ein Bild machen müssen. Sig seufzt. Sie hat nur einen Siebentag Zeit. Es würde knapp werden, doch irgendwie muss es gehen, denn sie will sich gar nicht ausmalen, was dieser ekelhafte …was auch immer…mit der kleinen Fee anstellt, wenn sie es nicht schafft.

Mit einem Seufzer legt sich die Diebin ebenfalls zur Ruhe, nachdem sie Uio nochmal die Decke über die Schultern zieht, die er im Traum von sich gestrampelt hatte.

Es ist bereits Tag als sie erwacht und nun ist die bekannte Dunkelheit um sie herum. Aus Richtung des Strohlagers hört sie ein Rascheln: Der Junge war wohl wach. „Guten Morgen! Ich hoffe du konntest einigermassen gut schlafen!“ Die Diebin lächelt ihm zu. Mittlerweile kennt sie ihn schon eine Weile und er weiß um ihr Geheimnis, sodass sie ihm ihre Blindheit nicht zu verbergen suchen muss.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 23. Okt. 2008, 09:30 Uhr
„Ähm…guten Morgen ..ich ja, habe wirklich gut geschlafen, danke!“, sagt Uio und selbst in seiner Stimme ist zu hören das es ihm deutlich besser geht. Er lächelt sogar etwas als er aufsteht und sich reckt und streckt. „Ich hab einen Bärenhunger, wie ist es mit dir? Ich könnte uns etwas besorgen!“ Uio schaut, während er spricht, seine Kleidung an und stellt fest, dass sie immer noch klamm ist. „ Nur zu schade, einiges hab ich noch bei Gero liegen. Aber ich komm schon zurecht. Sag mal Sig …hab ich noch etwas in dem Sack hier bei dir versteckt?“ Mit diesen Worten beginnt er, hinter einer Kiste zu wühlen. Dort vermutet er in einem alten Sack aus Leinen einige wenige Dinge, die er hier bei der Diebin versteckte. „Ah, hier! Oh…das ist wohl zu warm fürchte ich.“ Uio kichert als er die Hose und die warme Tunika für die kalten Monate heraus kramt. „Ach was soll es, die heißen Monate sind vorbei und da kann ich schon etwas wärmere Kleidung anziehen, nicht?“

Uio schaut zu Sig auf, die auf ihrem Lager sitzt und in seine Richtung zu schauen scheint. Froh ist er, sie zu kennen. Mit einem breiten typischen Uiogrinsen legt er die Sachen aus der Hand und hockt sich neben sie. „Jetzt hast du aber ganz was Großes gut bei mir!“ sagt er und legt seinen Kopf  seitlich auf ihre Schulter. „Danke!

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 10. Nov. 2008, 17:02 Uhr
Sig spürt, dass Uio sich neben sie setzt. Der Junge legt ihr den Kopf auf die Schulter und ein warmes Gefühl steigt in ihr auf. Sie hat den kleinen Kerl ins Herz geschlossen, irgendwie erinnert er sie an sich selbst in dem Alter: Unbekümmert, frech und dauernd in Schwierigkeiten. Ihre Mutter, eine Straßendirne, hatte nie wirklich Zeit für sie und ihr Vater...irgendein Freier, keine Ahnung, es war ihr auch egal.

>Jetzt hast du aber ganz was Großes gut bei mir!< Uios Worte reissen sie aus den Gedanken. Ihr zweites Sorgenkind kommt ihr in den Sinn. Ob sie den Jungen darum bitten könnte? Es war nichts Gefährliches an sich…“Nun, du kannst schon was für mich tun, eigentlich ja nicht nur für mich sondern für eine kleine Fee! Es ist folgendes: Ich hab letzte Nacht am Wolfsmarkt einen Kerl getroffen, der dieses Wesen zum Verkauf anbietet. Die Kleine tut mir leid und naja…ich hab mich auf einen Handel eingelassen: Er überlässt sie mir, wenn ich hm ein besonderes Buch aus dem Haus der Bücher besorge. Nun ist die Bibliothek aber rund um die Uhr bewacht. Ich seh nun unter Tags nichts und da würde ich dich bitten, ob du mir das Haus beobachten könntest und mir sagst wann abends der Wachwechsel stattfindet. Es geht um die Zeit kurz vor der Dämmerung. Und ob der Wächter vor und nach der Übergabe eine Runde dreht und wie es mit den Novizen ist, ob die das Haus verlassen … naja einfach alles was sich rund um die Bücherei rund um die Abenddämmerung abspielt! Natürlich nur wenn du willst, du musst dich nicht verpflichtet fühlen. Es ist auch so, dass ich nur einen Siebentag Zeit habe, sonst verkauft der Mistkerl die Kleine anderwärtig und ich möchte mir nicht vorstellen, was manche Leute aus der Unterstadt mit ihr anstellen!“ Fragend und hoffnungsvoll sieht Sig Uio an.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 11. Nov. 2008, 20:22 Uhr
Uios Augen werden immer größer als er die Worte der Diebin hört. „Eine Fee…“ haucht er leise und lauscht weiter.  "...ein Kerl..." Ja, das es nicht grade viele freundliche Kerle in der Unterstadt gibt braucht Sig ihm nicht weiter erklären. Uio ist hier aufgewachsen und weiß welch dunkle und fiese gestalten hier unten herumschleichen… und das man ihnen besser aus dem Weg geht.
„… einen Handel…oh…“ flüstert er ihren Worten nach „ …Haus der Bücher…“
…woow das klingt wirklich spannend… aber auch gefährlich! Ach…was, ich bin doch kein Angsthase! Und…und außerdem… kann ich so was gut!
„Ich helf dir Sig! Ich finde schon heraus wann wer wie dort um das Haus schleicht.“ Uios Tatendrang ist geweckt! Die schrecklichen Erlebnisse sind vergessen und nichts an seinem tun oder reden erinnert auch nur im Entferntesten daran, was für ein wimmerndes etwas Uio noch vor einigen Stunden war. Fröhlich springt er auf und will schon zur Tür stürzen als…
„… ähm…welches Haus ist denn das Haus mit den Büchern?“ Uio lächelt etwas betreten als er merkt, dass er zwar schon von dem Haus gehört hat aber nicht so recht weiß wo es eigentlich ist. Warum auch. Er ist nicht einer dieser Botenjungen, die Päckchen oder anderes Zeug quer durch die Stadt schleppen. Die müssen sich gut dort oben auskennen. Nicht das er sich nicht gut auskennt…aber sein Wissen beschränkt sich eher auf mögliche Verstecke, Fluchtwege und vor allem guten Möglichkeiten etwas zu stibitzen. Und was soll jemand in einem Haus voll mit Büchern der nicht lesen und schreiben kann?

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 13. Nov. 2008, 13:25 Uhr
Dass Uio das Haus der Bücher nicht kennt, überrascht Sig nun doch etwas. Anscheinend war er noch nicht wirklich aus der Unterstadt heraus gekommen. Aber sein Eifer ist rührend, er scheint sich mit dieser neuen Herausforderung geradezu von den Ereignissen der letzten Nacht ablenken zu wollen. „Das Haus der Bücher ist nicht schwer zu finden: Wenn du hier gleich auf den Marktplatz hinaufsteigst, landest du in einer Hausnische hinter dem Stand eines alten Gemüsehändlers. Er ist schon halb blind und taub, also wenn du nicht trampelst wie eine Horde Narge, bemerkt er dich nicht und vom Platz aus ist die Nische nicht einsehbar! Du hältst dich dann immer gegen Süden, auf die Steinfaust zu. Das ist das Riskanteste an dem Ganzen: Die Bibliothek liegt in der Nähe der Stadtwache! Also wenn du doch nicht mitmachen willst…. Nun der Weg ist also über die Brücke und dann stehst du fast schon davor: Das große Gebäude mit den vier Ecktürmen und den Buntglasfenstern. Es stehen Wache davor, also schau dass du unauffällig bist. Das Stadttor, das dahinter liegt, führt zum Platz der Händler, dort kannst du zur Not Deckung suchen oder eine Beschäftigung vorschützen!“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 14. Nov. 2008, 11:24 Uhr
Bevor Uio die Hütte verlässt stürmt er noch einmal zur tagblinden Diebin, umarmt sie und sagt mit fester stimme. „ Ich denke das schaff ich und vor der Stattwache hab ich gar keine Angst! Ich bin flink wie eine Katze die sollen mich erstmal kriegen!“ Gedanklich straft er sich selbst als Lügner, doch weicht er diese Strafe auf, indem er es für eine notwendige Mutlüge hält, die ihn anfeuern soll bei seiner neuen Aufgabe. Natürlich hat er Angst von den Blaumänteln erwischt und bestraft zu werden hat aber  nicht vor sich erwischen zu lassen. Wichtig ist das er Sig hilft die Informationen zu bekommen die sie braucht um dieses Wesen zu bekommen.

Komisch, schießt er durch Uios Gedanken als er durch die Tür von Sigs Hütte nach draußen geht und obwohl er weiß das sie es nicht sehen kann sich noch einmal mit einem winken verabschiedet. Warum will jemand ein Buch haben für ein lebendes Wesen… eine Fee… Er kichert in sich hinein und schleicht durch die Gassen zu dem Aufgang den Sig im gesagt hatte. Das muss echt ein komischer Kerl sein…ein Bücherwurm …hm… eine Fee… ob die wirklich so aussehen wie Finn es erzählt hat? Aber wenn es so ein Wesen ist wieso lässt es sich dann fangen?

Während Uio sich Gedanken um die Fee und um den fiesen Bücherwurm macht hat er den Gang erreicht und klettert ihn problemlos nach oben. Die Verletzung am Knie spürt er kaum noch und die Strapazen der letzten Tage ignoriert er gänzlich. Wie Sig sagte erreicht er die Hausnische und  dort vor ihm ist der Gemüsehändler. Leise und äußerst vorsichtig kriecht er aus der Nische heraus.
Uio beleckt sich hungrig die Lippen doch entscheidet sich vorerst dagegen.
Erst zum Haus der Bücher und später etwas essen abgreifen!

----- >> In den Straßen der Stadt nahe dem Haus der Bücher

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 21. Nov. 2008, 10:34 Uhr
Ein alter Kuppelsaal irgendwo in der Unterstadt


Blatsch…Blatsch…Blatsch…
Immer wieder hallt der Aufprall eines einzelnen Wassertropfens durch die große Halle. Schwer schlägt er in einer kleinen Pfütze auf, die sich auf dem alten, mit schartigen Granitplatten belegten Boden gebildet hat. Die Wasseroberfläche sieht in dem schummrigen Licht schwarz und unheimlich tief aus und auch wenn, die vereinzelten Lichtstrahlen, die sich durch das Loch in der Mittel des Kuppeldachs in die Halle mogeln, den kleinen Platz um die Wasserpfütze in einen grauen Schleier hüllen.
In diesem Kegel schmutzigen Lichts sitzt Zoe auf dem kalten Boden und beobachtet mit müden Augen wie jeder Tropfen die glatte Oberfläche des Wassers in kleine Wellenberge verwandelt.

Batsch….Batsch…
Wenigstens einwenig Tageslicht in dieser Dunkelheit hier unten. Zwar haben die spärlichen Sonnenstrahlen, wenn sie endlich den Boden des verfallenen Kuppelsaals erreichen, den größten Teil ihrer Energie eingebüßt, so geben sie doch dem kleinen gebeutelten Körper der Fee einwenig Hoffnung und Zuversicht. Die Tage hier unten, fern von Licht, Luft und Freiheit haben Zoe ihrer Kraft beraubt. Die meiste Zeit ist sie müde, so unendlich müde, dass sie kaum ihre Augen offen halten kann. Die wenigen Stunden, an denen sie sich wach halten kann, verbringt sie damit, durch das Loch an der Decke zu starren. Dann klammert sie sich wie ein kleines Kind an den Gedanken, dass es irgendwo dort oben noch die Sonne gibt und den Duft von frischem Gras und Blumen und dass sie vielleicht irgendwann wieder nach draußen darf, um zu fliegen.
Traurig schließt die kleine Fee ihre Augen. Nicht einmal Kraft zum Weinen hat sie mehr. Auch wenn erst wenige Tage, seit dem sie in dieser dunklen Welt aus ihrer Ohnmacht erwacht ist, verstrichen sind, fühlt es sich für Zoe an als wären 100 Monde vergangen. Ihr Hals, umschlossen von dem seltsamen Halsring, ist schon völlig wundgescheuert. Eine Kruste mit eingetrocknetem Blut hat sich unter dem Ring gebildet, die bei jeder kleinen Bewegung erneut aufspringt und Zoe schmerzhaft an ihre Gefangenschaft erinnert.
Gefangenschaft…
Bis vor kurzen war ihr die Bedeutung dieses Wortes noch völlig fremd gewesen, war sie sich nicht im Entferntesten bewusst gewesen, dass es Wesen gibt, die andere gegen ihren Willen einsperren, ihnen weh tun und sie quälen und noch immer kann sie nicht verstehen warum…,warum dieser fruchtbar grässliche Große ihr das alles antut. Doch auf keine ihrer Fragen hat sie eine Antwort erhalten und nun ist viel zu müde und hat darüber hinaus viel zu viel Angst um den „Meister“ nach seinen Beweggründen zu fragen.

So hockt das kleine Feenmädchen apathisch neben der Wasserpfütze und seufzt tief, als plötzlich sie ein leises Fiepen aus ihrer Starre löst.
Was war das? Verängstigt zuckt Zoe zusammen und starrt in die Dunkelheit. Da war es wieder ein leises Fiepen und das kaum hörbare Trippeln von kleinen nackten Füßen, die über den Steinboden huschen.
„Ist…ist da wer?“
Stille…
Nichts rührt sich.
Doch, Halt. Das Trippeln kommt näher, immer näher und steuert direkt auf Zoe und ihrem kleinen Lichtkegel aus dunstigen Grau zu. Mit bis zum Zerreißen angespannten Sinnen blickt die Fee in die Richtung, aus der die leisen, aber für ihre guten Ohren unüberhörbaren Laute kommen. Dank ihrer Augen, die selbst bei dem spärlichen Licht, das den Kuppelsaal erhellt, sehen können, erkennt sie recht rasch, das die Quelle der seltsamen Geräusche ein länglicher Schatten mit vier Beinen und einer spitzen Schnauze ist, der rasch auf sie zu kommt.
Eine Maus…Phuuu..ein kleine Maus
Erleichtert seufzt das Feenmädchen auf.
„Du hast mich ganz schön erschreckt..“, sagt sie leise. Vorsichtig streckt sie die Hand aus, um ihre Besucherin zu begrüßen. Schnell hat die Maus ihr Ziel erreicht und beschnuppert neugierig die ihr angebotene Hand. Ihre feinen Barthaare kitzeln Zoes Handflächen und lassen über das blasse Gesicht ein kurzes Lächeln huschen. Der Duft der Fee scheint dem kleinen Tier zu gefallen, denn nur einen Augenblick später hat sich sie sich neben Zoe nieder gelassen und blickt das Mädchen mit ihren dunklen Knopfaugen an.
„Schön, dass du mich besuchen kommst. Ich bin so allein hier. Weißt du…..ich…ich“
„Fieeeep….Fieep!“
„Oh…du hast Hunger? Wie unhöflich von mir.“ Rasch greift Zoe hinter sich und holt einen Kanten trockenes Brot hervor. Ihr Essen hat sie schon mit zwei Spinnen, einem großen Käfer und einer Assel geteilt. Aber keines der Tier ist lange bei ihr geblieben. Die Pflege der Brut und die Suche nach einem neuen Platz für das Spinnennetz hat die kleinen Tiere schnell wieder zwischen den dicken Steinmauern verschwinden lassen. Danach hatte sich Zoe meist noch einsamer als vorher gefühlt.
„Hier…iss so viel du willst.“ Mit einem Lächeln auf dem Gesicht legt das Feenmädchen ihrer neuen Freundin ein großes Stückchen vor die Schnauze.
Ein dankbares „Fieep“ schallt  ihr entgegen, dann macht sich die Maus daran genüsslich das Brot anzuknabbern.


Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 27. Nov. 2008, 13:22 Uhr
~ In Sigs Hütte ~

Die Dämmerung bricht gerade herin, als Uio in Sigs Hütte stolpert. Bereits bei seinem Eintreten kann sie Umrisse erkennen und der milchige Schleier über ihren Augen beginnt sich zu klären. Der Junge hat diese „Verwandlung“ noch nie gesehen und ist erstmal sprachlos. Sig lächelt ihn an, während sie sich eine Träne aus den nun wieder blauen Augen wischt, denn wie immer ist diese Verwandlung nicht ganz schmerzfrei.
„Hallo du! Na alles klar?“ Bevor Uio jedoch antworten kann, übernimmt das sein Magen für ihn und knurrt wie ein hungriger Wachhund! Beschämt schaut er auf seine Fussspitzen. Die Diebin grinst jedoch nur wissend. „Setz dich! Die alte Murgel hat mir heut was zu essen vorbei gebracht!“ Sie zwinkert ihm zu. Murgel ist ein Unikum in der Unterstadt: Früher war sie recht hübsch, vor allem aber hat sie Sinn fürs Geschäft und aus dieser Kombination zog und zieht sie ihren Nutzen und unterhält einen kleinen, aber für Unterstadtverhältnisse feinen Prostituiertenring. Sigs Mutter war eines ihrer Mädchen gewesen und die Alte, die daneben noch als Kurpfuscherin arbeitet, hatte eine Schwäche an ihr gefunden. Mittlerweile ist ihr Stern als Puffmutter im Sinken, doch ihre Dienste als „Heilerin“ werden nach wie vor gern in Anspruch genommen – vor allem die Strassenhuren vertrauen der Alten und ihren „Künsten“.
Während Uio sich auf einen der Stühle plumpsen lässt stellt Sig ihm einen Leib Brot und ein Stück Käse vor die Nase zusammen mit einem Krug Milch. „Hatte heut wohl viel Kundschaft, die alte Pfuscherin!“ Sig grinst und sieht zu, wie der Junge sich erst mal den Bauch vollschlägt. Als er fertig ist, eigentlich aber schon immer wieder zwischen den einzelnen Bissen, beginnt er zu erzählen, was er herausgefunden hat. Uio hat sehr genau aufgepasst und anhand seiner Beschreibung kann sich die junge Diebin ein Bild vom Wachzyklus machen. Das Gebäude an sich sollte nicht schwer zu knacken sein nur muss sie herausfinden, wo sich das Buch befindet. Doch für das hat sie schon einen Plan…

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Xrecyltres am 15. Dez. 2008, 20:16 Uhr
Im Kuppelsaal

Feiner rauch steigt vom Feuer empor und entweicht durch die kleinen ritzen des Kuppeldaches. Am Feuer, dessen Größe reicht um sich daran zu wärmen oder etwas zu kochen, sitzt der Shebaruc in einer aufrechten, angespannten Haltung, schon seid geraumer Zeit völlig bewegungslos da und blickt mit kaltem Blick in die Glut. Nur seine Lippen bewegen sich leicht, während sich unheilvolle fremde Worte formen und diese geflüstert oder einem Schlagengezische ähnlich gesprochen werden.
Der helle Feuerschein lässt sein Gesicht und den freien Oberkörper orangerot glänzen. Die zahlreichen Zeichen seines Volkes, die seinen Körper schon seid vielen Jahren zieren und die er nicht ohne Stolz und ehren trägt, scheinen den Flammentanz der Schatten um ihn herrum aufnehmen zu wollen.  

Als die Glut heiß genug ist bewegt sich dann doch der kräftige Körper des Shebaruc. Ein schwarzes Gefäß stellt er direkt in die Mitte der Glut. Solang die schwarze schale braucht um heiß zu werden sitzt er still da und rührt sich wieder nicht. Stille. Nur das knistern und knacken des Feuers ist noch im Kuppelsaal zu hören. Doch. Was ist das?
Wer wagt es sein Ritual zu stören? Der Shebaruc dreht sich langsam in die Richtung aus der die zarte Stimme kommt. Natürlich kennt er den Ursprung der Worte. Ein widerwärtiges Wesen des Lichtes. Wäre doch nur verruchte 7 Tag vorüber und er wäre dieses Ärgernis los. Seine Augen werden zu schlitzen, die schwarzen Augenbrauen senken sich und auf der Stirn entstehen tiefe furchen des Zorns. Er sollte dieser Kreatur die Zunge herausschneiden. Diese flötende Stimme macht ihn schier wahnsinnig. Mit einem ruck steht er auf und schnappt sich im aufsetzen sein Schwert.

Sein Blick verheißt nichts Gutes als er die wenigen Stufen hinabsteigt und sich beiläufig die schwarzen Haare von dem Lederband befreit und diese sich strähnig auf sein Gesicht legen.
Die Fee Zeigt keine Reaktion. Sie bemerkt ihn nicht, hat sich ganz und gar auf ihre „nette“ kleine „Unterredung“ mit ihrem neuen kleinen „Freund“ konzentriert. Der Shebaruc verzieht angewidert den Mundwinkel und fixiert die kleine Fee mit den pupillenlosen schwarzen Augen.
Dann geht alles ziemlich schnell. Er hat sich innerhalb von wenigen Herzschlägen entschieden. Es gibt Dinge die er länger im Voraus plant, dazu gehört auch die anstehende Reise, nachdem er den Handel mit der Fee abgeschlossen hat. Doch meistens handelt er rein intuitiv und ohne lang zu fackeln. Zu langes überlegen verwischt nur den klaren Gedanken auf den es ankommt, der Moment, das Jetzt!
Die kleine Fee sieht ihn erst als er plötzlich vor ihr steht und sein Schwert knapp neben ihr mit der spitze auf den Boden schlägt. „ Schweig! Kreatur des Lichtes, oder ich sorge dafür, dass du die nächsten Tage nie vergessen wirst!“ donnert es auf sie nieder.

Mit diesen Worten hebt der das Schwert hoch und hält es so, dass die Fee das davon tropfende Blut des kleinen Nagers, der neben ihr nun in zwei hälften geteilt liegt, sehen kann. Ohne weitere Worte wendet er sich ab und begibt sich zurück zum Feuer um sein Ritual in ruhe zu beenden.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 09. Jan. 2009, 17:50 Uhr
- In Sigs Hütte -

Uio ist froh darüber ihr von Nutzen zu sein. Helfen zu können die kleine Fee aus den Fängen eines bösen Mannes zu entreißen. Oft genug wurde er schon als Taugenichts und als letztes sogar als verflucht und Nichtsnutz beschimpft. Allein und im Dunkeln sitzt Uio, der vielleicht gerade mal 10 Jahreswechsel alt sein mag, am Tisch und spielt gedankenverloren mit einem Stein aus seinem Beutel. Der Stein ist so groß und platt, dass er in seiner Hand oder besser gesagt Faust Platz findet, müsst er ihn verbergen. Er ist rund und vom Wasser des Ildorels, wo er ihn vor vielen Jahren fand, glatt gewaschen. Oft schon hat Uio ihn in den Händen gehabt, doch nicht um ihn mit seiner Schleuder zu werfen. Er hat ihn einfach in der Hand und fährt mit seinen Fingern über seine Oberfläche oder reibt ihn in der Handfläche. Braunorangerot fast wie ein Edelstein sieht er aus. Er ist so etwas wie ein Schatz für den Straßenjungen. Etwas, das er niemanden zeigt und schon gar nicht abgeben würde.

Sig. ist schon einige Zeit unterwegs. Demnach zu urteilen ist es Nacht und oben in Talyra ebenso dunkel wie es hier unten bei Tag und Nacht ist. Er hatte etwas geschlafen. Aber nur etwas. Müde ist er, keine Frage doch irgendetwas lies ihn unruhig werden. Uio konnte nicht beschreiben was es war, doch wuchs mit dieser Unruhe die in ihm immer größer zu brodeln begann, die Angst es könnte wieder etwas Fürchterliches geschehen. Etwas was er nicht wollte, was er nicht versteht und nicht kontrollieren kann. Tief in ihm drin. Vielleicht in der Magengegend ist es warm und ja es fühlte sich wie ein brodeln an. Als würde etwas in seinem Magen kochen.
Uio schluckt heftig und atmet tief ein und aus. Wieder fahren seine Finger über den von den Berührungen erwärmten Stein.

Was ist nur mit mir los? Warum ich? Ich will das nicht! Die letzten Tage war doch auch nichts gewesen, warum jetzt? Und…und warum ich?

Uio seufzt schwer und wechselt den Stein von einer Hand in die andere.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Zsuzlpztirrp am 12. Jan. 2009, 22:47 Uhr
Im Kuppelsaal

Etwas Rotes tropft auf den schmutzigen Boden. Dunkelrot, warm schimmernd.
Platsch!
Schon rinnt der nächste Tropfen die Schwertspitze entlang, verharrt einen schrecklich unendlich ausgedehnten Augenblick an der scharfen Scheide bis er langsam aber unaufhaltbar fällt und fällt und fällt.
Die verwirrt drein blickenden Augen der Fee wandern nach oben. Da steht er, der garstige Große. Starrt mit seinen pupillenlosen Augen auf das kleine Wesen hinab. Ein Blick voller Kälte, Abscheu und Hass trifft auf kindliche Naivität, Fassungslosigkeit und Unwissenheit. Er zischt mehr, das er spricht. Zoe sieht wie sich seine Lippen bewegen, doch keines der Worte findet seinen Weg in ihren Kopf. Wie in Trance nimmt das Feenmädchen wahr, wie sich der Mann abwendet und in der Dunkelheit verschwindet wie ein geisterhafter Schatten.
Verschwindet....
und mit ihm auch das Schwert....
Doch die rote Farbe bleibt....
Ein roter See, der sich langsam mit dem brackigen Wasser der Pfütze und den Tränen des Mädchens vermischt....
Rot wie Blut....
In seiner Mitte liegt ein lebloses, totes Bündel Fell und Fleisch....


Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 21. Jan. 2009, 08:00 Uhr
In Sig's Hütte

Als Sig ihre Hütte betritt ist Uio schon da. Ganz in Gedanken versunken sitzt der Junge am Tisch und spielt mit einem Stein. Sein Gesichtsausdruck ist ungewöhnlich ernst und nachdenklich und in seinen Augen flackert unterschwellig Angst. Er hat sie nicht kommen hören und erst als sie die Tür schließt zuckt er zusammen und dreht ihr den Kopf zu. „Na du, alles in Ordnung?“ begrüßt sie ihn mit einem Lächeln, während sie sich die Stiefel von den Füssen zieht und in eine Ecke pfeffert. „Ich hab gute Neuigkeiten: In zwei bis drei Tagen kann die Sache über die Bühne gehen, wenn alles so funktioniert wie ich mir das vorstelle. Aber…“ Die Diebin betrachtet Uio genau und lässt sich vor ihm in die Hocke sinken. „Du hast doch was. Was ist los?“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 22. Jan. 2009, 10:49 Uhr

Uio schaut erschrocken auf als er die Tür hört. Oh nein, ich hab sie gar nicht kommen hören. Sie kann sich wirklich gut anschleichen.
Schießt es ihm durch den Kopf und er versucht so normal wie möglich dreinzuschauen, was ihm eher schlecht als recht gelingt. Hastig steckt er den Stein zurück in den Beutel zu den anderen Steinen. „Ich, “ beginnt er mit einigem zögern auf ihre Frage und überlegt kurz sie anzulügen.  „Ach, weißt du ich dachte grade an diese Sache mit Gero…und daran, dass ich jetzt…also ich meine bei Gero war es nicht immer gut…aber er kannte meine Eltern, jedenfalls hat er  so was gesagt. Naja, ich glaub, dass ist jetzt auch nicht mehr so wichtig.“ Uio selbst merkt das seine Worte kaum einen Sinn ergeben und er am liebsten das Thema wechseln will. Denn natürlich ist es wichtig für ihn zu wissen wer oder was seine Eltern waren. Ob sie auch Pech und Unglück gebracht haben wie er es tut…und sie deshalb fort gegangen waren…ihr Kind bei Gero ließen?

Uio reißt sich zusammen, schluckt die Gedanken runter und schaut Sig. lächelnd an. „ Aber erzähl doch mal von deinem Plan.“ Sagt er schnell.  „Du haste echt einen Plan wie du ins Haus der Bücher kommst?…ich mein… ich bin schon neugierig, wie du das anstellen willst!“
Ja so ist es besser. Wenn ich noch länger daran denke passiert bestimmt wieder was!

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 04. Feb. 2009, 09:07 Uhr
Sig sieht den Jungen noch mal mit hoch gezogenen Brauen an, geht aber nicht weiter auf das Thema ein. Sie weiß, dass sie nichts mehr aus ihm herausbringen würde. Stattdessen beginnt sie zu erzählen, was sie beobachtet hatte. „Also der Bibleothekargehilfe oder Schreiber oder was der auch immer ist, scheint ein ziemliches Alkoholproblem zu haben. Wenn die Wachen recht haben, geht er jeden Abend nach der Arbeit in die goldene Harfe und versäuft seinen Lohn. Und zu viel Alkohol lockert ja bekanntlich die Zunge!“ Sig zwinkert Uio zu. „Und mit der richtigen Aufmachung meinerseits singt er mit Sicherheit wie ein Vögelchen. Dann weiß ich wo das Buch genau ist. Und in der Nacht darauf statte ich dem Haus der Bücher einen kleinen Besuch ab: Der wilde Wein sieht aus, als würde er mich tragen können. Und vom Flachdach aus finde ich sicher einen Weg ins Innere. Raus komm ich dann auf dem selben Weg! Was hältst du davon?“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 16. Feb. 2009, 10:19 Uhr
Uio ist schwer beeindruckt.
„Woow, das klingt aufregend!“ bringt er heraus, als er Sig´s Plan lauscht. "Und Gefährlich!"Uio hat noch nie so einen großen Plan geschmiedet. Für seine kleinen Raubzüge braucht er nie einen Plan. „Ich würde dir ja gern helfen, doch bin ich nur ein kleiner Taschendieb.“ Uio lächelt sie an. Ihm macht es nichts aus und in seinen Augen hat er ihr ja schon geholfen, nämlich das Haus der Bücher zu beobachten.
„Und wann Geht’s los?!“ Fragt er sie neugierig. „Lass dich ja nicht erwischen. Dieben hackt man die Hand ab oder schlimmeres…ähm aber das weißt du sicher!“ Wieder lächelt Uio. Ja er kichert sogar etwas als er über seinen satz nachdenkt und daran das Sig. ja die erfahrene Diebin ist und nicht er. Die dunklen Gedanken von eben, keine spuhr mehr von ihnen, sie sind verflogen wie ein Schmetterling.
„Ich werde mich mal auf dem Markplatz umsehen … irgendwas muss ich ja tun. Hier herumsitzen bringt auch nichts! soll ich dir etwas mitbringen?“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 26. Mai 2009, 12:03 Uhr
Keeshar hatte entsetzliche Langeweile.
Die Geschäfte liefen zurzeit reibungslos, seine Leute hatten ihre Aufträge und muckten nicht auf. Die anderen Banden in der Unterstadt hatten ihre eigenen Probleme und kümmerten sich nicht um seine Machenschaften, seine offiziellen Arbeiten liefen ebenfalls reibungslos, sein Boss wollte zurzeit Nichts Besonderes von ihm.
Kurzum:  Es gab für den rothaarigen Warg nicht viel zu tun um das er sich persönlich kümmern musste, was zu seinem derzeitigen Problem führte:
Keeshar hatte entsetzliche Langeweile.

Nichts gegen eine ruhige Zeit. Wenn es sich einrichten ließ, genoss er das… mit einem guten Tee, einem guten Sommerwein, einer guten Flasche Uisge, dazu ein angenehm temperiertes Bad…
Ja, Keeshar konnte diese ruhigen Zeiten gut ausnutzen. Aber zurzeit dauerten die ruhigen Zeiten viel zu lange. Wenn er die ganze Zeit mit Baden verbringen würde, wären ihm bestimmt schon Schwimmhäute gewachsen.

Das ganze frustrierte den Warg. Er musste sich stark zurückhalten, um seinen Frust nicht an seinen Untergebenen auszulassen, er musste aufpassen dass er die Kinder in seiner Umgebung nicht anschnauzte, weil diese ihn andauernd um irgendwelche Süßigkeiten anbettelten.

>Boss… bei allem Respekt. Aber du musst hier raus. Dir bricht die Decke auf dem Kopf zusammen.<  spricht ihn Tjes an. Der alte Kahlköpfige mit dem verfaultem Gebiss war wegen einer Lieferung nach Talyra gekommen und hatte die Gelegenheit genutzt um mit seinem Boss einige Worte zu wechseln.
„Ehrlich Boss. Geh raus. Amüsier dich. Such dir oben irgendjemanden, an dem du deine Wut ablassen kannst. Schlag jemandem die Nase ein, einige Zähne aus, was weiß ich was du machen willst, Boss. Aber geh raus!“

Vier Stunden später war Keeshar draußen, raus aus der Unterstadt. Er hatte sich für diesen Ausflug passend angezogen.
Alte, abgewetzte Kleidung, mehrfach geflickt, die den Dreck und den Gestank einer langen Wanderung an sich hatte. Die Hosen aus dickem Leinenstoff waren einmal braun gewesen, das Hemd grün… jetzt hatten die Kleidungsstücke auch noch andere Farben. Grasflecken, Schmiere, andere undefinierbare Substanzen..  dazu recht abgewetzte Stiefel und einen auch schon mehrfach geflickten Kapuzenmantel.
Keeshar zeigt lachend die Zähne, als er sich selbst begutachtet.
Er wirkte wie jemand, der hier zur Oberstadt gehört, ein Wanderer der einige Tage in Talyra unterwegs ist.  
Wobei sich ein aufmerksamer Beobachter durchaus fragen könnte, warum ein Wanderer mit so verlotterten Kleidungsstücken einen blitzblanken Rabenschnabel und einen ebenso blitzblank polierten Dolch an seinem Gürtel hat.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 02. Aug. 2009, 01:22 Uhr
In Sigs Hütte


„Sig, Sig schau nur ich habe heute wirklich einen großen Fang gemacht und einem alten, fetten Sack die Geldbörse gestohlen!“ Fröhlich hüpfend stürmt Uio in die alte Hütte in der Sigurney wohnt und ihm Unterschlupf gewährt. Das der von ihm betitelte „alte fette Sack“ eher ein dürrer, junger, griesgrämiger Typ ist, den er um seinen Lohn der letzten Monate Gebracht hat, weiß Uio erstens nicht und zweitens hört es sich in seinem Ohren besser an, wenn sein Opfer reich, fett und wohlhabend war. „Sig, das war echt klasse. Schau doch nur! Sig?“ Uio rennt wie aufgescheucht durch die Hütte. „Sig?!“

Uio verzieht das Gesicht, seufzt und setzt sich an den kleinen schäbigen Tisch. „ Stimmt ja, sie hat diesen großen Plan. Die Fee retten!“, sagt er zu sich selbst und fummelt mit seinen dreckigen Händen an seiner heutigen fetten Beute. „Ach!“ Uio vertreibt den enttäuschten Ausdruck aus seinem Gesicht und Gedanken. „Nun gut, dann warte ich eben.“

Doch das Warten stellt sich als eine große Geduldsprobe heraus. Die Zeit vergeht, die Minuten werden zur Stunde. Zunächst bemerkt es Uio nicht. Seine innere Unruhe, die wächst und wächst, so dass er schließlich aufsteht durch die Hütte auf und ab geht als suche er etwas. Dabei schaut er immer wieder in den Beutel und grinst frech über seine Tat und seine Beute. Erst ein wenig, dann immerstärker beginnen seine Hände zu kribbeln. Plötzlich bleibt Uio wie angewurzelt stehen und er steckt hastig den Beutel in seine Hosentasche. Sein Herz rast, sein Atem schlägt schnell wie nach einem Dauerlauf. „Oh nein!“, entfährt es Uio entsetzt als er merkt was geschieht.

Wie kleine glühende Ameisen krabbeln glimmende Funken von Uios Fingerspitzen zur Handfläche. Gerade, im Zickzackkurs…einige springen vergnügt wie junge Fohlen auf der Weide….andere tanzen umeinander. In der Handfläche angekommen verglimmen einige, so dass nur ein kleine Rauchfaden noch an ihre Existenz erinnert. Die Funken, die weiterglühen, tanzen weiter in Uios Händen, verschmelzen miteinander, wachsen, pulsieren. Schockiert und fasziniert von diesem Schauspiel blickt Uio in seine Handflächen. „Wooow…“, haucht er fast andächtig und vergisst seine Furcht, die Angst es könnte etwas Schlimmes geschehen. Diese kleinen Funken ziehen ihn unweigerlich in ihren Bann, lassen Uio alles um sich herum vergessen. Langsam weicht die angespannte Haltung von ihm. Uio spürt wie es knistert, kribbelt. Er legt den Kopf schief und schaut nachdenklich. Ich fühle keinen Schmerz…es verbrennt mich nicht!

Tief Atmet Uio mit offenem Mund ein und aus.
Uio könnt noch Stunden den Funken beim Tanzen und Wachsen zusehen…bis…
Wie aus einer Trance gerissen schaut sich Uio um. Die Funken in seinen Händen sind bereit zu zwei kleinen Bällen verschmolzen, die wie sein Herz aufgeregt pulsieren.
Schon einmal hat er einen Unterschlupf in Brand gesetzt. Das darf nicht noch einmal geschehen, nein. „Nein!“, schreit Uio es heraus und schaut sich hilfesuchend in der Hütte um, die durch die zwei Feuerbälle hell erleuchtet ist. Dort! Das muss einfach klappen! Bitte!
Mit einem Satz ist Uio bei einer Kiste. Neben ihr steht ein Holzeimer mit einer Flüssigkeit. Ohne nachzudenken kniet Uio sich davor und steckt beide Hände hinein.


Uio schließt die Augen, bittet und betet zu allem was er jemals gehört hat, es möge von ihm gehen… …auch wenn es so schön anzusehen war…
Immer noch hält er die Hände in den Eimer. Er schluckt und wagt es nicht zu Atmen.
„ Eins…zwei…und…drei!“ Uio reißt die Augen auf und gleichzeitig holt er die Hände aus der Flüssigkeit.
Langsam rinnt das Wasser von seinen Händen bis zu den Ellenbogen, wo es dann auf seine Hose tropft. Erleichtert atmet er auf, als er zwei ganz normale Hände vor sich sieht. Keine Funken oder sonst etwas…bis auf kleine Rauchschwaden.

Nach einer Weile, die er regungslos dagesessen hat und über seine ziemlich merkwürdige Situation nachgedacht hat, steht er auf und verlässt die Hütte.
„Es ist wohl besser wenn ich gehe. Ich möchte Sig nicht zur lasst werden und ihr womöglich noch das Dach über den Kopf abfackeln.“ Noch einmal dreht er sich um. „Aber ich komme schon zurecht!“ Er lächelt und klopft auf seine Hosentasche mit dem fetten Beutel. Uio kann nicht beschreiben was in ihm vorgeht, aber es fühlt sich richtig an. Das erste Mal in seinem Leben hat er nicht das Gefühl von Trauer, verlassen oder verlassen werden. „Nein, ich finde jetzt einen neuen Weg für mich. Ich will nicht länger Uio der kleine Taschendieb sein, der sich von anderen vorschreiben lässt was er tun muss. Ich bin Uio der große…ähm…Feuerdieb!“ Uio beginnt schallend zu lachen.

Langsam schlendert Uio durch die Gassen der Unterstadt. Noch tief in Gedanken was einmal aus ihm werden wird. Ein großer…schrecklicher… großmütiger…grandioser… tollkühner…frecher…freundlicher…mutiger…aberteuerlustiger…flinker…geschickter und ….unübertroffener…einzigartiger…



Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 23. Nov. 2009, 11:45 Uhr
Je mehr sich das Jahr dem Ende neigt, desto früher wird es dunkel – ein Umstand der Sig sehr entgegen kommt. Nach der Pleite mit dem misslungenen Raub des Lies-michs muss die Diebin ihren Ruf wieder aufbessern und was eignet sich da besser, als lange, kalte Nächte, in denen es ein leichtes ist, Häuser fetter Bürger auszuräumen, während diese sich den Wanst in der Harfe vollschlagen. Heute allerdings ist sie unterwegs in die Steinhöhle, eine kleine Spelunke in der Unterstadt. Dort will sie sich mit einem potentiellen Auftraggeber treffen. Tane, ein für Unterstadtverhältnisse  sehr ansehnlicher Kerl, hat sie angeworben und gemeint, da wäre ordentlich was zu holen. Sig ist sich sicher, dass dieser ‚Hinweis‘ nicht ohne Hintergedanken erfolgt ist: Zum einen hofft der Bursche, selbst an dem Kuchen mitnaschen zu können, zum anderen hat er schon länger ein Aug auf die hübsche Einbrecherin geworfen. Zu einem anderen Zeitpunkt wäre sie seinen Avancen nicht ganz abgeneigt gewesen, ein netter Zeitvertreib, doch derzeit muss sie sich um ihren ramponierten Ruf kümmern. Außerdem macht sie sich Sorgen um Uio: Seit ihrer Rückkehr vom misslungenen Coup im Haus der Bücher hat sie den Jungen nichtmehr gesehen und auch in der gesamten Unterstadt scheint ihn keiner gesehen zu haben.  Vielleicht ist er irgendwo als Botenjunge untergekommen, zu wünschen wärs ihm. Er ist noch zu jung um hier in diesem Dreck zu hausen! Mit einem Naserümpfen verpasst sie einem undefinierten Klumpen einen Tritt.

Aus den mit mottenzerfressenen Vorhängen verhängten Fenstern der Spelunke dringt fahles Licht auf die Straße.  Die Tür hängt schief in den Angeln und gibt ein protestierendes Quitschen von sich, als Sig sie öffnet. Drinnen ist die Luft verraucht und es riecht nach billigstem Tabak und Fussel. Ein besoffener, pokennarbiger Tagedieb legt ihr gleich die Hand um die Schultern und versucht sie auf seinen Schoß zu ziehen. > Kommt Herzchen sei lieb zum alten Jurek, bisi lieb sein, gibt Küsschen…!< lallt er. Alkoholhaltiger Atem schlägt ihr entgegen. „Pfoten weg oder du büsst deine Finger ein…oder was anderes!“ Sigs Stimme ist ganz ruhig, gleichzeitig aber schneidend kalt. Ein kleiner, aber sehr scharfer Dolch, der unmissverständlich in Richtung seines Schritts gerichtet ist, unterstreicht ihre Worte. Jurek ist mit einem Mal sehr nüchtern und seine Finger sind sofort wieder dort wo sie hingehört. Sig wirft ihm noch einen warnenden Blick zu und geht davon, zu einem Tisch im hintersten Eck, an dem bereits Tane sitzt. Der grinst ihr entgegen. >Na dem hast dus aber deutlich gesagt! Bierchen?< Ohne ihre Antwort abzuwarten, winkt er einer der Kellnerinnen. Sig lässt sich neben ihn auf die Bank plumpsen. „Danke! Und wo ist er jetzt, der ominöse Auftraggeber? Ich hoffe an der Sache ist was dran, sonst kannst du was erleben!“  

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 23. Nov. 2009, 19:14 Uhr
<--- Die Straßen der Stadt


Noch immer nutzt die Magierin den alten Zugang, den sie damals mit Dar Szallyr entdeckt hatte, um in die tieferen Regionen der Stadt vorzudringen. Mit jedem Mal erscheinen ihr die Gänge enger, die Decken tiefer und die feuchten Steinwände erdrückender, ganz so als würde die Last der oberen Stadt langsam aber sicher die dunklen Gewölbe und Tunneln zusammenpressen bis nichts mehr davon übrig ist. Es war ihr so als würde die Unterstadt am selben Effekt wie alte Bergtunnel leiden, die im Laufe der Jahre beharrlich schrumpfen bis sie vom Druck des Berges wieder vollkommen verschluckt wurden, ganz so als hätte es sie nie gegeben.
Aber selbst wenn es wirklich so war, und ihr Geist ihr nicht nur etwas vorgaukelte, dann würde es wohl noch mehrere Jahrzehnte dauern bis sich der Stadtgarde Problem von selbst auflöst, oder sich, was eher als wahrscheinlich erschien, an einen anderen Ort verlegte.

Wie dem auch sei, Atevora lag gut in der Zeit, es gab keinen Grund zur Eile und so streift sie im fast schlendernden Tempo am Unrat der Gesellschaft und deren Hinterlassenschaften vorbei. Selbst wenn es mit der Zeit nicht so stünde wie es war, so würde sich Atevora tunlichst davor hüten einen gehetzten Eindruck an den Tag zu legen. Viele Blicke gierten nur all zu sehr nach unaufmerksam und kopflos herumeilenden, zappelnden oder nervösen Geistern. Diese Menschen versprachen meist rasche Beute.
Als Atevora unbeeindruckt an den Kampfgruben und dem dort herrschenden Geschrei und Gedränge vorüber marschiert und auf eine der nächst gelegenen „Lokalitäten“ zusteuert, geht sie in Gedanken noch einmal alle offenen, erledigten und wichtigen Punkte durch. Von ihrer Seite war soweit alles Nötige eingefädelt. Sehr lange hatte sie jeden Schritt der Gegenspieler peinlichst genau beobachtet. Sie wusste genau wann sich die Herrschaften wo aufhalten würden, und mit diesem Wissen hatte sie dafür gesorgt, dass deren Tagesplan zum notwendigen Zeitpunkt ordentlich in Verzug geraten würde. Auch das Gesinde würde nicht vor Ort sein. All dies hatte sie auch genügend gekostet.
Atevora hoffte inständig, dass auch Tane soweit verlässlich seinen Teil der Aufgaben erfüllt hatte. Vor allem die Unterlagen, wenn auch nicht zwingend notwendig, würden sie sicher gut gebrauchen können.

Entschlossen öffnet Atevora die halb aus ihren Angeln hängende, schäbig quietschende Holztür der „Steinhöhle“ und tritt hindurch.
Im Inneren der Kaschemme wird ihr der Weg von einem gleich nebst der Türe sitzenden elenden Wicht verstellt. Als dessen alkoholverschleierter Blick näher auf die überwiegend in weiß gekleidete Magierin fällt, die er gerade aufgehalten hat, reißt er erschrocken die Augen auf, verschluckt sich an seinem billigen Fusel und hustet ihn spritzend durch Nase und Mund halb auf den derben verdreckten Tisch und halb in den Becher zurück.
Noch immer hustend steht er hastig auf und räumt das Feld damit Atevora besser passieren kann. Jurek.. , tönt es mit Verachtung in Atevoras Gedanken. Sie hatte vor nicht all zu langer Zeit ein kleines, lästiges Intermezzo mit ihm. Er wurde zudringlich und es endete damit, dass er plötzlich von etwas Eiskaltem an der Schulter durchbohrt wurde, und beim versuchtem Rückspiel, anstatt einer wohlwollenden Bestätigung, durch die Hand seines Chefs einen Zahn einbüßen musste. Vom zusätzlichen Donnerwetter ganz zu schweigen.
Atevora kommt somit nicht umhin den hässlichen Kauz ein wenig passiv aggressiv zu ärgern:
„Wie geht es euerer Schulter?“
>„B.. bestens.“<
„Und dem Kiefer?“
>„Auch gut.“<
„Fein, setzen.“
Wie auf Kommando tut er wie ihm geheißen und starrt der Frau noch unwohl nach, während sie bereits zielstrebig auf einen Tisch in der hintersten Ecke zusteuert, an welchem sie Tane mitsamt einer weiteren Person entdeckt hat.
Die Frau am Tisch bei dem jungen Straßenbengel war zweifelsohne Sigourny. Tane hatte bereits von ihr erzählt, und Atevora kam nicht umhin anzuerkennen, dass er nicht untertrieben hatte was ihr aussehen betraf. Atevora hatte es natürlich nicht verabsäumt auch ihrerseits nähere Erkundigungen über diese Frau einzuholen. Sigourny war eine unterstadtweit bekannte Diebin, deren Ruf in letzter Zeit, zu der Beutelschneiderin Bedauern, etwas gelitten hatte. Atevora wunderte es keinesfalls, dass sich die Einbrecherin bei dem Auftrag die Zähne ausgebissen hatte. Die Magierin wusste, dass es gewiss mehr als eine gute Diebin bedurfte um in diverse Bereiche der Bibliothek vorzudringen. Genau genommen sprach alles schon enorm für Sigournys Können und ihre Künste, dass sie sich aus etwaigen Situationen, die sich dadurch ergeben haben, mit heiler Haut retten konnte.
Dies konnten Andere allerdings schwerlich wissen, und das gereichte Atevora nun glücklicherweise außerordentlich zum Vorteil.

Die Frau mit den hellblonden Haaren wirkt im ersten Moment etwas pikiert als Atevora so dreist an sie heran tritt, Tane sie auch noch bestens Gelaunt mit einem „Guten Tag Eismaid“ begrüßt und das alles wo sie doch auf einen Auftraggeber warten.
Wie es sich gehört stellt Tane die Damen schließlich salopp mit einem >„darf ich bekannt machen, Shin, das ist Sigourny. Sigourny, das ist Lady Shin.“< vor und kann es sich nicht verkneifen die Diebin breiter als ein frisch lackiertes Hutschpferd anzugrinsen, als dieser mit einem etwas perplexem Gesichtausdruck zu dämmern scheint, dass sie auf Atevora gewartet hatten. Die Diebin hat offenkundig etwas anderes erwartet. Vermutlich einen respekteinflößenden Kerl, oder zumindest ähnliches, und kein kleines zartes Mädel, das mit ihrer ungemein gesunden Gesichtsfarbe am ehesten einem Porzellanpüppchen, oder, mit Einbezug der Zähne, einem Blutsauger gleicht.
Ohne sich zu setzen entgegnet Atevora kühl: „Guten Tag Sigourny. Es freut mich euch kennen zu lernen. Ihr seid beide außerordentlich pünktlich. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man meinen ich käme zu spät. Wartet bitte einen Augenblick.“
Dann geht die Magierin zum Ausschank um mit dem Wirt des Gastschuppens zu sprechen. Der Besitzer sieht mit seinen verdreckten Kleidern, den ungepflegten Zähnen und dem ewigen Drei-Tages-Bart genau so abstoßend und unsympathisch aus wie schon immer.
Sie bittet ihn dem pockennarbigen Trottel mit besten Wünschen einen weiteren großen Humpen von jenem Gesöff, welches er auch immer trinkt, zu bringen und bestellt für sich einen Schankwein. Anschließend steckt sie ihm noch ein scheinbar nettes Sümmchen Geld zu und kommt zum wirklich Wichtigen: „Und dann würden wir“ sie deutet auf die beiden Diebe „gerne für ein kleines ungestörtes Beisammensein unter Freunden ihr hinteres Gastzimmer in Anspruch nehmen.“ Der Wirt nickt und gibt mit einem ungustiösen Lächeln sein wissendes Einverständnis zu verstehen. „Bringt mir den Wein..“ Doch der Herr der Kaschemme unterbricht Atevora nur mit einem >„Ja, Ja, freilich,“< und streckt ihr den Schlüssel für das hintere Zimmer des Schuppens entgegen.
Atevora geht daraufhin zu den beiden am Tisch zurück „Wir werden ins hintere Zimmer umziehen, dort sind wir ungestörter. Wenn ihr wollt, oder dem Wirt nicht traut, dann nehmt eure Getränke gleich mit. Ansonsten wird sie uns der Herr dieses Etablissements nachtragen. Wenn ihr mir bitte folgen würdet.“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 01. Dez. 2009, 09:58 Uhr
Am liebsten würde Sig Tane den Hals umdrehen. Hätte dieser unverschämte Mistkerl sie nicht warnen können, wer ihr Auftraggeber ist? Sie hat mit allem gerechnet, zwielichtigen Zuhältern, verschlagenen Hehlern, undurchsichtigen Neureichen, … aber nicht mit einem Persönchen, das einen halben Kopf kleiner ist als sie selbst und noch eine Spur blasser. Unter dem Tisch tritt sie den jungen Mann ans Schienbein und wirft ihm einen Blick zu, der Bände spricht. Wir unterhalten uns noch! soll der heißen und sie weiß dass Tane sie versteht. >Guten Tag Sigourny. Es freut mich euch kennen zu lernen. Ihr seid beide außerordentlich pünktlich. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man meinen ich käme zu spät. Wartet bitte einen Augenblick.< Die Begrüßung ihrer neuen Geschäftspartnerin in spe ist ziemlich kühl und während diese dann in Richtung Tresen davon rauscht, nimmt sich die Einbrecherin Tane kurz zur Brust. „Wer oder besser was ist das? Verdammt du hast mir nicht gesagt dass ich es hier mit einem Vampir oder so was ähnlichem zu tun bekomme! Und irgendwas ist da faul, lüg mich nicht an! Ich riech‘ dieses Schwarzmagiezeug 1000 Schritt gegen den Wind! Nenn mir einen guten Grund warum ich hier bleiben sollte, du weißt was ich von all diesem magisch, dämonischen Kramm halte!“ Sig ist ausser sich und Tanes ruhig zur Schau gestellter Grinser macht die Lage nicht besser. >Ganz einfach meine süße kleine Elster: Du brauchst Geld und dein Ruf ist nach dem Bibliotheksdesaster nicht der Beste! Sag jetzt nichts von wegen Magie und so: Fakt ist du hasts versaut und musst froh sein dass dieser komische Xreirgendwas dich nicht im Ildoriel versenkt …oder zu deinem ‚Verlobten‘ geschickt hat!< Die Erwähnung ihres Dämonen Verehrers lässt Sig schlucken und wenn Blicke töten könnten läge Tane nun unter dem Tisch am dreckigen Boden bar jedes Lebens. Nicht das erste Mal bereut die Einbrecherin, dass sie dem Jungen in einer schwachen Stunde davon erzählt hatte.

Sie kommen allerdings nicht dazu, die kleine Auseinandersetzung fortzusetzen, denn in diesem Moment kommt ihre Auftraggeberin, Lady Shin oder wie auch immer sie heißen mag (Sig glaubt nicht eine Sekunde daran, dass das ihr wahrer Name ist) an den Tisch zurück.
>Wir werden ins hintere Zimmer umziehen, dort sind wir ungestörter. Wenn ihr wollt, oder dem Wirt nicht traut, dann nehmt eure Getränke gleich mit. Ansonsten wird sie uns der Herr dieses Etablissements nachtragen. Wenn ihr mir bitte folgen würdet.< Die Einbrecherin zieht die Augenbraun hoch und lässt dann bewusst ihren Humpen stehen.  Der Wirt würde sie nicht übers Ohr hauen, dazu hängt er zu sehr an seinem Leben (und anderen Körperteilen) und er weiß, dass Sig nicht lange fackelt, sollte jemand versuchen, sie zu betrügen. Tane, immer noch den dümmlichen Grinser im Gesicht, folgt den beiden Damen, als sie das Hinterzimmer betreten.  

Das ist genauso schmierig und heruntergekommen wie das gesamte Etablisment, vielleicht noch eine Spur mehr.  Ein einzelner, wackeliger Tisch steht im Raum, vier Stühle und das war‘s. Allerdings gibt es eine, mit einem Vorhang abgetrennte Nische. An der hinteren Wand befindet sich eine Tür, die nach draussen führt, ideal für Gäste, die nicht unbedingt gesehen werden wollen. Beiläufig schlendert Sig zum Vorhang und zieht ihn mit Schwung zur Seite. Zufrieden stellt sie fest, dass die Nische leer ist. Dennoch bleibt der Vorhang offen. „Zur Sicherheit…Ihr versteht hoffentlich!“ Zum ersten Mal im Laufe der Begegnung schleicht ein gewisses Lächeln in Sigs Gesicht, ein Lächeln allerdings, dass ihre Augen nicht erreicht. Ein sehr geschäftliches Lächeln. „Nun,“ fährt sie fort und nimmt dabei auf einem der Stühle Platz, „Tane hier meinte, Ihr hättet einen Auftrag zu vergeben. Darf ich fragen worum es sich handelt?“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 03. Dez. 2009, 22:45 Uhr
Sowohl Tane als auch die blondhaarige Frau lassen ihre Getränke demonstrativ auf der windschiefen Plattform die sich Tisch schimpft stehen.

Während sie Atevora folgen, könnte der Beiden Mienenspiel nicht unterschiedlicher sein. Denn während sich Tane mit einem geradezu raumgreifenden Grinsen in herrlichster Schadenfreude suhlt, steht Sigourny förmlich die Mordlust ins Gesicht geschrieben. Atevora weiß zwar nicht genau was die Beiden am Tisch miteinander zu besprechen hatten, doch allein die letzten Wortfetzen die sie aufgeschnappt hat, Sigournys Gebaren zusammen mit dem Wissen um Tanes oftmals schelmisch boshaftes Wesen genügen ihr um sich im stillen bestens über die Zwei zu amüsieren.
Die Magierin konnte es der Diebin, der irgend etwas anhaftet und ihre Sinne kitzelt, wie ein dunkler Schleier oder ähnliches – doch auf jenes und ein anderes Thema würde sie sich später konzentrieren – sogar gewissermaßen nachempfinden. Sie selbst hätte den jungen Burschen mit seinem zuweilen grenzwertigen „Späßen“ schon des Öfteren am Liebsten durch Sonne und Mond geschossen. Das Schlimme an dem Ganzen war jedoch, dass er es schließlich doch immer wieder schaffte es so hinzubiegen, oder zu richten, dass man ihm gegenüber nicht ernsthaft verstimmt sein konnte.
Nach außen hin war bis auf ein schmales schwaches Schmunzeln, anstatt der sonst finsteren Miene, jedenfalls nichts zu erkennen, was darauf hinweisen würde, dass Atevora erheitert war. Wie so oft war es Tane natürlich nicht entgangen. Sein Gespür und seine Beobachtungsgabe diesbezüglich waren geradezu legendär.

Nachdem sich alle im privaten Gastzimmer eingefunden haben, welches sich – was sie nie für möglich gehalten hatte - mittlerweile in einem noch desolateren Zustand befand als beim letzten Mal, schließt Atevora mit einer beifälligen Bewegung halbherzig die Tür. Dabei beobachtet sie Sigourny wie diese mit Elan den Vorhang beiseite reißt jener die hinterste Nische vom Rest der etwas größeren Abstellkammer abgrenzt.
>„Zur Sicherheit ... ihr versteht hoffentlich“< Bekundet die Diebin straff mit einem unechten kaufmännischen Lächeln.
Atevora unterlässt es darauf einzugehen, denn sie kann sich nicht vorstellen, dass der Zusatz etwas anderes als eine rein rhetorische Frage gewesen sein kann. Stattdessen möchte sie die Anwesenden dazu auffordern jeweils auf einem der wackeligen Stühle Platz zu nehmen, doch zumindest Sigourny kommt ihr damit zuvor. Sie schiebt unaufgefordert schlichtweg einen der Stühle hervor und deponiert ihr zartes Sitzfleisch darauf um weiters nicht länger herumzufackeln und gleich gerade aus zur Sache zu kommen: >„Nun, Tane hier meinte, Ihr hättet einen Auftrag zu vergeben. Darf ich fragen worum es sich handelt?“<

Atevora, alias Lady Shin, ist von diesem Vorpreschen eher weniger begeistert, was zur Folge hat, dass ihr noch zuvor angedeutete Grienen zu nichts zerrinnt. Sie würde es begrüßen erst abzuwarten bis der Herr des Hauses die Getränke an den schiefen Tisch gestellt und wieder verschwunden ist.
„Gewiss, doch alles zu seiner Zeit. Wir wollen geschäftliches schließlich nicht mit trockenen Kehlen besprechen, nicht wahr?“ Die Magierin präsentiert ein steifes Lächeln bei welchem ihre leicht zugespitzten Eckzähne sogar zu erahnen sind und wendet sich schließlich Tane zu, der noch immer wie angenagelt neben dem Tisch steht. „Tane..“ Sie gibt mit einer Geste zu verstehen, dass er sich auf einen der Stühle setzen möge, und nimmt schließlich auch selbst an einem der zwei übrig gebliebenen Sitzgelegenheiten Platz. An den rothaarigen Kerl gewandt fährt sie fort: „Hast du die Unterlagen? Und auch die Angelegenheiten erledigt?“
Ein kurzes >„Aber, Freilich.“< ist die Antwort, bevor er mit zufriedenem Schmunzeln eine abgegriffene Umschlagmappe aus braunem Leder hervor zerrt und diese an die Shin überreicht.
Mit einem raschen Blick sichtet Atevora die darin befindlichen Blätter und Pergamente. Tane hatte ausgesprochen gute und verlässliche Arbeit geleistet. Sie lässt auch ein entsprechendes „Hervorragend“ zur Anerkennung seiner Leistung verlauten. Genau im selben Moment betritt der Wirt mit den Getränken auf einem kleinen Tablett die Räumlichkeit. Als dieser dann das alkoholische Gebräu abstellt und Atevora ein aufgezogenes „Herzlichen Dank.“ verkündet, ist der Herr der Kaschemme, entgegen anderer, nicht überrascht. Solche Höflichkeiten sind zwar hier unten unüblich, doch der Wirt kannte Atevoras Gebaren bereits und schätzte sie auch als gute Kundin. Selbstredend nicht wegen ihrer floskelhaften Freundlichkeit, sondern weil sie häufiger gutes „Trinkgeld“ für gewisse Sonderleistungen, wie in etwa die ungestörte Benutzung dieses Raumes, zahlte.

Als der Wirt sich wieder trollt legt die Magierin behutsam die Mappe beiseite, greift zu ihrem Schankwein, der – man mag es nicht für möglich halten – sogar wirklich nach Wein und nicht etwa nach Essig riecht, und prostet den beiden Dieben mit einem „Nun denn, zum Wohl“ zu.
Sigourny wirkt mittlerweile noch weniger fröhlich als beim vorstellig werden. Vermutlich hindert allein Tanes Haltung, wie er zufrieden schmunzelnd und wie ein Fels in der Brandung neben der Diebin sitzt diese daran einfach die Nerven wegwerfend aufzustehen und zu gehen während Atevora seelenruhig am Wein schnuppert, daran nippt und etwas unerfreut die Miene verzieht als wären sie hier ein einem Gourmettempel beim gemütlichen Mittagsmahl.
Erst als sie das Getränk ohne Hast wieder abgestellt hat schickt sie sich doch noch an auf Sigournys Frage näher einzugehen:
„Gut, kommen wir also zum Geschäftlichen. Wie ihr euch vermutlich bereits denken konntet geht es um den Besitzwechsel von Wertgegenständen, oder in diesem Fall um die Zurückgewinnung des abhanden gekommenen Eigentums. Es wäre hierzu nötig in eines der Herrenhäuser im gut betuchten Seeviertel einzusteigen.“
Atevora lässt eine kurze Stilpause und fährt schließlich mit kurzweilig etwas abfälligen Tonfall fort:
„Obwohl man durchaus gegenteiliges hört, versicherte mir Tane ausdrücklich, dass diese Art der Gutsbesichtigung absolut im Bereich eurer Fähigkeiten liegt. Da es bisher noch keine Gelegenheit gab an Tanes Empfehlungen zu zweifeln, wäre ich also gewillt ihm auch hier Glauben zu schenken und somit in euch bezüglich der Erledigung dieser geschäftlichen Angelegenheit mein Vertrauen zu legen.“

Bei der Magierin Erwähnungen zu der Diebin Ruf versteift sich Sigournys Haltung unmerklich und obwohl sie es zu verbergen sucht, sieht Atevoras geschulter Blick sogar die kurzzeitig aufsteigenden Emotionen. Atevora genießt dabei regelrecht mit einem boshaften nach innen gerichteten Grinsen die Reaktion. Dieser Fauxpas ist euch sehr unangenehm, nicht wahr? Gut so. Wenn ihr dort das nächste Mal einsteigen wollt habt ihr besser einen guten Magier mit von der Partie. Nach außen hin verbirgt sie jede eigene Regung wie üblich hinter einer emotionslosen ungerührten Maske.
„Tane wird euch sicherlich bestätigen, dass ich nicht dazu neige jemanden zu übervorteilen. Die Entlohnung beläuft sich jeweils auf 50 Silbermünzen als Anzahlung und weitere 200 bei geglückter Aktion. Seid ihr mit diesem Rahmen prinzipiell an dem Auftrag interessiert?“
Noch bevor Atevora die Frage gestellt hat, kann sie unter dem Tisch einen Lufthauch sprühen. In Kombination mit Tanes forderndem Blick, und dem angedeuteten Nicken vermutet sie, dass er die blondhaarige Frau mit dem Fuß angestoßen hat. Seine Antwort wäre wohl offenkundig ein: Ja.



Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 10. Dez. 2009, 10:32 Uhr
>Die Entlohnung beläuft sich jeweils auf 50 Silbermünzen als Anzahlung und weitere 200 bei geglückter Aktion.< Sig kann sich nur mit Mühe ein Schlucken verkneifen. Das war eine Menge Geld. Irgendwas an der Sache ist faul, wieso zahlt jemand freiwillig so viel für einen einfachen Bruch? Tanes Tritt unter dem Tisch quittiert sie mit einem ebensolchen Gegentritt und sein schmerzvoller Schnaufer gibt ihr Genugtuung. Das war nur der Anfang mein Freundchen. Wir haben da noch ein gewaltiges Hühnchen zu rupfen! Denn hier bahnt sich etwas größeres an, das spürt sie genau. Vor allem weil ihr der Name ihrer potentiellen Auftraggeberin nicht unbekannt ist: Lady Shin. Zwar ist nichts genaueres bekannt, doch in den Gassen der Unterstadt wird gemunkelt, dass die weiße Mistress, wie sie hinter vorgehaltener Hand genannt wird, mehr oder weniger enge Kontakte zu Garter Prämie pflegt – wobei die Ansichten über den Grad der Vertrautheit variieren: Einige vorwitzige hatten sogar behauptet, sie hätte was mit dem Kredithai…allerdings nicht lange. Denn die Lästermäuler waren sehr schnell sehr dauerhaft gestopft worden. Auch die Gerüchte über Nebelgeister waren Sig zu Ohren gekommen, tote, an Türen genagelte Hühner und ähnliches. Alles in allem war ihr diese Person, die ihr da gegenübersitzt, etwas suspekt. Andererseits…der Betrag um den es hier geht ist nicht zu verachten. >Seid ihr mit diesem Rahmen prinzipiell an dem Auftrag interessiert?< Sig sieht Lady Shin mit unbewegter Miene an. „Das kann ich euch sagen wenn ich weiß worum es geht. Es ist ein netter Betrag, zugegeben, aber welches Risiko ist damit verbunden? Ich muss schon mehr Einzelheiten wissen, bevor ich irgendwelche Zusagen machen kann!“ Aus den Augenwinkeln sieht sie wie Tane neben ihr sich auf seinem Sessel versteift. Sein Blick spricht Bände: Bei der Menge Geld handeln, bist du irre?

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 11. Dez. 2009, 09:06 Uhr

Wieder dieser Luftzug unter dem Tisch. Atevora rollt innerlich mit den Augen. Wie zänkische keine Kinder. Auch wenn sie es zugegebener Maßen irgendwie erheiterte, wenn das so weiterginge würden sich ihre möglichen Handlanger noch beide die Beine und Knie zertrümmern und schließlich für ihre Zwecke vorerst gänzlich unbrauchbar.
Die angebotene Geldsumme, das war offen ersichtlich, hatte jedenfalls der Beiden Interesse geweckt. Doch trotz des hohen Betrages, wie auch gar nicht anders zu erwarten, möchte die Diebin nähere Details wissen bevor sie eine endgültige Zusage gibt. Diese indirekte Antwort auf Atevoras Frage, ob es sie grundlegend interessiert, war auch genau die richtige. Hätte Sigourny unvorsichtig voreilig und sofort zugesagt obwohl sie noch kaum etwas weiß, wäre die Magierin äußerst enttäuscht gewesen, vermutlich hätte sie mit fader Mimik und Bedauern nur kurz angemerkt, dass Sigourny wohl doch nicht die Richtige für das Unterfangen sei, und wäre dann gegangen. Aber so ein unbesonnenes Verhalten hat sie im Grunde ohnehin nicht für möglich gehalten, wäre die Diebin derart blicklos, würde sie längst in einer der dunklen Kerkerzellen der Steinfaust verrotten.

„ Das ist nur verständlich. Doch zuvor... würde ich euch darum ersuchen damit aufzuhören euch scheinbar gegenseitig die Schienbeine einzutreten. Der Luftzug der sich dabei jeweils unter meinen Rock schleicht stört mich ein wenig.“
Tane stellt auf diese heitere Erwähnung von Atevora sofort ein charmant spitzbübisches Lächeln zur Schau und antwortet souverän: >“ Ach iwoh denn Eintreten? Nur kleine Neckerein unter liebsten Freunden, nicht wahr mein Spatz.“< Der Dieb schaut lieblich zu Sigourny hinüber, als Antwort tötet sie ihn wieder mit ihren Blicken.
Atevora macht eine wegwerfende Handbewegung „Gleichgültig,..“ und fährt fort: „Zurück zum Wesentlichen.
Meiner Mandantin wurde, wie bereits zu Beginn erwähnt, etwas entwendet das es zurück zu gewinnen gilt.“ Die Magierin holt ein verschnürtes Samtsäckchen hervor, öffnet es und fördert einen fein gearbeiteten Ohrring aus einer kunstvollen Kombination aus Weingold und Gelbgold sowie einem zarten fein geschliffenen Amurin als zentarlen Blickfänger hervor.
„Es geht hautsächlich um den dazu gehörigen zweiten Ohrring. Seid unbesorgt, “ Atevora reicht das Stück weiter. „wie ihr mit geschultem Blick erkennen könnt, ist das Schmuckstück zwar durchaus wertvoll und hübsch anzusehen, doch nichts darüber hinaus. Ich kann euch zusätzlich versichern, es werden auch gewiss keine magischen Barrieren oder sonstiges in dieser Richtung am Auftragsort lauern.“
Atevora genießt es als sich Sigournys Haltung für einen Bruchteil eines Augenblickes wieder versteift. Herrlich spaßig. Ob sie wohl versuchen würde mir das Genick abzubeißen wenn sie wüsste, dass ich eine Magierin bin?
Allerdings nur kurz, so kurz dass es für niemanden ersichtlich sein mag, der nicht boshaft auf diese Regung des Gegenübers wartet. Sigourny möchte auch sogleich etwas sagen, vermutlich möchte sie, dass diese Lady Shin endlich zum Punkt kommt und erwähnt was an der ganzen Sache faul ist, wenn sie soviel Zaster dafür springen zu lassen gedenkt, doch Atevora schneidet ihr bestimmt das Wort ab bevor die Diebin noch den ersten Laut bilden kann. „Nein, lasst mich ausreden. Ihr kennt gewiss das Anwesen mit der von wildem Schokowein überwucherten Mauer schräg gegenüber von Vinyamar Alalminórë.“
>„Du meist das..“< Atevora schenkt dem rothaarigen Knaben ein Nicken. >“Achso, deshalb sollte ich..“<
„Korrekt.“
>“Nur warum sollte ich..“<
„Tane..“
>“Gut egal. So nebenher, wer kennt das Anwesen nicht? Das war schon als Kind im Sommer eines meiner liebsten Plätzchen." Der Knabe schaut offenherzig und auffordernd zu der Diebin "Dort müssen wir zur Blütezeit einmal hin Sig, einfach herrlich wie es dort in lauen Sommernächten nach Schokolade duftet.“<
Atevora wird etwas bestimmter „Tane...!“
>“Doch glaubt mir, die Blüten selbst schmecken nicht, das habe ich bereits..<“
„TANE! Still jetzt!“
Er schmunzelt schalkhaft: “Zu Befehl, ich bin schon ruhig.“
„Nun schön. Heute genau in einer Woche, wohl ab der fünften Stunde nach Mittag, werden die Herren des Hauses bis lange nach dem ersten Hahnenschrei nicht anwesend sein. Auch die Übrigen werden außer Haus sein bis auf zwei Vertraute die nachts Wache halten sollen, und der ältesten Magd. Die zwei Vertrauten sind stupide lüsterne Suffköpfe, die Magd so taub wie ein sturer Esel. Sie würde wohl selbst das Schallen der Signalhörner der Steinfaust nicht hören.“
Atevora erinnert sich schmerzlich daran zurück, als sie am Marktplatz eine versuchte Unterhaltung mit der älteren Dame aus der Entfernung miterleben durfte. Wie es bloß möglich war vom Gegenüber quasi bereits angeschrien zu werden, und die Wörter immer noch falsch zu verstehen war ihr wahrlich schleierhaft, und sie hoffte, dass es ihr im Alter einmal nicht so ergehen möge.
„Die Anwesenden sollten also kein Problem darstellen.“ Ein schlichtes Schulterzucken seitens Tane Antwortet ihr auf diese Bemerkung.
„Die Gründe für die großzügige Entlohnung sind folgende:
Das Objekt das aufgefunden werden soll ist, wie ihr seht, sehr klein, was die Suche als nicht ganz so kinderleicht gestalten sollte. Der Gegenstand wird allerdings sicher nicht all zu öffentlich aufbewahrt werden. Zu suchen ist bestenfalls nach einer geheimen Nische, einer losen Diele, einem doppelten Boden, irgendetwas in dieser Art. Zudem ist es von ausgesprochener Wichtigkeit, dass möglichst nichts im Haushalt verändert wird und auf eure Suchaktion hinweist. Das heißt es soll kein Chaos, keine wild durchwühlten Schubläden, keine umgeworfenen Schränke oder sonstige Verwüstungen geben. Es soll auch nichts an anderen Wertgegenständen entwendet werden. Es soll wirken als hätte die Suchaktion niemals stattgefunden.“
Unterdessen scheint Tane neben Atevora soeben ein riesiges Licht aufzugehen: >“Aaah! Desshalb sollte ich also..“ Mit dieser Aufgabenstellung ergab der vorhergegangene Auftrag tatsächlich Sinn zuerst einzubrechen, die Unterlagen zu entwenden, diese dann aber nur umständlich kopieren zu lassen und die Originale wieder an ihren Platz zurück zu bringen. Mit lieblich süßem Ton der klar preisgibt, dass sie den Burschen gerade herrlich auf Zucker hat geht die Magierin auf die Erwähnung ein: “Richtig Gugascheckchen, wie sich die Dinge von selbst fügen wenn nur genügend Geduld aufgebracht wird, nicht wahr?.“ Atevora lächelt kurz dünn, bevor sie den Faden zur eigentlichen Thematik wieder aufgreift „Weiter ist mir bewusst wie vorteilhaft es in der Unterstadt ist, sich gewisser gelungener Unternehmungen rühmen zu können. Ich vermute dies wäre zur Zeit vor allem in eurem Interesse Sigourny.“ Atevora bedenkt die blondhaarige Frau nur mit einem kühlen Blick, bevor sie mit gewähltem Ton fortsetzt: „Allerdings ist es auch in diesem Punkt unbedingt notwendig absolute Diskretion und besonnenes Stillschweigen zu bewahren. Die großzügige Entlohnung sollte allerdings über die entgangene Rufaufbesserungsmöglichkeit zu Genüge hinweg trösten.“
Atevora, die zuvor noch aufrecht da saß lässt sich gemütlich in den Sessel zurücksinken.
„Die Entlohnung stellt, so nebenbei erwähnt, keine Verhandlungsbasis dar. Ihr wisst Beide nur zu genau, dass sie mehr als nur gerecht gewählt ist. Nun, sind wir im Geschäft, oder nicht? Wenn nicht, dann trennen sich unsere Wege wieder und das Gespräch hat niemals stattgefunden. Es wäre zu schade für euch wenn mir irgendwo anderes zu Ohren käme, wir verstehen uns, nicht? Wenn ihr einwilligt hätte ich noch eine Kleinigkeit, unter anderem eine Arbeitserleichterung zu erwähnen.“

Der rothaarige Bursche lässt nicht lange auf die Antwort warten. Er weiß genau, dass Atevora keinen Haken bei ihren Aufträgen verschweigt, und er weiß auch was sie da bezüglich der erwähnten Arbeitserleichterung bereit hält.



Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 11. Dez. 2009, 12:03 Uhr
Spatz! Am liebsten würde Sig Tane den Hals umdrehen. Seine Vertraulichkeiten werden immer frecher in letzter Zeit. Das der junge Mann etwas von ihr will, ist ihr schon lange klar doch nun wird seine Anbraterei  schon zu offensichtlich – und peinlich! Doch er lässt nicht locker und beginnt von blühenden Bäumen und solchem Kram zu schwafeln. Erst als Lady Shin ihn zurückpfeift und auf den Boden der Tatsachen zurückholt, hört er auf. Sie scheinen sich schon länger zu kennen… mutmasst die Diebin, ein Verdacht der durch die Erwähnung eines früheren Auftrages bestätigt wird. Lady Shin beginnt nun, Einzelheiten des Auftrages darzulegen und schnell wird Sig klar, dass es sich um mehr als einen einfachen Einbruch handelt, kein Wunder bei dem Honorar. Es steckt bedeutend mehr dahinter. Allein die Order, nicht mehr als den Ohrring mitgehen zu lassen und keine Spuren zu hinterlassen, ist doch mehr als verdächtig. Aber immerhin ist keine Magie im Spiel!

Was Sig allerding gewaltig gegen den Strich geht, ist die fortwährende Erwähnung ihres angeknacksten Rufes. Versuch du doch mal was aus den Gemächern des Obermagiers oder was der Alte auch immer ist, zu klauen! Mal sehen ob du dir da nicht auch die Finger verbrennst! Sie lässt sich ihre Wut allerdings nicht anmerken und konzentriert sich auf die Beschreibung des Anwesens und der Bediensteten. Wie von selbst beginnt sich ein erster Plan in ihrem Kopf zu formen – Berufserfahrung! >Die Entlohnung stellt, so nebenbei erwähnt, keine Verhandlungsbasis dar. Ihr wisst Beide nur zu genau, dass sie mehr als nur gerecht gewählt ist. Nun, sind wir im Geschäft, oder nicht? Wenn nicht, dann trennen sich unsere Wege wieder und das Gespräch hat niemals stattgefunden. Es wäre zu schade für euch wenn mir irgendwo anderes zu Ohren käme, wir verstehen uns, nicht? Wenn ihr einwilligt hätte ich noch eine Kleinigkeit, unter anderem eine Arbeitserleichterung zu erwähnen.< Sig zieht die Augenbrauen hoch! Die Dame weiß was sie will. Tane auch denn er nickt nur zu bereitwillig. „Nun Euer Angebot ist verlockend und da ich nun mal davon ausgehe, dass ihr nichts essentielles verschwie...vergessen habt, bin ich geneigt den Auftrag anzunehmen. „ Und wenn da doch noch wichtige Details fehlen nun ja….dann würde sie sie von einer anderen Seite kennen lernen!
„Nachdem wir uns da also einig sind, denke ich mir, Ihr sagt mir, was ihr mit ‚Arbeitserleichterung‘ meint!“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 11. Dez. 2009, 21:27 Uhr

>„Nun Euer Angebot ist verlockend und da ich nun mal davon ausgehe, dass ihr nichts essentielles verschwie...vergessen habt <
Atevora schmunzelt ob der nicht all zu rasch korrigierten Wortwahl. Wie Süß.
Sie hat sehr wohl genügend zu der Aktion nicht angesprochen. Keine Hintergründe zu dem entwendeten Ohrring oder sonstigen Verstrickungen die vorhanden waren, oder noch folgen würden. Es brauchte auch niemanden zu interessieren weshalb jemand gerade und ausgerechnet nur einen Ohrring stiehlt und aufbewahrt und das obwohl mit einem einzelnen Ohrring unmittelbar nichts anzufangen, also kein rechtes Geld zu erwerben ist. Doch für jene, die etwas auf Umwegen denken, mag es schon einleuchtender sein. Es könnte einem Unterfangen dienen um jemanden in Misskredit zu stürzen oder Existenzen durcheinander zu wirbeln. Ein Gerücht, ein eifersüchtiger Ehemann, ein Ohrring der als Beweisstück bei einem angeblichen Geliebten auftaucht und so fort. Ähnliches war hier auch tatsächlich der Fall. Nur, dass die Interessen etwas verwobener waren. Die Besitzerin des Ohrringes unterhielt nämlich tatsächlich eine Liebschaft mit jenem, dem sie wohl angelastet werden sollte. Diese geheime Liebschaft sicherte gewissermaßen gegenüber ihrem Mann hervorragende geschäftliche Verbindungen, die wie ein Monopol gehalten wurden. Man könnte also geradewegs behaupten, die Situation ist, so wie sie seit langem schon besteht, zum Vorteil aller unmittelbar beteiligten Protagonisten.
Der Auftraggeber versuchte zweifelsohne dieses Geschäftsgefüge zu zerstören um schließlich selbst als Dritter zu profitieren und das alles auf einem nicht besonders energieintensivem Weg.

Nungut, diese unerwähnten Verstrickungen und die Vorgeschichte waren für die Aufgabenstellung vollkommen unerheblich. Sie brauchten nicht zu wissen was sich im Speziellen zutrug und weshalb gerade diese Ohrringe so wichtig sind und als Mittel der Überführung dienen konnten.
Gewissermaßen, aus der Distanz betrachtet, war die ganze Geschichte sogar reichlich amüsant. Der Betrogene schenkte am Abend vor versammeltem Hause und vieler Augen seiner allerliebsten, treuen Gattin die Ohrringe.
Als es jedoch zu einer weiteren Abendveranstaltung gehen sollte, zog sich die Gattin samt der angelegten Ohrringen in ihr Gemach zurück. Ein angebliches Unwohlsein. Die Gesellschaft brach ohne sie auf. Doch Atevoras Mandantin war höchstens krank voll körperlicher Begierde auf ihren Liebhaber. Während der Abwesenheit des ahnungslosen Tölpes von Mann, schlich sie aus dem Haus und traf neuerlich ihres Gatten besten und teuersten Geschäftspartner in einer speziellen Bucht am Stand. Sie legte die Kleider und auch die kostbaren neuen Ohrringe ab, die sie zuvor vergessen hatte im Hause sorgsam zu verstauen, um sie im Wasser auf keinen Fall zu verlieren. Als sie also im kühlen Nass mit jemand anderem auf das Beste zu Gange war, wurde einer der Ohrringe entwendet.
Nun stand aber schon bald wieder ein gesellschaftlicher Anlass vor der Türe an dem sie diesen Schmuck, der quasi als Geständnis der Beiden Liebe gedacht war, oder dazu dienen sollte, wieder tragen sollte. Da sie von der versammelten Gesellschaft in den Räumen ihres Hauses samt Ohrringe in ihr Gemach ging, müsste sich das abhanden gekommene Schmuckstück, welches sie seither nicht mehr trug, also noch im Haus befinden. Zudem stiehlt im Normalfall auch niemand nur sinnfrei einen einzelnen Ohrring, wodurch auch das Gesinde eher weniger des Diebstahls belangt werden könnte. Jeder kann sich nun denken wo der Ohrring dann zufällig herumliegen und aufgefunden würde. Welch großes Unglück.

Ein grandioser Plan, vor Allem, da es, wie sich bald herausgestellt hatte, kaum möglich war den Ohrring einfach nachbilden zu lassen. Die Arbeit war äußerst filigran und aufwendig, sowie der Schmukstein selten und in der selben Farbnuance derzeit nirgends für noch so viel Geld aufzutreiben. Welch Glück im Unglück war zumindest der Drahtzieher rasch entlarvt. Dennoch, wie herrlich alles seinen Lauf nehmen konnte, wenn der weitaus riskantere Reserveplan versagte, und welch grandiose Überraschung es für den Intrigant, dessen gesellschaftlichen Tod sich Atevoras Kundin wünscht, gäbe wenn nicht.

Atevora jedenfalls ist sehr erfreut darüber, dass Sigourny, welche vor dem Biblotheksmalheur als eine der Besten in ihrem Fach galt, ihre Zusage gibt.
„Sehr schön.“
So nimmt die Magierin wieder die braune Umschlagmappe zur Hand und holt zwei sorgsam gefaltete Papiere heraus. Sie steht vom schäbigen Sessel auf, der ein jämmerliches knarzen von sich gibt, legt die Mappe darauf während sie die Anwesenden bittet die Getränke ein wenig beiseite zu schieben und entfaltet die Blätter vorsichtig auf dem Tisch, sodass die Ränder teilweise schlaff über die zu kleine Tischfläche hinaus ragen.
„Das hier sind die Kopien der Originalpläne für das Grundstück und das Anwesen. Wie ihr seht sind alle Maße eingetragen und die Räume teilweise sogar beschriftet. Hier die Küche, die Waschkammer, die unbeschrifteten Räumlichkeiten auf der Nordseite sind die Zimmer der Bediensteten. Ich denke, dies sollte eine nette Unterstützung sein, um sich rasch, oder besser, im Anwesen zurechtzufinden und unliebsamen Begegnungen vorbeugen und ausweichen zu können.“
Atevora nimmt die Ledermappe wieder in die Hand und zieht einen Umschlag mit gebrochenem blauen Siegel heraus als sie sich wieder auf den Sessel setzt. Dann greift sie wieder in ihre eigene Tasche, zaubert ein gefaltetes Schreiben auf bestem weißem Büttenpapier hervor und steckt dieses in den leeren Umschlag. „Wenn ihr den Ohrring in einem geheimen Versteck auffindet und darin befinden sich irgendwelche Schriftstücke, so bitte ich euch mir diese ebenfalls zukommen zu lassen. Und Tane, ..“
Atevora hält dem grünäugigen Schönling den Brief entgegen: “Wenn du so nett wärst, dieses Schreiben hier irgendwo an passender Stelle, zwischen anderen abgelegten Dokumenten, oder irgend welcher Briefpost zu schieben, deren Wichtigkeit schon vergangen wirkt, ich stütze mich hier ganz auf deine bisher immer hervorragende Intention, wäre ich dir außerordentlich verbunden.“ Tane möchte sein freches Mundwerk aufmachen, ganz sicher um sich zu erkundigen was das für ein Schriftstück ist, doch bevor er noch dazu kommt gibt ihm Atevora auch schon die entsprechende Antwort. “und nein, ich werde nicht bekannt geben was da geschrieben steht, es ist für euch und euren unmittelbaren Auftrag auch nicht von Bedeutung. Nebenher erwähnt sehe ich diese zwei kleinen Gefälligkeiten als im Preis mit inbegriffen.“
Ein Anflug eines verschwörerischen Lächelns breitet sich auf Atevoras Zügen aus, um gleich darauf wieder zu verschwinden.
„Ich würde vorschlagen, wir treffen uns für die Übergabe und den Abschluss der Geschäfte dann in sieben Tagen unmittelbar nach der Aktion, also kurz vor Sonnenaufgang, am Blaupfuhl. Dort findet ihr mich an der hinteren Bank, an welcher die alten Weiber im Herbst immer die Enten und Gänse mit Brotkrumen zu füttern pflegen, denn - wie ihr hoffentlich versteht - würde ich es vorziehen, mit der restlichen Geldsumme das Ge... tümmel der Unterstadt zu meiden“.
„Gut, sind noch irgend welche Fragen offen?“
Als dem nicht so ist, schiebt die Magierin den Beiden die Anzahlung über den Tisch und nimmt ihr Glas zur Hand: „Dann würde ich sagen wir begießen unser Arrangement und trinken auf einen hoffentlich reibungslosen und glücklichen Abschluss.“


Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 15. Dez. 2009, 13:11 Uhr
Die Pläne, die Lady Shin vor den beiden Dieben auf den Tisch legt, sind sehr detailliert. Im Geiste reibt Sig sich die Hände. Damit würde ein großer Teil an Aufwand, nämlich das Auskundschaften des Anwesens wegfallen. Tane nimmt soeben noch einige Papiere an sich, die er im Zug des Auftrages in der Villa deponieren soll. Die junge Einbrecherin zieht die Augenbraun hoch, sagt aber nichts. Sie bewegen sich hier in einer Auftragshöhe, wo man keine unnötigen Fragen stellt, wenn man den Job und besser auch sein Leben behalten will. Eine Frage hat sie allerdings noch: „Wie sieht es mit Hunden aus?“ In den letzten Wochen, vor allem seit der unheimlichen Mordserie, waren viele der reichen und angesehenen Bürger darauf verfallen, sich Wachhunde anzuschaffen. Ein gewisses Ärgernis mitunter, vor allem weil es Sig widersteht, den Tieren etwas zu leide zu tun.
Dem von der Lady vorgeschlagenen Treffpunkt kann sie nur zustimmen. Ebenso wie dem Zeitpunkt. Auch wenn es etwas knapp vor dem Morgengrauen ist. Aber am Blaupfuhl gibt es einen geheimen Einstieg zur Unterstadt, sodass sie nicht blind durch die halbe Stadt tappen muss – vor allem nicht mit so viel Geld. Und Tane…nun als Leibwächter traut sie ihn nicht ganz über den Weg. Während sie noch auf die Beantwortung der Hundefrage wartet, steckt sie das Geld ein, einen Seitenblick auf ihren Begleiter werfend: „Du erlaubst doch…? Ich hau dich schon nicht übers Ohr aber es ist sicherer für dich…wer weiß in welchem Etablissement du und das Geld noch landen, bevor wir den Auftrag erledigt haben.“ Mit Genugtuung stellt sie fest, dass die Ohren des Rotschopfs die Farbe seiner Haare annehmen. Tane ist sehr darauf bedacht seinen Ruf als Frauenheld zu wahren und der Gedanke, er könnte für die körperlichen Freuden der Liebe zahlen müssen, ist ihm zutiefst zuwider.
Sig zwinkert ihm zu, nimmt ihr Glas und stößt mit der Auftraggeberin an. „Auf gute Zusammenarbeit!“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 21. Dez. 2009, 16:32 Uhr
Als würde Sigourny die bisherige Vorarbeit nicht bereits ausreichen, erkundigt sie sich auch noch, ob mit Wachhunden zu rechnen sei.
Natürlich ist es absolut üblich, dass der Auftraggeber immer alles im Vorfeld bereits bis ins Kleinste aussondiert und es schließlich den eigentlich beauftragten Spezialisten zum Podex nachträgt. Atevora hatte, des engen Zeitplanes und der schnellen und reibungslosen Abwicklung wegen, nicht nur bereits dafür gesorgt, dass das Haus nahezu unbewohnt sein würde, sondern ihnen auch noch die Pläne für das Grundstück als Geschenk in den Rachen geschoben, was denn noch? Vermutlich wäre es am Besten auch noch selbst in das Anwesen einzusteigen, den Dieben das entwendete Gut zu übergeben, damit jene es ihr überreichen und die Entlohnung für den geglückten Auftrag entgegennehmen können.

Da leiste ich bereits derart penible Vorarbeit. Serviere ihnen das Anwesen förmlich auf dem Silbertablett und zähle auch noch auf mit welchen anwesenden Feindobjekten zu rechnen ist und sie nimmt bei all dem ernsthaft noch an ich würde solch ein Detail vergessen? Wie fein. Atevora atmet ruhig durch und trinkt gelassen und seelenruhig einen weiteren Schluck vom kopfschmerzen heraufbeschwörenden Gesöff in ihrem Becher. Gut, eine kleine Information habe ich ihnen wirklich unterschlagen, sofern sie alles derart genau ohne jegliche Vorarbeit wissen möchte, bitteschön. Dann antwortet sie schließlich trocken:
„Wachhunde? Von solchen Haustieren ist mir nichts bekannt.“ Die Magierin lehnt sich nach frone und verleiht ihrer Stimme etwas mehr Nachdruck: “Doch gebt acht, denn ich weiß von der Köchin zwei bitterbösen höchst gefährlichen und blutrüntigen“ eine Stilpause „Killerfrettchen!“
Tane spuckt neben ihr beinahe pustend sein Bier zurück in den Becher: >„..blutrünstige Killerfrettchen...“<
„Korrekt, wahrlich und ausnehmend diabolisch!“
Atevora sinkt mit fader Miene zurück in den ächzenden Sessel, während sie Sigournis nicht so besonders erfreuten Gesichtsausdruck registriert: „Verzeiht, doch nun ernsthaft: Es besteht ohnehin kein Zweifel, dass ihr das Anwesen nochmals vorab auskundschaften werdet. Sollten in der Zwischenzeit, wider erwarten, erwähnenswerte Haustiere, wie in etwa Wachhunde, auf dem Anwesen vertreten sein, so bin ich mir sicher, ihr findet eine kreative Möglichkeit euch vorübergehend des Problems zu entledigen. Etwas Hackfleisch und Schlafkraut, oder ähnliches...“ Atevora macht eine wegwerfende Handbewegung „Ihr findet gewiss passendes.“
Mit einem müden, dünnem Lächeln greift die Magierin nach ihrem Becher und kippt zügig den letzten Schlucken ihres Getränkes hinab.
„Also gut, wenn dann nichts mehr wäre, ziehe ich mich wieder zurück. Meine Zeit ist äußerst kurz bemessen, die Geschäfte warten.“
Atevora überreicht Tane den Schlüssel für das Zimmer. „Ihr könnt euch im Zimmer noch so lange aufhalten wie es euch beliebt, doch schließt bei verlassen bitte, wie es, hm, „Hausbrauch“ ist, die Tür hinter euch und gebt den Schlüssel beim Wirt ab. Wir sehen uns also heute in einer Woche an den Ufern des Blaupfuhles.“ Dann nimmt die Magierin noch die braune Umschlagmappe, verkündet mit einem gewählt freundlichen Ton und höflichen Nicken zum Abschied: „Bis dahin, gehabt euch wohl.“ und verlässt den Raum.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 08. Jan. 2010, 11:07 Uhr
Blutrünstige Killerfrettchen! Sig funkelt die geschlossene Tür, hinter der die geheimnisvolle Frau verschwunden ist, wütend an. „Meine Zeit ist äußerst kurz bemessen, die Geschäfte warten….äfft sie Lady Shin nach „Arrogante Kuh! Wo bei allen Dämonen der neun Höllen hast du diesen Drachen aufgegabelt?“ wendet sie sich an Tane. >Och wenn man sie näher kennt ist sie eigentlich nicht übel…“ erwidert der Rotschopf. Die Diebin zieht die Augenbraun in die Höhe. „Näher kennt? Mich würde mal interessieren wie nahe näher ist…endet die Kenntnis vor oder hinter der Schlafzimmertür, hmmm?“ Nun ist es an dem jungen Mann erst mal zu schlucken. >Also Sig wirklich …ich würde nie…du weißt doch mein Augenstern…du bist die einzige die ich in den Tiefen meines Herzens begehre…nur dein hartes Herz erhört mich nicht und so…das Fleisch ist schwach und ich bin nur ein armer, schwacher Mann….aber die Lady! Niemals… ich…< Sig unterbricht ihn mit einer wegwerfenden Geste. „Schon gut alter Schwerenöter, erzähl deine Weibergeschichten deiner Großmutter oder nem Priester wenn du beichten willst aber nicht mir!“
>Was anderes…< kommt Tane auf ein anderes Thema >was willst du eigentlich mit dem ganzen Geld machen? Ich meine…damit könntest du die halbe Unterstadt kaufen, Sig die Königin der Unterstadt…< „…und du ihr Hofnarr!“ grinst die Angesprochene. „Nein, das wirklich nicht! Aber ich hätte da schon eine Idee…schau nicht so, du wirst es früh genug erfahren! Über ungelegte Eier rede ich nicht gerne!“ Fügt sie hinzu als Tane sie mit einem Dackelblick ansieht! Sie nimmt noch einem Schluck und verzieht eine Miene. „Gesöff!“ urteilt sie und geht Richtung Tür. „Komm, lass uns verschwinden. In dieser Klitsche hab ich immer das Gefühl, mir will wer ans Mieder und da müsste ich dann leider die Welt eines potentiellen Vererbers berauben. Außerdem haben wir zu arbeiten!“ Sie zwinkert ihm zu und packt die Pläne ein ehe sie Steinhöhle verlässt. Tane beeilt sich ihr zu folgen. >Wo gehen wir hin?“ fragt er.    

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Sigourny am 18. Jan. 2010, 08:36 Uhr
Sig wirft einen letzten prüfenden Blick in die Spiegelscherbe in ihrer Hütte. Die Kleider, die Maura ihr gegeben hat, sitzen perfekt, betonen ihre Formen und durch die Schlitze im Rock blitzen ihre langen Beine hervor! Die blonde Mähne fließt in großzügigen Locken über ihren Rücken und ein Hauch von Rot betont die ohnehin schon verführerischen Lippen. Auf zwei einfache Hausbedienstete, deren Herr nicht gerade den Ruf hat großzügig zu sein, muss sie wirken wie ein Geschenk Inaris. Zwei Flaschen edler Wein (wo Tane die hergezaubert hat weiß sie nicht) sollten das Ihrige dazu beitragen, die beiden abzulenken und die wenigen Tropfen Schlafkraut, die sie darunter gemischt hat, würden die zwei ins Reich der Träume geleiten.

In der letzten Woche hatte sie alles genau vorbereitet und Tane hat das Anwesen und die Umgebung im Seeviertel genau unter die Lupe genommen. Unter dem Namen ‚Konrad‘ (mit schwarzer Perücke am Kopf um die leuchtend roten Haare zu verbergen) hat er sich als Laufbursche in dem besagten Haus einstellen lassen. Die Diebin zwinkert ihrem Spiegelbild zu und schickt einen Kussmund! Dann wirft sie ihrem schwarzen Umhang über die Schultern, streift die Kapuze über die blonden Haare und macht sich auf den Weg ins Seeviertel.  

--> Strassen der Stadt im Seeviertel

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 09. Nov. 2010, 20:42 Uhr
--->  In den Straßen der Stadt

Uio muss verschnaufen und stellt kopfschüttelnd fest, dass er sich in der Zeit auf dem Anwesen sowohl körperlich verändert hat, so dass er kaum noch durch den schmalen Eingang, seinen schmalen Geheimgang zur Unterstadt passt, als auch das er es nicht mehr gewohnt ist, lang und ausdauernd zu laufen. Dazu kommt das ihn der Einsatz des Manas natürlich auch viel Kraft gekostet hat. Er ist völlig außer Atem und bleibt erschöpft stehen. Beschmutzt mit Erde und anderem Dreck lässt er sich auf den Boden nieder und schaut den dunklen Gang zurück, den er gerade gekommen ist. Es ist wirklich schon eine ganze Zeit vergangen, seit dem er das letzte Mal hier unten war. Und eigentlich hatte er sich vorgenommen, nie wider hier herunter zu müssen. Ein neues Leben wollte er anfangen, ein Held werden. Blödsinn!, denkt Uio ärgerlich. Warum mache ich mir eigentlich etwas vor oder habe mir die ganze Zeit etwas vor gemacht? Und plötzlich schleicht sich ein kleines Lächeln auf sein Gesicht. Alles ist hier so vertraut und irgendwie …ja es ist als würde er nach Hause kommen. Ein merkwürdiges Gefühl stellt Uio fest. Aber ist er wirklich nach Hause gekommen? Gibt es einen Ort, den er zuhause nennen kann?
Ich habe kein zuhause. Nicht hier, wo ich mich auskenn, noch woanders. Das Anwesen? , Uio seufzt bei dieser gedanklichen Feststellung. Nein, so schön es dort ist, so sehr sich alle bemüht haben, so sehr ich mich bemüht habe, dort hineinzupassen, dorthin gehöre ich auch nicht. Ein Straßenjunge beleibt nunmal ein Straßenjunge, das hatte der alte Peet schon gewusst.

Seine Gedanken wandern weiter zu seiner kleinen Freundin. Zoe. Wo sie wohl jetzt ist? Ob es ihr gut geht? Natürlich geht es ihr gut, was denkst du für ein Quatsch! Sie kann dort im Anwesen bleiben und zwischen Blumen, Gräsern und Tieren spielen… Wieder seufzt der Junge, er vermisst seine kleine Freundin jetzt schon. Aber für Zoe ist die Unterstadt nichts. Hier ist es dunkel und stickig, es gibt weder Blumen noch Schmetterlinge oder sonstige Tiere. Hier gibt es garstige Schurken, die nichts Gutes im Schilde führen… Nein, Zoe würde in der Unterstadt bestimmt nicht glücklich werden können, dessen ist sich Uio ganz sicher.
Und ich…wohin gehöre ich? [/i ]
Schließlich steht er auf und zuckt mit den Schultern.
[i]Ich gehöre wohl mehr in die Unterstadt, als in ein feines Anwesen, soviel steht fest!


Langsam und immer noch nachdenklich geht Uio tiefer in die Unterstadt hinein, überquert den Wolfsmarkt und steuert zielsicher die kleine, verfallenen Hütte an in der die Diebin Sigourney Wohnt. Doch Uio findet dort niemanden vor, noch sieht es aus als würde hier jemand wohnen. Die Hütte ist allem Anschein nach schon länger unbewohnt. Uio denkt nicht lang nach, schließ die Tür hinter sich und beginnt sich ein geeignetes Nachtlager aus den verbliebenen Gegenständen und Strohresten zu bauen. Sogar einen alten Eimer findet er und befüllt diesen mit dreckigem Wasser. Diesen stellt er nahe an sein neues Schlaflager. Sicher ist sicher! denkt er, gähnt und lehnt sich zurück ins Stroh.


Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 15. Nov. 2010, 18:33 Uhr
<------ Die Straßen der Stadt

5. Grünglanz 510


So langsam begannen sich die Dinge zu fügen. Atevora musste nun nicht, wie befürchtet, das Schloss ihrer Tür austauschen lassen oder ein durchwühltes Heim erwarten und wusste auch wer für das Verschwinden der einen Leiche und für das erscheinen der Zweiten von vorhin gesorgt hatte. Als weiterer Programmpunkt auf ihrem neu geschriebenen Tagesplan stand also nun notgedrungen ein Besuch in der Unterstadt.

Atevora hatte nach dem Ball ihre Tasche nicht auf der Straße liegen lassen, sondern im Pfirsich vergessen. Ihr Vertrauter war ihr sogleich hinterher und hatte die Geschehnisse auf der Straße aus einem geschützten Winkel aus verfolgt. Als Vertrauter von Atevora konnte er sich auch ausmahlen was dieser Tote für Atevora an Unannehmlichkeiten bereiten konnte, und war sofort zurück zum Lokal um einen gewissen Jemand zu Hilfe zu holen. Beide als ehemalige Bewohner der Unterstadt, und die geholte Hilfe die ohnedies als Mann fürs Grobe bekannt war, waren nicht lang zimperlich und sorgten mit aller Umsicht und Aufmerksamkeit von niemanden erspäht zu werden, für das Verschwinden des Aufgespießten. Atevoras Vertrauter hatte schließlich noch seinen ehemaligen Arbeitgeber, den Kredithai, konsultiert und ihn von den Geschehnissen und dem Problem das es gab unterrichtet. Garter Prämy hatte sich der Dinge offenkundig angenommen und die Sache schnell und brutal auf seine Art erledigen lassen.

Atevora hatte sich mittlerweile umgezogen und die geliehene Kleidung zurückgebracht.
Wissend wird die weiße Mistress,  sie ist mittlerweile auch ihrem Stil entsprechend wieder in Weiß gekleidet, in Prämys Revier willkommen geheißen und bald schon sitzt sie ihm gegenüber in den mit roten abgewetzten Samt überspannten Sessel am schweren Eichenholztisch. Atevora trug auch wieder ihre Ledermaske, welche nicht nur ihre Mimik sondern auch die Blessuren des Angriffes gut verbarg.
Garter zeigt der Magierin dem entgegen während ihrer Unterhaltung ein breites zähnefletschendes Grinsen, packt schließlich mitten unter dem Gespräch ein zugedecktes Behältnis und stellt es geräuschvoll auf den Tisch. Sein Lächeln wird noch eine Spur breiter und boshafter, als er das Tuch schwungvoll wie mit einem nicht ausgesprochenen „Tata“ hinfort zieht und den Inhalt des Gefäßes aufdeckt. In dem Glasbehälter schwimmt eingelegt in klarflüssigen, scharf riechenden Spirituosen der abgängige Kopf des zweiten Attentäters.
>“Na, ich hoffe damit hat sich Euer kleines Problem in Wohlgefallen aufgelöst. Zumindest vorerst.“< Beginnt er mit seiner tiefen Bassstimme und sein Schmunzeln wird noch eine Spur schäbiger und bedrohlicher: >„Einer meiner Männer hat das Fischfutter hier erkannt. Das war, wie es aussieht, einer von Leftes Halsabschneidern.“< Duriar Leftes.. Atevora kannte diesen Namen sehrwohl, er war es auch der Anrakis damals überfallen ließ. Die Magierin hatte ihm bereits einige Probleme bereitet, ein paar Männer geschickt in Richtung Kerker gelotst und das entwendete wieder zurückstehlen lassen. Seither lag sie in einer Art umlauern und kaltem Krieg mit dem möchtegern Adeligen. Er war wohl tatsächlich ein sehr Nachtragender Mensch. Zudem, wenn Leftes der Fadenzieher war, bedeutete das, dass sich ein anderer Verdacht zu den Ereignissen in der Gewitternacht erhärtete. >„Es wird ihn ärgern wieder welche seiner Männer wegen Euch verloren zu haben, was meint ihr?“< Mit selbstgefälliger Miene lehnt er sich in seinen Sessel zurück.
>“Und was diese bleichnäsige Elbe betrifft, welche Tane erwähnt hatte, soll für einen Shebaruc ein sehr hübsches Biest sein. Es ist doch zu Schade, in dieser Stadt kann einem jeden Tag etwas schreckliches zustoßen., man wird überfallen und versehentlich erstochen.“<
Prämy hatte Recht, Yasraena hatte es sogar, als wolle sie ernsthaft mit ihr ein Spielchen wagen, offen erwähnt was sie gehört hatte und schließlich die Worte wie zum Hohn mit einem falschfreundlichen Lächeln unterstrichen. Sie wusste zuviel. Nungut, wer am Gletscherhang spielt, konnte sehr schnell verschüttet werden. Dieser Mischlingsbastard war wirklich leichtsinnig Atevora auf diese Weise zu drohen. Sie hatte sich hier wahrlich die falsche Spielgefährtin ausgesucht. Doch dann spannt der Zwiespalt Atevoras Inneres wieder wie dünne Pergamenthaut in alle Richtungen. Es brauchte nur ein kurzes kleines verschwörerisches Schmunzeln sowie ein zustimmendes Nicken und der Viehmagd Schicksal wäre besiegelt. Es wäre, wie von Prämy durch die Blume angemerkt, klüger sich dieses Problems sofort zu entledigen, alle kleinen Spuren zu beseitigen, und dennoch sträubte sich ihr innerstes und  riss Unbarmherzig an der kühlen Logik mit einer anderen Seite der Vernunft. „Dieses Problems werde ich mich selbst annehmen. Dennoch, mein Dank für Euer großzügiges Angebot.“
Ein ernstes Nicken antwortet ihr auf diese Aussage. „Erlaubt mir bitte noch eine Frage.“ Der Kredithai wird hellhörig. „Wurde bei Leftes Schergen ein rötlich farbenes Schmuckstück gefunden?" Plötzlich erscheint wieder das schmierige Lächeln, und Prämy wechselt abrupt das Thema: >“Falls ihr es euch noch anders überlegt ,wäre es mir jedenfalls eine Freude für euch diese Angelegenheit zu regeln. Ich würde sagen, damit wären wir wohl quitt, nicht wahr?“<
Das heißt wohl ja. Das war nicht besonders erfreulich, auch der zur Ablenkung gesprochene Satz nicht, denn ja, mit des Kredithais einschreiten waren die Schulden wohl tatsächlich aufgewogen. Es wäre nicht schlecht gewesen den Kredithai weiterhin in ihrer Schuld zu wissen, denn welch skrupelloser Mensch er auch immer sein mochte, auch er hatte eine klare Auffassung von Moral und Ehre. Diese neue Situation und diese Unterschlagung war etwas, das Atevora nun so gar nicht schmeckte.
Nach einer kurzen Bestätigung der Aussage verabschieden sich Beide schlussendlich floskelhaft von einander. Es wurde auch Zeit, denn Atevora hatte heute noch einen weiteren Termin vor sich.

Es war bereits später Nachmittag, als Atevora mit etwas schnelleren Tempo durch die Straßen der Stadt stapft und schließlich am Ziel, den Stoffhandel Zorloks ankommt.

------>       Stoffhändlerei des Zorlok

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 29. Nov. 2010, 11:16 Uhr
Unruhig wälzt sich der junge mit den roten Zotteln im Stroh von der einen Seite auf die andere. Eine staubige Lumpendecke, die er in der Hütte gefunden hatte, ist um seinen Körper gewickelt. Nicht das er während der letzten Stunden auch nur ein Auge hat zutun können, ganz im Gegenteil. Die immer wieder in seinem Kopf kreisenden Gedanken der letzten Geschehnisse treiben ihn fast in den Wahnsinn und bringen ihn um den Schlaf, den er sich so wünscht. Uio ist müde und ausgelaugt. Seine Glieder fühlen sich schwer wie Blei an, als hätte er mehrere Eimer Wasser schleppen müssen oder viele Säcke voll mit Saatgut.
Ruckartig dreht er sich um und liegt nun auf der linken Schulter, seinen linken Arm unter dem Kopf geschoben lässt er den rechten einfach vor seinem Bauch liegen. Schläfrig gähnt er und atmet seufzend ein und aus. Gleich, ja gleich wird er einschlafen, redet Uio sich erneut ein und versucht, die wiederaufkeimenden Gedanken zu ignorieren. Leider mit wenig Erfolg. Wieder schleichen sich die Bilder vom Anwesen in seinen Kopf und wieder muss er feststellen, dass er in einer wirklich nicht zu verachteten Misslage befindet.

Das ihn bisher niemand gefunden hat, schreibt Uio der Unterstadt zu. Hier unten, so scheint es, ist er sicher vor den Häschern der Stadtwache und der Nase von Aurians ganz persönlichen Spürhund. Vermutlich ist ihr die Unterstadt zu miefig, Uio lächelt müde und dreht sich auf den Rücken. Der Geruch hier unten ist wirklich nicht zu verachten, dass ist Uio auch gleich aufgefallen. Wie sich doch alles verändert. Früher hat er das gar nicht wahrgenommen, aber heute, als er hier herunter gestiegen ist und auch jetzt, ist der eigentümliche Geruch von allerlei Unrat der Unterstadt allgegenwärtig. Und nicht nur das, er musste zudem noch feststellen, das es kalt hier ist. Kälter als er es jemals in Erinnerung gehabt hat. Der warme Ofen im Anwesen, ein warmes Bad, das regelmäßige Essen und die saubere Kleidung, all das hat ihn vergessen lassen.

Uio seufzt erneut und muss gleich darauf herzhaft gähnen. Langsam öffnet er die Augen. Als ob das einen Unterschied machen würde. Hier unten ist es immer dunkel, egal ob Tag oder Nacht. Er könnte nicht sagen wie lang er sich schon hier quält oder ob es in Talyra hell oder dunkel ist. Nur schemenhaft erkennt er die Balken, die kaputten Fenster und den kläglichen Rest von dem, was einmal die Einrichtung der Hütte gewesen sein mochte. Viel ist nicht davon übrig, die Diebin wird alles mitgenommen haben, wohin auch immer.
Langsam setzt Uio sich auf und reibt sich die Augen. Das bringt doch nichts, stellt er mürrisch fest und wie auf ein passendes Kommando gewarte, beginnt sein Magen laut zu knurren. Ein schiefes, wissendes Grinsen legt sich für einen Moment auf seinen Mundwinkel. Hunger…ja, da ist er also wieder. Mein guter alter Freund, der Hunger!
Er mag zwar einiges verdrängt und vergessen haben…oder wollte es zumindest, doch weiß Uio immer noch genau, wie man sich etwas zu beißen heranschafft! Er muss nur abwarten bis der Markt seine Pforten öffnet und…und…
Verdammt, ich kann nicht auf Talyras Markplatz gehen. Jetzt, mehr denn je werden sie nach mir suchen. Entmutigt lässt er sich wieder ins Stroh fallen. Er ist einfach zu Müde.
Warum will denn dieser gemeine Schlaf nicht kommen…warum nur!


------------> Der Wolfmarkt

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 01. Dez. 2010, 11:07 Uhr
-----> Der Wolfemarkt


Das war ja gar nicht so schwer.
Grinsend wirft Uio den Beutel, in dem es verlockend klimpert, hoch und fängt ihn wieder auf.

Oben in Talyra war es schon am dämmern und Uio fühlte sich sicherer als am helllichten Tage durch die Straßen zu schleichen. Schnell hatte er den Mann im Kupferkessel ausfindig gemacht und ihm das Bündel überreicht. Der Mann war allerdings erstaunt, Uio zu sehen. Anders wie der Alte erwartete er wohl einen anderen Jungen. Dem rothaarigen Jungen fiel es nicht schwer, eine Geschichte zu erfinden, warum Jamin nicht kommen konnte und er seiner statt geschickt wurde. Der Mann nickte bedächtig und zauberte schließlich, nachdem er das Bündel untersucht hatte, eine kleine Schatulle hervor. Er öffnete sie und holte, bis über das ganze Gesicht strahlend, einen gut gefüllten Beutel mit Münzen heraus. Uio konnte sein Glück kaum fassen und hatte Mühe nicht einen Jubelschrei loszulassen oder sich gleich etwas zu Essen und zu Trinken zu bestellen. Er tat nichts von alledem und verlies schnell den Kupferkessel, um gleich darauf in dem nächstgelegenen Einstieg zur Unterstadt zu verschwinden.

„Hey du!“
Uio geht unbeirrt weiter. Er heißt weder „Hey du“, noch hat er Interesse daran, mit jemanden jetzt zu reden. Er will dem Alten die Münzen bringen und seinen Anteil haben.
„Hörst du schwer?“
Sicherheitshalber verstaut Uio jetzt doch lieber den Beutel in seiner Hosentasche. Er kann schon den Wolfmarkt hören, es ist nicht mehr weit.
„Hey Dreckskerl!“, schreit ihn num jemand an und schubst ihn von hinten. Uio hat Mühe nicht hinzufallen. Nein, er ist nicht gerade gut in Form und aus seiner Taktik der schnellen Flucht wird nichts, denn schon stehen drei nicht gerade freundlich aussehende Jungen um ihn herum.
„Das ist der Kerl!“, sagt der Kleinste von ihnen.
„Ja, das muss er sein, er hat rote Haare!“, wirft ein Junge mit schwarzen Locken ein.
„Ich glaubs ja nicht, DU!“, ertönt eine Stimme hinter Uio. Langsam dreht er sich um und genau in diesem Augenblick, als sich die Blicke der beiden Jungen treffen, weiß Uio, das er alle drei Jungen ziemlich gut kennt und er jetzt lieber wo anders sein möchte. Uio muss schwer schlucken. Schon als sie damals alle bei Gero wohnten konnten sie sich nicht ausstehen, doch als Uio das Feuer, in ihren Augen absichtlich, legte war klar, dass sie niemals Freunde werden würden. Gero hatte Uio rausgeschmissen und gesagt er solle sich nie mehr blicken lassen. Und Uio vermutet, dass die Drei genau derselben Meinung sind.

„Lang nicht gesehen, nicht?“, will er so einfach heraussagen, aber es kommt eher leise und abgehackt aus Uios Mund.
„Ich dachte die Blaumäntel haben dich erwischt oder irgendwer hat dich an die Krähen verfüttert. Was willst du hier! Du hast hier nichts mehr verloren, Uio!“
„Uio? Das ist….jaaa richtig!“, sagt der Kleine wieder und beschaut sich Uio von allen Seiten, während die Beiden anderen, die eindeutig größer sind wie Uio und aussehen, als wäre sie ziemlich gut in Form, die Ärmel ihrer Hemden hoch krempeln und fies grinsen.
„Gib unds den Beutel, der gehört nicht dir. Vielleicht machen wir es dann kurz!“
„He, ich will keinen Ärger. Den hab ich schon genug…“ , Doch keiner der Jungs gibt auch nur einen Kupfer darauf, was Uio zu sagen hat. Sie packen sich den Rotschopf, halten ihn fest und verpassen ihm eine Trachtprügel. Das scheint ihnen sogar richtig Spaß zu machen. Zwei halten Uio fest und einer bearbeitet den rothaarigen Jungen mit Schlägen und Tritten. Nach einer Weile lassen sie ihn los und Uio bricht auf die Knie zusammen. Er keucht und spuckt Blut aus seinem Mund.
…hilflos sein…allein…und gerade als alles sich zum Guten wenden wollte…nein wieder wieder geht alles schief. Wieder nichts! Wieder alles verloren…
„Och, komm mach es uns doch nicht ganz so einfach!“, höhnt der Kleine und lacht laut.
„He, lass ihn uns zu Gero bringen, der hat auch noch nen Hühnchen mit ihm zu rupfen!“
Ihr miesen, widerlichen, stinkenden, widerwärtigen, unratfressenden, …wenn ich könnte würde ich euch……Uio hält kurz inne und lächelt diabolisch. Ihr seid so erbärmlich…ihr…
„…im Dreck kriechenden Schweinehunde…nein Hurensöhne, ja genau…ich, ich mach euch fertig“, Uios Hilflosigkeit schlägt schlagartig um in Wut. Er merkt gar nicht, dass er statt nur zu denken alles laut ausspricht.
„Was sagst du?“
„Hast du gehört was er gesagt hat?“
„Der faselt dummes Zeug!“
Die drei Jungen schauen sich an und lachen laut während Uio den Kopf hebt und sie böse anfunkelt. Sie feixen herum und geben auf Uios Worte nichts. In Uio drin brodelt es mittlerweile. Und das ist genau das was Uio will. Es soll brodeln, kochen, ihm heiß werden…
„Na los komm schon…ich kann noch!“ bringt Uio brüchig heraus. Jedoch diesmal ist es nicht vor Angst oder vor Schmerz, sondern vor Anstrengung. Uio spürt schon wie es kribbelt und juckt, sein ganzer Körper, nicht nur seine Hände…nein diesmal ist es anders. Uio weiß nicht was passieren wird…aber es wird etwas passieren.
Einer der Jungs will grade den Beutel von Uio wegnehmen und sagt etwas wie, das er die Idee mit Gero gut findet, da packt Uio seinen Arm und schreit ihn an: „ Fass mich nie wieder an!“
Ein lautes Schreien schallt durch die Gänge der Unterstadt. Es ist ein Schrei, der aus Angst, Schmerz und Verzweiflung rührt. Von dort, wo der Schrei herkommt, ist der Gang nicht dunkel, sondern hell erleuchtet. Keine Fackel oder Licht erleuchtet den Gang, ein Ring aus Feuer unbekannter Herkunft brennt am Boden und umschließt vier Jungen. Zwei von ihnen stehen am Rand. Starr vor Schock blicken sie auf die Beiden anderen in der Mitte. Einer von ihnen, seine Haare sind rot und wild durcheinander, er hockt am Boden und er umfasst mit beiden Händen den Arm des anderen Jungen. Dieser schreit wie wild, man möge ihm helfen oder etwas tun. Aber keiner der zwei Anderen wagt es, sich zu bewegen. Wie lang dieses Spektakel dauert…lang genug um einige Verbrennungen davon zu tragen, aber kurz genug, um anschließend ohne sich umzusehen und den Beutel dort zu lassen, davon zu laufen und Uio allein dort zurückzulassen…

Mit wackligen Beinen steht er da und klopft zitternden Händen an die große Holztür. Sein Blick ist irgendwo hingerichtet…in die Ferne…sein Gesicht von der Auseinandersetzung mit den Jungen gezeichnet, schweißnass und leichenblass.
Es dauert eine Weile, bis man ihm die Tür öffnet. In seinen Ohren rauscht und flötet es, so dass er nicht versteht, was man ihn fragt. Es kostet Uio einiges an Mühe und viele Versuche etwas zu sagen. Ein Wort kommt über seine Lippen, die er im Moment nicht mal spürt…
„Nathanael“

----> Talyra

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 23. Nov. 2011, 21:46 Uhr
Mit einer Kapuze über seinen Kopf klopft eine Gestalt an ein Gebäude in dem Gebiet in der Unterstadt, das von vielen nur „Totes End“ genannt wird. Das Haus ist groß für unterstädtische Verhältnisse. Man kann sogar erkennen, dass es renoviert wurde, neue Stützbalken wurden eingesetzt, eine neue Wand wurde gezogen. Draußen stehen zwei Männer, ein Elb und ein Zwerg und halten Wache. Sie sind nervös, angespannt. Trotzdem haben sie die Gestalt durchgelassen.
Die Tür aus Eichenholz (auch sie wurde im Rahmen der Renovierung ausgewechselt) geht auf, und ein anderer Mann mit einem Messer in der Hand schaut hinaus, bereit zuzustechen wenn es nötig sein sollte.
>Ach, Ihr seid es. Kommt herein, Boss.<
Der Mann geht etwas zur Seite, lässt den Gast hinein, behält dabei aber die Umgebung genau im Auge ehe er die Tür wieder schließt und einen Riegel vorschiebt um sie zu sichern.
Jetzt erst nimmt der Gast die Kapuze ab, feuerrotes Haar schaut hervor, der pockennarbige Mann schaut sich um.
Keeshar war hierhin gerufen worden. Er hatte dieses Haus für seine Männer renovieren lassen, damit sie eine Unterkunft hatten, an denen sie sich in Ruhe zurückziehen konnten. Ein Haus, ohne meckernde Frauen, ohne lärmende Kinder.
Jetzt stank es in dem neuen Unterschlupf nach Blut und Tod.

Stirnrunzelnd betritt Keeshar den Hauptraum. Männer liegen auf dem Boden. Sie sind der Grund dafür, dass es nach Blut und Tod stinkt, denn sie sind deutlich sichtbar schwerst verletzt.
Ein Körper, abseits von den anderen liegend, ist komplett in einer Decke eingehüllt. Auf Höhe des Kopfes (der genauso eingehüllt ist) hat sich die Decke von dem ganzen Blut rot verfärbt.
>Das dort ist Berl, Sire. Er wurde noch hierhin geschleppt, aber es war zu spät, er war schon tot.<
Ein alter Mann tritt an Keeshar heran. Graue Haare, viele Falten, ein gepflegtes Äußeres… der Alte Mann ist ein ungewohnter Anblick für die Unterstadt. Seine Arbeit war für die Unterstadt genauso ungewöhnlich – er ist ein Heiler, und zwar ein guter, kein Pfuscher wie es sie in der Unterstadt in Massen gibt.
Vor zwei Zwölfmonden hatte Keeshar den Mann – der von allen nur „Magister“ genannt wurde – „eingeladen“ um sich einen seiner verletzten Männer anzuschauen.
Die Einladung hatte so ausgesehen, dass zwei von Keeshars kräftigen Männern dem alten Mann einen Sack über den Kopf gestülpt hatten und ihn so sanft wie möglich in ein Haus in der Unterstadt gebracht hatten.
Natürlich war Magister mehr als ungehalten darüber, so zu einem Patienten gebracht worden zu sein. Allerdings hatte ihn die mehr als gute Bezahlung etwas milder gestimmt. Außerdem verzichteten sämtliche Beteiligten darauf, irgendeine Waffe auf Magister zu richten.
Als die Männer das nächste Mal bei ihm vorbeikamen, um ihn zu einem Patienten zu „geleiten“ hatten sie auf den Sack verzichtet, Magister kam stark protestierend so mit… und wurde wieder sehr gut bezahlt.
Das nächste Mal packte er seufzend seine Tasche, und kam freiwillig mit.
Seitdem wurde Magister immer wieder geholt, wenn es zu schwereren Vorfällen gekommen war. Und diesmal handelte es sich um einen besonders schweren Vorfall.
Vier von Keeshars Männern waren dabei Schutzgeld einzufordern, als sie in einen Hinterhalt gerieten. Genaueres weiß Keeshar auch noch nicht, er hat nur eine kurze Nachricht bekommen, und war sofort in dieses „Krankenlager“ geeilt.

„Berl ist tot.. und die anderen?“  
Keeshars Stimme klingt hart, schneidend.
Magister stört sich nicht weiter daran, er war diese Launen des Einäugigen gewohnt, und er wusste, dass der Anführer der Männer nicht auf ihn sauer war.
>Der dort… ich glaub, sein Name ist Glückskatz? Der macht seinem Namen alle Ehre. Die Messerstiche haben alle wichtigen Organe verfehlt. Man hat ihm auch auf den Schädel gehauen, und ihm ist übel, aber ich denke, er wird nach strenger Bettruhe wieder ganz der alte werden. Glückskatz halt. Wenn er keinen Wundbrand bekommt… schaut mich nicht so an, Sire, ihr wisst dass ich alles in meiner Macht stehende tue, um das zu verhindern.<
Andere Männer mögen von dem Gesichtsausdruck verängstigt sein, Magister hingegen bleibt ruhig, reibt sich das Kinn auf dem die ersten Anzeichen eines Bartes zu sehen sind.
>Und die beiden dort,< Magister schüttelt traurig den Kopf > Ob der Braunhaarige,Efraf überlebt… das wissen allein die Götter. Er hat viel Blut verloren. Wer immer das war, er hat ganz schön an Efraf rumgeschnibbelt. Man hat ihm zum Beispiel alle Finger der rechten Hand abgeschnitten.<
Wenn es überhaupt noch möglich ist, dann verdüstert sich der Gesichtsausdruck von Keeshar noch mehr.
Efraf war Taschendieb, und zwar ein Guter. Er war nur beim Eintreiben mitgegangen, weil sein Bruder (der eigentlich mitgehen sollte) krank geworden war. Anscheinend wussten die Angreifer aber, dass Efraf Taschendieb war, und hatten ihm mit dem Abschneiden der Finger die wichtigsten Arbeitswerkzeuge genommen.
Vielleicht wäre es besser für ihn, wenn er das nicht überleben würde…er ist doch so stolz auf seine Fähigkeit, jede Geldbörse zu bekommen…
Magister wendet sich dem letzten Mann zu. Der Mann war ein Riese, selbst für einen Normander war er ausgesprochen groß. Aber auch diese Größe hat ihm nichts genützt.
>Großfuß…. Ihr gebt euch seltsame Namen, wisst ihr das?... Jedenfalls.. Großfuß wird überleben. Ich musste ihm aber den rechten Arm abnehmen. Er war einfach zu zertrümmert. Genauso wird er wohl nicht mehr ordentlich laufen können. Ich denke, der Fuß wird steif bleiben… aber das wird die Zeit sagen.<
Ein Mann tot. Einer der möglicherweise stirbt. Einer verkrüppelt. Einer, der wochenlang ausfallen würde.
Keeshar kocht innerlich, und nur mühsam kann er sich zusammenreißen, um nicht irgendwelche Möbelstücke zu zerstören.
„War ER es?“ fragt er einen seiner Handlanger, einer der Männer die zur Zeit dem Magister zur Hand gehen.
Der Mann schluckt. Er hat Angst, eine Antwort zu geben, aber genauso, wenn nicht sogar größer ist die Angst, wenn er nichts antwortet.
>Glückskatz war einen Moment wach. Er meinte… dass es Ijurs Männer waren.<
Somit war es raus. Der Handlanger war eigentlich kein Feigling - aber jetzt sieht er gerade lieber zu, aus der Reichweite von dem Einäugigen zu kommen.
„Magister!“ knurrt Keeshar. Der Mann schaut nur kurz auf, er konzentriert sich eigentlich eher auf Efraf. „Wenn ihr irgendwas braucht, sagt es. Meine Männer holen es. Wenn ihr es schafft, dass keiner der anderen stirbt… < Keeshar spricht nicht weiter, Magister weiß eh, dass seine Belohnung damit zusammenhängt, wie gut er diese Männer versorgt.
Weitere Befehle werden gegeben. Keeshars Männer sollen nur in 3er Gruppen unterwegs sein, die ganze Zeit bewaffnet. Es wird bestimmt noch mehr Angriffe geben.
Wütend verlässt Keeshar das Krankenlager.
Draußen, außerhalb der Sichtweite seiner Männer, lässt Keeshar seiner Wut freien Lauf, schlägt mehrfach auf eine halbverfallene, einzeln stehende Mauer ein, die kurz danach auch komplett einstürzt. Knurrend begibt sich Keeshar zu seinem eigenen Haus.

Ijur. Dieser Name verfolgt Keeshar seit  einigen Siebentagen. Zuerst dachte Keeshar, dass es sich um einen normalen Bandenboss handelte, der sich ein Stück vom Kuchen abschneiden wollte. Zuerst hatte der Rothaarige auch nichts dagegen, sollte er sich doch um das Gebiet südlich vom Toten End kümmern, und auch einige.Arbeiten übernehmen.
Allerdings war Ijur raffgierig. Er wollte Keeshars Gebiet übernehmen. Wollte Keeshars Bande verjagen.
Und da Keeshar natürlich gegen diese Übernahmepläne war, griff Ijur nun zu anderen Mitteln. Zu blutigen Mitteln.
Einen Tag später wurden einige von Keeshars Männer wieder angegriffen, und nur einem glücklichen Zufall sei dank, konnte dieser Angriff ohne größere Verluste abgewehrt werden.
Allerdings griff Ijur weiter um sich.
Blaumäntel tauchten plötzlich bei eigentlich sorgfältig geplanten Außeneinsätzen auf, so dass diese abgebrochen werden mussten.
Geschäftsmänner, die mondelang ohne zu Murren ihr Schutzgeld bezahlt hatten bereiteten nun Probleme. Sei es, dass sie sich weigerten, das Geld zu bezahlen, oder aber, dass sie nicht zahlen konnten, weil Ijurs Männer das Schutzgeld bereits eingefordert hatten.
Geschäfte wurden zunichte gemacht, indem Ijur einfach ein besseres Angebot machte…
Und dann begannen die Angriffe auf Keeshars Männer, die sich natürlich dafür rächten.
Bald flüsterten die Bewohner der Unterstadt: >Es herrscht Krieg im Toten End<
Keeshar weiß, er muss sich um diesen Ijur kümmern. Dummerweise weiß Ijur das genauso. Der Anführer hatte sich tief in den Gassen seines Reiches zurück gezogen, hatte seine Männer aufgestellt, um niemanden, der nichts in dem Gebiet zu suchen hatte, reinzulassen.
Keeshar muss sich dafür was einfallen lassen.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 29. Nov. 2011, 10:46 Uhr
Wie überall in der Unterstadt sind es Fackeln und Lampen, die für Licht in den Gassen im Südwesten der Unterstadt sorgen. Hier aber, fast am äußersten Rand des Gebietes, sind es sehr wenige Fackeln. Überhaupt sieht hier alles etwas verfallener aus, die Leute scheinen noch ärmer zu sein als der Rest der Unterstadtbewohner, was man nur all zu deutlich an ihrer Kleidung und der sonstigen Erscheinung erkennen kann. Außerdem stinkt es hier noch penetranter nach Kot, Urin und sonstigem Verfall als in den restlichen Bereichen der Unterstadt.
In einem dieser einsturzgefährdet aussehenden Häusern ist eine Frau gerade dabei mit Hilfe von einem Reisigbesen für etwas Ordnung zu sorgen solange ihr Sohn außer Haus ist.
Die Frau sieht müde aus. Obwohl sie erst 25 Sommer zählt, sieht sie schon aus wie jemand der seit 40 Sommern (oder mehr) auf Roha wandelt. Ihre Gesichtszüge sind eingefallen, als wenn sie nicht genug zu Essen bekommt. Ihr braunes Haar, das hinten zu einer Knotenfrisur hochgebunden ist, sieht spröde aus. Einzelne Strähnen haben sich gelöst und hängen nun unordentlich herab.
Die Haut an sich ist dreckig, teilweise von Asche, teilweise von Staub beschmutzt, die gleichen Substanzen sind auch auf der Bluse und dem Rock. Wenn man genau hinschaut, kann man erahnen, dass der Rock wohl mal blau war… oder beige… oder vielleicht doch grau?... jedenfalls, jetzt war er schmutziggraubraunblaubeige.
Würde man diese Frau – ihr Name lautete Tania – in eine Badewanne und neue Kleidung stecken, dann würde sie sogar für die Oberstadt annehmlich genug erscheinen. Doch Leider gibt es für Tania keine Badewannen und keine neuen Kleidungsstücke.
Gerade dreht sich Tania um, holt die Flickwäsche ihres Sohns heraus. Der Junge macht jedes Kleidungsstück kaputt, so dass sie immer etwas zum Flicken hatte.
Schweigend macht sie sich an ihre Arbeit, nur um die Kleidung dann wieder an die Seite zu legen – es ist kalt, und sie legt noch einen Holzscheit nach.

„Tania. Ich bin erfreut euch kennen zu lernen.“
Die Frau zuckt zusammen, als sie die Gestalt in dem Eingang ihrer Tür bemerkt. Unerwarteter Besuch bedeutete nie etwas Gutes.
Mit schnellen, hektischen Blicken mustert sie den Mann der sie freundlich lächelnd ebenfalls mustert.
Tania wusste nicht, was an dem Mann am auffälligsten war. Sein feuerrotes Haar, das praktisch zu leuchten scheint, die Augenklappe die das eine Auge verdeckt, die PockenNarben die das ganze Gesicht verunstalten… oder aber die Kleidung, die ziemlich grotesk aussieht. Ein großer, brauner Schlabberhut. Das Hemd war viel zu groß und schlackert an dem kräftigen Oberkörper des Mannes, die Ärmel sind viel zu weit und hochgekrempelt, während die Hosen recht eng aussehen und viel zu hoch am Bein endete. Die Füße sind nackt.
Wieder starrt sie dem Eindringling ins Gesicht. Sie weiß, wen sie da vor sich hat. Das dort ist der Mann, dem eine der Banden aus der Unterstadt gehört. Ihm gehört das Gebiet namens „Totes End“. Und dieser Mann befindet sich gerade mit dem BandenAnführer des Gebietes, in dem sie zusammen mit ihrem Sohn lebt, in einem blutigen Bandenkrieg.
>Sire…< grüßt die Frau namens Tania den Rothaarigen, der eine leichte Verbeugung andeutet. >Ihr braucht euch nicht vorstellen, Sire, ich kenne euch. Ihr seid Keeshar vom Toten End, Keeshar der Rote, Keeshar Monsterhalter,< (der Einäugige verzieht bei diesem Beinamen kurz die Mundwinkel, das Gerücht, dass er irgendwo ein Monster, ein Biest als sein Haustier hält, hält sich hartnäckig unter den niedrigsten Leuten in der Unterstadt)>Keeshar Einaug. Ich kenn euch, Sire. Allerdings weiß ich nicht, wieso Ihr hier seid, und wie Ihr hierher gekommen seid. Überall stehen doch Männer, die nach euch Ausschau halten…<
Gelangweilt betrachtet der Einäugige seine Fingernägel, dann seinen Handrücken. Deutlich sind Abschürfungen zu erkennen.
„An einer Stelle wurde kurzfristig ein Durchgang frei.“ ist seine lakonische Antwort. Dann blickt er wesentlich interessierter zu Tania, nimmt den braunen Schlapphut nun von seinem Kopf herunter.
„Und warum ich hier bin, warum ich zu euch komme… wehrte Frau, dass wisst ihr doch genauso gut wie ich. Aber wenn ich eurem Gehirn etwas beim Erinnern helfen soll… Vor ungefähr 8 Jahren traft ihr auf einen Mann, und wurdet dessen Gespielin. Um genauer zu sein, eine seiner VIELEN Gespielinnen. Eine unter vielen… kein Wunder dass Ihr unglücklich wart. Dann wurdet Ihr schwanger, und eurem… Mann wohl zu fett. Er sagte Euch, dass Ihr Euch aus seiner Reichweite fern halten solltet, dass Ihr ja nicht glauben sollt, dass er Euch und Euer Balg durchfüttern wird… Das war doch sein Wortlaut, oder?“
Tania hatte dem Mann zugehört, die Hände zwischenzeitlich zu Fäusten geballt, die Mundwinkel nach unten verzogen. Sie seufzt, greift dann nach einem Kleidungsstück, einer kleinen Hose mit einem Loch an den Knien. Stumm setzt sie sich hin, und beginnt das Loch mit einem Flicken zu versehen. Der Mann schweigt ebenfalls, und erst nach einigen Nadelstichen spricht die Frau weiter: >Ihr habt recht, Sire Keeshar. Ijur war mein Mann… oder ich seine Gespielin, wie ihr sagt. Und ich wurde in der Zeit, in der ich mit ihm zusammen war, schwanger. Und auch unser… Auseinandergehen… habt ihr richtig beschrieben.<
Keinerlei Regung ist in der Stimme zu hören, kein Anzeichen dafür, ob Tania darüber enttäuscht, wütend oder gar zufrieden ist. Auch ihr Gesicht ist in dieser Beziehung ausdruckslos.
> Und Sire, wenn ihr doch so gut informiert seid, dann wisst Ihr auch, dass ich seitdem zu Ijur keinen Kontakt mehr hatte..< „Ja, das ist mir bewusst. Allerdings habt ihr weiterhin Kontakt mit Ijurs Schwester, oder? Und die weiß doch, wo er sich befindet?“
Ein überraschter Blick von Tania ist die einzige Reaktion auf diese Frage.
> Und nun? Wollt ihr mich entführen, foltern, vergewaltigen? Damit ich dann zu Ijurs Schwester laufe und mich ausheule?  Wollt ihr Ijur so provozieren, dass er herauskommt aus seinem Mauseloch, um mich zu rächen, mich zu befreien?<
Die Frau näht ungerührt den Flicken an die Hose an, ihre Stimme hat einen Ton, den man irgendwo zwischen gelangweilt und höhnisch einordnen kann.
Dann blickt sie aber doch zu dem Rothaarigen auf, das Gesicht verbittert, traurig.
> Wenn ihr das machen wollt, nur zu. Ich habe schon schlimmeres erlebt. Und Ijur wird auch nicht herauskommen, der schert sich eh keinen Deut um mich! Den würde es nicht mal interessieren, wenn ich hier von euch massakriert werden würde! Und falls ihr vorhabt, Ijurs Sohn etwas anzutun… Der Mistkerl hat genug Bastarde, der kümmert sich doch nicht um ein einzelnes Kind! Lasst uns also in Ruhe, und kümmert euch um euern Kram!“<
Sie schreit die letzten Worte dem Einäugigen entgegen, jetzt endlich sieht man die Wut in ihren Augen, krampfhaft hält sie sowohl das Kleidungsstück, als auch die Nadel fest.
Keeshar hingegen bleibt genauso ruhig an dem Türbalken angelehnt, ein leichtes Grinsen umspielt seine Lippen, welches, nachdem Tania mit ihrer Ansprache aufgehört hat, immer breiter wird.
„Aber aber wehrte Dame, nun regt euch doch nicht so auf. Das tut einem nicht gut. Ich will euch doch nichts antun. Foltern, Vergewaltigen, Ermorden… tststs, was ihr von mir denkt! So etwas würde ich doch nie tun!“
Ungläubig, misstrauisch starrt die Frau den Eindringling an, der einen Moment schweigt, dann aber weiterspricht.
„Natürlich weiß ich, dass Ijurs sich um nichts anderes als seine eigene Haut und seinen Geldbeutel kümmert. Meines Wissen nach weiß er nicht einmal, wieviele Kinder er überhaupt hat. Aber das ist hier doch gerade nicht von Belang. Immerhin ist euer Sohn nicht von Ijur gezeugt worden.“
Das, was Keeshar da gerade so nebenher sagt, lässt nun die Gesichtszüge von Tania entgleiten.
>Was meint ihr damit? Das ist Schwachsinn!<
„Aber aber, gute Frau… ihr wisst doch genau, was ich meine. Jeder hier denkt doch nur dass euer Junge… Terw war sein Name, richtig?.... dass euer Junge der Sohn von Ijur ist. Dabei ist er doch der Sohn von eurer großen Liebe, Sinon - einem Matrosen, richtig? Schade nur, dass Sinon bei einem Sturm umgekommen ist, wirklich traurig.“ Mitleid schwingt in der Stimme von Keeshar, allerdings ist noch genauso das Knurren zu hören wie jedes Mal, wenn Keeshar spricht.
Tania kann es nicht fassen. Woher weiß der Eindringling davon? Sie hat das doch niemandem erzählt… außer ihrer damals besten Freundin Mauren… aber die würde doch nicht… nein, niemals… oder doch?
„Wie bereits gesagt,“ fährt Keeshar ungerührt weiter, zupft sich nun mit einem angeekelten Gesichtsausdruck eine Fluse von den viel zu langen, hochgekrempelten Ärmeln. „Ich habe nicht vor, euch zu foltern, zu vergewaltigen und zu ermorden. Das bringt mir gar nichts. Und auch eurem Sohn werde ich kein Haar krümmen“

Als wäre es geplant gewesen, ist Kindergeschrei draußen zu hören. Tania sieht an Keeshar vorbei ihren Sohn mit anderen Kindern draußen spielen, sie toben umher, fangen sich gegenseitig…
Mit Schrecken sieht Tania einen etwas älteren Jungen, der genau in diesem Moment bösartig zu ihr hinüberblickt. Das war nicht der Blick eines normalen Spielkameraden…
„Ah, ihr habt Lauren gesehen. Mein jüngster Mitarbeiter. Vielversprechendes Bürschchen, der wird es mal zu etwas bringen.“
Tanias Herz bleibt stehen während der Einäugige das sagt. Sie versteht nicht, was das ganze soll, ihr Mund wird trocken, sie wagt eigentlich nicht weiter zu atmen.
Da rennt Terw zu ihr hin.
Ein straßenköterblonder, dicklicher Junge von 6 Jahren, in mehrfach geflickten Kleidungsstücken wartet nicht, dass Keeshar den Weg frei gibt, sondern drängelt sich ungeniert vorbei.
>Mutter! Ich hab Hunger!< kreischt er, sowohl den Besucher, als auch das erschrockene Gesicht seiner Mutter ignorierend. „Mutter! Mutter, ich hab Hunger!“ kreischt er weiter, zerrt an dem Rock, bis sie ihn mit einem abwesenden Blick anguckt.
>Nimm dir was, es ist noch Brot da.<  >Brot… hmmm< Terw verzieht das Gesicht, rennt zu einem Schrank, wühlt darin herum bis er die Speise gefunden hat, nur um sich ein Stück herauszureißen und sich gierig in den Mund zu stecken. Dann rennt er wieder zurück zum Eingang, und diesmal scheint er Keeshar erst zu registrieren. Er mustert den Fremden, seine Augen werden groß…
>Maester! Ihr seid Keeshar! Lauren hat von euch erzählt!<
Keeshar lächelt liebeswürdig, beugt sich etwas nach vorne um Terw besser in die Augen schauen zu können.
„Und du bist Terw. Lauren hat auch mir von dir erzählt, er meinte…“ >Hast du auch für mich Süßigkeiten?!“ unterbricht Terw Keeshar.
Der lächelt immer noch, greift in den Beutel an seinem Gürtel, und holt ein Bonbon heraus. „Hier, für dich, mein Junge!“
>Nur eins?< Nun hebt Keeshar schon die Augenbraue, greift noch einmal in den Beutel, zieht ein zweites Bonbon hervor. „Hier. Und bevor du fragst: Mehr gibt es, wenn wir uns das nächste Mal wiedersehen.“
>Maester Keeshar, aber ich will…< „Nein!“ antwortet Keeshar nun mit festerer Stimme, schiebt Terw dann mit sanfter Gewalt nach draußen. „Terw, geh spielen“
Einen Stein wegkickend und Keeshar einen bösen Blick zuwerfend rennt der Junge zurück. Der ältere Junge namens Lauren, der vorhin noch den bösartig zu Tania hingeschaut hat, lacht Terw zu, fordert ihn auf weiter zu toben, und im nächsten Moment ist die Kinderscharr verschwunden.

„Ein… aufgeweckter… geschäftstüchtiger Junge.“ Etwas Verachtung liegt nun in der Stimme des Mannes. Man hört sofort heraus, dass Keeshar nichts von der Ungezogenheit von Terw hielt.
>Was wollt ihr?< fragt Tania mit emotionsloser Stimme.
„Ach, Mistress… nichts besonderes. Nur eine kleine Information, die Ihr mir bestimmt holen könnt, Tania. Wo befindet sich Ijur, wieviele Männer sind bei ihm. Was plant er die nächsten Tage… solche Sachen halt“
Wieder lächelt Keeshar zuvorkommend. „Wie gesagt, eine Kleinigkeit, da bin ich mir sicher. Ihr müsst euch nur etwas Mühe geben. Falls ihr natürlich meint, dass ihr das nicht schafft, oder falls zufällig Ijur etwas davon herausbekommen sollte,“ jetzt tritt das Knurren deutlich in der Stimme hervor, die Stimme wird kalt, schneidend, eindeutig drohend „wenn er nur irgendwie vorgewarnt wird…. dann wird Terw wohl zu mir ziehen. Glaubt mir, wenn ich will, dass Terw zu mir kommt… dann kommt er freiwillig. Bonbons? Kein Problem. Lauren wird die ganze Zeit um ihn herum schlawenzeln, mich in den höchsten Tönen loben. Terw wird darum betteln, zu mir zu kommen. Und dann werdet ihr ihn nie wieder sehen…  ihn, Sinons Sohn, die einzige Erinnerung an Sinon.“
Tania schaut versteinert zu Boden. Krampfhaft hält sie immer noch die Nadel in ihrer Hand. Sie zittert.
„Also, gute Frau… ich denke, ihr behaltet euren Sohn, und besorgt mir, was ich haben will. Sobald ich diese dann habe, sage ich Lauren, dass er sich zurückziehen soll. Und euer Sohn wird für immer bei euch bleiben…“
Tania nickt. Eine schwache, verzweifelte Bewegung. Die dem einäugigen Eindringling aber vollkommen ausreicht.
„Sprecht mit Mauren am Brunnen, wenn ihr die Informationen hat. Sie wird mich dann informieren und wir werden uns treffen.“
Wieder ändert sich die Stimme, wird honigsüß, als hätte sie nie Drohungen ausgesprochen.
„Falls ihr eure Aufgabe zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigt, werde ich auch schauen, ob ich etwas für euch machen kann. Eine neue Wohnung, besseres Essen. Genug, dass ihr auch etwas abbekommt, und nicht nur euer Sohn… Glaubt mir, hier wird sich einiges ändern, und Terw zuliebe solltet ihr euch für die richtige Seite entscheiden.“
Keeshar setzt sich den Hut wieder auf, dreht sich um, will das Haus schon verlassen, als er noch einmal stehen bleibt.
„Und ein kleiner Ratschlag. Prügelt eurem Sohn mal gute Manieren ein, bevor es jemand anderes tut. Er ist total verzogen“
Dann dreht er sich um, geht unauffällig seinen Weg zurück, verschwindet in den (fast) menschenleeren, einsturzgefährdeten Gassen.
Nur kurz blickt er zu den beiden Wachen, die betäubt und nackt auf dem Boden liegen. Sie hatten ihm im Weg gestanden, er hatte sie ausgeschaltet, und sich ihrer Kleidung bedient… Wieso musste ich ausgerechnet die Stelle zum  Ankommen wählen, wo die Männer waren, die am wenigsten meine Statur haben…
Trotzdem  grinst er absolut selbstzufrieden.
Alles entwickelt sich wunderbar.

Kurze Zeit später schleicht ein Wolf durch die Gassen der Unterstadt, zurück zum Toten End. Niemand sieht ihn, niemand ahnt dass er da ist. Alles entwickelte sich wirklich wunderbar.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 04. Jan. 2012, 21:28 Uhr
Eine Woche später versammelt sich ein Großteil von Keeshars Männern. Auch einige Mietlinge sind unter den Männern. Gemeinsam machen sie sich auf in die Richtung von Ijurs Gebiet. Andere Männer bleiben zurück. Wut ist in ihren Gesichtern zu erkennen. Gerne würden sie die anderen begleiten, um Ijurs Männern ordentlich was auf die Fresse zu geben, um sich für ihre Freunde zu rächen, die tot, oder verkrüppelt, oder auch nur verletzt waren.
Sie aber mussten hier zurückbleiben.
Keeshar hatte mehrere Machtworte sprechen müssen, als es um die Entscheidung ging, wer mitgehen sollte, und wer im Toten End bleiben sollte.
Natürlich brauchte Keeshar für diesen Angriffstrupp starke Männer. Aber Totes End durfte nicht schutzlos bleiben.
Also hat Keeshar seine Truppen mithilfe von Söldnern verstärkt. Ob die Männer es schafften, Ijurs Männer aufzureiben… das war eigentlich unwichtig. Sie sollen nur für etwas Ablenkung sorgen, während Keeshar sich alleine um Ijur kümmern will. Auch das hatte für schlechte Laune unter Keeshars Männern gesorgt, sie wollten ihren Boss begleiten, ihm helfen. Aber das ließ Keeshar nicht zu. Dass war etwas, dass er alleine machen muss, und sie können seinem Weg sowieso nicht folgen – seine Männer gehorchten, auch wenn sie nicht wussten, was ihr Boss damit eigentlich meinte.

Während die Männer sich also auf machen, um für ordentlich Krawall zu sorgen, bereitet Keeshar sich in seinem Heim auf seine Aufgabe vor. Er betritt über die Leiter in seinem Zimmer den Dachboden, verschließt sorgfältig die Luke so dass ihm niemand hinterher kommen konnte. Dann entkleidet sich der Einäugige, eine Hose und zwei Waffen - einen kurzen, recht leichten Reiterhammer und ein Messer - sorgfältig  packt er auch seine Augenklappte in ein Tuch ein, bindet dieses mit einem Lederstreifen zusammen, so dass sich auf dem Paket nun eine Schlaufe befindet.
Dann öffnet Keeshar die mit Eichenschindeln bedeckte Ausstiegsluke, legt das Paket mit der Schlaufe nach oben auf einen Sims an der Luke.
Missmutig runzelt Keeshar die Stirn, während er über die Dächer der Unterstadt schaut. Hier waren noch genügend Fackeln und Lampen, so dass man auch über den Dächern etwas sehen konnte… Es erinnerte den Rothaarigen an späte Dämmerung. Eigentlich hasste er diese Lichtumstände. Aber manchmal ging es nicht anders.
Keeshar seufzt, bewegt den Kopf von rechts nach links, so dass der Nacken einmal knackt.
Dann hockt er sich hin, schließt sein verbliebenes Auge und konzentriert sich.
Zuerst scheint sich die gesamte Gestalt von Keeshar zu verändern. Während der gesamte Körper zu schrumpfen scheint, werden die Arme länger. Keeshars Finger wandern an der Hand, ändern ihre Position, das gleiche passiert auch an den Füßen, während sich Keeshars Haut gleichzeitig verändert. Kleine Schuppen wachsen an den Füßen, während sich bräunliche Federn aus den Poren der üblichen Haut schieben.
Keeshars Augenfarbe verändert sich, von einem hellen grün zu einem leuchtenden braun, die Augen selber werden größer während sich die Lippen nach vorne wölben und einen hornähnlichen Überzug bekommen. Gleichzeitig schrumpfen Keeshar Ohren bis sie nicht mehr zu sehen sind.
Immer weiter geht die Verwandlung in einen Vogel, die Federn bedecken nun den ganzen Körper, spitze Krallen wachsen aus den einstigen Fußnägeln, der genauso spitz zulaufende Schnabel ist nun auch gut zu erkennen, ihm wächst ein Schwanz aus Federn.

Die ganze Verwandlung in einen Bergadler (http://www.immerlan.de/tiere/raubvogel_bergadler.html) dauert nur wenige Atemzüge lang. Dann ist aus dem menschlichen Mann ein männlicher Bergadler geworden. Sein Gefieder glänzt in unterschiedlichen Brauntönen, das linke Auge blickt lebhaft in der Umgebung umher, während auf der rechten Seite nur die leere Augenhöhle zu sehen ist.
Ein Krächzen kommt aus Keeshars Schnabel, er schüttelt sein Gefieder, plustert sich auf, um dann erstmal mit den im ersten Moment ungewohnten Flügeln zu schlagen.
Die Flügel haben eine Spannweite von etwas weniger als zwei Schritt, Keeshar muss aufpassen um nicht mit irgendetwas zusammen zu stoßen. Dann hüpft er vorsichtig zu der Ausstiegsluke, krallt sich in das Sims fest, den Kopf so gewendet, dass er mit dem verbliebenen Auge vorraus schaut.
Wieder seufzt Keeshar – was in seiner Vogelkehle zu einem leisen Krächzen verarbeitet wird.
Früher war er gerne geflogen. Dieses Gefühl der Schwerelosigkeit war unbeschreiblich. Der Rausch, wenn er dem Boden entgegenstürzt und seine Klauen in ein Beutetier schlägt… genauso unbeschreiblich und vor allem unvergleichbar.
Seitdem Keeshar sein Auge verloren hatte, hatte sich das ganze geändert. Das Fliegen selber war immer noch unbeschreiblich. Diese Freiheit, das Losgelöstsein vom Boden war immer noch das gleiche Gefühl… Das Jagen und das Landen hatte sich aber komplett verändert.
Keeshar hatte Probleme, Abstände ordentlich abzuschätzen. Das hatte er schon als Mensch gehabt. Wenn ihm etwas zugeworfen worden war, hatte er danebengegriffen… Aber dieses Problem hatte er mit der Zeit und mit Übung unter Kontrolle bekommen.
Als Greifvogel hingegen… Er hatte einfach Angst, sich einmal so zu verschätzen, dass er nicht rechtzeitig hochzog, dass er auf dem Boden zerschellen würde. Also unterließ er das Beutejagen, landete in relativ sanften Winkeln… und verursachte dennoch häufig genug Bruchlandungen, weil er die Abstände nicht gut einschätzte.
Am liebsten würde er auch jetzt einen anderen Weg wählen… aber das geht nicht. Nur fliegend würde er dorthin kommen, wohin er sich jetzt aufmachte.
Wieder öffnete er flatternd die Flügel, greift dann mit seinen Klauen nach dem Bündel (Keeshar dankt in diesem Moment allen Göttern und Geistern, dass er stark genug war dieses Gepäck zu tragen (wie er schon mehrfach feststellen durfte)), dann, mit einem spitzen Adlerschrei, stößt er sich ab und fliegt seinem eigentlichen Ziel entgegen.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 12. Jan. 2012, 17:13 Uhr
Südlich vom „Toten End“. Die Anwohner von diesem Teil der Unterstadt haben sich in ihre Häuser zurückgezogen, soweit es ihnen möglich ist. Andere Menschen verstecken sich in den Trümmern alter Häuser und den Ritzen der Wände und hoffen, nicht gesehen zu werden.
Es herrschte Bandenkrieg. Keeshars Männer gegen Ijurs Männer. Und im Blutrausch auch schonmal gegen die unbeteiligten Anwohner. Einige junge Männer werden zusammengeschlagen, weil sie nicht für einen der beiden Anführer kämpfen wollen. Andere, weil sie Feiglinge sind und den Kampfort schnell verlassen wollen (so zumindest die Ansicht der blutrünstigen Bandenmitgliedern).
Einige Männer, die eigentlich nichts mit diesem Bandenkrieg an sich zu tun haben, werden „zwangsrekrutiert“ und müssen mitkämpfen.
Junge Frauen werden auch belästigt - wobei sich hier Keeshars Bande sehr zurück hält, die Männer wissen, was ihr Boss davon hielt, wenn Frauen in irgendeiner Art und Weise schikaniert werden.
Die meiste Gewalt herrscht natürlich zwischen den Banden an sich. Und hier greift man auf jede noch so brutale Möglichkeit zurück.
Beinstühle werden als Prügel genutzt, Messer blitzen auf, manchmal wird auch mit bloßen Fäusten aufeinander eingeprügelt.
Zähne fliegen, Augen färben sich blau, Knochen brechen, Blut fließt – Sithech  wird in dieser Nacht seine Hallen wieder erweitern müssen.

Außerhalb des Kampfgebietes befindet sich ein Haus. Teilweise war es verfallen, teilweise noch gut nutzbar. Das Strohdach ist verrottet und hing schief über dem Haus. Die Wände sehen einsturzgefährdet aus. Aber auch das nur im ersten Moment. Wenn man sich die Wände genauer anschaut, erkennt man schnell, dass sie noch erstaunlich stabil sind, und nicht so schnell zusammenbrechen werden.
Die Türen und die Fenster hingegen sehen auch auf den ersten Blick hin unglaublich stabil aus. Dicke Eichenbretter sind vor die Fenster genagelt, die Tür selber wurde aus dem gleichem Holz angefertigt… und irgendwie passen sie gar nicht zu diesem verfallenen Haus.
Ijur, der Anführer der gegnerischen Bande verbirgt sich in diesem Haus. Es ist nicht sein eigentliches Hauptquartier. Dort würde ihn doch jetzt jeder erwarten. Nur seine engsten Vertrauten (und deren Frauen) wissen, dass er sich jetzt hier befindet.
Hier will er die Krawalle abwarten, und dann weitere Entscheidungen treffen… Die Bande seines Konkurrenten wird auf jeden Fall angeschlagen sein, nach diesem Tag, und dass müsste man doch ausnutzen können…
Jetzt sitzt Ijur mit drei seiner Männern und einem Hund in dem Haus, trinken Wein und Dünnbier, warten, unterhalten sich dabei.
Vor dem Haus stehen auch zwei Wachen, sicher ist sicher.

Die Männer im Haus sind nervös. Sie hatten das gleiche Problem wie Keeshars Männer, die im Toten End zurückbleiben mussten. Sie wollten kämpfen, durften aber nicht.
Sie mussten hier bleiben und warten. Sie wollten diese Wartezeit mit Alkohol verbessern, allerdings hatte Ijur dabei nach einigen Gläsern Feuerwein eingegriffen, hatte ihnen mehr Alkohol verboten.
Jetzt waren die Männer auch noch sauer, dass sie nichts mehr außer Dünnbier trinken durften. Ihr Durst nach Alkohol reizt sie.
Wenigstens dürfen sie miteinander würfeln.

Vom Gefühl her sind sie schon mehrere Stunden hier in dem Versteck. Die beiden Wächter im Haus sind weiterhin mit dem Würfeln beschäftigt – der eine Mann flucht, der andere Mann jubelt.
Ijur sitzt auf einem Stuhl und pult sich mit Hilfe eines Messers den Dreck unter seinen Fingernägeln weg.
Der Hund liegt auf dem Boden, den Kopf auf den Pfoten. Er tut das einzig sinnvolle, leicht dösen, auch wenn seine Ohren immer wieder in verschiedene Richtungen zucken.
Dann hebt der Hund den Kopf, die Ohren nach vorne gerichtet. Die Lippen beginnen sich zu kräuseln, ein leichtes Knurren ist zu hören, dass aber im ersten Moment durch die Diskussion der Würfelspieler kaum zu hören ist.
Dann steht der Hund auf, das Fell nun gesträubt, lauter knurrend, Zähne fletschend.
Nun schweigen auch die Männer in der Hütte, blicken zur Tür.
Draußen sind Geräusche zu hören, Waffengeklirr, Schreie, Kampfgeräusche.
Dann Stille.
Die Männer drinnen schauen sich misstrauisch an. Was war da draußen los? Wer war der Angreifer, und hatten die beiden Wachen ihn besiegt? Wieso bei allen Göttern war es da draußen nur so still?
Dann, mit einem lauten RUMMS, geht die Tür auf.
In einer ledernen Hose bekleidet, einen Gürtel um seine Hüften, steht der Eindringling vor Ijur und seinen Männern.
Ansonsten hat er nichts an, der Oberkörper ist ebenso nackt wie die Füße. Er hat einen kurzen Reiterhammer in der rechten Hand, ein Messer – von dessen Klinge etwas Blut tropft – steckt in dem Gürtel.
Blut tropft auch von dem Oberarm des Mannes aus einem langen Kratzer… er war nicht unverletzt an den beiden Wachen vorbeigekommen.
Ansonsten sieht der Mann aber nicht wirklich danach aus, als wenn er sich grade mit zwei breitschultrigen Männern, zwei der besten aus Ijurs Bande erfolgreich geprügelt hätte.
Sein pockennarbiges Gesicht mit einem süffisanten Lächeln strahlt ein Selbstbewusstsein aus, dass Angesicht der Übermacht der Gegner recht ungewöhnlich ist.
Ijur weiß, wen er da vor sich hat, und er ist ernsthaft überrascht. Er hat nicht damit gerechnet, auf diese Art und Weise auf Keeshar zu treffen. Er hat gehofft, dass Keeshar bei einem Angriff stirbt – von seinen Männern erschlagen, und er hat sich erhofft, dann erst in das Gesicht seines Gegenspielers schauen zu müssen.
Und nun war Keeshar hier bei ihm. An seinem geheimen Versteck. Damit hat Ijur wirklich nicht gerechnet.
Aber er reagiert sofort.
>Reff, Fass!<
Sobald der Hund losstürmt, knurrend und zähnefletschend, dreht sich Ijur um, rennt in das hintere Zimmer, während die anderen beiden Männer zurück bleiben.
Aus den Augenwinkeln sieht er noch wie Reff – ein Rüde, von dem ein Vorfahre wohl ein Normander Bluthund gewesen ist – an Keeshar hoch springt um ihm an die Kehle zu gehen.
Der Rothaarige reagiert unerwartet schnell.  Er schwingt den Reiterhammer, und zwar so geschickt, dass die flache Seite der Waffe auf den Kopf des Hundes trifft.
Zusammen mit einer unerwarteten Kraft sorgt das dafür, dass Reff mit einem Winseln zur Seite geschleudert wird, an der Wand zur Rechten Keeshars auftrifft und dort benommen liegen bleibt.

Dann ist Ijur wirklich aus dem Raum heraus. Es reicht ihm, was er da gerade gesehen hat.
Ijur hängt sehr an seinem Leben. Dafür war er gerne schon mal feige.  Damit sich das nicht herumspricht, musste man zwar notfalls lästige Zeugen – in dem Fall, seine Leibwächter, wenn sie den Kampf überleben sollten – beseitigen, aber was tat man nicht alles für sein Leben und seinen Ruf.
Von seinem Versteck aus lauscht Ijur den Kampfgeräuschen.  Er hört seine Männer Kampfschreie ausstoßen, ein Brüllen, dass der Einäugige ausgestoßen haben muss (Ijur bekommt eine Gänsehaut bei diesem Geräusch, das Brüllen klang so seltsam wild). Dann hört Ijur Metall auf Metall aufschlagen. Geräusche, als wenn die Luft zerschnitten wird, Stoff, der von Messern zerfetzt wird. Dann schreit einer seiner Männer schmerzerfüllt auf, stöhnt, wird dabei immer leiser...
Die Kampfgeräusche gehen weiter, nach einiger Zeit sind auch heftigere Atemgeräusche zu hören. Einer der Kämpfer atmet normal, bei dem anderen ist immer ein knurrender Unterton zu hören.
Dann wieder ein Aufschreien, Waffengeklirre, Geräusche von Bewegungen… dann wieder ein Aufstöhnen – Stille.
Ijur macht sich bereit, hält sein Messer in der Hand. Wer auch immer jetzt um die Ecke kam…
„Komm da raus du Ratte!“ ertönt genau in dem Moment eine Stimme aus dem anderen Raum. Eindeutig keiner seiner Männer. Keeshar hat überlebt.
Vorsichtig bewegt sich Ijur zu der Tür, angespannt, misstrauisch. Er rechnet damit, dass Keeshar nach vorne stürzt und ihn in dem Türrahmen angreifen würde – aber nichts passiert.
Keeshar steht in dem Raum, heftig atmend, immer noch beide Waffen in den Händen haltend.
Die beiden Leibwächter liegen auf dem Boden. Soweit Ijur sehen kann, war dem einen Leibwächter die Kehle durchgeschnitten worden… der andere schien ein bösartiges Loch in seiner Seite zu haben, aus dem es auch die ganze Zeit blutete.

Auch Keeshar war nicht unverletzt aus diesem Kampf hervorgegangen.
Ein langer Schnitt war in seinem Gesicht zu erkennen. Am nackten Oberkörper waren Schnittwunden, eine recht heftig blutende Wunde an der rechten Seite.
Die Nase war schief und blutete, anscheinend hatte einer seiner Leibwachen Keeshar ordentlich eins auf die Nase geschlagen.
Der Rothaarige schnaufte dadurch, man konnte es beinahe schon als Pfeifen bezeichnen.
Ijur lächelte.
>Ganz schön aus der Puste gekommen, alter Mann?< verhöhnt Ijur den Angreifer, der immer noch heftig atmend nach Luft schnappt. Keeshar zieht Rotz hoch, spuckt Ijur fast vor die Füße. Ein blutiger Fleck. Vermutlich hatte der Rothaarige auch im Mund oder an den Lungen Verletzungen erlitten.
„Das geht schon, Jungspund!“
Tatsächlich klingt Keeshars Stimme fest und zuversichtlich, nur etwas außer Atem… Ijur begutachtet seinen Feind misstrauisch.
>Und nun? Willst du mit dieser brutalen Waffe auf mich einschlagen? <  Ijur zeigt mit einem Finger auf den Reiterhammer in der linken Hand des Einäugigen.
„Ich dachte eigentlich eher daran, dich mit einem Messer in Scheiben zu schneiden.“
>Einverstanden<

Und so lässt Keeshar den Reiterhammer fallen, umfasst das Messer in der Hand um einen besseren Griff zu haben… und dann springt Ijur mit gezogenen Messer auf ihn zu.
Keeshar weicht aus, sticht selber mit seinem Messer dann zu, zwingt Ijur dadurch, wieder zurück zu weichen.
Die beiden Männer umkreisen sich, immer wieder springt einer vor, um den Gegner mit dem Messer auf zu schlitzen. Immer wieder benutzt einer der Männer seine Füße um nach dem anderen zu treten, um den Gegner so irgendwie aus der Balance zu bringen.
Sowohl die Messer, als auch die Füße treffen hin und wieder auf den Körper des Gegners.
Trotzdem bleiben beide Männer auf den Beinen, kein Tritt ist stark genug, den anderen zu Fall zu bringen.
Doch nach einigen „Runden“ bemerkt Ijur eine Veränderung. Die Bewegungen des Rothaarigen werden langsamer, die Attacken seltener. Der Blutverlust (vorallem aus immer noch heftig blutenden Wunde an der Seite des Mannes) schwächt Keeshar.
Ijur fasst neue Hoffnung. Mit jeder Minute die dieser Kampf hier dauert, stiegen seine eigenen Überlebenschancen. Wenn nun zufällig jemand draußen die niedergeschlagenen Wachen findet…
>Soso, alter Mann. Sieht nicht gut aus für dich,< versucht Ijur seinen Gegner zu provozieren, damit der einen Fehler begeht. Nur einen kleinen, tödlich ausgehenden Fehler.
Aber der Rothaarige verzieht keine Miene wegen der Provokation, er atmet einfach schnaubend weiter, hält weiter das Messer in der Hand.
Ijur flucht innerlich. So wird er seinen Gegner nicht bekommen, und auch wenn Keeshar kurz davor war zu krepieren, Ijur war sich nicht so sicher, ob er den Rothaarigen jetzt schon den tödlichen Stoß versetzen sollte…
Es muss doch eine Möglichkeit geben… ah! Dann halt auf die unfaire Weise!
Jetzt lacht Ijur innerlich.
Der feindliche Bandenanführer geht einen Schritt auf Keeshar zu, an einem der Tische an denen er und seine Männer vor mehreren Herzschlägen noch gesessen haben – und greift blitzschnell nach dem Becher mit Dünnbier, der auf dem Tisch steht, kippt den Inhalt schwungvoll in die Richtung von Keeshars Gesicht.
Genauso schnell bewegt sich Keeshar.  Auch er schleudert etwas nach Ijur. Nur ist es keine Flüssigkeit, sondern das Messer, mit dem er eben noch gekämpft hat.
Und während das Dünnbier Keeshar ins Gesicht trifft, dringt die geworfene Klinge in Ijurs Brust ein.
Ijur keucht auf, starrt ungläubig auf die Waffe in seiner Brust, während Keeshar immer noch keuchend die Flüssigkeit mit dem Unterarm aus dem Gesicht wischt.
Ijur stolpert, seine Füße geben nach, er bricht zusammen.
Ungläubig schaut er seinen Feind an, flüstert etwas, das kaum zu hören ist. >Unfair<
Während Ijur diese Worte flüstert, kommt ihm Blut aus dem Mund.
Keeshar geht zu dem Mann hin, hockt sich nieder.
Sein Gesicht ist auffällig bleich geworden.
„Ich bin halt ein böser Bube.“
Brutal reißt er das Messer aus der Wunde raus, dann wieder eine schnelle Bewegung, mit der der Einäugige die Kehle Ijurs durchschneidet.
Die Wunde in der Brust ist schon lebensgefährlich. Die Wunde im Hals ist lebensbeendend. Ijur zuckt nochmal, dann sinkt der Bandenchef tot in sich zusammen.
Wieder spuckt Keeshar aus, lässt das Messer dann fallen.
Wankt zum Tisch, wo noch ein Becher steht, trinkt diesen erst einmal leer.
Immerhin kommt das Zeug nicht wieder aus mir raus… denkt er noch, bevor er weiter zum Fenster wankt, das Fenster dass er als Ausgang benutzen will. Ächzend macht er sich daran, die Bretter von dem Fenster mit Hilfe des Reiterhammers zu entfernen.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 16. Jan. 2012, 11:48 Uhr
Keeshar hat es gerade geschafft, einige Bretter zu lösen, so dass er durch das Fenster durch passt, als Geräusche vor dem Haus zu hören sind. Brüllen, Schreie.
Drei Männer stürmen in das Haus rein, sehen die Toten, Verletzten, Verstümmelten Männer. Sehen ihren Anführer auf dem Boden liegen, die Blutlache die sich immer weiter ausbreitet.
Und sie sehen den Mann, der das ganze wohl angerichtet hat – Keeshar den Einäugigen.
Er steht nur mit einer Hose bekleidet am Fenster, das noch kurz zuvor mit einigen Brettern vernagelt war.
>Dafür wirst du sterben!< brüllt einer der neuen Angreifer, bleibt aber noch am Eingang des Hauses stehen. Wenn ein Mann soviel Schaden angerichtet hatte, wollte keiner von den neuen Angreifern der erste sein.
Keeshar blickt den Neuen direkt in die Augen, lächelt zähnezeigend. Deutlich ist das Blut zu sehen, das Keeshar zwischenzeitlich in seinem Mundbereich hatte.
Dann nimmt er einen Beutel von seinem Gürtel, schüttelt diesen. Es klimpert in dem Beutel.
„Kauft Ijur ein anständiges Grab. Er war ein anständiger Gegner“
Dies ist zwar gelogen, aber Keeshar spricht ungerne schlecht über die Toten – zumindest dann nicht, wenn er sich noch in dem gleichen Raum mit diesen befindet.
Überhaupt gibt Keeshar nur deshalb Münzen für die Beerdigung eines Feindes aus, weil er die Geister der Toten nicht noch mehr verärgern wollte. Mit den Münzen konnte man eine anständige Beerdigung bezahlen, genug damit die Geister der Toten zufrieden in Sithechs Hallen (oder wohin auch immer die Geister verschwinden) umherwandern konnten.
Wenn die „Angehörigen“ des Toten die Münzen nun für etwas anderes ausgeben würden… konnten die Geister ruhig auf die sauer sein, Keeshar hatte seine Pflicht getan.
Der Rothaarige wirft den Beutel vor die Neuankömmlinge zu Boden, wieder klimpert es. Die Neuanlinge schauen verwirrt auf den Beutel – und bekommen dadurch zu spät mit, dass Keeshar durch das Fenster nach draußen klettert.
>Hinterher, schnappt ihn euch!< schreit der Anführer der Neuankömmlinge und tatsächlich setzen sich die meisten Männer auch in Bewegung. Einige versuchen ebenfalls durch das Fenster zu gelangen (sie blockieren sich dabei aber relativ erfolgreich gegenseitig den Weg, weil alle gleichzeitig durch das Fenster wollen), die anderen Männer stürmen zurück durch die Eingangstür, um von außen dem Einäugigen zu folgen.

Die Verfolger scheinen Glück zu haben. Ihr Feind, der Mörder Ijurs, scheint immer nur wenige Schritt von ihnen entfernt zu sein, sie hören ihn rennen und schnaufen, sehen ihn ab und an noch hinter einer Mauer verschwinden. Er zieht eine Blutspur hinter sich her, der man auch ohne Probleme folgen kann… ein Wunder, dass der Mann überhaupt noch rennen kann.
Dann hören die Schritte hinter einer Mauer auf – die Verfolger halten inne.  Jetzt, wo die direkte Konfrontation bevorsteht, kommt doch eine sehr starke Vorsicht in ihnen hoch. Wieder wollte keiner der erste sein, der um die Ecke der Mauer bog, und vielleicht den Reiterhammer von Keeshar direkt ins Gesicht bekam. Sie schlichen sich lieber leise und langsam heran, vielleicht bot sich ja doch eine bessere Gegenheit – und wenn man nur einen der anderen Männer, der unvorsichtig genug war, schnell genug nach vorne schubsen konnte… Hauptsache man war selber nicht der Erste.
Seltsame Geräusche sind hinter der Mauer zu hören..
Noch mehr Schnauben, ein Stöhnen, als wenn irgendetwas brechen würde, ein Reißen… dann das Geräusch, wie wenn ein Vogel durch die Luft fliegt…
Dann Stille.

Die Verfolger halten es nicht mehr aus, der Kräftigste der Gruppe schiebt den Kleinsten einfach nach vorne, dieser ist im ersten Moment zu erschrocken um wirklich zu reagieren – Nichts geschieht.
Kein Reiterhammer der den Schädel zertrümmert kein Messer, kein Angriff…
Verdutzt steht der Kleinste da, schaut noch verdutzter auf den Boden: >Ey, da liegt ne Hose aufm Boden!<
Tatsächlich spricht der Mann die Wahrheit. Eine blutverschmierte Hose liegt auf dem Boden, der auch blutverschmierte Reiterhammer daneben, sogar die Augenklappe wird gefunden– aber kein Keeshar.
>Was bei Liktik Schnellfinger… Er muss hier irgendwo sein! Sucht ihn!<
Die Männer schwärmen aus, suchen weiter nach dem Mann namens Keeshar.
Zum Glück guckt keiner nach oben auf das Dach, wo immer noch schwer atmend ein Bergadler hockt, dem es offensichtlich nicht gut geht.

Der Rückweg war anstrengend für Keeshar. Die Wunden bluteten und schmerzten. Sein Adlerkörper weigerte sich zu fliegen, und so blieb ihm nichts übrig, als wie ein gestutzter Vogel von Dach zu Dach zu flattern, wieder inne zu halten und nach Luft zu schnappen, um dann zum nächsten Dach zu flattern.
Wie peinlich kommt ihm einen Moment lang in den Sinn, dann schiebt er diesen Gedanken zur Seite. Es war fast so schwarz wie die Nacht, und die meisten Menschen die hier lebten hatten sich schon lange in ihre Häuser oder irgendwelche andere Verstecke zurück gezogen und warteten darauf, dass die Schlacht der beiden Banden vorbei war. Dass man sich wieder auf die Straßen trauen konnte, ohne Gefahr zu laufen, aufgeschlitzt zu werden.
Insofern war die Chance, dass ihn jemand herumflattern sah, sehr gering.
Trotzdem peinlich

Es dauert lange bis Keeshar auf diese flatternde Art und Weise zurück zu dem Nachbarhaus neben seinem Heim gekommen ist. Noch sind seine Männer nicht zurück… oder zumindest warteten sie nicht hier auf ihn.
Das war ganz gut so, denn nun ergab sich ein Problem:  Direkt neben Keeshars Heim waren keine Häuser. Das war absichtlich so, Keeshar wollte keine Gebäude neben sich haben, von denen man aus in sein eigenes Heim einsteigen konnte… Jetzt aber war es ein Problem, denn Keeshar musste eine Distanz von mehreren Schritt fliegend überwinden.
Die Muskeln schmerzten, begannen steif zu werden. Der Blutverlust war langsam auch bedenklich, er musste aus dieser Gestalt heraus…
Auf auf und davon kommt es Keeshar in den Sinn, dann stößt er sich ab, breitet kurz die Schwingen aus, um fast sofort wieder die Greiffüße nach vorne aus zu strecken – und um dann knapp daneben zu greifen. Die Wucht der Bewegung schleudert den Bergadler nach vorne, mit einem Flügel bleibt er auch noch etwas im Rahmen der Ausstiegsluke hängen, ein unangenehmes Krachen war zu hören.
Eine Bruchlandung wie im Bilderbuch. Polternd stürzt Keeshar nach vorne, bleibt schließlich auf der Brust liegen…
Schmerzen durchströmen ihn, nach Luft schnappend bleibt er liegen.
Nicht gut… kommt es noch kurz in Keeshar hoch, dann rafft er die letzten Kräfte zusammen und verwandelt sich zurück.
Viel zu schnell, viel zu hektisch, beinahe schon panisch.
Neben den Schmerzen kommt jetzt auch noch Übelkeit dazu.
Nackt liegt er auf dem Boden, die Wunden bluten nun etwas mehr. Eigentlich will er liegen bleiben. Wenn er stirbt, würde sein Körper nicht mehr so schmerzen.
Aber der Einäugige krallt sich an seinem sehr dünnen Lebensfaden fest.
Er zieht sich vorwärts, krabbelt unendlich langsam zu der Luke um sie zu öffnen. Dann krächzt er, so laut er kann (was nicht sonderlich laut ist) „Tjes!“

Augenblicke später hört er jemanden die Leiter hochstürzen.  Tjes, sein engster Mitarbeiter und Vertrauter kam hereingestürzt. Schweißperlen sind auf dem fast kahlen Schädel zu sehen, Sorge in den Augen des älteren Mannes. Er hatte gewartet, in Absprache mit seinem Anführer, und es ist gut dass er nun da ist.
„Bei den Göttern…“
Keeshar bekommt noch mit, wie der alte Mann auf ihn zustürzt, ihn umdreht, dann wird der Einäugige ohnmächtig.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 26. Jan. 2012, 11:40 Uhr
<---- am Ufer des Ildoel  im Herbst 510

Herbst 510

Es gibt viele Wege die Uio kennt, besonders für solche Situationen in denen er sich verstecken sollte. Aber Uio ist nicht in der Lage einen der Wege zu wählen, vorsichtig zu sein oder seinen Weg für evtl. Verfolger zu verschleiern.
Als er wieder zu sich kommt, oder besser gesagt als er wieder Herr seiner Sinne und seines Körpers ist, ist es dunkel um ihn herum. In der ferne brennen ein paar Lichter und nur leise dringen ein paar Wortfetzen an sein Ohr. Wie durch einen Donnerschlag zuckt Uio vor Schmerz zusammen und er fällt auf seine Knie. Uio zittert am Ganzen Körper als wäre er in ein Eisbecken getaucht worden. Sein Atem geht unregelmäßig, seine Zähne klappern aufeinander, die rechte Hand und seine linke Schulter pulsieren schmerzhaft.

Wo soll er nur hin? Er versucht wieder langsam aufzustehen gebraucht aber seinen linken Arm dafür. Schmerzend beißt er die Zähne zusammen als sich die geprellte Schulter noch kräftiger bemerkbar macht. Nach einige Anstrengung gelingt es ihm mehr schlecht als echt wieder auf seinen Beinen zu stehen.Bevor er überlegt wohin muss er wissen wo genau er ist. Angelehnt an der kalten Steinwand steht er da und versucht sich zu orientieren. Es fällt ihm schwer einen klaren gedanken zu fassen. Abe eines ist Klar!
Seine Beine haben ihn in die Unterstadt getragen, jedoch nicht in das Viertel wo er aufgewachsen ist.
Uio versucht einen Schritt zu machen, muss aber feststellen, dass der groß gedachte Schritt nur ein kleiner geworden ist und sein Körper immer schwächer wird. Ausruhen, Schlaf, Wärme...ja das wäre jetzt genau das richtige! Wieder packt es den rothaarigen Jungen und Kälte und Schmerz schütteln ihn das er seufzend an der Mauer herunterrutscht und sich dort zusammenkauert.
Eine kleine Pause, denk sich Uio. Und werd jetzt ja nicht Ohnmächtig! Schallt er sich selbst und gibt sich eine Ohrfeige. Nur ein bisschen ausruhen!

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 27. Jan. 2012, 15:35 Uhr
(Einige Zeit vor dem Bandenkrieg)

An diesem Tag (oder in dieser Nacht, in der Unterstadt war das alles das gleiche) geht Keeshar, Anführer der Leute vom Toten End, zu einem Geschäftspartner von ihm. Er brauchte einen fähigen Schmuggler, und mit diesem wollte er nun einmal besprechen, wie man die einzelnen Dienste denn bezahlen konnte.
Auf dem Weg begegnet er hin und wieder einigen seiner Leute, viele nicken ihm zu, andere, vorallem die Frauen, machen so etwas wie einen Knicks. Man hört immer wieder jemanden ein "Mylord" flüstern.
Die Leute vom Toten End hatten Respekt vor ihm - und die, die keinen Respekt vor ihm hatten, hatten genug Angst, um so zu tun, als hätten sie Respekt.

Auf seinem Weg begegnet er auch zwei seiner Männer. Glückskatz und Berl.
Die beiden waren sowas wie beste Freunde (wenn es in der Unterstadt geben konnte) und wenn der eine da war, war der andere immer in Reichweite.
Die Männer erkennen Keeshar, nehmen sich wie wohlerzogene Jungs die Mützen von ihren Schädel.
>Mylord< grüßen sie höflich.
"Glückskatz. Berl. Was macht ihr beiden hier?" fragt Keeshar sofort und ohne große Umschweife.
>Ratten fangen, Mylord< >Ja, Mylord, für die Rattenkämpfe, ey. Hier soll es einige ganz Fette Biester geben, wenn wir Glück haben, sind die auch für die Hundekämpfe geeignet, deshalb hab ich Glückskatz mitgenommen...<
Keeshar lächelt leicht.
Berl war manchmal etwas einfältig, aber eigentlich ein guter Kerl - für einen Dieb und Schläger.
Vermutlich hatte Glückskatz die Idee mit den Ratten gehabt. Glückskatz versuchte sich immer wieder (meistens recht erfolgreich) beim Wetten, und bei den Tierkämpfen hatte Glückskatz immer noch am meisten Glück.
>Wir hatten Glück, und haben da vorne einen angenagten Hundekadaver gefunden, Sire, wir warten da auf die fetten Ratten, dann räumen wir den Kadaver auch weg, Sire!< spricht Glückskatz weiter.
Aus irgendwelchen Gründen bestand Keeshar darauf, dass jeder verwesende Leichnahm, egal ob Mensch oder Tier, aus seinem Revier raus geräumt wurde. Und Glückskatz hält sich an diese Regeln.

>Ey, Glückskatz, hier ist nochn Toter!< brüllt Berl von einem Seitengang. Keeshar und Glückskatz gehen auf Berl zu. Deutlich können sie einen regungslosen Körper erkennen, der zusammemgekrümmt auf dem Boden liegt.
> Ey nein, der lebt doch noch, Ey!< Berl trat leicht mit dem Fuß gegen den Unterschenkel des Jungen, um seine Aussage zu beweisen. Dieser stöhnt nur schmerzerfüllt auf, murmelt irgendwas vor sich hin, reagiert ansonsten nicht.
>Dem hat einer den Finger abgeschnitten, der blutet wie n abgestochenes Schwein, ey!<
>Neee, dem wurden die Finger nicht abgeschnitten, schau doch, Berl, die sind abgebissen worden!< antwortet Glückskatz auf die Aussage seines Kumpanen, während er die Hand des Verletzten in die Höhe hält, damit der andere Mann die Wunde genauer anschauen kann. Dabei geht er mit dem Besitzer der Hand nicht grade zimperlich um, ein weiteres Stöhnen ist zu hören.

Abgebissen? Diese Worte lassen Keeshar aufhorchen. Er hat aufgrund seiner Herkunft Interesse an Tierbissen, er hatte selbst schon in seinen verschiedenen Gestalten so manchen Finger abgerissen.
"Lass mich mal ran."
Glückskatz und Berl gehen von dem Verletzten weg. Neugierig betrachttet der Rothaarige den Verletzten.
Ein junger Mann, grade erst dem Kinderalter entwachsen. Rötlichbraune Haare. Irgendetwas an dem Burschen lässt Keeshar erahnen, dass der Junge in die Unterstadt gehört, allerdings sprechen die gute Kleidung dagegen. Außerdem sieht der Bursche zu gut genährt aus für einen Burschen aus der Unterstadt.
Der Bursche ist fast ohnmächtig, er stöhnt und wimmert nur leise vor sich hin, er zittert leicht.
Das erzeugt aber kein Mitleid in Keeshar. Er hält die Hand des Verletzten mit seiner Hand fest. Und es ist ihm egal, dass der Arm des Burschen dadurch recht langgezogen wird. Er betrachtet nur die Verletzung die immer noch blutet.
Dem Burschen fehlt der kleine Finger und ein Teil des Ringfingers. Und tatsächlich hat Glückskatz recht, die Finger wurden abgebissen. Die Reste der Finger sind einfach nicht glatt genug für einen "Unfall" mit einem Messer oder Beil.
Interessiert betrachtet Keeshar weiter die Wunde. Soweit er etwas von abgebissenen Gliedmaßen versteht, war das ein recht großes Raubtier, dass diese Wunden verursacht hat. Und es hat dafür nur wenige Bisse gebraucht.
Keeshar war sich sicher, dass es sich bei dem Raubtier um keinen normalen Haushund handelte.. aber was mochte den Burschen angegriffen haben?

Diese Frage fegt der Rothaarige schnell wieder aus seinem Gedächtnis. Er hat die Wunde gesehen, das reicht ihm, was interessiert ihn ansonsten so ein Rumstreuner...
"Brennt dem Burschen die Wunde aus, und dann lasst ihn liegen. Wenn die Wunde nicht versorgt wird, stirbt der Kleine noch an Wundbrand, und ich habe keine Lust, ihn hier in einigen Tagen krepiert aufzufinden."
Damit war die Sache für Keeshar eigentlich erledigt. Er betritt das Haus, zu dem er für seine Geschäfte will, tritt ein. Geschäfte waren wichtiger als so ein Bengel, der sich in die Unterstadt verirrt hat.

Als Keeshar eine Stunde später aus dem Haus des Schmugglers wieder herauskommt, stehen Berl und Glückskatz immer noch an der Wand, laut miteinander redend und streitend.
>Du bist einfach zu faul, du wartest nicht lange genug, bis das heiß ist!< >Ey, der Stahl war heiß, ich schwöre es bei den Fingern von Liktik Schnellfinger! Ey, ich bin nicht faul!<

Augendrehend geht Keeshar auf die beiden Diebe zu, brüllt dann: "Was ist hier noch los? Ihr solltet dem Burschen doch die Wunde ausbrennen?!"
>Ja, Boss, haben wir versucht, aber Berl kriegt den Stahl nicht heiß genug, er...< >Ey Boss, nein, dass stimmt nicht, der Stahl war heiß genug, ehrlich, ich....<
"Ruhe!" brüllt der Einäugige erneut.
"Berl, beweg deinen Arsch, und erhitz den Stahl. Und wenn er dann nicht heiß genug ist..."
Keeshar kommt nicht mehr dazu, die Drohung auszusprechen. Berl flitzt los.

Diesmal bleibt Keeshar bei Glückskatz und dem Burschen. Er wartet.
Glückskatz ist nervös, er trippelt von einem Fuß auf den anderen. Soviel Aufmerksamkeit von seinem Boss bedeutet selten etwas gutes...
Der verletzte Bursche ist inzwischen wirklich ohnmächtig, er zittert nichtmal mehr. Die Wunde an sich blutet nur noch leicht.
Dann kommt Berl wieder angerannt, mit einem glühenden Eisenstab in seiner mit einem dicken Handschuh geschützten Hand.
>Hier Boss, der ist wirklich heiß genug, ey, das waren die anderen aber auch, und..<
"Quatsch nicht, brennt ihm endlich die Wunde aus!"

Von der Blutung alleine her wäre das Ausbrennen wohl nicht mehr wirklich nötig gewesen. Die Wunde würde wirklich bald aufhören zu bluten... aber die Gefahr, dass eine Infektion in der Wunde beginnen würde, und dass der Bursche an dieser krepieren würde war sehr hoch. Keeshar kannte die Gefahr von Tierbissen...

Mit hoch erhobener Augenbraue beobachtet Keeshar, wie Berl das glühende Eisen an die Hand des Burschen heranführt, während Glückskatz die Hand selber festhält, so fest wie er kann...
und dann sieht Keeshar selber, wie alle Hitze aus dem Metall entweicht. Das Glühen ist plötzlich weg, und auch die Hitze, die er vorher gespürt hat, nimmt ab und verschwindet. Gleichzeitig beginnt sich die tierische Seite in Keeshar zu regen, sie spürt irgendetwas an dem Burschen, das anders ist. Seine Nackenhaare stellen sich auf.
Keeshar schnaubt überrascht aus.
>Ey, Boss, wirklich, das Eisen war heiß genug, ich kann da nichts für....< jammert Berl, während Glückskatz die Hand weiter festhält und mit verunsichertem Blick von Keeshar zu Berl und wieder zurück schaut.
Der Einäugige schweigt, geht näher auf den Burschen zu. Er greift nach dem Gesicht des Jungen, dreht den Kopf des Ohnmächtigen hin und her, schiebt dann auch die Augenlider auseinander, um sich die Augen anzuschauen.
Wenn das nicht Magie ist, bin ich der Lordcommander der Steinfaust.
Keeshar weiß nicht, warum er das Gefühl hat, einen Magier vor sich liegen zu haben. Er hat dieses Gefühl einfach.

Mit Leichtigkeit hebt Keeshar den Burschen hoch, trägt ihn nun mit beiden Armen. Dass er dabei mit dem Blut des Burschen beschmutzt wird, interessiert ihn nicht.
"Glückskatz, renn zu mir, und sag Tjes, dass wir mit einem Verletzten kommen, er soll heißes Wasser fertig machen, Decken rauslegen. Das Üblich. Berl! Du rennst zum einarmigen Reda. Sag ihm, ich brauche ihn"
Der einarmige Reda war sowas wie ein Wundscherer in Keeshars Diensten. Kleinere Wunden konnte er gut versorgen, auch wenn er nur noch einen Arm hatte... und diese Hilfe wollte er jetzt für den Burschen.

Glückskatz und Berl verkneifen sich jeden weiteren Kommentar, sie rennen los so schnell sie können. Zwar fragen sie sich, warum die Wunde jetzt nicht mehr ausgebrennt werden sollte, oder warum sogar ein richtiger Wundscherer kommen sollte - aber sie trauten sich nicht, diese Frage an Keeshar zu stellen.

Schweigend trägt Keeshar den Burschen zu seinem Heim, und geht dabei seinen ganz eigenen Gedanken nach.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 28. Jan. 2012, 16:46 Uhr
"...hier ...Toter.... neiiiiin...doch ....der blutet ...ey....Neee.... Finger ..."mischt sich das Gespräch der beien Männer  die plötzlich in der Gasse auftauchen, in Uio´s Kopf wild durcheinander. Immenoch versucht er nicht das Bewusstsein zu verlieren, was ihm von herzschlag zu herzschlag schwerer fällt. Plötzlich stehen die beiden Männer vor ihm, Uio kann sie kaum richtig erkennen sein Blick ist wackelig und leicht verschleiert. Sie zerren an ihm herum. "Hab ...nicht...ganichts...", bringt der rothaarige leise heraus das es kaum zu verstehen ist. Ausrauben bringt bei ihm nichts...er hat nichts was es sich lohnen würde.
"...Lass .... mal ran." , kommt eine neue Stimme dazu.
Noch einer der ihn ausauben will? Oder was wollen sie von ihm?
"wrm...ich...ncht...ds...kann...nein...ncht...snst mch ...wirk...lich...."faselt Uio vor sich hin als de dritte Mann vor ihm auftaucht und  an ihm rummzerrt und zieht. Wehren kann er sich nicht mehr und das vorhaben nicht Ohnmächtig zu werden wird immer schwieriger.
"...Burschen ...aus...und .... liegen...Wunde ... Wundbrand...ich ...hier ...krepiert ..." , sagt der Typ und verschwindet dann wieder. Jedoch die anderen bleiben und Uio sieht nur noch wie etwas hellen leuchtendes in der einen Hand des Mannes ist und näher kömmt...dann wird es dunkel.
Irgendetwas ruckt an Uios Körper. Wieder finden Wörter den Weg in sein Bewustein.
"Glückskatz...renn ...Tjes... kommen...Wasser ...Berl... Reda... brauche ihn"
Was das alles soll oder zu bedeuten hat weiss er nicht. Er spürt, das sein Körper getragen wird als dann wieder die dunkelheit ihn umarmt.

Als der rothaarige Junge erwacht fühlt er sich besser und um einiges ausgeruhter und krätfiger. Er atmet tief ein und bewegt seinen Oberkörper vosichtig unter der Decke. Decke? Das letzte an das sich Uio erinnern kann, ist das einer dieser fremden Männer ihn irgendwo hingetragen hat. Er hörte immer wieder igendwelche Worte, die er nicht verstanden hat und verlor mehrmals das Bewußtsein. Und er kann sich an unterträgliche Schmerzen erinnern.
Er bewegt vorsichtig seine verletzte Hand. Die Hand, in dem ihm das schwarzeUntier so stark gebissen hat, dass er das Gefühl hatte, eine ganze Hand verloren zu haben.  Sie tut immer noch weh, aber die Schmerzen sind anders und  auszuhalten. Mit seiner unverletzten Hand betastet er seinen Oberkörper, an dem er eben noch seine zerrissene Tunika trug und entdeckt einen Verband, der um seine Brust und Schulter gebunden ist. Überrascht öffnet der Junge seine Augen. Gedämpftes Kerzenlicht, aber ansonsten klares und deutliches Bild eines unbekannten Zimmers tut sich vor Uio auf. Ein Blick auf seine verletzte Hand, vesichert ihm, dass sie zumindestens noch vorhanden ist und versorgt wurde. Das schwarze Untier hat sie also nicht abgebissen! Ein kleines Glücksgefühl macht sich in dem ziemlich gebeutelten Jungen breit.
Nochmals atmet er tief ein und vesucht sich aufzusetzen, um sich besser umschauen zu können. Eigentlich müßte er soetwas wie Unsichheit und Angst verspüren, denn wer weiß, wo man ihn hin geschleppt hat. Doch stattdessen spürt er eher neugier. Egal wo er jetzt gelandet ist, er ist am Leben und man hat ihn versorgt. Wer ihm etwas hätte antuen wollen, hätte ihn nicht erst mühsam voher zusammen geflickt.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 31. Jan. 2012, 13:53 Uhr
Während Uio sich verwirrt und neugierig umblickt, wird er beobachtet.
In der Ecke des Raumes, außerhalb des Lichtkegels der Kerzen, sitzt eine ältere Frau. Sie ist eine typische Vertreterin der Unterstadt, sieht verbraucht aus, älter als sie in Wirklichkeit ist.
Ansonsten unterschied sie sich aber von den Frauen - ihre Kleidung sah zwar gebraucht aus, war aber in einem guten Zustand, nicht geflickt, nicht zerschlissen - und vorallem sauber. Auch die Frau selber ist sauber, ihre Haare gewaschen, selbst unter den Fingernägeln ist kein Dreck zu sehen.
Die Frau hatte bei Uio gewacht, hatte ihm die schwitzige Stirn feucht abgetupft. Jetzt war der junge Mann erwacht.

Wortlos steht sie auf, ignoriert die überaschten, fragenden Blicke von Uio, lächelt ihm aber kurz zu. Dann verlässt sie das Zimmer, schließt die Tür hinter sich zu.
>Sire? Er ist wach.<
Darauf hatte Keeshar nur gewartet, er nickt, steht langsam auf.
"Bring gleich etwas von der Suppe ins Zimmer. Dazu einen Krug mit Dünnbier und Wein."
Ohne ein weiteres Wort steht er auf und betritt das Zimmer in dem Uio liegt.

Der Bursche ist wach. Gut, das war er zwischenzeitlich immer wieder, aber zu dem Zeitpunkt war sein Verstand nicht da. Fieberträume haben ihn geschüttelt, er hat im Wahn geredet. Immer wieder waren Worte wie "Nein" "Nicht" aus seinem Mund gekommen, und als die Wunden versorgt wurden, hat der Bursche um sich geschlagen.
Der einarmige Reda hatte dem Burschen auf Keeshars Geheiß hin einen starken Schlaftrunk eingeflößt - eine Tatsache, die Keeshar nicht weiter erwähnenswert hielt.

Keeshar musterte den Burschen genauso neugierig, wie der ihn mustert.
Neugier. Keine Angst bemerkt Keeshar, und ein leichtes, grimmiges Lächeln schleicht sich bei dem Rothaarigen auf die Lippen.
Weiter schweigend setzt er sich auf den Hocker, auf dem zuvor die Frau gesessen hat. Er mustert mit seinem gesunden Auge den Teil des Körpers des Burschen, der von der Decke nicht verdeckt ist.
Ein Verband bedeckt die Schulter, unter diesem befindet sich irgendeine stinkende Pflanzenpaste, von der der einarmige Reda meinte, dass es der Schulter helfen würde.
Keeshar war bei dieser Wundversorgung im Raum gewesen. Er hatte den Oberkörper des Burschen gesehen, die verschiedenen Narben die seinem Rücken zierten. Es sah so aus, als wenn der Bursche häufig mit einem Gegenstand wie einer Gerte verprügelt worden wäre - und dass seit vielen Jahren, denn die Narben sind unterschiedlich gut verheilt.
Auch am Oberkörper sind verschiedene alte Wunden zu erkennen. Der Bursche war in seinem Leben ordentlich misshandelt worden.

"Du hattest echt Glück." beginnt Keeshar zu reden. Das Knurren in seiner Stimme war - wie immer - herauszuhören, auch wenn es im Moment recht leise war.
"Was auch immer da an dir herumgekaut hat, es hat dir nicht auch noch Wundbrand verpasst."
Der Bursche schweigt weiter, starrt aber nun mit einem gewissen Schrecken in die Richtung von Keeshar.
Böse Erinnerungen, hm...
"Wir haben deine Wunden an der Hand genäht Und ein bisschen noch abnehmen müssen, damit die Wunde besser verheilen kann und die Kratzer behandelt. Sie sollten gut verheilen, wenn du dir etwas Ruhe antust. Und da bist du ja gut dabei, du hast fast einen Tag verschlafen."
Immer noch schweigt der Bursche, wirft nur einen Blick auf seine verstümmelte Hand.

In diesem Moment öffnet sich die Tür, und die Frau kommt wieder herein. Sie trägt ein Tablett, auf dem neben einem kleinen Topf mit Suppe auch Teller, Löffel, Becher und ein Laib sind. Ein Mädchen, etwas jünger als Uio kommt ebenfalls in den Raum, die beiden Krüge balancierend.
Der Pockennarbige schweigt, während die Frau und das Mädchen den Tisch zwischen den Hocker von Keeshar und der Pritsche von Uio schieben, und den Tisch auch noch decken.
Sobald auch noch Suppe auf den Tellern und die Getränke in den Bechern ist, verschwinden die beiden wieder, so dass die Männer wieder alleine sind.
"Ich denke, du hast Hunger. Männer in deinem Alter haben doch immer Hunger. Greif ruhig zu."
Keeshar steckt sich selber einen Löffel der Suppe in den Mund, beißt kauend ein Stück des Brotes ab, spült alles mit einem Schluck Wein - für den Burschen gab es nur Dünnbier - herunter.
"Von mir aus musst du nicht reden, Bursche. Aber sag mir doch wenigstens, wie ich dich nennen kann. "Bursche" klingt auf Dauer nicht so gut."
Wie ich dich nennen kann. Nicht: "Wie du heißt". Keeshar war sich ziemlich sicher, dass es sich um einen Unterstadt-Bengel handelte, der da vor ihm war. Und er war sich sicher, dass dieser ihn eh mit einem falschen Namen belügen würde.

Neugierig, weiter kauend, schaut Keeshar zu dem Jungen.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 01. Feb. 2012, 08:14 Uhr
Langsam schaut Uio sich im Raum um. Nein hier war er noch nie. Es sieht sauber und ondendlich aus. Die alte Frau, hatte er ganicht gesehen. Erst als sie aufsteht, sich ihr Rock raschelnd um ihre Beine schmiegt und sie mehr ins Licht tritt, wird dem jungen Hexer bewust ,dass er nicht allein im Raum war. Es geht schnell. Sie lächelt kurz und verläßt ohne ein Wort das Zimmer. Uio seufzt kurz auf und setzt sich weiter auf. Auch wenn sie länger da gestanden hätte oder etwas gesagt hätte, ihm ist nicht nach einer Unterhaltung zumute. In Seinem Kopf braust einiges ducheinander. Der Strand, Nathan, das schwarze Untier, seine Flucht...aber auch Zoe flattert wie ihre Schmettelingsflügel es tun, aufgeregt duch seine Gedanken.
Vorsichtig betastet er seine Schulter und setzt sich weiter auf als sich dann erneut die Tür öffnet und jemand ganz anderes den Raum betritt. Und wer dieser jemand ist weiss Uio ganz genau. Keeshar vom toten End. Gelassen mit neugierigen Blick betrachtet er ihn und Uio erwiedert diesen Blick. Es hat eine Zeit gegeben da hatte Uio und hätte jetzt Angst vor ihm gehab,t aber das ist vorbei. Egal was man über den Bandenchef des Ostviertels der Unterstadt sagte und welche Gerüchte es auch gab, Uio spürt keine Angst. Das einzige was ihm duch den Kopf geht als sich der Einäugige auf den Hocker setzt ist: Warum hat er mich aufgesammelt?

Tief und rauh ist Keeshar´s  Stimme:"Du hattest echt Glück. Was auch immer da an dir herumgekaut hat, es hat dir nicht auch noch Wundbrand verpasst. Wir haben deine Wunden an der Hand genäht und die Kratzer behandelt. Sie sollten gut verheilen, wenn du dir etwas Ruhe antust. Und da bist du ja gut dabei, du hast fast einen Tag verschlafen."
In einigen Sätzen bekommt Uio nun ziemlich direkt und ohne Umschweife alles Wissenswertes erklärt. Während Keeshar spricht kommen wieder die ein oder anderen Erinnerungen zurück und zeichnen sich deutlich auf seinem Gesicht ab. Trotzdem schweigt der junge Hexer und wirft ein Blick auf seine rechte in Verbände gehüllte Hand. Sie wird ihn wohl von nun an an diesen Tag erinnen. Langsam ziehen einige Bilder vor Uios inneren Augen her und besonders mit dem jetzigen Wissen, dass ein ganzer Tag vegangen ist, bekommt das Geschehene noch mehr einen bitteren Beigeschmack. Im Falle einer solchen brisanten Situation, einer Situation in der es notwendig war zu verschwinden, sich zu verstecken, hatten Nathan und er seinen Plan besprochen. Verdammt! Ich muss...nein ich darf nichts überstürzen!, beginnt er nachzudenken. Ich...ich muss erstmal wieder auf die Beine kommen. Er fühlt sich schwach und...
Doch Uio wird abgelenkt. Abermals öffnet sich die Tür und ein junges Mädchen und eine Frau betreten beladen mit veschiedenen Küchenutensilien das Zimmer. Mit geübten Handgriffen stellen sie den Tisch zwischen Uio und Keescher und decken diesen ein. Ein Löffel, ein Becher und ein Teller der sogleich mit herrlich duftender Suppe gefüllt wird liegt plötzlich vor Ihm.
"Ich denke, du hast Hunger.", kommentiert der einäugige ebenfals rothaarige Mann das geschehen, "Männer in deinem Alter haben doch immer Hunger. Greif ruhig zu." Und Keeshar greift zum Löffel und beginnt zu essen und schenkt sich Wein ein. Männer?, denkt der Uio erstaunt. Bisher hat man ihn eher als Junge, Knabe, Bengel oder sonst was betitelt, aber noch nie als Mann! Es klingt komisch in seinen Ohren, aber doch irgednwie auch...gut! Denn er ist ja schließlich kein kleiner Junge mehr!

"Von mir aus musst du nicht reden, Bursche. Aber sag mir doch wenigstens, wie ich dich nennen kann.
"Bursche" klingt auf Dauer nicht so gut."
Nein gewiss nicht. Auf das noch leicht blasse Gesicht stiehlt sich einen Herzschlag ein freches Grinsen.
" Keylan, " kommt es schnell aus seinem Mund. Ihm ist klar, das umsolänger er wartet, desto größer malt sich sein gegenüber aus, das es gelogen ist. Uio, nein Keylan weiss nicht warum er diesen Namen nimmt, es ist einfach das erste was ihm einfällt. Zudem kann er keinen Namen nehmen der ihn in verbindung mit seinem Meister oder überhaupt jemanden stellt. Und seinen richtign Namen, nein...
"Und ...Ihr? Wie soll ich Euch nennen?" Fragt er mit einem schmalen grinsen, schaut Keeshar dabei genau an und nimmt beiläufig, etwas ungeübt mit der linken Hand den Löffel. Die Suppe riecht einfach zu verführerisch. Sein Magen könnte jetzt etwas Essen gut gebauchen. Ja, er muss zu Käften kommen bevor er irgend etwas tun kann...wird. Also schiebt er den Löffel in den vollen Teller und kostet von der warmen Suppe.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 03. Feb. 2012, 14:19 Uhr
Kurz bemerkt der Pockennarbige das leichte Anschwellen der Brust von dem Burschen, als er ihn als „Mann“ betitelt.  Innerlich grinst Keeshar.  Er würde dem Burschen noch weiteren Honig ums Maul schmieren. Das war nur der erste Tropfen Honig gewesen.

Auf seine Frage, wie er ihn nennen soll, antwortet der Bursche  >Keylan,< fast ohne zu zögern.
Der Bursche scheint es gewohnt zu sein zu lügen, sonst hätte er wohl etwas mehr gezögert. Nun, warum auch nicht.
>Und ...Ihr? Wie soll ich Euch nennen?<  fragt Keylan nun zurück, schiebt sich danach einen Löffel mit der Suppe in den Mund.
"Mein Name ist Keeshar.“ antwortet der Einäugige kauend. „Du befindest dich hier in meinem… Zuhause.“
Der Bursche – Keylan – hatte nur nach dem Namen gefragt. Also muss er ihm auch nicht auf die Nase binden, welche Stellung er hier im Toten End hatte. Wobei sich Keeshar ziemlich sicher war, dass Keylan das wohl schon wissen konnte.

„Du solltest noch einen Tag hier liegen bleiben, ich habe schon so manchen Mann gesehen, der zu schnell aufgestanden ist, weil er seine Verletzung unterschätzt hat, und dann doch noch umgekippt ist. Ich lasse dir auch Kleidung bringen, deine eigene ist zu verdreckt, blutig und zerfetzt, als dass du das noch tragen kannst. Ich denke, ich habe noch eine Wollhose, ein Wams und eine Jacke in deiner Größe da. Mit den Stiefeln muss ich gucken, ich habe größere Füße als du.. aber ich denke, ich weiß wo ich ein Paar für dich herbekommen kann. Bald wird es noch kälter sein, da solltest du wärmende Kleidung haben.“
Keylans reaktionen auf seine Worte sind eindeutig. Die Augen weiten sich, er zieht den Atem ein…
Ehrliche Überraschung. Sofort versucht der Bursche sich zusammenzureißen, will sich wohl nichts anmerken lassen… dies gelingt ihm aber nicht perfekt.
Der rothaarige Junge wirkt nachdenklich, grübelnd. Bestimmt gehen ihm jetzt viele Gedanken durch den Kopf.
Hoffentlich sinds die richtigen Gedanken, mein Junge…

Keeshar unterbricht nun erstmal seine Rede, um ein Stück Brot zu zerkauen und dieses dann mit einen ordentlichen Schluck von seinem verdünnten Wein herunter zu spülen.
„Aber erzähl mir mal, Keylan, was dir genau passiert ist. Wieso bist du angenagt worden, wie hast du es geschafft, dem Vieh zu entkommen, und vorallem, wo war das? Wenn so ein Vieh hier in der Unterstadt herumläuft… das wäre gefährlich“
Eigentlich ist es dem Pockennarbigen egal, wo dieses Vieh herumläuft. Es ist nicht hier im Toten End, davon wüsste er. Aber mal schauen, was Keylan so erzählt.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 03. Feb. 2012, 18:18 Uhr
"Mein Name ist Keeshar“ , antwortet der Mann mit dem vernarbten Gesicht und belässt es bei dieser kurzen Antwort.
Ob er weiß, das ich weiß, wer er ist?, denkt Uio/Keylan plötzlich. Was ist...wenn... Keeshar unterbricht seine Gedanken und Keylan kann kaum seine Überraschung verbergen, als Keeshar ihm sagt, er solle sich noch mindestens einen Tag ausruhen und ihm freundlich Kleidung anbietet. Einen ganzen Tag, dass passt ihm gar nicht. Ich hab schon genug Zeit verloren. Ich muss versuchen, herauszufinden, was mit Nathan passiert ist, muss seine Kali suchen...Zoe! Und... Erst jetzt bemerkt er, dass er nur eine leichte Hose trägt. Nicht seine. Natülich ist seine Kleidung zerfetzt. Und er benötigt auf jedenfall neue...warme Kleidung. Und...Nein er ist wirklich noch nicht so fit ,wie er es gern wäre. Er spürt seine Verletzungen mehr und mehr. Mattheit und eine gewisse Müdigkeit, die ihm tief in den Knochen steckt. Kein Wunder bei dem Erlebten. Doch der junge Hexer will das nicht!
Verdammt noch eins!So gut wie er kann, versucht er seine Gefühle im Griff zu halten. Doch für einen erfahrenen Mann wie den Bandenchef des Totden Ends muss es allzu offensichtlich sein.

Uio, nein, Uio gibt es nicht mehr...Keylan! Ich heiße jetzt Keylan!!! Also Keylan, du musst verdammt vorsichtig sein. Mit dem ist nicht zu spaßen. Um genau zu sein, ist mit niemanden aus der Unterstadt zu spaßen...und besonders nicht mit denen, die in den Vierteln das Sagen haben, ruft sich der rothaarige Junge in Erinnerung. Er hat die meiste Zeit seines Lebens hier unten verbracht und weiss wie es hier läuft! Vertraue nur dir selbst ...eine der wichtigesten Regeln zum Überleben! Still und Nachdenklich löffelt er wieder ein paar Löffel der warmen  Suppe in sich hinein.
Warum...warum tut er das?, schießt es plötzlich durch seinen Kopf... Warum hilf Keeshar der Bandenchef einem Jungen wie mir?

„Aber erzähl mir mal, Keylan, was dir genau passiert ist. Wieso bist du angenagt worden, wie hast du es geschafft, dem Vieh zu entkommen, und vorallem, wo war das? Wenn so ein Vieh hier in der Unterstadt herumläuft… das wäre gefährlich!“
Der Junge der einmal Uio genannt wurde und nur flausen im Kopf hatte, kann nicht anders als breit zu lächeln! Und diesmal ist es ihm sogar egal, wenn sein Gegenüber ihn durchschaut. Der rothaarige Junge legt den Löffel weg und grinst Keeshar an.
"Ich glaube wenn ein Tier dieser Größe hier in Eurem Gebiet wäre, wüßtet ihr das...Keeshar!"
So, jetzt ist es raus! Fast erleichtert aber auch stolz es so feist gesagt zu haben, atmet erauf. Mutig?...oder war es vorschnell und dumm? Egal er setzt noch einen darauf und spricht weiter.
"Es war ein Wolf, er hat mich angegriffen und ich bin entkommen!" Wieder schaut er auf seine rechte verletzte Hand. Leicht bewegt er die Finger und verzieht kurz das Gesicht vor Schmerz. Dann zeichnet sich Wut auf  seinem Gesicht ab "Verdammtes Vieh!", flucht er zischend. Verdammt noch mal...das alles!
Der junge Dieb und Hexer richtet sich beim Einatmen auf und schaut von seiner Hand zum Teller, den anderen Leckereien zu dem rothaarigen Mann mit der Augenklappe.
"Aber sagt mir eins, Keeshar, warum helft ihr mir?", sagt er wieder ruhiger.  

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 07. Feb. 2012, 11:45 Uhr
>Ich glaube wenn ein Tier dieser Größe hier in Eurem Gebiet wäre, wüßtet ihr das...Keeshar!<
Der Bursche der Keylan genannt werden will, grinst bevor er Keeshar zu verstehen gibt, was er weiß.
Dass er weiß, dass Keeshar über das Gebiet des Toten End herrscht. Dass er weiß, dass Keeshar alle wichtigen Informationen zugespielt bekomt.
Ein Lausbub bekommt der Rothaarige das Gefühl.

>Es war ein Wolf, er hat mich angegriffen und ich bin entkommen! Verdammtes Vieh!<
Kurz ist Überraschung auf Keeshars Gesicht zu sehen.
Ein Wolf hat diese Verletzung verursacht? Keeshar selber kann die Gestalt eines Silberwolf (http://immerlan.de/tiere/hundeartige_silberwolf.html) annehmen. Und er selbst brauchte einiges an Beisskraft, um einen menschlichen Finger abzubeißen. Er muss dran zerren...
Gut, Keylan war noch praktisch ein Kind. Nicht soviel Kraft. Aber um soviele Finger mit einem Bissen durch zu bekommen, muss es schon ein großer Wolf sein.
Kurz kommt ihm der Gedanke, dass dieser MischlingsHauptmann der Steinfaust die Gestalt eines Schattenwolfs annehmen kann. Von der Größe her würde das passen. Ob er den Burschen angegriffen hat? Aber wieso?

Allerdings kann Keeshar diesen Gedankengängen nicht nachgehen, denn Keylan stellt eine weitere Frage
>Aber sagt mir eins, Keeshar, warum helft ihr mir?<
Keeshar grinst, trinkt einen weiteren Schluck seines Weins.
Was soll er Keylan erzählen.

"Ich könnte dir erzählen, dass ich ein Herz aus Gold habe, und ich jeden Streuner aufsammle und zusammenflicken lasse, den ich auffinde. Aber einmal würdest du mir nicht glauben, und zweitens würde ich an diesen Worten wohl beinahe ersticken, wenn ich sie dir erzählen würde.
Ich habe dich aufgesammelt, weil ich denke dass du ein Mann mit Potential bist. Ich habe eine Nase für sowas."

Er sieht einen Moment lang Ungläubigkeit, Überraschung, Unsicherhiet in den Augen von Keylan. Anscheinend musste Keeshar direkter werden.
"Ich weiß, dass du über besondere Fähigkeiten verfügst"
Das war eigentlich gelogen, Keeshar wusste das nicht, er hatte nur die Vermutung. Und je nachdem ob sich diese Vermutung bestätigte oder nicht, würde der Pockennarbige weiter vorgehen. Wenn er sich ganz geirrt hat.. nungut, die Versorgung der Finger kann man schlecht rückgängig machen, aber geschenkte Kleidung konnte man jederzeit... zurückfordern.
"Und ich bin an besonderen Fähigkeiten sehr interessiert. Du kannst dir ja denken, dass ich von allen Göttern verlassen wäre, wenn ich einem Magier nicht aus der Not helfen würde."

Eigentlich hat er wieder mit Unsicherheit und Unglauben bei dem Burschen gerechnet.
Doch das Gesicht wird zornig rot, Wut ist eindeutig zu erkennen, der Bursche hat sogar genug Kraft um aufzuspringen.
Was hat er gesagt, dass diesen Burschen so wütend gemacht hat?

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 08. Feb. 2012, 07:28 Uhr
Die kurze Überraschung, die sich auf Keeshars Gesicht legt, nimmt der junge Hexer nicht wahr. Er ist zu sehr mit sich, den wiederkehrenden Schmerzen und seiner Hand beschäftigt. Die Worte des Mannes mit den vielen Narben im Gesicht versucht er, weitestgehend auf die leichte Schulter zu nehmen, doch das ist leichter gesagt als getan. Dem rothaarigen Jungen wird schwer bewusst, dass dieser Mann, der Bandenchef des Toten Ends ihn gerettet hat und das nicht aus Barmherzigkeit. Natürlich nicht. Niemand tut hier unten etwas ohne Hintergedanken.
"Ich weiß, dass du über besondere Fähigkeiten verfügst", fügt Keeshar an und trifft damit den Kern der Sache. Unsicher beschaut der Junge nun sein Gegenüber. Weiß er etwa von dem was passiert ist? Nein, woher? Es ist...erst ein Tag vergangen und warum sollte diese Geschichte ihren Weg in die Unterstadt finden. Wen hier unten sollte es interessieren? Aber was genau Keeshar weiß, präsentiert er dem Jungen gleich auf. Jedoch sieht man ihm an, dass er eine derartige Reaktion nicht erwartet hatte auf seine Worte. "Und ich bin an besonderen Fähigkeiten sehr interessiert. Du kannst dir ja denken, dass ich von allen Göttern verlassen wäre, wenn ich einem Magier nicht aus der Not helfen würde."

In dem ehemaligen Straßenjungen explodiert förmlich etwas.
"Magier?", sagt er zornig. Kraftvoll springt er von der Pritsche auf und blickt wütend auf Keeshar hinab. Dieses Wort hatte schon immer einen negativen Mantel. Und jetzt noch umso mehr. Wer weiß, was nach seiner Flucht dort oben noch passiert ist. Uio gehen wieder Nathans Worte durch den Kopf, ihre Abmachungen und Pläne im Fall der Fälle. Magier, Uio...nein, Keylan, verzieht angewidert das Gesicht. Magier waren für ihn als Uio immer Personen, die in der oberen Welt viel Macht und Ansehen haben, eingebildet, arrogant und besserwisserisch sind, ähnlich wie die Blaumäntel der Stadtwache geht man ihnen besser aus dem Weg, denn wenn sie einen erwischen, verwandeln sie dich in irgendwas Widerliches. Es gibt genug Horrorgeschichten von Magiern in der Unterstadt, die die Kinder sich erzählen, um sich gegenseitig Angst einzujagen. Aber das ist lange vorbei. Uio ist kein Kind, kein kleiner Junge mehr, er ist keiner von Geros Dieben und auch kein Angsthase. Mag sein das Lady Aurian eine gute Seele ist, ihn freundlich aufgenommen hat, aber sie ist eine Magierin und hat dieses Vieh auf ihn gehetzt! Warum auch immer. Aber das ist ihm jetzt egal! Der Junge ballt seine Fäuste.
"Ich bin kein Magier! Ich bin ein Hexer!", sagt er bestimmt Keeshar entgegen. Nein auf keinen Fall will er ein Magier sein. Er kann kein Magier sein. Er ist ein Hexer!

Der Körper des Jungen mit den rotbraunen Haaren kribbelt und ihm wird warm ...heiß. Es fühlt sich an, als würde sich die Zeit dehnen. Seine Knie werden weich und die Umgebung beginnt sich um ihn herum zu drehen.
"Ich...", seine Stimme wirkt plötzlich nicht mehr so stark, sie zittert.
Eben noch stand er erhoben da, woher auch immer die Kraft kam, die ihn hat aufstehen lassen, sie ist plötzlich wieder weg. Erschöpft will sich der Junge mit den Händen auf den Tisch abstützen, was ihm auch kurz gelingt, bis ihn der Schmerz seiner verstümmelten Hand übermannt und ihn zum Hinsetzen zwingt. Der junge Hexer keucht, als wäre er eine lange Strecke gelaufen. Das Mana in ihm kribbelt noch, aber er ist körperlich so ausgelaugt und schwach, das es nicht vollends durchbricht.
Das einzige was jemandem hätte auffallen können ist, das als der Junge aufgestanden ist, alle Kerzen im Raum begonnen haben zu flackern.
"Ich glaube... ihr habt recht...ich sollte mich noch etwas ausruhen!"

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 14. Feb. 2012, 13:07 Uhr
Die Stimme des Burschen ist hasserfüllt, er spuckt die Wörter praktisch aus, sie müssen aus ihm heraus.
>Ich bin kein Magier! Ich bin ein Hexer!<
Einen Moment lang hat Keeshar das Gefühl, als würde ihm der Bursche an den Hals springen wollen. Innerlich spannt sich der Pockennarbige an.
Eigentlich war der Bursche keine Gefahr. Kein Grund angespannt zu sein. Er war kleiner als Keeshar, schmächtiger, weniger Muskeln. Dazu war er verletzt. Eigentlich keine Gefahr.
Aber der Bursche war ein Magier, und die sollte man nicht unterschätzen.
Äußerlich bleibt Keeshar immer noch ruhig und gelassen, innerlich macht er sich bereit, dem Burschen den Tisch entgegenzuschleudern, ihm notfalls den Krug mit Dünnbier um die Ohren zu hauen, oder auch den Kessel mit der Suppe.
Doch dann baut sich die Kraft in dem Jungen genauso schnell wieder ab, wie sie in ihm aufgetaucht ist.
Er strauchelt, klappt beinahe zusammen.
>Ich glaube... ihr habt recht...ich sollte mich noch etwas ausruhen!<

Keeshar beruhigt sich. Die Augen sind aber immer noch leicht zusammen gekniffen.
"Keylan..." beginnt Keeshar, und die Stimme ist ein einziges, relativ ruhiges Knurren.
"Dort wo ich geboren wurde nannte man die Magier "Otoschi" oder auch "Barischi". Es waren Männer und Frauen, die mit den Geistern kommunizieren konnten, die das Wetter beeinflussen konnten, einen Mann verzaubern konnten wenn sie wollten. In der Allgemeinsprache würden sie wohl "Schamanen" heißen."
Bisher war Keeshar in seiner Ansprache vergleichsweise ruhig geblieben, jetzt erhebt sich seine Stimme langsam.  

"Mir ist es egal ob du dich einen Magier, ein Hexer, einen Schamanen oder ein magisch begabtes Eichhörnchen schimpfst. Du besitzt Macht. Und zur Zeit benimmst du dich wie ein Kind mit Macht, nicht wie ein Mann mit Macht! Also reiß dich zusammen, Keylan. Was interessiert es dich, wie man dich nennt? Solange du weißt, was du bist, ist der Rest egal."

Langsam trinkt Keeshar seinen Wein aus, mustert den Burschen vor sich.
"Schlaf ne Runde. Sei mein Gast, bis es dir besser geht. Und überleg dir, was du mit dir anfangen willst, Hexer."

Ohne ein weiteres Wort verschwindet Keeshar aus dem Zimmer. Sofort kommt die ältere Frau rein, räumt das Geschirr ab, lässt das Brot aber stehen. Sie stellt auch einen Becher auf den Tisch, schaut Keylan dann an.
>Wenn die Schmerzen in deiner Hand zu stark werden... hier ist ein Schmerzmittel drin. Es macht auch müde. Ich habe Mylord Keeshar gesagt, dass ich es in dein Getränk untermischen würde damit du es trinkst. Er meinte, dass ich das sein lassen soll, und du das selbst entscheiden sollst. Es ist genauso deine Wahl, ob du hierbleiben willst, oder gehst.< Dass ab sofort jede Entscheidung des Burschen seine Konsequenzen haben wird, lässt sie unerwähnt. Entweder er wusste das, oder er würde es selber schmerzhaft feststellen müssen.
Sie lächelt ihm an, räumt das restliche Geschirr weg und lässt den jungen Burschen alleine mit sich und seinen Gedanken zurück.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Uio am 15. Feb. 2012, 16:58 Uhr
Als Keeshar den Raum verlässt und auch die Frau fort ist, bleibt ein nachdenklich dreinschauender Junge zurück. Den Blick hat er auf den Tisch geheftet, aber er sieht es gar nicht richtig. Er fühlt sich matt, müde, schlapp! Die Worte von Keeshar gehen ihm noch mal durch den Kopf und er mag es nicht, wie er ihn Kind nannte. Er ist kein Kind mehr!, protestiert er gedanklich und wendet sich aber gleich den Worten zu, die wie warme Salbe auf einer Wunde waren. Macht! Keeshar sagte er, hat Macht und soll sich wie ein Mann benehmen. "Was interessiert es dich, wie man dich nennt? Solange du weißt, was du bist, ist der Rest egal." Das waren seine Worte und sie waren...wie eine Axt in Feuerholz in den Kopf den Jungen eingeschlagen. Er hatte recht! Aber wenn der Rest der Welt einen verurteilt, weil man etwas ist..."Ach scheiß drauf!", flüstert der junge Hexer und beißt ein Stück Brot ab.

Einige Minuten Später ist das Brot aufgegessen, der Krug Dünnbier leer und Uio, nein Keylan, streckt sich auf der Pritsche aus. Den Krug mit dem Schmerzmittel hat er aber nicht angerührt. Vorsichtig öffnet er den Verband ein wenig und schaut mit interessiertem Blick auf seine Hand...oder zumindest das, was davon übrig ist! Schwer schluckt der Junge. Erst einige Tage später wird er genau sehen können, was von seinen Fingern noch da ist und was diese Bestie ihm genommen hat, als Aurian sie auf ihn hetzte. Aber diesmal kommt keine Wut in ihm hoch, als er daran denkt. Er ist ganz ruhig und baut Stück für Stück seinen Plan, die nächsten Schritte zusammen. Die Gedanken an eine mögliche Festnahme seines Meisters oder sogar Verurteilung, Bestrafung kommen zwar auf, aber er schiebt sie zur Seite und möchte glauben das Nathanael in dem Versteck wartet, bis sein Schüler morgen dort auftaucht. An diesem Gedanken hält er fest, bis er eingeschlafen ist und einige Stunden mehr oder weniger Ruhig schläft, bevor er sich auf den Weg macht, seinen Meister zu suchen

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 17. Feb. 2012, 10:58 Uhr
Ende Silberweiß 512

Die Tage nach der Schlacht waren schwer für Keeshar.
Der Kampf mit Ijur und seinen Männern hatte ihm fast das Leben gekostet. Tjes behauptete jedenfalls steif und fest, dass Keeshar immer wieder aufgehört hatte zu atmen. Und dann doch noch einmal tief Luft geholt hatte. Dann hatte der Pockennarbige wieder aufgehört zu atmen... und dann doch weitergemacht.
Keeshar hatte seinen obersten Handlanger dann angeschnauzt, dass er erstens nicht so übertreiben soll, und dass er zweitens sein Maul halten soll, und das nicht herumerzählen soll.
Wenn diese Geschichte unter seinen Männern die Runde machen sollte... das kann ungute Gedankengänge in den Köpfen einzelner Leute auslösen und dann übel ausgehen.

3 Tage lang hat Tjes Keeshar nicht aus dem Bett gelassen, damit sich der Rothaarige erholen kann. Eine schwere Arbeit, sowohl für den Handlanger, als auch für den Boss.
Keeshars Laune war unterirdisch schlecht, er HASSTE Bettruhe, und diese Heilmittel die Tjes ihm antun wollte. Lebersuppe, gut, mit der konnte er zurechtkommen. Aber Blutegel, damit er noch mehr Blut verliert? Und HühnerscheißVerbände?
Und dazu musste er im Bett liegen bleiben, sich ausruhen, durfte nicht einmal etwas lesen, weil Tjes selbst das für zu anstrengend hielt. Und Besucher? Götter bewahrt, nein, auch vieeeel zu anstrengend. Nur der Magister durfte am ersten Tag nach dem Patienten gucken.
Ja, Keeshars Laune war wirklich unterirdisch schlecht - und darunter hatte Tjes dann zu leiden. Selbst schuld.

Aber nach drei Tagen reichte es Keeshar. Er musste aus dem Bett heraus, nicht nur weil die Wände über ihn zusammenbrechen schienen. Er musste es auch tun, bevor es zuviele Gerüchte in seiner Bande gibt.
Ein angeschlagener, kranker, vielleicht sogar totkranker Boss... da würde manch Lump auf dumme Gedanken kommen.

Also schleppt Keeshar sich von nun an zweimal am Tag für jeweils eine Stunde durch sein Viertel in der Unterstadt. Um zu zeigen, dass er noch lebt. Und dass er keineswegs schwach ist.
Allerdings ist vor allem letzteres recht schwer zu beweisen, denn Keeshar sieht schwach aus.
Seine Nase ist gebrochen. Sie wurde zwar gerichtet, war aber immer noch angeschwollen und sehr gut gefärbt Auch das restliche Gesicht war geschwollen und schimmerte in den unterschiedlichsten Farben.
Der rechte Arm, mit dem er als Adler gegen den Fensterrahmen geschmettert war, ist zum Glück nur angebrochen, und die Rückverwandlung hatte nicht zuviel Schaden angerichtet... jetzt steckte der Arm in einem Verband aus gehärteter Birkenrinde.
Das waren die offensichtlichsten Folgen der Schlacht mit Ijur. Unter seiner Kleidung war Keeshar fast komplett in Verbänden und Salbenumschlägen eingewickelt worden, die den Heilungsprozess verbessern sollten.
Und ohne seine Fähigkeit als Warg, dass Wunden bei ihm schneller heilen – Keeshar wäre kaum in der Lage gewesen, sich zu bewegen.

Aber so macht Keeshar sich zu seinem Rundgang durch das Tote End auf.
Die nächsten drei Tage lang zeigt Keeshar mit ausgesprochener Brutalität dass er noch lebt, keineswegs schwach ist, und dass er keinen Ungehorsam duldet.
Er schneidet einem seiner Männer, der einen anderem Mann aus seiner Bande bestohlen hat einen Finger ab.
Schneidet hier ein Ohr ab, bricht dort einen Arm, dort eine Nase. Verprügelt mehrere Männer, so dass sie von den Farben her fast genauso aussehen wie Keeshar selbst.

Immer wieder, an einigen geschützten Orten, macht Keeshar eine kurze Pause. Er muss durchatmen, Luft schnappen, Kräfte sammeln.
Und genau an einem solchen Ort sitzt Keeshar, als er sich seine schmerzende Faust reibt.
Er hatte einige Minuten zuvor einen Söldner verprügelt, einen der Männer, die er als Zusatzkräfte für den Kampf engagiert hatte. Der Mann hatte gesagt, dass er nicht ausreichend genug bezahlt worden war, und er hatte damit herum geprahlt, dass er eine von den Frauen vom feindlichen Bandenchef vergewaltigt hatte. Von nun an konnte der Kerl sein Essen im Flüssigen Zustand zu sich nehmen. Und zwar ausschließlich.
Die Faust schmerzte. Keeshar atmete schwer.
Hoffentlich geht es ihm bald gut genug, dass er nicht beweisen musste, dass er stark genug war.

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 18. Feb. 2012, 18:13 Uhr
<----- Atevoras Wohnung


Ende Silberweiß 512



Beide ziehen sich um.
Wäre ihr Ziel nicht die Unterstadt und ein Aufeinandertreffen mit einem der Bandenchefs dort unten, hätte Atevora Yasraenas neue Kluft als äußerst verführerisch und anregend empfunden. Vermutlich hätte sie sich gleich dazu hinreißen lassen mit einem kleinen Spiel „die anmutige Assasine und die widerspenstige Zielperson“ ihr diese wieder vom Körper zu schälen. Vermutlich hätte die Einrichtung erheblich darunter gelitten und die Nachbarschaft in Furcht in Atevoras Wohnung würde jemand zusammengeschlagen, oder ermordet, die nächsten Ordnungshüter verständig.
Nun war allerdings eindeutig nicht der richtige Augenblick für dieserlei Dinge, ganz gleich wie verlockend sie sonst auch sein mochten. Sie musste sich auf das Kommende konzentrieren. Die bevorstehende Begegnung war nicht ungefährlich, und Atevora glaubte sehr genau zu wissen mit wem, oder was sie es dort unten zu tun bekäme. Bestienmeister, wie wahr und falsch zugleich die Bezeichnung doch sein konnte.
Nicht nur aufgrund dieses möglichen Risikofaktors war sie sehr froh darüber Yasraena als kleine Überraschung hinter sich zu haben. So sehr sie alle Eventualitäten und den vorhandenen Handlungsspielraum im Geiste auch durchgeht, ihre Vermutung in Verbindung mit ihrem Erfahrungsschatz bei Lyall und Kaney wirft eine schwer zu kalkulierende Gleichungen auf. Darüber hinaus ließen ihre Informationsquellen eindeutig heraustönen, dass Keeshar seit dem Aufeinandertreffen mit Ijur und seinem darauf zurückzuführenden angeschlagenen Aussehens mit besonders roher Entschlossenheit und Gewalt sein Unterstadtreich mit all den darin dahinvegitierenden Kreaturen führte. Dies war ein zusätzlicher Risiko erhöhender Faktor. Yasraena könnte bei einer eskalierenden Situation das Züngelchen an der Waage sein, um eine Notfallsituation zu ihren Gunsten zu wenden.
Die plötzliche Brutalität mit der der Herr des Toten Endes derzeit vorgeht erscheint Atevora leicht zu erklären. Es ist wie bei vielen Raubtieren, auch Via plustert sich auf und reagiert verstärkt mit Aggression, je unsicherer und bedrohter sie sich fühlt. Vermutlich befürchtet Keeshar einige seiner Männer könnten auf dumme Gedanken kommen und die Situation für sich für einen Machtwechsel ausnutzen. Ihr Geschenk an den sogenannten Bestienmeister würde ihm in seiner Situation gewiss von Nutzen sein, dessen ist sich Atevora gewiss, und es gibt kein besseres Argument als dieses für mögliche zukünftige Geschäftsbeziehungen.

Doch nicht nur die bevorstehende Begegnung wider Keeshars Willen fordert ihre Konzentration, auch der Weg dorthin. Es ist eines alleine auf magischem Wege zu Reisen und sich den damit verbundenen Gefahren auszusetzen, doch nun hatte sie auch für Yasraena die Verantwortung, und es ist mehr als bekannt, dass jedes zusätzliche Stein das es mit zu transportieren gilt die Passage erschwert. Ein Glück, dass sich Atevora über ihre magischen Fähigkeiten nie beschweren konnte, sie galt schon immer als sehr begabt, weshalb keiner der hohen Magier in der Akademie zögerte, Atevoras Weiterbildung und das Fortsetzen ihres Studiums über den Rang eines hinaus im vollen Umfang zu unterstützen.

Stumm schreitet Atevora zu dem Eiskasten, und zerrt ein größeres verschnürtes feuchtes Bündel aus dem Eis hervor. Sie überprüft mit einigen Handgriffen den Zustand des Inneren. Wunderbar, alles ist noch bestens hart gefroren. Sie hofft Keeshar lässt nicht zu lange auf sich warten, damit sie nicht zu viel Mana aufwenden muss, damit sich das nicht ändert, und sie kein bestialischer Gestank von Kloaken und Verwesung martert. Das heißt zumindest nicht über das übliche in der Unterstadt vorhandene Grundmaß hinaus.
Mit dem Leinenbündel in der Hand geht die Shin zur Elbe zurück. Sie nimmt ihre Hand, schließt die Augen und lässt ihre Sinne gleiten. Die Wahrnehmung ändert sich, sie sieht ohne zu sehen, spürt ohne zu greifen was sonst verborgen bleibt. Zuerst Yasraena, ihr pulsierendes ständig in Fluss befindliche Leben, die Wärme ihres durch die Adern strömenden Blutes im Kontrast zur kalten Starre im Leinensack, im Eisschrank wenige Schritte entfernt. Sie fühlt rings die unbewegt rastenden Flüssigkeiten in den Gefäßen, die nicht so still ruhend und unbewegt sind wie mancher meinen möchte, danach die Tiere vor der Tür, sie alle sind miteinander verbunden, durchdrungen und umspült von einem zarten Gespinst auf dem ihre Gedanken dahingleiten. Die zarten Fäden werden kräftiger, erstarken, beginnen aufzuleuchten zu vibrieren, lösen sie auf und tragen sie Beide hinfort.

Es wäre schwer solch eine Reise zu beschreiben. Die Existenz löst sich auf und fließt auseinander ohne zu zerrinnenden; das Ich ist nicht mehr,  und doch überall wie nirgends.
Nach der Zeitspanne eines Atemzuges, die auch die Ewigkeit hätte sein können, befinden sich Yasraena und Atevora wie geplant einige Schichten, bestehend aus Gestein und Dreck, tiefer in dem Hölenlabyrinth genannt Unterstadt. Der Platz an dem sie sich befinden lässt eine gute Sicht auf das Umfeld zu und hält einen selbst dennoch vor ungewünschten Blicken verborgen. Ihren Informationsquellen nach benutzt Keeshar diesen Weg öfter, er gehört zu seiner üblichen Rute, doch in letzter Zeit lässt er sich für diesen, wie auch für einige andere weniger geeignete Wegstrecken, wesentlich länger Zeit. Kaum angekommen regt sich etwas im Dunkeln, Schritte sind zu vernehmen, schwer, schlurfend. Atevora bedeutet Yasraena in Deckung zu bleiben und späht aus ihrem Versteck auf die schmale Passage. Die Person im Halbdunkeln hat rotes Haar, nur ein Auge, Pockennarben im Gesicht und frische Verletzungen, es kann nur Keeshar sein. Er sieht äußerst mitgenommen aus, und setzt sich um mit tiefen Atemzügen auszuruhen.
Es wäre wohl ein leichtes ihn zu überwältigen, für jeden seiner Handlanger, wenn sie wüssten, dass er hier kraftlos nach Atem ringt.

Nun gilt es nichts zu übereilen. Ob er tatsächlich alleine ist? Nun, da er so nahe ist, vielleicht kann sie etwas wahrnehmen, das sie sonst nicht zu sehen vermag.
Atevora schließt die Augen und lauscht, fühlt mit ihren übrigen Sinnen. Da ist etwas das ihr bekannt vorkommt, das sie kennt, vielmehr zu kennen denkt und doch noch nie wahrgenommen hat. Es ist weniger bestimmt, und doch gleichzeitig seltsam gewisser als bei jenen zuvor.
Mit diesem wissen zieht sich ihr Geist langsam zurück und  wendet sich anderem zu. Oft geübtes wird greifbar und beginnt Form anzunehmen. Eine Kälte nimmt Einzug, die Feuchtigkeit in der Luft beginnt abzukühlen. Raureif bildet sich in der Mitte der Passage, Nebel zieht auf wird dick und für die Augen undurchdringlich. Er bietet ihr Deckung. Wie bereits geübt erhebt sie sich lautlos und verlässt das Versteck, in dem Yasraena weiterhin lauert. Nur noch wenige Schritte trennen sie von dem Herr über das Tote End, das Territorium in dem sie sich gerade befindet.
Wie Zuckerwatte mit der Hand beginnt Atevoras Geist die schwebenden Wassertropfen zusammenzuschieben, als würde sich inmitten des Weges eine Gestalt bilden und Form annehmen. Noch ein wenig tiefer greift Atevora in ihre Trickkistes.
Dick kriecht der Dunst weitere am Boden dahin und hängt eine seltsam unnatürlich humanoide Siluette bildend in der Luft, und als wäre sie die Nebelgestalt, tritt sie durch diese hindurch.  Augenblicklich ist der Nebel verblasst.

Da steht sie nun, mit höflicher Distanz, die nah genug ist um eine Unterhaltung zu führen, und zu weit entfernt um unmittelbar wie eine Bedrohung zu wirken, mit dem Bündel in der Hand vor dem Bestienmeister.

„Ich Grüße euch, Sir Keeshar. “ Beginnt  das kleine maskierte und wenig eindrucksvoll anzusehende Persönchen vor ihm mit fingiertem Dialekt Tamairge  sprechender Leute und deutet, ähnlich einem Edelmann, eine begrüßende Verbeugung an. Ihr Gegenüber wirkt angespannt und alles andere als Erfreut über die Begegnung. Er wappnet sich den Kopf dieser dreisten Person einzuschlagen, wenn es nötig ist.
Ungerührt und selbstsicher fährt die weiße Mistress fort: „Oh, verzeiht, ich vergesse meine Manieren. Zuerst dringe ich frech in euer Revier ein, störe euch bei eurem .. Päuschen, und verabsäume es auch noch mich vorzustellen, oder ists womöglich nicht von Nöten?“
Natürlich erkennt er sie, jeder hier unten kennt die weiße Mistress zumindest vom hörensagen. Atevora Schmunzelt verborgen unter der Maske. Der hässliche Rothaarige wirkt noch immer nicht besonders freundlich, geschweige denn entspannt, aber zumindest nicht mehr so, als würde er - wie noch zuvor - abwägen mit welchem Faustschlag er dieses kleine waffenlose dünne Ding mit dem komischen Bündel in der Hand am Besten aus dem Leben befördert. Ob er sich wohl fragt was sie hier zu suchen hat? Angeblich taucht die Nebelgestalt nicht ohne Grund auf.
„Und ihr seid also der rothaarige edle Gönner der Unterstadt, der Dämonenhalter, Bestienmeister und Herr über das Tote End. Derjenige, der großmütig selbst seinen erbitterten Feinden noch Ehre erweist und ihnen ein ordentliches Begräbnis gönnt, anstatt sie im Kanal zu entsorgen. Wie außerordentlich... Nobel. “

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Yasraena am 22. Feb. 2012, 14:41 Uhr
Das Auftauchen in der Unterstadt geschieht recht plötzlich. Eben noch war dort nichts und dann taucht plötzlich flimmernd und dann immer realer werdend die Unterstadt auf. Yasraena, für die es die erste Reise dieser Art ist, muss sich erst einmal sammeln. Wäre Savena nicht gewesen, ihr wären sogar die sich nähernden schwer schlurfenden Schritte entgangen. Doch auf Geheiß der Magierin hin, kehrt der Elbe Konzentration augenblicklich zurück und sie gleitet seitlich in einen kleinen Durchgang, um sich dort im Schatten zu verbergen. Savena tut es ihr gleich, doch verschwindet sie auf der anderen Seite des Weges, um dann magischen Dunst zu schaffen, aus dem heraus sie zu Keeshar heran tritt. Yasraaena sucht sich derweil geräuschlos einen Seitenweg durch den Unrat, umgeht den Bandenführer und verbirgt sich in einem Schatten hinter ihm. So kann sie Savena genau vor ihm sehen, jedes Wort hören und falls möglich unbemerkt aus dem Verborgenen heraus einschreiten und sollte Keeshar tatsächlich versuchen ihrer Liebsten gefährlich zu werden, so würde sie auch genau das tun. Zumindest auf die Elbe wirkt der geschwächte Bestienmeister alles andere als bedrohlich. Dies ändert sich jedoch schlagartig, als er Savena erblickt. Jede Faser seines Körpers strahlt Bedrohung aus und lautlos legt die Elbe ihre Hand, auf den Griff ihrer Klinge. Sie ist angespannt und die Versuchung lockt. Doch sie wird dem Wunsch sich näher heranzupirschen gewiss nicht nachgeben. Ihre Aufgabe ist es, die Magierin zu schützen und erst einzuschreiten, wenn diese ihre Hilfe bräuchte und so wartet die Elbe lauernd und lauscht der Shins Worte, welche ihr wie selbstverständlich und völlig selbstbewusst über die Lippen fließen. Man merkt deutlich, wie viel Erfahrung die weiße Mistress mit den Kreaturen der Unterstadt hat. Obgleich Keeshar hier eine Größe sondergleichen darstellt, wird deutlich dass sie sich vor ihm keineswegs fürchtet und genauso hat sich Yasraena ihre Liebste hier unten vorgestellt. Es ist fast so, als würde sie eine Fremde beobachten so sehr geht Savena in ihrer Rolle auf und doch erkennt die Elbe an winzigen Kleinigkeiten, die außer ihr sicher niemanden aufgefallen wären, dass es Savena ist, die dort mit gänzlich anderem Akzent spricht. Die Elbe versucht aber jeglichen Gedanken, welcher Savena als ihre Liebste bezeichnet wegzuwischen, dergleichen lenkt jetzt nur ab und so konzentriert sie sich wieder voll und ganz auf ihre Aufgabe. Beobachtet Keeshar genau, um sicher zu gehen, dass er nicht doch einen plötzlichen Angriff startet. Nicht, dass es besonders klug wäre mit gezückter Waffe auf eine Magierin loszugehen, aber manch ein Zauber braucht durchaus Zeit, ist nicht mal schnell gesprochen, und eben diese Zeit würde Yasraena der Shin notfalls durch ihr Einschreiten verschaffen.



Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Keeshar am 01. März 2012, 19:07 Uhr
Es ist ein seltsames Gefühl dass in dem Einäugigen hochkommt und ihm die Nackenhaare zu Berge stehen lässt.
Sofort ist Keeshar angespannt, trotz seiner Erschöpfung. Er weiß nicht, woher das Gefühl kommt, aber er vertraut diesem Gefühl, immerhin hat es ihm schon mehrfach das Leben gerettet.

Dann beginnt... ES...
Er hat das Gefühl dass es plötzlich kälter wird. Er kann seinen Atem sehen. Und dann zieht auch noch Nebel auf. Dichter Nebel der einem die Sicht nimmt. Im späten Herbst, kurz vorm Winter ist so ein Nebel nichts ungewöhnliches. Allerdings war dieser Nebel dann in den Wäldern und den Straßen der Stadt, NICHT unter der Stadt.
Und dann meint der Pockennarbige etwas im Nebel zu erkennen, eine Gestalt scheint sich in dem Nebel zu bilden, aus ihm herauszukommen...Greifen sie mich jetzt an? Na kommt ruhig, glaubt nicht, dass ihr es einfach haben werdet...
Keeshar zieht den Dolch aus der Scheide an seinem Gürtel. Hält die Waffe locker in der Hand, bereit, um mit der Waffe einen Feind abzustechen, oder die Waffe nach einem Feind zu werfen.
Und dann sieht er die Gestalt die da aus dem Nebel kommt. Und er ist erstaunt.
Er hatte damit gerechnet, dass ein Kämpfer auf ihn zukommt. Irgendein Mann, vermutlich größer und schwerer als er selbst. Bewaffnet, mit einem Schwert oder einer Keule. Vielleicht auch mehrere Männer.
Er hatte nicht mit einer kleinen, zierlichen, maskierten Frau gerechnet.
Aber da steht sie. Sie scheint kleiner als er selbst zu sein, so weit er das in dem Nebel erkennen kann. Aber ob sie einen Fuß kleiner war, oder doch nur eine Handbreit, das war nicht genau zu erkennen.
Verdammter Nebel.
Allerdings war er sich sicher, dass es sich um eine recht zierliche Frau handelt.

Sie kommt immer mehr aus dem Nebel heraus, und jetzt erkennt er mehr von ihr. Sie trägt eine seltsame Maske, die ihre Augen verbirgt, dazu einen hellgräulichen Kapuzenumhang, der wunderbar mit dem Nebel verschmilzt. Und in den Händen hält sie einen seltsamen Gegenstand – aber keine Waffe.
Eigentlich war diese kleine, zierliche Frau keine Gefahr für den eher groben Mann. Von den körperlichen Voraussetzungen her könnte der Einäugige der Frau den Hals mit einer einzigen Bewegung umdrehen. Eigentlich….
Sein Gefühl sagt Keeshar trotzdem, dass diese kleine, weißgekleidete Frau nicht zu unterschätzen war. Und genau in dem Moment wird der Nebel durchsehbarer und verschwindet dann.
Verschiedene Gedanken kommen Keeshar innerhalb eines Herzschlags in den Kopf.
Nebelgeist! ist der erste Gedanke.
In der Unterstadt und unter seinen Männern hielt sich das Gerücht von einem „Nebelgeist“. Einer Gestalt, die wie der Nebel (aus dem Nebel? ) auftauchte und genauso wieder verschwand. Ein Nebelgeist, der Leute verfolgte. Der dafür sorgte, dass diese Leute in Unfälle verwickelt wurden. Angeblich sollte dieser Nebelgeist Geheimnisse kennen und anderen Leuten, die im Nebel dann unterwegs waren, diese Geheimnisse in die Ohren flüsterte. Manche Geschichten über den Nebelgeist sagten,  dass diese Geisterfrau ein Dämon aus der Unterwelt war, der seine unglücklichen Opfer einfach so auflösen und verschwinden lässt.
Keeshar hatte diesen Gerüchten nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt, er hatte noch keinen direkten Kontakt mit diesem „Nebelgeist“  gehabt, und auch seine eigenen Männer hatten ( außer dass sie genauso die Gerüchte verbreiteten wie andere Männer in der Unterstadt)noch keine Begegnung mit dem Geist gehabt. Warum also sollte er sich mit einem Gespenst befassen, dass eh nicht greifbar war.
Und jetzt, wo er diesem Nebelgeist,- dieser Frau gegenübersteht, kommt Keeshar was ganz anderes in den Sinn. Ist dieser Nebelgeist ein Angreifer, oder bei allen Göttern, was will diese weiße Mistress von ihm.
Und dann spricht der Nebelgeist erst mal, bevor Keeshar seinen Gedanken weiter nachgehen kann.

>Ich Grüße euch, Sir Keeshar. Oh, verzeiht, ich vergesse meine Manieren. Zuerst dringe ich frech in euer Revier ein, störe euch bei eurem .. Päuschen, und verabsäume es auch noch mich vorzustellen, oder ists womöglich nicht von Nöten?<
Keeshar mustert sein Gegenüber, lauernd, vorsichtig. Was will sie von ihm? Und wieso hat er das Gefühl, dass ihm irgendetwas wichtiges… gefährliches gerade entgeht?
>Und ihr seid also der rothaarige edle Gönner der Unterstadt, der Dämonenhalter, Bestienmeister und Herr über das Tote End. Derjenige, der großmütig selbst seinen erbitterten Feinden noch Ehre erweist und ihnen ein ordentliches Begräbnis gönnt, anstatt sie im Kanal zu entsorgen. Wie außerordentlich... Nobel. <
Etwas von der Anspannung Keeshars fällt von ihm ab. So, wie diese Person sich ausdrückt, war es mehr als unwahrscheinlich, dass sofort ein Angriff folgen würde.
Immer noch mit dem Dolch in der Hand deutet er seinerseits eine kleine Verbeugung an.
„Oh, nein Mistress Nebelgeist, das ist nicht nötig. Ihr seid hier in der Unterstadt bekannt genug. Aber Mistress „Nebelgeist“, das ist ein so langer Name. „Weiße Mistress“ klingt auch komisch, find ich. „Mistress Magierin“ passt doch viel besser.“
Keine Reaktion von der Frau. Kein Wunder, immerhin wird das Gesicht der Frau komplett von einer Maske bedeckt.
Aber Keeshar war sich ziemlich sicher, dass er es mit einer Magierin zu tun hatte, keinem Geist oder Gespenst.
Über die restliche Ansprache muss er beinahe laut lachen. Soll sie doch denken, dass er aus noblen Gründen, oder der Ehre wegen die Begräbnisse für seine Gegner bezahlt. Dass er das nur macht, damit die Geister der von ihm Getöteten nicht noch wütender auf ihn werden… das braucht diese Magierin nichts anzugehen.
„Um es kurz zu machen, Mistress Magierin? Was wollt ihr von mir? Ich denke nicht, dass ihr hier seid um mir zu sagen, was für ein nobler Gutmensch ich doch eigentlich bin.“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Atevora am 11. März 2012, 21:42 Uhr
>„Mistress Magierin“ passt doch viel besser.“ <
Schlaues Kerlchen Ist das einzige, mit dem sie die Bemerkung gedanklich kommentiert. Es hätte sie auch gewundert, wenn der Herr über das Tote End ebenso ein Idiot wäre, wie der Großteil der Unterstadt. Es würde sich also bald ein weiteres Gerücht über ihre Person unter die übrigen mischen, und die Leute hatten eine Option mehr zur Auswahl was sie über sie glauben wollten. Sei es drum.
Sie selbst beschließt das Spielchen nicht weiter zu führen und eventuell ein Kräftemessen zu starten indem sie eine ähnliche Bemerkung zu ihren Vermutungen hinlänglich seiner Person anstimmt. Es hat ihr schon einige Male das Leben gerettet nicht alle Karten auf den Tisch zu legen und unterschätzt zu werden. Soll er ruhig glauben er wäre hier ein wenig im Vorteil. Er fühlte sich die letzten Tage offenbar ohnehin genug dazu genötigt zeigen zu müssen wie überlegen er ist, da er sich im Moment offenbar angreifbar fühlte, und sie hatte nicht vor ihn zusätzlich auf die Probe zu stellen und ihn zu provozieren, zumindest nicht mehr als sie es bereits getan hat. Sollte das Ganze unerwartet doch noch aus dem Ruder laufen, hatte sie zumindest noch einen Überraschungsmoment für sich, denn Yasraena war so wie abgesprochen in den Schatten an Keeshar vorbei geschlichen und die wundervolle lautlose Schönheit lauerte nun jederzeit dazu bereit dem Einauge, wenn es denn sein musste, ihre schwarze Klinge zwischen die Rippen zu stoßen.
>„Um es kurz zu machen, Mistress Magierin? Was wollt ihr von mir? Ich denke nicht, dass ihr hier seid um mir zu sagen, was für ein nobler Gutmensch ich doch eigentlich bin.“ < Rollt seine Stimme wie das Knurren eines Schattenwolfes zu ihr herüber. Ach, nicht? Zynik ist doch was feines. Sie hatte so etwas bei dem Rothaar nicht erwartet. Das hässliche Einauge hat irgendwie auf eine kleine subtile Art sogar ein wenig Charisma, wer hätte das gedacht? Stellt sie fest, unterdessen das Bündel unter ihrem Arm langsam beginnt seine kalte Feuchtigkeit unangenehm an ihre Kleidung abzugeben.
„Wer weiß, vielleicht doch, und möglicher Weise habe ich, da ihr doch so eine edelmütige Person seid, und um meinen guten Willen zu zeigen, sogar ein kleines Geschenk zum Vorstellig werden für euch.“
Die ersten Wassertropfen fallen vom Bündel zu Boden, doch das Geräusch wird vom Schlick zu ihren Füßen verschluckt.„Ich bin mir sicher der Inhalt, oder eher die Aussage dazu könnte euch interessieren.“
Während sie spricht nimmt sie das Bündel in die Hand und hebt es, ähnlich einer Händlerin am Markt die einen toten Kapaun hervorholt und einem interessierten Kunden zeigt, danach senkt sie  es wieder.
„Ich hörte ihr schätzt und erwartet von euren Männern Loyalität und das gewissenhafte Ausführen eurer Anweisungen“ Einen Augenblick wartet Atevora die Reaktion ihres Gegenübers ab, ein zustimmendes Nicken, oder ähnliches und spricht dann weiter: „Ich denke die Gerüchte zu Eurer spendablen Tat was Ijurs Beisetzung betrifft entsprechen durchaus der Wahrheit, ich bin mir sogar sehr sicher dass sie es sind, interessant dabei ist, dass Ijur nie die grauen Schwestern erreichte.
Seht selbst“ Mit den Worten wirft Atevora dem Einäugigen das Bündel entgegen, sodass es mit einem dumpfen Laut am Boden aufschlägt und rollend vor des Pockennarbigen Füßen zu liegen kommt. „Oder besser nicht, es ist ein unschöner Anblick was die Kloakenbrühe so mit totem Fleisch anstellt. Eure Entscheidung..
Es interessiert euch gewiss, dass anscheinend zwei Männer aus Euren Reihen unerwartet zu etwas Geld kamen, offenbar von der Kleidung und der Halskette des Toten die am Lumpenmarkt verscherbelt wurden, und den Geldstücken die für eine Beisetzung und die Überfahrt von Ijurs Seele über die Purpurnen Flüsse gedacht war. Ich bin mir sicher Ihr findet die Fetzen noch bei einer der Verkäuferinnen und die Kette bei dem kleinen, schmierigen Hehler Allart, die euch gerne eine Beschreibung der Veräußerer geben werden, die sich so nebenher bemerkt, seltsam genau mit jener von zwei Kerlen aus euren Reihen deckt, die einen Tag nach Ijurs Ableben, anstatt weiterhin schmachtend die Treppenkatzen der Schwarzen Orchidee zu begutachten dort unter anderem die Dienste einer gewissen Jelinor in Anspruch nahmen.“

Titel: Re: Die Unterstadt
Beitrag von Yasraena am 12. März 2012, 14:48 Uhr
Aus den Verborgenen heraus beobachtet Yasraena das Geschehen. Obgleich ihre Hauptaufmerksamkeit der Mistress und natürlich vor allem diesem Keeshar gilt, tastet ihr Blick auch immer wieder suchend die Umgebung ab, um mögliche Überraschungen oder ungebetene Gäste frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls entsprechend reagieren zu können. Yasraena ist in ihrem Element. Aus dem verborgenen heraus beobachten, lauernd abwarten, all das liegt Yasraena nicht nur, sondern macht ihr ungeheuren Spaß. Vergessen ist der Dreck und Unrat, den man hier Boden nennt und in dem sie bis über die Knöchel versinkt. Eigentlich ist es durchaus schade um die neuen Stiefel, aber es war ihr wichtig, andere Kleidung für die Ausflüge mit der Shin zu verwenden. Aber all das interessiert die Elbe gerade herzlich wenig. Nicht einmal den Gestank nimmt sie im Augenblick wahr. Das Fieber hat sie gepackt und abermals verspürt sie den Drang sich näher zu pirschen, auszutesten wie weit sie gehen kann. Aber Keeshar ist niemand, den man einfach so auflauert um ihn zu erschrecken und sich selbst einen Spaß daraus zu machen. Die Shin hatte ihr vor ihrem ersten gemeinsamen Anliegen in der Unterstadt ein wenig über den Herrn des toten Ends erzählt. Genug, um der Elbe klar zu machen, wie ernst die Situation ist. Weswegen es ihr auch leicht fällt, ihren Wunsch zu zügeln und weiterhin nichts anderes zu tun, als zu verharren und genau zu beobachten. Die Stimme von Keeshar klingt bedrohlich tierhaft und Savena hatte ihr erzählt, dass es sich wohl um einen Gestaltwandler handeln wird. Savena schien sich diesbezüglich sehr sicher und wenn man die Gerüchte, welche sie Yasra mitgeteilt hat genauer betrachtet und dann wieder bedenkt, dass an den meisten Gerüchten doch immer irgendwo ein wahrer Kern bzw. ein Grund für diese vorhanden ist, dann liegt diese Schlussfolgerung wirklich sehr nahe. Bestienmeister… Auch seine Haltung hat etwas raubtierhaftes, aber am Verräterischsten ist der grollende Unterton in seiner Stimme. Yasraena hatte nie mit Wargen zu tun, kann sich aber sehr gut vorstellen wozu ein Raubtier mit menschlichem Verstand fähig ist. Alleine die Reflexe eines Raubtieres waren schier beeindruckend von der Kraft und Wendigkeit einmal ganz zu schweigen. Tierhafte Scheu oder entsprechende Ängste dürfte ein Warg, der ja größtenteils doch Mensch ist, kaum kennen. Alles in allem eine sehr bedrohliche und nicht zu unterschätzende Mischung. Die Elbe denkt nicht, dass sie einem solchen Wesen gewachsen wäre, aber das muss sie auch nicht, im Ernstfall galt es nur Savena genügend Zeit zu verschaffen. Yasraena hat keine Ahnung, wie viel Zeit so ein Gestaltenwechsel braucht, aber sollte der Rothaarige irgendetwas in der Art versuchen, wäre es ihre Aufgabe genau das zu verhindern. Sie mag gut mit ihrer Klinge umgehen können, aber wirkliche Ernstsituationen gab es kaum. Die letzte heikle Situation war jene, als sie ihre Liebste gerettet hat. die Shin… die weiße Mistress… Mistress Magierin… Nicht Liebste, nicht Savena… Hier nicht.

Yasraenas Blick ruht noch immer auf der Szene vor ihr, doch für den Moment geht nichts bedrohliches von der Situation aus. Daher streckt sie ihre mentalen Fühler aus, sucht nach Leben, nach Präsenz und findet nichts. Die Shin hätte den Ort für das Treffen nicht besser wählen können. Im näheren Umfeld hält sich niemand auf. Niemand folgt dem Weg den der Bestienmeister genommen hat und niemand kommt aus einem der Seitengänge, um das Treffen zu stören.



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